Wann Vorsorge, wann Eignung?

ArbMedVV 15.04.2015 Wann Vorsorge, wann Eignung? DGAUM, Mainz Nationaler Arbeitsschutz, SOP, Annika Wörsdörfer 1 Grundsätzliches Arbeitsmedizini...
Author: Lennart Geisler
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ArbMedVV

15.04.2015

Wann Vorsorge, wann Eignung? DGAUM, Mainz

Nationaler Arbeitsschutz, SOP, Annika Wörsdörfer

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Grundsätzliches Arbeitsmedizinische Vorsorge: Beurteilung der Wechselwirkung zwischen Arbeit und Gesundheit Ziel ist Prävention: arbeitsbedingte Erkrankungen frühzeitig erkennen und verhüten, um Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und betrieblichen Gesundheitsschutz fortzuentwickeln. Dabei muss der Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. AG muss Arbeitsmediziner/in mit der Vorsorge betrauen (i.d.R. nach § 2 ASiG bestellte Betriebsarzt/Betriebsärztin) Grundsätzlich kann der Bedarf einer Konsultation bei jeder Tätigkeit bestehen Ergänzung (nicht Ersatz) für Arbeitsschutz. Der Arbeitgeber sorgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene medizinische Vorsorge. (§3 ArbMedVV) Nationaler Arbeitsschutz, SOP, Annika Wörsdörfer

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Vorsorge Die Arbeit dem Mensch anzupassen und damit zur menschengerechteren Gestaltung der Arbeitsplätze beizutragen. Die Vorsorge dient primär dem Schutz des Beschäftigten. Recht auf Vorsorge statt Pflicht Vorsorge ≠ körperliche Untersuchung Vorsorge = Aufklärung und Beratung im Mittelpunkt Vorsorge ist Teil des Arbeitsschutzes

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Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer/innen Arbeitsunfallquoten

Körperliche Untersuchungen berühren das Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten (auch Recht auf Nichtwissen) Kein Untersuchungszwang! Recht auf körperliche Unversehrtheit „arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung“ Schwerpunkt der Beratung und Aufklärung wird deutlicher AG darf nicht über Ergebnisse informiert werden- Schweigepflicht aber: Weitergabe von Vorschlägen für weitergehende Schutzmaßnahmen

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Einstellungs-, Tauglichkeits- und Eignungsuntersuchungen Den passenden Mensch für die Arbeit zu finden- Selektionsansatz Diese Untersuchungen dienen vorrangig den Interessen des Arbeitgebers bzw. zum Drittschutz. Eignungsuntersuchen sind Arbeitsrecht! (Leistung des Arbeitnehmers) Die Verordnung bietet keine Rechtsgrundlage, d.h. solche Untersuchungen können nur auf anderer Grundlage, wie JuArbSchG erfolgen. Die berufsgenossenschaftlichen G-Grundsätze oder DGUV Vorschriften sind KEINE Rechtsgrundlagen und somit nicht geeignet Grundrechte einzuschränken. Achtung: Normen sind keine Rechtsgrundlage, sondern obliegen einer freiwilligen Anwendung.

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Eignungsuntersuchung erfordern strenge Voraussetzungen Ein negatives Ergebnis existenzielle Folgen für den Beschäftigten haben kann, bis zum Verlust des Arbeitsverhältnisses. Eine Untersuchung nur eine Momentaufnahme ist und nur begrenzt Prognosen zulässt Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind bereits die Gefährdungen und daraus konkrete Maßnahmen abgeleitet worden- zuerst das techn. Mögliche umsetzen Juristisch müssen Kollektivverträge (Tarifvertrag, Betriebs- und Dienstvereinbarung) als Rechtgrundlage für verpflichtende Eignungsuntersuchungen: Grundrechtskonform Geeignet Erforderlich Hinreichend bestimmt und Verhältnismäßig (angemessen) sein

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Suchtmittelkontrollen Drogenscreenings oder Alkoholtest sind größtenteils abzulehnen. Suchtmittelkontrollen sind im Arbeitsschutzrecht nicht vorgesehen. Schaden dem Ansehen der Betriebsärzte und unterminieren das Vertrauen der Belegschaft in den Berufsstand. Schaffen ein falsches und damit gefährdendes Sicherheitsgefühl, da keine Kontrolle zu einer 100% Verhinderung von Konsum führt oder viele Substanzen schlichtweg nicht nachgewiesen werden können. Stellen auf illegale Drogen ab und ignorieren oft so z.B. vorliegenden Medikamentenmissbrauch oder andere legale Substanzen Sinnvoll und juristisch vertretbar in Einzelfällen: Suchtmittelkontrollen bei ausgelosten Containerbrückenfahrern durch Urinproben in einer Betriebsvereinbarung. (ArbG HH, 2006)

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Fürsorgepflicht versus Selbstbestimmung Fürsorge für Dritte ist nicht vorgesehen in der Verordnung Grundrechte des Einzelnen wiegen stark, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit das informationelle Selbstbestimmungsrecht- Gesundheitsdatenschutz die allgemeine Handlungsfreiheit, u.a. Recht auf Nichtwissen und auf Selbstgefährdung

Im Ergebnis gilt immer, die Prüfung der rechtlichen Grundlage und das Vorliegen eines Sachgrundes bevor die Grundrechte des Beschäftigten eingeschränkt werden können.

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Schlussfolgerungen/ Empfehlungen 1. Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist recht klar geregelt. 2. Eignungsuntersuchungen sind getrennt davon zu sehen und bedürfen einer Rechtsgrundlage und eines Sachgrundes.

Ein rechtskonformes Handeln ist nötig! Individualrechtliche und kollektivrechtliche Grundlagen müssen nun überprüft und ggf. abgeändert werden. Das Arbeitsschutzmanagementsystem muss der geänderten ArbMedVV Rechnung tragen und die Vorsorge als solche entsprechend berücksichtigen.

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