Winter 2012

Seite | 0 Hospizzeitung, 17. Ausgabe Herbst/Winter 2012 Impressum Redaktion und Layout: Hospizinitiative Eutin e.V. Gemeindebriefdruckerei Groß Oes...
Author: Jasmin Lorentz
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Hospizzeitung, 17. Ausgabe Herbst/Winter 2012

Impressum Redaktion und Layout: Hospizinitiative Eutin e.V. Gemeindebriefdruckerei Groß Oesingen – Auflage: 2000 Stück Inge Nell Schülpweg 6 23701 Süsel

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Annegret Sens Neue Bergstr. 10 23683 Scharbeutz

Brigitte Maas Neustädter Str. 5 23701Süsel v.i.S.d.P. e-mail: [email protected]

Ilka Lembcke Redder 20a 23730 Sierksdorf

Hospizinitiative Eutin

L i e b e Leserinnen, l i e b e Leser – und schon sind wir in dem Thema unserer 17. Ausgabe „Liebe“. Das Thema ist gewaltig, es ist nahezu uferlos. Man kann fast von einer Liebesinvasion unserer Sprache reden. Wir können unsere Arbeit lieben, unser Vaterland , den lieben Gott, unser Auto, Tiere, eine Melodie, Klosterstille, Mondnächte, Schokolade, uns selbst, einen Menschen, viele Menschen, alle Menschen und vieles, vieles mehr. Allen Lieben gemeinsam ist der Aspekt der intensiven Bindung. Wir möchten Ihnen zwei Blickweisen auf die Liebe anbieten, die weltliche und die spirituell mystische. Die Wissenschaft vermutet den Ursprung Liebe in der elterlichen Fürsorge, also in der kindlichen Beziehung zu den Eltern. Dieses Bedürfnis sucht sich später eine Entsprechung in anderen Begegnungen. Der Mensch streckt in irgendeiner Form die Hand nach etwas anderem aus. Unsere kindlichen Liebeserfahrungen sind für uns ein Leben lang prägend. Wir haben aber trotzdem die Chance, Liebe in uns selbst zu entwickeln, denn Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Liebe kommt nicht, ohne dass wir etwas dazu tun und sie geht nicht, ohne dass wir etwas dazu tun. Das ist eine gute Sache, denn wir sind nicht dem Zufall der Liebe ausgeliefert. Jemanden zu lieben ist nicht nur eine starke Emotion, es ist auch eine Entscheidung, ein Versprechen. Liebe ist in erster Linie ein Geben, nicht ein Empfangen. Der Mensch gibt etwas von sich selbst, er gibt etwas von seinem Leben, von seinem Wissen, von seinem Humor, von seiner Traurigkeit, kurz er gibt etwas von allem, was in ihm lebendig ist. Und in diesem Geben erweckt er in dem anderen etwas zum Leben. Die Freude darüber kommt dann zu ihm zurück. Zu einer reifen Liebe gehören Mitgefühl, Zuneigung, Hingabe, Verantwortung, Vertrauen, Achtung, Freiheit und Erkenntnis, das heißt, ich bleibe nicht an der Oberfläche, ich fühle die Angst, die Freude und den Ärger des anderen. Die sexuelle Anziehung bildet dann in der Liebe von Mensch zu Mensch eine zusätzliche Festigung der Bindung.

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Für unser spirituelles Wachstum ist die Liebesfähigkeit die wichtigste Voraussetzung. Auch hier haben wir viele Namen für die Liebe, verschiedene Wege und Interpretationen von Liebe. Doch allen alten Überlieferungen gemeinsam ist die Bedeutung, die sie der Liebe geben: Die Liebe als einzigem Weg zum Erwachen. Dabei wird die Welt mit all ihren verschiedenen Liebesfacetten als Trainingslager angesehen, um uns in eine reife Liebe hineinzuführen, eine göttliche Liebe in unserem Inneren. Wer auch nur einen einzigen Augenblick eingetaucht ist in dieses wahre Wesen der Liebe, weiß, dass er nur in diesem einen Augenblick gelebt hat. Die Liebe als Bindeglied nicht nur zwischen Menschen, sondern auch als göttlicher Funke, als Zeichen unseres göttlichen Ursprungs. So und ähnlich berichten uns die Weisen und Heiligen im Osten wie im Westen. „Wenn Ihnen bewusst wird, dass niemand anderes Sie glücklich machen kann und dass Glück nur aus Ihrer eigenen Liebe erwächst, sind Sie auf dem Weg zur wahren und höchsten Meisterschaft im Leben: der Vollendung in Liebe“, schreibt Don Miguel Ruiz. Und nun noch einige Bemerkungen zu dem Motor unserer Hospizarbeit, der Nächstenliebe. Sie gilt den Bedürftigen, hier den Sterbenden. Sie gehorcht den Richtlinien der reifen Liebe, ist aber frei von Anhaftung und ohne Sexualität. Während unserer Begleitungen können wir das Ausmaß unserer Liebesfähigkeit erfahren - und das fühlt sich gut an. Wir haben Ihre Beiträge zu dem großen Thema Liebe zusammengestellt. Wenn uns ein Text zu einer Form der Liebe fehlte, so finden Sie ein unserer Meinung nach passendes Bild dazu. Vielleicht fällt Ihnen selbst eine Geschichte dazu ein, vielleicht schreiben Sie sie auf, vielleicht erzählen Sie sie weiter, vielleicht schicken Sie sie uns? Die Liebe ist die Sonne unserer Welt. In diesem Sinne möchten wir Ihnen mit unseren gesammelten Beiträgen Hände, Füße und die Seele wärmen, l i e b e Leser und l i e b e Leserinnen. Ihre Redaktion

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Hospizinitiative Eutin

Die Bräutigamseiche – der Baum mit einer Postanschrift (siehe Titelbild) Diese dicke, uralte Eiche auf unserem Titelbild steht mitten im Dodauer Forst kurz hinter Eutin in Richtung Plön. Sie ist ca. 600 Jahre alt und misst eine Höhe von 25 Metern. Um diesen alten Baum ranken sich viele Geschichten und Legenden. Den Namen Bräutigamseiche trägt der imposante Riese allerdings aufgrund einer wahren Geschichte: Im 19.Jahrhundet verliebte sich der Sohn eines reichen Fabrikanten in die schöne, aber arme Förstertochter. Die Eltern waren gegen diese Liebesbeziehung. So versteckten die beiden Liebenden kleine Botschaften füreinander in dem Astloch einer Eiche, so lange, bis die Eltern ein Einsehen hatten und geheiratet werden durfte. Die Geschichte dieser Liebe wurde schnell bekannt. Viele Liebende und Liebesuchende machten es ihnen nach und versteckten ihre Botschaften in dem Astloch. Seit 1927 hat die „knorrige Kupplerin“ ihre eigene Postanschrift: Bräutigamseiche Dodauer Forst 23701 Eutin Jeden Mittag kommt der Postbote vorbei und steckt Briefe, die auch schon mal von weither kommen, in das Astloch. Das Briefgeheimnis gilt hier nicht. Wer des Weges kommt, kann die Post öffnen und lesen. Der Brief, den man beantworten möchte, wird behalten. Der Rest geht zurück in den Baum. Um die Bräutigamseiche herum stehen Bänke, die zum Lesen, Träumen und Ausruhen einladen. Und wenn dann die Sonne durch die ehrwürdigen Bäume scheint, ist es fast ein magischer Ort. Und noch eines: Wie viele Paare sich nun tatsächlich über die Eiche gefunden haben, kann man natürlich nicht sagen. Aber von einem wahren Fall können wir erzählen: Eine junge Frau aus dem Erzgebirge war 1988 vor dem Mauerfall zu Besuch bei Freunden in Ostberlin und sah im Westfernsehen eine Reportage über die Bräutigamseiche. Sie schrieb daraufhin eine Karte an den Baum. Und tatsächlich bekam sie Antwort von einem Mann aus Malente. Es entstand ein reger Briefverkehr. Mit einem der wohl letzten Ausreiseanträge kam die couragierte Frau in den Westen und heiratete 1999 ihren Brieffreund. Ob sie wohl lächelt, unsere alte Eiche, wenn sie wieder mal so erfolgreich Liebende zusammenbringt? Recherchiert von Ihrer Redaktion

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Schlechte Laune beim Frühstück, dem Kind schon wieder Nutella aufs Schulbrot geschmiert, dein nasses Handtuch auf meinem Bett, deine alten Socken überall, die Stromrechnung hast du auch noch nicht bezahlt, dabei hast du es doch versprochen. Und überall Zahnpasta, die Tube drehst du auch nie zu. Fragst mich, wann deine Mutter Geburtstag hat und ob ich schon ein Geschenk besorgt habe. Heute habe ich das Auto, aber es ist leer, war wieder zu spät zum Tanken gestern, sagst du. Deine Haare werden immer weniger, dafür wachsen sie dir aus Nase und Ohren, dieses Hemd hatte auch schon bessere Tage, das trägt doch heute keiner mehr, da muss man sich ja schämen! Aber dann nimmst du meine Hand, streichelst sie zärtlich, schaust mich an und lächelst. Wie sollte ich da sagen, ich liebte dich nicht? Christiane Baltus

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Hospizinitiative Eutin

Bild ohne Geschichte BRIEFÖFFNER Haifischzahn auf meinem Schreibtisch, Souvenir aus Madagaskar, erworben auf dem Flohmarkt. Postwurflügen reißt er auf, zerbeißt den sicheren Lottotipp, zerschlitzt die Intrige. Doch einen Brief von dir enthüllt er zart mit einem Liebesbiss.= © von Wilhelm Hasse

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Das Ballkleid Sie sitzt in ihrem Rollstuhl und schaut aus dem Fenster. Die Pflegeschwester bringt das Frühstück, reicht ihr die Medizin. Dann ist sie wieder allein. Gestern Abend spät hatten die Möbelpacker Schrank und Sekretär aufgebaut, die wenigen Kisten, gefüllt mit ihren Fotoalben, Büchern und Kleidern in der Ecke gestapelt. War`s das jetzt? War das jetzt alles? Noch sind nicht alle ihre Kleider da, aber ihr Ballkleid, das musste gleich mit. Sie öffnet die Schranktür und lässt die feine Seide durch ihre Hand gleiten. Sie hatte es mit ihrer Mutter zusammen in Tilsit vor 60 Jahren gekauft. Wie aufgeregt sie damals war, wie sie sich auf ihren ersten Ball freute! In Gedanken versunken schließt sie die Schranktür. Statt zu tanzen hatte die junge Frau die Flucht für ihre kleine Gutsgemeinschaft aus Ostpreußen zu organisieren. All das war nun schon lange her und was dann kam, war nicht alles schlecht gewesen. Aber jetzt - dass sie jetzt hier sitzt und nicht ein einziges Mal ihr Kleid angehabt hatte... Immer hatte sie die Erfüllung ihrer Träume hinausschieben müssen. Meine Zeit wird kommen, hatte sie sich getröstet. Wie jedes Mal, wenn sie an diesem Punkt ihrer Gedanken ankommt, drückt sie ein dicker Kloß im Hals. Darüber zu reden hat sie sich schon lange abgewöhnt. Heute an ihrem ersten Tag im Altenheim will ihre Tochter kommen, ein paar Bilder aufhängen und noch einige persönliche Dinge ordnen. Wie ihr davor graust. Unerträglich erscheint ihr der Zuspruch der Tochter. Wie wird sich das Leben hier im Heim gestalten? Eine endlose Anzahl gleichförmiger Tage erscheint vor ihr, wenn sie sich ihr Leben hier vorstellt, unterbrochen nur von den Essenszeiten. Es klopft an der Tür. Steif und abgewandt sitzt sie da, als der Hausmeister fröhlich grüßt. Sollten sie doch machen, was sie wollen. Eine Privatsphäre gibt es doch sowieso nicht in so einem Heim. Da stupst sie etwas Kaltes an den Arm. Eine nasse Nase schiebt sich ihr auf den Schoß. Der große Bernhardiner gehört zum Heim und mag sie. Liebevoll streicht sie dem Tier über den Kopf. Und ihre Gedanken gehen zurück, als sie als Kind auf dem ostpreußischen Gut viel Zeit in der Hundehütte verbrachte, wenn die Wolfspitzhündin ihre Jungen aufzog.

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Der Hausmeister verabschiedet sich wieder, als ihre Lampen angeschlossen sind, doch der Hund bleibt. Immer weiter krault sie sein Fell. Wieder öffnet sie die Schranktür und holt ihr Ballkleid heraus. „Jetzt ist meine Zeit gekommen,“ sagt sie plötzlich laut zu dem Hund. Stunden später, als ihre Tochter kommt, eröffnet sie ihr: „Ich will hier mit allen Bewohnern einen Ball feiern.“ Entsetzt hält die Tochter beim Auspacken der Bücher inne: „Aber Mama, jetzt werde doch erst mal hier heimisch. Immer überstürzt du alles.“ „Dafür sind unsere Räumlichkeiten nicht ausgelegt,“ entscheidet auch die Heimleitung. Doch die Mutter ignoriert alle Einwände. Sie bestellt eine Musikkapelle, wählt das Büffet aus, eine Schneiderin passt ihr Ballkleid an. Der Gemeinschaftsraum wird geschmückt und im Mai ist es soweit: Die Musik spielt auf. Die wenigen Herren erscheinen im Anzug, einige Damen in lang. Sie strahlt in hellblauer Seide. Über sechzig Jahre verspätet wiegt sie sich glücklich im Walzertakt in ihrem Rollstuhl. Inge Nell

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Reine Liebe

von Horst Grundmann

Will deine Frau sein richtig schick, geht sie vergnügt in die Boutique, und du musst wartend draußen steh´n, am besten stille in dich geh´n. Ich weiß ja, du vermeidest sie die innere Disharmonie und sagst: „Mein lieber Schatz nun geh, ich denk auch nie ans Portemonnaie.“ Du trittst von einem Bein aufs and´re, still zwischen den Türen wand´re, bist cool und zeigst Gelassenheit. Du hast ja Zeit, hast so viel Zeit. Kommt sie dann aus dem Kleiderhaus, rufst du: „Du siehst ja blendend aus!“ Bist fröhlich und von purem Glück, auch wenn dir sagt ihr lieber Blick: „Mein Schatz, das macht dir doch nichts aus! Ich muss noch mal zurück ins Haus.“ Dann sag dir laut: „Ich liebe sie“ und kehr zurück zur Harmonie. Anzeige:

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Hospizinitiative Eutin

Bild ohne Gesc hichte

Die liebste Omi der Welt Seit meiner frühesten Kindheit hatte ich ein tiefes, inniges Verhältnis zu meiner Omi, bei der ich eigentlich aufwuchs, während meine jungen Eltern arbeiten mussten. Von Omi lernte ich alles, was man zum Mensch-werden, modern „Sozialkompetenz“ , braucht – z.B. Achtung und Respekt anderen gegenüber, Toleranz, Friedfertigkeit, viel Humor, Verantwortungsgefühl, Harmonie, Hoffnung, Wärme, Ehrfurcht und Liebe zur Natur und Tieren. Gerne erinnere ich mich unter vielen Situationen immer wieder an die eine: Als ich längst erwachsen war, versuchte ich es trotz Ehemann, Beruf , Freunden und Hobbys immer wieder zeitlich einzurichten, das ich „meine liebste Omi der Welt“ besuchen konnte, in der Regel abends. Dann saßen wir dort nebeneinander auf ihrem alten Sofa, mit einer Decke über den Knien (obwohl mir immer zu warm war), bei einem Gläschen Sekt und schauten gemeinsam im Fernsehen „Musikantenstadl“ oder Tier-und Naturdokumentationen. Ich gebe zu, der Musikantenstadl war für mich zwar Seite | 10

mehr „Pflichtprogramm“, aber mit Omi gemeinsam die alten Volkslieder zu singen, brachte auch mir Spaß. Bei den Tiersendungen haben wir beide immer wieder gestaunt, was diese Schöpfung alles an Artenvielfalt entstehen ließ. Die ganze Zeit, es waren immer zwei bis drei Stunden, die ich neben ihr saß, hielt sie meine rechte Hand in der ihren fest umschlungen. Meine Hand wurde warm und immer wärmer, es wurde mir unangenehm, ein bisschen peinlich auch, es war zu viel Nähe. Manchmal zog ich meine Hand entschlossen weg, murmelte etwas von „anders hinsetzen“, wollte „frei“ sein. Aber immer nahm sie nach einiger Zeit, schweigend, meine Hand wieder in ihre und dann blieb es auch so bis ich los musste. Wenn ich ihr meine Hand entzogen hatte, drehte sie gleichsam hilflos an einem Taschentuch - wo sollte sie nun auch hin mit ihrer grenzenlosen Liebe zu mir? Heute sitze ich schon seit vielen Jahren allein auf meinem Sofa. Was würde ich darum geben, wenn sie noch einmal neben mir sitzen könnte und meine Hand ganz fest in ihrer halten würde? von Stefanie Schöning Anzeige:

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Hospizinitiative Eutin

Das Sternentor Amelie ist 85 Jahre alt und lebt in einem Hospiz. Ihre 16-jährige Enkelin Lhamo besucht sie fast täglich und Amelie freut sich sehr über diese Besuche. Amelie erzählt dann gern aus ihrem bewegten Leben mit vielen Höhen und Tiefen. Lhamo bedeuten diese Gespräche sehr viel und sie hört aufmerksam zu. „Meine liebe Omi, ich habe so viel von dir lernen dürfen. Ich danke dir dafür. Mein größter Liebesbeweis an dich ist, dass ich dich bis zu deinem Sternentor begleite. Ich weiß, du wirst sterben und ich werde in Liebe bei dir sein. Hinter dem Sternentor wirst du ein neues „Kleid“ bekommen und irgendwann werden wir uns wiedersehen.“ „Werden wir uns dann erkennen?“ „ Ja, liebste Omi, wir werden es spüren, wenn wir uns begegnen.“ Im Zimmer liegt in diesem Moment eine Atmosphäre von tiefer Verbundenheit, von Liebe und von Frieden. Martina Albrecht

Der Buddha sagt: "Du kannst die ganze Welt absuchen und wirst niemanden finden, der deine Liebe mehr verdient als Du selbst..."

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Eine jüdische Geschichte Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt. Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann? fragte einer der Schüler. Nein, sagte der Rabbi. Ist es, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum unterscheiden kann? fragte ein anderer. Nein, sagte der Rabbi. Aber wann ist es dann? fragten die Schüler. Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns. (aus „Das Lesebuch“ von Dorothea Sölle, mit freundlicher Genehmigung des Kreuzverlages, S.248 )

Nachruf Tragen wir Früchte am Baum unseres Lebens können wir hoffen, daß wir sie ernten dürfen bevor der Reif sich kalt an Stamm und Früchte heftet. Der Winter kam und griff mit Frost den Apfel, der noch rot am Baum hing.

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Von Ingo Lükemann

Hospizinitiative Eutin

Missglückte Liebe Der Geschirrspüler und die Waschmaschine waren schon vom ersten Tag an, seit sie in der Küche fast nebeneinander standen, so richtig ineinander verknallt. Sie flirteten heftig miteinander und konnten doch nicht zusammenkommen, denn zwischen ihnen stand der Drei-Kammer-Abfalleimer, der nicht nur den Müll, sondern auch die beiden Verliebten streng voneinander trennte. Und so waren sie auf eine rein platonische Beziehung angewiesen, die sie in nächtlichen Dauergesprächen ausleben konnten. Dem Geschirrspüler imponierte vor allem das Getöse und Vibrieren der Waschmaschine beim Schleudergang. Er liebte es halt, wenn das schwache Geschlecht Stärke zeigte. Die Waschmaschine wiederum war von den sanften Geräuschen des Klarspülens und der Wasserpumpe des Geschirrspülers angetan. Sie stand auf Softies. Und, was am wichtigsten war, beide waren sich in elementaren Dingen einig: Ihr gemeinsames Element hieß Wasser und ihr gemeinsames Ziel Sauberkeit. Für den Mülleimer, den Störenfried, hatten sie nur Verachtung übrig. Eines Nachts, als sie sich wieder einmal mit Komplimenten überschüttet hatten, nahm ihr Gespräch eine kritische Wendung. Niemand wusste hinterher mehr, wie man auf dieses Thema gekommen war, aber es war zuerst von der Waschmaschine angesprochen worden: Das Thema des Glaubens. „Ich glaube fest und unerschütterlich an die Waschkraft von Persil!“ hatte die Waschmaschine getönt, worauf es dem Geschirrspüler erst einmal die Sprache verschlagen hatte, bevor er dann – ebenso im Ton felsenfester Überzeugung – rief: „Calgon ist das Größte! Darauf lass ich nichts kommen!“ Kurz und gut: Der Streit eskalierte, bis Waschmaschine und Geschirrspüler – sehr zum Amüsement des Mülleimers – sich nur noch anschrieen. „Persil bleibt Persil!“ tönte es von links, „Calgon - und sonst gar nichts!“ schallte es von rechts. Und seit dieser Nacht haben die Beiden kein Wort mehr miteinander gewechselt. Dabei hätte es doch eine große und harmonische Liebe werden können, wenn beide sich im Glauben an „Henkel“ geistig vereint hätten, im Glauben an etwas Übergeordnetes. So aber wäscht jeder für sich – die eine schmutzige Wäsche, der andere dreckige Teller und Tassen. © Wilhelm Hasse, 2012 Seite | 14

Interview zum Thema Liebe mit Ernst Robert K. H.: Hospizinitiative E.K.: Ernst Robert K. H.: Ernst Robert, in unserer nächsten Hospizausgabe haben wir das Thema Liebe gewählt. Du bist jetzt 81 Jahre alt und überblickst ein paar Jahrzehnte. Verändert sich im Laufe des Lebens die Qualität der Liebe? E.R.: Ja, in jungen Jahren definiert man Liebe anders. Werte verschieben sich. Erst denkt man mehr an sich, will vorankommen, ist ehrgeizig. Später, im Alter, gilt eher das Motto: Geteilte Freude ist doppelte Freude. H.: Gibt es ein konkretes Erlebnis, eine bestimmte Zeit oder Phase in deinem Leben, die du im Besonderen mit Liebe in Verbindung bringen würdest. E.K.: Besonders beglückend ist für mich rückblickend, dass ich meine Frau getroffen habe und wir gemeinsam eine Familie gründen durften. H.: Kann man Liebe lernen? E.R.: Nein, ich glaube, eher nicht. Aber man kann sich darum bemühen. Mit der Erfahrung, etwas zurückzubekommen, wenn man gibt, tritt dann vielleicht doch ein Lerneffekt ein. H.: Du bist frisch verliebt. Verliebtheit mit 81 Jahren, fühlt sich das anders an als mit 16? (lacht) „Wenn alte Scheunen brennen...!“ In jedem Fall fühlt sich das anders an: Mit 16 Jahren ist man auf der Suche, will seine Erfahrungen machen. Heute dagegen kann ich besser über mich lachen. Ich empfinde viel Dankbarkeit dafür, Liebe empfangen zu dürfen. Meine Bereitschaft, Liebe zurückzugeben ist deshalb groß. Ich erlebe diese Liebe intensiver, weniger körperlich als ideell. H.: Spielt das Körperliche in der Liebe heute eine andere Rolle als damals? E.R. Es gibt nach wie vor nichts Schöneres, als nackt mit einer Frau im Bett zu liegen, auch in meinem Alter (schmunzelt). Die körperliche Nähe eines Menschen zu spüren ist immer schön. Doch geht es mir heute mehr um `In den Arm nehmen`. Das ist für mich das Beglückende. H.: Deine Liebste ist nur wenige Jahre jünger als du. Was hat Dir auf Anhieb besonders an ihr gefallen? E.R.: Sie sieht gut aus. Falten sind dabei nicht wichtig. Wie sie auftritt, ihre gepflegte Erscheinung, das zählt für mich. Das Alter spielt dabei keine Rolle. H.: Liebe macht blind? Auch im Alter? E.R.: Das trifft – glaube ich – nicht auf mich zu. Die Lebenserfahrung schützt mich davor. Ich genieße einfach aus ganzem Herzen diese Liebe. Sie hilft mir auch bei Seite | 15

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der Heilung meines Knies nach der OP. Wenn ich Schmerzen habe bei der Krankengymnastik, dann weiß ich, wofür ich kämpfe. Ich weiß, da ist jemand, der wartet auf mich, der liebt mich, der freut sich auf mich. H.: Wie schön und tröstlich, dass sich doch nicht alles im Alter ändert, denn das würde wohl auch ein junger Mensch so empfinden. Hast du einen Tipp für ältere Singles? E.R.: Nicht die Geduld verlieren, unter Menschen gehen, aktiv werden, wenn man sich von jemandem angezogen fühlt. H.: Und gibt es ein Lebensmotto für Dich? E.R.: Positiv denken, keine Angst haben. Bei allem, was passiert, die gute Seite sehen. H.: Vielen Dank für Deine Offenheit.

Bild ohne Geschichte

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Gedanken zu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ 3. Mos., Kap., 19 Vers 18 b Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Diesen Satz gibt es schon im alten Testament und er wird im Hebräischen oft anders übersetzt: Liebe deinen Nächsten, er ist dir gleich! Es geht also darum, dass mein Nächster - ob Freund oder Feind - wesensgleich mit mir ist. Wir Menschen sind uns ähnlich. Wir können alle ähnlich empfinden und fühlen und erleben Trauer und Freude über die gleichen Dinge. Das ist sozusagen eine Grundannahme oder eine Grundeinsicht. Wenn du deine Mutter beerdigst, dann kann ich das verstehen, weil ich auch eine Mutter habe, die älter wird. Wenn du Durst hast, dann weiß ich, was das ist, denn ich habe auch schon Durst gehabt. Wenn du hinfällst und dir das Knie aufschlägst und vor Schmerzen weinst, dann kenne ich das auch. Du hast den Blinddarm genau da, wo ich ihn auch habe. Und wenn bei dir die Dämme brechen und das Hochwasser kommt, dann weiß auch ich, was eine Flutkatastrophe bedeutet! Es gibt also eine Gleichheit unter uns Menschen, die ist grundsätzlicher als alle unsere Verschiedenheit. Ich denke, alle Mütter weinen, wenn eines ihrer Kinder stirbt und sind traurig. Und alle Menschen freuen sich, wenn sie sich einladen und ein fröhliches Fest feiern, essen und trinken, singen und tanzen. Ich habe Freunde in Russland, in Polen, Australien und Frankreich. Auch sie versuchen ihre Kinder gut groß zu ziehen, sie kümmern sich um ihre Eltern und sie möchten auch gerne glücklich sein und leben - so wie ich. Darum die Grundeinsicht und Grundüberzeugung: Liebe deinen Nächsten, er ist dir gleich. Und noch zwei weitere Gründe, die uns in der Gleichheit einigen: Wir alle müssen sterben und wir alle sind Söhne und Töchter Gottes. Soweit die biblische Grundannahme, Grundlinie, Grundvoraussetzung. Und diese Grundgleichheit, die trägt dann auch die Unterschiede von uns Menschen. Wir sind Menschen mit Empfindungen und Gefühlen, mit Erkrankungen und mit Sorgen. Und dann erst kommen die Verschiedenheiten: Wir sind in einem verschiedenen Alter, wir haben ein anderes Geschlecht, eine andere Hautfarbe oder eine andere Nationalität. "Liebe deinen Nächsten, er ist anders als du!" Aber dieses Anderssein hebt ja die grundsätzliche Gleichheit nicht auf! Trotzdem, es gibt immer wieder Versuche, diese grundsätzliche Gleichheit aufzuheben. Um einem Menschen diese grundsätzliche Gleichheit abzusprechen, sie ihm oder ihr zu rauben, muss ich diese Person zum "Fremden" erklären, zum nicht zu "uns" Gehörenden. Über seine Andersartigkeit muss ich Witze machen

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und meine eigene Verbundenheit mit ihm werde ich aufkündigen. Früher machte man das, indem man behauptete: Indianer seien brutale Bestien. Neger sind nicht so intelligent wie Weiße. Sozialdemokraten sind vaterlandslose Gesellen. Heute sagt man: Hartz IV Empfänger regeln die Zimmertemperatur in ihrer Mietwohnung mit dem Fenster! Griechen sind faul und verantwortungslos! Erst wenn wir es schaffen, diese grundsätzliche Gleichheit zunächst zu lockern, dann sie einzuschränken und dann ganz aufzuheben, erst dann sind wir in der Lage diesen Menschen auch etwas anzutun, sie an den Pranger zu stellen. Daran soll uns der alte biblische Satz hindern: Der Mensch, der neben dir lebt, er ist dir gleich! Volker Bagdahn, Pastor (Siehe dazu Fulbert Steffensky, "Schöne Aussichten", Radiusverlag 2006)

Bevor ich sterbe Noch einmal sprechen von der Wärme des Lebens damit doch einige wissen: Es ist nicht warm aber es könnte warm sein Bevor ich sterbe noch einmal sprechen von Liebe damit doch einige sagen: Das gab es das muß es geben Noch einmal sprechen vom Glück der Hoffnung auf Glück, damit doch einige fragen: Was war das wann kommt es wieder? Erich Fried (mit freundlicher Genehmigung des Wagenbachverlages)

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Den letzten Wunsch erfüllen… Kniehohe morgentau-feuchte Riedpflanzen streifen meine Hosenbeine, meine Schuhe glänzen vor Nässe. Achtsam setze ich Fuß vor Fuß, um die Vegetation möglichst zu schonen. Der Himmel, strahlend-blau, verspricht einen sonnigen, angenehmen Frühsommertag. Vielstimmiges Vogelgezwitscher setzt den akustischen Rahmen. Kurzum, die Schöpfung zeigt sich mal wieder in ihrer ganzen Schönheit und Liebe. Jetzt nur noch wenige Schritte, dann habe ich die Stelle gefunden – den kleinen Teich, versteckt im Naturschutzgebiet gelegen, abseits von Weg und Fluß, dessen Ufer gerne von Badenden belegt wird. In wenigen Tagen darf ich meines Ehrenamtes walten, und dann möchte ich die kleine Gruppe, die mich begleitet, ohne Umwege an den schon lange bestimmten Ort führen. Als mir der Platz vor Jahren gezeigt wurde, war es Winter, ein kühler grauer Tag in der Stille der Winterruhe, das Riedgras geschnitten und alles gut zugänglich. «Sicher, ich werde den Platz wieder finden und ich verspreche, nach Ihrem Wunsch zu handeln», antworte ich auf die Frage, ob ich mir die Lage des Teiches eingeprägt habe. Der alte Herr wirkte sichtlich erleichtert, sein Anliegen in guten Händen zu wissen. Danach hatte er mir die Vollmacht überreicht, damit ich seinen Wünschen entsprechen kann. – Wie kam es eigentlich dazu, daß wir an diesem Wintertag gemeinsam durch die Natur marschierten? Mein Begleiter bat mich vor einigen Jahren, ihm bei der Werbung für seine Ferienwohnung behilflich zu sein, was ich gerne tat. Wir trafen uns mehrmals, bis alles seine Richtigkeit hatte. Im Anschluß an den geschäftlichen Teil sprachen wir oft noch über allgemeine Dinge – über Gott und die Welt. – Und Gott war bei ihm präsent. Er sprach immer «von Dem da oben – der wird’s richten». Da sei etwas, größer als wir, das habe ihm in schwierigen Zeiten geholfen. Und überhaupt, zeige sich diese Liebe und Güte nicht in der ganzen Schöpfung, in dem Wunder der Natur? In den Momenten, wo sich in schwierigen Lebenslagen plötzlich eine Tür öffne? An solche Worte erinnere ich mich, als ich vom kleinen Weiher zum Motorrad zurück gehe. Am Vorabend nämlich erhielt ich die Mitteilung, daß der alte Herr im Sterben liege. Es würde wohl bald vorbei sein. In Gedanken habe ich mich mit ihm verbunden, versprach, in seinem Sinn zu handeln, alles sei gut, er sei nicht vergessen und sein Gottvertrauen werde ihn begleiten, wenn der Engel des Übergangs ihn besuchte. Er sei in guten Händen… «Frei in Frieden findet die Seele ihren Weg zurück.» Kaum bin ich von meinem Ausflug zum Weiher zu Hause angekommen, klingelt das Telefon: Der alte Herr habe die irdische Welt in Frieden verlassen dürfen… Seite | 21

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Einige Tage später stehe ich mit der kleinen Gruppe seiner nächsten Bezugspersonen am stillen Teich – wiederum an einem schönen Frühsommertag – und tue, was mir der alte Herr aufgetragen hat: Andächtig gebe ich die Asche seiner irdischen Hülle in die Natur – an dem Ort, wo er dies gewünscht hat. (Anmerkung: in der Schweiz besteht für die Asche keinen Friedhofszwang) Markus Möckli Anzeige:

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Was bringt den Doktor um sein Brot? A: die Gesundheit B: der Tod. Drum hält der Arzt, auf daß er lebe, uns zwischen Beiden in der Schwebe. Eugen Roth

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Körperliche Liebe mit Handikap

eine Betroffene erzählt:

Wir saßen in dem Kurs „Hüftschule“ in der Rehaklinik. Alle hatten wir eine Hüftendoprothese bekommen und sollten nun lernen, mit unserem Ersatzteil den Alltag zu meistern. Die Therapeutin gab die Themen des Kurses bekannt: „Auf den Boden legen und wieder aufstehen,“ „In die Badewanne steigen und wieder aussteigen,“ „aus Fahrrad auf- und absteigen“ und so fort. Doch alle schienen nur auf das letzte Thema hinzufiebern, was das Kursheft bekannt gab: „Hüftendoprothese und Sexualität- geht das?“ Es sollten Theorie und Praxis geboten werden. Hinlegen und aufstehen, das ließ sich leicht bewerkstelligen, auch in dem Seminarraum. Selbst eine Badewanne stand bereit, um ein und auszusteigen, aber wie sollte das letzte Thema vorgeführt werden? Nun, es blieb bei der Theorie, „Wenn Sie sich gut fühlen, können Sie Ihr aktives Sexualleben wieder aufnehmen. Es ist aber wichtig, Positionen zu erlernen, die Ihr neues Hüftgelenk während des Geschlechtsverkehrs nicht gefährden. Nehmen Sie dazu diese Broschüre mit nach Hause und studieren Sie sie zusammen mit Ihrem Partner. Haben Sie dazu Fragen?“ Die Frauen erröteten, die Männer schienen alles sowieso schon zu wissen und keiner wagte, eine Frage zu stellen. So bekamen wir jene Broschüre mit Text und Abbildungen „gefahrloser“ Positionen in die Hand. Wieder zu Hause sollte aus der Theorie dann endlich Praxis werden. Ich fühlte mich fit und stellte schon mal den Sekt bereit, vielleicht um meine Ängste zu umnebeln? Würde das künstliche Gelenk auch nicht auskugeln? Ich holte die kleine Broschüre hervor und mein Mann und ich studierten sie gemeinsam. Also: Hüfte nicht mehr als 90° beugen, operiertes Bein nicht nach innen drehen, Knie schulterbreit auseinander und, und, und. …. Dann die Positionen! Mein Mann sah sich die Bilder ganz begeistert an und meinte: „Toll, das wollte ich schon immer einmal so machen.“ „Meine Güte, sind das Verrenkungen“, stöhnte ich. In Ansätzen wurde also „nachgebaut“, immer mit einem Schluck Sekt begleitet. „Guck dir das an“, griemelte mein Mann, „das hält mein Rücken niemals aus.“ „Vielleicht solltest du dabei dein linkes Bein...“ lachte ich. Was soll ich sagen: An diesem Abend gab es keine Praxis, aber dafür einen Schwips und ganz viel Fröhlichkeit und Nähe. Seite | 24

Selbstliebe Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnung für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben. Heute weiß ich, das nennt man „Authentisch – Sein.“

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich verstanden, wie sehr es jemanden beschämt, ihm meine Wünsche aufzuzwingen, obwohl ich wusste, dass weder die Zeit reif, noch der Mensch dazu bereit war, auch wenn ich selbst dieser Mensch war. Heute weiß ich, das nennt man „Selbstachtung“. Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen, und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war. Heute weiß ich, das nennt man „Reife“.

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist von da konnte ich ruhig sein. Heute weiß ich, das nennt sich „Selbstachtung“.

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Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen. Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude bereitet, was ich liebe und mein Herz zum Lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo. Heute weiß ich, das nennt man „Ehrlichkeit“.

Hospizinitiative Eutin

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich mich von allem befreit was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und vor allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das „gesunden Egoismus“ Aber heute weiß ich, das ist „Selbstliebe“.

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, immer Recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt. Heute habe ich erkannt, das nennt man „Einfach-Sein“.

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, da erkannte ich, dass mich mein Denken armselig und krank machen kann, als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner, diese Verbindung nenne ich heute „Herzensweisheit“.

Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten, denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten. Heute weiß ich, das ist das Leben!

von Charlie Chaplin

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Glauben Sie etwa nicht an Engel? Der Anruf kommt am Vormittag. „Ihrer Mutter geht es schlecht, die Ärztin ist schon verständigt,“ sagte die Pflegerin des Altenheims, in dem meine Mutter lebt. Für mich, seit fünf Jahren ehrenamtliche Sterbebegleiterin bei der Hospizinitiative Eutin, beginnt die bisher schwerste Begleitung. Ich treffe zusammen mit der Ärztin im Pflegeheim ein und schnell ist klar: Es ist ein Schlaganfall. Nun beginnt ein Entscheidungsmarathon. Sollte ich meine 88 jährige Mutter überhaupt noch ins Krankenhaus einweisen lassen? Oder sollte ich sie nicht lieber bei ihrem Mann im Heim in Ruhe gehen lassen? Doch wenn ins Krankenhaus, in welches? Ich rufe Martina, die hauptamtliche Koordinatorin, an und berate mich mit ihr. Martina nimmt sich viel Zeit und wir finden gemeinsam erste Lösungen. Im Krankenhaus: Sollte ich Einfluss nehmen auf die automatisch einsetzende Maschinerie von lebenserhaltenden Maßnahmen, die mit Lebensqualität vielleicht nichts mehr zu tun haben? Was steht in der Patientenverfügung? Wie ist die rechtliche Situation? Ich rufe bei der Vorsitzenden des Vereins, Brigitte, an, platze mitten in ihre Sprechstunde hinein. Umstandslos nimmt die Ärztin sich Zeit: „Frag deine Mutter, was sie will, wenn sie ansprechbar ist!“ rät sie mir. Zurück im Heim. Meine geschwächte Mutter muss nun bestmöglich gepflegt und unterstützt werden. Worauf ist dabei zu achten, welche Zeichen können wie gedeutet werden? Ist Physiotherapie noch sinnvoll oder nur Quälerei? Ich rufe nochmals Martina, erfahrene Krankenpflegerin, an. Diese nimmt sich wieder Zeit, diesmal für einen Besuch vor Ort und gibt z.B. Tipps zur Mundpflege oder wie das Pflegezimmer besser gestaltet werden kann. Meine Mutter ist zum Pflegefall geworden. Der Druck, immer wieder Entscheidungen zu treffen, die Leben oder Tod bedeuten können, ist gewichen. Jetzt gilt es, Zeit zu schenken: Fußmassage, vorlesen, singen, trösten, Hoffnung schenken. Ich rufe Elke an und bitte um Unterstützung. „Kannst Du nicht einen Teil der Begleitung übernehmen?“ Ja, sie kann. Und von sich aus bietet auch Annegret an, ihre Zeit zu schenken. Beide sind erfahrene Sterbebegleiterinnen. Als Unterstützung für alle Sterbebegleiterinnen findet alle 2 Monate eine Supervision statt, geleitet von Martina Oen. Dort spreche ich über meinen Seite | 27

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schweren Weg, über meine Unsicherheiten und Zweifel. Als wir an dem frühlingswarmen Abend auseinandergehen, höre ich aus der Gruppe: „Danke, dass wir teilhaben durften. Du hast uns tief berührt.“ Und zahlreich die lieben Gedanken, die heilende Energie, die vielen Nachfragen, die ich im Einzelnen gar nicht aufzählen kann. Der Zustand meiner Mutter wird kritisch. Nun möchte ich sie nicht mehr allein wissen. Ich rufe Hannelore an. Nach 3 Stunden ruft sie zurück. „Heute Nachmittag kommt Elke, morgen kann Sybille, Sonntag wird sich Ruth freihalten und bei deiner Mutter wachen“. Und Sie glauben nicht an Engel? Nachtrag: Meine Mutter entschied sich aber, zu gehen, als sie allein war. von Inge Nell

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Ein männlicher Briefmark erlebte Was Schönes, bevor er klebte. Er war von einer Prinzessin beleckt. Da war die Liebe in ihm erweckt. Er wollte sie wieder küssen, Da hat er verreisen müssen. So liebt er sie vergebens. Das ist die Tragik des Lebens! (J. Ringelnatz)

Purzel Ich muss so ungefähr 13 Jahre alt gewesen sein. Meine Lebensfreude war auf dem Nullpunkt und das hatte viele Gründe: Meine Eltern hatten sich scheiden lassen, meine Mutter war mit der Bewältigung des Alltags überfordert und ließ es mich spüren. In der Schule war ich auch nicht gerade eine Leuchte. In die Tanzstunde wurde ich gezwungen und irgendwie kam ich bei den Jungen nicht gut an. Jedenfalls wurde ich fast immer als Letzte aufgefordert, was mein Selbstwertgefühl nicht gerade steigerte. Seite | 29

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Es gab niemanden, mit dem ich sprechen konnte und wenn dann noch die gut gemeinte Frage kam: „Was hast du denn?“ verstummte ich vollends. Zu meinen täglichen Pflichten gehörte das Milchholen bei einem benachbarten Bauern. Ja, und da traf ich i h n eines Nachmittags und alles sollte sich ändern. Die Hündin des Bauern hatte Junge bekommen und fünf Welpen wuselten in der Scheune herum. Einer war besonders klein, zart und schwach. Auf wackeligen Beinen kam er zu mir und ließ sich streicheln. „Möchtest du den Hund haben?“ , fragte der Bauer. „Die anderen sind schon versprochen. Diesen wollte keiner haben, er kann auch noch gar nicht bellen.“ Nun, ich wollte ihn und er wollte mich. Einen Namen hatte ich sofort für ihn, Purzel, denn er konnte sich nur schwer auf seinen kleinen Beinen halten. Ich nahm ihn auf den Arm und wir gingen nach Hause. Meine Mutter war sehr ungehalten, aber nur, weil ich die Milchkanne vor Aufregung vergessen hatte. Purzel hatte auch sie verzaubert. Purzel gedieh prächtig, und ich hatte einen ganz treuen Freund und Vertrauten. Er wich mir nicht von der Seite. Wir schwammen durch den Fluss, machten Touren mit dem Fahrrad, tobten über die Wiesen und sprangen über Gräben. Wenn ich traurig war, legte er seine Schnauze fest auf meinen Fuß, auf mein Bein oder meinen Arm, was er gerade erwischen konnte. So verharrte er, bis ich mich ihm zuwendete. Er erwartete nichts von mir, stellte keine Fragen, war einfach nur für mich da und wärmte mich mit seiner Schnauze. Ich war natürlich traurig, als er an Altersschwäche starb. Aber in erster Linie war ich ihm dankbar für die gemeinsame Zeit. Wenn heute bei einer Begleitung die Situation vorgibt, Nähe, Dasein und Berührung zu geben, muss ich immer an die Zeit mit Purzel denken. Ich wünsche mir, dass mein Tun den betreffenden Menschen erreicht und wärmt – an Körper und Seele. von Annegret Sens

„Der größte Schauspieler der Welt ist mein Hund. Wenn er Hunger hat, tut er so, als ob er mich liebe.“ Marlon Brando

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Liebe

Zu Zweit – Liebe. Vertrautheit wächst zum Vertrauen. Zärtlichkeit und Leidenschaft – Liebe. Zusammen in eine Richtung schauen. Verbindendes gemeinsames Lachen, verstehen ohne Worte – Liebe. Geben und schenken ohne Bedingung, dankbar annehmen – Liebe. So, wie ich bin, darf ich sein, auch ich lasse sein……. Geborgenheit Liebe.

Als ich meinen Assoziationen zum großen Thema „Liebe“ freien Lauf ließ, hatte ich zunächst die Liebe zwischen Eheleuten, Partnern vor Augen. Beim Schreiben jedoch wurde mir bewusst, dass diese für mich wichtigen Beschreibungen auch für eine Sterbebegleitung gelten. Auf dem letzten Weg, in den letzten Stunden eines Menschen spielen nur die elementarsten Dinge eine Rolle. Nicht, was man ist oder wie viel Besitz man hat. Mag die gemeinsame Zeit zwischen Begleiterin und Patientin noch so kurz sein, vielleicht ist auch die normale, verbale Kommunikation nicht mehr möglich; ganz viel wächst in dieser Zeit: Beziehung auf einer Ebene, die wir im Alltag oft kaum mehr wahrnehmen. Das tiefe innere Gefühl darf zu Wort kommen, die Rationalität tritt zurück, das Denken und Fühlen richtet sich auf das, was für die Sterbende richtig und wichtig ist. Einmal sagte mir ein Arzt, als ich mich nach einer sehr intensiven Begleitung über mich selber wunderte, weil ich nicht das Gefühl eines „Geschafftseins“ verspürte: „Was man aus Liebe tut, kostet keine Kraft.“ Brigitte Hunke

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Buchempfehlung

von Annegret Pistol

Wie kommt der große Opa in die kleine Urne? Tim und Leila wollen es wissen.... von Helene Düperthal und Daniela Veit Lebensweichen-Verlag ISBN 978-3-00033545-7 Der kleine Junge Tim ist traurig, sein Opa ist gestorben. Alle weinen und keiner redet mit ihm. Am Samstag soll die Urnen-Beisetzung sein. Er ist ratlos, was ist das?? Seine Eltern finden ihn zu klein, um ihm alles zu erklären. Da taucht ein kleiner Bär auf, die Leila. Sie versucht für ihn alle Antworten zu finden. Die Autorin beschreibt, wie hier anhand der Geschichte von Tim und Leila das schwierige Thema der Urnenbeisetzung erklärt wird, vor allem auch den Ablauf im Krematorium mit würdevollen Ritualen. Nicht tieftraurig, sondern ganz liebevoll und realistisch. Im Anhang finden sich ergänzende Erläuterungen für Eltern und Erzieher. Ich empfinde dieses Buch als große Bereicherung, Kinder mit diesem Thema vertraut zu machen. Besonders in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werden immer mehr Urnenbestattungen gewünscht. Empfehlungsalter der Autorin: 4-8 Jahre (aber durchaus für ältere Kinder und Erwachsene lesenswert)

Zwei Blumen stehen auf einer Wiese und sehen sich an. Sagt die Eine: „Du, ich liebe dich!“ Darauf antwortet die Andere: „Ich liebe dich auch – wollen wir eine Biene kommen lassen?“

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Gehen Tod und Sterben junge Menschen an? Zu meiner Schulzeit war die Auseinandersetzung mit Tod und Sterben ein Tabuthema, später als Lehrerin griff ich dieses Thema immerhin dann auf, sobald es sich anbot. Wenn Kinder von einem Todesfall innerhalb der Familie erzählten oder aber tote Tiere mitbrachten, wurde das Sterben thematisiert, aber im Lehrplan findet es erst seit kurzem einen Platz. Im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit laden mich manchmal Lehrkräfte ein, wenn akut ein Schüler einer Klasse unheilbar erkrankt oder gestorben ist, wenn ein Elternteil stirbt oder die Lehrkraft sich Unterstützung beim Umgang damit innerhalb der Klasse wünscht. Dieses Thema findet erst allmählich in die Lehrerausbildung. Eine der Hospizideen heißt: Sterben gehört zum Leben. Natürlich wissen wir, dass üblicherweise erst mit zunehmendem Alter diese Einsicht kommt. Um so größer die Freude darüber, dass uns seit einigen Jahren der Religionskurs der Carl-Maria-von-Weber-Schule im 12. Jahrgang zum Abschluss einer Ethikeinheit einlädt. Im Vorwege erreicht uns schon ein Fragenkatalog, den es zu beantworten gilt. Am 12.Juni machen wir uns auf den Weg in die Schule. Wir versuchen den Katalog abzuarbeiten, aber viel mehr Raum nimmt der eigentliche Gedankenaustausch ein. 21 junge Menschen teilen sich auf in zwei Gruppen mit jeweils zwei Hospizlern. Begeisternd wie schnell die jungen Menschen sich offen und vertrauensvoll auch mit persönlichen Erfahrungen einbringen, wie einfühlsam sie sich nach unserer Arbeit erkundigen. Es ist für sie kein „Unterrichtsstoff“, es ist ein „Lebensthema“. Ja, Tod und Sterben gehen auch junge Menschen an! Ich freue mich schon auf den nächsten Jahrgang. Marita Himmel

Leserbrief an die Hospizinitiative Eutin: Liebe Hospizinitiative, hiermit möchte ich mich im Namen des Religionskurses des zwölften Jahrgangs der Carl-Maria-von-Weber Schule noch einmal ganz herzlich dafür bedanken, dass Sie sich am 12.06.12 Zeit für uns genommen haben, um uns von Ihrer Arbeit zu erzählen und uns geduldig die vielen Fragen zu beantworten. Für uns war dieses Gespräch sehr interessant und bewegend und Sie haben sicherlich viele von uns durch Ihren Besuch zum Nachdenken gebracht. Wir finden es sehr stark und bewundernswert, was Sie für andere Menschen tun. Liebe Grüße Katharina Böttger (stellvertretend für den Religionskurs) Seite | 33

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Erste Liebe Wir waren noch nicht einmal 18 Jahre alt, aber wir wollten es wissen. Heimlich tranken wir Alkohol und rauchten Zigaretten. Auf unsere Eroberungen waren wir sehr stolz .Küsse trugen -zumindest wir Mädchen- in ein Kusstagebuch ein, je mehr Eintragungen desto besser. Jedes Wochenende gab es irgendwo eine Party. Die Nachmittage verbrachten wir mit Freunden, Hausaufgaben mussten nachts gemacht werden- zur Musik von Radio Luxemburg, der Moderator hieß Chris Howland. Ja, und eines Tages änderte sich alles: Ich begegnete meiner großen Liebe. Klaus hatte schwarze Naturkrause, war Student, älter als ich und konnte mich immer zum Lachen bringen. Ich erinnere mich noch an riesige Fliedersträuße aus dem Garten seiner Eltern, die er mir mitbrachte. Wenn ich die Augen schließe, rieche ich sie heute noch. Er schenkte mir auch ein mittelhochdeutsches Gedicht: Dû bist mîn, ich bin dîn, des solt dû gewis sîn, dû bist beslozzen in mînen herzen, verlorn ist daz slüzzelîn: dû muost och immer darinne sîn. Den Zettel mit dem Gedicht bewahre ich in meiner „Schatzkiste“. Als Klaus sein Studium abgeschlossen hatte, bekam er ein verlockendes Arbeitsangebot – im Ausland. Er bat mich, mit ihm zu kommen. Ich willigte ein; nichts sollte uns trennen. Meine Familie betrachtete die Entwicklung mit großer Sorge. Aber dann kamen auch mir Bedenken. Ich hatte noch nicht einmal mein Abitur. Sollte ich ohne Beruf und den Segen meiner Familie wirklich einem Mann in die Fremde folgen, meine gewohnte Umgebung verlassen? Ich kniff. Wir weinten tagelang, hielten uns an den Händen bis es schmerzte. „Du kommst nach dem Seite | 34

Abitur nach!“ beschwor er mich immer wieder.Lange Zeit schrieben wir uns Briefe. Für Besuche hatten wir kein Geld. Und dann kam der Brief: „Ich habe einen Menschen gefunden, den ich heiraten möchte.“ Erst von ihm, dann von mir. Der Briefwechsel wurde seltener und blieb dann ganz aus. Ich war zwar glücklich verheiratet, aber tief in meinem Herzen blieb da ein Schmerz. – Meine Mutter, die bei uns lebte und meine Geschichte kannte, versuchte mich immer wieder mit den Worten zu trösten: „ Ach, in 50 Jahre lachst du darüber.“ Wenn ich heute an ihrem Grab stehe und ihr das Neueste von der Familie erzähle, komme ich nicht umhin ihr zu sagen: „Du hattest damals Unrecht, Mutter. Nun ist es schon über 50 Jahre her – und ich lache noch immer nicht darüber.“ …..........und das ist auch gut so!

Annegret Sens

Unser bewährtes Rezept für die Seele: Liebesäpfel Zutaten: 8 kleine, leicht säuerliche Äpfel mit gelbroter Schale (z. B Cox Orange) 300 g feinster Zucker, 150 ml Himbeersirup, 2 EL Butter, 1 TL klarer Obstessig, 8 Holzspieße (etwa 20 cm lang), Zucker zum Ausstreuen Die Äpfel waschen. Jeweils einen Holzspieß am Stielansatz 3-4 cm tief in einen Apfel stecken. Übrige Zutaten mit 150 ml Wasser in einem Topf vermischen, der nicht zu groß ist, damit am Ende die Äpfel ganz eingetaucht werden können. Alles leicht erhitzen, bis sich der Zucker ganz aufgelöst hat. Nun die Lösung kräftig kochen lassen, bis sie 145 Grad erreicht hat. Zum Test kann man einen Löffel erst in die Lösung und dann in eiskaltes Wasser tauchen – wird die Glasur sofort hart und klar, passt es. Ein Backblech mit Zucker ausstreuen. Äpfel in die heiße Lösung tauchen, aufs Blech setzen und die Glasur trocken und hart werden lassen. Lecker, lecker! Seite | 35

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Nächstenliebe Die Nächstenliebe leugnet keiner, doch ist sie oft nur leerer Wahn, das merkst am besten du in einer stark überfüllten Straßenbahn. Du wirst geschoben und mußt schieben, der Strom der Menge reißt dich mit. Wie kannst du da den Nächsten lieben. Wenn er dir auf die Füße tritt. (Heinz Erhardt)

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Sterbebegleitung – eine Herausforderung Einem Sterbenden und dessen Zugehörigen in schweren Zeiten zur Seite zu stehen ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Warum tun sich Menschen das an, könnte man fragen. Reicht es nicht, wenn ich mich um meine Angehörigen kümmere und mich mit meinem eigenen Tod beschäftige? Nein, für dreizehn Teilnehmerinnen und einem Teilnehmer, die in diesem Jahr an unserem Befähigungskurs teilgenommen haben, reichte es nicht. Sie wollten mehr wissen über Themen wie Sterben und Tod, Trauer, Schmerztherapie, Demenz und Kommunikation. Und sie beschäftigten sich an sechs Wochenenden (106 Unterrichtseinheiten) mit dem Abschied nehmen – ganz persönlich – in ihrem Leben, mit ihren Lebenswegen, mit ihrem Bild vom Tod, von ihrem eigenen Tod. Menschen, die sich auf die Aufgabe als SterbebegleiterIn vorbereiten, erfahren in unserem Kurs viel über sich selbst. Diese Themen sind intensiv, gehen nahe, sich darauf einzulassen ist nicht nur leicht. Trotzdem wird auch viel gelacht, denn Humor und Fröhlichkeit dürfen nicht fehlen. Sechzehn Zeitstunden auf der Palliativstation bilden die ersten praktischen Erfahrungen für die zukünftigen SterbebegleiterInnen. Dieser Kontakt mit der realen Situation im Sankt Elisabeth Krankenhaus in Eutin kann betroffen machen und Fragen aufwerfen. Darauf wird in einer anschließenden Praktikumsauswertung / Reflexion eingegangen. Am Ende der Befähigung steht das Zertifikat, das die TeilnehmerInnen als HospizhelferInnen auszeichnet. Und das wird gefeiert. Am 30. Mai 2012 wurden vierzehn neuen BegleiterInnen ihre Zertifikate in fröhlicher Runde in den Räumen der Onkologischen Tagesklinik überreicht. Mit dabei waren ihre Ausbilderinnen, Referenten, der Vorstand des Vereins und viele aktiven Mitglieder. Untermalt wurde die Veranstaltung durch Elena Kaiser und Reinhard Königsmann mit wunderbarer Musik. Sie schafften es sogar, uns zum Singen zu animieren. Vielen Dank an Euch! Bevor ein/e SterbebegleiterIn zum ersten Einsatz gerufen wird, stimmen sich die beiden Koordinatorinnen Hannelore Radloff und Martina Wendler ab. Wer passt zu wem: „Es ist für beide Seiten leichter, wenn Begleiter und Begleitete sich sympathisch sind und ähnliche Interessen haben“, sagt Martina Wendler. Seite | 37

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Das Zertifikat wurde an folgende TeilnehmerIn überreicht: Irina Baumhöver, Jeannette Deppe, Sigrid Döring, Ramona Gebur, Nang-Hee Cho-Häring, Doris Larsson, Konstantin Nagin, Jutta Ruge, Beate Santelmann, Elisabeth Schreckenberg, Kristina Struck, Petra-Maria Tilsen, Ines Winkler, Dr. Marie-Luise Vitt.

Referentinnen: Jutta Bilitewski( dritte v. links), Martina Wendler(rechts) Ein herzliches Dankeschön sagen wir allen, den Referenten: Hr. Dr. Steffan Flader, Fr. Karin Loehden, Hr. Frank Christen, Hr. Jochen Gust, unseren aktiven BegleiterInnen, Fr. Brigitte Maas und unseren Vorstandsmitgliedern, dem Sankt Elisabeth Krankenhaus, den Pflegekräften von der Palliativstation und der Sana-Klinik in Eutin für ihre vielfältige Unterstützung.

Haben wir Ihr Interesse geweckt oder brauchen Sie Unterstützung/ Beratung? Dann rufen Sie uns an und vereinbaren einen Gesprächstermin mit Frau Wendler oder Frau Radloff unter der Telefonnummer 04521/790776. Sie können auch montags und donnerstags von 9 bis 12 Uhr unsere Sprechstunde wahrnehmen. Martina Wendler

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Für mich gut Du bist mir genug So wie du bist, bist du für mich gut Mit Dir ist Leben leichter Die harte Welt ein wenig weicher Verlässlich und ehrlich Und irgendwie unerklärlich Du bist Gesang in meinem Lebenslied Ein warmer Ton, der über Dissonanzen liegt Du bist ein Lachen, das meine Seele lacht Du bist ein Trost, der die Trauer endlich macht Du bist Melodie, in meiner Symphonie Komm sing mit mir Du bist ein Gedanke, der in meinem Denken liegt Bist Asphalt, der auf meiner Strecke liegt Bist Rückenwind, der mir auf meinen Wegen weht Ein unparteiischer Richter, der auf meiner Seite steht Du bist`ne Farbe in meinem Selbstportrait Ein Augenzwinkern, das ich im Spiegel seh Bist Spannungsbogen in meinem Tagebuch Eine Aufenthaltsbestätigung, die ich hin und wieder such Du bist ein Lied für mich, ein Für und Eigentlich Komm sei mit mir Alexandra Brüntrup Seite | 39

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Rätsel Wieder einmal hat unsere geniale Rätselspezialistin für Sie eine Denksportaufgabe entwickelt, die unsere grauen Zellen aktivieren sollen und vielleicht sogar ein Lächeln auf unsere Lippen zaubert:

+ ____________________________

4

Ergebnis: _____________

Finden Sie heraus, für welche Zahl das gelbe und das rote Herz steht. Viel Spaß!

Liebe ist groß kommt aus dem Schoß und nimmt uns auf in ihrem Lauf

Sie trägt uns fort zu ihrem Ort ins helle Licht das Liebe ist Laura Somme

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Bild ohne Geschichte

Liebe Leser, liebe Leserinnen, so zahlreich Ihre eingesendeten Texte waren, so zahlreich gestalteten sich auch die so hilfreichen Anregungen, Tipps und Erfahrungen. Wir fühlen uns reich beschenkt und danken allen dafür. Ein ganz besonderer Dank gilt Gabriela Kastner-Riegert und Jutta Wulff-Schnabel, die uns mit den schönen Fotos und Zeichnungen versorgt haben. Wir bedanken uns außerdem für die freundliche Abdruckgenehmigung des Textes von Eugen Roth bei seinem Sohn Thomas Roth. Unsere nächste Ausgabe, die im Frühjahr 2013 herauskommt, beschäftigt sich mit dem Thema Himmel.

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Wir zählen auch dieses Mal wieder auf Sie und freuen uns auf Ihre Geschichten, Gedichte, Sprüche, Gedanken, Bilder oder Fotos. Hier wieder ein paar Impulse oder Assoziationen , die Sie möglicherweise inspirieren:

Himmelbett Licht Wolken Wasser Kreislauf Himmelszelt Jenseits Reich Gottes Firmament Letzter Abgabetermin: 31. Januar 2013. Vorzugsweise per Mail an: [email protected] oder an Annegret Sens, Neue Bergstrasse 10, 23683 Scharbeutz oder Inge Nell, Schülpweg 6, 23701 Süsel

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Wir öffnen jeden 1. Dienstag im Monat von 15 Uhr bis 17 Uhr das Trauercafé im Sankt Elisabeth Krankenhaus in Zusammenarbeit mit der Krankenhausseelsorge des Sankt Elisabeth Krankenhauses. Wenn Sie nach dem Tod eines geliebten Menschen reden oder unter Menschen sein wollen, kommen Sie bei uns vorbei.

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Termine – Termine – Termine – Termine – Termine – Termine Eutiner Hospizgespräche: 15. Nov. 2012 „Hospizarbeit – 15 Jahre mit uns!“ 19:30 Uhr Die Hospizinitiative berichtet über ihre Arbeit. ◊◊◊◊

Und gleich zwei Termine zum Thema: „Wie können wir helfen? – Hospizarbeit“ 29. Nov. 2012 Wo? VHS Süsel – Fassensdorf im Dörfergemeinschaftshaus 19:30 Uhr 17. Jan. 2013 19:30 Uhr

Wo? VHS Eutin – VHS-Haus, Plöner Strasse

◊◊◊◊ 3. Nov. 2012 17:00 Uhr

Sankt-Michaelis-Kirche Eutin: Stunde der Kirchenmusik Evensong mit Kollekte zugunsten der Hopizarbeit der Hospizinitiative Eutin e.V. ◊◊◊◊

Die Trauergruppe der Hospizinitiativen Eutin und Plön trifft sich jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat. Interessierte können sich bei den Trauerbegleiterinnen Silke Eckeberg Tel. 0151-58188211 und Marita Himmel Tel. 0151-58188212 anmelden. Die Termine können Sie auf unserer Homepage www.hospizinitiative-eutin.de abfragen oder der Presse entnehmen.

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Beitrittserklärung Hiermit erkläre ich meinen Beitritt in den Verein Hospizinitiative Eutin e.V. Name: ___________________ Vorname: ________________ Straße: _______________________ PLZ: __________ Wohnort: _________________________ Telefon: _____________________ Ich bin bereit, ab _____________ Datum

monatlich vierteljährlich jährlich einen Betrag von Euro ________________________ Mindestbetrag von jährlich 12 Euro

zu zahlen. Hiermit erteile ich der Hospizinitiative Eutin e.V. die Einzugsermächtigung widerruflich zu Lasten meines Kontos Nr. ____________________ BLZ ___________________ bei Geldinstitut: __________________________________ über den oben genannten Betrag. oder: Ich zahle den Beitrag auf das Konto Nr. 67025 bei der Sparkasse Holstein, BLZ 213 522 40. ____________________ Ort und Datum

_____________________ Unterschrift

Hospizinitiative Eutin e.V., Hospitalstr. 22, 23701 Eutin Seite | 46

Unser Angebot für Sie Wir unterstützen und begleiten -

Schwerkranke und Sterbende Ihre Angehörigen und Freunde Trauernde Menschen, die im sozialen Bereich tätig sind

Wenn Sie mehr über unsere Hospizarbeit wissen, unsere Arbeit mit einer Spende oder Ihrer Mitgliedschaft unterstützen möchten, informieren wir Sie gern unter folgender Telefonnummer:

Hospiztelefon: 04521 - 790776 Wenn Sie persönlichen Kontakt mit uns aufnehmen möchten, besuchen Sie uns in unserem Büro in den Räumen der Onkologischen Tagesklinik der Sana-Klinik Hospitalstr. 22, 23701 Eutin. Unsere Bürozeiten sind montags und donnerstags von 9:00 bis 12:00 Uhr.

Hospizinitiative Eutin e.V. Hospitalstr. 22 23701 Eutin

Spendenkonto Hospizinitiative Eutin e.V. Sparkasse Holstein Kontonummer: 67025 BLZ: 213 522 40 www.hospizinitiative-eutin.de E-Mail: [email protected]

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