Welche neuen PET-Tracer braucht die Strahlentherapie?

Hybridbildgebung und Strahlentherapie – aktuelle Entwicklungen 99 Welche neuen PET-Tracer braucht die Strahlentherapie? Novel Tracer for Radiation Tr...
Author: Hansi Karl Roth
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Hybridbildgebung und Strahlentherapie – aktuelle Entwicklungen 99

Welche neuen PET-Tracer braucht die Strahlentherapie? Novel Tracer for Radiation Treatment Planning

Institute

Schlüsselwörter ▶ PET/CT ● ▶ innovative Tracer ● ▶ Cholin ● ▶ Bestrahlungsplanung ● Keywords ▶ PET/CT ● ▶ novel tracer ● ▶ choline ● ▶ radiation treatment planning ●

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0031-1280787 Der Nuklearmediziner 2011; 34: 99–107 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0723-7065 Korrespondenzadresse Dr. Sarah Schwarzenböck Klinik für Nuklearmedizin Universität Rostock Gertrudenplatz 1 18057 Rostock Tel.: +49/381/4949101 Fax: +49/381/4949102 [email protected]

S. Schwarzenböck1, K. Herrmann2, F. Gärtner2, B. Kläsner3, M. Souvatzoglou2, B. J. Krause1 1

Klinik für Nuklearmedizin, Universität Rostock, Rostock Klinik für Nuklearmedizin, Technische Universität München 3 Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Klinikum Bogenhausen, München 2

Zusammenfassung ▼

Abstract ▼

Im Rahmen der Optimierung von Diagnostik und Therapie, u. a. der Bestrahlungstherapie, gewinnt in der Radioonkologie neben der [18F]FDG-Positronenemissiontomografie/Computertomografie (PET bzw. PET/CT) die PET/CT mit neuen Tracern zunehmend an Bedeutung. Der Einsatz von [18F]Fluorothymidin ([18F]FLT) als Proliferationsmarker, [18F]Fluoromisonidazol ([18F]FMISO) und [18F]Fluoroazomycin-Arabinosid ([18F]FAZA) als Hypoxietracer, [18F]Fluoroethyltyrosin, ([18F]FET) und [11C]Methionin für die Hirntumorbildgebung, [68Ga]DOTATOC für die Somatostatinrezeptorbildgebung, [18F]FDOPA für die Dopaminsynthese und radioaktiv markierter Cholinderivate zur Phospholipidstoffwechsel-Bildgebung ist vielversprechend. Einige dieser neuen Tracer jenseits der FDG werden für radioonkologische Fragestellungen eingesetzt; so ist z. B. die Aminosäure-PET und -PET/CT hilfreich für eine optimierte Bestrahlungsplanung bei hirneigenen Tumoren, da FET und MET mit hoher Genauigkeit die Abgrenzung des Tumorgewebes vom Normalgewebe erlauben. Zukünftig wird die Etablierung und Validierung neuer Tracer für die Klinik, insbesondere auch für die Strahlentherapie, von Bedeutung sein. Tumorhypoxie bereitet im Rahmen der Bestrahlungsplanung therapeutische Schwierigkeiten. Die Hypoxiebildgebung könnte im Rahmen einer Intensitätsmodulierten Bestrahlungsplanung (IMRT) zu einer Therapieoptimierung beitragen. Zudem haben Fortschritte in der Hybridbildgebungstechnologie der PET/MR hohes Potenzial in der bildgebenden Onkologie aufgrund der Synergie molekularer Information der PET mit dem höheren Weichteilkontrast, niedriger Strahlenbelastung und der Möglichkeit der morphologischen und funktionellen Bildgebung der MRT.

PET and PET/CT with innovative tracers gain increasing importance in diagnosis and therapy management, and radiation treatment planning in radio-oncology besides the widely established FDG. The introduction of [18F]Fluorothymidine ([18F]FLT) as marker of proliferation, [18F] Fluoromisonidazole ([18F]FMISO) and [18F]Fluoroazomycin-Arabinoside ([18F]FAZA) as tracer of hypoxia, [18F]Fluoroethyltyrosine ([18F]FET) and [11C]Methionine for brain tumour imaging, [68Ga]DOTATOC for somatostatin receptor imaging, [18F]FDOPA for dopamine synthesis and radioactively labeled choline derivatives for imaging phospholipid metabolism have opened novel approaches to tumour imaging. Some of these tracers have already been implemented into radio-oncology: Amino acid PET and PET/CT have the potential to optimise radiation treatment planning of brain tumours through accurate delineation of tumour tissue from normal tissue, necrosis and edema. Hypoxia represents a major therapeutic problem in radiation therapy. Hypoxia imaging is very attractive as it may allow to increase the dose in hypoxic tumours potentially allowing for a better tumour control. Advances in hybrid imaging, i. e. the introduction of MR/ PET, may also have an impact in radio-oncology through synergies related to the combination of molecular signals of PET and a high soft tissue contrast of MRI as well as functional MRI capabilities.

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Autoren

Einleitung ▼ Im Rahmen des Stagings und Re-Stagings onkologischer Erkrankungen spielt die bildgebende Diagnostik eine bedeutende Rolle, insbesondere der zunehmende Einsatz funktionell bildgebender Verfahren wie verschiedene kernspintomografische Untersuchungen (Magnetresonanzspektroskopie (MRS), Perfusions- und Diffusionsbildgebung) und die Positronenemissiontomografie/ Computertomografie (PET bzw. PET/CT). Die molekulare Bildgebung der PET bzw. PET/CT stellt unter Verwendung verschiedener radiopharmazeutischer Tracer ein innovatives Verfahren in der bildgebenden Diagnostik einer Vielzahl maligner Erkrankungen dar, basierend auf der Darstellung physiologischer Vorgänge wie Stoffwechselvorgänge, regionaler Blutfluss und Rezeptorsysteme. In der onkologischen Diagnostik mittels PETBildgebung ist [18F]-markierte 2`-Fluor-2`-deoxy-D-Glukose (FDG) das am häufigsten verwendete Radiopharmazeutikum [10]. FDG ermöglicht aufgrund der hohen Glykolyserate vieler maligner Tumoren die Darstellung von Tumorgewebe und Detektion maligner Entitäten mit hoher Sensitivität und hohem Kontrast. Die Spezifität der [18F]FDG-PET/CT ist jedoch limitiert, was im Rahmen der Differenzialdiagnostik zu falsch positiven Befunden führen kann, z. B. bei zyklusbedingter FDG-Anreicherung im Ovar, Koexistenz von benigner Prostatahyperplasie, entzündlichen Vorgängen, physiologischer Darmaktivität oder Vorhandensein von braunem Fett. Durch die Entwicklung, Evaluierung und Einführung neuer Tracer wie z. B. [18F]Fluorothymidin ([18F]FLT) als Proliferationsmarker, [18F]Fluoromisonidazol ([18F]FMISO) und [18F]Fluoroazomycin-Arabinosid ([18F]FAZA) als Hypoxietracer, [18F]Fluoroethyltyrosin ([18F]FET) und [11C]Methionin für die Hirntumorbildgebung, [68Ga]DOTATOC als ein Beispiel für die Somatostatinrezeptorbildgebung, [18F]FDOPA bei bestimmten Indikationen und radioaktiv markierter Cholinderivate zur Phospholipidstoffwechsel-Bildgebung ist eine zunehmend spezifischere Charakterisierung der Tumorbiologie in vivo möglich. Hieraus erschließen sich weitere Einsatzmöglichkeiten der PET/CT vor dem Hintergrund, Diagnostik und Therapie für den Patienten zu individualisieren und optimieren. Insbesondere ist hierbei der Einfluss der PET/CT auf die Optimierung der Strahlentherapie unter Verwendung innovativer Tracer vielversprechend. Dieser Artikel soll den Einsatz und das Potenzial neuer PET-Tracer wie [18F]FLT, [18F]FMISO/[18F]FAZA, [18F]FET, [18F]FDOPA, [68Ga]DOTATOC und radioaktiv markierter Cholinderivate in der onkologischen PET- und PET/CT-Diagnostik insbesondere im Hinblick auf die strahlentherapeutische Anwendung darstellen.

[18F]FLT-PET/CT-Proliferationsbildgebung ▼ Ein wesentliches Charakteristikum maligner transformierter Zellen ist neben dem gesteigerten Glukosestoffwechsel und der damit verbundenen erhöhten Aufnahme von Glukose in maligne Zellen, auf deren Darstellung die [18F]FDG-PET/CT-Bildgebung basiert, die gesteigerte Proliferation bösartiger Zellen. Für deren Darstellung können die Parameter Tumorwachstum und DNASynthese im Rahmen der Bildgebung gezielt genutzt werden. Die bildgebende nicht-invasive Bestimmung der proliferativen Aktivität ist im Rahmen der Optimierung onkologischer Therapieansätze mit der Zielsetzung der Regulierung einer gesteigerten Proliferation von Bedeutung, z. B. zur Beurteilung des Therapieansprechens und der Erkennung von Therapieresistenz. Ein viel-

versprechender Tracer für die Proliferationsbildgebung ist das Thymidin-Analogon 3`-Deoxy-3`-[18F]Fluorothymidin ([18F]FLT), welches über Nukleosidtransporter in die Tumorzelle aufgenommen, durch die Thymidinkinase-1 phosphoryliert und in der Tumorzelle angereichert wird [1, 37, 38]. Im Vergleich zu [18F]FDG wird hierbei die histologische Proliferationsrate maligner Zellen exakter widergespiegelt. In klinischen Studien konnte eine spezifische Anreicherung von [18F]FLT in zahlreichen Tumorentitäten z. B. in Lymphomen, Brust-, Lungen-, Ösophagus-, Magenkarzinomen sowie in kolorektalen Karzinomen gezeigt werden ▶ Abb. 1). Die Sensitivität hängt jedoch von der [5, 11, 20, 44] (s. ● jeweiligen Tumorentität ab. Für einige Tumorentitäten zeigten Studien eine reduzierte Detektionsrate im Vergleich zu [18F]FDG, wie z. B. für maligne Lungentumoren mit einer Detektionsrate von 86% [6]. Auch bei der Detektion von Pankreaskarzinomen ist die Sensitivität von [18F]FLT niedriger im Vergleich zu [18F]FDG, jedoch konnte für diese Entität eine höhere Spezifität von [18F] FLT gezeigt werden [15]. Für das Magenkarzinom zeigte die [18F] FLT-PET/CT hingegen eine höhere Sensitivität als die [18F]FDGPET/CT [16]. Hinsichtlich des Therapiemonitorings und der Beurteilung des Therapieerfolges zeigt der Einsatz der [18F]FLTPET/CT vielversprechende Ergebnisse [17, 29]. Die durch Chemo- und Strahlentherapie verursachte Schädigung der Zellen, die zum Zeitpunkt der Therapie den Zellzyklus durchlaufen, könnte eine frühzeitige Beurteilung des Therapieerfolges möglich machen. Zander et al. untersuchten die frühe Vorhersage einer Non-Progression mittels [18F]FLT- bzw. [18F]FDG-PET/CT beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom nach Erlotinibtherapie. Die Autoren konnten zeigen, dass eine frühe FDG-PET bei nicht selektierten, zuvor unbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC für das progressionfreie Überleben und Gesamtüberleben sowie eine Non-Progression nach 6 Wochen Erlotinibtherapie unabhängig vom EGFR-Mutationsstatus prädiktiv ist. Eine frühe FLT-Response war ebenfalls für ein signifikant längeres progressionsfreies Überleben prädiktiv, nicht aber für das Gesamtüberleben und auch nicht für eine Non-Progression nach 6 Therapiewochen [47]. Ott et al. konnten in ihrer FDG- und FLT-PET-Studie zum Therapieansprechen bei 45 Patienten mit Magenkarzinom zeigen, dass die FLT-Aufnahme 2 Wochen nach Therapiebeginn der einzige Bildgebungsparameter mit signifikanter prognostischer Aussage hinsichtlich des Überlebens war [29]. Herrmann et al. wiesen in ihrer Studie an 22 Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom unter R-CHOP/CHOPTherapie eine frühe Abnahme des [18F]FLT-Signals nach [17]. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schließen, dass die [18F]FLT-PET prinzipiell zum Therapiemonitoring von Tumoren geeignet erscheint und dass sich anhand der [18F]FLT-PET die gesteigerte Proliferation als charakteristisches Merkmal maligner Entitäten erfassen lässt.

Hypoxiebildgebung ▼ Hypoxische Tumorzellen (mit einer Dysbalance zwischen O2Versorgung und -Verbrauch) weisen oft ein höheres malignes Potenzial und damit eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Chemo- und Radiotherapie auf. Eine gezielte lokal intensivierte (dosiseskalierte) Bestrahlung in hypoxischen Tumoranteilen (sogenanntes dose painting) als strahlentherapeutisches Konzept erscheint somit erfolgversprechend und könnte aufgrund genannter therapeutischer Konsequenzen zukünftig eine bedeutende Rolle in der funktionellen Bildgebung der Onkologie spie-

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len [21]. Zur Erfassung der meist inhomogenen Sauerstoffversorgung und Unterscheidung normoxischer und hypoxischer Tumorareale sind direkte Sauerstoffkonzentrationsmessungen mittels Nadelelektroden der Goldstandard. Nachteile dieses Verfahrens sind die teils begrenzte Zugänglichkeit der zu beurteilenden Tumoren und die lediglich stichprobenartige Erfassung eines Tumorteilvolumens. Dies führt konsekutiv zu einer eingeschränkten Beurteilbarkeit hinsichtlich der Gesamtoxygenierung des Tumors. Aus dieser Problematik resultiert die Notwendigkeit hypoxiespezifischer Tracer für die PET/CT-Anwendung. Die am besten evaluierten Hypoxietracer mit spezifischer Anreicherung in hypoxischem Gewebe sind [18F]Fluoromisonidazol ([18F]FMISO) und [18F]Fluoroazomycin-Arabinosid ([18F]FAZA). [18F]FMISO bindet nach mehreren Reduktionsschritten als reaktives Zwischenprodukt irreversibel an zelluläre Makromoleküle und akkumuliert in hypoxischem Gewebe. [18F]FAZA hat eine reduzierte Lipophilie, eine daraus resultierende schnellere Clearance aus dem normoxischen Gewebe und bietet folglich besseren Bildkontrast. Klinische PET/CT-Studien mit Hypoxietracern lassen eine prognostische Aussagekraft bei Hirn-, Kopf-/Halstumoren, nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen sowie Rektum▶ Abb. 2). Die Machbarkeit und Zervixkarzinomen erkennen (s. ● 18 einer [ F]FMISO bildgebungsgestützten Bestrahlungsplanung bei Patienten mit Kopf- und Halstumoren konnte in einer Studie von Lee et al. belegt werden [25]. Die grundsätzliche Reproduzierbarkeit [18F]FMISO-gestützter IMRT zeigten Lin et al. an 7

Patienten [26]. Die Realisierbarkeit dieses möglichen Therapieansatzes ist in großen Studien jedoch erst zu evaluieren und validieren. Ein weiteres Einsatzgebiet der Hypoxie-PET könnte zukünftig die Evaluation des Therapieansprechens basierend auf einer Reoxygenierung des malignen Gewebes während einer Radiochemotherapie sein. Limitiert ist die Hypoxiebildgebung der PET/CT durch den Partialvolumeneffekt, aufgrund dessen kleine hypoxische Areale (< 3–5 mm) nicht erfasst werden können. Eine weitere Limitation ist der bereits genannte geringe Kontrast zum Hintergrundgewebe, der die Bildanalyse beeinträchtigt. Des Weiteren lässt sich aus Studien vermuten, dass hypoxische Tumorareale einer Umverteilung unterliegen, die sich innerhalb von kurzen Zeitintervallen verändern kann, was die klinische Relevanz der Hypoxiemessung mittels Hypoxie-PET beeinflussen würde. Zukünftig kommt der Hypoxiebildgebung in der Onkologie v. a. zur Risikostratifizierung von Patienten mit neu diagnostizierten Malignomen und im Rahmen hypoxiegestützter intensitätsmodulierter Radiotherapie (IMRT) wachsende Bedeutung zu.

Aminosäure-PET bei Hirntumoren ▼ Maligne Tumoren des zentralen Nervensystems haben eine Inzidenz von 5–6/100 000 Einwohner pro Jahr [28], unter den Malignomen sind Meningeome und zerebrale Gliome die häufigsten primären Hirntumoren. In der Diagnostik kommen bildgebende

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Abb. 1 FLT-positiver Pankreastumor. 72-jähriger Patient mit einem Pankreasadenokarzinom. In Projektion auf eine CT-morphologisch abgrenzbare Raumforderung im Pankreaskopf (transaxiale Darstellung der arteriellen und venösen Phase rechts) findet sich eine fokal intensive FLT-Speicherung (transaxiale und koronare Darstellung des FLT-PETs links), die im Sinne einer deutlich erhöhten Proliferation zu werten ist.

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MRT/PET Fusion

FMISO PET

a

b

c

d

e

f

Abb. 2 Hypoxiebildgebung mittels [18F]FMISO PET bei einem Patienten mit einem lymphatisch metastasierten, inoperablen Hypopharynxkarzinom vor Beginn einer primären Radiochemotherapie. In der oberen Bildreihe sind sagittale Schichten durch den Primärtumor in der MRT-Bildgebung (a), der MRT/ PET Fusion (b) und der PET (c) dargestellt. 2 Stunden nach Tracerinjektion zeigt sich eine Anreicherung des Radiopharmakons im Bereich des Primärtumors (markiert mit einem weißen Pfeil), vereinbar mit vitalen hypoxischen Tumoranteilen. Die untere Bildanordnung zeigt in koronarer Schnittführung den Primärtumor und 3 große Lymphknotenmetastasen des selben Patienten in der MRT (d), MRT/PET-Fusion (e) und PET (f). Vitale hypoxische Tumoranteile sind hier im Primärtumor (weißer Pfeil), sowie in 2 Lymphknotenmetastasen (schwarze Pfeile) sichtbar. Ein dritter Lymphknoten weist keine FMISO-Anreicherung in der PET auf, vereinbar mit normoxischem oder nekrotischem Tumorgewebe (roter Pfeil).

Verfahren zum Einsatz, als Goldstandard hierunter gilt die Magnetresonanztomografie (MRT). Die kernspintomografische Bildgebung zeigt jedoch Limitationen in der Differenzialdiagnostik, bedingt durch die teils schwierige Abgrenzung von tumorassoziierten Gewebsveränderungen wie Ödembildung oder den Einfluss postoperativer Veränderungen. Tumorbedingte Störungen der Blut-Hirn-Schranke und die Lokalisation des Tumors können zwar bestimmt und dargestellt werden, jedoch zeigen sich hinsichtlich der exakten Bestimmung der Tumorausdehnung weitere Limitationen der Kernspintomografie. Die Autoren Pauleit et al. zeigten, dass die anhand der MRT-Bildgebung bestimmte Gliomausdehnung bei nur 53% der Patienten mit der durch neuronavigationsgestützte Biopsie ermittelten Ausdehnung übereinstimmte [31]. Die genaue Tumorausdehnung und die Ermittlung der Region mit der höchsten Malignität sind jedoch von Bedeutung im Hinblick auf Therapieplanung und Prognose. Mehrere Studien konnten zeigen, dass die PET-Bildgebung unter Anwendung radioaktiv markierter Aminosäuretracer eine genauere Differenzierung als die bisher eingesetzten bildgebenden Verfahren ermöglichen. Die hauptsächlich verwendeten Tracer sind [11C]Methionin und [18F]Fluoroethyltyrosin (FET), die über spezifische Aminosäuretransporter in Gliomzellen aufgenommen werden [14]. Im direkten Vergleich zeigten Studien eine

Äquivalenz der beiden genannten Tracer [45]. In der Rezidivdiagnostik und im posttherapeutischen Setting weist die [18F]FET eine höhere Sensitivität und Spezifität als die MRT-Bildgebung ▶ Abb. 3). Anhand der MRT-Bildgebung ist eine Unterauf (s. ● scheidung von Rezidiven und posttherapeutischen Veränderungen aufgrund von Kontrastmittelaufnahme sowohl in Rezidivgewebe als auch in nekrotischem Gewebe nach Chemotherapie oder Bestrahlung nur schwierig möglich [27, 33]. In einer Vergleichsstudie zwischen der [18F]FET-PET/CT- und MRT-Bildgebung zeigten Rachinger et al. eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 93% für die [18F]FET-PET, die somit deutlich höher lag als die der MRT-Bildgebung (93% bzw. 50%) [36]. Durch das Kombinationsverfahren der [18F]FET-PET und der Kernspintomografie konnte ein deutlicher Zugewinn an diagnostischer Genauigkeit (von 53% auf 94%) erreicht werden. Im Rahmen des Gradings zerebraler Gliome ist eine genaue Bestimmung des Tumordifferenzierungsgrades anhand der Aminosäureaufnahme aufgrund überlappender Aufnahmewerte schwierig. Es gibt jedoch Hinweise, dass die [18F]FET-PET eine Differenzierung zwischen niedrig- und höhergradigen Gliomen und von Rezidiven ermöglichen könnte [35, 46]. Die Aminosäure-PET-Bildgebung verbessert die Biopsieführung (zusammen mit der bildgestützten Neuronavigation), verhindert unnötige Biopsien nicht befal-

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MRT

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Abb. 4 58-jährige Patientin mit medullärem Schilddrüsenkarzinom (MEN Typ IIa), aktuell progredienter Calcitonintiter, zum Re-Staging [18F]DOPA-PET/CT: ossäre Metastase des 11. BWK, a = CT, b = PET, c = Fusion.

lenen Hirngewebes und trägt wesentlich zu einer Optimierung des Operationsmanagements und der Bestrahlungsplanung bei [31]. Die Aminosäure-PET konnte in Studien bereits erfolgreich im Rahmen der Bestrahlungsplanung von Hirntumoren eingesetzt werden. Auch hinsichtlich des Therapiemonitorings konnten anhand der [18F]FET-PET vielversprechende Ergebnisse gezeigt werden, die eine hohe Korrelation zwischen der [18F]FETAufnahme und dem Therapieansprechen der Malignome während Radioimmunotherapie und lokoregionaler Chemotherapie zeigten [32, 34]. Grosu et al. zeigten in ihrer Studie zum Einsatz der Aminosäure-PET oder -SPECT bei der stereotaktischen Bestrahlungsplanung, dass das mediane Überleben von Patienten mit Gliomen in der Rezidivsituation signifikant länger war, wenn die Aminosäure-PET bzw. -SPECT zur Definition des Bestrahlungszielvolumens herangezogen wurde im Vergleich zur CT/ MRT basierten Bestrahlungsplanung [13].

[18F]Fluordopa-PET-Bildgebung ▼ Als fluoridmarkierter Vorläufer des Neuromodulators Dopamin wird [18F]FDOPA in den präsynaptischen dopaminergen Axonen decarboxyliert und in Vesikeln akkumuliert. [18F]FDOPA eignet sich daher als Tracer zur Visualisierung der Dopaminsynthese, zur Bestimmung der Funktion dopaminerger Neurone der nigrostriatalen Bahn und zur Beurteilung präsynaptischer dopaminerger Funktion, z. B. im Rahmen der Parkinsondiagnostik. Hinsichtlich onkologischer Fragestellung hat [18F]FDOPA als Tracer in der PET-Bildgebung an Bedeutung gewonnen, insbesondere in der Diagnostik von Hirntumoren, medullären Schilddrü-

senkarzinomen, Phäochromozytomen, Glomustumoren und neuroendokrinen Tumoren. In einer Vergleichsstudie von Becherer et al. zeigten [18F]FDOPA und [11C]Methionin vergleichbare Ergebnisse bezüglich der Darstellung des Aminosäurestoffwechsels in malignen Hirntumoren mit erhöhter Traceranreicherung in den von bösartigem Gewebe befallenen Hirnarealen [2]. [18F] FDOPA bietet hierbei aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften (z. B. bezüglich der längeren Halbwertszeit von [18F] und seiner Ausscheidung) Vorteile gegenüber [11C]Methionin. Im Vergleich zu [18F]FDG zeigt [18F]FDOPA eine höhere Sensitivität von 98% und eine Spezifität von 86% bei der Detektion primärer Hirntumoren. [18F]FDOPA reichert in malignem Gewebe unabhängig vom Differenzierungsgrad der Tumoren an und zeigt eine deutliche Überlegenheit insbesondere bei der Detektion niedrig-maligner Tumoren und beim Re-staging bei der Detektion von Rezidivtumoren [7]. Auch in der Bildgebung medullärer Schilddrüsenkarzinome findet die [18F]FDOPA-PET Anwendung ▶ Abb. 4). In einer Studie von Beheshti et al. zeigten die Auto(s. ● ren in einer patientenbasierten Auswertung eine bessere Sensitivität bei der Detektion medullärer Schilddrüsenkarzinome für die [18F]FDOPA-PET/CT im Vergleich zur [18F]FDG-PET/CT (81% vs. 58%). In einer Vergleichsstudie zwischen [18F]FDOPA-PET, [18F]FDG-PET, [111In]Somatostatinrezeptorszintigrafie und anderen konventionellen Bildgebungsverfahren ergaben sich Sensitivitäten von 63%, 44%, 52% und 81%. Bezüglich des LymphknotenStagings war die [18F]FDOPA-PET/CT-Bildgebung das beste Diagnostikum [18].

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Abb. 3 53-jährige Patientin mit anaplastischem Astrozytom, ED 2003, Z. n. Operation, Radiation und Chemotherapie 2003, im Rahmen des Re-Stagings MRT-Bildgebung 02/11 mit fraglich positivem Befund, im [18F]FET-PET/CT Nachweis eines Lokalrezidives des Astrozytoms links temporal, a = CT, b = PET, c = Fusion.

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PET mit Somatostatinanalogen Tracern bei neuroendokrinen Tumoren (NET) ▼ Der Hauptmanifestationsort der neuroendokrinen Tumoren ist der Gastrointestinaltrakt, wobei die NET unter allen gastrointestinalen Tumoren mit einem Anteil von 2% eine verhältnismäßig seltene Entität darstellen. Zu den neuroendokrinen Tumoren, die anhand der PET/CT-Bildgebung unter Einsatz verschiedener Tracer diagnostiziert werden können, zählen Karzinoide, Insulinome, Glukagonome, Gastrinome, VIPome, PPome, Meningeome, medulläre Schilddrüsenkarzinome, Tumoren des Hypophysenvorderlappens, Merkelzellkarzinome, Glomustumoren und hormoninaktive Tumoren. Im Rahmen der PET/CT-Diagnostik finden Tracer wie [18F]FDOPA aufgrund der erhöhten Aminosäureaufnahme der NET Anwendung. Desweiteren werden mit positronenemittierenden Radionukliden gekoppelte somatostatinanaloge Peptide wie [68Ga]DOTATOC (-DOTATATE und -DOTA▶ Abb. 5). Diese binden wie das endogene NOC) eingesetzt (s. ● Peptidhormon Somatostatin mit hoher Affinität an den Somatostatinrezeptor (SSRT), der auf der Oberfläche der (differenzierten) NET-Zellen eine Überexpression zeigt. Unter den 5 Subtypen der SSRT werden insbesondere die Typen 2 und 5 häufig von NET exprimiert. Die PET/CT-Untersuchung mit [68Ga]-markierten Somatostatinanaloga ist der konventionellen Somatostatinrezeptorszintigrafie mit [111In]DTPA-Octreotid (dem ersten nuklearmedizinisch eingesetzten Somatostatinanalogon) überlegen. Die Vorteile sind insbesondere die bessere räumliche Auflösung und die durch die kurze Halbwertszeit von [68Ga] (68 min) bedingte geringere Strahlenbelastung des Patienten. Im Rahmen der Diagnostik ist der Differenzierungsgrad der NET entscheidend für die Sensitivität der Somatostatinrezeptor-PET/CT. Gut und mäßig differenzierte NET (G1 und G2) weisen zumeist eine Überexpression des SSRT und damit eine höhere Sensitivität der Somatostatinrezeptor-PET/CT auf. Hingegen ist bei schlechter differenzierten Tumoren mit Verlust der SSTR-Expression die Sensitivität deutlich niedriger, wodurch die Anzahl falsch negativer Befunde zunimmt. Daher sollte bei NET mit Differenzierungsgrad G3 und G4 der Einsatz der [18F]FDG-PET/CT bevorzugt werden. Im Rahmen der Peptid-Rezeptor-Therapie können DOTA-gekoppelte Somatostatinanaloga auch zur Behandlung von differenzierten NET eingesetzt werden, indem sie an ß-emittierende Radionuklide wie 90Yttrium oder 177Lutetium gekoppelt werden. Neben dem Einsatz zur Primärdiagnostik mit Lokalisationsbestimmung des Primärtumors und Ausschluss bzw. Nachweis von Lymphknoten- bzw. Fernmetastasen und der Rezidiv-

diagnostik kann die Somatostatinrezeptor-PET/CT somit auch im Rahmen der Indikationsstellung und Therapiekontrolle der Radio-Rezeptor-Liganden-Therapie bzw. nach Chemotherapie eingesetzt werden.

Prostatakarzinomdiagnostik ▼ In der Diagnostik des Prostatakarzinoms stellen der transrektale Ultraschall, die Messung der Serumkonzentration des Prostata spezifischen Antigens (PSA) und der transrektale Ultraschall sowie ultraschallgesteuerte Biopsien die wichtigsten diagnostischen Verfahren dar [39]. Des weiteren stehen bildgebende Verfahren wie die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie und die PET bzw. PET/CT zur Verfügung. Aufgrund der nur in entdifferenzierten aggressiven oder metastasierten Prostatakarzinomen regelhaften Anreicherung von [18F]FDG wurden neue Tracer für die PET bzw. PET/CT-Diagnostik des Prostatakarzinoms entwickelt und in präklinischen und klinischen Studien evaluiert, u. a. [11C]Acetat, [11C]Methionin und insbesondere [11C]- und [18F]-markierte Cholinderivate. Der Einsatz der Cholin-PET/CT beim primären Prostatakarzinom wird kontrovers diskutiert. Eine Differenzierung des primären Prostatakarzinoms und benigner Veränderungen wie der benignen Prostatahyperplasie, einer Prostatitis oder einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie der Prostata (HGPIN) ist nicht sicher möglich. Zudem zeichnet sich ab, dass die Sensitivität durch die Tumorkonfiguration beeinflusst wird [41]. Bezüglich der Detektion von Rezidivkarzinomen mit geringem Volumen zeigen die CT, die MRT und die Knochenszintigrafie im Rahmen des Re-Stagings eine eingeschränkte Sensitivität [3, 19]. Die PET/ CT mit [11C]- und [18F]-markierten Cholinderivaten hingegen ermöglicht im Re-Staging eine Bestimmung des Krankheitsausmaßes bei primär fortgeschrittener Krankheitsmanifestation. Insbesondere bezüglich des Re-Stagings bei Patienten mit ansteigendem PSA-Wert (dem sogenannten biochemischen Rezidiv) wird die Cholin-PET/CT zunehmend mit vielversprechenden Ergebnissen eingesetzt. Bei ca. 20–50% der Patienten mit einem Prostatakarzinom wird ein Rezidiv nach radikaler Prostatektomie innerhalb von 10 Jahren diagnostiziert [12] und bei bis zu 53% innerhalb von 10 Jahren nach konformaler Strahlentherapie [8]. In der Rezidivdiagnostik haben mehrere Studien eine Wertigkeit für die Detektion von Lokalrezidiven, Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen beim biochemischen Rezidiv gezeigt ▶ Abb. 6) (für eine Übersicht s. Review [23]). Krause et al. (s. ●

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Abb. 5 77-jähriger Patient mit histologisch gesichertem neuroendokrinem Tumor des Ileums, ED 02/11, Z. n. Ileumresektion 02/11, im Rahmen des Primärstagings [68Ga]DOTATOC-PET/CT, Darstellung einer Somatostatinrezeptor-positiven Lebermetastase in Segment 3/4b, a = CT, b = PET, c = Fusion.

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zeigten eine lineare Abhängigkeit zwischen PSA-Wert und der Detektionsrate eines lokalen oder distanten Rezidives, die Sensitivität für PSA-Werte unter 1 ng/ml lag bei 36% [24]. Demzufolge kann der Einsatz der Cholin-PET/CT in folgenden Fällen empfohlen werden und im Rahmen des diagnostischen und therapeutischen Managements hilfreich sein: zum Re-Staging bei Patienten mit biochemischen Rezidiv zur Detektion und Lokalisation eines möglichen Rezidives (lokales Rezidiv bzw. Lymphknotenrezidiv) und bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom zur exakten Bestimmung und Lokalisierung des lokalen, regionalen und systemischen Krankheitsausmaßes [43]. Weitere Einsatzmöglichkeiten der PET/CT mit Cholin-markierten Derivaten sind die Anwendung im Rahmen der Therapieplanung bezüglich der Tumorcharakterisierung und des notwendigen akkuraten Stagings vor Wahl des geeigneten primären Therapieregimes und zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes bzw. des Therapieansprechens (insbesondere bei Patienten mit ansteigendem PSA-Wert). In einer präklinischen Therapie-Monitoring-Studie mit Maus-Xenograft-Prostatakarzinom-Modellen mit der Kleintier-[11C]Cholin-PET/CT konnte gezeigt werden, dass [11C]Cholin als früher Marker bei der Beurteilung des Therapieansprechens eingesetzt werden kann [22]. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ein Nutzen der Cholin-PET/CT beim Therapiemonitoring von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom ableiten. Ein weiteres Einsatzgebiet der [11C]CholinPET/CT ist nach primärer Therapie die Anwendung zur Festlegung der Zweitlinien-Therapie, wobei in diesem Zusammenhang auch die Evaluierung einer metastatischen Aussaat (Lymphknoten- bzw. Fernmetastasierung) von essenzieller Bedeutung ist. Hinsichtlich der Beurteilung einer Lymphknotenmetastasierung beim Lymphknotenstaging des Prostatakarzinoms ist die Lymphknotenexstirpation der Goldstandard, diese ist jedoch mit hohen Kosten und Morbidität assoziiert [4]. Zudem wird die Indikation und Ausdehnung der Lymphknotendissektion kontrovers diskutiert. Daher spielen nicht-invasive Bildgebungsverfahren wie die PET/CT eine bedeutende Rolle im Rahmen des adäquaten Lymphknotenstagings, welches nicht nur von prognostischer Bedeutung ist, sondern auch direkten Einfluss auf die weitere Therapieplanung hat. Bei der Behandlung von Patienten mit nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen nach primärer radikaler Prostatektomie kann eine adjuvanten Hormontherapie erwogen werden (in Abwägung der Nebenwirkungen einer Langzeithormontherapie). Bei regionalen Lymphknotenmetastasen kann die PET/CT zudem bezüglich der Durchführung einer Salvage Lymphadenektomie sowie im Rahmen der Bestrah-

lungsplanung zur Modifikation des Bestrahlungsfeldes mit Einschluss des entsprechenden Lymphknotens hilfreich sein. Auch bei Vorliegen einer (fern)metastatischen Ausbreitung des Prostatakarzinoms ist die operative Therapie nicht das Verfahren der Wahl, stattdessen werden anti-hormonelle Therapie bzw. die Bestrahlungstherapie eingesetzt. In der Rezidivsituation bringt die Möglichkeit einer frühen Detektion auch bei Patienten mit niedrigem PSA-Wert Vorteile für den Patienten, da eine frühe Bestrahlung bei PSA-Werten < 1 ng/ml im Falle eines Lokalrezidives nach radikaler Prostatektomie bessere Ergebnisse zeigt [24]. Die Cholin-PET/CT kann desweiteren in mehrerer Hinsicht erfolgreich zur Bestrahlungsplanung eingesetzt werden, z. B. im Rahmen der Patientenselektion, der Definition des Zielvolumens und Therapieplanung anhand der Evaluation des biologischen Zielvolumens. Aufgrund der Limitationen der Cholin-PET/CT im Primärstaging des primären Prostatakarzinoms wird die PET aktuell nicht zur Planung von Bestrahlungsvolumina für die primäre Bestrahlungsplanung eingesetzt. Ihr Einsatz zeigt sich jedoch vielversprechend bei der Selektion von Patienten, die von lokaler Bestrahlungstherapie profitieren können und bezüglich der Bestrahlungsplanung in der Rezidivsituation. Der einzige kurative Therapieansatz bei Patienten mit biochemischen Rezidiv eines Prostatakarzinoms nach primärer radikaler Prostatektomie ist die Salvage Bestrahlungstherapie (SRT) [30]. Stephenson et al. zeigten, dass Patienten mit geringem Rezidivvolumen am meisten von der SRT profitierten. Die Patienten mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für das Erreichen von Progressionfreiheit (innerhalb von 4 Jahren) nach SRT sind diejenigen mit PSA-Werten < 2 ng/ml vor Bestrahlung, einem Gleason-Score zwischen 4 bis 7, positiven Resektionsrändern und einer PSA-Verdopplungszeit >10 Monaten (Progressionswahrscheinlichkeit von 31%). Hingegen haben Patienten mit einem Gleason-Score von 8 bis 10 und negativen Resektionsrändern eine Progressionswahrscheinlichkeit (innerhalb von 4 Jahren) von 82% nach SRT [42]. Ciernik et al. untersuchten als erste den Nutzen der 3D-Segmentierung des [18F]Cholin-PET-Signals beim Einsatz zur Bestrahlungsplanung und bei der Definition von Bestrahlungszielvolumina bei 10 Prostatakarzinompatienten [9]. Souvatzoglou et al. zeigten, dass aufgrund von [11C]Cholin-PET/CT-Befunden im Rahmen ihres Einsatzes bei der Bestrahlungsplanung das Zielvolumen der Bestrahlung bei 13% der Patienten mit biochemischem Rezidiv nach radikaler Prostatektomie vor Salvage-Strahlentherapie und einem medianen PSA-Wert von 0.5 ng/ml vergrößert und damit das Bestrahlungsfeld geändert werden konnte [40]. Diese Ergebnisse zeigen, dass die [11C]Cholin-PET/CT

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Abb. 6 75-jähriger Patient mit Prostatakarzinom, ED 11/03, Z. n. radikaler Prostatovesikulektomie mit Lymphadenektomie bds. 11/03, Z. n. perkutaner Radiatio 09/06-11/06 bei Lokalrezidiv, aktuell biochemisches Rezidiv, zum Re-Staging [18F]Cholin-PET/CT: Lymphknotenmetastase pararektal links. a = CT, b = PET, c = Fusion.

zukünftig einen Beitrag zur individualisierten Therapie leisten könnte. Weitere Studien sind nötig, um zu beurteilen, ob der Einsatz der PET/CT im Rahmen der SRT-Planung die Effektivität dieser erhöht.

Zusammenfassung ▼ Im Rahmen der Optimierung von Diagnostik und zunehmend individualisierter Therapieintervention, u. a. der Bestrahlungstherapie, gewinnen neben [18F]FDG neue Tracer an Bedeutung. Die Etablierung und Validierung neuer Tracer und Untersuchungen zur Ermittlung des Ansprechens onkologischer Therapien mit diesen neuen Tracern werden in Zukunft für die Klinik, insbesondere auch für die Strahlentherapie, von Bedeutung sein. Zudem haben Fortschritte in der Hybridbildgebungstechnologie der PET/MR hohes Potenzial in der bildgebenden Onkologie aufgrund der Synergie molekularer Information der PET mit dem höheren Weichteilkontrast, niedriger Strahlenbelastung und der Möglichkeit der morphologischen und funktionellen Bildgebung der MRT.

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