Wenn Kinder ohne ausreichende Geborgenheit, Sicherheit und Zuwendung aufwachsen

Wenn Kinder ohne ausreichende Geborgenheit, Sicherheit und Zuwendung aufwachsen… Hausarbeit eingereicht bei der Heilpraktiker Schule Isolde Richter Ü...
Author: Leon Schräder
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Wenn Kinder ohne ausreichende Geborgenheit, Sicherheit und Zuwendung aufwachsen…

Hausarbeit eingereicht bei der Heilpraktiker Schule Isolde Richter Üsenbergstraße 13 79341 Kenzingen Im März 2014

Von XXXXXXX XXXXXXX XXXXXXXXXXX XX XXXXXXXXXXXXXXXXX

Ausbildungsziel: Heilpraktiker für Psychotherapie Prüfung beim Gesundheitsamt Tübingen – voraussichtlich 2015/2016

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Vorwort Die vorliegende Arbeit stellt keine umfassende Auflistung aller möglichen Gefahren dar die bestehen, wenn Kinder in ihrer natürlichen Entwicklung gestört werden oder störenden Einflüssen ausgesetzt sind. Sie will nur einige wenige der Gefahren aufzeigen, die aus einer Entwicklung resultieren können, die mit fehlender Geborgenheit und Zuneigung einhergehen können. Alle, der im Verlauf der vorliegenden Arbeit beschriebenen, Beispiele sind wie beschrieben vorgefallen und dem Autor selbst passiert.

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Inhaltsverzeichnis

Persönliche Beispiele des Autors

Seiten 4 und 5

Auffälligkeiten im Kindesalter

Seite 7

Mögliche Konsequenzen beim Jugendlichen

Seite 8

Mögliche Auswirkungen für den Erwachsenen

Seite 9

Schlussfolgerung

Seite 10

Quellenangaben

Seite 11

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Wie wirkt sich fehlende Zuneigung und Sensibilität auf Kinder aus? Welche unbewussten Muster laufen in diesem noch in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen ab?

Es kann schwere psychische Schäden hinterlassen, wenn Kinder Situationen wie die im Folgenden beschriebenen erleben.

Beispiel 1: Vater und Sohn spielen und versuchen sich gegenseitig zu kitzeln. So weit ist dies ein sicher weit verbreitetes und auch durchaus harmonisches Bild. Doch im Verlauf dieses gespielten Gerangels, beginnt der Vater das Kind am Hals zu kitzeln. Das Kind beginnt zuerst zu lachen und verzieht das Gesicht dabei. Das empfindet der Vater als sehr komisch und kitzelt, unter lautem Gelächter, weiter. Das Kind versucht sich aus dem Griff des Vaters zu befreien, merkt jedoch schnell, dass es gegen die Kraft seines Gegenübers nicht ankommt. Das Gesicht des Kindes verzerrt sich zu einer Grimasse, als es immer wieder vergeblich versucht die nun sehr unangenehm gewordenen Hände des Vaters von seinem Hals zu lösen. Es befindet sich in einer Zwickmühle der Gefühle. Auf der einen Seite ist es sehr kitzelig und muss andauernd lachen, auf der anderen Seite erkennt es die ausweglose Situation und sieht keine Chance ihr zu entfliehen- das verursacht Panik. Das Kind versucht seinem Vater zu sagen, dass er aufhören soll, bekommt aber, durch das glucksende Lachen keinen verständlichen Ton heraus. Nach einer, für das Kind, empfundenen Ewigkeit lösen sich die Hände des Vaters vom Hals seines Kindes. Sobald sich der Druck des unfreiwillig lachen Müssens und der ausweglosen Situation lösen, bricht das Kind in Tränen aus. Der unsensible Vater beschimpft es als Weichling und obwohl das Kind versucht ihm die Lage - mit seinen unzureichenden Mitteln - zu erklären wiederholt sich dieser Vorgang des unfreiwilligen Kitzelns und der Ohnmacht des Kindes innerhalb der nächsten Jahre mehrmals. Solche Situationen zerstören das Vertrauen des Kindes zu seinem Vater!

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Beispiel 2: Ein jähzorniger Vater stürmt mit vor Wut verzerrtem Gesicht und zum Schlag erhobener Hand auf seinen 9 jährigen Sohn los, den er zuvor in eine Ecke des Zimmers gedrängt hatte. Das Kind, ohne Fluchtmöglichkeit, am Boden kauernd und schutzsuchend die Hände über den Kopf haltend, wartet mit tränenüberströmtem Gesicht und einem Wimmern auf die Schläge des Vaters. Es versteht die Welt nicht mehr, denn der Vater, den es eigentlich doch liebt erwidert diese Liebe nicht oder nur in sehr wenigen Situationen und viel zu oberflächlich. Nachdem sich der Vater an dem Kind abreagiert hat merkt es, dass es in einer Pfütze sitzt … es hat aufgrund der unglaublichen Angst eingenässt. Hoffentlich bemerkt der Vater den Fleck am Boden nicht, sonst wird das Kind erneut geschlagen… Wie kann ein Mensch, dessen Aufgabe es ist sein - ihm Schutz befohlenes - Kind, einer solchen Situation, solch seelisch/psychischem Stress, aussetzen?

Beispiel 3: Wird ein Kind in der Schule gemobbt, stellt dies ebenfalls ein großes Risiko für Persönlichkeits- und viele andere Arten von Störungen dar. Die Schule ist, neben dem Elternhaus, eine der, für die Entwicklung des Individuums, wichtigste Station in seinem Leben. Der Schüler verbringt sehr viel Zeit in der Klassengemeinschaft, jede Äußerung im Unterricht, jede Situation in den Pausen, seine Kleidung, sein Verhalten, alles wird von seinen Mitschülern registriert, bewertet und trägt zu seinem „Stand“ in der Klassengemeinschaft bei. Wird der Schüler gemocht? Achtet man ihn oder bewundert man ihn vielleicht sogar aufgrund seiner Einstellung, der Äußerungen die er macht? Was ist aber, wenn ein Kind, das bereits im Elternhaus nicht ausreichend Zuwendung und Sicherheit erfahren hat, sich in der Schule „behaupten“ muss? Sicher gibt es hier unendlich viele unterschiedliche Möglichkeiten, da jeder Mensch anders auf Einflüsse reagiert und auch andere Schlüsse zieht. Was kann passiert, wenn ein sehr sensibler Junge, der durch die unzureichende Zuneigung seines Vaters ein geringes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein bekam, auf eine Situation trifft, die ihn dazu zwingt sich zu behaupten. In diesem Fall zieht sich der Junge noch weiter zurück, was von den Klassenkameraden als Schwäche bewertet und ausgenutzt wird. Er wird gehänselt, gemobbt und gestalkt, bis schließlich, nach kurzer Zeit, die Noten schlechter werden und er von der Schule genommen wird um in einer neuen Umgebung einen Neuanfang mit hoffentlich besserem Ausgang beginnen zu können. Bei einem weniger sensiblen Kind besteht die Gefahr, dass die im Elternhaus erfahrene Gewalt weitergegeben und evtl. Mitschüler verprügelt werden.

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Die Bindung zu den Eltern ist einer der wichtigsten Fixpunkte im Leben eines heranwachsenden Kindes. Ist oder wird diese Bindung gestört, oder ist erst gar nicht vorhanden, kann sich das Kind nicht frei entwickeln. Im Normalfall erlernt es die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Verhaltensregeln des sozialen Lebens durch das Kopieren des Verhaltens der Elternteile. Im späteren Verlauf der Entwicklung werden meist Verhaltensweisen anderer Menschen kopiert oder für das eigene verhalten angepasst. Dies geschieht, bis sich der Mensch so weit entwickelt hat, dass er sich seine eigenen Gedanken zu Vorgängen macht und sein Handeln seinen Erkenntnissen und seiner eigenen Meinung anpasst. Um jedoch eine eigene Meinung entwickeln zu können ist der Rückhalt des Elternhauses von immenser Bedeutung. Durch diesen Rückhalt erhält das Kind sein Selbstbewusstsein und den erforderlichen Mut eigene Wege zu gehen und die eigenen Vorstellungen im sozialen Umfeld umzusetzen ohne ständig zu hinterfragen ob es das auch darf oder was von ihm erwartet wird. Menschen die in ihrer Entwicklung als Kind bereits in sehr engen Bahnen geführt wurden, neigen dazu jede Entscheidung die sie im späteren Leben treffen, zu hinterfragen, ob sie mit den Erwartungen des Umfeldes übereinstimmt. So entsteht eine zum Teil unbewusste Spannung, die sich im Laufe der Jahre zu einer Persönlichkeitsstörung auswachsen kann. Der Jugendliche wird, durch das ständige Hinterfragen seiner Entscheidungen, immer unsicherer und vermeidet schließlich Situationen, die nicht eindeutig sind und evtl. zu Konfrontationen und dadurch zu Problemen führen könnten.

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Auffälligkeiten im Kindesalter Die ersten Bezugspersonen des Kindes sind die Eltern, hier lernt es, spiegelt Mimik, Gestik und Emotionen. Fehlen diese Spiegelungsmöglichkeiten auf Dauer, kann es zu vielfältigen Symptomen führen. Herzprobleme, dauerhafter Stress durch Überreaktionen des Nervensystems (Sympathikus / Parasympathikus) können die Folge sein. Zu Beginn des 12ten Jahrhunderts hat der Staufer-Kaiser Friedrich II (1194-1250) hierzu einen drastischen Versuch unternommen. Er wollte herausfinden, welche Sprache Kinder sprechen, wenn sie von Ammen aufgezogen wurden, die kein Wort mit ihnen sprachen. Die Kinder starben. (Siehe hierzu auch die Publikation von Joachim Bauer über Spiegelneurone „Warum ich fühle, was du fühlst“, Seite 108). Ziehen sich Kinder zurück, werden wortkarg oder meiden den Blickkontakt, sollte man hellhörig werden und hinterfragen ob und warum sie sich nicht wohl fühlen. Hier ist Sensibilität und Einfühlungsvermögen gefragt. Fällt man in diesem Moment mit der Tür ins Haus, verliert man den Zugang zum Kind und es wird sich unter Umständen noch weiter zurückziehen.

Auch sozialer Rückzug, das Fehlen von Freunden, Mobbing in der Schule, Veränderungen im Essverhalten, längeres Einnässen als allgemein üblich (auf das Alter des Kindes bezogen) oder erneutes Einnässen nach einer längeren Trockenphase deuten auf ein psychologisches Problem hin. Ein starkes Zeichen von Angst ist das plötzliche Einnässen in bestimmten Situationen. Wird das Kind, zum Beispiel durch den Wutausbruch eines Elternteiles (verbal und/oder nonverbal), in die Enge getrieben, sieht keine Fluchtmöglichkeit und baut eine unbändige Angst auf, kann es zu plötzlichem Einnässen kommen. Dies ist ein absolutes Alarmsignal und es muss unbedingt etwas unternommen werden um das soziale Gefüge innerhalb der Familie zu verbessern. Sollte das nicht möglich sein, muss über andere Wege nachgedacht werden. Es ist unter keinen Umständen vertretbar, dass ein Kind eine solche Angst erleiden muss. Hier besteht sogar die Gefahr der Abspaltung der Persönlichkeit, die Entstehung einer multiplen Persönlichkeit.

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Mögliche Konsequenzen beim Jugendlichen Zitat aus Joachim Bauers Publikation „Warum ich fühle was du fühlst“, Seite 126ff: „In zunehmendem Masse sieht sich die Schule mit Kindern konfrontiert, bei denen eine schwere Beeinträchtigung im Bereich des Mitfühlens und der Empathie vorliegt, meist kombiniert mit einer starken Tendenz Gewalt gegen andre einzusetzen. Empathiedefizite sind Spiegelungsdefizite. Kindern, die selbst nur wenig Einfühlung, Rücksicht und Zärtlichkeit erlebt haben, stehen wegen fehlender Spiegelungserfahrungen keine eigenen neurobiologischen Programme zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen würden, Mitgefühl zu empfinden und zu zeigen“ Diese Kinder kennen die Grenzen nicht und setzen Gewalt sogar dann auch weiter ein, wenn eine Situation bereits entschieden ist. So können Situationen erklärt werden, in denen ein Angreifer dem Opfer, das selbst bereits gekrümmt am Boden liegt und die Hände schützend vor das Gesicht hält, weiterhin gegen den Kopf tritt. Hat das Individuum im Kindesalter nicht unbewusst gelernt seine Spiegelneuronen einzusetzen und auch seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse als legitim und völlig normal zu erleben, besteht die Möglichkeit, dass sich die daraus resultierenden Probleme durch die Pubertät, bis zum erwachsenen Alter hinziehen und evtl. sogar ausweiten. Das fehlende Selbstbewusstsein kann dazu führen, das die junge Person sich in der Ausbildung nie behaupten kann. Sie kann u.U. nie ihre Fertigkeiten oder Stärken zeigen, die ihr inne wohnen. Somit ist ihr der Start in eine erfolgreiche berufliche Zukunft evtl. bereits am Anfang verbaut. Es besteht die Möglichkeit diese Chancen nachträglich – z.B. durch den Aufbau des Selbstbewusstseins mit fremder Unterstützung in den folgenden Jahren - zu ergreifen aber dieser Weg ist ungleich schwerer und länger.

Auch und besonders zwischenmenschliche Beziehungen leider unter den frühkindlichen Erfahrungen. Hier wollen Erfahrungsmuster gelebt und umgesetzt werden, jedoch fehlen soziale Erfahrungen. So kann es Schwierigkeiten mit der ersten Freundin, dem ersten Freund kommen. Es entstehen Spannungen, die sich evtl. in Gewaltausbrüchen lösen – siehe Verhalten des Elternteils in der Kindheit – oder es entsteht übergroße Eiversucht aus Angst den Partner und die damit vermeintliche Sicherheit wieder zu verlieren.

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Mögliche Auswirkungen für den Erwachsenen Die fehlende Konfliktfestigkeit und die Probleme sich in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen behaupten zu können, bereiten auch dem Erwachsenen große Schwierigkeiten. In der Gesellschaft und insbesondere am Arbeitsplatz muss oftmals der eigene Standpunkt erklärt und gegen Konkurrenten verteidigt werden. Durch das fehlende Selbstbewusstsein ist es möglich, dass der persönlichkeitsgestörte Erwachsene oft in – für ihn – ausweglos erscheinende Situationen gerät. Auf die Dauer können diese Erfahrungen zu Rückzug und Isolation führen. Das äußert sich u.U. darin, dass er sich nicht mehr an Diskussionen beteiligt, um zu vermeiden seinen Standpunkt darlegen zu müssen. Er besucht aus ähnlichen Gründen weder Betriebsfeste noch die Gemeinschaftskantine um allen möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen. Evtl. flüchtet er sich in die Arbeit, kommt früher an den Arbeitsplatz oder verlässt ihn später um eine möglichst lange Zeit alleine zu sein. All diese Symptome deuten auf Persönlichkeitsstörungen hin, die im Laufe der Zeit und durch das Fokussieren auf die Arbeit, zu einem Burn-Out Überlastungssyndrom führen können. Der Mensch ist ausgebrannt, aufgrund der Kraftanstrengung die es bedeutet eine Maske aufrecht zu erhalten um im gesellschaftlichen Wettbewerb bestehen zu können. Weitere Möglichkeiten bestehen darin, dass sich dieser Mensch in die Scheinwelt der Drogen flüchtet, um seine Probleme dadurch – zumindest zeitweise - nicht erleben zu müssen. Oder er tritt den Weg nach vorne an, wird aggressiv und lebt seine Frustrationen innerhalb der eigenen Familie aus. Dies kann dazu führen, dass er die Verhaltensauffälligkeiten, die er als Kind bei einem Elternteil erlebt hat, übernimmt und sie an seine eigenen Kindern und/oder den Partner weitergibt.

Im Bereich der Mobbing-Problematik ergeben sich, aus der Sicht neuester Studien, die einen hohen Anteil von psychopathischen Persönlichkeiten (siehe hierzu auch Publikationen des deutschen Psychiaters Schneider 1923) unter den Führungseliten ergaben (!), weitreichende Probleme. Diese Problematik wird weiter zunehmen. (Joachim Bauer „Warum ich fühle, was du fühlst“, Seite 109). Was diese Umstände für das Gefüge innerhalb einer Firma und darüber hinaus natürlich auch innerhalb der Gesellschaft bedeuten liegt auf der Hand: Egoismus, Ellenbogendenken, Verrohung, Grenzenlosigkeit sind nur einige der Begriffe, die mir hierzu einfallen.

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Schlussfolgerung Kinder brauchen Zuwendung, Liebe und Sicherheit! Nur in einer „gesunden“ Umgebung kann sich ein Individuum so entwickeln, dass es dem späteren Leben gewachsen ist, schwierige Situationen meistern und im besten Fall Anderen helfen kann. Eine glückliche Kindheit in Geborgenheit, Sicherheit und angemessener Zuwendung legt den Grundstein für eine gute Entwicklung und ein erfolgreiches Leben, als Individuum und auch als Mitglied der Gesellschaft.

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Quellenangaben „Warum ich fühle was du fühlst“, Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone, Joachim Bauer, erschienen 2006 im HEYNE Verlag Vorlesung „Persönlichkeitsstörungen“, WS 06/07, Dr. J. Bergk Abt. Versorgungsforschung, ZfP Weissenau http://www.forschung-bw.de/Lehre/Vorlesung%20Borderline_lang.pdf

Wikipedia, Kurt Schneider 1887-1967 http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Schneider „Die psychopathische Persönlichkeit“, Veröffentlichung von Dr. phil. Andreas Mokros und Prof. Dr. med. Michael Osterheider, Universität Regensburg Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg http://www.root.webdestination.de/kunden/01extern/bdn_redaktion_ssl_neu/upload/4 0_45_11.pdf

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