Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau rstand: o.Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr. H.P. Nachtnebel

Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau Vorstand: o.Univ.Prof. Dipl.Ing.Dr. Dr.h.c. H.P. Nachtnebel

Studienblätter

Wasserwirtschaftliche Planung (816.106) H.P. Nachtnebel

Sommersemester 2009

Universität für Bodenkultur A-1190 Wien, Muthgasse 18

unter Mitarbeit von M. Nester Th. Pfaffenwimmer

Inhaltsverzeichnis 1

2

3

4

5

6

7

8

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Wasserwirtschaftliche Planung

1.1

Ursachen Planungsziele Aufgaben der Wasserwirtschaft Planungsmethode Grundgedanken der monetären Bewertungsansätze

1.1 1.1 1.1 1.1 1.3

Wirtschaftlichkeitsanalysen

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 3.1 3.2 3.3 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5.1 5.2 5.3 6.1 6.2 6.3 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7

Definition der Wirtschaftlichkeit Zinssatz Diskontierung Kosten-Nutzen Analyse Volkswirtschaftliche Effizienzmaße Nutzen - Kosten Analyse eines Kleinwasserkraftwerkes Kosten-Nutzen Analyse im Schutzwasserbau Hochwasserschutz und Hochwasserrisiko Integrales Risikomanagement Fallbeispiel: Nationalpark Donauauen Fallbeispiel: Speicher Gumpen (Bayern)

Erweiterte Verfahren

2.1 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.12 2.14 2.23 2.26 2.30

3.1

Nutzwertanalyse (NWA) Kostenwirksamkeitsanalyse Kosten und Nutzenzuordnung

3.1 3.8 3.10

Mehrzielplanung

Principles and Standards (USA) Vorgangsweise bei Mehrzielplanungsverfahren Durchführung wasserwirtschaftlicher Mehrzielplanungen Übersicht über die Methoden der Mehrzielplanung Fallbeispiele

Unsicherheit und Risiko in der Planung

4.1 4.1 4.2 4.3 4.4 4.10

5.1

Definitionen Risikomanagement Die Erstellung eines Schutzsystems

5.1 5.7 5.8

Optimierungsverfahren

6.1

Lineare Optimierung Nicht lineare Optimierung Dynamische Optimierung

6.1 6.2 6.4

Das österreichische Wasserrecht

Inhalt Instrumente Das österreichische Wasserrecht im Detail Wasserwirtschaftliches Planungsorgan Umweltförderungsgesetz (BGBL 185/93) Richtlinien für die Bundeswasserbauverwaltung (RIWA-T)

Umweltverträglichkeitsprüfung

7.1 7.1 7.2 7.3 7.8 7.10 7.11

8.1

Entstehungsgeschichte Grundsätze Rahmenbedingungen Verfassungsrechtliche Grundlage Inhalt des UVP-Gesetzes Verfahrensablauf Gesetzesnovelle von März 2005

Wasserwirtschaftliche Planung

2.1

8.1 8.1 8.2 8.2 8.3 8.4 8.9 Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und konstruktiven Wasserbau

8.8

9

9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6

Fallbeispiele

8.9

EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

9.1

Ausgangslage und Ziele Kernpunkte der EU Wasserrahmenrichtlinie Inhalte der EU WRRL Aufgaben aufgrund der WRRL Arbeitskreise Umsetzung der WRRL in Österreich

10 Hochwasser – Richtlinie der EU 11 Nachhaltigkeit

9.1 9.1 9.1 9.3 9.4 9.10

11.1 Einleitung 11.2 Herausforderungen 11.3 Nachhaltigkeit messen 11.4 Beispiele 11.5 Hochwassermanagement als Teil einer nachhaltigen Entwicklung 11.6 Elemente und Allokationsverfahren für die nachhaltige Entwicklung der Wasserressourcen

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10.1 11.1 11.1 11.1 11.2 11.3 11.5 11.6

Wasserwirtschaftliche Planung

Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Grundlegende Verfahrensschritte zur analytischen Bewertung wasserwirtschaftlicher Maßnahmewirkungen Abb. 1.2: Überblick über Ansätze zur monetären Bewertung Abb. 1.3: Wirkungsbereiche wasserwirtschaftlicher Maßnahmen und ihre wesentlichsten monetarisierbaren Nutzenkomponenten Abb. 1.4: Mengengerüst zur Quantifizierung der Auswirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

Abb. Abb.

Auswirkung des Zinssatzes Vergleich heutiger und zukünftiger Größen Zahlungsstrom bei Wasserkraftwerk Restwert bei Reinvestitionen Zeitreihe (links) und daraus ermittelte Überschreitungsdauerlinie (rechts) Dauerlinie (Pegel Kienstock, Donau) für 1971-2001 QA Ausbaudurchfluss und „garantierter Durchfluss“ Q95% des KW Altenwörth 2.6: Darstellung der Kostenströme beim kalkulatorischen Vergleich eines Wasserkraftwerkes mit einem Wärmekraftwerk 2.7: Vergleich des Projektkostenbarwertes bei unterschiedlichem Diskontierungszinssatz 2.8: Auftretenswahrscheinlichkeit f(Q) (links) und Schaden S(Q) (rechts) von Hochwässern 2.9: Einzugsgebiet der Raab auf österreichischem Staatsgebiet 2.10: Übersicht über das Bearbeitungsgebiet, Stadt Gleisdorf, Gemeinden Albersdorf und Ludersdorf 2.11: Ablaufschema zur Berechnung der HW-Sachschäden 2.12: Anzahl der betroffenen Gebäude nach den Nutzungsklassen 2.13: Mittlere Sachschäden pro Gebäude 2.14: Schadenshöhe von privaten Wohngebäuden und im Dienstleistungsbereich in Abhängigkeit von der Tiefe 2.15: Ungünstige Anordnung der Kellerfenster (BMLFUW, 2004 a), mögliche Eindringungswege in Gebäude (BMVBW, 2002) 2.16: Wirtschaftlich optimaler Hochwasserschutz 2.17: Lageplan Mehrzweckspeicher Gumpen

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

3.1: 3.2: 3.3: 3.4: 3.5:

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

2.1: 2.2: 2.3: 2.4: 2.5:

Zielgewichtung bei linearer Zielfunktion Eindimensionale Nutzenfunktion Mehrdimensionale Nutzenfunktion Modellstruktur der Nutzwertanalyse (aus SCHMIDTKE, 1982) Bewertung der Varianten 0 bis 4

Abb. 4.1: Bearbeitungsschritte für Mehrzielplanungsverfahren Abb. 4.2: Lösungsraum für zwei nicht direkt vergleichbare Ziele z1 volkswirtschaftlicher Nutzen. z2 Umweltqualität (Index) Abb. 4.3: NISE-Approximation der nichtdominierten Lösungen Abb. 4.4: Mögliche Zielvorgaben und Lösungsbereiche Abb. 4.5: Schematische Darstellung von Ausleitungsstrecken Abb. 4.6: Zugehörigkeitsfunktionen für die einzelnen Kriterien Abb. 4.7: Fallstudie Erlauf Abb. 4.8: Tagesgang des Sauerstoffes und der Wassertemperatur Abb. 4.9: Transformationskurve für einen typischen Sommertag, Q=8,7 m³/s Abb. 4.10: Simulierte Häufigkeitsverteilung der Restwassermenge (300 Simulationen) Abb. 4.11: Übersichtsplan Donau Wien – Staatsgrenze Wasserwirtschaftliche Planung

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1.2 1.4 1.5 1.6 2.2 2.3 2.5 2.7 2.7 2.10 2.11 2.15 2.15 2.16 2.20 2.21 2.22 2.22 2.25 2.26 2.31 3.2 3.3 3.4 3.5 3.7 4.3 4.4 4.6 4.7 4.10 4.13 4.15 4.15 4.18 4.19 4.27

Abb. 5.1: Hypothetische Wahrscheinlichkeitsverteilungen für Nutzen, Zinssatz und NKF (Nutzen-Kosten-Faktor) Abb. 5.2: Verteilung des Widerstandes und der Last Abb. 5.3: Relative Vulnerabilität eines 2 stöckigen Hauses Abb. 5.4: Wahrscheinliche Ergebnisse zweier Alternativen A1 und A2. Abb. 5.5: Nutzenfunktionen für verschiedene Risikohaltungen Abb. 5.6: Zugehörigkeitsfunktion für stark fallende Wasserstände Abb. 5.7: Integriertes Risikomanagement Abb. 5.8: Erstellung eines Schutzsystems

5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.6 5.7 5.8

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

6.1 6.2 6.3 6.3 6.5 6.7

6.1: 6.2: 6.3: 6.4: 6.5: 6.6:

lineare Optimierung quadratische Optimierung graphisch nichtlineare Optimierung ohne Restriktionen Beispiel Hochwasserschutz Dynamische Optimierung Speicherinhalt mit DDP berechnet

Abb. 7.1: Grundwassersanierung gem. § 33 f. WRG Abb. 7.2: Einbindung des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans im Wasserrechtverfahren

7.5 7.9

Abb. 8.1: Laufkraftwerke in Österreich (aus Energieververwertungsagentur: Daten zur erneuerbaren Energie 2004) Abb. 8.2: Ablaufschema der UVP

8.4 8.5

Abb. 9.1: Schritte der Beurteilung, ob Wasserkörper gefährdet sind, ihre Ziele zu erreichen Abb. 9.2: Schritte zur Identifikation von stark beeinträchtigten Wasserkörpern

9.6 9.7

Abb. 11.1: Wohlfahrtslevel für verschiedene Alternativen über die Zeit

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11.3

Wasserwirtschaftliche Planung

Tabellenverzeichnis Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.

2.1: 2.2: 2.3: 2.4: 2.5:

Tab. 2.6: Tab. 2.7: Tab. 2.8: Tab. 2.9: Tab. 2.10: Tab. 2.11: Tab. 2.12: Tab. 2.13: Tab. 2.14: Tab. 2.15: Tab. 3.1: Tab. 3.2: Tab. 3.3: Tab. 3.4: Tab. 3.5: Tab. 3.6: Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.

4.1: 4.2: 4.3: 4.4: 4.5: 4.6: 4.7: 4.8: 4.9: 4.10: 4.11: 4.12: 4.13: 4.14: 4.15: 4.16:

Annuitäten in Prozent der Investitionskosten 2.8 Bewertungskriterien für KWKW 2.9 Beispiel zur Bewertung bei mehreren Alternativen 2.9 Festlegung des optimalen Ausbaues 2.10 Qualitative und quantitative Aspekte von Überschwemmungen (Egli, 1996) 2.18 Klassifizierung möglicher Schäden an Mensch, ökonomischen, ökologischen, gesellschaftlichen Werten, an der Lebensqualität bei Hochwässern und Murgängen (adaptiert nach Egli, 1996) 2.19 Angenommene Schadensfunktion für Gebäude 2.21 Indirekte Hochwasserschäden als Anteil der direkten Schäden (Schmidtke, 1981) 2.23 Ergebnis der KNA Nationalpark Donauauen 2.30 Übersicht über die Nutzwirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der Gewässerreinhaltung 2.32 Übersicht über die Nutzwirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes 2.33 Übersicht über die Nutzwirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der wasserorientierten Freizeit und Erholung 2.34 Übersicht über die Bewertungsansätze für wasserwirtschaftliche Maßnahmen im Bereich Wasserkraft 2.35 Übersicht über die Nutzwirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der Wasserversorgung 2.35 Übersicht über die Nutzwirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der Binnenschifffahrt 2.36 Zielsystem für Entscheidungsmodelle im Straßenbau (Beispiel) Vergleich verschiedener Skalenvarianten Schadenklassen, Schadenindikatoren und monetäre Äquivalente für die Schadenbemessung Vergleich zwischen Kosten und Risikoreduktion Darstellung der spezifischen Kosten und der Nutzenanteile für ein Mehrzweckprojekt (* gerundete Anteile) Darstellung der separablen Kosten und der Nutzenanteile für ein Mehrzweckprojekt (* gerundete Anteile) ELECTRE Beispiel Gewichte und Parameter in den Zielfunktionen Transformationskurve für verschiedene β Ziele und Kriterien Bewertungszahlen Grundwasserqualität derzeit - Beispiel Nitrat Bewertungszahlen Grundwasserqualität zukünftig - Beispiel Nitrat Ausschnitt aus dem Ergebnisdatenblatt Rohenergiepotential der Donau flußab von Greifenstein bis zur Grenze Ziele, Teilziele und Kriterien Variantenvergleich Donauausbau Verhältnis der Fließlänge/Stauraumlänge Länge der naturbelassenen Ufer (linkes und rechtes Ufer addiert in km ) Morphometrische Parameter Wirkungsmatrix; alternativen versus Kriterien Tabelle für Diskordanz und Konkordanz Partielle Reihung der Varianten

Wasserwirtschaftliche Planung

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3.2 3.3 3.8 3.10 3.11 3.11 4.8 4.17 4.17 4.20 4.21 4.21 4.22 4.24 4.26 4.27 4.28 4.28 4.29 4.30 4.32 4.32

Tab. 5.1: Tab. 5.2:

Sensitivitätsanalyse Nettonutzen (in k€) für zwei Alternativen

5.2 5.4

Tab. 6.1: Tab. 6.2:

Beispiel lineare Optimierung Nutzenmatrix

6.2 6.6

Tab. 8.1:

Unterschied UVP-Verfahren und vereinfachtes Verfahren

8.4

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Wasserwirtschaftliche Planung

Wasserwirtschaftliche Planung

Seite 1.1

1 Wasserwirtschaftliche Planung Wasserwirtschaft ist die zielbewusste Ordnung aller menschlichen Einwirkungen auf das oberund unterirdische Wasser. Ziele: • optimaler Ausgleich zwischen Bedarf und Vorkommen • Reinhaltung im Hinblick auf die Güteanforderungen der Verbraucher • Erhaltung des biologischen Gleichgewichtes in den Gewässern

1.1

Ursachen Wasserwirtschaftliche Planung entsteht als Folge von Ansprüchen Interessensgruppen oder der Gesellschaft insgesamt an die Umwelt

1.2

Einzelner,

von

Planungsziele Diese Ansprüche konkretisieren sich in Form von Zielsetzungen, wie z.B. der Verbesserung landwirtschaftlicher Produktionsbedingungen oder der möglichst wirtschaftlichen und vollständigen Nutzung der Wasserkraft oder der langfristigen Sicherung der Umwelt durch wasserwirtschaftliche Maßnahmen. Generelles gesellschaftliches Leitbild in der wasserwirtschaftlichen Planung ist die Verbesserung der Lebensqualität: • Verbesserung der volkswirtschaftlichen Effizienz • Verbesserung der Umweltqualität • Förderung der Regionalentwicklung • Verbesserung der Sozialstruktur

1.3

Aufgaben der Wasserwirtschaft • Konflikte zwischen öffentlichen und privaten Interessen lösen • private Nutzungsansprüche aufeinander abstimmen • einen rationellen Umgang mit mengen- und qualitätsmäßig begrenzten Wasservorkommen bewirken • die verschiedenen Sparten der Wasserwirtschaft (Wasserversorgung, Gewässerschutz, …) koordinieren • Gefahren für die Wasservorkommen abwehren • Missstände vermeiden und sanieren

1.4

Planungsmethode Es bestehen immer einige Alternativen zur Reduktion bzw. Behebung von, zur Erreichung von verschiedenen Zielsetzungen, die in den Aufgaben der Wasserwirtschaft formuliert wurden. Die Aufgabe der Wasserwirtschaftlichen Planungen besteht nur darin, aus mehreren Handlungsalternativen, die unter den gegebenen Bedingungen und Zielsetzungen bestmögliche Variante zu ermitteln. Daraus resultieren weitere Funktionen der Bewertung im Rahmen der Koordination zwischen den Planungs- und Entscheidungsträger. Außerdem besitzt die Bewertung eine vielfältige Kontrollfunktion. Im Planungsprozess für wasserwirtschaftliche Maßnahmen sind folgende Arbeitsschritte von besonderer Bedeutung: • Problemanalyse • Zielformulierung • Definition von Maßeinheiten zur Quantifizierung der Ziele • Definition von Effizienzkriterien zur Quantifizierung der Zielerfüllungsgrade • Alternativenformulierung

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funktionellen

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Seite 1.2

Wasserwirtschaftliche Planung • Analyse der Auswirkungen (Wirkungsanalyse) • Bewertung

Diese einzelnen Aufgabenbereiche stehen in der Regel in einer engen rückgekoppelten Beziehung zueinander. Aus der Wirkungsanalyse von Planungsalternativen können durchaus neue Problemstellungen mit neuen Alternativenformulierungen resultieren. In der Problemanalyse sind bestehende und künftig erwartete Anforderungen an die wasserwirtschaftliche Infrastruktur und deren Entwicklungsmöglichkeiten zu untersuchen. Als Ergebnis werden gegenwärtige und zukünftige Probleme aufgezeigt und Ziele zur Lösung dieser Probleme abgeleitet. Gleichzeitig mit den Problemen müssen auch die gewünschten Ziele formuliert werden, sowie Maßeinheiten zur Quantifizierung der Ziele und Effizienzkriterien formuliert werden. Zur Lösung der Probleme sind entsprechend den Zielvorstellungen mögliche Planungsalternativen zu formulieren. Mit der Wirkungsanalyse beginnt die analytische Projektbewertung. Sie erfolgt in verschiedenen Teilschritten, die in Abb. 1.1 dargestellt sind. Zuerst müssen die physischen Wirkungen der untersuchten Maßnahmen im jeweiligen wasserwirtschaftlichen System identifiziert und gemessen bzw. beschrieben werden. Die Quantifizierung dieser Auswirkungen erfolgt meist in physikalischen Einheiten, die je nach betrachtetem Wirkungsbereich unterschiedlicher Art sein können (siehe Abb. 1.3 und Abb. 1.4, siehe Kap. 2.11). Im nächsten Schritt werden die Auswirkungen der untersuchten Maßnahmen auf das sozioökonomische und ökologische Umfeld erfasst. Die daraus resultierenden Veränderungen sind festzustellen und zu messen. Die eigentliche Bewertung stellt der Übergang von der Güter- in die Wertsphäre dar, das heißt, die Größen des jeweiligen Mengengerüsts müssen mittels Bewertungsmodellen in Wertgrößen umgewandelt werden, um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen vergleichen zu können. Bei der monetären Bewertung bedeutet das immer eine Umsetzung in Geldgrößen. Eine Bewertung der einzelnen Wirkungsbereiche der Maßnahmen ist für den gesamtwirtschaftlichen Aspekt in monetären Größen möglich, obwohl es in einigen Bereichen (z.B. bei der Gewässerreinhaltung) mit Problemen verbunden sein kann. In Bezug auf die ökologischen und sozialen Aspekte sind die Wirkungen nur begrenzt in Geldgrößen ausdrückbar. Hier müssen die Effekte über nichtmonetäre Größen wie Punktesysteme bewertet werden. In bestimmten Fällen müssen sich sogar die Wirkungsanalyse als auch die Bewertung auf verbale Beschreibungen beschränken.

Abb. 1.1: Grundlegende Verfahrensschritte zur analytischen Bewertung wasserwirtschaftlicher Maßnahmewirkungen

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Seite 1.3

Bei der Umsetzung der Mengen in Werte kann es zu Problemen kommen, weil sich der Wert einer bestimmten Menge aus gesellschaftlichen Gründen ändern kann. Die Wirkung kann gleich bleiben, aber die Beurteilung kann sich ändern. Die wichtigsten Verfahren sind: • Kosten-Nutzen Analyse → Kap. 2 • Kostenwirksamkeitsanalyse → Kap. 3.2

1.5

Grundgedanken der monetären Bewertungsansätze Mit der Bewertung der im Mengengerüst quantifizierten Auswirkungen erfolgt der Übergang von der Güter- in die Wertsphäre. Bei öffentlichen Gütern versagt der Marktmechanismus der methodisch auf dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage beruht, wodurch in empirischen Analysen auf Bewertungsverfahren zurückgegriffen wird, mit deren Hilfe vorliegende monetäre Informationen verarbeitet und so zumindest annähernd die Wertschätzung bestimmt werden kann. Es gibt drei prinzipielle Möglichkeiten, sich dem gesuchten Referenzpreis zu nähern: • Inputorientierte Ansätze • Nachfrageorientierte Ansätze • Marktorientierte Ansätze Inputorientierte Verfahren Basieren auf Vermeidungskostenansätzen, Alternativkosten bzw. auf Inputkosten des öffentlichen Gutes Wenn z.B. die Belastung eines Gewässers mit Schadstoffen monetär beurteilt werden soll, dann bestehen mehrere Möglichkeiten. • Was kostet es durch eine verbesserte Abwasserreinigung die Schadstoffbelastung zu reduzieren? (Inputorientiert) • Was wäre die Bevölkerung, (die Betroffenen) bereit für eine bessere Wassergüte zu zahlen (Nachfrageorientiert) • Was sind die Folgewirkungen der Belastung und welche Kosten entstehen daraus? (Marktorientiert) Nachfrageorientierte Verfahren Setzen die Kenntnis einer Nachfragefunktion, die Kenntnis der Zahlungsbereitschaft der Einzelnen voraus Marktorientierte Ansätze Verwendet für die Festlegung des Nutzens und der Kosten Marktpreise, wobei die Erfassung der Marktpreise infolge nicht existenter "vollkommener Märkte" erschwert wird. Wenn man von der gesamtwirtschaftlichen Zielvorstellung ausgeht, sind die marktorientierten Ansätze die qualitativ höchstwertigen, da sie Marktinformationen beider Seiten berücksichtigen. Die inputorientierten Ansätze stellen die gröbste Annäherung an den Referenzpreis dar, da sie Wertschätzungen ausschließlich in Bezug auf den Ressourceneinsatz zur Erstellung des öffentlichen Gutes beinhalten, nicht aber bezüglich des zu bewertenden Outputs.

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Seite 1.4

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Abb. 1.2: Überblick über Ansätze zur monetären Bewertung

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Seite 1.5

Wirkungsbereiche wasserwirtschaftlicher Maßnahmen Hochwasserschutz:

Verhinderte Schäden:

Forst-Landwirtschaft:

Bodenwertsteigerungen: Kostenersparnisse:

- in Siedlungen, an Wohnobjekten - an Infrastruktureinrichtungen (Verkehr, Energie, Wasserver-entsorgung, Telekommunikation, Flussbau) - an Produktionsstätten (Kleingewerbe, Industrieanlagen) - verlängerte Verkehrswege - Unfallkosten - Unfallfolgekosten - Schutz von Menschenleben - Kommunaler Bereich: bebaute Flächen, Neubauflächen - Folgekosten durch Produktionsanfall - Ernteschäden: Grün-, Ackerland, - Viehschäden - Sachschäden: Landschaft, Gebäude - landwirtschaftliche Schäden - Landwirtschaft: intensivere Nutzung, Nutzungsänderung - Unterhaltungskosten Vorflut - Unterhaltungskosten Brache

Induzierte Einkommenswirkungen

Wasserversorgung:

Nutzwirkungen in Haushalten und öffentlichen Einrichtungen - Konsumnutzen - verhinderte Verluste und sonstige Kostenersparnis: Sach- und Gesundheitsschäden - Ersparte Aufbereitungskosten Nutzwirkungen in Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft - Produktionsnutzen - Entwicklungsnutzen

Be- und Entwässerung: Nutzwirkungen im landwirtschaftlichen Bereich - Ertrags- und Einkommensverbesserungen - Ausfallsicherung - Freizeitgewinne Nutzwirkungen im nichtlandwirtschaftlichen Bereich - Erhaltung der Kulturlandschaft - Freisetzung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte - Bodenwertsteigerungen - Indirekte und induzierte Einkommenseffekte

Wasserkraftnutzung: Strompreis

Binnenschiffahrt:

Verhinderte Verluste

- Energieerzeugung - Substitution von Fremdbezug - Nutzung erneuerbarer Energie - Reduktion der Umweltschäden

Direkte verkehrliche Nutzen

- Kostenersparnisse - Verbesserung der Erreichbarkeit - Beschäftigungseffekte während der Maßnahmendurchführung - Entwicklungsnutzen - Reduktion der Umweltschäden

Indirekte Nutzwirkungen

Freizeit und Erholung: Erlebnisnutzen

- Einheitswert - Effektivausgaben - Zahlungsbereitschaft

Optionsnutzen Fremdenverkehrswirtschaftliche Nutzen - Primäre Einkommenseffekte - Induzierte Einkommenseffekte

Gewässerreinhaltung: Kostenorientierte Bewertung Ökonomischer Nutzen Erholungsnutzen Ökologischer Nutzen

- Verhinderte Schäden - Ersparte Aufbereitungskosten - Entwicklungsnutzen - Aktivitäten mit Wasserkontakt - Sportfischerei - Tourismus und Freizeit - Ästhetik - Umweltnutzen an sich Entnommen aus: Monetäre Bewertung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen, Bayr. Landesamt, Heft 2/81

Abb. 1.3: Wirkungsbereiche wasserwirtschaftlicher Maßnahmen und ihre wesentlichsten monetarisierbaren Nutzenkomponenten Wasserwirtschaftliche Planung

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Seite 1.6

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Abb. 1.4: Mengengerüst zur Quantifizierung der Auswirkungen wasserwirtschaftlicher Maßnahmen (nach Bayer. Landesamt, 1981)

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Seite 1.7

Literatur BAYERISCHES LANDESAMT FÜR WASSERWIRTSCHAFT MÜNCHEN (1981). Monetäre Bewertung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen. Systematik der volkswirtschaftlichen Nutzenermittlung, Bd. 2/81. JAMES L. und LEE R. (1971) Economics of water resources planning, Mc Graw Hill

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Seite 1.8

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Wirtschaftlichkeitsanalysen

Seite 2.1

2 Wirtschaftlichkeitsanalysen Die wichtigsten Verfahren sind: • Kosten-Nutzen Analyse • Kostenwirksamkeitsanalyse.

2.1

Definition der Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeit beschreibt das Verhältnis zwischen Kosten und Leistung bzw. Aufwand und Ertrag. Ein Projekt ist als wirtschaftlich gerechtfertigt zu bezeichnen, wenn der Aufwand (Kosten) kleiner ist als der daraus resultierende Nutzen. Die Wirtschaftlichkeitsanalyse analysiert die Kostenstruktur, die Nutzenstruktur und die Beziehungszusammenhänge zwischen beiden. Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist die Kenntnis des Planungshorizontes und des inflationsbereinigten Zinssatzes Voraussetzung. Lebensdauern Technische Lebensdauer Ist dann erreicht, wenn die Anlage physikalisch oder technisch die Anforderungen nicht mehr erfüllen kann wirtschaftliche Lebensdauer Ist dann erreicht, wenn die Kosten des weiteren Betriebes den Nutzen überwiegen Kalkulatorische Lebensdauer Umfasst den Planungshorizont Ausbauhorizont Ist dann erreicht, wenn z.B. Bedarfssteigerung nicht mehr möglich ist. Meist ident mit dem Planungshorizont Amortisationsdauer Ist dann erreicht, wenn die Summe der Nutzen gleich ist wie die bisherigen Kosten

2.2

Zinssatz Wichtig für die monetäre Bewertung ist die Lebensdauer des Projektes sowie die Wahl des inflationsbereinigten Zinssatzes. Ende der 80er Jahre wurde der Zinssatz mit 3 % angenommen, mittlerweile wird ein Zinssatz von ungefähr 2 % angenommen. Je höher der Zinssatz angenommen wird, umso unwichtiger ist die Zukunft, da sowohl die Kosten als auch die Nutzen in der Zukunft auf den Barwert diskontiert werden. Ein hoher Zinssatz führt daher dazu, dass künftige Nutzen heute nichts wert sind. In Abb. 2.1 kann man die Auswirkungen von verschiedenen Zinssätzen erkennen. Der Zinssatz dient zur Verteilung von monetären Ressourcen, er dient auch dazu, zukünftige Zahlungen mit heutigen zu vergleichen. Was bevorzuge ich, 1000 € heute oder den Wert von 1000 € (also unter Ausgleich der Inflation) in 10 Jahren. Vergleicht man zwei von der Zahl gleich große Zahlungen, und vernachlässigt man die Inflation, dann bedeutet ein positiver Zinssatz, dass zukünftige Zahlungen heute einen geringeren Wert haben. Umgekehrt haben bei einem negativen Zinssatz zukünftige Zahlungen einen höheren Wert.

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Seite 2.2

Wirtschaftlichkeitsanalysen

18

16

14

Barwert

12

10

8

6

i=0 i>0

4

i 30a) AWRA (> 20a) • Anpassung an den Stand der Technik (12a WRG) • Grundsatzkonzepte, Untersuchungen, Planung und Gutachten zur Erreichung der o. g. Punkte.

7.6

Richtlinien für die Bundeswasserbauverwaltung (RIWA-T) Diese technischen Richtlinien wurden vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als Voraussetzung für die Gewährung und Bereitstellung von Bundesmittel für die Schutzwasserwirtschaft herausgegeben. Die Zielsetzungen und Rahmenbedingungen für die Schutzwasserwirtschaft wurden unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anforderungen und der mit dem Schutz des Lebens und der wirtschaftlichen Einrichtungen verbundenen Verantwortung artikuliert. Der Sicherung des vom Gewässer beanspruchten Hochwasserabflussund Rückhalteraumes kommt besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig gilt es, den Schutz des Gewässers und den Schutz vor dem Gewässer harmonisch in einer modernen Schutzwasserwirtschaft zu verankern. Die Richtlinien traten mit der Veröffentlichung am 23.11.1995 in Kraft und werden laufend aktualisiert (dzt. Version 2006).

7.6.1

Definitionen Wasserwirtschaft: umfasst planmäßige Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers. Sie hat die Aufgabe, den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, die Verträglichkeit von Nutzung und notwendigem Schutz bei der Nutzbarmachung und den Schutz vor nachteiligen Auswirkungen durch Wasser unter Berücksichtigung der natürlichen Stoff- und Energieflüsse sowie der bestehenden Ökosysteme sicherzustellen. Schutzwasserwirtschaft: als Teilbereich der Wasserwirtschaft hat sie die Aufgabe, durch Regelung und Gestaltung des oberirdischen Abflusses den Schutz des Menschen einschließlich seines Lebens-, Siedlungs- und Wirtschaftsraumes und von Kulturgütern sowie die Erhaltung und den Schutz der Gewässer einschließlich der Hochwasserabflussgebiete sicherzustellen. Gewässerbetreuung (Schutzwasserbau): Die Gewässerbetreuung setzt die schutzwasserwirtschaftlichen Überlegungen und die gewässerbezogenen Zielsetzungen in Form von Maßnahmen zum Schutz gegen Schäden durch Hochwässer unter Bedachtnahme auf die Sicherung und Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer um. Gewässerbetreuung umfasst insbesondere die nachfolgend angeführten Maßnahmen des passiven und des aktiven Hochwasserschutzes sowie ökologische Maßnahmen. passiver Hochwasserschutz: • Die Verlegung bestehender Nutzungen in nicht gefährdete Räume • die Einlösung häufig überfluteter Grundstücke und Objekte • die Anpassung der Bewirtschaftung gewässernaher Zonen an die Möglichkeit exzessiver Abflüsse unter Berücksichtigung der Widerstandskraft und der Schadensanfälligkeit der Bewirtschaftungsformen.

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Das österreichische Wasserrecht

aktiver Hochwasserschutz: Der Schutz des Menschen und seines Lebens-, Siedlungs- und Wirtschaftsraumes sowie von Kulturgütern vor vermeidbaren Hochwasserschäden durch zweckentsprechende wasserbauliche Maßnahmen. Als solche kommen in Betracht: • Gewässerinstandhaltung und Gewässerpflege • Hochwasserrückhaltemaßnahmen (flächenhafter Wasserrückhalt und Hochwasserrückhalteanlagen) • Schutz- und Regulierungsmaßnahmen (Eindeichungen, Dammführungen, Regulierungen) • Schutzmaßnahmen gegen Bodenabtrag durch Wasserwirkung ökologische Maßnahmen im Schutzwasserbau Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer, soweit sie die Ziele des Hochwasserschutzes und der Verbesserung des Wasserhaushaltes miterfüllen. Zielsetzungen Schutz des Menschen: Regelung der Abflussverhältnisse zum Schutz des Menschen, seines Lebens- und Siedlungsraumes sowie von Kulturgütern vor Schäden durch Hochwässer, Muren und Rutschungen. Schutz der Gewässer: Erhaltung und Schutz der Gewässer und ihres Umfeldes als landschaftsgestaltendes Element, als natürlicher Lebensraum und ökologisch funktionsfähige Einheit im Rahmen des schutzwasserwirtschaftlichen Aufgabenbereiches. Schutz des Wirtschaftsraumes: Regelung der Abflussverhältnisse zum Schutz des Wirtschaftsraumes. Als Wirtschaftsraum sind bestehende, in den Flächenwidmungsplänen ausgewiesene Gewerbe- und Industriegebiete einschließlich der infrastrukturellen Einrichtungen zu verstehen Sicherung der Hochwasserabflussgebiete: Abgrenzung von Hochwasserabflussgebieten sowie deren Freihaltung von gewässerunverträglichen Nutzungen unter Berücksichtigung von Raumordnung und Flächenwidmung zur Erhaltung und Verbesserung des Hochwasserabflusses und des Geschiebehaushaltes, um nachträgliche Schadensbehebungen zu vermeiden. Passiver Hochwasserschutz: Hochwasserschutz ist vorrangig durch passive Maßnahmen oder durch Hochwasserrückhaltemaßnahmen sicherzustellen. Gewässerinstandhaltung: Sicherstellung einer Gewässerinstandhaltung, die die auferlegten hydraulischen und geschiebespezifischen Erfordernisse erfüllt und die ökologische Funktionsfähigkeit berücksichtigt. Gewässerpflege: Sicherstellung einer laufenden Gewässerpflege einschließlich der Maßnahmen zur Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer. Hochwasserschutzmaßnahmen: Minimierung der Schutz- und Regulierungsmaßnahmen bei gleichzeitiger Erhaltung der hydraulischen und ökologischen Funktionsfähigkeit. Geschiebehaushalt: Sicherstellung eines möglichst ausgeglichenen Geschiebehaushaltes der Gewässer. Schutzwasserwirtschaftliche Eingriffe sind auf die sohl- und betterhaltende Geschiebeführung abzustimmen.

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Das österreichische Wasserrecht

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Planungs- und Projektierungsgrundsätze Allgemeines: • Vermeidung aller abflussverschärfenden und erosionsfördernden Maßnahmen • Anpassung der Bewirtschaftung gewässernaher Zonen • Unterstützung aller natürlichen Möglichkeiten des Hochwasserrückhaltes und der Verbesserung des Geschiebehaushaltes • Erhaltung vorhandener natürlicher bzw. Reaktivierung verloren gegangener natürlicher Retentionsräume • Berücksichtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers, Anwendung naturnaher Methoden unter Beachtung des Standes der Technik im Schutzwasserbau Größenwerte des Schutzbedürfnisses: • Hohe Lebens-, Kultur- und Wirtschaftswerte sind nach Möglichkeit vor jedem Hochwasserereignis zu schützen (RHHQ) • Für Siedlungen und bedeutende Wirtschafts- und Verkehrsanlagen ist im Allgemeinen die Gewährleistung eines Schutzes bis zu Hochwasserereignissen mit 100-jährlichem Wiederkehrintervall anzustreben (HQ100). In begründeten Fällen ist eine Abminderung auf Ereignisse 30-jährlicher Häufigkeit (HQ30) zulässig. Eine Unterschreitung des HQ30 ist nur dann vertretbar, wenn an das Gewässer anschließend keine roten Gefahrenzonen verbleiben. • Sonstige örtliche Anlagen von geringerer Bedeutung sind im Allgemeinen vor Ereignissen bis zu 30-jährlicher Häufigkeit (HQ30) zu schützen. • Land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen sind nicht gesondert zu schützen. Überbauungen: Im Zuge von Schutz- und Regulierungsmaßnahmen sind Verrohrungen und Eindeckungen zu vermeiden. Die Anwendung derartiger Bautypen ist nur bei Vorhandensein von Zwangssituationen vertretbar. Gefahrenzonenplanung: Maßnahmen zum Schutz von Siedlungen, die in einer Roten Zone gelegen sind, kommt bei der Durchführung erhöhte Priorität zu, hingegen sind Maßnahmen zum Schutz von in Roten Zonen gelegenem Bauland oder Bauhoffnungsland nicht zu finanzieren. Maßnahmen im HW-Abflussgebiet: Maßnahmen, die zum Schutz von Bauten im HQ30-Abflussbereich notwendig werden, sind nur dann aus Bundesmitteln zu fördern, wenn die Bauten vor dem 1.7.1990 behördlich bewilligt wurden. Schutzwasserwirtschaftliche Betreuungskonzepte (Gewässerbetreuungskonzepte) Gewässerbetreuungskonzepte haben folgende Aufgaben • Darstellung der Situation der Gewässer • Formulierung eines gewässerspezifischen Leitbildes • Setzung von Prioritäten • Optimierung des Hochwasserschutzes • Grundlage für die Tätigkeit der Bundeswasserbauverwaltung Die Erstellung von Grundsatzkonzepten wird nur gefördert, wenn sie mit Maßnahmen im Aufgabenbereich der Schutzwasserwirtschaft im Zusammenhang steht. GBKs werden nur an Gewässern erstellt, an denen Handlungsbedarf in Bezug auf den Schutz vor Hochwässern besteht. Biotische und anthropogene Zusammenhänge sind bei der Erstellung an Gewässerstrecken mit Güteklasse II - II und besser einzubeziehen. Die Untersuchungen und Planungen sind im Regelfall auf das Abflussgebiet des HQ30 beschränkt. Vorstudie: dient im Sinne der Planungsökonomie zur Abgrenzung des Planungsumfanges und umfasst folgende Bearbeitungsschwerpunkte

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• Problemanalyse • Sichtung und Aufarbeitung relevanter Unterlagen und Daten • Festlegung der Bearbeitungsinhalte und Ergebnisansprüche der Bestandsaufnahmen gegliedert in Arbeitspakete samt Leistungsbildern und Kalkulationsgrundlagen • Entwicklung von strukturellen Vorgaben für die nachfolgenden Bearbeitungsschritte samt Zeitplan, Bearbeiter- und Koordinationserfordernissen sowie einer Kostenschätzung Bestandsaufnahme: umfasst die für die Gewässersituation maßgeblichen abiotischen, biotischen und anthropogenen Komponenten • Hydrologie • Flussmorphologie • Geschiebehaushalt • Vegetation • Fauna • Wassergüte • Hochwasserschutz und Hochwassergefährdung • Gewässer- und Umlandnutzung Zielsetzungen: • ökologische Zielsetzungen werden auf der Basis der Bestandsaufnahmen und aufgrund der Angaben zum potentiell natürlichen Gewässertyp festgelegt. Dabei wird die ökologische Funktionsfähigkeit an ökologisch intakten Referenzstrecken formuliert, und charakteristische Gewässerelemente mit Hilfe quantifizierbarer Parameter beschrieben • schutzwasserwirtschaftliche Zielsetzungen werden auf Basis der Bestandsaufnahmen zusammen mit den betroffenen Gemeinden festgelegt. Gewässerspezifisches Leitbild: Das gewässerspezifische Leitbild orientiert sich an den vorher genannten Zielsetzungen, wobei eine ausgewogene Abstimmung der ökologischen und schutzwasserwirtschaftlichen Zielsetzungen erreicht werden soll. Für einzelne Gewässerabschnitte werden Handlungsschwerpunkte festgelegt, wobei der Freilandbereich und der Siedlungsbereich unterschieden werden. Das Leitbild enthält eine zeitliche Prioritätenreichung der Handlungsschwerpunkte und bildet die Grundlage für die weiteren Tätigkeiten an den behandelten Gewässern. Gefahrenzonenplanung Gefahrenzonenpläne sollen die Art und das Ausmaß der Gefahren bei HQ100-Abflüssen darstellen. Rote Zone: In der Roten Zone werden Flächen ausgewiesen, die zur ständigen Benutzung für Siedlungs- und Verkehrszwecke nicht geeignet sind. • Abflussbereiche und Uferzonen von Gewässern, in denen Zerstörungen oder schwere Beschädigungen von Bauobjekten möglich sind und vor allem das Leben von Personen bedroht ist. • Flächen, die für den Hochwasserabfluss notwendig sind oder eine wesentliche Funktion für den Hochwasserrückhalt aufweisen. Gelbe Zone: Als Gelbe Zone werden Abflussbereiche ausgewiesen, in denen unterschiedliche Gefahren geringeren Ausmaßes auftreten können. Beschädigungen von Bauobjekten sowie Behinderungen sind möglich. Weiters enthalten die technischen Richtlinien für die Bundeswasserverwaltung Vorschriften über den Inhalt von Projekten (technischer Bericht, diverse Plandarstellungen, Kostenermittlung etc.), die Baudurchführung (Vergabe, Bautagebuch, Abrechnungen, Bauleitung, etc.) und Bilddokumentation der durchgeführten Baumaßnahmen. Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und konstruktiven Wasserbau

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Literatur ÖSTERREICHISCHES WASSERRECHT (BGBl. 82/2003) RENOLDNER A (1979) Wasserrecht und Liegenschaftsrecht, ZfV 4 [1979] 3 RICHTLINIEN FÜR DIE BUNDESWASSERBAUVERWALTUNG - TECHNISCHER BEREICH (2006) http://wasser.lebensministerium.at/filemanager/download/16583/ UMWELTFÖRDERUNGSGESETZ (BGBl 185/93)

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Umweltverträglichkeitsprüfung

Seite 8.1

8 Umweltverträglichkeitsprüfung 8.1

Entstehungsgeschichte Vor dem Hintergrund • zunehmender Bedrohung natürlicher Lebensgrundlagen; • des anwachsenden Drucks der Bürger nach mehr Transparenz in behördlichen Entscheidungsverfahren bei Großprojekten; • des gestiegenen Anspruchs an Inhalt und Umfang der Prüfung der Folgewirkungen von Großprojekten; • der besseren Koordination in der behördlichen Entscheidungsfindung bei Großprojekten suchte man seit Ende der Sechzigerjahre zunächst in den USA nach einem neuen Konfliktregelungsmodell zwischen Betreiber eines Großprojektes, Verwaltung und qualifizierter Öffentlichkeit. Als Ergebnis wurde 1970 mit dem National Environmental Policy Act (NEPA) das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in den USA gesetzlich verankert. Ausgehend von einer UVP-Diskussion in Europa erfolgte 1985 die Erlassung einer EG-Richtlinie (=Rahmengesetz) für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Aufgrund dieses Rahmengesetzes wurden die EG-Mitgliedstaaten verpflichtet, entsprechende Ausführungsgesetze im nationalen Recht binnen 3 Jahren zu erlassen. Selbst Deutschland verfügt aber erst seit 1990 über ein einschlägiges Bundesrahmengesetz. Die Schweiz hat schon 1983 ein entsprechendes Bundesgesetz erlassen und einige Jahre später eine Durchführungsverordnung dazu erlassen. In Österreich hat die Diskussion um die Erlassung eines UVP-Gesetzes Ende der Siebzigerjahre eingesetzt. Nicht zuletzt war es ursprünglich die Industrie, die die Forderung nach einer weitgehenden Konzentration der Genehmigungsverfahren aufstellte, erhoffte sie sich doch dabei eine Beschleunigung behördlicher Bewilligungen. Beachte: Im Verwaltungsverfahren gilt üblicherweise das sog. "Kumulationsprinzip", das die Inangriffnahme eines Projektes verhindert, solange nicht auch die letzte aller der in Frage kommenden materienrechtlichen Verfahren positiv abgeschlossen wurde (wie z.B. nach Gewerbeordnung, Bauordnung, Naturschutzgesetz, Wasserrechtsgesetz, Forstgesetz, Bundesstraßengesetz), d.h. alle erforderlichen Bewilligungen rechtskräftig sind. Nach der Vorlage von 11 z. T. sehr heftig kritisierten UVP-Gesetzentwürfen verabschiedete schließlich 1993 der Nationalrat das "Bundesgesetz über die Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung" (BGBI 697/1993), das - von einigen Ausnahmen abgesehen - mit 1. Juli 1994 in Kraft getreten ist. Nach zahlreichen Novellierungen ist derzeit das "Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit" (BGBl 14/2005) aktuell.

8.2

Grundsätze Insgesamt sind es 5 Grundsätze, die das UVP-Gesetz konkret in Verfahrensschritte umsetzen soll: 1. Der Grundsatz der Prävention (=Vorsorgeprinzip): Das Vorsorgeprinzip beinhaltet die Erfassung und damit Verhinderung möglicher schädigender Einwirkungen auf die Umwelt bevor sie eintreten. Durch die Institutionalisierung des UVPVerfahrens erwartet man sich einen gewissen Schutz vor Fehlplanungen seitens des Projektanten einerseits und vor Fehlentscheidungen seitens der Behörde anderseits.

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Umweltverträglichkeitsprüfung

2. Grundsatz der Gesamtschau (=Prinzip der ganzheitlichen Betrachtungsweise): Mit der Verankerung einer UVP soll die bestehende Praxis, umweltrelevante Auswirkungen im Rahmen einer mehr oder weniger großen Zahl von Verwaltungsverfahren einer jeweils "sektoralen" Prüfung zu unterziehen, überwunden werden. Damit sollen vor allem auch die summativen Wirkungen und Wechselwirkungen (Synergismen) sowie die Prüfung möglicher Projektalternativen in die Entscheidungsfindung über ein Vorhaben einfließen. 3. Grundsatz der Partizipation (=Prinzip der Betroffenenbeteiligung): Die UVP zielt auch darauf ab, die behördlichen Entscheidungsvorgänge hinsichtlich Großvorhaben in einem gewissen Rahmen auch mitgestaltbar zu machen. Dementsprechend wird auf die frühzeitige Offenlegung der Entscheidungsgrundlagen, den Dialog mit den Sachverständigen und das Recht auf Stellungnahme sowie auf die Einführung von Legalparteistellungen wertgelegt (Bürgerinitiativen ab 200 Wahlberechtigten haben Parteistellung). 4. Grundsatz der Transparenz: (=Prinzip der nachvollziehbaren Bearbeitung): Die Aufbereitung der Entscheidungsgrundlagen muss so geschehen, dass sie "Waffengleichheit" zwischen Projektwerber, Behörden, Sachverständigen und berührter Öffentlichkeit herstellen. Das heißt, die Darstellung der Prüfgrundlagen, Prüfmethoden, Ergebnisse und Bewertung muss eindeutig und verständlich sein. 5. Grundsatz der Kostentragung durch den Verursacher (=Verursacherprinzip): Sowohl die Kosten einer Umweltverträglichkeitsprüfung als auch die Kosten zur Abwehr bzw. Minimierung von Umweltbelastungen sind vom Verursacher, also dem Projektanten, zu tragen. Weltweite Erfahrungen haben gezeigt, dass die Kosten der UVP ca. 0,5% der Gesamtkosten des Vorhabens ausmachen.

8.3

Rahmenbedingungen Erstens ergeht das UVP-Gesetz in Ausführung des seit 1984 in der Bundesverfassung festgeschriebenen Staatszieles, dass sich die Republik Österreich, also Bund, Länder und Gemeinden, zum umfassenden Umweltschutz bekennen und dies bedeutet "Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage der Menschen vor schädlichen Einwirkungen. Der umfassende Umweltschutz besteht insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm" (BGBI 491/1984). Zweitens ist zu betonen, dass das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung ein reines Verfahrensgesetz ist, das die Methoden, wie eine UVP abgewickelt werden soll, im Wesentlichen offen lässt. Drittens: Das UVP-Gesetz zielt darauf ab, alle verwaltungsrechtlich notwendigen Verfahren in einem konzentrierten Verfahren durchzuführen. Eine Behörde, die Landesregierung, wendet dabei alle für die Verwirklichung eines Vorhabens notwendigen Materiengesetze an. Dabei sind in die Entscheidung die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung i.e.S. zu berücksichtigen. Die UVP i.e.S. ist also nicht mehr als ein qualifiziertes Gutachten. Gegenstand der Bewertung der UVP i.e.S. ist dabei die Risikoabschätzung der Umweltauswirkungen, d.h. sie hat darauf abzuzielen, dass die Immissionsbelastungen der Schutzgüter minimiert werden bzw. die Emissionen nach dem jeweiligen Stand der Technik zu begrenzen sind.

8.4

Verfassungsrechtliche Grundlage Verfassungsrechtliche Grundlage ist Art. 11 Abs. 1 Zi. 7 B-VG. Die Zuständigkeit für die UVPGesetzgebung liegt demnach beim Bund, während die Vollziehung Landessache ist, d.h., in der Regel das zuständige Vollzugsorgan die Landesregierung darstellt.

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8.5

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Inhalt des UVP-Gesetzes Aufgabe der UVP ist es, die Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben auf Mensch, belebte Umwelt und Sach- und Kulturgüter haben kann. Gleichzeitig sollen auch Maßnahmen geprüft werden, durch die belastende Auswirkungen minimiert und günstige Auswirkungen des Vorhabens vergrößert werden können (z.B. durch Aufzeigen von Projektalternativen, einschließlich der Nullvariante). UVP-pflichtige Vorhaben Welche technischen Großprojekte UVP-pflichtig sind, wird taxativ in einem Anhang zum UVPGesetz aufgezählt. In der Regel sind Schwellenwerte angegeben. Änderungen von bestehenden Anlagen sind nur unter gewissen Voraussetzungen betroffen, etwa dann, wenn durch eine Erweiterung der Anlage der festgelegte Schwellenwert erstmals Überschritten wird und gleichzeitig die Kapazität der Anlage um die Hälfte erweitert wird. Insgesamt sind taxativ genannte 88 Anlagentypen UVP-pflichtig. Anhang 1 umfasst alle Projekte für die ein UVP Verfahren vorgesehen ist und gliedert sich wie folgt (inkl. Bsp.): • Abfallwirtschaft (Ziffer 1-3) - Massenabfall oder Reststoffdeponien mit einem Gesamtvolumen von über 500 000 m³; • Energiewirtschaft (Ziffer 4-6) - Thermische Kraftwerke oder andere Feuerungsanlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung von mindestens 200 MW; • Umgang mit radioaktiven Stoffen (Ziffer 7-8) - Anlagen zur Aufarbeitung oder Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen; • Infrastrukturprojekte (Ziffer 9-24) - Neuerschließung oder Änderung (Erweiterung von Schigebieten) durch Errichtung von Seilförderanlagen zur Personenbeförderung oder Schleppliften oder Errichtung von Pisten, wenn damit eine Flächeninanspruchnahme mit Geländeveränderungen durch Pistenbau oder durch Lifttrassen von mindestens 20 ha verbunden ist; • Bergbau (Ziffer 25-29) - Untertagebau mit einer Flächeninanspruchnahme für Zusammenhängende obertägige Anlagen und Betriebseinrichtungen von mindestens 10 ha; • Wasserwirtschaft (Ziffer 30-42) - Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW sowie Kraftwerke in Kraftwerksketten *7 ab 2 MW; - Abwasserreinigungsanlagen von mehr als 150.000 Einwohnergleichwerten (vereinfachte UVP); • Land und Forstwirtschaft (Ziffer 43-88) - Massentierhaltung ab der Größe von 42.000 Legehennen bzw. 84.000 Mastgeflügelplätzen (vereinfachte UVP); - Alle Projekte in diesem Bereich müssen nur mit einer UVP nach der vereinfachten Form abgewickelt werden; Den wenigen hier angeführten Schwellenwerten kann entnommen werden, dass sie gerade im industriellen Bereich sehr hoch angesetzt wurden, d.h. de facto nur wenige Großanlagen tatsächlich UVP-pflichtig sind. Abb. 8.1 zeigt einen Überblick über die Anzahl der Laufkraftwerke in Österreich und deren Leistung.

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290

40-50

50-80

3

4

4

1 >300

7

200-300

11

100-200

5

80-100

20

30-40

5-10

33

20-30

25

10-20

42 2,5-5

114

0-2,5

350 300 250 200 150 100 50 0

0-1

Anzahl

Laufkraftwerke in Österreich 2002

Engpassleistung in MW Abb. 8.1: Laufkraftwerke in Österreich (aus Energieverwertungsagentur: Daten zur erneuerbaren Energie 2004)

Vereinfachtes Verfahren Im Anhang 1 sind alle Projekte, die UVP pflichtig sind, aufgezählt. Dabei sind diese Projekte in drei Spalten unterteilt, wobei für jene Projekte der Spalte zwei und drei ein UVP Verfahren der vereinfachten Form vorgesehen ist. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen UVP-Verfahren und vereinfachtem Verfahren sind: Tab. 8.1: Unterschied UVP-Verfahren und vereinfachtes Verfahren

UVP-Verfahren Umweltverträglichkeitsgutachten öffentliche Auflage wie bisher Parteistellung für Bürgerinitiativen Nachkontrolle Verfahrensdauer von 9 Monaten

8.6

vereinfachtes Verfahren zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen keine öffentliche Auflage Beteiligtenstellung für Bürgerinitiativen keine Nachkontrolle Verfahrensdauer von 6 Monaten

Verfahrensablauf Ganz generell strebt das UVP-Verfahren neben der Konzentration der Verwaltungsverfahren eine Demokratisierung an. Das erfordert eine Öffnung des Entscheidungsprozesses von Beginn an.

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Projektwerber

Behörde

Öffentlichkeit 6 Monate

Vorverfahren Genehmigungsantrag Projektunterlagen UVE § 5 Abs. 1

Prüfung des Genehmigungsantrags

UA: Umweltanwalt SV: Sachverständige PW: Projektwerber UVG: Umweltverträglichkeitsgutachten BVB: Bezirksverwaltungsbehörde

Übermittlung an mitwirk. Behörden, UA, Gemeinden, und BMUJF §5 Abs 4 u. 5 zur Stellungnahme Erstellung der vorläufigen Gutachterliste und des Untersuchungsrahmens §8 Übermittlung aller Unterlagen an Standortgemeinde und BVB § 9 Abs.1

6 Wochen Einsicht- u. schriftliche Stellungnahme § 9 Abs. 1 u. 4 max. 18 Monate

Betrauung der SV 11 Abs. 1 Erstllung des Prüfbuchs § 11 Abs.3 Erstellung des UVG §12 Übermittlung an PW, mitwirk. Behörden, UA, sonst. Beteiligte, Standortgem und BVB §13 Abs. 1

mind. 4 Wochen Einsichtnahme §13 Abs.2

Öffentliche Erörterung des Vorhabens, seiner Auswirkungen und des UVG Erstellung eines Protokolls über die öffentl. Erörterung §14 Abs.6 Mündliche Verhandlung Berufungsrecht an den Umweltsenat §40

§14 Mind. 4 Wochen Einsichtnahme §14 Abs. 6

§16

Entscheidung; $17 Veröffentlichung des Genehmigungsbescheids

Einsichtnahme in der Standortgemeinde §17 Abs. 5

Abnahmeprüfung Nachkontrolle (3-5 Jahre nach Fertigstellung)

Abb. 8.2: Ablaufschema der UVP

1. Vorverfahren Mindestens 6 Monate vor der geplanten Antragstellung sind der Landesregierung die Grundzüge des Vorhabens samt Konzept der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) vom Projektleiter vorzulegen. Dieses Konzept wird in Absprache mit der Behörde erstellt. Das UVE Konzept ist gesetzlich geregelt und es empfiehlt sich daher die Gliederung schon hier einzuhalten. Je klarer, nachvollziehbarer und detaillierter das UVE Konzept aufgebaut ist, desto rascher wird eine Beurteilung durch die UVP Behörde möglich sein. Auch die Aufklärung und Information der sonstigen Beteiligten bzw. Betroffenen werden bei entsprechender Qualität des UVE- Konzepts erleichtert. Das UVE Konzept bildet die Basis der UVE und bei auffallenden Mängel kann es verbessert werden, damit die tatsächliche UVE den Bestimmungen entspricht. Nach Vorlage des UVE Konzepts hat die Behörde daraufhin festzustellen: • nach welchen Verwaltungsvorschriften Bewilligungen notwendig sind; • welche Sachverständigen heranzuziehen sein werden und • ob das UVE-Konzept grobe Mängel hat. Wasserwirtschaftliche Planung

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Mitwirkung: Umweltanwalt, Standortgemeinde und Nachbargemeinden sowie die Bürger der Standortgemeinde und Nachbargemeinden haben ein Anhörungsrecht - entsprechende Kundmachung und das Recht zur Stellungnahme binnen 4 Wochen. 2. Antrag und Umweltverträglichkeitserklärung: Nach Abschluss des Vorverfahrens ist bei der Landesregierung der Genehmigungsantrag zu stellen, der alle nach den Materiengesetzen erforderlichen Projektunterlagen sowie die Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) des Projektwerbers enthalten muss. Umweltverträglichkeitserklärung: Das UVP-G informiert in §6 Abs. 1 detailliert darüber was in der UVE enthalten sein muss. 1. Beschreibung des Vorhabens nach Standort, Art und Umfang a. Beschreibung des Bedarfs an Grund und Boden während des Bauens und des Betreibens b. Beschreibung der wichtigsten Verarbeitungsprozesse und Information über die Art und Menge der verwendeten Materialien c. Art und Menge der zu erwartenden Emission (Luft, Boden, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlung,…) während des Bauens und des Betriebes d. Beschreibung der Immissionszunahme e. Energiebedarf aufgeschlüsselt nach Energieträgern f. Bestanddauer und Maßnahmen zur Nachsorgung sowie allfällige Maßnahmen zur begleitenden Kontrolle 2. Eine Übersicht über die wichtigsten alternativen Lösungen und die Auswahlgründe Bei einem Projekt dieser Größenordnung gibt es alternativen Lösungen und die will der Gesetzgeber kennen lernen. Der Gesetzgeber sieht zwar nur die Darlegung geprüfter Alternativen vor, aber nur solange sie im Verfügungsbereich des Antragstellers liegen. Es ist also auf jeden Fall anzuraten Alternativen vorzulegen und damit automatisch die geplante Variante als die Beste darzustellen. Die Nullvariante ist auch eine Alternative. 3. Beschreibung der beeinträchtigten Umwelt Dabei wird ein Vergleich des Ist Zustand angestrebt. Jedes Projekt muss dabei extra behandelt werden und es gibt keinen einheitlichen Standard dafür. Prinzipiell wird die Umwelt nach folgenden Gesichtspunkten beschrieben: a. Der Mensch b. Tiere und Pflanzen c. Boden d. Wasser e. Luft f. Klima g. Biotope und Ökosysteme h. Landschaft i. Sach- und Kulturgüter j. Arbeitsumwelt 4. Beschreibung der wesentlichen Auswirkungen auf Umwelt, Raumgefüge und Ressourcen Zu untersuchen sind hier nicht die direkten sondern die indirekten, kumulativen, kurz-, mittel-, langfristigen, ständigen und vorübergehenden, sowohl positiven als auch negativen Auswirkungen des Vorhabens. Dabei müssen immer die Errichtungsphase, die Betriebsphase und die Phase nach Betriebsende inkludiert werden. Weiters müssen die Methoden dieser Untersuchungen nachvollziehbar sein. Die Auswirkungen auf das Raumgefüge sollten z.B. in Bezug auf Raumordnungskonzepte, Verkehrskonzepte und Abfallwirtschaftskonzepte betrachtet werden. Bei Umweltanalysen empfiehlt es sich immer die Auswirkungen mit einer Sensitivitätsanalyse abzurunden.

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5. Beschreibung der Maßnahmen zur Einschränkung der negativen Auswirkungen In diesem Abschnitt sind jene Maßnahmen darzustellen, die zur Vermeidung von wesentlichen Auswirkungen auf die Umwelt, von Störfällen und zum Arbeitnehmerschutz gesetzt werden. Wahrscheinlich der wichtigste Punkt für die positive Antwort auf einen Antrag. 6. Allgemein verständliche Zusammenfassung Die Zusammenfassung sollte kompakt, verständlich, sachlich und optisch gut aufbereitet sein. Dabei sollten Daten graphisch aufbereitet werden und die Verwendung von unverständlichen Sachbegriffen sollte vermieden werden. 7. Angabe von technischen Lücken und fehlenden Daten Falls es bei der Auswertung der Daten zu Problemen kommt, aufgrund von technischen Lücken oder mangelhaften Daten, sind diese darzulegen und zu begründen. 3. Auflage der UVE Die Landesregierung erstellt den Untersuchungsrahmen für das Umweltverträglichkeitsgutachten sowie eine vorläufige Gutachterliste. Mitwirkung: Die Landesregierung lädt die mitwirkenden Behörden, die betroffenen Gemeinden, den Umweltanwalt und das BMUJF mit den vorgelegten Unterlagen zur Stellungnahme ein. Zudem sind bei der Bezirksverwaltungsbehörde und den betroffenen Gemeinden: • die Antragsunterlagen • die UVE • der Untersuchungsrahmen zur UVP • die vorläufige Liste der voraussichtlichen Sachverständigen (Fachgutachter, amtlich oder nichtamtlich) bei entsprechender Kundmachung aufzulegen und jedermann hat das Recht binnen 6 Wochen Einsicht zu nehmen bzw. Stellung dazu zu beziehen. Die Kundmachung hat darauf hinzuweisen, dass Bürgerinitiativen (> 200 Wahlberechtigte in der Standortgemeinde oder einer Nachbargemeinde) Parteienstellung haben. 4. Betrauung der Sachverständigen und Erstellung des Prüfbuches: Unter Würdigung der eingegangenen Stellungnahmen hat die Behörde die Sachverständigen mit dem Umweltverträglichkeitsgutachten zu betrauen und ein Prüfbuch zu erstellen, in dem z.B. die Fragestellungen, der Zeitplan für Teil- bzw. Gesamtgutachten, die Zusammenarbeit der Gutachter festzulegen sind. 5. Umweltverträglichkeitsgutachten: Das durch die Sachverständigen zu erstellende UV-Gutachten hat darzulegen: • die Umweltauswirkungen • die fachliche Auseinandersetzung mit Bürgerstellungnahmen • Vorschläge für schadensreduzierende Maßnahmen • Variantenprüfung • Vorschläge zur Beweissicherung und Nachsorgekontrolle • verständliche Zusammenfassung Das UV-Gutachten ist dem Projektwerber und den Behörden zu übermitteln sowie bei der Bezirksverwaltungsbehörde und der Standortgemeinde für mindestens 4 Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. 6. Öffentliche Erörterung (public hearing): Über das UV-Gutachten binnen 6 Wochen ist im Beisein der Sachverständigen eine entsprechend kundgemachte öffentliche Erörterung durchzuführen, bei der sich jedermann zum Vorhaben äußern kann und Fragen stellen darf. Das Protokoll dieser Erörterung ist zu veröffentlichen.

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7. Genehmigungsverfahren: a) Parteienstellung: Im Genehmigungsverfahren haben alle Personen Parteienstellung, die nach den Materiengesetzen Parteienstellung haben. Darüber hinaus haben aber auch die Nachbarn, sofern sie durch das Vorhaben gefährdet oder belästigt werden und sie Einwendungen gegen das Vorhaben bis spätestens zur mündlichen Verhandlung vorgebracht haben Parteienstellung, zudem der Umweltanwalt, die Standortgemeinde sowie die Bürgerinitiativen. Als Partei hat man unter anderem das Recht auf Akteneinsicht, Information, Stellungnahme und Fragen. b) Mündliche Verhandlung: Die Landesregierung hat zwingend eine mündliche Verhandlung durchzuführen, an der alle Parteien und die mitwirkenden Behörden und Sachverständigen teilnehmen. Die mündliche Verhandlung ist entsprechend kundzutun. In dieser Verhandlung haben Parteien und Beteiligte das Recht, z.B. an die Sachverständigen, Fragen zu stellen. c) Entscheidung: Die Landesregierung muss innerhalb von 18 Monaten über alle beantragten Genehmigungen entscheiden, andernfalls geht die Entscheidungskompetenz auf den beim BMUJF einzurichtenden Umweltsenat (20 Mitglieder, davon 5 Richter). Der Umweltsenat entscheidet weisungsfrei. Bei der Entscheidung sind nicht nur die in den Materiengesetzen enthaltenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden, sondern auch - soweit nicht schon in den Materiengesetzen geregelt - zusätzlich noch folgende Parameter: • Begrenzung von Emissionen nach dem Stand der Technik; • höchstmögliche Vermeidung von gefährdenden bzw. belästigenden Immissionen. Letztgenannte Parameter sind mitzuberücksichtigen, sind aber keine selbständige Entscheidungsgrundlage. (Ergibt z.B. die UVP, dass durch das Vorhaben bestimmte Ressourcen nicht optimal genützt werden, so darf ein Genehmigungsantrag lediglich aus diesem Grund nicht abgewiesen werden). Jedenfalls sind die Ergebnisse der UVP in der Entscheidung zu berücksichtigen, d.h., die UVP i.e.S. ist nicht mehr als ein qualifiziertes Gutachten! Die Genehmigung ist gemeinsam behördlicherseits abzusprechen und in einem Bescheid der zu veröffentlichen ist, festzuhalten. Bei nicht überschaubaren Projekten hat die Landesregierung die Möglichkeit, zunächst eine grundsätzliche Genehmigung zu erteilen und sich spätere Detailgenehmigungen vorzubehalten. d) Rechtszug: Der Genehmigungsbescheid kann innerhalb von 4 Wochen beim Umweltsenat angefochten werden. Letztlich ist natürlich auch die Beschwerdeführung vor Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof möglich. 8. Kontrolle: Vor der Inbetriebnahme muss die Landesregierung prüfen, ob das Vorhaben der Genehmigungsentscheidung entspricht. Sie hat einen Abnahmebescheid zu erlassen und darin festzulegen, bis wann die Nachkontrolle abzuschließen ist. Der Abnahmebescheid ersetzt zudem die nach Materiengesetzen allenfalls nötigen Betriebs- und Benützungsbewilligungen. 9. Nachkontrolle: Die Landesregierung muss frühestens 3 Jahre, spätestens 5 Jahre nach der Fertigstellungsanzeige überprüfen, ob der Genehmigungsbescheid eingehalten wird und ob die Prognosen der UVP mit den tatsächlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens konform gehen. Ist die Nachkontrolle abgeschlossen, so endet die Zuständigkeit der Landesregierung als Konzentrationsbehörde, d.h. das UVP-Verfahren ist abgeschlossen.

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Gesetzesnovelle von März 2005 Im Frühjahr 2005 werden zwei wirtschaftlich wichtige Projekte Aufgrund des UVP-G nicht sofort umgesetzt. Die Bundesregierung nimmt dies zum Anlass die derzeit letzte Novelle dem UVP-G anzufügen. Im wesentlichen besteht diese Novelle aus 3 Punkten: 1. Bei großen Infrastrukturprojekten (z.B.: Fußballstadion; Autorennstrecke) muss nicht mehr zwingend eine UVP durchgeführt wurden. Im Einzelfall kann das Land darüber entscheiden ob ein vereinfachtes UVP Verfahren anzuwenden ist. 2. Falls es zu einem vereinfachten Verfahren kommt sollte es innerhalb von 4 Monaten abgeschlossen sein (statt 6), wenn zur Verwirklichung Vereinbarungen mit internationalen Organisationen für Großveranstaltungen getroffen wurden. 3. Im Anhang 1 sind folgende Projekte nicht mehr für eine UVP vorgesehen. Im Einzelfall kann das Land ein Verfahren nach vereinfachter Form einfordern: a. Freizeit und Vergnügungsparks, Sportstadien oder Golfplätze und ähnliche Anlagen, die auf Grund von Vereinbarungen mit internationalen Organisationen für Großveranstaltungen (z.B. Olympische Spiele, Welt- oder Europameisterschaften, Formel 1-Rennen) errichtet, verändert oder erweitert werden. b. Die Errichtung und Verlängerung von Pisten sowie sonstige Änderungen von Flugplätzen, die im überwiegenden ausmaß für Zwecke der Militärluftfahrt genützt werden. c. Wiedererrichtung, Erweiterung oder Adaption von Rennstrecken die mindestens 20 Jahre bestehen oder Bestand gehabt haben, sowie Strecken zum Zweck der Fahr- und Sicherheitsqualitätschecks von Fahrzeugherstellern, bei denen gesetzlich zwingend vorgeschriebene Sicherheitsprüfungen, die einen integrierten Bestandteil des Produktionszyklus darstellen, durchgeführt werden. Eine UVP ist schon vor dieser Novelle erst bei einer Überschreitung von sehr hohen Schwellenwerten notwendig gewesen. Mit dieser Novelle sind die größten Projekte ausgenommen, um der Wirtschaft zu dienen und dadurch Arbeitsplätze zu sichern. Dabei ist die UVP niemals ein Instrument gewesen um Projekte, egal welcher Größenordnung, zu verhindern, sondern sie fordert einen Umweltstandard ein damit Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Biotope und Ökosysteme, Landschaft, Sach und Kulturgüter und die Arbeitsumwelt bestmöglich geschützt werden und sie steht auch für ein Mitspracherecht der Bevölkerung, die als Bürgerinitiative Parteistellung hat, aber nicht bei einer UVP nach dem vereinfachten Verfahren.

8.8

Fallbeispiele Seit Inkrafttreten des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes am 1. Juli 1994 sind nur 91 Vorhaben einem solchen Verfahren unterzogen worden, wovon bisher 42 abgeschlossen wurden. Die Gründe dafür sind die hohen Schwellenwerte, die überschritten werden müssen, um ein UVPVerfahren zu benötigen, und dass das UVP-Gesetz für Vorhaben, die noch vor dem 31. Dezember eingereicht wurden. Wasserwirtschaftliche Vorhaben wurden bisher noch keiner UVP unterzogen. Für das Marchfeldkanalprojekt und die Staustufe Freudenau wurden „Freiwillige UVPs“ durchgeführt, wobei der Betreiber eine UVE vorlegte und diese von einem unabhängigen Expertenteam (ohne Rechtsverbindlichkeit) prüfen ließ. Nunmehr liegt eine UVE für das Hochwasserschutzprojekt Machland Nord vor. Es wird nachfolgend eine kurze Darstellung des Projektes gegeben und aus der UVE zitiert, ohne dass dabei eine Wertung vorgenommen wird. Fallbeispiel Hochwasserschutz Machland Beim Hochwasserschutzprojekt Machland an der Donau wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Bei diesem Projekt geht es darum, für die oberösterreichischen Gemeinden des Hochwasserschutzverbandes "Donau - Machland" umfangreiche Maßnahmen zum Schutz gegen Donauhochwässer zu planen. Ziel der UVP ist es, unter Beteiligung der Bürger die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf folgende "Schutzgüter" festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten:

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• • • • •

Menschen und die menschlichen Lebensräume Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume Boden, Wasser, Luft und Klima Landschaft Sach- und Kulturgüter

Des Weiteren werden Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung oder zum Ausgleich von negativen Wirkungen untersucht und aufgezeigt. Dabei wird bei allen Auswirkungen zwischen der Bauphase und der Betriebsphase unterschieden. In der Umweltverträglichkeitserklärung werden zuerst die Rechtsgrundlagen und der Verfahrensablauf erklärt. Im nächsten Abschnitt wird ein Überblick über die wesentlichen Umweltwirkungen der neuen Hochwasserschutzmaßnahmen gegeben. Die Auswirkungen lassen sich in vier Wirkungsarten zusammenfassen: • Raumbedarf • Barrierewirkungen • strukturelle Veränderungen • Abflussveränderungen Dadurch hat das Vorhaben unmittelbare und mittelbare Auswirkungen auf die zuvor genannten Umweltschutzgüter. Die Umweltverträglichkeitserklärung gliedert sich in Aussagen zur Betriebsphase, die den Betriebsfall und Störfälle umfassen, Aussagen zur Bauphase und Aussagen zu Vorhabensalternativen. Die Beantwortung der Frage nach der Umweltverträglichkeit eines Vorhabens setzt die Ermittlung der Projektauswirkungen auf die Umwelt voraus. Die Beurteilung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens erfolgt über Vergleichsvorgänge des Soll- und Ist-Wertes im jeweiligen Themenbereich. Nachdem die Wirkungsweisen des Vorhabens auf einzelne Schutzgüter isoliert sind, können Maßnahmen entwickelt werden, die die Beeinträchtigungen der Umwelt vermeiden, einschränken oder ausgleichen. Bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens wurde bei diesem Projekt folgende Vorgangsweise gewählt: • Beurteilung der Beeinflussungssensibilität der Ist-Situation • Beurteilung der Wirkungsintensität des Vorhabens • Beurteilung der Eingriffserheblichkeit des Vorhabens • Festlegung der Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen • Beurteilung der Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen • Ermittlung der Restbelastung Das Ergebnis ist eine Aussage bezüglich der Umweltverträglichkeit des Vorhabens zur Errichtung von Hochwasserschutzmaßnahmen zwischen Mauthausen und St. Nikola an der Donau. Nach dem Hochwasser im Jahre 1991 wurde dieses Projekt in Auftrag gegeben. Bei der Projektierung stellte sich bald heraus, dass ein effektiver Schutz für das Siedlungsgebiet nur mittels Dämmen hergestellt werden kann. Bei der Planung wurden zwei Ausbaugrade unterschieden. Im stromfernen Bereich HQ100 und in Bereichen, in denen ein höherer Schutzgrad nicht tolerierbar ist, HQ30. Im Jahr 1997 wurde von der OÖ Landesregierung entschieden, dass für die Errichtung der Schutzbauwerke eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren durchzuführen ist. Die Hochwasserkatastrophe im August 2002 führte jedoch zu einem Planungsstopp und zu wesentlichen Projektsänderungen, einerseits durch passive Schutzmaßnahmen in Form von Aussiedelungen und andererseits durch eine höhenmäßige Anpassung der geplanten Schutzbauten.

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Umweltverträglichkeitsprüfung

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Der Planungsraum erstreckt sich entlang der Donau von der Marktgemeinde Mauthausen bis zur Gemeinde St. Nikola a.d. Donau, unmittelbar vor der NÖ Landesgrenze. Aufgrund seiner Größe (36 km lang) wurde der Planungsraum in insgesamt sieben Bauabschnitte gegliedert. Die Baulosgrenzen entsprechen den Gemeindegrenzen. Die geplanten Schutzbauwerke sind auf ein 100-jähliches Bemessungshochwasser ausgelegt. Das geplante Vorhaben ist nicht ein durchgängiges Dammsystem, die einzelnen Baulose stellen vielmehr eigenständige Schutzsysteme dar, die unabhängig voneinander errichtet werden können. Nachdem in der Umweltverträglichkeitsprüfung ein Überblick über das Bauvorhaben gegeben wird, werden für jedes Baulos in der Betriebs- und Bauphase Maßnahmen für einen Hochwasserfall und Angaben über den Energiebedarf für Pumpen angeführt. Für die Bauphase werden noch zusätzlich der Bauzeitplan, die Baustelleneinrichtungen und der Baustellenverkehr geregelt. Da eine Umweltverträglichkeitsprüfung laut Gesetz auch eine Übersicht über die geprüften Standort- oder Trassenvarianten erfordert, wurden im Rahmen der Projektierungsphase für dieses Projekt folgende Lösungsmöglichkeiten verglichen: • Studie von 1994 • Einreichprojekt 2002 • Einreichprojekt 2003 • Nullvariante In der Studie von 1994 wurden zum Schutz vor weiteren Überflutungen folgende Varianten überdacht: • Erhöhung der Abfuhrfähigkeit des Stromes • Konzentration des abgeworfenen Wassers durch ein Parallelgerinne zur Donau • passiver Hochwasserschutz • Errichtung von Schutzbauwerken in Siedlungsnähe Die ersten beiden Varianten waren jedoch weder mit den Zielen der Wasserwirtschaft vereinbar, noch hatten sie eine Chance auf eine Durchsetzung. Somit blieben nur noch die Aussiedlung und siedlungsnahe Schutzbauwerke als Lösungsmöglichkeiten übrig. Da der passive Hochwasserschutz Vorrang vor dem aktiven haben sollte, musste zuerst untersucht werden, bei welchen Siedlungen eine Aussiedlung und somit der passive HW-Schutz möglich war. Vom passiven HW-Schutz waren vor allem Einzelgebäude, die nur durch einen Ringdamm geschützt werden können, wodurch die Kosten für die Errichtung des Dammes den Wert bei weitem überstiegen hätten. Für die größeren Siedlungsgebiete kamen nur ortsnahe Schutzbauten in Frage. Aufgrund der Topographie ergab sich die Möglichkeit, die auf höheren Terrassen gelegenen Gebiete auf ein HQ100 zu schützen. Als günstig wurde zum Schutz der tiefer liegenden Ortschaften ein HQ30-Schutz erachtet. Das Hochwasser 2002 führte zu wesentlichen Projektsänderungen. Für viele Bewohnerstellte sich die Frage der Sinnhaftigkeit des Wiederaufbaus und des Verbleibes in der gefährdeten Hochwasserzone. Schließlich fiel die politische Entscheidung, dass den donaunahen Ortschaften die Absiedelungsmöglichkeit angeboten werden sollte. Betroffen davon waren in erster Linie Siedlungsteile, für die nur ein 30-jährlicher Schutz vorgesehen war. Eine weitere Anpassung ergab sich durch die Wasserspiegellage des Augusthochwassers. Die offizielle Einstufung des Hochwassers als 100-jährliches Ereignis bezogen auf die Abflussmenge, bedurfte einer Änderung der offiziellen Wasserstände der Donau und folglich eine Anpassung der Dammhöhen auf die neuen Wasserspiegelhöhen.

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Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Trassenführung wurde im Vergleich mit dem Projektsstand von 2002 nicht verändert, Abweichungen ergaben sich durch eine geringfügige Verschiebung der Trasse in Richtung Donau, die aus der Erhöhung der Dämme resultiert. Bei der Nullvariante wird angenommen, dass keine Veränderungen an der Landschaft vorgenommen werden. Wenn man die Hochwässer der letzten 50 Jahre betrachtet, stellt sich heraus, dass das Unterbleiben des Vorhabens eine Reihe von negativen Konsequenzen nach sich zieht. Die wichtigste dieser Konsequenzen ist die weiterhin vorhandene Bedrohung der Bevölkerung. Die Folgen eines nicht verwirklichten Hochwasserschutzes sind daher die enormen verursachten Schäden. Zusammenfassung der Auswirkungen des Hochwasserschutzprojektes • Siedlungswesen: Die positiven Auswirkungen überwiegen durch einen Schutz von Bauland und dem Schutz weiterer Siedlungsgebiete deutlich. Negative Auswirkungen können durch Ausgleichs- und Schutzmaßnahmen reduziert werden. • Freizeit, Erholung, Fremdenverkehr: Es kann generell eine positive Auswirkung auf die Freizeit-, Erholungs- und Fremdenverkehrseinrichtungen festgestellt werden. Viele Einrichtungen werden vor künftigen Hochwasserereignissen geschützt. • Energiewirtschaft: Aufgrund der neutralen Auswirkungen und der nicht darstellbaren Restbelastung wird das Projekt aus energiewirtschaftlicher Sicht als umweltverträglich bewertet. • Landwirtschaft: Durch die baulichen Maßnahmen werden landwirtschaftlich genutzte Flächen vor Hochwasser geschützt. Die negativen Auswirkungen durch denn Dammverlauf, der zu Zerschneidung der Flächen führt, müssen durch Grundeinlöse und Grundstückszusammenlegung ausgeglichen werden. • Forstwirtschaft: Die Auswirkungen des Projektes beschränken sich im Wesentlichen auf den vorübergehenden und dauerhaften Verlust von Waldflächen. Diese Auswirkungen können durch sofortige Wieder- und Ersatzaufforstung wirksam abgemildert werden. • Jagd: Durch das Projekt treten in Bezug auf die Jagdwirtschaft nur geringe Auswirkungen auf. • Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume: Ohne adäquate Maßnahmen hätte die Errichtung der Dämme erhebliche Auswirkungen auf die noch vorhandenen Magerwiesen. Es werden Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen, die die negativen Aspekte nicht nur kompensieren, sondern längerfristig auch zu positiven Wirkungen des Projektes führen können. Es wird auch angeregt, neben dem HW-Schutzprojekt ein generelles Landschaftsschutzkonzept zu entwickeln, um die ökologische Wertigkeit des Projektgebietes erhalten zu können. Bezüglich der Lebensraumeignung für die Tiere zeigt das Projekt nur punktuell wesentliche Eingriffe. Dies betrifft Auwald- und Gewässerlebensräume. Zum Ausgleich der negativen Auswirkungen ist eine Adaptierung der Linienführung notwendig. • Geologie: Die Errichtung von Hochwasserschutzdämmen, Mauern und Mobilelementen lassen keine negativen Auswirkungen auf den Untergrund erwarten. Setzungen und Porositätsveränderungen sind in einer vernachlässigbaren Größenordung anzunehmen. Ein Einflusspotential besteht allerdings dort, wo in den Grundwasserkörper einbindende Dichtungsmaßnahmen ausgeführt werden. Dadurch ist mit einer deutlich eingeschränkten Kommunikation zwischen Donau und Grundwasserkörper zu rechnen. Durch entsprechende Beweissicherungsverfahren können negative Auswirkungen erfasst werden, und rechtzeitig Schutz- und/oder Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden.

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EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

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9 EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Die EU WRRL ist im Rahmen des ÖWRG in den nationalen Rechtsbestand (§ 55) übernommen worden.

9.1

Ausgangslage und Ziele Ausgangslage • Bisherige europäische Wasserpolitik war anlassorientiert. • Durch unterschiedliche Regelungsmechanismen waren inkonsistente Gesetzestexte die Folge. • Durch die Wasser-Rahmenrichtlinie sollte ein Ordnungsrahmen für den europäischen Gewässerschutz sicher gestellt werden Ziele • Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme im Hinblick auf deren Wasserhaushalt, • Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen, • Anstrebens eines stärkeren Schutzes und einer Verbesserung der aquatischen Umwelt, unter anderem durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von prioritären Stoffen, • Sicherstellung einer schrittweisen Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung seiner weiteren Verschmutzung und • Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren Instrumente • Bewirtschaftung von Flussgebietseinheiten • Verschlechterungsverbot und Trendumkehr • Kombination Emissions- und Immissionsansatz • Reduzierung von Einleitungen prioritärer • Stoffe • Information und Anhörung der Öffentlichkeit

9.2

Kernpunkte der EU Wasserrahmenrichtlinie • Ausdehnung des Gewässerschutzes auf alle Gewässer (Grundwässer Oberflächengewässer – Küstengewässer) • Erreichung/Erhaltung eines "guten Zustandes" • Bewirtschaftung der Gewässer auf Grundlage von Flusseinzugsgebieten • Kombinierter Ansatz von Emissions- und Immissionskriterien • Kostendeckende Preise • Stärkere Einbindung der Bürger/innen in Planungs- und Entscheidungsprozesse • Straffung der Gesetzgebung.

9.3



Inhalte der EU WRRL Gründe für die WRRL Es sind 53 Gründe für die WRRL angeführt • (1) Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. • (4) Notwendigkeit, die Gewässer der Gemeinschaft sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht zu schützen. • (9) Es ist erforderlich, eine integrierte Wasserpolitik der Gemeinschaft zu entwickeln.

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EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) • (14) Der Erfolg der vorliegenden Richtlinie hängt von einer engen Zusammenarbeit und kohärenten Maßnahmen auf gemeinschaftlicher, einzelstaatlicher und lokaler Ebene ab. Genauso wichtig sind jedoch Information, Konsultation und Einbeziehung der Öffentlichkeit, einschließlich der Nutzer. • (16) Der Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung von Gewässern müssen stärker in andere politische Maßnahmen der Gemeinschaft integriert werden. • (19) Ziele der vorliegenden Richtlinie sind die Erhaltung und die Verbesserung der aquatischen Umwelt in der Gemeinschaft, wobei der Schwerpunkt auf der Güte der betreffenden Gewässer liegt. Die mengenmäßige Überwachung spielt bei dem Versuch, eine angemessene Wassergüte zu gewährleisten, eine zusätzliche Rolle, so dass im Hinblick auf das Ziel einer angemessenen Güte auch Maßnahmen in Bezug auf die Wassermenge erlassen werden sollten. • (22) Diese Richtlinie soll dazu beitragen, dass die Einleitung gefährlicher Stoffe in Wasser schrittweise verringert wird. • (26) Die Mitgliedstaaten sollten bestrebt sein, einen zumindest guten Zustand ihrer Gewässer zu erreichen, indem sie unter Berücksichtigung vorhandener Anforderungen auf Gemeinschaftsebene die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen integrierter Maßnahmenprogramme festlegen und in die Praxis umsetzen. Wenn sich ein Gewässer bereits in einem guten Zustand befindet, sollte dieser bewahrt bleiben. In Bezug auf Grundwasser sollten nicht nur die Anforderungen für einen guten Zustand erfüllt, sondern auch alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Schadstoffen ermittelt und umgekehrt werden. • (35) Innerhalb von Einzugsgebieten, in denen der Wassergebrauch grenzüberschreitende Auswirkungen haben kann, sind die Anforderungen zur Erreichung der Umweltziele gemäß dieser Richtlinie und insbesondere alle Maßnahmenprogramme für die gesamte Flussgebietseinheit zu koordinieren. • (43) Die Wasserverschmutzung durch Einleitungen, Emissionen oder Verluste prioritärer gefährlicher Stoffe muss beendet oder schrittweise eingestellt werden. • (53) Bestehende Gewässerschutzvorschriften sollten vollständig umgesetzt und durchgesetzt werden. Eine ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie muss in der gesamten Gemeinschaft durch entsprechende Sanktionen in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gewährleistet sein. Solche Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.

Richtlinien Die Richtlinien der Wasserrahmenrichtlinie sind in 26 Artikel gefasst. Artikel 1: Ziel dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers. Artikel 3: Koordinierung von Verwaltungsvereinbarungen innerhalb einer Flussgebietseinheit. Artikel 6: Verzeichnis der Schutzgebiete Artikel 8: Überwachung des Zustands des Oberflächengewässers, des Zustands des Grundwassers und der Schutzgebiete Artikel 9: Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen Artikel 11: Maßnahmenprogramm Artikel 13: Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete Artikel 14: Information und Anhörung der Öffentlichkeit Artikel 16: Strategien gegen die Wasserverschmutzung Artikel 17: Strategien zur Verhinderung und Begrenzung der Grundwasserverschmutzung Artikel 23: Sanktionen Anhang Im Anhang sind Definitionen enthalten und formale Aspekte geklärt Anhang II Oberflächengewässer und Grundwässer Anhang V Zustandsindikatoren der Oberflächengewässer und des Grundwassers Anhang VII Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete Anhang IX Emissionsgrenzwerte und Umweltqualitätsnormen

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EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

9.4

Seite 9.3

Aufgaben aufgrund der WRRL Die Aufgaben nach In-Kraft-Treten der EU-Wasserrahmenrichtlinie gliedern sich in drei wesentliche Bereiche, die innerhalb der ersten 9 Jahre stufenweise zu realisieren sind: • die Bestandsaufnahme der Situation der Gewässer innerhalb der Flussgebietseinheit in wasserwirtschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Hinsicht einschließlich der Überwachung und Bewertung des Zustandes der Gewässer, • die Konkretisierung der in der Flussgebietseinheit zu erreichenden Ziele hinsichtlich des Zustandes der Gewässer und • die Festlegung der zur Erreichung dieser Ziele notwendigen Maßnahmen bzw. Maßnahmenprogramme. Wesentlicher Arbeitsschwerpunkt im Rahmen der Bestandsaufnahme wird es sein, für die Grundund Oberflächengewässer die Belastungen („pressures“) und deren Auswirkungen („impacts“) auf die einzelnen Wasserkörper darzustellen. Im Rahmen einer gesamtheitlichen Betrachtung unter Einbeziehung des örtlichen Sachverstandes ist auf dieser Grundlage abzuschätzen, ob für den betrachteten Wasserkörper eine realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass die vorgegebenen Umweltziele „guter ökologischer“ und „guter chemischer Zustand“ für das Oberflächengewässer bzw. der „gute chemische“ und „gute mengenmäßige“ Zustand für das Grundwasser nicht erreicht werden. Die Gewässer ohne entsprechende Gefährdung können aus der weiteren Betrachtung ausgeschieden werden, sie erfüllen die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Für diejenigen Gewässer, für welche angenommen werden muss, dass die Ziele nicht erreicht werden, besteht weiterer Handlungsbedarf. Dieser besteht neben der überblickhaften Überwachung zunächst in einem darauf aufbauenden operativen Monitoring. Sollte das operative Monitoring ergeben, dass entweder der gute chemische Zustand (Qualitätsziele) oder der gute ökologische Zustand nicht erreicht ist, so ist nach einer Identifizierung der Ursachen der jeweils gewässerspezifisch definierte gute Zustand über ein Maßnahmenprogramm herzustellen. Bewirtschaftungsplan Nach Artikel 13 der EU-Wasserrahmenrichtlinie sind für die Flussgebietseinheiten Bewirtschaftungspläne zu erstellen. Sie sind spätestens 9 Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie zu veröffentlichen. Der Bewirtschaftungsplan enthält: • eine allgemeine Beschreibung der Flussgebietseinheit, d.h. der Oberflächengewässer und des Grundwassers, • eine Zusammenfassung aller signifikanten Belastungen und anthropogenen Einwirkungen auf die Gewässer, eine Auflistung der Schutzgebiete, Karten des Überwachungsnetzes für die Oberflächengewässer, das Grundwasser und die Schutzgebiete, • eine Liste der Umweltziele für die Gewässer, • eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse der Wassernutzung, • eine Zusammenfassung aller Maßnahmen und Maßnahmenprogramme gemäß Artikel 11, • eine Auflistung der zuständigen Behörden und • eine Zusammenfassung der Maßnahmen zur Information und Anhörung der Öffentlichkeit. Der Bewirtschaftungsplan muss regelmäßig (spätestens alle sechs Jahre) angepasst und fortgeschrieben werden, und er hat das ganze Flussgebiet abzudecken. Information und Anhörung der Öffentlichkeit Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht eine frühzeitige und umfassende Information und Anhörung der Öffentlichkeit vor. Dies bedeutet eine aktive Einbeziehung der betroffenen und interessierten Kreise, z.B. Landwirtschaft, Naturschutz sowie auch die Gemeinden, Städte und Kreise in den Planungsprozess. Die Öffentlichkeit innerhalb eines Landes muss prinzipiell über den Bewirtschaftungsplan einer gesamten, ggf. internationalen Flussgebietseinheit informiert werden und die Möglichkeit haben, sich zu äußern. Fristen für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht für die Verwirklichung ihrer einzelnen Vorgaben einen sehr anspruchsvollen Zeitplan verbindlich vor.

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Seite 9.4

EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Die wesentlichen Schritte des Umsetzungszeitplans sind: • Erlass der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der Richtlinie nach 3 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2003; • Bestandsaufnahmen und Analysen für die Flussgebietseinheiten bereits nach 4 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2004; • Anwendungsbereite Fertigstellung von Monitoring-Programmen zur Überwachung des Gewässerzustandes nach 6 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2006; • Erstellung der Maßnahmenprogramme für die Flussgebietseinheiten zur Erreichung der ökologischen Zielsetzungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie • Veröffentlichung der für die Flussgebietseinheiten zu erstellenden Bewirtschaftungspläne nach 9 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2009; • Umsetzung der Maßnahmenprogramme in den Flussgebietseinheiten zur Erreichung der ökologischen Ziele der Richtlinie nach 12 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2012 und • Verwirklichung des „guten Zustandes“ für Oberflächengewässer, Grundwasser sowie in Schutzgebieten nach 15 Jahren, d.h.: bis zum Dezember 2015. Die Frist zur Verwirklichung des „guten Zustandes“ kann unter engen Voraussetzungen bis zu zweimal um jeweils 6 Jahre verlängert werden, so dass sich die Umsetzungsfrist zur Verwirklichung des „guten Zustandes“ auf maximal 27 Jahre bemisst.

9.5

Arbeitskreise Für die Umsetzung der WRRL in allen Mitgliedsstaaten wurden auf EU-Ebene 12 Arbeitsgruppen (eine für die Gesamtleitung, 8 für die Erarbeitung von Leitfäden, 2 für die Erarbeitung von Grundlagen und eine für die Erprobung der Praxistauglichkeit) und drei weitere Expertenforen zur Beratung der europäischen Kommission eingerichtet. Übersicht über die Aufgaben der verschiedenen Arbeitsgruppen und deren Leiter: AG 1: Strategische Koordinationsgruppe AG 2: Einträge und Belastungen unter der Leitung von Deutschland AG 3: stark veränderte Wasserkörper unter der Leitung von Deutschland AG 4: Referenzmethoden in Fließgewässern unter der Leitung von Schweden AG 5: Typologie und Klassifizierung von Übergangsgewässern, Leitung: Spanien AG 6: Interkalibrierung, Leitung: Joint Research Center Ispra (Italien) AG 7: Ökonomische Analyse, Leitung: Frankreich AG 8: Monitoring unter der Leitung von Italien AG 9: Hilfsmittel zur Einschätzung und Klassifizierung von Grundwasser, Leitung: Österreich AG 10: Beste Vorgangsweise im Flussgebietsmanagement, Leitung: Spanien AG 11: Geographisches Informationssystem, Leitung: JRC Ispra AG 12: Integriertes Testen in ausgewählten Flussgebietseinheiten, Leitung: JRC Ispra

9.5.1

AG 2: Einträge und Belastungen Artikel 5 der WRRL fordert unter anderem eine Überprüfung der Auswirkung menschlicher Aktivitäten auf den Zustand von Oberflächengewässern und Grundwasser. Die Überprüfung fordert, dass die Mitgliedsstaaten beurteilen, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Wasserkörper in ihren jeweiligen Flussgebietseinheiten die Umweltziele der Richtlinie nicht erreichen werden. Die Ergebnisse der Analysen werden verwendet, um Umweltziele, die in der Praxis nutzbar sind abzuleiten und Wasserkörper zu ermitteln, die als "heavily modified" eingestuft werden, sowie um Maßnahmen zu entwickeln, die die Richtlinienziele erreichen. Außerdem helfen die durch die Analysen bereitgestellten Informationen bei der Auswahl potentieller Referenzstellen zur Festlegung typspezifischer biologischer Referenzbedingungen, bei der Auswahl von Orten für die Errichtung eines Interkalibrierungsnetzes, zur Verfeinerung der Wasserkörperbestimmung, so dass keine Gebiete unterschiedlichen Zustands innerhalb eines Wasserkörpers enthalten sind und bei der Durchführung der Wirtschaftsanalyse. Die Richtlinie beinhaltet ökologische Ziele, deren Erreichen durch eine Vielzahl von Belastungen wie Einleitungen aus Punkt- und diffusen Quellen, Wasserentnahmen, Abflussregulierungen, Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und konstruktiven Wasserbau

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Seite 9.5

Grundwasseranreichungen und morphologischen Veränderungen beeinträchtigt werden können. Diese und andere Belastungen, die sich auf den Zustand der aquatischen Ökosysteme auswirken können, müssen in den Analysen berücksichtigt werden. Das Erreichen der Hauptziele, eines guten Oberflächengewässer- und Grundwasserzustands, wird von der WRRL spätestens 2015 gefordert, sofern Artikel 4.3 - 4.7 (heavily modified waterbodies) nicht zur Anwendung kommen. Daher muss innerhalb der Belastungs- und Auswirkungsanalysen bei der Beurteilung der Risiken für die Erreichung der Ziele folgendes ermittelt werden: • Vorhandene Belastungen und ihre Auswirkungen, die möglicherweise einen Zustand der Wasserkörper verursachen, der schlechter als gut zu bewerten ist. • Inwieweit sich Belastungen bis 2015 entwickeln, dass ein guter Zustand nicht erreicht wird, wenn nicht entsprechende Maßnahmenprogramme konzipiert und umgesetzt werden. Außerdem müssen die Belastungs- und Auswirkungsanalysen ergeben, welche der ermittelten Risiken für die Ziele der Richtlinie durch die Umsetzung von Maßnahmen anderer gemeinschaftlicher Gesetzgebungen erreicht werden. Das Richtlinienziel, die Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern, bestimmt nicht diejenigen Schadstoffe, deren Eintrag verhindert werden und auch nicht, in welchem Umfang andere Stoffe begrenzt werden sollen. Bis diese Kriterien festgelegt sind, müssen die Mitgliedsstaaten anhand eigener Kriterien entscheiden, was für sie ein signifikanter und anhaltend steigender Trend ist. Die ersten Belastungs- und Auswirkungsanalysen sollen bis Ende 2004 abgeschlossen sein, jedoch nicht zu diesem Zeitpunkt enden. Die Beurteilung von Belastungen und Auswirkungen ist einer der fortlaufenden Schlüsselprozesse innerhalb der Erstellung von Bewirtschaftungsplänen. Diese sollen immer aktualisiert werden, um ein aktuelles, angemessenes und wirksames Gewässermanagement zu ermöglichen. Da die vorgesehene Zeit für die Erstellung und Berichterstattung de ersten Belastungs- und Auswirkungsanalysen sehr kurz ist, wird man bei den ersten Analysen stark auf vorhandenes Informationsmaterial und bestehende Beurteilungsmethoden vertrauen müssen. Der Informationsund Fachkenntnisstand zu Belastungen und ihren Auswirkungen zwischen den Mitgliedsstaaten ist sehr unterschiedlich und abhängig von der nationalen Gesetzgebung und Vorgehensweise. Daher wird das Vertrauen der Mitgliedsstaaten in die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausfallen. Es ist jedoch wichtig, dass die Staaten daran arbeiten, für das Gewässermanagement signifikante Probleme zu identifizieren. Die Belastungs- und Auswirkungsanalysen müssen signifikante Belastungen und diejenigen Wasserkörper ermitteln, bei denen die Gefahr besteht, dass sie die Umweltziele der Richtlinie nicht erreichen. Die Analysen sollten in einem angemessenen Verhältnis zu dem Schwierigkeitsgrad der Beurteilung stehen, vorhandene Überwachungsdaten bestmöglich genutzt und Unsicherheiten erkannt und schriftlich festgehalten werden. Eine signifikante Belastung ist eine Belastung, die allein oder in Verbindung mit anderen Belastung zu einem Nicht-Erreichen eines der Ziele der Richtlinie führen könnte. Im Anhang der Richtlinie werden verschiedene Belastungstypen aufgelistet, diese Liste ist jedoch unvollständig, und die Mitgliedstaaten müssen überprüfen, ob sich auch noch andere Belastungsarten auf die Wasserkörper auswirken. Die Ermittlung signifikanter Belastungen erfordert Kenntnisse darüber, wie Belastungen auf Wasserkörper wirken und wie sich danach die Umweltbedingungen ausprägen, die gemessen werden, um die Ziele zu überprüfen. Abb. 9.1 stellt die in der Richtlinie festgelegten Schritte kurz dar, mit denen festgestellt werden soll, ob ein Körper gefährdet ist, die Richtlinienziele nicht zu erreichen.

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Seite 9.6

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Abb. 9.1: Schritte der Beurteilung, ob Wasserkörper gefährdet sind, ihre Ziele zu erreichen

Eine umfassende Belastungs- und Auswirkungsanalyse ist ein umfangreiches Unternehmen. Daher ist es wichtig, Ressourcen möglichst zielgerichtet einzusetzen. Das vordringliche Ziel besteht in der Ermittlung von Wasserkörpern, die gefährdet sind, die Richtlinienziele nicht zu erreichen und, wenn möglich, der Belastungen, die für diese Risiken verantwortlich sind. Die Mitgliedsstaaten müssen bis Ende März 2005 der Europäischen Kommission zusammenfassend über die ersten Belastungs- und Auswirkungsanalysen berichten.

9.5.2

AG 3: stark beeinträchtigte Wasserkörper Eine große Anzahl an Wasserkörpern wird bis 2008 als stark beeinträchtigter oder künstlicher Wasserkörper beurteilt. Daher wird es wichtig sein, dass die Methoden für den Bestimmungsprozess in allen Mitgliedsstaaten praktikabel und vergleichbar sind. Weiters ist es wichtig angemessene Methoden zu entwickeln, dass die Komplexität der Methoden an die Umstände angepasst werden kann. Darüber hinaus sollte es möglich sein, dass angrenzende Wasserkörper, wenn sie den gleichen Einflüssen unterliegen, gruppiert werden und zusammen gekennzeichnet werden. Abb. 9.2 stellt den schrittweisen Ansatz zur Bestimmung von stark beeinträchtigten oder künstlichen Wasserkörpern dar.

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Seite 9.7

Abb. 9.2: Schritte zur Identifikation von stark beeinträchtigten Wasserkörpern

9.5.3

AG 9: Hilfsmittel zur Einschätzung und Klassifizierung von Grundwasser Das Ziel dieses Arbeitskreises unter der Leitung von Österreich war es, Methoden für die Berechnung von repräsentativen Konzentrationen, zur Sammlung von Daten und Trendbewertung von Grundwasserkörpern respektive Grundwasserkörpersystemen zu entwickeln. Die Methoden mussten in ganz Europa anwendbar sein und Diffuse- und Punktquellen berücksichtigen.

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Die folgenden Hauptaspekte wurden berücksichtigt: • Entwicklung einer Datensammlungsmethode für die Abschätzung der Grundwasserqualität mit der Bestimmung von Mindestanforderungen für die Berechnung • Entwicklung einer angemessenen statistischen Methode zur Trendbestimmung • Konzentrationen unter der Bestimmungsgrenze Da die entwickelte Methode bei allen Arten von Grundwasserkörpern (verschiedene hydrogeologische Charakteristik, Größe, Anzahl der Probeentnahmestellen, Druck, etc.) anwendbar sein sollte, wurde der Test und die Diskussion der vorgeschlagenen Methode auf Basis von Testdaten als wichtig angesehen. Daten von 21 Grundwasserkörpern in 9 Ländern waren vorhanden. Weiters war die Beschreibung und Charakterisierung der Grundwasserkörper ein wichtiger Teil des Projektes. Die Entnahmemethode selbst und die chemischen Analysen sollen Kontinuität bei den Ergebnissen sicherstellen. Dafür müssen passende Standards angewandt werden. Für einige Stoffgruppen ist die Feststellung der Bestimmungsgrenze und Nachweisgrenze wichtig für eine korrekte Datenbasis für die Abschätzung. Das Überwachungsnetz sollte Mindestanforderungen erfüllen. Die Homogenität des Netzes ist eine Bedingung und sollte sichergestellt sein, um korrekte statistische Auswertungen zu ermöglichen. Um festzustellen, ob die Verteilung der Sampling-Stellen homogen ist, wurde ein Index entwickelt. Bei der Abschätzung werden die Resultate eines individuellen Überwachungspunkt in einem Grundwasserkörper für den ganzen Körper zusammengefasst werden. Für die chemischen Parameter, die als Umweltstandard festgesetzt wurden gilt: • der Durchschnittswert aus allen Messpunkten soll berechnet werden und • diese Durchschnittswerte sollen verwendet werden, um die Einhaltung des guten chemischen Status zu zeigen Die Arbeitsgruppe schlägt dafür folgende Vorgangsweise vor: • Überprüfung, ob der Grundwasserkörper aus verschiedenen Körpern mit verschiedenen Dichten von Probeentnahmestellen besteht - Wenn nein, Überprüfung, ob das Überwachungsnetzwerk dem Netzwerkkriterium entspricht - Wenn ja, Überprüfung, ob in den kleineren Bereichen des Körpers das Netzwerkkriterium erfüllt wird • Wenn das Netzwerkkriterium für das überwachende Netzwerk nicht erfüllt wird, muss das Überwachungsnetzwerk adaptiert werden, oder der Grundwasserkörper muss unterteilt werden, und diese Körper müssen das Netzwerkkriterium erfüllen. • Wenn der GW-Körper hydrogeologisch homogen ist und wenn ein räumlich homogenes Netz nicht möglich ist, muss ein hydrogeologisch repräsentatives Überwachungsnetz entwickelt werden, und die der Mittelwert sollte mit gleichen Gewichtungen abgeschätzt werden. (arithmetisches Mittel) • Um den Durchschnittswert zu bestimmen soll die Methode des arithmetischen Mittels bzw. des gewichteten Mittels (bei einer Unterteilung in verschiedene GW-Körper) verwendet werden. • Wenn das 95% Konfidenzintervall überschritten wird, kann alternativ als Grenze der Kriging Mittelwert genommen werden. Die Methode zur Bestimmung des Trends musste folgende Kriterien erfüllen: • Anwendbarkeit bei allen möglichen Parametern • Ausdehnbarkeit auf mögliche Anpassungsfaktoren • Fähigkeit einen Trend zu entdecken • Robustheit wurde weniger wichtig angesehen als die Fähigkeit einen Trend zu entdecken und die Ausdehnbarkeit.

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Die Trendanalyse sollte auf gesammelten Daten des gesamten GW-Körpers basieren. Die Zusammenfassung der Daten erfolgt auf dieselbe weise wie bei der Qualitätsbestimmung. Unter Berücksichtigung der Ausdehnbarkeit und die Fähigkeit, einen Trend zu entdecken, waren die linearen Methoden günstiger als Methoden, die auf dem Mann-Kendall Test basieren. Zur Bestimmung eines Trends ist die Mindestfrequenz der Probennahme einmal jährlich, und um einen 30 % Anstieg der Konzentration zu entdecken beträgt die Mindestlänge der Zeitreihe acht Jahre. Im Fall einer halbjährlichen Probenahme sinkt die Länge auf fünf Jahre (es sollten aber zumindest 15 Werte gemessen werden).

9.5.4

AG 10: Beste Vorgangsweise im Flussgebietsmanagement In der WRRL spielt die Beteiligung der Öffentlichkeit eine Schlüsselrolle. Jedoch ist Beteiligung der Öffentlichkeit im Allgemeinen ein Prozess, für den es kein Muster gibt und der auf die jeweiligen Bedürfnisse und die verfügbaren Mittel und Instrumente abgestimmt werden muss. Zur Erzielung sinnvoller Ergebnisse kann es ratsam sein, über die Mindestanforderungen hinauszugehen. In Artikel 14 sind die maßgebenden Regelungen enthalten. Es gibt drei verschiedene Hauptarten der Beteiligung der Öffentlichkeit • Aktive Beteiligung bei allen Aspekten der Umsetzung der Richtlinie, insbesondere - aber nicht darauf beschränkt - im Planungsprozess • Anhörung in drei Phasen des Planungsprozesses • Zugang zu Hintergrundinformationen Die Mitgliedsstaaten haben die aktive Beteiligung zu fördern und die Anhörung und den Zugang zu Hintergrundinformationen zu gewährleisten. Aus der WRRL geht hervor, dass aktive Beteiligung nicht dasselbe ist wie Anhörung. Anhörung bedeutet, dass die Öffentlichkeit auf die von den Behörden entwickelten Pläne und Vorschläge reagieren kann. Aktive Beteiligung bedeutet dagegen, dass Interessierte durch die Erörterung von Problemen und durch Beiträge zu ihrer Lösung aktiv am Planungsprozess mitwirken, ohne Verantwortung für die Gewässerbewirtschaftung zu übernehmen. Die erste Ebene echter Beteiligung ist die Anhörung. Verwaltungseinheiten hören die Bevölkerung und Interessengruppen (Stakeholder) an, um von ihren Kenntnissen, Eindrücken, Erfahrungen und Vorstellungen zulernen. Die Anhörung dient dazu, Informationen oder Meinungen von den Einbezogenen einzuholen, um Lösungen auf der Grundlage dieses Wissens zu entwickeln. Berichte, Szenarien oder Pläne werden dargestellt und die Öffentlichkeit wird um Stellungnahmen dazu gebeten. Eine höhere Ebene der Beteiligung ist die Beteiligung an der Entwicklung und Umsetzung von Plänen. Interessierte Parteien nehmen aktiv am Planungsprozess teil, indem sie Probleme erörtern und zu ihrer Lösung beitragen. Noch höhere Ebenen der Beteiligung sind gemeinsame Entscheidungsfindung und Selbstbestimmung. Gemeinsame Entscheidungsfindung schließt ein, dass sich Interessengruppen nicht nur aktiv am Planungsprozess beteiligen, sondern auch teilweise Verantwortung für die Ergebnisse übernehmen. So könnten die Wassernutzer in Organisationen des Flusseinzugsgebietes vertreten sein. Selbstbestimmung bedeutet, dass die Wasserbewirtschaftung (teilweise) in die Hände der Akteure gelegt wird, z. B. durch die Gründung von Wassernutzerverbänden. Hauptziel der Beteiligung der Öffentlichkeit ist die Verbesserung der Entscheidungsfindung, indem gewährleistet wird, dass sie ein solides Fundament aus gemeinsamem Wissen, Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen hat, dass in die Entscheidungen die Ansichten und Erfahrungen der jeweils Betroffenen einfließen, dass innovative und kreative Optionen berücksichtigt werden und dass neue Vorkehrungen durchführbar sowie für die Öffentlichkeit akzeptabel sind.

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Die wichtigsten Vorteile der Beteiligung der Öffentlichkeit sind: • Erhöhung des öffentlichen Bewusstseins sowohl für Umweltfragen als auch für die Umweltsituation in den betroffenen Flussgebietseinheiten und lokalen Einzugsgebieten. • Nutzung von Kenntnissen, Erfahrungen und Initiativen der unterschiedlichen Interessengruppen und somit die Verbesserung der Qualität von Plänen, Maßnahmen und der Bewirtschaftung von Flusseinzugsgebieten • Akzeptanz, Engagement und Unterstützung durch die Öffentlichkeit im Hinblick auf den Entscheidungsprozess • transparentere und kreativere Entscheidungsfindung • weniger Streit sowie effektivere Umsetzung • soziales Lernen und Erfahrungen In der Richtlinie werden verschiedene Begriffe in Bezug auf Öffentlichkeit gebraucht. Im Hinblick auf die Anhörung und den Zugang zu Hintergrundinformationen wird einfach der Begriff Öffentlichkeit benutzt. Die Öffentlichkeit ist "eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen." (SUP-Richtlinie (2001/42/EG) Im Hinblick auf die aktive Beteiligung wird der Begriff interessierte Stelle verwendet. Interessierte Stellen können als jede Person, Gruppe oder Organisation mit einem Interesse (“Stake“) an einem Thema interpretiert werden, entweder, weil sie betroffen sind, oder weil sie einen gewissen Einfluss auf das Ergebnis haben können. Aus Praktikabilitätsgründen ist es unmöglich, alle potentiellen Stakeholder aktiv und zu sämtlichen Aspekten einzubeziehen. Es muss eine Auswahl getroffen werden. Wann Stakeholder am Prozess zu beteiligen sind, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Das Ziel des Projektes, die Geschichte und das politische Umfeld, aber auch die Ebene und Art der Stakeholder wirken sich auf die Zeitplanung für die Beteiligung der Öffentlichkeit aus. Man kann sagen, dass die Interessengruppen so früh wie möglich einbezogen werden sollten, bevor Entscheidungen getroffen werden. Nur dann können die Behörden aus deren Einblicken, Erfahrungen und Kenntnissen den größten Nutzen ziehen und ein Höchstmaß an Beteiligung, Einflussnahme und die grundsätzliche Akzeptanz der letztendlichen Entscheidungen ermöglichen.

9.6 9.6.1

Umsetzung der WRRL in Österreich Bewertung und Festlegung des ökologischen Zustands Für die Festlegung der biologischen/ökologischen Qualitätsziele, die den guten ökologischen Zustand definieren, ist in der WRRL ein schrittweises Vorgehen vorgesehen. Als erstes ist eine Gewässertypisierung vorzunehmen, danach sind die jeweiligen gewässertypspezifischen Referenzbedingungen zu beschreiben, ein 5-stufiges Bewertungsschema auszuarbeiten und für die einzelnen biologischen Elemente die jeweiligen Kennwerte für die 5 Klassen des ökologischen Zustands zu definieren. Die jeweils national entwickelten biologischen Bewertungsverfahren sind dann in einem eigenen Verfahren auf europäischer Ebene zu interkalibrieren. Gewässertypisierung Die abiotische Typisierung österreichischer Fließgewässer basiert auf System B gem. Anhang II der WRRL und wurde 2001 abgeschlossen. Die darauf folgende biologische Überprüfung dieser Grundtypen führte zu einer Einteilung der österreichischen Fließgewässer in 15 Bioregionen (MOOG ET. AL., 2001), die eine innere Differenzierung im Wesentlichen nach saprobiellen Grundzuständen und Fischregionen aufweisen. Donau, March/Thaya sowie der Rhein werden derzeit als individuelle Typen geführt; die Flüsse Drau, Salzach, Inn, Gurk, und Mur wurden zum Typ "Alpenflüsse" zusammengefasst.

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Biologische Bewertungsmethoden: Für den ökologischen Zustand eines Gewässers sind jedenfalls die biologischen, die chemischphysikalischen und die hydromorphologischen Komponenten wesentlich. Chemisch-physikalische Eigenschaften des Wassers und der Sedimente wie auch die Hydrologie und Morphologie des Gewässers sind verantwortlich für die charakteristische Ausprägung der aquatischen Lebensgemeinschaften und werden daher in der WRRL als "unterstützende" Elemente bezeichnet. Die Biozönose selbst integriert sämtliche Einwirkungen auf ein Gewässer und ist somit die einzige relevante Kenngröße, um mögliche Wechsel- und Summationswirkungen zu erfassen; den biologischen Komponenten kommt daher für die ökologische Bewertung besondere Bedeutung zu. Für die allgemeinen chemisch-physikalischen Parameter sind zwar Werte für den guten Zustand festzulegen, eine Überschreitung dieser Werte führt aber nicht automatisch zu einer Bewertung „mäßiger Zustand oder schlechter“. Im Falle einer Überschreitung ist zu überprüfen, weshalb Unstimmigkeiten zwischen biologischer und physikalisch-chemischer Bewertung auftreten. Diese Überprüfung sollte jedenfalls auch zu einer Überprüfung bzw. Überarbeitung und Verbesserung beider Bewertungssysteme führen. Die Arbeiten zur Anpassung und Ergänzung der bestehenden biologischen Bewertungsmethoden sind im Gange. Bei der Auswahl und Entwicklung der neuen Bewertungssysteme wird vor allem die unterschiedliche Indikatorfunktion der einzelnen biologischen Elemente berücksichtigt werden. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass die Fische üblicherweise am besten geeignet sind, Veränderungen in der Hydromorphologie anzuzeigen, während das Makrozoobenthos ein idealer Indikator für Verschmutzungen mit leicht abbaubaren Stoffen und das Phytobenthos wiederum für Nährstoffbelastungen in Fließgewässern ist.

9.6.2

Die ökonomischen Aspekte in der Wasserrahmenrichtlinie Die Wasserrahmenrichtlinie ist eine der ersten umweltpolitischen Richtlinien der EU, die ökonomische Instrumente sowie Methoden einsetzt, um die von ihr festgelegten Ziele zu erreichen. Die Integration der Ökonomie in die Wasserwirtschaft ist eine besondere Herausforderung für die nächsten Jahre. Die ökonomischen Elemente werden hauptsächlich in zwei Artikeln in der WRRL behandelt. • Artikel 9 verlangt von den Mitgliedstaaten eine Wassergebührenpolitik, die angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen und somit zu den Umweltzielen beiträgt. Weiters wird gefordert, dass die verschiedenen Wassernutzungen, die mindestens in die Sektoren Industrie, Haushalte und Landwirtschaft aufzugliedern sind, einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen leisten. • Artikel 5 fordert eine wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung für jede Flussgebietseinheit bis 2004 gemäß den technischen Spezifikationen im Anhang III. Die ökonomische Analyse soll genügend Informationen bereitstellen um die entsprechenden Berechnungen durchführen zu können, die erforderlich sind um den Grundsatz der Kostendeckung der Wasserdienstleistungen gem. Art 9 Rechnung zu tragen sowie eine Ermittlung der kosteneffizientesten Kombinationen von Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele.

9.6.3

Überwachungskonzept und Risikoabschätzung von Grundwasserkörpern bezüglich Grundwasserqualität Art. 5 der WRRL erfordert unter anderem die Überprüfung der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf den Zustand des Grundwassers. Der Ablauf sieht eine erstmalige Beschreibung der Grundwasserkörper vor, um zu beurteilen, wie hoch das Risiko ist, dass die Ziele gemäß Art. 4 WRRL nicht erreicht werden. Aus der erstmaligen Beschreibung muss jedenfalls hervorgehen: • Lage und Grenzen des Grundwasserkörpers bzw. der Grundwasserkörper; • Belastungen, denen der/die Grundwasserkörper ausgesetzt sein einschließlich

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kann/können,

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Seite 9.12

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- Diffuse Schadstoffquellen, - Punktuelle Schadstoffquellen, - Entnahme, - Künstliche Anreicherung; • Die allgemeine Charakteristik der darüber liegenden Schichten des Einzugsgebietes, aus dem der Grundwasserkörper angereichert wird; • Grundwasserkörper, bei denen direkt abhängige Oberflächengewässer-Ökosysteme oder Landökosysteme vorhanden sind. Das Strategiepapier "Lage und Abgrenzung von Grundwasserkörpern“ wurde bereits im Jahr 2002 der Öffentlichkeit präsentiert. Dies umfasst auch das vom Arbeitskreis (AK) E "Grundwasser" erarbeitete standardisierte Verfahren für die Charakterisierung von GW-Körpern. Für die Risikobeurteilung wurde ebenfalls vom AK E ein Strategiepapier zum chemischen Zustand von Grundwasserkörpern (Belastung–Risikobeurteilung–Monitoring) ausgearbeitet. Die Umsetzung des Strategiepapiers wurde in einem Pilotprojekt getestet. Am Beispiel eines Einzelgrundwasserkörpers und einer Gruppe von Grundwasserkörpern in einem ausgewählten Planungsraum wurde der Ablauf ausgehend von der erstmaligen Beschreibung über die Erhebung von Einflussfaktoren, die Messnetzüberprüfung bis hin zur Beurteilung des Risikos exemplarisch durchgeführt. Im Zuge dieser Arbeiten wurden auch methodische Ansätze entwickelt, die in der Folge flächendeckend für Österreich umgesetzt werden sollen.

9.6.4

Öffentlichkeitsbeteiligung Geübte Praxis in Österreich war es seit der konkreten Phase der Verhandlungen der EUWasserrahmenrichtlinie, die organisierte Öffentlichkeit wie auch die breite Öffentlichkeit möglichst frühzeitig in den durch die Wasserrahmenrichtlinie vorgegebenen und inzwischen in das WRG übernommenen Prozess einzubinden. Hierzu wurden • bereits im Stadium der Endverhandlung der Wasserrahmenrichtlinie die organisierte Öffentlichkeit über regelmäßige stattgefundene „Jour Fixes“ in die Entscheidungsfindung eingebunden, • regelmäßig über Seminare des Ressorts über den laufenden Stand der beabsichtigten Umsetzung informiert, im Vorfeld der Novellierung der WRG – Novelle mit den hauptbetroffenen Interessensvertreter intensivste Kontakte gepflegt, • geeignete Vortragende für zahlreiche weitere Seminare und Fachveranstaltungen bereitgestellt. • Regelmäßig im Herbst Workshops mit einer umfassenden Darstellung des Standes der Umsetzung der WRRL abgehalten. In Fortführung dieser Politik der offenen Türen ist vorgesehen, die in der WRRL für die Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehenen Termine um ein bis zwei Jahre nach vorne zu verlegen

9.6.5

Bewirtschaftungspläne Die Erstellung von Bewirtschaftungsplänen für Einzugsgebiete ist das Instrument für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Artikel 3 unterscheidet entsprechend der Lage eines natürlich gegebenen Einzugsgebietes auf nationalem, Gemeinschafts- oder außerhalb der Gemeinschaft liegendem Staatsgebiet drei Arten von Flussgebietseinheiten als administrative Haupteinteilung für die Bewirtschaftung. • nationale Flussgebietseinheit • internationale Flussgebietseinheit auf dem Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedsstaat • Flussgebietseinheit, die über das Gebiet der Gemeinschaft hinausgeht. Gemäß Artikel 3 haben die Mitgliedstaaten die einzelnen Einzugsgebiete innerhalb ihres jeweiligen Hoheitsgebietes zu bestimmen und einer Flussgebietseinheit zuzuordnen. Im Fall von über nationale Grenzen überschreitenden Einzugsgebieten sind sie einer internationalen Flussgebietseinheit zuzuordnen.

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Seite 9.13

Aufgrund seiner geographischen Lage hat Österreich Anteil an den drei Einzugsgebieten Donau (Großteil Österreichs), Rhein (Vorarlberg) und Elbe (Teile des Waldviertels). Alle drei Einzugsgebiete liegen einerseits auf Hoheitsgebieten anderer Mitgliedsstaaten und gehen andererseits über das Gemeinschaftsgebiet hinaus. Literatur http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/wasser/wrrl/ http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32007L0060:EN:NOT

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Hochwasser – Richtlinie der EU

Seite 10.1

10 Hochwasser – Richtlinie der EU Durch den Erlass der Richtlinie 2006/000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (2006/C 311 E/02) wurden 22 Gründe für den Erlass dieser Richtlinie definiert. Im Kapitel I – Allgemeine Bestimmungen Im Artikel 1 wird das Ziel der Richtlinie definiert: „Ziel dieser Richtlinie ist es, einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft zu schaffen.“ Im Artikel 2 folgen die Begriffsbestimmungen von „Hochwasser“ und „Hochwasserrisiko“: „Hochwasser“: zeitlich beschränkte Überflutung von Land, das normalerweise nicht mit Wasser bedeckt ist. Diese umfasst Überflutungen durch Flüsse, Gebirgsbäche, zeitweise ausgesetzte Wasserströme im Mittelmeerraum sowie durch in Küstengebiet eindringendes Meerwasser; Überflutungen aus Abwassersystemen können ausgenommen werden. „Hochwasserrisiko“: Kombination des Eintritts eines Hochwasserereignisses und der Hochwasserbedingten potenziellen nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, und wirtschaftliche Tätigkeiten. Unter Artikel 3 wird auf die Richtlinie 2000/60/EG verwiesen, in welcher die Vereinbarungen zum Hochwassermanagement genannt sind. Für die Zwecke der Durchführung können die Mitgliedsstaaten allerdings andere als im Art. 3 Abs. 2 der RL 2000/60/EG benannten Behörden als zuständige Behörden nennen und bestimmte Küstengebiete oder einzelne Einzugsgebiete bestimmen und diese einer anderen als in Art. 3 Abs. 1 der RL 2000/60/EG bestimmten Bewirtschaftungseinheit zuordnen. Dazu übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission die erforderlichen Informationen und Veränderungen sind innerhalb von drei Monaten ab dem Wirksamwerden der Veränderung zu melden. Kapitel II – Vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos: Unter Art. 4 haben die Mitgliedsstaaten eine vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos gem. Abs. 2 des vorliegenden Artikels durchzuführen. Die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos dient der Einschätzung der potenziellen Risiken auf der Grundlage verfügbarer oder leicht abzuleitender Informationen, wobei die Bewertung zumindest Karten in geeignetem Maßstab der Flussgebietseinheit, aus denen auch die Topographie und die Flächennutzung hervorgehen, eine Beschreibung vergangener Hochwässer mit signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten hatten und bei denen die Wahrscheinlichkeit der Wiederkehr in ähnlicher Form weiterhin gegeben ist und eine Beschreibung der signifikanten Hochwasser der Vergangenheit, sofern signifikante nachteilige Folgen zukünftiger ähnlicher Ereignisse erwartet werden könnten. Erforderlichenfalls ist auch eine Bewertung der potenziellen nachteiligen Folgen künftiger Hochwasser unter möglichst umfassender Berücksichtigung von Faktoren wie Topografie, Lage von Wasserläufen und ihrer allgemeinen hydrologischen und geomorphologischen Merkmale, bewohnte gebiete, Gebiete wirtschaftlicher Tätigkeiten und langfristiger Entwicklungen einschließlich der Auswirkungen des Klimawandels auf das Auftreten von Hochwasser durchzuführen. Bei internationalen Flussgebietseinheiten ist der Austausch von relevanten Informationen zwischen den betreffenden zuständigen Behörden zu garantieren. Die Mitgliedsstaaten schließen die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos bis zum 22. Dezember 2012 ab.

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Seite 10.2

Hochwasser – Richtlinie der EU

Kapitel III – Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten Die Mitgliedsstaaten erstellen auf Ebene der Flussgebietseinheiten bzw. der Bewirtschaftungseinheiten Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten im bestgeeigneten Maßstab für diejenigen Gebiete, für die ein potenziell signifikantes Hochwasserrisiko besteht oder nach vernünftigen Einschätzung als wahrscheinlich gelten. Die Erstellung von Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten für bestimmte Gebiete, die von mehreren Mitgliedsstaaten geteilt werden, unterliegt einem vorherigen Informationsaustausch zwischen den betreffenden Mitgliedsstaaten. Die Hochwassergefahrenkarten umfassen die geografischen Gebiete, die nach folgenden Szenarien überflutet werden können: • Hochwasser mit niedriger Wahrscheinlichkeit oder Szenarien für Extremereignissen • Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit ( größer gleich 100 Jahre) • ggf. Hochwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit, wobei folgendes anzugeben ist: • Ausmaß der Überflutung • Wassertiefe respektive Wasserstand • ggf. Fließgeschwindigkeit oder relevanter Wasserabfluss Die Hochwasserrisikokarten verzeichnen potenzielle hochwasserbedingte nachteilige Folgen nach den oben beschriebenen Szenarien, die anzugeben sind als: • Anzahl der potenziell betroffenen Einwohner (Orientierungswert) • Art der wirtschaftlichen Tätigkeit im potenziell betroffenen Gebiet • Anlagen gem. Anh. I der RL 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über integrierte Verminderung der Umweltverschmutzung und potenziell betroffene Schutzgebiete gem. Anhang IV Nr. 1 Zi. i, iii und v der RL 2000/60/EG, • weitere Informationen, die der Mitgliedstaat als nützlich erachtet (z. B. Angabe von Gebieten, in denen Hochwasser mit hohem Gehalt an mitgeführtem Sedimenten) Für bereits ausreichend geschützte Küstengebiete kann die Erstellung der Hochwassergefahrenkarte auf Hochwasser mit niedriger Wahrscheinlichkeit oder Szenarien für Extremereignisse beschränkt werden, ebenso können für Gebiete, in denen Überflutungen welche aus Grundwasserquellen stammen, darauf beschränkt werden. Die Mitgliedsstaaten stellen sicher, dass die Hochwassergefahrenkarten Hochwasserrisikokarten bis zum 22. Dezember 2013 erstellt sind.

und

Kapitel IV – Hochwasserrisikomanagementpläne Aufgrund der in Kapitel II und III definierten Gebiete und der dazu zu erstellenden Karten erstellen die Mitgliedsstaaten koordinierte Hochwasserrisikomanagementpläne. Die Mitgliedsstaaten legen für die bestimmten Gebiete angemessene Ziele für das Hochwasserrisikomanagement fest, wobei der Schwerpunkt auf d Verringerung potenzieller hochwasserbedingter nachteiliger Folgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten und, sofern angebracht, auf nicht-bauliche Maßnahmen der Hochwasservorsorge und/oder einer Verminderung der Hochwasserwahrscheinlichkeit liegt. Die Hochwassermanagementpläne zielen darauf ab, die oben genannten Punkte zu erreichen und umfassen die im Anhang A beschriebenen Bestsandteile. Die Hochwasserrisikomanagementpläne berücksichtigen relevante Aspekte wie etwa Kosten – Nutzen, Ausdehnung der Überschwemmung und Hochwasserabflusswege und Gebiete mit dem Potenzial zur Retention von Hochwasser, Bodennutzung, Wasserwirtschaft, Raumordnung, Flächennutzung, Naturschutz, Schifffahrt und Hafeninfrastruktur. Weiters erfassen sie alle Aspekte des Hochwasserrisikomanagements wobei der Schwerpunkt auf Vermeidung, Schutz und Vorsorge einschließlich Hochwasservorhersage und Frühwarnsysteme, liegt, und die besonderen Merkmale des betreffenden Einzugsgebietes berücksichtigt werden. Kontrollierte Überflutungen bestimmter Gebiete können ebenfalls miteinbezogen werden.

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Hochwasser – Richtlinie der EU

Seite 10.3

Hochwasserrisikomanagementpläne dürfen keine Maßnahmen beinhalten, welche aufgrund ihres Umfangs und ihrer Wirkung das Hochwasserrisiko anderer Länder erheblich erhöhen, es sei denn, diese Maßnahmen wurden koordiniert und es wurde eine gemeinsame Lösung geschaffen. Die Mitgliedsstaaten stellen sicher, dass die Hochwasserrisikomanagementpläne bis zum 22. Dezember 2015 erstellt und veröffentlicht sind. Die Mitgliedsstaaten stellen für Flussgebietseinheiten oder Bewirtschaftungseinheiten die in ihr Hoheitsgebiet fallen sicher, dass ein einziger Hochwasserrisikomanagementplan oder ein auf der Ebene der Flussgebietseinheit koordiniertes Paket mit Hochwasserrisikomanagementplänen erstellt wird. Fällt eine internationale Flussgebietseinheit oder Bewirtschaftungseinheit vollständig in das Gemeinschaftsgebiet, so stellen die Mitgliedsstaaten eine Koordinierung sicher, um einen einzigen internationalen Hochwasserrisikomanagementplan oder ein auf der Ebene der internationalen Flussgebietseinheit koordiniertes Paket mit Hochwassermanagementplänen zu erstellen. Werden solche Pläne nicht erstellt, erstellen die Mitgliedsstaaten Hochwasserrisikomanagementpläne die zumindest die in ihr Hoheitsgebiet fallenden Teile der internationalen Flussgebietseinheit abdecken und die möglichst weitgehend auf der Ebene der internationalen Flussgebietseinheit koordiniert sind. Die Hochwasserrisikomanagementpläne werden durch detailliertere und auf der Ebene der internationalen Teileinzugsgebiete abgestimmte Hochwasserrisikomanagementpläne ergänzt, sofern Länder mit einem gemeinsamen Teileinzugsgebiet dies für angemessen erachten. Bei Problemen eines Mitgliedsstaates hinsichtlich der Auswirkungen auf das Hochwasserrisikomanagement für sein Gewässer, kann er dies der Kommission und jedem anderen betroffenen Mitgliedstaat mitteilen und Empfehlungen zur Lösung dieses Problems machen, wenn er selber das Problem nicht beheben kann. Die Kommission reagiert auf jede Mitteilung oder Empfehlung innerhalb von sechs Monaten. Kapitel V – Abstimmung mit der RL 2000/60/EG, Information und Konsultation der Öffentlichkeit Unter Artikel 9 ist festgehalten, dass die Mitgliedsstaaten untereinander diese Richtlinie und die Anwendung untereinander koordinieren, wobei der Schwerpunkt auf Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz und des Informationsaustausches sowie zur Erzielung von Synergien und gemeinsamen Vorteilen in Hinblick auf die Umweltziele des Art. 4 der RL 2000/60/EG gelegt ist. Insbesondere gilt folgendes: • Die Erstellung der ersten Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten und deren anschließende Überarbeitungen werden dergestalt durchgeführt, dass die darin vorgestellten Informationen mit den nach der RL 2000/60/EG vorgelegten relevanten Angaben vereinbar sind. Die Informationen können, sofern angezeigt, weiter mit dem Art. 5 Abs. 2 RL 2000/60/EG vorgesehenen Überprüfung abgestimmt und in diese einbezogen werden. • Die Erstellung der ersten Hochwasserrisikomanagementpläne und deren anschließende Überarbeitung gem. Art. 7 und 14 der vorliegenden RL werden, soweit angezeigt, mit den in Art. 13 Abs.7 der RL 2000/60/EG vorgesehenen Überprüfung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete koordiniert und können in diese einbezogen werden. • Die aktive Einbeziehung aller interessierten Stellen gem. Art. 10 der vorliegenden RL wird, soweit angemessen, mit der aktiven Einbeziehung der interessierten Stellen gem. Art. 14 der RL 2000/60/EG koordiniert. Artikel 10 regelt in zwei Absätzen, dass im Einklang mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften die Mitgliedsstatten der Öffentlichkeit Zugang zu der ersten Bewertung des Hochwasserrisikos, zu den Hochwassergefahrenkarten, den Hochwasserrisikokarten und den Hochwasserrisikomanagementplänen ermöglicht und die Mitgliedsstaaten eine aktive Einbeziehung der interessierten Stellen bei Erstellung, Überprüfung und Aktualisierung der in Kap. IV genannten Hochwasserrisikomanagementplänen fördern. Wasserwirtschaftliche Planung

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Seite 10.4

Hochwasser – Richtlinie der EU

Kapitel VII – Übergangsmaßnahmen: Die Mitgliedsstaaten können beschließen, die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos für diejenigen Einzugsgebiete, Teileinzugsgebiete oder Küstengebiete nicht vorzunehmen, für die sie entweder: • Bereits vor dem 22. Dezember 2010 nach Durchführung einer Bewertung des Hochwasserrisikos festgestellt haben, dass ein potenzielles signifikantes Hochwasserrisiko besteht oder nach vernünftiger Einschätzung als wahrscheinlich gelten kann, was zur Zuordnung des betreffenden Gebietes zu den Gebieten führt, oder • Vor dem 22. Dezember 2010 die Erstellung von Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten sowie von Hochwasserrisikomanagementplänen gemäß den einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie beschlossen haben. Die Mitgliedsstaaten können beschließen, Hochwassergefahrenkarten Hochwasserrisikokarten zu verwenden, die vor dem 22. Dezember 2010 derartig gestellt wurden, sofern der Inhalt den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen. Kapitel VIII – Überprüfungen, Berichte und Schlussbestimmungen Die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos oder die Bewertung und Beschlüsse nach Kap. VII werden bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Die Hochwassergefahrenkarten und die Hochwasserrisikokarten werden bis zum 22. Dezember 2019 und danach alle sechs Jahre überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Der bzw. die Hochwasserrisikomanagementpläne werden bis zum 22, Dezember 2021 und danach alle sechs Jahre überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Bei der Überprüfung wird den voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf das Auftreten von Hochwasser Rechnung getragen. Die Mitgliedsstaaten stellen der Kommission die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos, die Hochwassergefahrenkarten, die Hochwasserrisikokarten und die Hochwasserrisikomanagementpläne gemäß den oben angeführten sowie die betreffenden überarbeiteten und ggf. aktualisierten Fassungen innerhalb von drei Monaten nach den oben genannten Terminen zur Verfügung. Die Mitgliedsstaaten unterrichten die Kommission innerhalb der genannten Fristen über die getroffenen Beschlüsse und stellen ihr die diesbezüglichen Informationen zur Verfügung. Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie. Literatur http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ.do?uri=CELEX:32007L0060:EN:NOT

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Nachhaltigkeit

Seite 11.1

11 Nachhaltigkeit 11.1 Einleitung Das Prinzip der Nachhaltigkeit wird von fast allen Regierungen auf der Welt akzeptiert, obwohl es keinen Konsens über die genaue Bedeutung gibt, und auch nicht bekannt ist, wie Nachhaltigkeit gemessen werden kann. Nachhaltigkeit ist ein philosophisches Konzept, das uns dazu zwingt, Langzeitauswirkungen von Maßnahmen zu berücksichtigen. Von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung wurde 1987 im so genannten BrundtlandReport Nachhaltigkeit wie folgt definiert (WCED, 1987): "Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs." Nachhaltig ist eine Entwicklung, "die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ Als Konsequenz von Nachhaltigkeit muss von einem engen Blickwinkel auf einen ganzheitlichen und interdisziplinären Zugang zu Projekten umgestellt werden. Die verschiedenen wasserwirtschaftlichen Planungen - Wasserversorgung, Gewässergüte, Hochwasserschutz, Wasserkraft etc. - dürfen nicht länger nur als technische oder ökonomische Subjekte betrachtet werden, die nur von Experten behandelt werden können. Vielmehr müssen sie als Planungs- und Managementaktivitäten gesehen werden, die mit vielen verschiedenen sozialen Bedürfnissen eng verflochten sind. Eingriffe in das bestehende System müssen so geplant werden, dass sie die primären Ziele erreichen, sie sollten aber auch so flexibel sein, dass sie einfach und schnell an unerwartete zukünftige Änderungen angepasst werden können.

11.2 Herausforderungen Die meisten Beschreibungen von Nachhaltiger Wasserwirtschaft enthalten folgende drei Betrachtungen: • Natur: Flusssysteme und ihre Ökosysteme haben einen Wert für sich und daher gibt es Bestrebungen, diese Ressourcen, Habitate und das Artenreichtum zu schützen. • jetzige Generation: Alle, die jetzt leben, haben Ansprüche an das Wasser. Diese Ansprüche variieren von Ort zu Ort. Bei der Erfüllung dieser Ansprüche muss darauf geachtet werden, dass die Unterschiede in der Lebensqualität verringert werden. • zukünftige Generationen: Unsere Nachfahren haben das Recht auf die gleiche, wenn nicht eine bessere Lebensqualität als wir heute. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen sollten Optionen, die zukünftige Generationen haben wollen, nicht eliminieren. Das Wort Nachhaltigkeit impliziert den Fortbestand einer bestimmten Situation. Entwicklung hingegen setzt Veränderungen voraus, normalerweise eine Verbesserung einer Situation. Daher kann nachhaltige Entwicklung als der Fortbestand einer positiven Entwicklung gesehen werden. Verbesserung setzt Veränderung voraus. Aber die Verbesserung der Gesellschaft oder von Systemen, die von der Gesellschaft geschaffen wurden, können nur realisiert werden, wenn Veränderungen und Substitutionen eingeführt werden. Eine nachhaltige Ökonomie kann nur realisiert werden, wenn es dauernd Innovationen, Anwendung von neuen Kenntnissen und neue Einstellungen gibt. Auch die Nachhaltigkeit von Wasserwirtschaftssystemen erfordert periodische Modifikationen der bestehenden Systeme um den, sich verändernden, Anforderungen gerecht zu werden. Die lokalen und globalen Einflüsse der Klimaänderung, der Abbau der Ozonschicht, Artensterben und Verlust von Biodiversität und Verschmutzung von Grundwässern weisen darauf hin, dass Wasserwirtschaftliche Planung

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Seite 11.2

Nachhaltigkeit

viele jetzige Entwicklungen und Managementstrategien geändert werden müssen. Wenn das nicht gelingt, ist eine weitere Entwicklung wie bisher wahrscheinlich nicht möglich. Die Betrachtung der jetzigen und zukünftigen Auswirkungen von Handlungen ist die Essenz der Nachhaltigkeit. Dies ist keine neue Erkenntnis, das Interesse an diesem Sujet kommt von einem gesteigerten öffentlichen Bewusstsein für die potentiellen Gefährdungen der Lebensqualität. Es gibt auf der Welt 1,4 Mrd. km³ Wasser, jedoch sind nur 2,5 % Süßwasser und nur 0,3 bis 0,4 % sind erneuerbar. Das meiste Süßwasser verdunstet oder versickert. Ungefähr 40,000 km³ Wasser pro Jahr gelangt zum Abfluss. Somit hat jeder Mensch pro Tag 20 m³ frisches Wasser zur Verfügung. Global gesehen gibt es also keine Wasserknappheit. Aber wie jeder weiß, ist das Wasser weder gleichmäßig über die ganzer Erde verteilt, noch ist es gleich verteilt wie die Menschen.

11.3 Nachhaltigkeit messen Nachhaltigkeit schließt Aspekte ein, die eine intensive Diskussion erfordern. Aber es ist schwer zu bestimmen, wie effektiv man ist, wenn man nichts messen oder genau beschreiben kann(OECD, 1999; Loucks and Gladwell, 1999; Pearce et al., 1997; Nachtnebel, 2002). Es ist sinnvoll, zuerst zwischen verschiedenen Planungszielen, die die Zukunft betrachten, zu unterscheiden. Diese Ziele sind nach Pezzey (1992) • Effizienz • Überlebensfähigkeit • Nachhaltigkeit Um diese drei Ziele zu untersuchen, müssen sie zuerst als seine Funktion von Variabeln, der Resultat einer Entwicklung oder eines Grundsatzes, definiert werden. Angenommen, man kann den Wohlfahrtsnutzen jeder Entscheidung voraussagen. Jede mögliche Entscheidung, k, wird in einer Zeitreihe (y) der Nettowohlfahrt W(k,y) resultieren. Weiters wird angenommen, dass ein Mindestlevel von Wohlfahrt für das Überleben gebraucht wird. Eine Entscheidung k ist effizient, wenn sie den jetzigen und alle zukünftigen Werte der Nettowohlfahrt maximiert. Wird der Wert mit einem Zinssatz r diskontiert ergibt sich

⎛ W (k , y ) ⎞ ⎟ Max⎜⎜ ∑ y ⎟ ( ) 1 r + ⎝ y ⎠

(Glg. 11.1)

Wenn der Zinssatz r steigt, wird das, was in Zukunft passiert, für die Menschen, die heute leben, weniger wichtig (siehe Kap. 2.2). Dieses Ziel stellt nicht immer eine überlebensfähige und nachhaltige Zukunft sicher. Effizienz setzt die Absicht zur Diskontierung voraus. Hohe Zinssätze tendieren dazu, von Langzeit Maßnahmen abzuraten, während niedere Zinssätze Projekte vorziehen, die ökonomisch eher nicht überleben werden und nicht in Umweltschutz investieren. Eine Alternative, k, kann als überlebensfähig bezeichnet werden, wenn in jeder Zeitperiode y die Nettowohlfahrt nicht kleiner als die fürs Überleben mindestens notwendige Wohlfahrt Wmin ist. Wenn also W(k,y) ≥ Wmin ist, ist die Alternative für alle Zeiten überlebensfähig. Eine überlebensfähige Alternative ist jedoch nicht unbedingt effizient oder nachhaltig. Eine Alternative wird als nachhaltig bezeichnet, wenn die durchschnittliche Wohlfahrt der künftigen Generationen nicht weniger als die Wohlfahrt der vorigen Generationen ist. Eine nachhaltige Alternative garantiert, dass es keine Abnahme der Wohlfahrt gibt. In andern Worten, wenn W(k,y+1) ≥ W(k,y) ist, ist die Alternative nachhaltig für alle Zeiten.

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Nachhaltigkeit

Seite 11.3

Die Dauer einer Zeitperiode y muss so gewählt werden, dass natürliche Schwankungen über eine Periode ausgeglichen werden. Abb. 11.1 stellt Beispiele für verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten der Nettowohlfahrt dar. Obwohl nicht dargestellt, ist es möglich, dass es eine Entwicklung gibt, die effizient, überlebensfähig und nachhaltig ist. In den meisten Fällen jedoch müssen Kompromisse zwischen den drei Zielen gefunden werden.

Abb. 11.1: Wohlfahrtslevel für verschiedene Alternativen über die Zeit

11.4 Beispiele Aralsee Der Aralsee und sein Becken in Süd Zentral Asien trocknen aus. Wegen den großen Umlenkungen des Wassers, vor allem für Bewässerungen, das normalerweise während der letzten 30 Jahre in den See geflossen wäre, verringerte sich das Volumen des Sees zu einem Drittel des Volumens von 1960. Dadurch kommt es auch zu einer Versalzung des restlichen Wassers und der umgebenden Aquifere, wodurch die Wasserversorgung und Gesundheit von beinahe 40 Millionen Menschen gefährdet sind. Große Flächen mit Salz wurden freigelegt, als sich der See zurückzog, und Salz von diesen Flächen wird vom Wind in das Umliegende Kulturland verfrachtet. Die frostfreie Zeit im Delta des Amu Darya, der den Aralsee speist, sank unter 180 Tage, was weniger ist, als die Mindestzeit die benötigt wird, um Baumwolle anzubauen. Die Veränderungen im See machen eine nachhaltige Fischerei unmöglich. Dieses ökologische Desaster ist die Konsequenz von exzessiven Wasserableitungen für Bewässerung. Der Zufluss in den See sank von durchschnittlich 55 km³ pro Jahr in den 1950ern auf nur ein paar km³ in den frühen 80ern. Das abgeleitete Wasser war ohne Zweifel lebensnotwenig für die Bauern in der Gegend, aber zu beträchtlichen Kosten für die Umwelt. Die Ertragsfähigkeit des Bodens wurde verringert durch die Anlagerung von Salz, Überwässerung verwandelte Weideland in Sümpfe und das Wasserdargebot wurde durch Pestizide und Düngemittel verschmutzt und schädigt der Gesundheit der Menschen. Es ist klar zu erkennen, wie das Problem des Aralsees vermieden werden hätte können, aber Lösungen sind nicht erkennbar. Eine Kombination von besserem technischen Management und angemessenen Impulsen ist erforderlich. Aber die erforderlichen Veränderungen sind gewaltig und es gibt nicht viele Möglichkeiten. Die Bewohner der Zentralasiatischen Länder sind sehr arm und die Bevölkerung wächst sehr schnell trotz der hohen Kindersterblichkeit. Die Staaten sind abhängig von einer spezialisierten aber nicht nachhaltigen Landwirtschaft. Eine schnelle Reduktion der Bewässerung würde den Lebensstandard der Menschen weiter senken.

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Der Aralsee ist eines der besten Beispiele um die Auswirkungen von einem Projekt zu verdeutlichen. Die negativen Auswirkungen auf den See selbst, die Gesundheit, die Umwelt und die Ökonomie überwiegen über die Nutzen. Wenn bei der Planung mit diesen Auswirkungen gerechnet worden wäre, hätten die Pläne vielleicht anders ausgesehen. Es ist allerdings auch möglich, dass ohne diese Bewässerungsprojekte viele Menschen ökonomisch nicht überlebt hätten (Letolle & Mainguett, 1996; Nachtnebel, 2007). Tiefengrundwasser in Libyen Seit Jahrhunderten waren die weiten Wüsten im Süden Libyens eine Barriere, die nur von Karawanen von Oase zu Oase durchquert wurden. Seit 1953 wurde in diesen Gegenden nach Öl gesucht. Dabei wurden nicht nur große Ölreservoire gefunden, sondern auch große Mengen Süßwasser (GMMRP, 1991). Während der Eiszeiten in Nordeuropa gab es in Nordafrika ein temperiertes Klima mit beträchtlichen Regenfällen. Der Niederschlag versickerte und sammelte sich in den porösen Gesteinen zwischen undurchlässigen Schichten und so bildeten sich Trinkwasserreservoire. Der überwiegende Teil dieses Wassers ist zwischen 14.000 und 38.000 Jahren alt. Vier große Becken konnten in Libyen lokalisiert werden. Das Kufra Becken mit einem Inhalt von 20.000 km³ in einer Tiefe von 2.000 m, das Sirt Becken (Inhalt 10.000 km³ in einer Tiefe von 600 m), das Murzuk Becken (4.800 km³ in 800 m Tiefe) und das Hamadah und Jufrah Becken. Die wachsende Wirtschaft und Bevölkerung entlang der fruchtbaren Küste benötigt immer mehr Wasser zur Bewässerung, für die Industrie und für häuslichen Gebrauch. Gleichzeitig werden die traditionellen Grundwasserreserven durch intensive Benutzung gefährdet, weil Salzwasser vom Meer einsickert. 1974 machte Libyen den ersten Schritt in Richtung der Ausbeutung der Grundwasserreserven unter der Sahara mit dem "Great Man-Made River Project". Dieses Project soll große Mengen Wasser aus der Wüste über 600 km in die Küstenregionen liefern. Es wird behauptet, dass das Fördern des Wassers an die Küste ökonomischer ist, als eine alternative Verwendung des Wassers. Die Brunnenfelder für das Projekt werden 400 bis 700 km landeinwärts errichtet, um das qualitativ bessere Wasser zu erreichen. Die Brunnen sind über ein großes Gebiet verteilt wo die Grundwasserleiter nahe an der Oberfläche sind. Die erste und größte Phase der Umsetzung wurde 1991 begonnen und besteht aus einem System, das zwei Millionen m³ pro Tag (23 m³/s) an die Küste transportieren soll. Der aktuelle Plan ist der, dieses System auf 3,68 Millionen m³ pro Tag zu erweitern. Für den Transport des Wassers werden 1.900 km Betonrohre mit einem Durchmesser zwischen 1,6 m im Brunnenfeld und 4 m für die Haupttransportleitung, die in 6 bis 7 m tiefen Gräben verlegt ist, verwendet. Die zweite Phase erschloss ein Brunnenfeld im Westen Libyens. Von dort fließt das Wasser seit 1996 nach Tripolis. Derzeit ist der Wasserbedarf Libyens größer als die zur Verfügung stehende Menge und daher kommt die Motivation für dieses Projekt. Mehr als 98 % des verbrauchten Wassers ist Grundwasser. Die Landwirtschaft benötigt 85 % davon. Dennoch ist das Land landwirtschaftlich nicht autark und wird es wahrscheinlich auch nie sein, aber um die Abhängigkeit zu verringern wird eine Erhöhung der Bewässerung geplant. Zusätzlich wird an der nördlichen Küste mehr Wasser für die Industrie und Haushalte benötigt, und um die küstennahen Grundwasserreservoire wieder mit Süßwasser aufzufüllen. Es gibt viele Fragen, die die ökonomische Durchführbarkeit der zukünftigen Phasen dieses Projektes betreffen. Zusätzlich sind auch noch potentielle Wasserqualitätsfragen offen. Sicherlich kann die Quelle des Grundwassers nicht für immer halten, zumindest nicht zu angemessenen Kosten. Andere Optionen um Libyens Wasserversorgung langfristig sicherzustellen werden eine Vermehrung der Wiederverwendung von Wasser, Entsalzungsmaßnahmen und Maßnahmen in der Landwirtschaft in Betracht ziehen müssen. Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und konstruktiven Wasserbau

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Derzeit scheint das "Great Man-Made River Project" einer der kosteneffektivsten Wege zu sein, Libyens steigenden Wasserbedarf zu decken. Das wird auch einige Zeit so bleiben, da die Reservoire scheinbar unlimitierte (mehr als 50 Jahre) Versorgung garantieren. Wenn die ökonomischen Nutzen die Kosten übersteigen, kann es auch die nachhaltigste Entscheidung mit den gegebenen Technologien sein, obwohl das Wasser, das aus der Wüste gepumpt wird, nicht wiederaufgefüllt wird.

11.5 Hochwassermanagement als Teil einer nachhaltigen Entwicklung Für Wasserversorgungsprojekte wurde von Jordaan et al. (1993) eine einfache Definition von Nachhaltigkeit vorgelegt: "Wasserhaushaltsprojekte sind als nachhaltig definiert, wenn sie qualitativ und quantitativ genug Wasser zu einem akzeptablen Preis zur Verfügung stellen, um den Bedarf jetzt und in der Zukunft zu decken ohne dass sich die Umwelt verschlechtert." Das Konzept der Nachhaltigkeit führt zu einer neuen Betrachtungsweise von Flüssen im gesamten Einzugsgebiet. Es müssen Ziele gesetzt werden, die die Erhaltung der Natur, ökologische Probleme und Hochwasserschutz beinhalten. Der optimale Zustand für die Erhaltung der Natur ist eine Natur ohne menschliche Eingriffe, die optimale Situation für den Schutz der Menschen ist der absolute Schutz gegen Hochwässer und der optimale Zustand für die Ökologie ist es, nur Stoffe, die bei natürlichen Prozessen entstehen, in den Fluss einzuleiten. Vom World Water Council wurden 4 Prinzipien als Leitfaden für Hochwassermanagement festgesetzt. • Verständnis und wachsendes Bewusstsein für die Probleme von Flüssen • Verwendung eines ganzheitlichen Ansatzes für Einzugsgebiete • Respektieren der Fließgewässer • Fördern von effektiverem Management von Wasser und Land Verständnis und wachsendes Bewusstsein für die Probleme von Flüssen Der erste und wichtigste Schritt beim Risikomanagement ist es, die Ursachen für ein Hochwasser zu verstehen. Die meisten Hochwässer entstehen durch natürliche Ursachen wie heftige Regenfälle oder starke Schneeschmelze. Hochwasserschäden aber werden durch Menschen verursacht. Es ist notwendig, die Maßnahmen, zu identifizieren, die zu den Schäden beigetragen haben: künstliche Verschmälerung der Überflutungsflächen oder Siedlungen in den Überflutungsflächen. Ein vollkommener Schutz vor Hochwässern existiert nicht. Das Konzept einer Nachhaltigen Entwicklung erkennt dies, und empfiehlt, mit den Hochwässern zu leben lernen. Direkt nach einem Ereignis ist es einfach auf das Interesse von Bevölkerung und Politikern zu bauen, aber es ist nicht einfach, das Interesse daran zu halten, wenn die Erinnerungen an das Unglück verblassen. Die Bevölkerung muss überzeugt werden, dass das nächste Hochwasser sicher kommt, nicht durch menschliche Eingriffe, sondern durch die Naturgewalten (Plate, 2000). Verwendung eines ganzheitlichen Ansatzes für Einzugsgebiete Bei Flüssen, die internationale Grenzen überschreiten, sind Hochwässer internationale Angelegenheiten und Managementstrategien werden am besten in internationalen Kommissionen beschlossen. Um einen Konsens zwischen allen Parteien zu finden, muss der Hochwasserschutz mit gleichen Rechten für alle Anrainer geplant werden. Das inkludiert das Verständnis, dass Maßnahmen im Oberlauf ein Hochwasser im Unterlauf beeinflussen. Diese Auswirkungen können negativ, aber auch positiv sein. Respektieren der Fließgewässer Aus der Sicht des Flussmanagements umfasst Ganzheit nicht nur Hochwasserschutz, sonder auch Umweltfragen. Diese reichen von der Reinhaltung der Flüsse zur Erhaltung der Uferstreifen und Auen. Der Schwerpunkt heute liegt im Schutz und sogar in der Wiederherstellung von natürlichen Habitaten entlang der Flüsse. Entlang der Flüsse in Zentraleuropa existieren nur noch ein paar wenige Auwälder, und deren Schutz ist ein wichtiges Ziel von ganzheitlichem Hochwassermanagement. Es muss jedoch auch beachtet werden, dass eine Konservierung eines Wasserwirtschaftliche Planung

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bestehenden natürlichen Habitates nicht natürlich ist. Ein Fluss unterliegt einer stetigen Veränderung, und er zerstört und schafft sein Umland laufend. Das kann man gut erkennen, wenn man die Erosion und Sedimentation eines Flusses beachtet. Ein Fluss neigt dazu, sein Bett selbst zu gestalten. Dieser Prozess läuft für immer weiter ungeachtet der menschlichen Aktionen. Fördern von effektiverem Management von Wasser und Land Das Prinzip "Leben mit Hochwasser" ist mehr als eine schöne Phrase, die eine eistierende Situation beschreibt. Hochwassermanagement ist eine wichtige Aufgabe für globale Nachhaltigkeit: Hochwasserschutz muss gefährdeten Ländern Stabilität bieten, nicht nur durch technische Mittel, sondern auch durch die Fähigkeit mit dem verbleibenden Risiko fertig zu werden. Hochwässer sind ein Teil der Prozesse der Natur, und die Menschen müssen damit leben. Die Prinzipien in den vier Zielen müssen in Handlungen umgesetzt werden. Die beschriebenen Probleme müssen gelöst werden, und ein effektives Risikomanagement ist nicht möglich ohne eine gute Datenbasis, gute Planung und dem Willen der betroffenen Bevölkerung.

11.6 Elemente und Allokationsverfahren für die nachhaltige Entwicklung der Wasserressourcen Im menschlichen Ökosystem nehmen die Wasserressourcen eine wichtige Rolle ein, da sie lebensnotwendig und nicht substituierbar sind. Deshalb ist die Sicherung der Wasserressourcen eine Grundvoraussetzung für die nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft. Die verschiedenen Nutzungsansprüche an die Wasserressourcen sind vielfältig und begründen die qualitative Beeinträchtigung der Wasserressourcen. Die unter- und oberirdischen Wasserressourcen sind in Bezug auf Quantität und Qualität als beschränkt erneuerbar zu werten. Beschränkt erneuerbar im quantitativen Sinn bedeutet, dass bei Beeinträchtigung der Quantität es nicht möglich ist, den ursprünglichen Stand wieder herzustellen. Ist eine Wasserressource qualitativ beeinträchtigt worden, hängt es vom Ausmaß ab, wie viel Zeit die Erneuerung in Anspruch nimmt. Die Wasserhaushaltsgleichung hat sowohl für den qualitativen als auch für den quantitativen Aspekt Gültigkeit. Sie lautet: Endgültiger Vorrat an Wasser = Anfänglicher Vorrat + Zufluss - Abfluss - Verluste Die Nutzung der Ressource Wasser ist als nachhaltig zu bezeichnen, wenn die Nutzung für eine Zeitperiode dem Zuwachs in dieser Zeitperiode entspricht. Die Quantität und Qualität der Wasserressourcen wird von den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten beeinträchtigt. Vor allem die qualitativen Gewässernutzungen verursachen gravierende Allokationsprobleme. Die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten stehen zum Teil in gravierender Konkurrenz zueinander. Die Nutzung der Wasserressourcen als Abfallaufnahmemedium und Abfalltransportmittel beeinflusst die Gewässergüte negativ, auf der anderen Seite ist die Qualität Wasserressourcen ein wichtiger Faktor für den Trinkwasserkonsum. Externe Effekte spielen eine entscheidende Rolle in der Diskussion um Allokationsoptima. Externe Effekte sind Auswirkungen der Aktivitäten des Wirtschaftssubjektes A auf die Aktivitäten des Wirtschaftssubjektes B. Das Preissystem lastet die Kosten des Umweltverzehrs nicht dem einzelnen Wirtschaftssubjekt an, und somit ist die Allokation nicht effizient. Ziel ist eine ParetoOptimale Allokation, bei der die Ressourcen so verteilt sind, dass durch eine Veränderung der Allokation kein Mitglied einer Gruppe besser gestellt wird, ohne dass ein anderes Mitglied der Gruppe schlechter gestellt wird. Allokationsverfahren stellen das konkrete Verfahren zur Internalisierung der externen Effekte dar. Damit haben sie in der Strategie zur Sicherung der nachhaltigen Entwicklung eine übergeordnete Bedeutung. Sie sind so einzusetzen, dass die einzelwirtschaftlichen Kosten den Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und konstruktiven Wasserbau

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gesamtwirtschaftlichen Kosten einer Aktivität entsprechen. Der Einsatz folgender Allokationsverfahren ist theoretisch möglich: • Das Coase-Theorem besagt vereinfacht folgendes: sind die Eigentumsrechte der natürlichen Ressourcen geregelt und bestehen keine Tranksaktionskosten, führen Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien zu einer Pareto-optimalen Allokation der Ressourcen, sofern auf allen Märkten vollkommene Konkurrenz herrscht. • Die Kernaussage des Pigouschen Lösungsansatz ist, dass externe Effekte Marktversagen verursachen, die mit Hilfe von staatlichen Eingriffen wieder unter Kontrolle gebracht werden können. Externe Effekte werden durch den Staat mittels Einhebung einer Steuer internalisiert. Die Bestimmung der Höhe der Emissionsabgabe ist eine komplexe Aufgabe, bei der technisch-naturwissenschaftliche (Verbrauch an Assimilationskapazität, Umweltauswirkungen) und gesellschaftlich-institutionelle (Diskontrate, Zeithorizont, Umweltpräferenz) Zusammenhänge berücksichtigt werden müssen. • Der Preis-Standard-Ansatz ist eine Modifikation der Pigou Steuer. Es wird von zuvor festgelegten Standardwerten für die Umweltqualität ausgegangen. Zur Erreichung des vorgegebenen Ziels werden die Emissionen mit einem konstanten, für alle Verbraucher identischen Abgabesatz belegt. Es wird angestrebt, dass die Höhe der Abgabe den volkswirtschaftlichen externen Kosten entspricht. Die in der Realität verwirklichten Systeme von Emissionsabgaben entsprechen alle dem Konstrukt des Preis-Standard-Ansatzes. • Bei Zertifikaten wird das Recht auf Inanspruchnahme der Umwelt definiert. Die politischen Entscheidungsträger definieren einen Emissionshöchstwert bezüglich eines bestimmten Schadstoffes für eine bestimmte Region, teilen die Rechte auf Ausnutzung dieser Umweltkapazität und verbriefen diese als Emissionszertifikate. Die Verursacher dürfen nut die Mengen des Schadstoffes emittieren, für die sie Zertifikate besitzen. • Unter Auflagen versteht man nicht-ökonomische Allokationsverfahren in Form von Geund Verboten, mit denen umweltpolitische Zielsetzungen durchgesetzt werden sollen. Welche Allokationsverfahren tatsächlich gewählt wird, kann erst nach einer Evaluierung der Effizienz im Bezug auf ihre umweltpolitische Zielsetzung erfolgen. Ansatzpunkte der Allokationsverfahren zur qualitativen Sicherung der Wasserressourcen sind wassergefährdende Inputs, Produktionsverfahren und Outputs auf allen Ebenen des Produktions- und Konsumsektors. Es gibt folgende Empfehlungen für die Wahl der Allokationsverfahren: • Schwer abbaubare Stoffe und Schwermetalle sind durch ein hohes Gefährdungspotential sowie persistente, kumulative und irreversible Effekte gekennzeichnet. Das Instrumentarium ist so zu gestalten, dass die ökologische Effizienz gesichert ist. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es kaum möglich ist, diese Stoffe aus der Umwelt zu entfernen. Der Ansatzpunkt ist daher auf der Inputebene anzusiedeln, d.h. eine Auflagenlösung oder die Anwendung des Zertifikat-Konzeptes ist einzuführen. • Der Eintrag leicht abbaubarer Stoffe ist ebenfalls mit einer Abgabenlösung, ZertifikatKonzepten oder mit Auflagen zu reduzieren. • Die Vermeidung des Eintrags wassergefährdender Stoffe, deren Verursacher Altlasten und defekte Kanalisationen sind, ist durch die Subventionierung der Beseitigung zu erreichen, auch wenn dies gegen das Verursacherprinzip verstößt. Die Sicherung der Wasserressourcen bedarf einer umfassenden und interdisziplinären Sichtweise. Einzelne Elemente existieren bereits und sogar Allokationsverfahren kommen zur Anwendung. Es bedarf jedoch der interdisziplinären Zusammenarbeit und dem politischen Willen auf lokaler und globaler Ebene, um die Erhaltung der Ressource Wasser nachhaltig zu sichern. Literatur GMMRP (1991) The Great Man Made River Project. http://www.geocities.com/athens/8744/gmmr.htm http://libyen.com/Wirtschaft/Great-Man-Made-River-Projekt JORDAAN J., E.J. PLATE, E. PRINS, J. VELTROP (1993) Water in our common future: A research agenda for sustainable development of water resources. Committee on Water research COWAR. Unesco, Paris. LETOLLE R. und M. MAINGUET (1996) Der Aral See: Eine ökologische Katastrophe. Springer Vlg. NY.

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LOUCKS D. P, GLADWELL J.S (1999) Sustainability Criteria for Water Resource Systems, Cambridge University Press NACHTNEBEL H.P. (2002) Irreversibility and Sustainability in Water Resources Systems. In Bogardi J.J. and Z.W. Kundzewicz (eds). Risk, Reliability, and Robustness of Water resources systems. Cambridge University Press. NACHTNEBEL H.P. (2007) Summary Report of the INTAS Project 0511 REBASOWS. The rehabilitation of the ecosystem and bioproductivity of the Aral Sea under conditions of water scarcity". http://www.boku.ac.at/iwhw/onlinepublikationen/nachtnebel/EU_INTAS_0511_Rebasows/fil elist/ OECD (1999) The OECD Three Year Project On Sustainable Development: A Progress Report. Pac/AFF 1. Paris. PEARCE D.W., G. ATKINSON, K. HAMILTON (1997) The Measurement of Sustainable Development. In: Van den Berg/Hofkes (eds.). Handbook of Environmental and Resource Economics. Cheltenham and Northampton. PEZZEY J.C.V. (1992) Sustainable Development Concepts: An Economic Analysis. World Bank Environment. Paper No. 2, Washington D.C. PLATE E. J. (2000) Flood management as part of sustainable development, International Symposium on Flood Defense WCED (1987) World Commission for Environment and Development. Our Common Future. Oxford

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