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55. Jahrgang • ISSN 0341-2458 3 September 2008 Z e i t s c h r i f t d e s D e u t s c h e n Ä r z t i n n e n b u n d e s e . V . In halt s v...
Author: Fritz Weiß
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55. Jahrgang • ISSN 0341-2458

3

September 2008

Z e i t s c h r i f t

d e s

D e u t s c h e n

Ä r z t i n n e n b u n d e s

e . V .

In halt s verzei chnis Editorial • Dr. Astrid Bühren .............................................................................. 3 Exklusiv für ÄRZTIN • Vier Fragen an... Ärztinnenrepräsentantinnen antworten ...... 4 - 5 Thema • Ärztinnengesundheit ................................................................. 6 - 7 Aus dem Verband • Ein G-BA-Beschluss und die Reaktion des DÄB • Ethikausschuss und Gesundheitskarte ...................................... 8 - 9 Aus den Regionalgruppen • Gender-Kongress in Heidelberg • Berlinerinnen in der Obdachlosenpraxis ............................... 10 - 11 Beruf Ärztin • Medica mondiale und Monika Hauser ...................................12 - 13 Gender • Schattenbericht für UN-Ausschuss .................................................14 Interview • Anerkennung von Kindererziehungszeiten ................................. 15 Geschichte • Louise Otto-Peters in Leipzig ............................ ............................ 16 Wissenschaft & Medizin • Komplementärmedizin .................................................................. 17 Lesetipps .................................................................................18 - 19

www.aerztinnenbund.de Aktuell:

3 September 2008: Ärztinnen und Ärzte für die Zukunft der Gesundheitsversorgung und des Arztberufes. Weitere Informationen u. a. S. 4 - 5 3 – September 2008 – 55. Jahrgang



Herzliche Einladung Beiratssitzung des Deutschen Ärztinnenbundes vom 14. bis 16. November 2008 in Wuppertal Aus dem Programm Freitag Begrüßungsabend und Seminar: Gemeinsam sind wir stark - Netzwerk und Gremienarbeit als Ärztin in der Berufspolitik, Referentin: Dr. Susan Trittmacher. Samstag 9 Uhr Berufspolitische Podiumsdiskussion: Quo vadis medicina? Beiratssitzung Mittags Schwebebahnfahrt mit dem historischen „Kaiserwagen“, dort auch Imbiß Abends 20 Uhr Führung, Vortrag und Diskussion im Völkerkundemuseum der vereinten ev. Mission „Ach, vergeblich das Fahren. Wenn Ärztin eine Reise tut“ – Diskussion mit der Museumsleiterin, einer ehemaligen Missionskrankenschwester und unserer DÄB Kollegin Dr. Waltraud Diekhaus, Vize-Präsidentin der Region Zentral Europa des Weltärztinnenbundes. Sonntag Beiratssitzung Ort: Theologisches Zentrum Wuppertal Anmeldung zur Tagung bei: Dr. Marie-Louise Fasshauer, Fax:0202-250 12 96 Wir freuen uns auf alle Kolleginnen, die zu uns kommen, und grüßen aus Wuppertal! Weitere Informationen auch per Email über [email protected]

Netzwerk für Ärztinnen: DEUTSCHER ÄRZTINNENBUND e.V. Was der Deutsche Ärztinnenbund für junge Ärztinnen und Zahnärztinnen leistet: • Erfahrungsaustausch im Jungen Forum (Studentinnen und Ärztinnen bis 40 Jahre), z. B. in eigenen überregionalen Tagungen • Mentoring über das DÄB-Mentorinnennetzwerk zu allen Fragen der beruflichen Entwicklung und der Karriere sowie beim berufspolitischen Engagement. • Verleihung des Wissenschaftspreises des Deutschen Ärztinnenbundes an junge Ärztinnen anlässlich des alle zwei Jahre stattfindenden Wissenschaftlichen Kongresses des DÄB • Förderung der Genderspezifik in medizinischer Forschung und Lehre sowie in der Gesundheitsversorgung • Aktivitäten in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Krankenhäusern und in der Praxis • Jedes Mitglied im Deutschen Ärztinnenbund ist gleichzeitig Mitglied in der Medical Women‘s International Association (WWIA), der Weltärztinnenorganisation, und damit international vernetzt

Wir freuen uns auf den Kontakt mit Ihnen und informieren Sie gern umfassend: Deutscher Ärztinnenbund e. V. , Geschäftsstelle Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin Tel: 030-4004 56-540 Fax: 030-4004 56-541 Mail: [email protected] www.aerztinnenbund.de

Wir machen junge Ärztinnen fit für Beruf und Karriere – in Klinik, Praxis und Berufspolitik: Deutscher Ärztinnenbund e. V.

Edi t o r ia l

Liebe Kollegin, „Frau Bühren, Sie wollen ein nettes Bild an die Wand nageln, dabei brennt das Haus lichterloh“, kanzelte mich ein sonst recht charmanter Kollege ab, als ich 1999 als einzige weibliche Delegierte im Ausschuss „Niedergelassene Ärzte“ der Bayerischen Landesärztekammer forderte, auch die spezifischen Belange der Ärztinnen zu berücksichtigen. „Wir brauchen Unterstützung vom Deutschen Ärztinnenbund – was müssen wir in unseren Kliniken und in der vertragsärztlichen Versorgung verändern und anbieten, damit wir auch den weiblichen ärztlichen Nachwuchs für die Krankenversorgung und die Übernahme unserer Praxen gewinnen?“ ist die Devise 2008. Inzwischen begreifen immer mehr Verantwortungsträger im Gesundheitswesen, dass die Ärztinnen keine im Prinzip überflüssige Zierde sind, sondern ein wichtiger Teil der Problemlösung. Wir berufspolitisch aktiven Ärztinnen im Deutschen Ärztinnenbund – DÄB – werden gebraucht, um die Rahmenbedingungen für den ärztlichen Beruf zeitgemäß zu verändern und damit zukunftssicher zu gestalten: Über eine angemessene Entlohnung hinaus müssen Familienfreundlichkeit und eine zufrieden stellende und gesund erhaltende Work-Life-Balance für Ärztinnen (s. S. 6/7) und Ärzte gewährleistet werden und endlich gleiche berufliche Chancen auch für die Ärztinnen hergestellt werden, die eine Führungsposition in Klinik und Wissenschaft anstreben bzw. bereits erlangt haben. Zum Entsetzen vieler DÄB-Mitglieder erleben gerade die jeweils ersten Lehrstuhlinhaberinnen in der Viszeral-, Allgemein- und Transplantationschirurgie und in der Herzchirurgie schwerste Anfeindungen. Prof. Dr. Sabine Däbritz gibt ihre Stiftungsprofessur für Herzchirurgie in Münster schweren Herzens wieder auf und wird ab Oktober Chefärztin in Duisburg. Es verwundert, dass es sich Universitäten in Zeiten der angeblichen Mittelknappheit und des vielfach bekundetem Streben nach mehr Attraktivität durch Excellence leisten können, ihre Energien in inneruniversitäre Grabenkämpfen zu stecken statt in eine gemeinsame Leistung für das Schaffen eines kooperativen Lehrkörpers und eine schlagkräftige Gesamtklinik. Derzeit werden von mir als Präsidentin Interviews mit den 52 chirurgischen Chefärztinnen in Deutschland zur Fragestellung „Aktuelle Situation der Chefärztinnen“ für einen Vortrag beim 22. Chirurgentag am 17. Oktober in Berlin geführt. Anlass für die Wahl dieser Thematik sind neben den genannten Ereignissen weitere eklatante Vorkommnisse, die, manchmal innerhalb der letzten Stunden vor Fristablauf der Probezeit, auffallend häufig einige der immer noch extrem selten zu findenden Chefärztinnen ereilten. Die Erfahrungen der oft schon langjährig etablierten Chirurginnen können ggf. dazu beitragen, dass der Berufsverband BDC und die chirurgischen Fachgesellschaften konkrete und konstruktive Gegenmaßnahmen ergreifen können. Welche konkrete Unterstützung bietet der DÄB Ärztinnen für einen erfolgreichen Berufsweg? • Erfahrungsaustausch und Vernetzung in den Regionalgruppen • das Junge Forum • das Mentorinnennetzwerk • Unterstützung Bedürftiger durch die Edith-Grünheit-Stiftung • Referentinnen bei Kongressen u. a. von chirurgischen, anästhesiologischen, internistischen Fachgesellschaften zu ärztinnen- und genderspezifischen Themen • Artikel z. B. in „Arzt und Krankenhaus“, dem „Deutschen Ärzteblatt“ oder „Der Hausarzt“ • die DÄB-Checkliste „Weiterbildung“ • die DÄB-Checkliste „Das familienfreundliche Krankenhaus“ • die Liste deutscher Kliniken mit betriebseigener Kinderbetreuung auf der Homepage des DÄB • von DÄB-Mitgliedern verfasste Handbücher. Die berufs- und frauenpolitischen Aktivitäten des DÄB fokussieren aber auch folgendes: • Nach vielen Jahren vergeblicher Forderungen vieler Ärztinnen an die Berufsständischen Versorgungswerke, wie alle Mütter und Väter in der gesetzlichen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten für die spätere Rente an gerechnet zu bekommen, hat nun ein Urteil zumindest eine Tür in die richtige Richtung aufgestoßen. (S. 15) • legal unkorrekte Formulierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Frauen weiterhin verbal „unter den Tisch fallen lassen“ wollen, haben wir erfolgreich beanstandet. (S. 8) • Die seit dem 1. Juli 2008 geltende zusätzliche bürokratische Regelung der Kennzeichnungspflicht aller ärztlichen Leistungen ist z.B. nachteilig für Ehepaare, die Patientenbetreuung und gemeinsame Kindererzie hung in Absprache und individueller Schwerpunktsetzung gemeinsam bewältigen wollen. (s.www.aerztinnenbund.de, Themen, Beruf und Familie) Liebe Kollegin, es scheint der Politik nicht möglich zu sein, ohne Zeit- und Kraftverschwendung die notwendigen Finanzmittel ins GKVSystem einzustellen, deshalb sind auch wir Ärztinnen aufgefordert, uns wieder an den im September anstehenden Demonstrationen in Berlin zu beteiligen. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch viel Lebensfreude im privaten und beruflichen Alltag und in der Frei-Zeit

Ihre Astrid Bühren

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Exklusiv für „Ärztin“

Vier Fragen an.... • Dr. med. Ursula Stüwe, Präsidentin der Landesärztekammer Hessen, Fachärztin für Chirurgie, Wiesbaden • Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der Landesärztekammer Niedersachsen, Internistin und Fachärztin für Lungenund Bronchialheilkunde, Umweltmedizin und Allergologie, Oberärztin im Kreiskrankenhaus Diekholzen bei Hildesheim • Dr. med. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Landesärztekammer Thüringen, niedergelassene Fachärztin für HalsNasen-Ohrenkrankheiten in Erfurt 1. Wie ist die Situation von Ärztinnen in Ihrem Bundesland? 2. Was wird im Gesundheitssystem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Bezug auf die Ärztinnen getan? 3. Haben Sie einen Ausschuss Ärztinnen in Ihrer LÄK – wenn nicht, warum eigentlich nicht (mehr)? 4. Im September gibt es wieder Großdemonstrationen von Ärztinnen und Ärzten. Aus Ihrer Sicht: Welche Forderungen sollten Ärztinnen erheben und wo sehen Sie für Ihre Tätigkeit in der LÄK diesbezüglich Schwerpunkte?

Dr. med. Ursula Stüwe Die Situation bezüglich der Arbeitsmöglichkeiten hat sich aufgrund des zunehmenden Ärztemangels verbessert. Unterstützung in Form von Wiedereingliederungskursen scheint nicht mehr notwendig zu sein. Bei den Kammerwahlen trat eine Ärztinnenliste an, die jedoch die Präsidentin mit mindestens derselben Qualifikation wie ein männlicher Bewerber bei der Wiederwahl nicht unterstützt, da bereits fest eingebunden in das System der Hausärzte. Ausschließlich männlich geführt! Frauensolidarität ist nicht bemerkbar. Kliniken interessieren sich zunehmend für familienfreundliche Arbeitsplätze, da der Ärztemangel sie letzten Endes dazu zwingt. Das jedoch ist auch für männliche Ärzte interessant. Ja, wir haben einen Ausschuss Ärztinnen. Notwendigkeit wird immer wieder hinterfragt, Medizin wird zunehmend weiblich, darumwerden solche Ausschüsse vermutlich bald unnötig. Gendergerechtigkeit wäre vermutlich weiter führend!



bequem, zeitfressend und man bekommt wenig Anerkennung. Man muss als Frau schon immer noch „doppelt so gut“ wie ein Mann sein, um in etwa die gleich Anerkennung zu erleben! Mein Motto: nicht jammern - die Sachen, die problematisch sind, selber anpacken! Das ist dann nämlich gelebte Selbstverwaltung!

Dr. med. Martina Wenker Nach meinem Kenntnisstand gibt es in Nieder­ sachsen keine gravierenden Unterschiede im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Insbesondere im nördlichen und östlichen Niedersachsen haben wir zunehmend Probleme, mit Erreichen der Altersgrenze eine Praxisnachfolge zu finden. An den beiden Universitäten Göttingen und Hannover gibt es einen bemerkenswert hohen Anteil an weiblichen Absolventinnen der Humanmedizin, wobei sich die Arbeitsmarktsituation für Berufsanfänger zunehmend entspannt (siehe Stellenanzeigen im Deutschen Ärzteblatt, viele freie Weiterbildungsstellen).

Die mir bekannten Großdemos beschränken sich auf die zur „Rettung der Krankenhäuser“ – da gilt es für Ärztinnen und Ärzte gleichermassen, dabei zu sein – denn es geht um die Zukunft der Versorgung der Bevölkerung in unserem Land – geschlechtsunabhängig!

Seit vier Jahren existiert auf Antrag der Ärztinnen kein separater Ausschuss mehr, da die große Mehrheit der berufspolitisch aktiven Kolleginnen der Kammerversammlung in den maßgeblichen Entscheidungsgremien (Vorstand, Ausschüsse für z. B. Weiterbildung, Fortbildung, Qualitätssicherung) tätig sein möchte.

Persönlicher Kommentar: Ich halte die Fokussierung auf die „Ärztinnen“ inzwischen für total überholt, es muss darum gehen, daß sich Frauen wie Männer aktiv beteiligen am berufspolitischen und gesellschaftspolitischen Diskurs – das ist oft unangenehm, un-

Es ergibt sich ein differenziertes Bild, das abhängig ist vom Tätigkeits-/Beschäftigungsort, wie z. B. eigene Einzelpraxis, ärztliche Kooperationsgemeinschaft, Medizinisches Versorgungszentrum, öffentlicher Gesundheitsdienst, Kranken3 – September 2008 – 55. Jahrgang

haus in unterschiedlichen Trägerschaften (z. B. privat wie Rhön oder Asklepios, kommunal, gemeinnützig, kirchlich, Universität) – generell darauf zu antworten ist nicht möglich! Unsere Schwerpunkte sind: – Leistungsgerechte Honorierung/Vergütung ärztlicher Tätigkeit – Faire Arbeitsbedingungen – Familienfreundliche Arbeitsplätze, -zeiten Dies alles gilt nach meiner persönlichen Überzeugung für alle ärztlichen Kolleginnen und Kollegen ohne geschlechtsspezifische Differenzierung, hierfür setze ich mich als Standesvertretung aller Ärztinnen und Ärzte gerne ein.

aus steht noch: Statement Dr. Wahl, Baden-Wü Statement Dr. Heinemann, SachsenAnhalt

Dr. med. Ellen Lundershausen Die Situation der Ärztinnen ist besser geworden! Ich sehe mehr Chancen für die Tätigkeit in den Krankenhäusern, aber man muss auch ehrlicherweise sagen, dass dies durch den wachsenden Ärztemangel bedingt ist: Man braucht die Frauen. So hörte ich vor einiger Zeit von einem leitenden Chirurgen, wie fingerfertig doch Chirurginnen seien... Das sind ganz neue Töne – und ich denke, Frauen müssen diese Situation für sich und ihre berufliche Entwicklung ausnutzen. Im niedergelassenen Bereich sehe ich noch zu viel Zaghaftigkeit bei jungen Kolleginnen, sie trauen sich nicht, eine Praxis zu eröffnen. Dabei sollten sie auch hier die inzwischen vorhandenen Möglichkeiten besser nutzen, Gemeinschaftspraxen gründen. Fangen wir im niedergelassenen Bereich an: Gerade die Gemeinschaftspraxis erlaubt aus meiner Sicht Familienorientierung, frau kann sich ihre Praxiszeiten so legen und mit der Kollegin, dem Kollegen so festlegen, dass die Familie bei keiner/keinem zu kurz kommt. Also möchte ich ermutigen – nutzt die Möglichkeiten! Fakt ist auch, dass die großen Krankenhäuser unbedingt Kindereinrichtungen brauchen, die den ärztlichen Dienstzeiten entsprechen. Das macht die Arbeit im OP und auf den Stationen attraktiver. Ich freue mich, dass z. B. das größte Krankenhaus in Erfurt, das zu einem Klinikkonzern gehört, eine solche Einrichtung anbietet. Wir haben keinen solchen Ausschuss mehr, und der Grund ist simpel: Die Kollegin, die ihn lange Zeit aktivierte, ist ausgeschieden. Ob wir einen brauchen oder nicht, ist nicht so einfach mit ja oder nein zu beantworten. In unserer Kammer sind wir als Frauen gut vertreten – drei im Vorstand, zwei als Geschäftsführerinnen, da können Frauen betreffende Themen nicht unter den Tisch fallen. Wobei ich schon sehe, dass dabei unsere regionalen Interessen im Vordergrund stehen. Wo es um generelle Ärztinnenbelange unter bundesweitem Aspekt geht, wäre es schon gut, wenn ein solcher Ausschuss in jeder LÄK existierte. Aber wir haben halt im Moment niemand, der das mit Energie betreibt... Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheint mir ein Dreh- und Angelpunkt zu sein, den es im Gesundheitsbereich durchzusetzen gilt. Aber das trifft Ärztinnen wie Ärzte, und dafür sollten wir gemeinsam eintreten.

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Thema

Foto: privat

Ärztinnengesundheit: Balance zwischen Beruf und Familie ist entscheidend Grundsätzlich arbeiten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland unter den gleichen beruflichen Bedingungen. Diese unterscheiden sich von den meisten anderen akademischen Berufen u. a. maßgeblich dadurch, dass Patientinnen und Patienten in der stationären und ambulanten Medizin auch an Wochenenden, Feiertagen und während der Nachtzeiten der medizinischen Versorgung bedürfen. Diese Arbeitszeiten belasten auch soziale Kontakte und sind nicht kompatibel mit den üblichen Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusätzlich erschwert. Ärztinnen orientieren sich häufiger am therapeutischen Ansatz des „Caring“, Ärzten wird eher die Haltung des „Curing“ zugeordnet (v. Castelberg 2003). Der Erfolg einer Klinik wird jedoch an kurzen Liegezeiten gemessen, und die Karrierechancen in der Medizin richten sich maßgeblich nach dem Impact factor. Gesundheit und Krankheit von Ärztinnen und Ärzte sind sowohl gemeinsam im Zusammenhang mit den speziellen Anforderungen des ärztlichen Berufes zu betrachten, als auch geschlechterdifferierend bezüglich der unterschiedlichen biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen im Sinne von Gender Mainstreaming.. Unterschiedliche Ausgangssituation? Nachdem es bereits vom 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Chirurginnen gab (Künzl, 2001) ist das Medizinstudium für Frauen erst seit 100 Jahren in Deutschland erlaubt. Sie sind speziell in den chirurgischen Fachgebieten noch massiv unterrepräsentiert (Bühren, 2001). Die sprechende Medizin wird überproportional häufig von Ärztinnen aus geübt, was auch mit den ausgeprägteren kommunikativen Fähigkeiten zusammenhängt (Roter 2002). In Deutschland verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt auf allen Gehaltsstufen 25% weniger als Männer, entsprechendes gilt auch für Chefärztinnen und niedergelassene Ärztinnen. Zusammenhänge ergeben sich mit der Unterrepräsentation von Ärztinnen in Führungs-



positionen in Kliniken, in Gremien von Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Kassenärztlichen Vereinigungen, in denen Honorierungskategorien bestimmt werden. Zusätzlich zu den äußeren Barrieren durch gesellschaftliche Rollenzuschreibungen, „old-boys-networks“ und gesetzliche Rahmenbedingungen wie eine veraltete Mutterschutzrichtlinienverordnungen sind die inneren Barrieren mit einem geschlechtsrollenbezogenen Selbstkonzept aufgrund traditioneller Sozialisation und fehlender Rollenvorbilder wirksam. (Abele 2006). Mentoring, Netzwerke und Wiedereinstiegskonzepte entfalten allmählich Wirksamkeit (Bühren, 2006a). Spezielle Auswirkungen hat die Gebärfähigkeit von Frauen, die die nicht biologisch begründbare Konsequenz nach sich zieht, dass auch sie und extrem selten Vätern die Pflichten der alltäglichen Kindererziehung und Haushaltsführung zu erfüllen haben. Im Resultat verlaufen die Berufswege von Ärztinnen bisher oft diskontinuierlich, einschließlich Elternzeit, Teilzeit, Familienarbeit ohne Berufstätigkeit und Pflege kranker Familienangehöriger. So stehen in Deutschland nur Frauen vor der Entscheidung: Karriere oder Kinder? Allmählich steigt die Zahl der arbeitszeitkompatiblen Betreuungsangebote am Arbeitsplatz (Bühren 2006b). Ebenso wie die einseitige Festlegung auf Erwerbsarbeit für Männer negative gesundheitliche Konsequenzen hat (Bründel und Hurrelmann 1999), hat die traditionelle Festlegung auf Familie und Haushalt bei Frauen negative gesundheitliche Auswirkungen (Möller-Leimkühler 2006). Aus diversen Untersuchungen könnte geschlossen werden, dass es sowohl für die Gesundheit der Ärztinnen selbst als auch in Bezug auf die Rückwirkung auf ihre Kinder vorteilhaft ist, in Teilzeit berufstätig zu sein. Flexible Arbeitszeitmodelle haben sich zwar auch für den Arbeitgeber als günstig herausgestellt (Kuhnert-Frey 1999), werden aber noch nicht in allen Kliniken angeboten. Mit dem am 1. 4. 2007 in Kraft getretenen Vertragsarztrechtsänderungsgesetz wurden hier für die Niederlassung mit der Möglichkeit einer Teilzulassung zusätzlich zum Job-Sharing Bedingungen geschaffen, die den Bedürfnissen der jüngeren Ärzte- und Ärztinnengeneration Rechnung tragen. Die vom Forum 60 plus des DÄB initiierte Studie „Zur Lebenssituation von Ärztinnen und Ärzten im Alter“ gibt Aufschluss über die Bewältigung des Alterns, des Berufsverlusts sowie über die Gesundheit im Alter.

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Karrierespezifische Daten für Ärztinnen Inzwischen sind 54% der ärztlichen Berufseinsteiger Ärztinnen und unterschiedlich je nach Medizinischer Fakultät bis zu 80% der Erstsemester. In Leitungsfunktionen gelangen Frauen immer noch extrem selten, hier rangiert der Anteil von 24,5% in der Allgemeinmedizin über 20,1% Dermatologie bis 4,2% in der Gefäßchirurgie, 2,4% in der Gastroenterologie und 0,7% in der Unfallchirurgie (Statistisches Bundesamt 2006). Noch nie gab es eine Präsidentin der Bundesärztekammer oder der meisten medizinischen Fachgesellschaften bzw. Berufsverbände. Ein Drittel der Niedergelassenen sind Ärztinnen. Gesundheitliche Risiken bei Ärztinnen Bisher wurde dem Thema ÄrztInnengesundheit relativ wenig Bedeutung beigemessen, 2004 thematisierte das British Medical Journal die „Unhappy Doctors“, und im Oktober 2007 fand erstmals eine internationale Doctors Health Conference statt. Die meisten der vorhandenen Daten aus gut fundierten Studien mit größeren Kohorten und Metaanalysen stammen aus Nordamerika und Skandinavien. Sie sollten bezüglich der Übertragbarkeit auf Deutschland überprüft werden. Geschlechtersensible Medizin – Gender medicine Die Unterschiede bezüglich Sex und Gender, Biologie und Geschlechtsrollen werden seit knapp zwanzig Jahren systematischer untersucht (DÄB 1999, Fischer 2005, Bühren 2007) und zunehmend auch gesetzlich berücksichtigt, z.B. in der 12. Arzneimittelgesetz-Novelle 2004. Seelische Gesundheit – Suizidalität Speziell die Suizidraten werden sehr widersprüchlich diskutiert. Frank kommt nach Analyse der vorliegenden Daten 2002 zu dem Schluss, dass Ärztinnen zwar eine höhere Suizidrate als andere Frauen aufweisen, aber eine gleich hohe wie Ärzte. Püschel hingegen benennt 2006 ebenfalls das Suizidrisiko in der Ärzteschaft 40 -130% höher als in der Allgemeinbevölkerung, unterscheidet aber das Suizidrisiko in der Ärzteschaft bezogen auf die Allgemeinbevölkerung bei Ärztinnen als 2,5 - 5,6mal höher und bei Ärzten 1,1-3,4mal höher. Interessanterweise stellt er die häufigsten Zeitpunkte des Suizids in der Allgemeinbevölkerung während des Jugend- und Rentenalters dem Zeitpunkt des Auftretens in der Ärzteschaft während des Berufslebens gegenüber. Die häufigste Suizidmethode ist die Medikamentenüberdosierung, die Fachrichtungen mit höchster Suizidgefährdung sind in absteigender Reihenfolge: PsychiaterInnen > AnästhesistInnen > ChirurgInnen > InternistInnen > NeurologInnen > AllgemeinmedizinerInnen. Seelische Gesundheit – Depression Verheiratetsein wirkt bei Männern protektiver gegenüber Depressionen als bei Frauen, während bei diesen qualitative Aspekte der Partnerschaft eine größere Rolle spielen. Berufstätigkeit geht bei Frauen und Männern mit psychischem Wohlbefinden einher. Dieser Zusammenhang ist jedoch bei verheirateten Frauen und Müttern mit Kindern weniger deutlich, was Auswirkungen multipler Rollenbelastungen widerspiegelt. Frauen tragen auch die Hauptlast der Pflege älterer und kranker Angehöriger. Die „Cost of Caring“-Theorie postuliert, dass 3 – September 2008 – 55. Jahrgang

Frauen aufgrund ihrer Geschlechtsrolle häufiger mit kritischen Lebensereignissen im sozialen Umfeld konfrontiert sind. Das Ausmaß z.B. politischer Beteiligung, ökonomischer Autonomie, Berufstätigkeit und Verdienst wirkt sich positiv auf die individuellen Depressionswerte aus (Kühner 2006). Ärztinnen nehmen jedoch signifikant häufiger als Ärzte Erziehungszeiten wahr, sind nicht in ihrem Beruf tätig, arbeitslos oder in Teilzeit angestellt mit entsprechenden Einbußen bezüglich Gehalt und Rente (Bühren 2002). Konsequent werden Ärztinnen zu den High Risk Groups gezählt wegen der besonderen Herausforderung, die Balance zwischen den Anforderungen im Beruf und in der Familie zu halten. Ärztinnen in Leitungspositionen seien auch seltener verheiratet und häufiger kinderlos als ihre entsprechenden männlichen Kollegen. (Royal Australian College of General Practitioners 2005) Gesundheitsverhalten von Ärztinnen Das gesundheitsbewusste Verhalten in Bezug auf die eigene Person ist bei Ärztinnen und bei Ärzten (Frank 2002) signifikant ausgeprägter als bei Frauen und Männern entsprechender anderer akademischer Berufe und Gehaltsgruppen. Eine Doktorarbeit aus Hessen zeigt, dass Hausärztinnen in Bezug auf eigene gesunde Ernährung, Teilnahme an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und Häufigkeit von Adipositas deutlich gesundheitsbewusster abschneiden als ihre männlichen hausärztlichen Kollegen (Kaiser 2002). Allerdings äußert ein Drittel der Ärztinnen, aber nur ein Viertel der Ärzte Überforderungsgefühle, was auch Ausdruck eines geschlechtstypischen Rollenverhaltens sein kann.. Dies hat auch Auswirkungen auf ihr ärztliches Verhalten, da Ärztinnen und Ärzte, die für sich selbst gesünder leben, mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Patientinnen und Patienten über präventive Maßnahmen beraten (Frank 2000) Gesundheitsförderung im Deutschen Ärztinnenbund Die allgemeinen gesundheitsfördernden Lebensstile wie gesunde Ernährung, sportliche Betätigung, Anwendung von Stressbewältigungsstrategien, Reduktion von Suchtstoffen, Aufsuchen von geeigneten ÄrztInnen statt Selbstbehandlung etc. gelten selbstverständlich auch für Ärztinnen. Spezifisch im DÄB fördert das Mentorinnennetzwerk das Erreichen von beruflichen Zielen, das Junge Forum und Forum 60 plus verstehen sich als Plattformen zur Artikulierung spezifischer Interessen und zum Erfahrungsaustausch. Zudem bietet der Deutsche Ärztinnenbund eine Burnout-Hotline für die Ärztinnen und Zahnärztinnen an, die Mitglied in diesem Berufsverband sind. Dr. med. Astrid Bühren Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes [email protected] Literatur bei der Verfasserin (Ein weiterer Artikel zur Ärztinnengesundheit von Dr. Astrid Bühren erschien in "Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133: 23 – 24, s. www.thieme.de

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aus dem verband

„Was heißt hier – mit gemeint?“ Ein Brief des DÄB hat Folgen Das hatte sich der G-BA, der Gemeinsame Bundesausschuss so einfach gedacht: Im Januar 2008 flatterte ein Beschluss dieses Gremiums ins Haus, in dem es wie folgt hieß: „Der G-BA strebt eine sprachliche Gleichberechtigung der Geschlechter an. Die Verwendung von geschlechtlichen Paarformen würde aber Verständlichkeit und Klarheit der Richtlinien erheblich einschränken. Die in diesen Richtlinien verwendeten Personenbezeichnungen gelten deshalb auch jeweils in ihrer weiblichen Form.“ Zwingender Anlass für den Deutschen Ärztinnenbund, Anfang Juli einen Brief an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen und G-BA-Vorsitzenden Dr. Rainer Hess zu schreiben: „Mit gemeint ist nicht vollwertig gemeint. Nach der Logik der Mehrheit müsste es heißen ...Männer sind mit gemeint ...denn unter den Pflegebedürftigen sind Frauen nicht in der Minderheit. Ganz richtig ist es, sowohl Männer als auch Frauen zu benennen – nach Wittgenstein „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“. Lange waren Frauen auch in der somatischen Medizin nur mitgemeint: Z. B. die Pharmaforschung hat fast immer frauenfrei stattgefunden mit dem Resultat, dass Frauen die gleichen Dosierungen wie Männer bekommen haben, dass ihnen das oft nicht ausreichend nutzte - und schlimmer, ihnen oft tatsächlich schadete. Und ohne Not wird diese Praxis fortgeführt. Genderdifferente Medizin ist genauso wichtig in der Geriatrie und in der Pflege. Wenn

Ethikausschuss des DÄB: Elektronische Gesundheitskarte noch nicht einsetzen! Der Ethikausschuss des Deutschen Ärztinnenbundes hat sich in einer „Vorläufigen Stellungnahme zur elektronischen Gesundheitskarte (eGK) geäußert. Darin wird u. a. auf die Erfahrungen in der Testregion BadenWürttemberg verwiesen. Kritisiert wird u. a., dass die Einführung der eGK nicht wirklich in Frage gestellt, sondern dass sie auf jeden Fall eingeführt werden soll, unabhängig vom Ergebnis der Testphasen, d.h. vor allem unabhängig von der Akzeptanz der Beteiligten und unabhängig von einer Kosten/Nutzen Analyse. Der Ethikausschuss weist weiter „mit besonderem Nachdruck auf Probleme im medizinischen Bereich hin .Die Patienten sollen selbst entscheiden, welche Krankheitsdaten auf ihrer Patientenkarte vermerkt werden sollen, und wer diese lesen darf. Aber können sie entscheiden, welche Daten im Notfall relevant sein könnten? Wenn die Notfallärztin/der Arzt nicht sicher sein kann, daß alle für die Situation relevanten Daten auf der Karte zu finden sein



aber Frauen nicht einmal in einem Gesetzestext für „wert“ befunden werden, genannt zu werden, dann ist auch zu befürchten, dass auf die geschlechtsdifferenten Aspekte in der Pflege und entsprechend z.B. auch in der Palliativmedizin nicht bedarfsgerecht Rücksicht genommen wird. Der DÄB hat nicht zuletzt seit dem Kongress 1997 „Frauen im Alter: Medizin für eine Mehrheit“ in Wuppertal das Thema in der Öffentlichkeit angestoßen. Wir bitten Sie, bei weiteren Überarbeitungen bzw. zukünftigen Beschlüssen die erforderlichen geschlechtsdifferenten Aspekte zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen grundsätzlich in jeder Hinsicht zu berücksichtigen.“ Jetzt liegt eine Antwort an die Präsidentin des DÄB, Dr. Astrid Bühren, vor – von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen. Sie schreibt u. a.: „Sie weisen zu Recht auf die problematische Formulierung hin, mit der in dem Beschluss über eine ‚Änderung der Häuslichen-Krankenpflege-Richtlinien“ eine Generalklausel zur sprachlichen Gleichbehandlung eingeführt wurde. Ausdrücklich sieht das Bundesgleichstellungsgesetz vor, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck gebracht wird. Ziel der geschlechtergerechten Sprache ist es, das Bewusstsein für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Werden Frauen und Männer als Trägerinnen und Träger von Rechten und Pflichten benannt, müssen sie in den Regelungen auch ausdrücklich angesprochen werden... Die von Ihnen kritisierte Generalklausel zur Anwendung des generischen Maskulinums entspricht nicht den Vorgaben in § 1 Abs. 2 des Bundesgleichstellungsgesetzes. Ich habe daher veranlasst, dass das federführende Bundesministerium für Gesundheit unterrichtet und um Abhilfe gebeten wird.“

werden, wie nützlich ist diese dann im Einzelfall wirklich? Im Streitfalle könnte der Hinweis auf eine unzureichend beladene Karte sicher keinen Arzt/Ärztin vor einem Regress bewahren. Den Zeitaufwand für die Datenpflege und in der täglichen Anwendung (z.B. das Herunterladen der Daten im Praxisbetrieb) hält der Ethikausschuss für bedenklich: Nach seiner Auffassung ist auch der Datenschutz nicht ausreichend gewährleistet. Folgende Forderungen hält daher der Ethikausschuss des DÄB für notwendig: • Verschiebung des Zeitpunktes der Einführung der eGK , bis mehr und detaillierte Erfahrungen aus allen Testregionen vorliegen. • Die vorläufige Beschränkung der eGK auf Stammdaten und elektronisches Rezept. • Alternativlösungen für die intraärztliche Informationsweitergabe. • Die Entwicklung eindeutiger Kriterien für Nichtbewährung, bei deren Erreichen die Testverfahren bzw. das Projekt abgebrochen werden sollten. • Durchführung einer kontrollierten Studie zur Wirksamkeit des Gesamtprojektes in medizinischer wie in Kosten sparender Hinsicht. Erst nach Ergebnisanalyse dieser Daten solle entschieden werden ob eine bundesweite Einführung der eGK Sinn macht oder nicht, heißt es abschließend.

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DÄB empfiehlt: Checklisten für Arbeitgeber im Gesundheitswesen: „Es ist höchste Zeit, dass sich die Arbeitgeber im Gesundheitsbereich ernsthaft Gedanken über die Familienfreundlichkeit ihres Unternehmens machen und wirkungsvolle Maßnahmen entwickeln, um auch Ärztinnen und Ärzte mit Familie an ihr Krankenhaus zu binden sowie neue ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.“ Das unterstreicht Dr. Astrid Bühren, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes e. V., im Vorfeld des Ärzteprotesttages am 19. September und der Aktion „Rettet die Krankenhäuser“ am 25. September in Berlin, in deren Fokus vor allem die Arbeitsbedingungen der Medizinerinnen und Mediziner stehen werden. Ärztemangel auf Grund zunehmender Unattraktivität des Arztberufes und der wachsende Anteil von weiblichen Medizinstudierenden verstärken, so Dr. Bühren, den Druck auf die Unternehmen im Medizinbetrieb, sich endlich für die Überlegungen zu öffnen, die andere Wirtschaftszweige längst umgesetzt haben: „Beruflich erfolgreiche Eltern brauchen Unterstützung beim Familienmanagement, um in ihrem Beruf Befriedigung zu finden und ihm mit hoher Qualität und Leistungsbereitschaft nachgehen zu können. Was von Ärztinnen und Ärzten bei zunehmender Arbeitsverdichtung und im Sinne einer guten und umfassenden ärztlichen Versorgung der Menschen in Deutschland erwartet wird, können sie nur leisten, wenn die Rahmenbedingungen für sie und ihre Familien stimmen“, betont die DÄB-Präsidentin. Sie verweist auf die Umfrage des Deutschen Ärztinnenbundes zur Kinderbetreuung in Krankenhäusern, die 2006 eine höchst unbefriedigende Situation konstatieren musste, und auch in einer aktuellen Nachbefragung z.B. für Bayern noch keine ausreichenden Verbesserungen konstatiert , Es gehe unverändert darum, eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, die den Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte entspricht, durchzusetzen. Unter www.aerztinnnenbund.de sind, als Service für Ärztinnen und Ärzte und für Hochschulabsolventen , die deutschen Kliniken aufgelistet, die Kinderbetreuung anbieten. Der Deutsche Ärztinnenbund stellt seine Kompetenz in Fragen der Familienfreundlichkeit von Krankenhäusern gern zur Verfügung, unterstreicht Dr. Bühren. So liegen drei Checklisten möglicher Maßnahmen vor, die die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben am Arbeitsplatz strukturell verankern helfen. * Eine erste betont die Wertschätzung von Familienkompetenz und gesundheitlicher Prävention für ärztliche Managementaufgaben und Persönlichkeitsbildung. In ihr heißt es u. a. , Eltern- und Schwangerschaft sowie die Pflege von Angehörigen müssten als natürliche Lebensereignisse und nicht als Störfaktoren für die klinischen Organisationsabläufe bewertet werden. * Eine weitere Checkliste hilft bei der Etablierung von gleichberechtigten Karrierechancen für Ärztinnen und unterstützt so die Motivation von Ärztinnen, tatsächlich im Beruf zu bleiben. Hier wird z. B. gefordert, Doppel-Karriere-Paare nicht abzulehnen, sondern sie als Gewinn für die Einrichtung wert zu schätzen. * Mit Hilfe einer dritten Checkliste kann Nachwuchs für die eigene Abteilung im Krankenhaus gewonnen werden, in 3 – September 2008 – 55. Jahrgang

BusinessNews Kaiserin-Friedrich-Stiftung: 12. Wiedereinstiegskurs für Ärztinnen und Ärzte nach berufsfreiem Intervall Fortbildungsinhalt Industrie-unabhängige Referate renommierter Berliner Ärzte aus Klinik und Praxis mit ausgiebigen Diskussionen zur Aktualisierung des medizinischen Wissens auf den wichtigsten Gebieten der ärztlichen Grundversorgung Fortbildungsangebot Ca. 70 Stunden ärztliche Fortbildung und ggf. Vermittlung eines Hospitationsplatzes Zertifizierung wird bei der Ärztekammer Berlin mit 88 Punkten beantragt Zielgruppe Ärztinnen und Ärzte, die nach berufsfreiem Intervall wieder in ihrem Beruf tätig werden wollen. (max. 42 TeilnehmerInnen, min. 25 TeilnehmerInnen) Tagungsorte Kaiserin-Friedrich-Haus im Charité-Viertel, Berlin-Mitte Termin 12. bis 23. Januar 2009 Teilnahmegebühren 900,00 Euro (einschließlich Mittags- und Pausenversorgung). Anmeldeschluß 15.12.2008 Veranstalter - Information - Anmeldung Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen Robert-Koch-Platz 7, 10115 Berlin Tel. 030/ 308 889 - 20, Fax - 26, E-mail: [email protected] Wissenschaftliche Leitung Prof. Dr. med. Jürgen Hammerstein Weitere Informationen: www.kaiserin-friedrich-stiftung.de

dem z. B. den Famulantinnen und PJ-lerinnen gute Arbeitsbedingungen geboten und ihnen eine beispielhafte Familienorientierung der Abteilung vorgelebt wird. * Eine weitere Checkliste des DÄB zum Thema Weiterbildung listet Kriterien auf, die junge Ärztinnen dem Weg durch die fachärztliche Weiterbildung begleiten sollen, wozu u. a. die umfassende Information über die zukünftigen Arbeitsplatz und die dort vorhandenen Rahmenbedingungen auch in Hinsicht auf Familienfreundlichkeit gehören Die Mitarbeit und die Gewinnung junger Ärztinnen sowie die Familienorientierung eines Gesundheitsunternehmen sind dessen Stärken, und als solche müssen sie gesehen und genutzt werden, appelliert Dr. Bühren an die Entscheider im Gesundheitsbetrieb. Die Checklisten finden Sie unter www.aerztinnenbund.de/Themen

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Aus den regionalgruppen

DÄB Gruppe Baden-Württemberg

Gender-Kongress in Heidelberg: Vernetzung und Wissensaustausch „Frauen müssen lernen, Netzwerke aufzubauen“ empfahlt Bayerns Frauenministerin Christa Stewens im Heft 3/07 der „ÄRZTIN“. Der Deutsche Ärztinnenbund ist ein solches. Seit spätestens 1950 haben Ärztinnen im DÄB eine eigene Lobby, die sich für geschlechtsdifferente medizinische Forschung und konsequente Umsetzung der Ergebnisse in Diagnostik und Therapie einsetzt. In unserer Selbstdarstellung heißt es: „Des weiteren erfolgt Lobbyarbeit auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene, um für den GenderAspekt im Gesundheitsbereich zu sensibilisieren und ihn zu etablieren.“

Organisatorinnen unter sich: Prof. Nieber (dpv), Dr. Steigerwald (DÄB), Frau Wahl (dpv) Als Mitglieder einer großen Regionalgruppe (162 Ärztinnen per 6/08) wollen wir aktiv diese Ziele ansteuern. So begann es im März 2005 auf örtlicher Ebene: Ärztinnen und Pharmazeutinnen trafen sich zu einer gemeinsamen Veranstaltung zum Thema „Hormontherapien im Leben einer Frau“. Eingeladen hatten die beiden regionalen Gruppen der Frauenverbände Deutscher Pharmazeutinnenverband (dpv) und Deutscher Ärztinnenbund in den Saal des Diakonie- Klinikum Stuttgart. Und dieser war dann auch gut gefüllt. Aus beiden Berufsgruppen war eine so gute und anspornende Resonanz zu hören, dass kein Zweifel an weiteren gemeinsamen Aktionen aufkam. Da systematische Untersuchungen von Geschlechterunterschieden in der Medizin in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben, verständigten sich Frau Wahl für die Pharmazeutinnen und Frau Dr. du Bois für die Ärztinnen auf eine große Idee: Einen gemeinsamen Kongress

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zum Thema gendergerechter Medizin. Neu war dabei die Vernetzung der beiden Berufsgruppen. So kam der Gender Medicine Congress 2008 zustande. Die Ärztinnen der Gruppe Baden-Württemberg und die Pharmazeutinnen, haben im Juni 2008 in Heidelberg eine Diskussionsplattform geschaffen, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse der gendergerechten Forschung und deren Umsetzung in der Apotheker- und Ärzteschaft besser bekannt zu machen. Wir haben mit Kollegen und Kolleginnen aus Wissenschaft und Praxis diskutieren können. Es trafen sich 88 Ärztinnen und Apothekerinnen aus sechs verschiedenen Ländern, um ihre Forschungen zur Diskussion stellen. Auf dem Programm standen verschiedene Themen der geschlechterspezifischen Gesundheitsforschung: Altern & Sexualität (Frau Prof. Nappi, Universität Pavia, Italien), hämatologische Toxizität und Überlebensrate bei Patienten und Patientinnen mit Hodgkin Lymphom (Frau Dr. Klimm, Köln, letzte Wissenschaftspreisträgerin des DÄB). Warum bei der Behandlung von Asthma und COPD eine geschlechtsspezifische Behandlung von Vorteil ist und warum der Aspekt des Rauchens eine genderspezifische Rolle spielt, belegte der Vortrag von Frau Dr. Cordina aus Malta. Zunehmend seien geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Manifestation der Herz-Kreislauferkrankungen zu finden. So sollen z. B. Polymorphismen in Östrogenrezeptoren die myokardiale Hypertrophie bei Frauen und Männern unterschiedlich beeinflussen (Frau Dr. Elke Lehmkuhl, Berliner Charité). Prof. Dr. Petra Thürmann (Wuppertal, Witten-Herdecke) berichtete, dass Bedenken bezüglich der Embryotoxizität nicht die vorherrschende Begründung für die Unterrepräsentation von Frauen in klinischen Studien seien, da eine Mehrzahl der Zielgruppenpatientinnen im postmenopausalen Stadium wäre. Sie bemängelte auch das häufige Fehlen von Angaben zum Geschlecht der Studienteilnehmer, wie die Analyse von 2.581 bei der FDA eingereichten Studien mit 334.551 Patientendaten ergab. Geschlechtsspezifische Perspektiven bei der Behandlung von Substanzmissbrauch (Dr. Heading, Newcastle), aber auch psycho-soziale Themen wie unterschiedliches Führungsverhalten von Frauen und Männern (Prof. Gisela Mohr, Leipzig) in den beiden Heilberufen wurden angesprochen. Auch Unterschiede im präventiven Gesundheitsverhalten (Prof. Monika Sieverding, Heidelberg) sorgten für lebhaften Diskussionsaustausch. Selbst in den Pausen wussten die Teilnehmerinnen viele persönliche Erfahrungen auszutauschen, dazu Fotos unter www.aerztinnen-bw.de. Zur Freude aller hatten wir mit einem wunderbaren Rahmenprogramm – die Heidelberger feierten an diesem Wochenende ihr Lichterfest – einen im wahrsten Sinne des Wortes erleuchtenden Ausklang einer gelungenen Vernetzung. Dr. Uta Preissing für die Gruppe Baden-Württemberg

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DÄB Gruppe Berlin:

MUT zur Hilfe für Obdachlose Im Frühsommer nahmen einige Kolleginnen der Berliner Gruppe die Einladung an, sich ein Obdachlosenhilfe-Modell anzusehen. Die MUT- Gesellschaft für Gesundheit, gegründet 1991, ist ein gemeinnütziges Unternehmen der Ärztekammer Berlin mit dem Ziel der medizinischen und sozialen Betreuung Hilfsbedürftiger. Dazu gehören, neben der Betreuung von Obdachlosen, die Suchtberatung, Lebenshilfe für Alkoholkranke; alles mit dem Ziel, die Selbsthilfekompetenz zu fördern. Aber auch Sachleistungen werden angefragt, also Lebensmittel, Bekleidung oder Decken (Spenden sind immer willkommen). 1994 wurde eine medizinische Obdachlosenpraxis aufgebaut, seit 1999 ist auch eine zahnärztliche Behandlung möglich, für die das Hilfswerk der Zahnärztekammer Geld gibt. Wir wurden von sehr engagierten Mitarbeitern der MUT durch das Haus in Lichtenberg geführt, vom Keller mit kleiner Werkstatt, Waschsalon und Kleiderkammer in die nächste Etage mit Anmeldung, Speiseraum und Küche. Darüber befinden sich die beiden Artpraxen, dazu Toiletten und Duschen. Anschließend hatten wir Gelegenheit, mit den leitenden Damen und den Ärztinnen Dr. Martini und Dr. Thomae über die Probleme zu diskutieren. Nach offiziellen Schätzungen leben derzeit ca. 9000 Menschen ohne festen Wohnsitz in Berlin, in der warmen Jahreszeit eher mehr. Mit zunehmender Dauer der Obdachlosigkeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand rapide, aber viele Erkrankte lehnen Hilfe ab, wollen oder können ihr Leben nicht ändern. Oft wird zwar die warme Küche, die Kleiderhilfe und die Möglichkeit zur Dusche geschätzt, um die Ärzte wird aber ein Bogen gemacht, obwohl die sehr schlichten Praxiseinrichtungen und die erfahrenen, ehren-

3 Ne u e M i t g l i e d e r Altenhoff, Hannelore, Dr., 40470 Düsseldorf Bahl, Beate, 22527 Hamburg Bechtel, Ulrike, Dr. med., 89407 Dillingen Bernard, Christina J., 6193 Götschetal/Gutenberg Betz, Regina, Dr., 53113 Bonn Busch, Henriette, 90765 Fürth Clever, Birgit, Dr. med. , 79100 Freiburg Eichelbauer, Gunhild, Dr. med., 82362 Weilheim i. OB Gut, Susanne, Dr., 77933 Lahr Hadaschik, Bettina, Dr., 78048 Villingen Hamelbeck, Sigrun, Dr., 53173 Bonn Höhn, Karin, 97080 Würzburg Holst, Ann-Dörthe, Dr., 19288 Glaisin Kirchner, Friederike, 50678 Köln Kotterba, Sylvia, Prof. Dr. med., 26655 Westerstede Kückmann, Marion, Dr. med., 34119 Kassel Leffmann, Melanie, Dr. med., 22339 Hamburg Lommel, Ilse, Dr. med., 10627 Berlin Maeffert, Jana, Dr. med., 10585 Berlin Maerker-Stroemer, Julia, Dr. med., 22339 Hamburg

Aber es gab auch Grund zur Heiterkeit, wenn die Ärztinnen von ihrer Arbeit erzählten: Ein Obdachloser mit chronischen Halsbeschwerden während der Winterzeit nahm zwar die Lutschtabletten und das Einreibemittel, aber in Wirklichkeit wollte er einen dieser heißbegehrten Schlafsäcke der Bundeswehr, die natürlich in der Kleiderkammer streng gehütet werden. Wann darf ein Obdachloser die Dusche benutzen? Zuerst wird überprüft, ob Flöhe, Zecken oder andere Haustiere mitgeschleppt werden. Dann ist nämlich die Dusche erst mal tabu! Und es heisst rasieren, einreiben, etc. Die Zahnärztin berichtete von Mundbefunden, die sie in ihrer langen Praxistätigkeit nie gesehen hatte, nur im Chirurgie-Lehrbuch. Übrigens: Die MUT-Einrichtung bekam in diesem Jahr einen der 365 Preise „Deutschland, das Land der Ideen“. Und die Zahnärztin Kirsten Falk bekam für ihr langjähriges Engagement 2002 das Bundesverdienstkreuz. Kontakt: [email protected] Dr. Lore Gewehr, Zahnärztin in Berlin

Das Gesundheitszentrum am Lutherhaus ist eine große ambulante Rehabilitationseinrichtung und gehört zum Verbund des Alfried Krupp Klinikums Essen. In unserem modernen und gut ausgestatteten Therapiezentrum werden täglich 80 Patienten mit Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems im Rahmen der Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung therapiert. Wir suchen zum nächstmöglichen Termin in Voll- oder Teilzeit eine/einen:

Mayer, Johanna Laura, 86825 Bad Wörishofen Mohr, Katharina, 22301 Hamburg Müller, Beate, cand. med., 60528 Frankfurt a. Main Oppermann, Ingeborg, Dr., 30625 Hannover Papantonio, Nicole, Dr., 71634 Ludwigsburg Queck, Sibylle, 93053 Regensburg Radtke, Christine, Dr. med., 30163 Hannover Rambow, Miriam, Dr. med., 12309 Berlin Richardt, Doreen, Dr. med., 23568 Lübeck Röckseisen, Marianne, Dr. med., 24326 Stocksee Schottdorf, Andrea, 53840 Troisdorf Schulz, Gianna, 10963 Berlin Schweiger, Petra, 93047 Regensburg Simon, Juliane, 60325 Frankfurt Steinert, Maren, 21423 Winsen Wächter, Christiane, 4838 Eilenburg Weis, Kathrin, Dr. med., 96120 Bischberg Wünsche, Susanne, Dipl.-Psych., M. A., 80469 München

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amtlich tätigen Kollegen keine Schwellenangst aufkommen lassen. In der Diskussion ging es auch um die Finanzierung des Projektes. Sowohl das Bezirksamt Lichtenberg als auch andere Geldgeber wünschen einen Finanzausgleich durch die übrigen Stadtbezirke, denn gerade in Bahnhofsnähe, in sozial schwachen Bezirken ist die Obdachlosen- und Drogenszene besonders ausgeprägt.

Assistenzärztin / Assistenzarzt in der medizinischen Rehabilitstion Wir bieten einen interessanten Arbeitsplatz, eine attraktive Vergütung nach TV-Ärzte-KF mit allen Sozialleistungen des öffentlichen Dienstes. Nachtdienste, Wochenenddienste und Überstunden fallen nicht an. Bei der Vermittlung von Wohnung bzw. Kinderbetreuung sind wir gerne behilflich. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Gesundheitszentrum am Lutherhaus gGmbH Dr. Gernot Sölle Hellweg 100 45276 Essen Telefon: 0201 805-1844

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Be r u f Ä r z t i n

15 Jahre medica mondiale – breit angelegte Unterstützung für vergewaltigte Frauen Nach dem Ende des Krieges in Bosnien-Herzegowina gründete medica mondiale Projekte in anderen Konfliktregionen, unter anderem im Kosovo, in Afghanistan und in Liberia. Dabei verfolgen die dort etablierten Beratungszentren einen eigenen landesspezifischen Ansatz. Seit 2004 fördert die Organisation mit finanziellen Zuschüssen für begrenzte Zeiträume auch einheimische Frauengruppen in ih-

gungsstigmas und gegen die soziale Ausgrenzung von Frauen, die sexualisierte Gewalt überlebt haben. Psychosoziale Traumaarbeit Die zerstörerischen sozialen und psychischen Folgen von sexualisierter Kriegsgewalt dauern oft jahrelang an. Manchmal treten Traumasymptome auch in der nächsten Generation auf. Zudem finden viele Frauen erst spät Zugang zu Hilfsangeboten. Zum Selbstverständnis der Organisation gehört deshalb auch, die Projektarbeit durch einheimische Frauen vor Ort langfristig zu sichern. Dabei sind in vielen Ländern psychosoziale und traumaspezifische Arbeitsansätze weitgehend unbekannt, es gibt dort nur wenige ausgebildete Fachkräfte. Gleichzeitig können Frauen aber auch meist nicht auf funktionierende traditionelle „Heilungsrituale“ oder andere Hilfen zurückgreifen. Deshalb bietet medica mondiale intensive Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen vor Ort an und lädt sie zum Erfahrungsaustausch mit

Zwei Ärztinnen aus dem Trainingsprogramm von medica mondiale in Kabul im Gespräch mit Patientinnen rer Arbeit gegen sexualisierte Kriegsgewalt - derzeit in Uganda, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, in diesem Land sind es gleich sechs Projekte. Erfolg durch Doppelstrategie Von Anfang an beruhte die Arbeite von medica mondiale auf einer Doppelstrategie. Zum einen leistet die Organisation konkrete individuelle Unterstützung - gynäkologisch, allgemeinmedizinisch, psychosozial, sozial, ökonomisch und rechtlich - für Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten ungeachtet ihrer politischen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit. Die Mitarbeiterinnen helfen und begleiten betroffene Frauen sowohl in den Beratungszentren vonmedica mondiale als auch direkt in den Gemeinden, z.B. durch Einsatz einer mobilen gynäkologische Ambulanz oder den Aufbau von Selbsthilfegruppen. Dabei ist es ein Grundprinzip, Frauen darin zu bestärken, eigene Wege - individuell und in der Gemeinschaft - zur Bewältigung von traumatischen Gewalterfahrungen und zur Verhinderung erneuter Gewalt zu finden. Zum anderen engagiert sich medica mondiale auf politischer Ebene, setzt sich lokal, national und international für die Durchsetzung von Frauenrechten als Menschenrechte ein, entwickelt Kampagnen zur Bekämpfung des Vergewalti-

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Eine junge Mutter nimmt an einem Nähmaschinenkurs in Goma (Demokratische Republik Kongo) teil Kolleginnen in andere Projekte von medica mondiale ein. Gemeinsam mit den einheimischen Mitarbeiterinnen entwickelt die Organisation geeignete Ansätze zur psychosozialen Begleitung und Traumaarbeit. Dabei haben sich psychosoziale Gruppenangebote sehr bewährt, weil damit die Isolation der Frauen aufgebrochen wird, sie sich austauschen und gegenseitig stärken können. Fortbildungsprogramme Für die Verarbeitung von Gewalterfahrungen ist es existenziell, dass die Betroffenen in der Zeit unmittelbar nach dem Trauma angemessene Unterstützungsangebote erhalten. Nicht selten kommt es im Zusammenhang mit medizinischer 3 – September 2008 – 55. Jahrgang

Versorgung oder im Kontakt mit Behörden und Institutionen zu erneuten Traumatisierungen. Deshalb werden nicht nur die Mitarbeiterinnen der Projekte von medica mondiale im Umgang mit gewaltbetroffenen und traumatisierten Frauen geschult, sondern auch andere Fachkräfte, die mit traumatisierten Frauen und Mädchen zu tun haben - so Hebammen, ÄrztInnen, AnwältInnen, PolizistInnen. Die Weiterbildung orientiert sich dabei an den von medica mondiale erarbeiteten Konzepten und Trainingsmodulen wie zum Beispiel dem Handbuch für die Arbeit mit kriegstraumatisierten Frauen. Ein wichtiges Element für die betreffenden Berufsgruppen ist dabei die eigene Belastung und mögliche Traumatisierung zu erkennen, zu verstehen, und zu lernen damit umzugehen. Denn auch HelferInnen brauchen Hilfe zur Selbsthilfe. Gleichzeitig geben viele Beteiligte ihr Wissen später selbst als MultiplikatorInnen und TrainerInnen an andere weiter. Die Arbeit von medica mondiale will auch dazu beitragen, dass Frauen, die sexualisierte Gewalt in bewaffneten Auseinandersetzungen überlebt haben, Gerechtigkeit widerfährt. Die Taten müssen gesellschaftlich ohne Wenn und Aber geächtet und die Täter bestraft werden; die ehemaligen Opfer müssen jede Möglichkeit bekommen, sich für Genugtuung, Wiedergutmachung und Entschädigung einzusetzen. Die Verfahren in Strafprozessen, Wahrheitskommissionen und anderen Konfliktregelungsmechanismen müssen geschlechtsspezifisch ausgerichtet sein. Tausende Frauen konnte medica mondiale seit 1993 unterstützen und auch politisch gelang es, viel zu bewegen - doch Krieg gegen Frauen ist weiterhin alltäglich. Karin Griese/medica mondiale

Kampagne „Im Einsatz“ Um mehr Frauen die Chance auf ein Leben ohne Gewalt zu geben, startet medica mondiale im fünfzehnten Jahr ihres Bestehens die Kampagne „Im Einsatz“. Die Ziele: die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam machen und mehr Unterstützerinnen gewinnen, die sich als „Einsatzkräfte“ für Frauen engagieren, die in Kriegen und Krisen immer wieder zur Beute werden. Herzstück der Kampagne ist die Installation „Frauen (auf)Marsch“ Schaufensterfiguren, die T-Shirts mit Zitaten kriegsvergewaltigter Frauen tragen. Zu sehen waren die Figuren am 20. und 21. August 2008 beim Kampagnenauftakt auf der Kölner Schildergasse, das nächste Mal am 16. und 17. Oktober auf dem Alexanderplatz in Berlin. Dort gibt es auch die Möglichkeit, mit einer Postkarte an Bundeskanzlerin Merkel zu appellieren, sich in Deutschland und international gegen Kriegsgewalt gegenüber Frauen einzusetzen. Die Teilnahme an der Unterschriftenaktion ist auch über die Kampagnenwebsite www.im-einsatz.org möglich.

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Starke Frau: Die Ärztin Monika Hauser enttabuisierte sexualisierte Gewalt Schockiert von den Kriegsvergewaltigun­ gen in Bosnien Anfang der 90er Jahre, entschließt sich die angehende Gynäkologin Monika Hauser, den betroffenen Frauen medizinisch zu helfen. Um sich ein Bild zu machen, reist die gebürtige Südtirolerin in die Zagreber Flüchtlingslager. Die Situation der Frauen und M. Hauser bei afghanischen Frauen

Mädchen macht der jungen Ärztin schnell klar, dass sie nicht nur medizinische, sondern auch dringend psychosoziale Hilfe brauchen. Zusammen mit einheimischen Fachfrauen beschließt Monika Hauser, in Zenica - einer besonders betroffenen Stadt mitten im Kriegsgebiet - ein Frauentherapiezentrum zu gründen. Am 4. April 1993 beginnt die Arbeit von Medica Zenica, dem ersErschienen bei ten Projekt der später internatioVerlag Rüffer&Rub nal agierenden Organisation. In den 15 Jahren ihres Bestehens hat medica mondiale enttabuisiert, was überall auf der Welt als Waffe gegen Frauen eingesetzt wird: „sexualisierte Gewalt“. Das Ziel von sexualisierter Gewalt ist nicht die sexuelle Befriedigung des Angreifers, sondern die Vernichtung und Erniedrigung des Opfers. Monika Hauser und medica mondiale machen das Leid vieler Frauen immer wieder öffentlich, brechen Tabus und kämpfen gegen Stigmatisierung - ob auf dem Balkan oder in Zentralafrika. Neben dem humanitären Engagement und der politischen Arbeit entwickelt medica mondiale fachliche Standards und schafft damit erstmals die Grundlage für einen adäquaten Umgang mit kriegstraumatisierten Frauen. Die Gründerin von medica mondiale wird vielfach geehrt: Die ARD-Tagesthemen kürt sie 1993 zur „Frau des Jahres“. Sie erhält zahlreiche Preise, lehnt aber das Bundesverdienstkreuz im Jahr 1996 ab, weil die deutsche Regierung beschlossen hat, die bosnischen Flüchtlinge trotz der katastrophalen Zustände in Ex-Jugoslawien wieder zurückzuschicken. Ute Fischer /medica mondiale 1

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Ge n d e r

Gesundheitsversorgung, die nach Geschlecht differenziert, ist ein Menschenrecht! DÄB beteiligt sich an Erstellung eines Schattenberichtes für den UN-Ausschuss Eines von neun internationalen Menschenrechtsabkommen ist die Konvention der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (englisch abgekürzt CEDAW für „Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women“). Deutschland hat dieses Abkommen 1985 ratifiziert und sich damit verpflichtet, jede Form von Diskriminierung von Frauen zu beseitigen bzw. zu verhindern. Die Anforderungen des CEDAW-Abkommens an die Gleichstellungspolitik erstrecken sich auf alle Lebensbereiche: Gleichstellung vor dem Gesetz, in Ehe und Familie, im wirtschaftlichen und sozialen Leben, im Berufs- und Arbeitsleben, im politischen und öffentlichen Leben, im Bildungsbereich und - hier von besonderem Interesse - im Gesundheitswesen (Art. 12). Zur Überprüfung der Fortschritte bei der Durchführung des Abkommens erstatten die Vertragsstaaten dem entsprechenden Ausschuss für die Beseitigung jeder Diskriminierung von Frauen alle vier Jahre Bericht. Nichtregierungsorganisationen (NGO‘s) können diesem Ausschuss in sog. Alternativ- oder Schattenberichten weitere Informationen und Kritikpunkte an den vorgelegten Staatenberichten zukommen lassen. Nachdem der 6. Staatenbericht der Bundesregierung Deutschland im Juni 2007 erschienen ist (BT-DS 16/5807), hat sich eine Allianz von ca. 25 Frauenverbänden gebildet, um den Schattenbericht zu erarbeiten. Den Deutschen Ärztinnenbund hat Dr. Regine Rapp-Engels vertreten und federführend am Kapitel Gesundheit/Pflege mitgeschrieben: Wo setzt die Bundesregierung das CEDAW-Abkommen bezüglich der Gesundheitsversorgung ungenügend um? Eine durchgängig geschlechtssensible Strategie im Sinne des Gender Mainstreaming hat in der Gesundheits- und Pflegepolitik der Bundesregierung immer noch keinen Eingang gefunden. Da sie die gleichstellungspolitische Relevanz bei Gesundheitsreformen ausblendet, unterbleibt auch eine geschlechtssensible Gesetzesfolgenabschätzung. Analog dem Passus zu klinischen Studien im 12. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes von 2004 muss die Bundesregierung mit Nachdruck sicherstellen, dass Forschungsvorhaben zur Entstehungsgeschichte, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen konsequent geschlechtsdifferenziert angelegt sind. Weiter müssen Aspekte des sozialen Geschlech-

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tes (Gender) erforscht werden, wie z.B. Rollenstereotype in der Gesundheitsversorgung, die zu unterschiedlicher - häufig weniger adäquater - Behandlung im Vergleich zu den Männern führen können. Pflegeleistungen für kranke und alte Familienangehörige werden ganz überwiegend von Frauen erbracht, die hierfür in vielen Fällen ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder sogar aufgeben. Eine ausreichende soziale Absicherung für diese Fälle fehlt auch nach dem Pflegeentwicklungsgesetz 2008. Betroffene von Frauenhandel erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur selten adäquate medizinische Behandlung, weil die strengen gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung dieser Behandlungskosten meist nicht erfüllt werden können. Der barrierefreie Zugang zu medizinischer und therapeutischer Hilfe ist nicht für alle Frauen - insbesondere auch für Betroffene von Menschenhandel - sichergestellt. Entscheidungsgremien in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung sind nach wie vor überwiegend bis ausschließlich männlich besetzt. Entsprechende Forderungen wurden u.a. bei der Pre-Session des CEDAW Komitees am 25. Februar 2008 in NewYork vorgelegt und vorgetragen. Der Schattenbericht selbst wird Mitte Dezember in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt, während die eigentliche 43. Sitzung des CEDAW-Ausschusses der Vereinten Nationen im Januar 2009 in Genf stattfinden wird. Hier können bei der Befragung der Bundesregierung Aspekte des Schattenberichtes aufgegriffen werden und sich möglicherweise in den „Abschließenden Bemerkungen“ als Handlungsempfehlungen (für Bereiche, in denen der Ausschuss besorgniserregende Entwicklungen beobachtet) wieder finden. Somit kann die Arbeit der NGO‘s auf höchster politischer Ebene gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen. Bei dieser Sitzung wird die Autorin voraussichtlich präsent sein und den DÄB vor Ort vertreten. Weitere Informationen: www.cedaw-alternativbericht.de Dr. Regine Rapp-Engels, Vizepräsidentin

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thema

Anerkennung von Kindererziehungszeiten auch für Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke Wir sprachen darüber mit Dr. Brigitte Ende, Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen

Im Januar dieses Jahres hat das Bundessozialgericht entschieden, dass der Ausschluss der Mitglieder der Berufsständischen Versorgungswerke von der Anerkennung von Kindererziehungszeiten entsprechend denen in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungswidrig ist. Welche Konsequenzen hat das? Dr. Ende: Damit ist die gesetzliche Rentenversicherung (DRV) veranlasst, auch für den Personenkreis der Ärztinnen und Ärzte Kindererziehungszeiten anzuerkennen. Die Präsidentin Frau Dr. Bühren und die Mitglieder des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB) haben jahrelang die Forderung nach Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Ärztinnen und Ärzte gestellt, z. B. auch durch Anträge auf den Deutschen Ärztetagen. Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) hat seit langem in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern aller Parteien das Thema „Kindererziehungszeiten für Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke“ in den Themen- und Forderungskatalog aufgenommen. Als Mitglied im Vorstand der ABV habe ich unsere Argumente in die Gremien hineintragen können. Letztlich hat aber die oben genannte Gerichtsentscheidung den Ausschlag gegeben. Ziel für uns war: Die aus Steuergeldern finanzierten Bundeszuschüsse für Kindererziehungszeiten müssen auch für Ärztinnen und Ärzte gewährt werden. Das heißt die Kinder von z. B. Ärztinnen und Ärzten, die in Versorgungswerken pflichtversichert sind, dürfen nicht schlechter gestellt werden, als Kinder von Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dafür sind jetzt die rechtlichen Verpflichtungen gegeben. Was müssen die Ärztinnen tun, um diesen Anspruch durchzusetzen? Dr. Ende: Alle Mitglieder von berufsständischen Versorgungswerken, die Kinder erziehen oder in der Vergangenheit Kinder erzogen haben und deshalb nicht oder nur teilweise berufstätig waren oder sind, sollten jetzt die Vormerkung ihrer Erziehungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. (Vorgehen siehe Kasten) Damit dürfte eine Antragswelle auf die DRV zukommen - was ist das Ziel? Dr. Ende: Wir gehen in der Tat davon aus, dass sich die Deutsche Rentenversicherung einer großen Welle von Anträgen gegenüber sieht. 3 – September 2008 – 55. Jahrgang

Derzeit führt die ABV noch Gespräche mit dem zuständigen Ministerium welche Lösungen für unsere Mitglieder gelten werden. Denkbar sind verschiedene Modelle der Umsetzung des Gerichtsurteils. Zum Beispiel die von den Versorgungswerken präferierte „Beitragsfinanzierung“, d.h. die Beiträge würden durch die DRV für die berechtigten Mitglieder an die Versorgungswerke entrichtet und dort wie sonstige Beiträge für das Mitglied verrentet. Zum anderen ist in der Diskussion eine aufwandsbezogene Finanzierung, d.h. dass die berufsständischen Versorgungswerke, für Mitglieder, die bereits Rente beziehen, die Zeiten der Kindererziehungszeiten feststellen, die Rente um einen Betrag von 26,90 Euro pro Jahr Kindererziehung erhöhen und dieser Beitrag dem Versorgungswerk erstattet wird. Eine Reihe von Fragen bestehen noch: z. B. für Mitglieder, die während der Kindererziehungszeiten Höchstbeiträge entrichtet haben und analog der gesetzlichen Rentenversicherung keine Kindererziehungszeiten mehr angerechnet erhalten. Z.B. wie bei einer aufwandsbezogenen Finanzierung das Problem der Wartezeit zu klären ist, wenn diese nicht allein aus Kindererziehungszeiten erreicht wird. Denn einschränkend muss man anmerken: Auch nach der neuen Rechtsprechung ist es so, dass diejenigen, die nur ein Kind erzogen haben und in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht über Vorversicherungszeiten aus einer früheren Beschäftigung verfügen, faktisch keine Leistung erhalten, weil sie die in der Rentenversicherung geltende Wartezeit von 60 Monaten Versicherungszeit nicht erfüllen können. Wir sind also zwar einen guten Schritt vorangekommen, aber noch nicht Ende unserer Bemühungen. Wichtig zum jetzigen Zeitpunkt für die Mitglieder ist die Antragsstellung bei der DRV.

So können Sie einen Antrag stellen: Dazu kann ein Antrag von der Website des Ärztinnenbundes (www.aerztinnenbund.de) herunter geladen werden. Der Antrag kann bei den örtlichen Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung oder schriftlich bei der Rentenversicherung-Bund (Postfach 10704, Berlin) gestellt werden. Dem Antrag auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten sollten beglaubigte Kopien der Geburtsurkunde der Kinder beigefügt werden. Die beantragenden Mitglieder des Deutschen Ärztinnenbundes sollten bei Frage Nr. 3.2. „ja“ ankreuzen, gleichzeitig aber auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18. Oktober 2005 (Az: B 4 RA 6/05 R) und 31. Januar 2008 (Az: B 13 R 64/06 R) hinweisen.

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geschichte

Vor dem DÄB-Kongress 2009 in Leipzig

Die Kraft des „sächsischen Mädchens“: Louise Otto- Peters „Louise Otto- Peters/ Der Führerin auf neuen Bahnen/ In Dankbarkeit und Verehrung/ Die deutschen Frauen“ – so steht es auf dem der „geistigen Stamm- Mutter“ (Gertrud Bäumer) der deutschen Frauenbewegung gewidmeten Gedenkstein im Leipziger Rosenthal. Das Leben von Louise Otto- Peters ist eng mit der Messestadt verbunden. Leipzig wurde ihr nach 1860 zur zweiten Heimatstadt, zum Ort ihrer politischen und schriftstellerischen Aktivitäten, aber auch zum Ort des regen künstlerischen Austausches. In der Schützenstraße 4, wo Louise mit ihrer unverheirateten Schwester Antonie zusammen lebte, tagte an Donnerstagabenden der „Unschuldsbund“. Künstlerinnen des Theaters, Musikerinnen und Schriftstellerinnen gehörten ebenso wie die Frauenrechtlerin Henriette Goldschmidt – die 1911 eine der ersten Frauenhochschulen Deutschlands gründete - und Auguste Schmidt zu diesem Kreis der Frauen. Erste schriftstellerische Versuche unternahm das junge Mädchen, das sehr früh beide Eltern verloren hatte, seit dem 11. Lebensjahr. Nach dem Besuch bei ihrer Schwester im Erzgebirge entstand 1840 das Gedicht „Die Klöpplerinnen“, dessen Veröffentlichung im „Oederaner Stadtanzeiger“ für einen handfesten Skandal sorgte. Wagte es doch hier eine Frau, schonungslos auf die Lage der Entrechtetsten dieser Zeit aufmerksam zu machen: der Heimarbeiterinnen. Das Gedicht endet: „Seht ihr sie sitzen am Klöppelkissen/ Und fühlt kein Erbarmen in solcher Zeit./ Dann werde Euer Sterbekissen/ Der Armut Fluch und all ihr Leid!“ Zur Luise Ottos engstem Freundeskreis in den vierziger Jahren gehörte Robert Blum. Als im Jahr 1843 in den von ihm herausgegebenen „Sächsischen Vaterlandsblättern“ die Frage aufgeworfen wurde, ob das weibliche Geschlecht ein Recht darauf hätte, an Staatsangelegenheiten teilzunehmen, leistete sie ihren ersten frauenemanzipatorischen Beitrag. Louise Otto entgegnete, dass dieses Engagement für die Frauen nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht sei. Sie war voll patriotischer Begeisterung für den wiedererwa-

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chenden politisch revolutionären Geist der vierziger Jahre. Gemeinsam mit Männern wie Blum, Herwegh, Freiligrath und Müller trat sie für die Freiheit und Einigkeit der deutschen Nation ein. Neben die Schriftstellerin trat mehr und mehr die Publizistin, die am 20.März 1848 in der Leipziger „Arbeiterzeitung“ unter der Überschrift „Adresse eines Mädchens“ die unmissverständliche Forderung nach der Organisation der weiblichen Arbeit aufstellte. Diese Überlegungen hat sie in der von ihr begründeten „Frauen-Zeitung“ für höhere weibliche Interessen unter dem Motto „Dem Reich der Freiheit werb‘ ich Bürgerinnen“ (1849-1852) weitergeführt. Louise Ottos Ziel war es, Frauen zu Bürgerinnen zu erziehen und in das gesellschaftliche Leben zu integrieren. Dabei war ihr bewusst, dass dies nur durch die Frauen selbst geschehen konnte. Nach dem Verbot der Zeitung folgten Jahre der Ernüchterung und des Schweigens, aber auch der Hoffnung. Das Glück der Ehe, auf das sie vertraute, hat nicht lange gedauert. Fortan galt ihr ganzes Leben der Frauenbewegung in Deutschland. Im Oktober 1865 rief Louise Otto-Peters zu einer Frauenkonferenz nach Leipzig ein. Die Gründung des „Allgemeines deutschen Frauenvereins“, dessen vordringlichste Aufgabe es sein sollte, für die Verbesserung der weiblichen Bildungsmöglichkeiten zu sorgen und das Recht der Frau auf Erwerb durchzusetzen, fand vom 15. bis 18. Oktober 1865 zunächst in Kleinen Saal der Buchhändlerbörse in der Ritterstraße, dann im Schützenhaus statt. „Leben ist Streben“ war das Leitwort der ersten Versammlung und ihre Forderung lautete: „Wir verlangen nur, dass die Arena der Arbeit auch für uns und unsere Schwestern geöffnet werde.“ Louise Otto-Peters starb am 13. März 1895 in Leipzig. Im Rosentaal, einem Park der Messestadt, erinnert ein Denkmal an sie. Prof. Ilse Nagelschmidt Direktorin des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung Universität Leipzig

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W i s s e n s c h a f t & Me d i z i n

Die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHW) wurde im Juni in Hannover gegründet. 1. Vorsitzende ist Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein, Fachhochschule Osnabrück. Die DGHW will Expertisen unterschiedlicher Professionen vereinen, die Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit als primär gesunde und vitale Prozesse verstehen.

Termin „Gender in Klinik und Arztpraxis“ ist das Thema des 5. Berliner Symposiums Geschlechterforschung in der Medizin, das am 11. Oktober 2008 stattfindet. Veranstalter ist das Berliner Institut für Geschlechterforschung in der Medizi an der Charité (Direktorin; Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek), Veranstaltungsort ist das Deutsche Herzzentrum. Weitere Informationen: www.charite.de/gender

Personalia Dr. Katrin Welcker, Leitende Oberärztin der Klinik für Chirurgie und Thoraxchirurgie des Klinikums Bremen-Ost und DÄB-Mitglied, ist beim Chirurgenkongress 2008 für eine Amtszeit von drei Jahren als Vertreterin der Oberärzte der nichtuniversitären Kliniken in das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie gewählt worden.

Zur Diskussion gestellt Kirchenvertreterin gegen Gender Mainstreaming „Gender Mainstreaming“ steht in der Kritik der Deutschen Evangelischen Allianz. Bei einer Tagung dieser Organisation wurde postuliet, Vertreter der Gender-Bewegung wollten die soziale Geschlechterrolle von Mann und Frau von allen biologisch-leiblichen Gegebenheiten abkoppeln. Dabei würden alle wesenhaften Unterschiede zwischen Mann und Frau geleugnet. Dies widerspreche der Erfahrung und der wissenschaftlichen Forschung, so die Leiterin des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft, die Ärztin Christl Vonholdt (Reichelsheim/Odenwald). Die Gender-Theorien werden auch von Teilen der evangelischen Kirche vertreten. Vonholdt zufolge behaupte die Gender-Bewegung, dass die soziale Geschlechterrolle von Mann und Frau lediglich erlernt und durch Erziehung frei veränderbar sei. Sie propagiere, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, wobei Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität meist wie eigenständige Geschlechter behandelt würden. Das Vordringen der Gender-Bewegung zeigt sich laut Vonholdt etwa im Vorschlag von Bündnis90/Die Grünen für ein neues Transsexuellengesetz. Eine weitere Forderung der „Gender“-Bewegung sei es, Männer zu verpflichten, dass sie sich zu 50 Prozent an der Erziehung von Kindern beteiligen. Vonholdt zufolge spricht nichts gegen eine intensivere Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung. Eine „Quotengleichheit“ entspreche jedoch nicht den Begabungen der meisten Frauen und Männer. Nach Ansicht Vonholdts findet die Gender-Ideologie Anklang, weil viele Menschen in ihrer Identität verunsichert seien.

Komplementärmedizin ist sinnvolles Instrumentarium für Ärztinnen Prof. Dr. Claudia Witt von der Berliner Charité erhielt vor kurzen eine Stiftungsprofessur Komplementärmedizin. Wir sprachen mit ihr. Herzlichen Glückwunsch zur Stiftungsprofessur! Welche aktuellen Aufgabenstellungen bearbeiten Sie? Witt: Unsere Forschung widmet sich den häufig angewendeten Verfahren, dazu gehören die Naturheilverfahren die Homöopathie und die Chinesische Medizin. Insbesondere interessieren wir uns für Fragen zur Wirksamkeit, Therapiesicherheit und Kosteneffektivität. Fotos: Archiv Uni Leipzig

News

Alternative Medizin wird von den Patientinnen und Patienten zunehmend nachgefragt: Wie ist aus Ihrer Sicht der Stand, ist das ein „Modetrend“ oder wirklich ein Trend zur Ausgewogenheit in der Wahl der Behandlungsmethoden? Witt: Die letzten Umfragen ergaben, dass ca. 60% unserer Bevölkerung komplementärmedizinische Verfahren anwenden. Die Erfahrung aus Studien ist, dass es insbesondere bei der Homöopathie und Akupunktur meist Patienten mit chronischen Erkrankungen sind, die oft die Komplementärmedizin zusätzlich zur Schulmedizin anwenden. Insgesamt halte ich es nicht für einen Modetrend, denn dafür besteht das Interesse schon zu lange. Jedoch gibt es natürlich Verfahren, die zurzeit eher im Trend sind wie die chinesische Medizin und die Mind Body Medicine. Es macht den Anschein, als ob es vor allem Ärztinnen seien, die die Zusatzqualifikationen wie . B. Akupunktur, TCM o. ä. wählen -lässt sich das begründen, und wo sehen Sie überhaupt den Platz der Komplementärmedizin im Instrumentarium der Medizin generell? Welches sind gute Fortbildungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet, was können Sie Ärztinnen raten? Witt: Aus meiner Sicht ist eine Entwicklung zu einer Integrativen Medizin sinnvoll. Natürlich können nur die komplementärmedizinischen Verfahren in die normale Patientenversorgung integriert werden, die sich als wirksam und nebenwirkungsarm erweisen. Es ist auch wichtig, dass bereits die Studierenden einen Einblick in die häufig angewendeten komplementärmedizinischen Verfahren und dem Stand der Forschung zu diesen Verfahren erhalten, damit sie mit ihren Patienten kompetent darüber diskutieren können. Für approbierte Ärztinnen wird eine Vielzahl von Weiterbildungen zur Naturheilkunde, Akupunktur und Homöopathie angeboten, die u. a. auch zusatzbezeichnungsrelevant sind. Das Gespräch führte Annegret Hofmann

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Le s e t i p p s

„Nicht sonderbar, sondern wunderbar“ Das vorliegende Buch ist als eine natürliche Ergänzung zu dem bereits länger vorliegenden Buch „Außergewöhnlich“ entstanden. Eine natürliche Ergänzung deshalb, weil in den über 20 Selbstportraits von Vätern die dargestellte mittragende Rolle bei der Bewältigung des anfänglichen Traumas: Ihr Kind hat ein Chromosom zuviel, hat eine Trisomie 21, ein Down-Syndrom, bewiesen wird. Alle betroffenen Kin-

der sind Wunschkinder. Wenn bedacht wird, dass bei 90% aller Schwangerschaften mit Trisomie 21 eine Schwangerschaftsunterbrechung vorgenommen wird, sind die beschriebenen Vater (Mutter)-Kind Portraits von besonderer Wichtigkeit.

Eine Reise in sich selbst Die Ärztin Dr. Gerda Jun stellt ein biopsycho-soziales Konzept vor, das Bekanntes und Bewährtes in neue Zusammenhänge stellt: Jeder Mensch verfügt über vier Potenziale in einem jeweils unterschiedlichen Mischungsverhältnis, deren Entwicklung und Ausprägung in der psychischen Grundstruktur von verschiedenen Umweltbedingungen abhängt. Die Vielfalt der individuellen Mischungen macht deutlich: Der Einzelne ist einmalig und kann keinem bestimmten, reinen Persönlichkeitsoder Charaktertyp zugeordnet werden. Das dynamische Strukturmodell

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Einige Kernsätze der besonderen schicksalhaften Vater-Kind Beziehungen stellen die Besonderheit heraus. „Jeder sollte für das, was er kann, anerkannt und nicht, was er nicht kann, beurteilt werden“ „Am Anfang haben wir uns oft gefragt, warum haben ausgerechnet wir ein behindertes Kind bekommen? Weil wir die Richtigen dafür sind. Für uns ist Tina nicht sonderbar, sondern wunderbar.“ Das Vater-Kind Glück wird jeweils ergänzt von einer Serie treffender, vor Lebenslust sprühender Fotos19.80 Euro. Sie illustrieren die von einem Vater geforderte „Neudefinition von Glück“. „Sie hat uns gezeigt was Liebe, Lebensfreude, Sorge, Tapferkeit und innigste Verbundenheit bedeutet.“ Als besonders bittere Erfahrung wird die Vermittlung der Diagnose Trisomie 21 durch die ärztlich Betreuenden mehrfach beschrieben : Die Aufklärung wird von vielen als traumatisierend erlebt. Ein Appell an alle Ärztinnen und Ärzte sich den Betroffenen mit Einfühlsamkeit zuzuwenden und dennoch über alle möglichen schicksalhaft auftretenden komplexen Probleme, die sich beim Down-Syndrom einstellen können, aufzuklären. Das vorliegende Buch kann dazu einen grundlegend wichtigen Beitrag leisten. Prof. Dr. Marianne Schrader, Lübeck Conny Wenk Außergewöhnlich: Vaterglück 2008 Paranus Verlag Neumünster 19,80 Euro ISBN 978-3-940636-00-3

von Gerda Jun zeigt ein komplementäres System als lebendige Ordnung innerhalb des Psychischen auf. Auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein, zur Ausschöpfung der inneren Ressourcen und zur Annäherung an den »integralen Menschen« macht die Autorin auch auf die Notwendigkeit der Entwicklung eines Weltbewusstseins aufmerksam. Gerda Jun: Unsere inneren Ressourcen Mit eigenen Stärken und Schwächen richtig umgehen Vandenhoeck & Ruprecht, 2006 21.90 EUR ISBN 978-3-525-45373-5

Bestechende saluto­ genetische Grundhaltung Zwei engagierte Frauenärztinnen aus zwei verschiedenen Generationen haben ihre Berufserfahrungen aus der Praxisarbeit genutzt, um häufig gestellte Fragen aus dem gynäkologischen Alltag aufzugreifen und mit gründlicher, gut verständlicher Hintergrundinformation darzustellen. Als Erstes fällt auf, dass die Themenschwerpunkte nicht wie meist nach Krankheitsbildern eingeteilt sind. Es gibt fünf Kapitel: Das erste „Den eigenen Körper im Blick“ beschreibt gynäkologische Untersuchung, Krebsfrüherkennung und Mammographie als (fast) allen bekannte Untersuchungen. Kapitel 2 „Die Sprache des weiblichen Körpers“ berichtet über Geschlechtsorgane, Hormone, Blutungen, Lust&Liebe. Kapitel 3 beschreibt die Lebensphasen Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahre, ein eigener Abschnitt widmet sich der künstlichen Befruchtung mit allen Facetten Plankind-Wunschkind-Traumkind. Im vierten Kapitel finden sich die gutartigen „Frauenleiden“, z.B. Myome, Endometriose, Beckenbodenschwäche, chronische Unterleibsschmerzen. Kapitel fünf befasst sich mit gynäkologischen Operationen und ihren Folgen. Alle Texte werden aufgelockert durch Beispiele aus der Praxis, Abbildungen und farblich abgesetzte „Gute Ratschläge“, so dass Informationen und Ratgeberanteile gut erkennbar getrennt sind. Fazit: dem Buch geht es nicht um sensationelle Neuigkeiten, es besticht durch die salutogenetische Grundhaltung der beiden Autorinnen, die auch sprachlich sehr gut zum Ausdruck kommt. Es ist ein sehr empfehlenswertes Nachschlagewerk für die Ärztin, die aus Erfahrungen ihrer Kolleginnen lernen möchte und für die Patientin, die gerne eine informierte Entscheidung treffen möchte. Dr. Claudia Czerwinski, Bünde Dr. Barbara Ehret-Wagener/Dr.Miriam Roepke-Buncsak: Frauen-Körper-Gesundheit-Leben, Diana-Verlag, München 2008, 21,95 Euro ISBN 978-3-453-28513-2

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Impressum

KALLIOPE auf der Suche nach Ärztinnen-Talenten Medizin und Kunst in einer neuen Zeitschrift für Literatur und Kunst „Die Medizin beschäftigt den ganzen Menschen, weil sie sich mit dem ganzen Menschen beschäftigt.“ (Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit, II. Teil, Neuntes Buch)

Seit dem Beginn der Medizin fanden sich unter den Ärzten zahlreiche künstlerische Talente. Schriftsteller und Dichter zählen ebenso dazu wie Musiker oder Philosophen. Für viele Ärzte ist es eine Leidenschaft, so meint Tschechow über seine doppelte Berufung: „die Medizin ist meine Ehefrau, die Literatur meine Geliebte“ (1888); für andere ein Ausgleich zu der klinisch-praktischen Tätigkeit, die immer alle Seiten des Menschen und somit, wenn auch mehr oder weniger stark ausgeprägt, auch sein Kunstbedürfnis einschließt. Als Mitgründerin und neben A. Milad Karimi, einem Doktoranden der Philosophie in Freiburg, Mitherausgeberin der neuen Zeitschrift für Literatur und Kunst, die dem Namen der ältesten der als Musen bekannten Töchter von Mnemosyne und Zeus, KALLIOPE (der Schönstimmigen), folgt, und viermal jährlich im Bonner Bernstein-Verlag erscheint, freut es mich daher vor allem, dass auch in unserer Zeitschrift unter den Beiträgen junger, noch nicht publizierter und bereits erfahrener, renommierter Künstler und Autoren einige künstlerisch begabte Medizinstudenten und Ärzte mit unterschiedlichs-

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ten Werken und Stilen vertreten sind. In der im März dieses Jahres erschienenen ersten Ausgabe stammen drei Beiträge von angehenden und tätigen Ärzten. Im Anschluss an die Uraufführung von Wolfgang Rihms neuem Werk für Chor und Orchester, der Cantatica hermetica „Quid est Deus?“ nach einem Text aus dem „Liber viginti quatuor philosophorum“ des Hermes Trismegistos interviewte der auch selbst komponierende Freiburger Student der Humanmedizin Jakob Neubauer den Karlsruher Komponisten und verfasste ein begleitendes Portrait des Musikers. Unter den lyrischen und prosaischen Texten findet sich eine Kurzgeschichte des Berliner Schriftstellers und Arztes für Psychiatrie, Dr. Jakob Hein. Sogar das Titelblatt der ersten Ausgabe stammt von einem Leipziger Arzt, Dr. Thomas Karlas. Auch die zweite Ausgabe enthält eine Auswahl an Werken abbildender Kunst eines Leipziger Malers und Arztes für Pädiatrische Radiologie, Prof. Dr. Wolfgang Hirsch. A. Milad Karimi und ich versuchen in unserer jungen Zeitschrift mit Besinnung auf die Muse Kalliope, ein offenes Forum für Künste zu schaffen, das die alten und neuen Künste und Kunstformen von der Literatur, einschließlich lyrischer, prosaischer und dramatischer Texte sowie philosophischer und kritischer Essayistik, über die Musik bis hin zur abbildenden Kunst, sei es Graphik, Kalligraphie, Druck oder Malerei, zusammenzuführen. Mit der Verbindung eines Medizinstudiums und eines Magisterstudiums für Neuere deutsche Literaturgeschichte und nun als beginnende Ärztin und Mitherausgeberin der KALLIOPE habe ich versucht und versuche, Kunst und Medizin in den beschränkten, mir möglichen Maßen zusammenzuführen und möchte insbesondere alle künstlerisch aktiven, schreibenden, zeichnenden, komponierenden oder anderweitig auf diesem Terrain tätigen Ärztinnen dazu einladen, sich unserem Projekt mit eigenen Beiträgen anzuschließen. Es wäre für die KALLIOPE eine schöne Bereicherung, wenn in möglichst vielen Ausgaben, künstlerisch talentierte Ärztinnen und Ärzte mitwirken würden. Dr. med. Claudia Weise, Herausgeberin der KALLIOPE. Zeitschrift für Literatur und Kunst Kontakt: [email protected] www.kalliope.bernstein-verlag.de

ÄRZTIN Offizielles Organ des Deutschen Ärztinnenbundes ISSN 0341-2458 Herausgeber: Deutscher Ärztinnenbund e. V. Präsidentin: Dr. Astrid Bühren Hagener Str. 31, 82418 Murnau, Tel. 088 41/27 03 e-mail: [email protected] Redaktion: Annegret Hofmann (AH, v.i.S.d.P.), Büro für Gesundheitskommunikation, Berlin/Gösen Mobil: 0170 546 19 12 e-mail: [email protected] Redaktionsausschuss: Dr. Kirstin Börchers, Dr. Astrid Bühren, Elke Burghard, Dr. Lore Gewehr, Dr. Claudia Leißner, Dr. Regine RappEngels, Prof. Dr. Marianne Schrader Geschäftsstelle des DÄB: Haus der deutschen Ärzteschaft, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Tel.: 030/40 04 56 540, Fax: 030/40 04 56 541 e-mail: [email protected] Verlag: Contentic Media Services GmbH, Neuenburger Str. 17, D-10969 Berlin, Tel.: + 49(30)28 38 50 00, Fax: + 49(30)28 38 50 05 e-mail: [email protected] Anzeigenverwaltung: Pointhaus – Kommunikation und Medien (GbR), c/o Contentic Media Services GmbH, Neuenburger Str. 17, D-10969 Berlin, Tel.: + 49(30)28 38 50 03, Fax: + 49(30)28 38 50 05 Grafikdesign: www.isenseedesign.de Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, Oraniendamm 48, 13469 Berlin Die Zeitschrift erscheint viermal pro Jahr. Heftpreis 3,- . Bestellungen werden von der Geschäftsstelle entgegen genommen. Für Mitglieder des DÄB ist der Bezugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Redaktionsschluss d. Ausg. 4/08: 01.11. 2008 Titel-Fotos/IV. US: Contentic-Archiv, privat, Uni Leipzig, Digene Deutschland GmbH, CTK (2)

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