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SOLARCHEMIE / WASSERSTOFF Überblicksbericht zum Forschungsprogramm 2004

Armin Reller [email protected]

Thermoelektrizität – eine verkannte Technologie zur Umwandlung von Solarstrahlung in Elektrizität? Schematische Abbildung einer Anlage, die konzentrierte Solarstrahlung mittels luft- und temperaturbeständiger thermoelektrischer Funktionsmaterialien in Elektrizität umwandelt. Diese umweltfreundliche und in unterschiedlichsten Umgebungen nutzbare Technologie erfordert die Entwicklung und Optimierung von massgeschneiderten Materialeigenschaften und Materialkombinationen.

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Programmschwerpunkte und anvisierte Ziele Im Programm Solarchemie / Wasserstoff werden Technologien zur Umwandlung, Speicherung und Nutzung von solarer Strahlungsenergie oder sekundärer regenerativer Energiequellen mittels thermischer und/oder chemischer Prozesse entwickelt. Ziel ist die dezentrale Bereitstellung und Speicherung von elektrischer Energie, Wärmeenergie, Wasserstoff oder von weiteren solarchemisch erzeugten Energieträgern und Wertstoffen. Es werden möglichst effiziente Prozesse angestrebt, bei denen ein wesentlicher Anteil der erforderlichen Energie durch direkte Solarstrahlung und/oder in Kombination mit gespeicherter Solarenergie – z. B. in Form von Biomasse oder Biogas – abgedeckt wird. Eine wichtige Zielsetzung des Programms besteht in der Reduktion der Nutzung fossiler Energieträger und damit des CO2-Austosses. Der Integration von solaren Produkten und Prozessen in bestehende Energie- und Materialsysteme wird grosse Bedeutung beigemessen. Als wichtigstes solares Produkt wird Wasserstoff betrachtet. Für diesen sekundären Energieträger werden Herstellungs-, Speicherungs- und Nutzungstechnologien bzw. -prozesse erforscht und geprüft. Alle Projekte basieren auf in der Schweiz vorhandenen ideellen und materiellen Ressourcen. Die Schwerpunkte des Programms liegen also klar in der Entwicklung und/oder Optimierung von Verfahren und Produkten mit hoher Wertschöpfung, von innovativen Funktionsmaterialien und effizienten Energietechnologien. Grundlage für die im Programm durchgeführten Projekte ist die Verfügbarkeit regenerativer Energiequellen oder -potentiale, d.h. direkte Solarstrahlung sowie die indirekten bzw. gespeicherten Solarenergieformen Wasserkraft und Biomasse. Mit diesen Energieressourcen wird versucht, mittels effizienter Transformationen Energieträger zu generieren, die ihrerseits speicherbar und in vielfältiger, nachhaltiger Weise nutzbar sein sollen. Ein Schwerpunkt bildet seit langem die Nutzung solarer Prozessenergie zur Herstellung von Zink oder Wasserstoff als sekundäre Energieträger, neuerdings auch zur Gewinnung strategisch wichtiger Metalle aus ihren Erzen. Ziel dieser Anstrengungen ist die Substitution konventioneller Produktionsweisen, die in der Regel mit fossilen Energieträgern betrieben werden; solare Hochtemperaturprozesse sollen also für die Reduktion von Kohlendioxidemissionen sowie für die immer bedeutender werdende Kreislaufwirtschaft von Materialien einen entscheidenden Beitrag leisten.

Die effiziente Bereitstellung des sekundären Energieträgers Wasserstoff ist das primäre Ziel des Bereichs Wasserstofftechnologie. Als Prozesse der Wahl werden die solarthermische (Zink/Zinkoxidzyklus), die elektrolytische und photokatalytische Spaltung von Wasser bearbeitet. Aber auch die Gewinnung von Wasserstoff aus der katalysierten Konversion von Biomasse oder aus der Dekarbonisierung fossiler Energieträger werden eingehend untersucht. Die sichere Speicherung von Wasserstoff – einerseits chemisch in Form von Metallhydriden, andererseits physikalisch in Druckbehältern – ist eine immer noch unterschätzte Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Implementierung der Wasserstofftechnologie. Sie erfordert insbesondere geeignete Funktionsmaterialien sowie effiziente Prozesse und technische Systeme. Die Koordination der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Wirtschaft werden durch die schweizerische Wasserstoff-Vereinigung Hydropole unterstützt. Im Bereich Innovationen werden die regenerativen Energietechnologien mitbestimmende Faktoren wie die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit massgeschneiderter Funktionsmaterialien und effizienter Verfahren untersucht. Diese Aktivitäten haben den Charakter, neue Entwicklungsfelder ausfindig zu machen und bis zum Prototypstatus auszuarbeiten. Als Beispiel seien schichtartig aufgebaute Materialien für Fenster mit selektiven Absorptionseigenschaften genannt, die ein sehr effizientes Energiemanagement im Tiefund Mitteltemperaturbereich für die Haus- und Gebäudetechnik – ein Einsatzgebiet mit hohem CO2-Einsparpotential – ermöglichen. Des Weiteren wird die Energiespeicherung mittels Drucklufttechnologie bearbeitet; theoretische Studien und praktische Weiterentwicklungen belegen, dass das Potential dieser Energietechnologie bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Der Einsatz thermoelektrischer Materialien zur Gewinnung von elektrischer Energie aus unterschiedlichen Wärmequellen wurde im Berichtsjahr als neuestes Forschungsprojekt initiiert. Schliesslich werden auch die Arbeiten zur Herstellung von Grundchemikalien mit hoher Wertschöpfung aus Kohlendioxid weiter vorangetrieben. Dabei erweisen sich die Synthesen in überkritischem Kohlendioxid als Lösungsmittel als sehr viel versprechend.

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Durchgeführte Arbeiten und erreichte Ergebnisse 2003 WASSERSTOFFTECHNOLOGIE Photokatalytische Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff Für die effiziente Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mittels Solarstrahlung bei Umgebungstemperatur wurden effiziente Photokatalysatoren, selektive Photosensibilisatoren und angepasste Elektrodenmaterialien im Forschungsverbund zwischen der Universität Bern, der EPF Lausanne und der Université de Genève weiter entwickelt und geprüft. In den Projekten Photochemische, photoelektrochemische und photovoltaische Umwandlung und Speicherung von Sonnenenergie [1], Generation of Hydrogen by Water Splitting with Visible Light [2] und La photolyse de l’eau et la production d’hydrogène et d’oxygène au moyen de l’énergie solaire [3] konnten Materialkombinationen entwickelt und zu funktionstüchtigen Systemen vereinigt werden. An der Universität Bern wurde gezeigt, dass die photokatalytische Wasserspaltung mit Ag/AgCl als Photoanode und einer Halbleiter-Photokathode funktionstüchtig gemacht werden kann. Auch die Entwicklung einer Dünnschicht-Antennen-Solarzelle basierend auf Farbstoff-Zeolith-L-Antennen – eingebettet in einem Plastik-Substrat oder auf einem sehr dünnen Silizium-Substrat aufgebracht – entwickeln sich zu brauchbaren Vorrichtungen für die Speicherung von Sonnenenergie in Form von Wasserstoff. Diese Materialkombination kann gleichermassen als erste Vertreterin einer neuen Generation von photovoltaischen (Festkörper-)Solarzellen bezeichnet werden. Die Materialstudien an der EPF Lausanne führten zu drei für die Verbesserung der Tandem-Zelle bemerkenswerten Resultaten: mit Hilfe des sogenannten Spraypyrolyse-Verfahrens gelang es, eine neuartige Anode zu realisieren, die aus spezifisch orientierten Eisenoxid-Nanokristallen auf elektrisch leitendem (fluorierten) Zinnoxid aufgebaut ist (Fig. 1). Diese Kombination verspricht ein besseres Leistungsverhalten als die bisher eingesetzte Wolframtrioxid-Anode. Des Weiteren gelang es, mit sich selbst anordnenden PhotosensibilisatorMolekülen hocheffiziente Absorptionsschichten für das einfallende Spektrum der Solarstrahlung herzustellen. Damit sind Wirkungsgrade von über 11% erreichbar, was bis anhin nie gelang. Zusätzlich zu den bekannten Ruthenium-basierten Photosensibilisatoren konnte ein neues, im grünen Bereich absorbierendes Zink-basiertes System synthetisiert und charakterisiert werden: Absorp-

tionswirkungsgrade von über 6.5% zeugen von den bemerkenswerten Eigenschaften dieses Materials.

Figur 1: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Eisenoxid-Nanokristallen (links), die auf einer fluorierten Zinnoxidschicht (FTO) aufgebracht als Kompositmaterial bzw. als effiziente Photoanode in der Tandemzelle zur photokatalytischen Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff eingesetzt wird.

Die genannten Arbeiten wurden durch die an der Universität Genf durchgeführten Studien zur reproduzierbaren Herstellung von reinen sowie mit Indium, Lithium oder Chrom dotierten, transparenten Eisenoxid-Anodenschichten komplettiert. Auch die immer noch erheblichen Probleme der Verfügbarkeit guter Elektrolytsysteme konnten reduziert werden, indem sich durch zusätzliche und synergetisch arbeitende Redox-Systeme die bestehenden Elektrolytsysteme deutlich verbessern liessen. Die im genannten Forschungsverbund erzielten Resultate sind insgesamt wichtige Schritte für die Realisierung einer neuen Generation von photovoltaisch arbeitenden Systemen zur Stromerzeugung, zur Herstellung von solarem Wasserstoff, aber auch als erwünschter Spin-off - zur Detoxifizierung von Wasser, einem enorm wichtigen Prozess für die Bereitstellung von Trinkwasser. Insgesamt belegen die erzielten Resultate, dass Materialkompetenz wohl einer der grundlegenden Faktoren für die Entwicklung effizienter regenerativer Energiesysteme darstellt. Dieser Sachverhalt kommt dem Technologiestandort Schweiz entgegen, müsste aber auch durch stetige Förderung konkurrenzfähig erhalten werden. Solarthermische Spaltung von Wasser Prozesse zur Gewinnung von Zink als Metall der Wahl für die Spaltung von Wasser in Wasserstoff

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und Sauerstoff mittels mehrstufiger, reversibler Metall/Metalloxid-Redoxzyklen gehört zu der über viele Jahre aufgebauten Kernkompetenz des Programms. Im Projekt Solarchemische Beiträge zur Reduktion des CO2-Ausstosses [4] wurden die Bedingungen erarbeitet, welche eine effiziente Abtrennung des Zinkdampfs von den restlichen Gasen am Ausgang der verwendeten Solarreaktoren erlauben. Die Frage nach der Bildung von Zinkverbindungen in der Gasphase, die während des Abkühlens des Zinkdampfes als Kondensationskeime wirken können, wurde im Projekt Darstellung und Spektroskopie von ZnO bzw. ZnxOy in der Gasphase [5] bearbeitet. Die massenspektrometrischen und laserspektroskopischen Messungen ermöglichten wichtige Rückschlüsse auf die von den jeweiligen Bedingungen abhängige Bildung von neutralen ZnO bzw. ZnOH und weiteren Zn-Spezies. Mit dem nun etablierten solarthermischen Zink/Zinkoxidzyklus lassen sich interessante regenerative Energietechnologien betreiben: mit dem gebildeten Zink kann Wasser zu Zinkoxid und Wasserstoff umgesetzt werden, oder Methan kann mit Zinkoxid zu Zinkmetall und Synthesegas, also zu zwei attraktiven Produkten, reagieren. In einem weiterführenden Ansatz wurden Bestrebungen der Industrie aufgenommen, die Gewinnung von Metallen mit strategischer technischer Bedeutung nachhaltiger zu gestalten. Durch die Nutzung von konzentrierter Solarstrahlung und weiterer verfahrenstechnischer Änderungen soll erreicht werden, dass der Ausstoss von Schwefeloxiden sowie von Kohlendioxid massiv reduziert werden können. Experimente mit Kupfererzen – ein Metall mit enorm hoher Nachfrage – zeigten viel versprechende Resultate. Derartige Prozesse können in Zukunft konventionelle, mit hohen Kohlendioxid-Emissionen verbundene Erz-Verhüttungen ersetzen und so einen wichtigen Beitrag zu einer schon lange geforderten Kreislaufwirtschaft leisten. Die beschriebenen Aktivitäten belegen, dass auf dem Weg zu einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft viele interessante Nebenprodukte bzw. Nebenprozesse aufgefunden werden, die ihrerseits für spezifische Anwendungen relevant werden können. Solarthermische Herstellung von Wasserstoff oder Synthesegas aus fossilen Rohstoffen Die Vergasung von Biomasse liefert ein Produktoder Synthesegas, welches entweder direkt für die Stromerzeugung genutzt oder in chemischen Prozessen zu Treibstoffen umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund wird im Projekt Sauerstoff-Transfer-Materialien für die Biomassevergasung [6] mit dem Wirbelschicht-

vergasungsverfahren versucht, ein stickstofffreies, wasserstoffreiches Produktgas herzustellen. In Abhängigkeit von der Vergasungstemperatur entsteht bei der Vergasung primäres Methan, d.h. die Biomassemoleküle werden teilweise zu Methan abgebaut. Als Nebenprodukte entstehen dabei auch mehr oder weniger Teere, analog zum Mechanismus der primären Methanbildung. Je nach physikalischer und chemischer Beschaffenheit der Teerspezies führen diese in nachgeschalteten Prozessen zu Störungen. Sollen aus dem Produktgas Treibstoffe wie Wasserstoff, Methanol oder Fischer-Tropsch-Diesel hergestellt werden, sind Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) die gewünschten Ausgangsstoffe. Für einen hohen chemischen Umwandlungswirkungsgrad, ist deshalb ein möglichst hoher Umsatz des Methans zu CO und H2 erwünscht. Im Rahmen dieses Projekts wird in einem neuartigen Ansatz Dampf als Vergasungsmittel in der Wirbelschichtvergasung eingesetzt, wobei jedoch gleichzeitig durch ein reaktives Bettmaterial die Teerbildung deutlich vermindert werden soll. Entscheidend ist dabei, chemisch aktive Bettmaterialien zu finden, welche die erwünschten thermochemischen Eigenschaften sowie die nötige Wirbelschichtfestigkeit aufweisen. Von Interesse sind Eisen-MagnesiumSilikate (Fe,Mg)2SiO4 (Olivine), die in der Praxis bereits erfolgreich erprobt wurden, und perovskitartige Mischoxide der Formel ABO3-. Gelingt es, diesen Ansatz erfolgreich umzusetzen, ist mit einer Steigerung des Wirkungsgrads, einer Systemvereinfachung und einer Kostenreduktion zu rechnen. Ende 2003 gab es erstmals experimentelle Hinweise, dass binäres Eisenoxid, welches durch die Reaktion von Olivin mit Luft im Flugstromreaktor entsteht, die aktive Substanz für den Teerabbau ist. Dieser Befund wurde 2004 durch Modellrechnungen und experimentelle Resultate bestätigt. Weil Eisenoxid auch die primär gebildeten Brennstoffe CO und H2 oxidiert, wurden mit Untersuchungen an perovskitartigem, dotierten Lanthanchromat, La0.65Sr0.35CrO3-, geprüft, ob solche schwer reduzierbare Metalloxide mit Kohlenwasserstoffen selektiv zu CO und H2 reagieren. Speicherung von Wasserstoff Die effiziente Speicherung von Wasserstoff gilt weiterhin als zentrale Herausforderung für einen zukünftigen Einsatz dieses sekundären Energieträgers, insbesondere für Anwendungen in Verkehrssystemen. Unter den drei gegenwärtig untersuchten Speichermethoden – Flüssiggasspeicher bei extrem tiefen Temperaturen, Metallhydridspeicher und Druckgasspeicher – wurden im Programm nur die letzteren beiden Optionen behandelt. An den Universitäten Fribourg und

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Genf wurden in den Projekten Wasserstoffspeicherung in Metall- und komplexen Hydriden [7] sowie Destabilisation of Metal Hydride Complexes and Theoretical Modelling [8] weiterhin materialwissenschaftliche Studien an Metallverbindungen mit hoher Wasserstoff-Speicherkapazität durchgeführt. Hauptaugenmerk galt den Hydriden leichter Metalle wie Bor und Aluminium, aber auch komplexer Übergangsmetallhydride wie Eisen- und Nickelhydride. Als wichtiger Befund konnte gezeigt werden, dass zur Verbesserung des Temperaturmanagements bzw. des Hydrier- und Dehydrierprozesses katalytisch aktive Zusätze eingesetzt werden können. Sie lassen sich mittels Dotierung oder aber – was für eine technische Realisierung sehr nutzbringend ist – durch Mahlen in der Kugelmühle einbringen. Im letzteren Fall bleibt die Wirksamkeit bemerkenswerterweise intakt. Im Rahmen des Projekts Demonstration eines Metallhydrid Speichers in einem mit Wasserstoff angetriebenen Pistenfahrzeug [9] wurde in einem Praxistest ein Pistenfahrzeug mit industriellen Metallhydriden ausgerüstet und mit einem Verbrennungsmotor als Energietransformator bzw. Antriebsaggregat auf seine Funktionstüchtigkeit überprüft (Fig. 2).

PET-Linermaterial sehr temperaturabhängig ist, dünne Metall- oder Metalloxid-Filme jedoch als effiziente und anpassungsfähige Diffusionssperrschichten wirken, so dass die Diffusionsraten um mindestens eine Grössenordnung verringert werden könnten. Nutzung von Wasserstoff Die Konsolidierung und die Erweiterung der Kompetenzen im Bereich einer effizienten und wirtschaftlich konkurrenzfähigen Nutzung von Wasserstoff bzw. eines auf Wasserstoff basierenden Energiesystems werden weiterhin mit hoher Priorität unterstützt. Es gibt jedoch noch nicht sehr viele technisch nutzbaren Prozesse, welche dank Wasserstoff messbare Voreile gegenüber konventionellen Prozessen aufweisen. Umso relevanter werden innovative Ansätze wie das an der ETHZürich laufende Projekt Katalytische Synthesen ausgehend von mineralischen Kohlendioxid-Quellen [11]. Zielsetzung des Projekts ist die Nutzung von anthropogenem Kohlendioxid als Rohstoff für chemische Synthesen. Dabei wird es zum einen als Kohlenstoffbaustein, zum anderen als Lösungsmittel (im überkritischen Zustand) genutzt. Im Berichtsjahr gelangen ausgehend von Kohlendioxid und Wasserstoff aussichtsreiche, auf selektiven Katalysatoren basierende Synthesen von Formamiden aus Aminen sowie von zyklischen Carbonaten. Auch die Substitution von oft umweltbelastenden konventionellen Lösungsmitteln durch überkritisches CO2 ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer energie- und materialtechnisch synergetisch wirkenden Kreislaufwirtschaft. KOMPLEMENTÄRE TECHNOLOGIEN Selektive Absorbersysteme

Figur 2: Mit Wasserstoff angetriebenes Pistenfahrzeug.

Im Projekt Hydrobar – Diffusionssperrschichten für Wasserstoff [10] wurden die Untersuchungen zur Option der physikalischen Speicherung in Hochdrucktanks von Wasserstoff abgeschlossen. Es konnte gezeigt werden, dass insbesondere bei erhöhten Temperaturen die Dichtheit der aus Polyethylen-Liner und Kohlefaser-Mantel aufgebauten CNG-4 Behälter der Firma Ullit SA, La Châtre, Frankreich, durch Innenbeschichtungen stark erhöht werden kann. Mit einer eigens angefertigten Permeationsmesszelle konnte nachgewiesen werden, dass die Diffusion durch das

Selektive Absorbersysteme gelten in der Gebäudetechnik nach wie vor als Komponenten mit einem hohen Energieeinsparpotential. Deshalb sind die im Projekt Materialien für nachhaltige Technologien in der Energieumwandlung und Energieeinsparung [12] untersuchten Komponenten in mehreren technischen Anwendungen bedeutend: (a) für die Abdeckung von Wärmekollektoren sowie (b) für Wärme absorbierende Fassadenelemente werden mittels Magnetron-Sputtering selektiv absorbierende bzw. reflektierende Metalloxidfilme auf Glas aufgebracht. Sie können je nach Herstellungsweise einen bestimmten, engen Wellenbereich des einfallenden Sonnenlichts reflektieren, den Rest transmittieren und so Energieverluste minimieren. Die Kontrolle der chemischen Zusammensetzung, die Abscheidungsparameter, der Schichtaufbau und die Re-

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flektions- bzw. Transmissionseigenschaften sind Grundbedingung für eine optimale Funktionalität. Die Resultate der bisherigen Untersuchungen an Aluminium-, Silizium- und Titanoxidsystemen und ihrer Gemische sind erfolgversprechend. Thermoelektrische Energiesysteme Thermoelektrische Systeme erlauben die Umwandlung von thermischer Energie – die ihrerseits aus konzentrierter Solarstrahlung oder aber als Abwärme anfällt – in elektrische Energie. Das Prinzip ist seit langem bekannt und wird in technischen Produkten wie dem Peltier-Kühlschrank u.a. eingesetzt. Um hohe Wirkungsgrade zu ermöglichen, sind grosse Temperaturdifferenzen zwischen der heissen und der kalten Komponente des Systems erforderlich. Die gegenwärtig ge-

nutzten Materialien sind weder hochtemperaturbeständig noch chemisch inert. Deshalb werden im Projekt Materials Development for Solar Thermoelectric Generators [13] Materialien identifiziert und charakterisiert, die bei hohen Temperaturen einen hohen Seebeck-Koeffizienten, hohe elektrische und geringe thermische Leitfähigkeit aufweisen. Die Kombination dieser Anforderungen ist extrem anspruchsvoll. Im Berichtsjahr konnten trotzdem verschiedene komplexe Cobaltoxide synthetisiert und betreffend der genannten Eigenschaften spezifiziert werden. Die Weiterführung dieses spannenden, aber gleichermassen anforderungsreichen Projekts wird zusammen mit den Programmen Elektrizität und Umgebungswärme weiter bearbeitet.

Nationale Zusammenarbeit Während die Projektarbeiten des Programmteils Solarchemie naturgemäss an den Standorten PaulScherrer-Institut Villigen und ETH Zürich konzentriert sind, werden die Projekte zum Programmteil Wasserstoff an sehr unterschiedlichen Standorten bearbeitet. Mit dem Verein Hydropole [14] steht jetzt aber ein Instrument zur Verfügung, mit dem zunehmend die Synergien zwischen Hochschulforschung und Industrietätigkeiten initiiert und – wo bereits vorhanden – verstärkt werden. Insbesondere sollen die Kompetenzen in den Bereichen massgeschneiderte Funktionsmaterialien und effiziente Prozess- und Produktionsketten gestärkt werden, was als wichtige Massnahme

zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Schweiz zu werten ist. In Kommunikationsplattformen wurde das Wissen über die schon vorhandenen Erfahrungen mit der Solar- sowie der Wasserstofftechnologie vermittelt. Im Bereich der unterstützenden Technologien führten die Projekte zur Speicherung von Energie mittels Druckluftsystemen sowie zur Erzeugung elektrischer Energie mittels thermoelektrischer Systeme zu direkten Kooperationen zwischen den Programmen Elektrizität und Solarchemie / Wasserstoff, aber auch zwischen der EMPA, der ETH Zürich und weiterer Partnerinstitutionen.

Internationale Zusammenarbeit Die internationale Zusammenarbeit war vielfältig und breit gefächert. Durch die Leitungsfunktion von Schweizer Experten in den beiden IEA-Programmen SolarPACES (Solar Power and Chemical Energy Systems) [15] und Photoproduction of Hydrogen and Case Studies of Integrated Systems [16] wurden nicht nur wichtige Beiträge zur Gestaltung der jeweiligen Forschungsprogramme eingebracht, sondern auch die Aktivitäten der BFE-Forschungsprogramme angemessen dargestellt und vernetzt. Insbesondere die an den verschiedenen Task-Meetings wie dem SolarPACESMeeting in Oaxaca, Mexiko, zusammengetragenen Arbeitsberichte sind sehr aufschlussreich und belegen die gut koordinierten Forschungsfelder.

Mit den folgenden Institutionen fanden direkte Kooperationen statt: Australian National University, Canberra Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR), Köln Solarforschungszentrum Odeillo, Frankreich Solar Energy Research Center, The Weizmann Institute of Science, Rehovot, Israel Plataforma Solar de Almerìa, Tabernas, Spanien AG Solar, Nordrhein-Westfalen, Deutschland Anwenderzentrum für Material- und Umweltkompetenz (AMU) sowie WissenschaftsZentrum Umwelt, Universität Augsburg

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Pilot- und Demonstrationsprojekte Energiespeicherung mittels Drucklufttechnik Im Projekt Druckluft – ein Energiespeicher der Zukunft [17] konnten wichtige Fortschritte erzielt werden: Das als Demonstration einer Druckluft-Energiespeicherung entwickelte Projekt hatte als Zielsetzung die Ausgestaltung und Untersuchung eines Strom–Luft–Strom–Wandlers mit einer Grenzleistung von 1500 W. Zusammenfassend kann bilanziert werden, dass das Hauptaggregat (Strom-Öl-Strom-Wandler) zufriedenstellend funktioniert. Ein Grossteil der Fragen bezüglich Ausgestaltung, Wirkungsgrade und Entwicklungsschwerpunkte konnte beantwortet werden, was als erfolgreicher Grundbaustein für das Speicherkonzept zu werten ist. Als abschlies-

sende Herausforderung, die der Bewertung und Analyse der Baustein-Kette des Wandlers (Hydroeinheit, Schwungrad, Steuerung, Kupplung, Motor/Generator) entspringt, hat sich die Problematik des elektrischen Teiles (insbesondere der drehenden Maschine) herausgestellt, zumal hier eine Art Wirkungsgrad-Schallmauer in Form der Eisenverluste um 10% der Nennleistung kaum zu durchdringen ist. Aufgrund der Tatsache, dass diese Energietechnologie als Produkt der Wasserstoffspeicherproblematik entstand, jetzt aber viel direkter mit der Speicherung von Elektrizität zu tun hat, wurde dieses Projekt in das entsprechende Forschungsprogramm transferiert.

Bewertung 2004 und Ausblick 2005 Das Programm Solarchemie / Wasserstoff konnte im Berichtsjahr recht erfolgreich weitergeführt werden. Viele der anvisierten Ziele wurden erreicht und es kamen einige neue Themenfelder hinzu. Im Bereich Wasserstoffbereitstellung mittels photokatalytischer bzw. photoelektrochemischer Prozesse konnten abermals wichtige materialtechnische Fortschritte erzielt werden. Sollte es gelingen, die Resultate des Forschungsverbunds zwischen den Universitäten Bern und Genf sowie der EPF Lausanne optimal zu koordinieren und zielgerichtet in technische Einheiten umzusetzen, so dürften in absehbarer Zeit effiziente und stabil arbeitende Einheiten realisierbar sein. Dies gilt in verstärktem Mass bzw. mit hohen Erwartungen für die Wasserstoffherstellung aus Biomasse. Dieser Prozess ist insbesondere von grossem Interesse, als sich damit voraussichtlich auch grosse Mengen von Wasserstoff generieren lassen. Die Wasserstoffspeicherung ist technisch an sich lösbar, sei es in chemischer oder physikalischer Weise. Da die Wirtschaftlichkeit, aber auch die Nachfrage bzw. der Bedarf noch nicht gegeben sind, fällt es schwer, Industriepartner zu finden, die eine technische Umsetzung tatkräftig unterstützen. Es ist wohl so, dass sehr viel über Wasserstofftechnologie gesprochen wird und rund um den Globus zahlreiche Konferenzen zu diesem Thema stattfinden. Zudem belegen die in der Wasserstoffforschung erzielten Resultate die hohe Kompetenz der schweizerischen Akteure.

Auf der anderen Seite verschlechtern sich die Rahmenbedingungen durch massive Kürzungen der Forschungs- und P+D-Mittel. Für die Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Schweiz sollten Kernkompetenzen der Schweizer Forschung und Industrie wie Funktionsmaterialien und Prozesstechnik durch das Programm Solarchemie / Wasserstoff weiterhin gefördert werden. Die erfolgreiche Weiterführung der Arbeiten im Bereich Solarchemie erfordert nach wie vor eine optimale Koordination der Aktivitäten zwischen PSI, der ETH Zürich, der EPF Lausanne und der EMPA. Die personellen Veränderungen und Perspektiven sehen positiv aus, so dass bei einer kontinuierlichen Förderung die gesteckten Ziele, d.h. die ökologisch und ökonomisch effiziente Bereitstellung von regenerativen Energieträgern, auf gutem Weg sind. Im internationalen Vergleich geniessen die schweizerischen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in der Solarchemie als auch in der Wasserstofftechnologie eine bemerkenswerte Anerkennung. Dies wird auch durch die grosse Präsenz in entsprechenden Fachzeitschriften ersichtlich (siehe z.B. den Übersichtsartikel zu Titanoxid [18]). In den kommenden Jahren sollte es jedoch noch vermehrt gelingen, Synergien zwischen Hochschulen und Industrie zu etablieren, welche eine raschere Umsetzung von Forschungsresultaten in praktische Technologien erlauben.

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Liste der F+E-Projekte (JB) Jahresbericht 2004 vorhanden (SB) Schlussbericht vorhanden (siehe www.energieforschung.ch) [1]

G. Calzaferri ([email protected]) UNI Bern: Photochemische, photoelektrochemische und photovoltaische Umwandlung und Speicherung von Sonnenenergie (JB).

[2]

M. K. Nazeeruddin und M. Grätzel (michael.graetzel@epfl.ch) EPF-Lausanne: Generation of Hydrogen by Water Splitting with Visible Light (JB).

[3]

J. Augustynski ([email protected]) M. Ulmannn, UNI Genève: La photolyse de l’eau et la production d’hydrogène et d’oxygène au moyen de l’énergie solaire (JB).

[4]

M. Sturzenegger ([email protected]) I. Alxneit, H. R. Tschudi, PSI Villigen: Solarchemische Beiträge zur Reduktion des CO2-Ausstosses (JB).

[5]

D. Cannavò und T. Gerber ([email protected]) PSI Villigen: Darstellung und Spektroskopie von ZnO bzw. ZnxOy in der Gasphase (JB).

[6]

S. Biollaz ([email protected]) M. Sturzenegger und S. Stucki, PSI Villigen: Sauerstoff-Transfer-Materialien für die Biomassevergasung (JB).

[7]

A. Züttel ([email protected]) UNI Fribourg: Wasserstoffspeicherung in Metall- und komplexen Hydriden (JB).

[8]

K. Yvon ([email protected]) UNI Genève: Destabilisation of metal hydride complexes and theoretical modelling (JB).

[9]

A. Züttel ([email protected]) UNI Fribourg: Demonstration eines Metallhydrid Speichers in einem mit Wasserstoff angetriebenen Pistenfahrzeug (SB).

[10] E.M. Moser ([email protected]) Incoat GmbH, Löhningen und Ecole des Ingenieurs, Genève: Hydrobar – Diffusionssperrschichten für Wasserstoff (SB). [11] A. Baiker ([email protected]) ETH-Zürich: Katalytische Synthesen ausgehend von mineralischen Kohlendioxid-Quellen (JB). [12] Shui-Ching Ho, G. Reber, D. Kohler, R. Steiner und P. Oelhafen, ([email protected]) UNI Basel: Materialien für nachhaltige Technologien in der Energieumwandlung und Energieeinsparung (SB). [13] A. Weidenkaff und R. Robert ([email protected]) EMPA Dübendorf: Materials Development for Solar Thermoelectric Generators (JB).

Liste der P+D-Projekte [14] Hydropole (www.hydropole.ch) Schweizerisches Wasserstoff-Kompetenzzentrum (JB). [15] A. Steinfeld ([email protected]) ETH Zürich: Leitung des IEA-Programms SolarPACES (Solar Power and Chemical Energy Systems) (JB). [16] A. Luzzi ([email protected]) SPF TH Rapperswil: Leitung des IEA-Programms Photoproduction of Hydrogen and Case Studies of Integrated Systems (JB). [17] W. Cyphelly ([email protected]) Les Brenets und P. Brückmann ([email protected]) Davos: Druckluft - Ein Energiespeicher der Zukunft (JB).

Referenzen [18] O. Carp, C.L. Huisman and A. Reller ([email protected]): Photoinduced Reactivity of Titanium Dioxide, Progr. Solid State Chem. 32 (2004) 33 – 177.