Wasserversorgung und Moorschutz

Weiterbildungskurse 2014 www.brunnenmeister.ch Wasserversorgung und Moorschutz Von: Peter Staubli dipl. Biologe Beck & Staubli Umweltprojekte – Bera...
Author: Oldwig Gärtner
2 downloads 1 Views 456KB Size
Weiterbildungskurse 2014

www.brunnenmeister.ch

Wasserversorgung und Moorschutz Von: Peter Staubli dipl. Biologe Beck & Staubli Umweltprojekte – Beratung, Umsetzung, Kommunikation. Lüssiweg 17 / Postfach 2056 6300 Zug

www.beckstaubli.ch [email protected]

Veranstaltungsort:

1

Wasserversorgung und Moorschutz Peter Staubli

1.

Moore

Sehr wahrscheinlich kennen zahlreiche Kursteilnehmerinnen und –teilnehmer Moore und deren Konfliktpotential mit der Wasserversorgung aus ihrer beruflichen Tätigkeit. Da Moore grosse Wasserspeicher sind und in intaktem Zustand einen regulierenden Einfluss auf den Wasserhaushalt eines Gebietes ausüben, können sie für die Wasserversorgung von direktem oder indirektem Interesse sein. Und weil Moore zudem faszinierende und vielerorts landschaftsprägende Lebensräume sind, dürfte die Behandlung dieser speziellen und mittlerweile seltenen Lebensräume auch unabhängig vom Thema Wasserversorgung für alle von Interesse sein.

1.1. Was sind Moore? Moore sind im Wesentlichen von einem Wasserüberschuss und von Nährstoffmangel geprägte Lebensräume auf organischem Boden (Torf), den sie selbst bilden. Wegen dem permanent hohen Grundwasserstand fehlt der Sauerstoff im Boden und abgestorbenes Pflanzenmaterial verrottet nicht vollständig. Es sammelt sich an und mit der Zeit entsteht Torf. Deshalb sind Moore grosse CO2-Speicher (Kohlenstoffsenken) und somit sehr klimawirksam. So sind weltweit in den Mooren auf 3% der Landfläche 30% des Kohlenstoffs gebunden, mehr als in allen Wäldern der Welt! Moore produzieren auch Methan (CH4), das ein starkes Treibhausgas ist, doch übertrifft die temperaturdämpfende Wirkung der CO2-Speicherung diejenige des wärmespeichernden Methans bei weitem. Je nach Betrachtungsweise (hydrologisch, bodenkundlich. vegetationskundlich etc.) spricht man von verschiedenen Moortypen. Sehr bekannt ist die Unterscheidung in Hochmoore, Flachmoore und Übergangsmoore, die sich auf die Dicke der Torfschicht und die Form bezieht. Klassische Hochmoore wölben sich wegen der entstandenen und stets wachsenden Torfschicht über die Umgebung auf und werden auf ihrer Kuppe nur noch von nährstoffarmem Regenwasser versorgt. Deshalb leben dort spezialisierte Pflanzen (Hungerkünstler) und eine landwirtschaftliche Nutzung lohnt sich nicht. Im Gegensatz dazu weisen Flachmoore eine weit weniger ausgeprägte Torfschicht auf, weshalb sich die Pflanzen mit mineralstoffreicherem Grund- oder Hangwasser versorgen können. Dies ermöglicht zumindest die extensive Produktion von (Ried-)Streu mittels eines herbstlichen Schnitts oder in den Voralpen allenfalls eine extensive Weidenutzung.

1.2. Wo kommen (kamen) Moore in der Schweiz vor? Vor 200 Jahren gab es in der Schweiz zehnmal mehr Moore als heute. Sie bedeckten ca. 5% der Landesfläche, während es heute dementsprechend noch 0.5% sind. Zudem sind die meisten der verbliebenen Moore beeinträchtigt. Bei den Hochmooren sind es 90%! Die aktuellen Moorvorkommen konzentrieren sich auf den Faltenjura, die Voralpen und teils den inneralpinen Raum. In diesen Gebieten entstehen dann auch die meisten Konflikte mit der Wasserversorgung.

2

Im 19. Jhdt. gab es auch im Mittelland noch zahlreiche Moore (dunkle Flächen) Obwohl ein grosser Teil der Moore verschwunden ist, hinterliessen sie ihre Spuren in Form von organischen Böden. Da diese Torfböden in der Regel entwässert sind, gelangt Sauerstoff in den Boden, weshalb Mikroorganismen den Torf konsumieren. Dies führt zu einerseits zu Torfschwund und andrerseits zur Freisetzung von CO 2. Der Bodenschwund kann zu einem Problem für durchführende (Wasser-)Leitungen werden oder wie bei bereits bekannten Fällen zur Verminderung der gesetzlich vorgeschriebenen Überdeckung von Gasleitungen führen.

2. 2.1

Konflikte Rothenthurm-Initiative

Der grosse Verlust an Moorlebensräumen und deren Beeinträchtigung durch die unterschiedlichsten zerstörerischen Eingriffe in den vergangene zwei Jahrhunderten führte zur Erkenntnis, dass die Moore geschützt werden sollten, was in der föderalistischen Schweiz in unterschiedlichem Umfang seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts auch gemacht wurde. Das Inventar der Hoch- und Übergangsmoore der Schweiz, das zwischen 1978 und 1982 erhoben wurde, führte den drastischen Rückgang und die weitreichende Zerstörung der Hochmoore vor Augen. Als dann das damalige Eidgenössische Militärdepartement (EMD, heute VBS) im grössten zusammenhängenden Hoch- und Flachmoorkomplex der Schweiz in Rothenthurm einen Waffenplatz bauen wollte und zu diesem Zweck mit der Enteignung von Landeigentümern begann, die sich gegen dieses Projekt wehrten, entstand daraus eine breite Widerstandsfront. Sie gipfelte in der Lancierung der sogenannten Rothenthurm-Initiative. Am 6. Dezember 1987 wurde sie - von vielen unerwartet - von Volk und Ständen angenommen. Seither sind 3

Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung Schutzobjekte. In der Folge erliess der Bundesrat in Etappen die drei Bundesverordnungen über den Schutz der Hoch- und Flachmoore sowie der Moorlandschaften von nationaler Bedeutung. Diese Bestimmungen sind sehr strikt und wurden in zahlreichen Fällen von den Gerichten bis hin zum Bundesgericht konsequent zugunsten der Moorbiotope entschieden. Man denke an die gut bekannten Fälle der Autobahn im Zürcher Oberland, die Neubauten auf der Insel Ufenau im Zürichsee, die beide über die Moorlandschaftsbestimmungen verunmöglicht wurden oder den verordneten Rückbau von Ferienhäusern im Krienser Hochwald. Die Moore von regionaler oder lokaler Bedeutung stehen über das Eidgenössische Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) ebenfalls unter Schutz, der oft über kantonale oder kommunalen Schutzpläne oder Schutzverordnungen geregelt ist.

2.2

Der Mensch braucht Wasser – Moore auch!

Die Moore benötigen für ihre Existenz viel Wasser, das sowohl über Grund- und Quellwasser wie über die Niederschläge in die Moore gelangen kann. Wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, weisen die meisten Moore der Schweiz aufgrund verschiedenster Beeinträchtigungen ein Wasserdefizit auf. Die Bundesverordnungen verlangen denn auch, dass „bestehende Schäden in Mooren bei jeder sich bietenden Gelegenheit soweit als möglich rückgängig gemacht werden (Art. 8)“ und der „Gebietswasserhaushalt erhalten und soweit es der Regeneration dient, verbessert wird (Art. 5 Abs. 1e HMV; bzw. Art.5 Abs 2g FMV)“. Die zwei Moorbiotopschutzverordnungen verlangen in Art. 3 die „Ausscheidung von ökologisch ausreichenden Pufferzonen“, welche gemäss bisheriger Auslegung und Rechtssprechung nicht nur düngefreie Nährstoffpufferzonen, sondern eindeutig auch hydrologische Pufferzonen einschliesst. Der Mensch braucht ebenfalls Wasser. Weil bestehende oder geplante Grund- und Quellwasserentnahmestellen häufig in Mooren oder in deren hydrologischem Einzugsgebiete liegen ist es eine logische Konsequenz, dass dieses Situationen bei Bau- und Renovationsvorhaben für die Infrastruktur der Wasserversorgung oder bei der Erhöhung der Wasserentnahme fast zwangsläufig zu Konflikten mit dem Moorschutz führt.

2.3

Konflikte

Bestehende Anlagen in Mooren von nationaler Bedeutung Da die Schutzbestimmungen für Moorbiotope von nationaler Bedeutung sehr restriktiv sind und von den Gerichten sehr strikt angewendet werden, kommt es auch bei bestehenden Anlagen rasch einmal zu Problemen. Denn die Ausnahmebewilligungen für Bauten und Anlagen beziehen sich explizit auf die Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Schutz vor Naturgefahren sowie den Schutz- von Pflanzen und Tieren.

4

Bodenveränderungen sind grundsätzlich nicht zulässig, was den Ersatz von bestehenden Wasserleitungen oder eine neue Linienführung für Leitungen erschwert oder gar verunmöglicht. Ein möglicher Ausweg besteht im Ersuchen um eine Ausnahmebewilligung, deren Begründung sich zwingend am Schutzziel orientieren muss, welches grundsätzlich in der „ungeschmälerten Erhaltung der Objekte (Art. 5)“ besteht. Es muss also aufgezeigt werden, dass die Arbeiten unter grösstmöglicher Schonung (z.B. Unterstossen) oder schonender Entfernung und Separierung der Bodenschichten mit nachfolgendem schichtweisen Wiedereinbau erfolgt. Die Arbeiten sind bodenschonend auszuführen, was mit entsprechenden Geräten und Material und in der Regel nicht in der Vegetationsperiode zu erfolgen hat. Obwohl die Moorschutzverordnungen keine Ersatzmassnahmen zur Kompensation von Eingriffen in Mooren von nationaler vorsieht, sind Aufwertungsmassnahmen im Sinne von „bei jeder sich bietenden Gelegenheit“ zu prüfen. Allenfalls vorgesehene zusätzliche Wasserentnahmen sind nur möglich, wenn aufgezeigt wird, dass dem Moor kein direkter oder indirekter Schaden zugefügt wird. Neue Anlagen in Mooren von nationaler Bedeutung Eine Bewilligung für eine neue Anlage dürfte schwierig bis nicht zu erhalten sein. Bestehende und neue Anlagen in Mooren von regionaler oder lokaler Bedeutung Die Schutzbestimmungen für Moorbiotope von regionaler und lokaler Bedeutung lassen den Bau oder die Erneuerung von Anlagen in Mooren grundsätzlich zu. Allerdings sind auch hier entsprechende Auflagen zur Schonung der Biotope zu erfüllen.

2.4

Lösungen

In mehreren Mooren von nationaler Bedeutung wurden bestehende Anlagen erneuert, wobei die Forderungen der kantonalen Behörden in der föderalistischen Schweiz unterschiedlich ausfielen. Die Baubewilligungen enthielten entsprechende Bestimmungen. Für die Planung wurde häufig eine moorkundliche Begutachtung und für Umsetzung eine weisungsbefugte Umweltbaubegleitung gefordert.

5

Suggest Documents