Wieviel Bad braucht eine Stadt?

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Author: Leander Kalb
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511 AB Archiv des Badewesens 09/2015 | Bäderbetrieb · Politik

Bäderbetrieb

Wieviel Bad braucht eine Stadt? Ergebniszusammenfassung einer wissenschaftlichen Arbeit

M. Sc. Jan Oelze, Project Manager, CBRE GmbH, Düsseldorf, und Dipl.-Ing. Jörg Bemmerl, Geschäftsführer, Carat Beratungsgesellschaft mbH, Düsseldorf

Der folgende Artikel ist die Ergebnis- schließlich der öffentlichen Hand mit zusammenfassung der Masterarbeit Immobiliendienstleistungen zu Vervon Jan Oelze, die dieser im Herbst fügung steht. Das Beratungsfeld „Bäletzten Jahres beim Lehrstuhl für der“ hat sich dort als Kernkompetenz Wirtschaftsgeographie an der RWTH herausgebildet. jh Aachen eingereicht hatte und die in Kooperation mit der CBRE GmbH und Einleitung der Carat Beratungsgesellschaft mbH, Die mediale Berichterstattung über Bäbeide Düsseldorf, entstanden ist. Das der in Deutschland ist häufig von Schlie„Modellierung zur ßungen, Bürgerprotesten und finanzi3 Thema AB Archivlautete: des Badewesens 06/2013 | Kundenanzeigen Standortoptimierung von Sonderim- ellen Notlagen geprägt. Jedoch stellt mobilien: Beispiel des Bädermarktes sich der Bädermarkt wesentlich diffein ausgewählten Großstädten Nord- renzierter dar, als dies vielfach in der rhein-Westfalens“. Der Autor ist im Öffentlichkeit diskutiert wird. Gegen o. g. Unternehmen tätig, das aus- die allgemeine Wahrnehmung der mas-

senhaften Bäderschließungen spricht eine vom Ministerium für Wirtschaft und Technologie in Auftrag gegebene Erhebung, der zufolge knapp 7500 Bäder für das Jahr 2012 ermittelt wurden,1) während bei einer vergleichbaren Studie für das Jahr 2002 nur knapp 6720 Bäder errechnet wurden.2) Dennoch besteht aufgrund der Finanznot vieler Kommunen die wachsende Notwendigkeit, das wirtschaftliche Defizit im Bereich öffentlicher Bäder deutlich zu verringern. Neben der ersatzlosen Schließung ist der Fokus daher

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Politik · Bäderbetrieb | AB Archiv des Badewesens 09/2015 512

 Abbildung 1: Immobilienlebenszyklus eines Bades

auf die Entwicklung neuer bzw. veränderter Bäderkonzepte zu richten. Dar aus folgt, dass ausführliche Betrachtungen und Analysen notwendig sind, um eine zukunftsfähige und nachhaltige Ausrichtung der Badimmobilie(n) sicherzustellen. Dieser Prozess ist keineswegs auf die Entwicklung eines komplett neuen Standortes beschränkt, sondern kann – in Abhängigkeit von den individuellen Rahmenbedingungen – in jeder Lebenszyklusphase eines Bades erfolgen (siehe Abbildung 1). Somit stellt sich der Prozess zur Entwicklung eines Bäderkonzepts differenziert dar und ist von vielfältigen Einflussfaktoren (beispielsweise der Wettbewerbssituation) und den individuellen kommunalen Rahmenbedingungen (beispielsweise gesellschaftsund/oder steuerrechtliches Organisationsmodell) abhängig. Als primäre Ausgangsbasis gilt es jedoch, zu Beginn den Bedarf zu bestimmen, der zur Erfüllung der primären Aufgabe im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge erforderlich ist. Daher lautet die zentrale Fragestellung: Wieviel Bad braucht eine Stadt? Im Schwerpunkt der Masterarbeit stand die Fragestellung, ob auf der Grundlage empirischer Daten gültige Aussagen  zu einem bedarfsgerechten Angebotsumfang und

 Abbildung 2: Unterschiedliche Betriebsorganisation von Bädern in Deutschland und Nordrhein-Westfalen (NRW) 2000

 zur räumlichen Angebotsverteilung

tungen, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung vor Ort zu befriedigen.

möglich sind.

Die Bereitstellung von einer Sportinfrastruktur wird als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Kommune definiert, sodass im Zuge der begrenzten kommunalen Mittel und der in vielen Gemeinden vorherrschenden Finanzknappheit und Budgetkürzungsnotwendigkeiten der Betrieb der kommunalen Bäder häufig als Einsparpotenzial gesehen wird. Dieser Aspekt wird außerdem durch das in der Regel erzielte Betriebsdefizit verstärkt, das sich bei steigenden Energiekosten und fehlenden Energiesanierungen weiter erhöhen wird. Dies führt dazu, dass die Kommunen bzgl. der Badinfrastruktur einem steigendem Handlungsdruck unterworfen sind.

Thematische Eingrenzung Folgende Eingrenzungen der Analyse mussten gemacht werden, um allgemeingültige Aussagen treffen zu können, die sowohl wissenschaftlichen als auch praxisorientierten Ansprüchen gerecht werden können:  Fokussierung auf Sportbäder Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf den Hallen- bzw. Kombibädern, wobei insbesondere sportorientierte Bäder bzw. Leistungssportbäder analysiert wurden, die im Folgenden unter dem Begriff „Sportbäder“ zusammengefasst werden. Somit wurden reine Freizeitbäder und Freibäder nicht mit einbezogen.  Geographische Fokussierung Eine geographische Fokussierung wurde auf Großstädte (ab 100 000 Einwohner) in Nordrhein-Westfalen durchgeführt.

Methodisches Vorgehen

Die durchgeführte Analyse entsprach den Richtlinien wissenschaftlichen Arbeitens. Um diesen zu genügen, wurden zunächst arbeitsleitende Hypothesen erstellt, die im weiteren Analyseprozess insbesondere durch quantitaDiese thematische und geographische tive Methoden überprüft wurden. Fokussierung impliziert, dass die erzielten Schlussfolgerungen primär auf Dazu wurde ein badspezifischer FraBäderstandorte in Großstädten Nord- gebogen erstellt und an die 29 Großrhein-Westfalens zu beziehen sind. Die städte Nordrhein-Westfalens versandt. größte Anbietergruppe von Bäderdienst- Insgesamt wurde dieser Fragebogen leistungen sind in Nordrhein-Westfa- von neun Städten ausgefüllt zurücklen die Kommunen bzw. die öffentli- geschickt, was einer Rücklaufquote von che Hand (siehe Abbildung 2). Die öf- knapp 31 % entspricht. Für die neun fentliche Hand verfolgt dabei als pri- Städte wurden anschließend soziomäres Ziel die f lächendeckende Da- demografische Vergleichsdaten auf seinsvorsorge der Bevölkerung, also kleinstmöglicher Raumebene (Stadtdas Bereithalten erforderlicher Leis- teile, Quartiere, Ortsteile) beschafft so-

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 Abbildung 3: Städtische Wasserfläche und die Wasserfläche/1000 Einwohner (EW)

wie zur weiteren geographischen Bearbeitung aufgearbeitet und analysiert. Des Weiteren wurden die Bäder kartographiert. Um die Einwohnerzahl in verschiedenen Entfernungen bestimmen zu können, ist eine ausführliche Berechnung mittels der Software ArcGIS erforderlich gewesen. Dazu mussten zunächst

 Abbildung 4: Darstellung des Zusammenhangs zwischen Wasserfläche und Besucherzahlen

die Einwohnerdaten so aufgearbeitet werden, dass sie mit der GIS-Software (GIS: geographisches Informationssystem; Anmerkung der Redaktion) kompatibel sind. Es wurde eine Dichteberechnung vorgenommen, welche die Einwohner innerhalb eines Stadtbezirks auf die Siedlungsfläche bezog und daraus eine Einwohnerdichte berechnet.

Um zu berechnen, wie viele Einwohner in verschiedenen Entfernungen von einem Schwimmbad leben, wurde anschließend eine Buffer-Analyse mit drei unterschiedlichen Radien um die Schwimmbadstandorte durchgeführt. Unter Buffern versteht man konzentrische Kreise, die einen gleichen Mittelpunkt (in diesem Fall der Standort eines Schwimmbades) haben und von

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Politik · Bäderbetrieb | AB Archiv des Badewesens 09/2015 514

diesem ausgehend die unterschiedli-  4. Radius – > 5000 m: Wie bereits chen Entfernungen darstellen. In Großerwähnt kann aufgrund der Feststädten ist das Straßennetz so gut auslegung des Koordinierungskreises gebaut, dass davon ausgegangen werBäder (s. o.) von einem Einzugsgeden konnte, dass die Luftlinienentferbiet im engeren Sinne bei einer nung mit der Entfernung der StraßenEntfernung von über 5 km nicht infrastruktur annähernd gleich ist. mehr ausgegangen werden. Für die Entfernung zwischen einem Wohnort und dem Bäderstandort wurde bereits durch den Koordinierungskreis Bäder festgelegt, dass „die Entfernung vom Bad bis zur Begrenzung des Einzugsbereiches […] in der Regel in dicht besiedelten Räumen 5 km […] nicht überschreiten“3) sollte. Für den Besucher eines Bades ist jedoch nicht unbedingt die rein geographische Entfernung, sondern insbesondere die Fahrtdauer zum Erreichen des Bades von Bedeutung. Ausgehend von diesen beiden Aussagen wurden die Buffer-Radien so bestimmt, dass der äußerste Ring einem Radius von 5 km entspricht, während für die anderen Buffer eine zeitliche Komponente zur Berechnung der Entfernungsmaße herangezogen wurde. So ergaben sich die im Folgenden beschriebenen vier unterschiedlichen Radien:  1. Radius – 800 m: Bei der Annahme einer Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fußgängers in der Stadt von 5 km/h entsprechen 800 m ungefähr einem Fußweg von 10 min (exakt 833,3 m).  2. Radius – 2500 m: Diesem Radius liegt die Annahme zugrunde, dass im innerstädtischen Bereich Autos 30 km/h fahren können. Durch die angesetzte Geschwindigkeit ergibt sich für den 2500-mRadius eine Fahrtzeit von ca. 5 min.  3. Radius – 5000 m: Wie bereits für den 2. Radius ist auch hier eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h angesetzt, sodass dieser 3. Radius ungefähr einer Fahrtzeit von 10 min entspricht, was wiederum der Annahme des Koordinationskreises Bäder (s. o.) entspricht.

Durch die Anwendung der Buffer-Funktion konnte nun die sich im jeweiligen Buffer befindliche Fläche der einzelnen Stadtteile extrahiert werden, sodass die Einwohnerzahl bestimmt werden konnte. Um eine möglichst genaue Annäherung der Einwohnerzahl mit der entsprechenden Fläche zu erhalten, wurde zunächst mit der Einwohnerzahl der Stadtteile und der Fläche des entsprechenden Siedlungsgebiets die Einwohnerdichte in km 2 berechnet. Durch Multiplikation dieser Dichte mit der jeweils in einem Radius befindlichen Siedlungsfläche eines jeden Stadtteils konnte die Einwohnerzahl der unterschiedlichen Radien quadratmetergenau berechnet werden. Durch den Export der räumlichen Daten in ein Statistikprogramm konnte darauf aufbauend die Messung der Art (Korrelationsanalyse) und des Grads (Regressionsanalyse) des Zusammenhangs zwischen unterschiedlichen Einflussvariablen durchgeführt werden.

cherzahlen einzeln an. Lediglich eine Kommune nannte für die jeweiligen Bäder den Fünfjahresdurchschnitt. Bei der Analyse der Daten ist es zur Vergleichbarkeit zwischen den Städten sinnvoll, das Bäderangebot auf die Einwohner der jeweiligen Stadt zu beziehen. Es ergibt sich für die Städte, dass ein Einwohner jährlich durchschnittlich 1,35 Mal in ein örtliches Schwimmbad geht. Dabei weichen die Werte in den Jahren durchschnittlich um 0,082 ab, was als relativ gering einzuschätzen ist. Somit lässt sich festhalten, dass die Badbesuche in den Jahren nur sehr gering schwanken. Daher kann in Bezug auf die Besuchshäufigkeit eine Regelmäßigkeit festgestellt werden. Bei dem Vergleich der Wasserflächen ist es sinnvoll, ebenfalls die Bevölkerungsgröße zu berücksichtigen. Hier ist eine Berechnung der Wasserfläche pro 1000 Einwohner (in m 2) als Ausgangsvariable zugrunde gelegt worden. Unter der Wasserfläche wird die Fläche eines Schwimmbeckens verstanden (Länge x Breite), wobei Sport-, Mehrzweck-, Lehrschwimm- und sog. Bürgerbecken berücksichtigt werden, während Pools oder Kinder-Planschbecken aufgrund ihres fehlendes sportlichen Bezuges und der mangelnden Vergleichbarkeit nicht einbezogen werden.

Durch die GIS- und Statistik-Analyse konnten die Hypothesen quantitativ überprüft und somit Verifizierung bzw. Das Angebot der Wasserflächen und Falsifizierung werden. die Umrechnungen auf 1000 Einwohner ist in Abbildung 3 dargestellt, woDatenanalyse Die Fragebogen, die insgesamt von bei in den analysierten Großstädten neun Städten ausgefüllt wurden, wur- durchschnittlich 8,17 m2 Wasserfläche den zunächst einer statistischen Ana- 1000 Einwohnern zur Verfügung stelyse unterzogen. Im zweiten Analyse- hen. Die niedrigsten Wasserflächen lieschritt wurden die erhaltenen Daten gen bei 5,7 und 5,9 m2. mit raumbezogenen Einwohnerdaten zusammengeführt und geostatistisch Im Allgemeinen liegt nun die Vermutung nahe, dass die Besuchshäufigkeit analysiert. stark mit der Wasserfläche eines Bades zusammenhängt. Auf bauend auf Datenanalyse aus den ausgefüllten den erhobenen Daten lässt sich diese Fragebogen Acht der neun Städte, die den Frage- Hypothese überprüfen. Zur statistibogen ausgefüllt hatten, gaben für al- schen Feststellung eines Zusammenle fünf nachgefragten Jahre die Besu- hangs können die Korrelations- und

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 Abbildung 5: Relative Anteile der Bevölkerung im Umkreis der Schwimmbäder der untersuchten Städte

die Regressionsanalyse herangezogen werden, die jeweils die Art (Korrelationsanalyse) und den Grad (Regressionsanalyse) eines Zusammenhangs darstellen. Die Abbildung 4 stellt die Wasserfläche als x- und die Besucherzahlen als y-Variable dar und gibt gleichzeitig die lineare Regressionsgerade an, die ver-

 Abbildung 6: Darstellung der Besucherzahlen sowie Schul- und Vereinsschwimmen der Schwimmbäder in einer analysierten Großstadt von 2008 bis 2012

einfacht als Trendlinie bezeichnet werden kann. Ein Punkt in der Abbildung repräsentiert somit ein Bad mit der spezifischen Wasserfläche und der Besucherzahl.

gibt, dass es einen schwach positiven Zusammenhang zwischen der Wasserfläche eines Bades und den Besucherzahlen gibt. Dieser ist jedoch so gering, dass davon auszugehen ist, dass es in der Gesamtheit aller BäderstandDie Analyse der Korrelation zwischen orte in den Großstädten Nordrhein-Westder Wasserfläche (pro Einwohner) und falens keinen Zusammenhang zwider Besucherzahl (pro Einwohner) er- schen den Besucherzahlen und den Wasserflächen gibt. Dies bedeutet, dass

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 Abbildung 7: Besucherzahlen der kommunalen Schwimmbäder einer Großstadt von 2008 bis 2012

 Abbildung 8: Besucherzahlen der kommunalen Schwimmbäder einer Großstadt von 2008 bis 2012

die Bereitstellung von Wasserfläche al- Somit lässt sich die Hypothese aufstellein nicht die Besucherzahlen erklärt. len, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der in der näDatenanalyse mittels GIS-Analyse heren Umgebung wohnhaften BevölUm die Einwohnerzahl in verschiede- kerung und den Besucherzahlen gibt. nen Entfernungen bestimmen zu kön- Um eine Vergleichbarkeit der Städte nen, ist eine ausführliche Berechnung gewährleisten zu können, kann nicht mittels eines geographischen Informa- die absolute Einwohnerzahl in den vier tionssystems (GIS) erforderlich. Dazu Radien und die absolute Anzahl der mussten zunächst die Einwohnerdaten Badbesuche zugrunde gelegt werden. so aufgearbeitet werden, dass sie mit Stattdessen ist es erforderlich, die reder GIS-Software kompatibel waren. lative Bevölkerungsverteilung auf die einzelnen Radien und die durchschnittVereinfacht lässt sich der durchgeführ- lichen Besuche pro Einwohner herante Analyseprozess in folgenden Teil- zuziehen, die in der Abbildung 5 verschritten darstellen: anschaulicht wird.  Verortung der Badstandorte,  Einpflege der Einwohnerzahlen, Aufgrund der detaillierten Zuordnung  Berechnung der Einwohnerdichte der jeweiligen prozentualen Anteile in Siedlungsbereichen (ohne Wald- der Einwohner in die verschiedenen und Industrieflächen o. ä.), Radien der Badbesuche pro Einwohner  Bildung von vier Entfernungsradi- können Aussagen über eine mögliche en (Buffern) um die Bäder und Korrelation getroffen werden:  Berechnung der Einwohnerzahlen, die in jeweiliger Entfernung zu Die Daten aus Abbildung 5 zeigen, dass Bädern innerhalb einer Stadt lees Unterschiede in der prozentualen ben. Verteilung der Einwohner in den vier verschiedenen Entfernungsgruppen Die Extraktion der so erhaltenen Da- gibt. Dazu wurde für jeden Entferten lässt weitere statistische Analysen nungsradius der Korrelationskoeffizizu. ent zu den Badbesuchen je Einwohner errechnet. Sollte die aufgestellte HyDie Nachfrage nach der Dienstleistung pothese zutreffen, müsste es einen hoBad wird durch das dazugehörige Ein- hen Zusammenhang zwischen der inzugsgebiet bestimmt. Es lässt sich ver- nerhalb eines Radius lebenden Bevölmuten, dass bei Sportbädern die Grö- kerung und den Badbesuchen geben ße der Einzugsgebiete aufgrund der ( je höher der Anteil der Bevölkerung Ähnlichkeit und Attraktivität der An- innerhalb von 800 bzw. 2500 m zu eigebote relativ gering ist und ein Sport- nem Bad ist, desto höher sind die Badbad keine überregionalen Besucher an- besuche je Einwohner), der mit zunehziehen kann. mender Entfernung abnimmt und sich bei hoher Entfernung gar in einen negativen Zusammenhang umwandelt

( je höher der Anteil der Bevölkerung außerhalb von 5000 m zu einem Bad ist, desto geringer sind die Badbesuche je Einwohner). Insgesamt zeigt die Analyse jedoch, dass keine einheitliche Aussage über den Einfluss der Entfernung auf die Besucherzahlen möglich ist. Zwar weist der erste Korrelationskoeffizient auf einen positiven Zusammenhang hin, jedoch ist der wiederholte Wechsel der gegenseitigen Beeinflussung zwischen den Entfernungsgruppen 800 m, 800 - 2500 m, 5000 m und über 5000 m ein deutlicher Hinweis darauf, dass es keine einheitlich zu messende Abhängigkeit zwischen der Entfernung und den Besucherzahlen gibt. Dies bestätigen auch die statistischen Tests, die mit 95%iger Wahrscheinlichkeit angeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Badbesuchen und den Entfernungen der Bevölkerung gibt. Somit lässt sich aufbauend auf den Datenanalysen festhalten, dass der Versuch der Modellierung und die Herleitung einer Gleichung für die Bädernachfrage im Raum auf Basis der durchgeführten Analyse nicht möglich sind. Dies resultiert aus der Erkenntnis, dass der Raumwiderstand selbst in Großstädten nicht einheitlich festzulegen ist und die Besucherzahlen durch viele unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Jedoch konnten darüber hinausgehende Erkenntnisse und Regelmäßigkeiten des Bädermarktes in Großstädten Nordrhein-Westfalens analysiert werden, die im Folgenden beschrieben werden.

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Analyse von Einzelstandorten Neben der reinen Datenanalyse können aus einer vergleichenden Betrachtung von spezifischen Strukturen und Änderungsprozessen einzelner Standorte Erkenntnisse gewonnen werden, die für einen Bäderstandort allgemein von Bedeutung sind und somit einen deutlichen Mehrwert für zukünftige Analysen und Bäderplanungen darstellen. Spezialisierung von Bäderstandorten Innerhalb einer Stadt wurde die Bäderlandschaft neu strukturiert, sodass sich an diesem Beispiel die Auswirkungen von Spezialisierungen auf einen Bäderstandort herausarbeiten lassen. So hat sich durch die Neubauten eines Sportbades (auch Öffnung für die Öffentlichkeit) und eines Hallenbades, das den individual- und freizeitorientierten Nutzer anspricht, bei gleichzeitiger Schließung von insgesamt vier sanierungsbedürftigen und funktional veralteten Schwimmbädern die Besucherstruktur innerhalb der Stadt grundlegend geändert. Der durchgeführten funktionalen Spezialisierung der beiden neuen Bäder wurde auch durch die Eintrittspreisstruktur Rechnung getragen.

licht aufgrund der Größenunterschiede nochmals die Verschiedenartigkeit der beiden Bäder. Grenzräumliche Verflechtungen Die von einer anderen Stadt zur Verfügung gestellten detaillierten Besucheranalysen machen es möglich, Aussagen über die regionale Herkunft der Besucher zu tätigen. Aufgrund dieser zur Verfügung gestellten Daten ist eine Internationalisierung der Besucherstrukturen festzustellen, die durch die Grenznähe der Stadt zu erklären ist. Dies macht im konkreten Fall bei einem Schwimmbad eine Besuchernachfrage aus dem benachbarten Ausland von immerhin knapp 14 % aus. Somit scheint es auch im Bäderbereich zu grenzüberschreitenden Austauschprozessen und Verflechtungen zu kommen, wie dies in der Wissenschaft bereits bei anderen Dienstleistungsbranchen (beispielsweise Einkaufsverkehre) analysiert worden ist.

Die analysierten Daten fundieren somit die Annahme, dass sich Einzugsgebiete von Bädern über Staatsgrenzen hinaus entwickeln können. Diese Die extrem niedrigen Besucherzahlen Aussage ist insbesondere für grenznader Öffentlichkeit im Sportbad verdeut- he Bäderangebote sehr bedeutend. lichen, dass die Nachfrage nach ausschließlich sportlicher Betätigung in Gewachsene Nachfragestrukturen diesem Bad auch trotz der deutlich ge- Insbesondere bei Schließungen von Bäringeren Eintrittspreise sehr gering ist dern, seien es Teilschließungen beiund es insbesondere von Schulen und spielsweise aufgrund von Sanierungen Vereinen genutzt wird (siehe Abbil- bzw. Modernisierungen oder die komdung 6). Durchschnittlich gehen die plette Aufgabe eines Bäderstandortes, Bewohner der Stadt nur 0,078 Mal in fallen Wechselwirkungsprozesse des das Sportbad. Dies ist im Vergleich zu Besucherverhaltens auf. So zeigen die den anderen Städten extrem niedrig. Teilschließungen in drei Städten sehr Bei Berücksichtigung der Besucher- anschaulich, dass die Besucher eines zahlen des Freizeitbades würde die geschlossenen Bades während der durchschnittliche Besuchszahl je Ein- Schließungsphase nicht bzw. nur in wohner bei 4,875 liegen, wobei hier da- sehr geringem Umfang auf neue Bävon ausgegangen werden kann, dass derstandorte ausweichen. Als Beispiel die Besucher nicht nur aus dem Stadt- stellt die Abbildung 7 die Besuchergebiet kommen. zahlen der vier bzw. seit 2011 fünf Hallenbäder in einer Stadt dar. Die einzelnen Besucherzahlen sind in Abbildung 6 dargestellt. Diese verdeut-

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Durch die Sanierungs- und Renovierungsarbeiten der Bäder C und E insbesondere im Jahr 2010 mussten massive Besuchereinbrüche bei den Bädern verzeichnet werden. Wie in anderen Städten mit Sanierungs- und/oder Modernisierungsmaßnahmen auch, zeigt sich, dass Badschließungen nicht zu Mehrbesuchern in anderen städtischen Schwimmbädern führten (siehe Abbildung 7). Die Eröffnung des neuen Schwimmbades A im Jahr 2011 zeigt hingegen, dass sich bei einem entsprechend attraktiven, neuen Bäderangebot eine Veränderung in der Verteilung der Besuchernachfrage einstellen kann (siehe Abbildung 7). Raumstrukturelle Merkmale Ein Beispiel innerhalb einer Stadt verdeutlicht die Auswirkungen von Schließungen und Neueröffnungen auf die Bädernachfrage. Durch die Schließung von zwei Bädern im Jahr 2010 hat die Öffentlichkeit eines gesamten Stadtbereichs einen benachbarten Bäderstandort verloren (siehe Abbildung 8: Schließung der beiden Bäder A und G). Das Bad, das aufgrund der Schließungen im Jahr 2010 neu gebaut worden ist (siehe Abbildung 8: Eröffnung des Bades F), kann die Besucherzahlen der geschlossenen Bäder nicht erreichen. Dieses Bad scheint an der Marktsituation vorbei geplant worden zu sein. Zudem wurde in der öffentlichen Diskussion der Standort des Bades stark kritisiert: Zum einen liegt das Bad an einem verkehrstechnisch und siedlungsspezifisch peripheren Standort, zum anderen scheinen physische Elemente wie beispielsweise Bahntrassen, Autobahnen oder Flüsse als trennendes Raumelement wahrgenommen zu werden. Dies würde einer mentalen Distanz entsprechen, die räumlich zwar nicht gegeben ist, jedoch unbewusst so wahrgenommen wird.

Zusammenfassende Ergebnisdiskussion Der Versuch der Modellierung und die Herleitung einer Gleichung für die Bädernachfrage im Raum ist auf Basis der durchgeführten Analyse nicht möglich. Die durchge-

führte statistische Auswertung der Besucherzahlen führt zu dem Ergebnis, dass keine Gleichung zum Raumwiderstand aufgestellt werden kann. Dies resultiert in der Erkenntnis, dass der Raumwiderstand selbst in Großstädten nicht einheitlich festzulegen ist und die Besucherzahlen durch viele unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Die durchgeführte Analyse kann jedoch neue und bedeutende, allgemein gültige Aussagen zu Einflussfaktoren der Besucherzahlen von Bädern geben. Diese sind aufgrund der detaillierten Beschreibung der verschiedenen Bäderstandorte möglich, die gerade durch den Vergleich untereinander Besonderheiten und Gesetzmäßigkeiten erkennen lassen, sodass fundierte Aussagen über folgende Themengebiete formuliert werden können:  Grenzräumliche Verflechtungen: Die Analyse weist nach, dass es im Bädermarkt grenzüberschreitende Verflechtungen in der Nachfragestruktur gibt.  Gewachsene Nachfragestrukturen: Besucher eines Bades, das für eine bestimmte Zeit geschlossen wird (z. B. aufgrund von Sanierungsmaßnahmen), weichen nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang auf neue Bäderstandorte aus. D. h., die Gesamtbesucherzahlen innerhalb der betreffenden Stadt sinken während dieser Phase deutlich ab.  Raumstrukturelle Merkmale:  Dem Standort eines Bades kommt eine herausragende Bedeutung zu.  Falsche Standortplanung führt zu folgenschweren Besuchereinbrüchen.  Gewachsene Nachfragestrukturen lassen sich nur schwer verändern bzw. beeinflussen und führen bei Schließung eines beliebten Standortes nicht selbstverständlich zu Verlagerungsprozessen, sondern können auch zur Aufgabe der Nachfrage führen.  Raumstrukturelle Merkmale (beispielsweise Flüsse, Eisenbahntrassen und Autobahnen) können als mentale Barrieren gesehen werden und somit die Distanz über die räumliche Dimension hinaus ausweiten. Festzuhalten ist somit, dass sowohl bei Neubauprojekten als auch bei Analysen des bestehenden Bäderangebots der Lebenszyklusgedanke im Mittelpunkt einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Betrachtung stehen sollte. Dabei ist insbesondere der Standort eines Bades von wesentlicher Bedeutung. Diese Ergebnisse stellen einen Mehrwert in der wissenschaftlichen Diskussion und für praxisnahe Analysen dar. Aufbauend auf den bereits vorhandenen betrieblichen und infrastrukturellen Kennziffern (z. B. im Bereich der Marktund Standortanalyse, betriebliche Kennwerte) stehen somit detaillierte und belastbare Analysewerkzeuge zur Verfügung, um Bäderstandorte und -immobilien zu analysie-

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ren, zu bewerten und zu optimieren sowie infolgedessen das betriebliche Ergebnis nachhaltig zu verbessern.

Marketing-Maßnahmen und maßgeschneiderte Angebote (u. a. durch eine optimierte Preisgestaltung) neue Besucherpotenziale erSomit können einzelne bestehende bzw. schlossen werden. geplante Bäderstandorte direkt von den  Großstädte verfügen über eine z. T. Ergebnissen profitieren: Durch die Anaüber Jahrzehnte gewachsene Bälyse lassen sich während jeder Phase derlandschaft, die durch unterdes Lebenszyklus beispielsweise die schiedliche Einflüsse und KonWasserfläche, die Besucherzahlen und zepte entstanden ist. Durch die die Standorte der Bäder vergleichend durchgeführte Analyse lassen sich bewerten sowie Optimierungspotenzibestehende bzw. potenzielle Bäale herausstellen. Beispielhaft lassen derstandorte in Hinblick auf zusich aus der Analyse folgende konkrekünftige Bedarfe und Nachfragete Mehrwerte herausstellen: strukturen detailliert bewerten  Die Analyse in mehreren Städten und mögliche Verbesserungspostellte den Mehrwert von bädertenziale aufzeigen. Dabei ist zu jespezifischen Spezialisierungen heder Zeit der Einbezug bestehender raus. Neben einer BetriebskostenNachfragestrukturen zu gewährsenkung – beispielsweise durch leisten und zu berücksichtigen. die Anpassung der Öffnungszeiten an die Zielgruppen – können dar- Der Einsatz der Analyseergebnisse in über hinaus durch zielgerichtete Verbindung mit bereits vorhandenen

betrieblichen und standörtlichen Kennwerten bietet für jeden einzelnen Bäderstandort das Potenzial, Betriebskosten zu reduzieren, Besucherpotenziale zu nutzen, Betriebsergebnisse nachhaltig zu verbessern und die Versorgungsstruktur zu optimieren.

Literatur/Anmerkungen

1) 2hm & Associates GmbH (2012): Wirtschaftsfaktor Sport in Deutschland – Die wirtschaftliche Bedeutung des Sportstättenbaus und ihr Anteil an einem zukünftigen Sportsatellitenkonto. www.2hm.eu/documents/BMIPraesentation-20121108-SpSKIII-fin. pdf, abgerufen am 05.08.2013. 2) Sportministerkonferenz (2002): Sportstättenstatistik der Länder 2002. www.dosb.de/fileadmin/fm-dsb/ arbeitsfelder/umwelt-sportstaetten/ Veroeffentlichungen/Sportst_ttensta tistik.pdf, abgerufen am 03.08.2013. 3) KOK-Richtlinien für den Bäderbau (2002), 4. Auflage, S. 32.

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