Wirtschaft Menschenrechte und Frieden

Wirtschaft Menschenrechte und Frieden Hintergrund Die Schweiz misst der Rechtstaatlichkeit grosse Bedeutung bei und engagiert sich in der ganzen Wel...
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Wirtschaft Menschenrechte und Frieden

Hintergrund Die Schweiz misst der Rechtstaatlichkeit grosse Bedeutung bei und engagiert sich in der ganzen Welt für Menschenrechte und Frieden. Diese beiden Grundlagen der menschlichen Sicherheit ergänzen sich, und die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass sie untrennbar sind. Die Schweiz legt grossen Wert auf die Wirksamkeit der Menschenrechte. Deshalb setzt sie sich für die vollständige Umsetzung der Menschenrechte und auch für die Achtung der Grundrechte durch den Privatsektor ein. Von den Wirtschaftsakteuren erwartet die Schweiz, dass sie die Menschenrechte respektieren und mit dem erwirtschafteten Wohlstand zum allgemeinen Wohlergehen und zur Verwirklichung der Menschenrechte beitragen. Auch die Friedensförderung liegt im Interesse der Unternehmen: Die damit einhergehende politische Stabilität bietet langfristig Gewähr für prosperierendes Wirtschaften. Geschäfte und menschliche Sicherheit schliessen sich also nicht aus. Durch die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung und die Achtung der Rechte aller trägt der Privatsektor zum allgemeinen Wohlergehen, zur Entwicklung und letztlich zur Stärkung der menschlichen Sicherheit bei. Einige multinationale Unternehmen sind zunehmend in Ländern mit einer schwachen oder repressiven Regierung und in fragilen oder konfliktbetroffenen Staaten tätig. Diesen Staaten fehlen häufig die Mittel und der Wille, die Menschenrechte zu fördern und Rechtsverletzungen zu verhindern. In solchen Ländern ist es gang und gäbe, dass die Unternehmen und ihre Tochtergesellschaft keine Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen müssen. Die Abteilung Menschliche Sicherheit (AMS) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) engagiert sich in mehreren internationalen Initiativen dafür, dass die betroffenen Parteien die Menschenrechte und die Umweltnormen berücksichtigen und befolgen. Diese Initiativen beruhen im Wesentlichen auf der Einführung eines normativen Referenzrahmens sowie von Leitlinien und freiwilligen Mechanismen. Die breite Palette von Massnahmen steht im Mittelpunkt der Jahreskonferenz 2012 der Abteilung Menschliche Sicherheit des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA.

Herausforderungen Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sind heute bestrebt, gemeinsam auf die Achtung und den Schutz der Menschenrechte hinzuarbeiten. In einem konstruktiven Dialog entstehen innovative Lösungen, die es den Unternehmen erlauben, ihre legitime Geschäftstätigkeit besser mit den Anforderungen der Menschenrechte in Einklang zu bringen. Um die angestrebten Ziele im Bereich der menschlichen Sicherheit zu erreichen, ist es wesentlich, dass die Schweiz problematische Situationen prüft und löst, indem sie machbare Lösungsansätze aufzeigt, die die erforderliche Harmonie zwischen Wirtschaft, Menschenrechten und Frieden wiederherstellen.

Engagement der Schweiz Die Schweiz arbeitet aktiv an der Entwicklung und Umsetzung von Grundsätzen und konkreten Instrumenten im Bereich menschliche Sicherheit und Privatsektor. Ihre Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte nimmt sie unter anderem wahr, indem sie die Verantwortung der Unternehmen bezüglich Achtung der Menschenrechte stärkt und Einzelpersonen und Gemeinschaften Zugang zu Mechanismen der Justiz und Wiedergutmachung erschliesst. Sie setzt sich auf allen Ebenen und mit möglichst vielen Akteuren für die Förderung und Gewährleistung der menschlichen Sicherheit ein. Ihr Engagement umfasst im Wesentlichen die folgenden Punkte: • Förderung des Dialogs zwischen den Vertretern der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft, der Politik und der Wissenschaft • Förderung von Prozessen zugunsten der Anwendung der Leitgrundsätze der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten • Beitrag an bilaterale und multilaterale Diskussionen mit andern Ländern zur Thematik Wirtschaft und Menschenrechte • Engagement für die Schaffung von Multi-Stakeholder-Initiativen und deren Durch­ führung auf multinationaler Ebene • Finanzierung von Forschungsprojekten • Ausarbeitung von Instrumenten zur Integration der Menschenrechte in wirtschaftliche Prozesse • Empfehlungen für Unternehmen • Analyse der politischen Risiken

Beispiele 1. Leitlinien des UNO-Sonderberichterstatters John Ruggie zur Verantwortung der Unternehmen für die Menschenrechte Die vom UNO-Sonderberichterstatter John Ruggie entwickelten Leitlinien wurden vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen an seiner Sitzung vom 17. Juni 2011 verab­ schiedet. Sie bilden die gemeinsame Grundlage, auf die sich die verschiedenen Akteure in diesem Bereich stützen können. Industrie, Zivilgesellschaft und Staaten wurden an diesem Prozess eng beteiligt. Die von den 47 Ratsmitgliedern angenommenen Leitlinien geniessen hohe politische Legitimität und bilden eine normative Plattform mit Anhaltspunkten zu den gesetzlichen und politischen Massnahmen, die die Staaten im Einklang mit ihren einschlägigen Verpflichtungen ergreifen können, um die Einhaltung der Menschenrechte durch die Unternehmen zu gewährleisten. Die Leitlinien beruhen auf drei Säulen: • Pflicht des Staates, die Menschenrechte zu schützen (state duty to protect) • Verantwortung der Unternehmen, die Menschenrechte zu respektieren (corporate responsibility to respect human rights) • Anspruch auf Wiedergutmachung für Opfer von Menschenrechtsverletzungen (right to remedy) Die Schweiz engagiert sich in diesem Bereich und führt mit dem Privatsektor, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und akademischen Institutionen einen Multi-Stakeholder-Dialog, um die Umsetzung der Leitlinien in der Schweiz voranzubringen. Der Menschenrechtsrat beauftragte eine Arbeitsgruppe von fünf unabhängigen Experten, die Verbreitung und Umsetzung der von John Ruggie entwickelten Leitlinien zu fördern. Die Experten sollen gute Praktiken identifizieren und verbreiten, die Schu-

lung zu den Leitlinien unterstützen, Ländermissionen durchführen und Möglichkeiten ausloten, um den Zugang zu wirksamen Widergutmachungsmechanismen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen infolge von Unternehmenstätigkeiten zu verbessern. Die Schweiz beteiligt sich mit anderen Staaten an den Überlegungen der Anfang 2012 eingesetzten Arbeitsgruppe. Am 4. und 5. Dezember 2012 soll in Genf ein Forum der Vereinten Nationen über Wirtschaft und Menschenrechte stattfinden. 2. Umsetzung der OECD-Leitsätze in der Schweiz Bei der Überarbeitung der OECD-Leitsätze im Jahr 2011 wurde ein Kapitel über die Menschenrechte hinzugefügt, das auch den Ausbau der nationalen Kontaktstellen vorsieht, die Beschwerden wegen Menschenrechtsverletzungen entgegennehmen und sich für Vermittlung und den Dialog zwischen den Parteien einsetzen. Die ebenfalls 2011 erarbeiteten Leitlinien der OECD über die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette mineralischer Rohstoffe aus Konfliktgebieten enthalten praktische Anhaltspunkte für die Unternehmen der Branche, besonders für Lieferungen aus dem handwerklichen Bergbau. Sie sehen namentlich Audits in Fällen von Menschenrechtsverletzungen und Konflikten vor. Daneben wurden zwei Zusatzkapitel ausgearbeitet: das erste über Zinn, Tantal und Wolfram und das zweite über Gold. 3. Freiwillige Grundsätze zu Sicherheit und Menschenrechten Die freiwilligen Grundsätze richten sich an die im Rohstoff- und Energiesektor tätigen Unternehmen und bezwecken die Achtung der Menschenrechte im Rahmen des Sicherheitsumfelds dieser Unternehmen. Die Schweiz wurde im September 2011 voll­ wertiges Mitglied der Initiative. Sie erstellte einen Aktionsplan, in dem sie sich ver­ pflichtet, durch die Sensibilisierung der in der Schweiz ansässigen Unternehmen, die in verschiedenen Ländern Rohstoffe abbauen, die freiwilligen Grundsätze bekannt zu machen und ihre Umsetzung zu fördern. Die Initiative kann für die Konfliktverhütung in der Abbauindustrie eine Schüsselrolle spielen, indem die Unternehmen aufgefordert werden, die Risiken zu analysieren und einen echten Dialog mit der Bevölkerung, den lokalen Behörden sowie den öffentlichen und privaten Sicherheitskräften zu führen. Die Mitwirkung der in der Schweiz ansässigen Rohstoffunternehmen ist wesentlich, um Imageschäden wegen allfälliger umstrittener Machenschaften in Drittländern, in denen die Unternehmen tätig sind, zu verhindern. 4. Verhaltenskodex für private Sicherheits- und Militärunternehmen Der am 9. November 2010 lancierte Kodex wurde bislang von über 460 Unternehmen aus 60 Ländern unterzeichnet. Der Verhaltenskodex beruht auf dem 2008 entwickelten Montreux-Dokument über private Sicherheits- und Militärfirmen, das sich an die Staaten richtet. Ziel ist es, dass die private Sicherheitsindustrie die Normen und guten Praktiken im Bereich der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts übernimmt und befolgt. Durch einen Governance- und Follow-up-Mechanismus soll zudem die Rechenschaftspflicht gefördert werden. Ein Lenkungsausschuss aus Vertretern der Branche, der Zivilgesellschaft und der Regierungen (Schweiz, USA, Grossbritannien und Australien) erarbeitete einen Text für den Governance- und ÜberwachungsMechanismus des Kodex, zu dem gegenwärtig Konsultationen im Gange sind. 5. Finanzierung verschiedener Projekte im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte «Responsible investment in commodities» Partner: Onvalues. Ziel: Erleichterung des Dialogs unter Investoren sowie zwischen Investoren und Unternehmen, um das Verständnis für kritische soziale, ökologische und menschenrechtsbezogene Fragen betreffend Investitionen in Rohstoffe zu fördern.

«Support for African Civil Society Involvement in the Kimberley Process» Partner: Partnership Africa-Canada. Ziel: Verbesserung der Beteiligung am Kimberley-Prozess über Konfliktdiamanten durch die Unterstützung der Bemühungen der afrikanischen Zivilgesellschaft. Unterstützung für das Mandat des UNO-Sonderberichterstatters für transnationale Unternehmen, John Ruggie Bereitstellung eines Experten. Ziel: Unterstützung des Prozesses zur Einführung von Normen im Bereich Unternehmensverantwortung für die Achtung der Menschenrechte und für die Pflicht der Staaten, diese zu schützen und zu fördern. Business and Conflict: Human Rights Due Diligence in Conflict Situations Partner: Institute for Human Rights and Business. Inhalt: Förderung von regionalen Rundtischgesprächen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte.

Bern, 31. August 2012