Vorwort zur deutschen Ausgabe

Vorwort zur deutschen Ausgabe Die Hirnforschung gehört zu den am schnellsten wachsenden Gebieten in den Lebenswissenschaften. Neue Erkenntnisse, die h...
Author: Matthias Gehrig
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Vorwort zur deutschen Ausgabe Die Hirnforschung gehört zu den am schnellsten wachsenden Gebieten in den Lebenswissenschaften. Neue Erkenntnisse, die hier gewonnen werden, sind von großer medizinischer Bedeutung; sie beginnen aber auch immer stärker, unser Alltagsleben und unser Bild von uns selbst zu verändern. Man denke nur an die in den Medien und in der Öffentlichkeit in den letzten Monaten und Jahren geführten Diskussionen um die Implikationen der Hirnforschung für den „freien Willen“, um die neuronalen Grundlagen von religiöser Erfahrung, um bewusstseinsverändernde Neurotechnologien, um die möglichen Gefahren von Neuroimplantaten oder um das „Gedankenlesen“ durch neue bildgebende Verfahren. All dies zeigt, dass es zunehmend wichtig wird, die Grundlagen des komplexen Gebietes der Hirnforschung auf leicht verstehbare und ansprechende Weise zu vermitteln und eine fundierte Auseinandersetzung möglichst vielen interessierten Lesern zu ermöglichen. Der „Bear“ erfüllt diese Anforderung in besonderem Maße. Den drei Verfassern des Buches gelingt, womit Lehrbuchautoren im deutschsprachigen Raum sich nach wie vor schwer tun: anschaulich und spannend den Leser vom Einstieg in die Grundlagen bis an die vorderste Front der Forschung mitzunehmen; ohne überflüssigen Ballast wissenschaftliche Erkenntnis mehr erzählend als erklärend zu vermitteln; und die Akkuratheit der Darstellung nicht mit der Notwendigkeit von allerhand Fußnoten oder Zusatzerläuterungen im „Kleingedruckten“ zu verwechseln. Dieses hervorragende Einführungslehrbuch wendet sich an Studierende der Medizin, Biologie und Psychologie. Es eignet sich aber auch für Interessenten aus vielen anderen Bereichen, wie beispielsweise Ergo- oder Physiotherapeuten, Mitarbeiter von Pflegeberufen, technische Assistenten, und auch für die Vorbereitung des Biologieunterrichts in der Oberstufe. Der „Bear“ ist seit vielen Jahren eines meiner persönlichen Lieblingsbücher für den neurophysiologischen Unterricht im Medizin- und Psychologiestudium. Als der Spektrum-Verlag bei mir anfragte, ob ich die deutsche Ausgabe als Herausgeber betreuen wollte, sagte ich spontan und ohne Zögern zu. Auch wenn das „Polieren“ der Übersetzung, die terminologische und stilistische Korrektur des Manuskripts und die genaue Durchsicht der Umbrüche dann viel mehr Zeit in Anspruch nahmen als erwartet, wurde ich durch das Ergebnis meiner Arbeit mehr als belohnt: Ein didaktisches Meisterwerk ist nun endlich auch in deutscher Sprache verfügbar. Mein Dank geht an Kolleginnen und Kollegen aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die viele Kapitel der Übersetzung gelesen und mit zahlreichen Hinweisen zur Korrektur geholfen haben. Dies sind: Robert Bähring, Christiane Bauer, Nicole David, Constanze Hipp, Rafael Kalisch, Andrej Kral, Christian Moll, Gabriele Rune und Christiane VahleHinz. Constanze Hipp bin ich sehr zu Dank verpflichtet, sie hat mit unermüdlicher Geduld und Akribie nicht nur etliche Kapitel durchgesehen,

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sondern auch das Glossar bearbeitet und ganz wesentlich zur Korrektur der Umbrüche beigetragen. Mein ganz besonderer Dank geht – wie stets beim Abschluss eines Projekts – an meine Frau Ursula und meinen Sohn David, die mir verziehen haben, dass ich an etlichen Abenden und Wochenenden in diesem Sommer meiner Familie nicht zur Verfügung stand. Hamburg, im September 2008 Andreas K. Engel

Vorwort zur amerikanischen Originalausgabe Der Ursprung des Lehrbuches Neurowissenschaften Seit über 25 Jahren bieten wir den Kurs „Neurowissenschaft 1: Eine Einführung in das Nervensystem“ mit bemerkenswertem Erfolg an. An der Brown University, wo er entwickelt wurde, belegt ihn etwa jeder vierte Student. Für einige stellt er den Beginn ihrer Karriere in den Neurowissenschaften dar, für andere ist es der einzige naturwissenschaftliche Kurs, den sie belegen. Der Erfolg dieses Kurses liegt einerseits in der Faszination und Neugier darüber begründet, wie wir wahrnehmen, uns bewegen, denken und fühlen, andererseits in der Auswahl seiner Schwerpunkte und der Art, wie der Kurs unterrichtet wird. Besondere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die biologischen, chemischen und physikalischen Grundlagen für das Verständnis der Neurowissenschaft werden im Verlauf des Kurses vermittelt, sodass alle Studenten bis zum Schluss folgen können. Der Gebrauch allgemeinverständlicher Wörter, von Beispielen aus dem Alltag, Humor und Anekdoten zeigt, dass Wissenschaft jedem zugänglich und spannend ist und Spaß machen kann. Außerdem umfasst der Kurs nicht die gesamte Neurobiologie, sein Fokus liegt auf dem Gehirn der Säugetiere, speziell auf dem des Menschen. Damit ähnelt er stark den Grundkursen am Anfang des Medizinstudiums. Die psychologischen, biologischen und neurowissenschaftlichen Fakultäten vieler Universitäten bieten ähnliche Lehrveranstaltungen an. Die erste Auflage des Buchs Neurowissenschaften wurde herausgegeben, um die Themen des Kurses „Neurowissenschaft 1“ und die Philosophie zu vermitteln, die seinen Erfolg ausmachen. Aufgrund des Feedbacks unserer Studenten und Kollegen anderer Universitäten erweiterten wir die zweite Auflage: Neben zusätzlichen Themen zur Neurobiologie des Verhaltens gab es Neuerungen, die das Verständnis der Gehirnstruktur erleichtern sollten. Damit scheinen wir den „richtigen Nerv“ getroffen zu haben, denn heute ist das Buch eines der weltweit beliebtesten in die Neurowissenschaften einführenden Lehrbücher. Besonders erfreulich ist es zu sehen, wie es zur Einrichtung neuer Einführungskurse in die Neurowissenschaften inspiriert.

Neuerungen in der dritten Auflage Unser wichtigstes Anliegen für die dritte Auflage war es, die vielen Entdeckungen der letzten fünf Jahre darin mit aufzunehmen, ohne den Umfang des Buches zu vergrößern. Die Kapitel, in denen eher die Grundlagen als die

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Details dargestellt werden, sollten kürzer werden und ein verbessertes Layout und verständliche Abbildungen das Buch noch leserfreundlicher machen. Die Überarbeitung für die dritte Auflage ließ uns den wissenschaftlichen Fortschritt der letzten fünf Jahre rekapitulieren – und er ist einfach erstaunlich. Die vielleicht wichtigste Entwicklung war die Sequenzierung des menschlichen Genoms, die neue Wege zum Verständnis der neuronalen Grundlage von Individualität, von neurologischen und psychischen Krankheiten eröffnet. Diese und viele andere Erkenntnisse sind nun enthalten. Wir Autoren sind allesamt aktive Neurowissenschaftler. Unser Anliegen ist es, den Lesern die Faszination der Forschung näherzubringen. Ein einzigartiges Element unseres Buches sind die Exkurse Köpfe und Ideen, in denen berühmte Neurowissenschaftler über ihre eigene Forschung berichten. Diese Exkurse dienen mehreren Zwecken: Sie sollen eine Vorstellung vom Nervenkitzel der Entdeckung vermitteln und auf die Bedeutung von harter Arbeit und Geduld, aber auch glücklichen Zufällen und Intuition bei einer wichtigen Entdeckung hinweisen. Sie sollen auch die menschliche Seite der Wissenschaft zeigen und nicht zuletzt die Leser unterhalten. Diese Tradition wird in der dritten Auflage durch 24 neue Beiträge von erstklassigen Wissenschaftlern fortgesetzt, zu denen etwa die Nobelpreisträger Roderick MacKinnon und Arvid Carlsson gehören.*

Eine Übersicht über den Inhalt des Buches Neurowissenschaften bietet einen Überblick über die Organisation und Funktion des menschlichen Nervensystems. Hochaktuelles Wissen wird für Studenten mit und ohne naturwissenschaftlichen Hintergrund gleichermaßen verständlich präsentiert, wobei das Niveau dem einführender Lehrbücher in die allgemeine Biologie vergleichbar ist. Das Buch besteht aus vier Teilen: Teil I: Grundlagen, Teil II: Sensorische und motorische Systeme, Teil III: Gehirn und Verhalten, Teil IV: Das adaptive Gehirn. Teil I beginnt mit einer Vorstellung der modernen Neurowissenschaften und beleuchtet ihre historische Entwicklung. Anschließend befassen wir uns gründlich mit der Struktur und Funktion einzelner Nervenzellen, wie sie chemisch miteinander kommunizieren und wie sich aus diesen Bausteinen schließlich ein Nervensystem zusammensetzt. In Teil II untersuchen wir die Struktur und Funktion der Systeme, die den Sinnen zugrunde liegen und die willentlichen Bewegungen ermöglichen. Mit der Betrachtung der neurobiologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens wie Motivation, Sexualverhalten, Emotionen, Schlaf, Sprache und Aufmerksamkeit sowie psychischen Krankheiten befassen wir uns in Teil III. Zum Abschluss betrachten wir in Teil IV, wie während der Entwicklung und beim erwachsenen Menschen die Umwelt das Lernen und das Gedächtnis beeinflusst. Das menschliche Nervensystem wird auf verschiedenen Ebenen betrachtet: von den Molekülen, die die funktionellen Eigenschaften der Neuronen bestimmen, bis zu den großen Systemen im Gehirn, die die Grundlage von Kognition und Verhalten darstellen. Es werden viele Störungen des menschlichen Nervensystems vorgestellt, gewöhnlich im Kontext des jeweils besprochenen neuronalen Systems. Tat* Für die deutsche Ausgabe sind sechs Essays deutschsprachiger Wissenschaftler eingefügt worden.

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sächlich hat man viele Einsichten in die normale Funktion neuronaler Systeme durch das Studium der Krankheiten gewonnen, die in diesen Systemen spezifische Fehlfunktionen hervorrufen. Außerdem behandeln wir die Wirkung von chemischen Substanzen und Toxinen auf das Gehirn. Dieses Wissen hilft, den Beitrag der verschiedenen Gehirnsysteme zum Verhalten zu erläutern und zu verstehen, wie Drogen die Gehirnfunktionen verändern.

Der Aufbau von Teil I: Grundlagen (Kapitel 1–7) Teil I vermittelt ein solides Fundament an neurobiologischem Wissen. Die Kapitel sollten der Reihe nach durchgearbeitet werden, wobei Kapitel 1 und 6 problemlos übersprungen werden können. In Kapitel 1 wählen wir einen historischen Ansatz, um einige grundlegende Funktionsprinzipien von Nervensystemen nachzuvollziehen. Anschließend beschreiben wir, wie neurobiologische Forschung heutzutage durchgeführt wird. Dabei stellen wir uns auch ihren ethischen Aspekten, insbesondere im Zusammenhang mit Tierversuchen. In Kapitel 2 liegt der Fokus auf der Zellbiologie der Neuronen. Diese Grundlagen sind vor allem für Studenten ohne biologische Vorkenntnisse wichtig, stellen aber erfahrungsgemäß für fortgeschrittene Studenten eine hilfreiche Wiederholung dar. Anschließend wenden wir uns den strukturellen Eigenschaften zu, die die Nervenzellen und ihre unterstützenden Zellen so einzigartig machen, und gehen dabei besonders auf den Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion ein. Die Kapitel 3 und 4 widmen sich der Physiologe der Nervenzellmembran. Hier werden die notwendigen chemischen, physikalischen und molekularen Eigenschaften erklärt, die das Neuron zur Generierung und Weiterleitung elektrischer Signale befähigen. Dabei wird durchgängig ein allgemein verständliches Vokabular verwendet und die Sachverhalte werden mit Vergleichen aus dem Alltag veranschaulicht. Kapitel 5 und 6 behandeln die Kommunikation zwischen Neuronen, speziell die Übertragung an der chemischen Synapse. Während Kapitel 5 die allgemeinen Funktionsprinzipien der Reizübertragung an der chemischen Synapse vertieft, werden in Kapitel 6 die Neurotransmitter und ihre Wirkungsweise beschrieben und einige moderne Methoden zur Erforschung der chemischen Synapsen vorgestellt. Da der Inhalt von Kapitel 6 für das Verständnis der folgenden Kapitel nicht notwendig ist, kann man es nach eigenem Ermessen auch überspringen. Der Großteil der Psychopharmakologie wird erst in Kapitel 15 im Anschluss an die generelle Organisation des Gehirns sowie der sensorisch und motorischen Systeme vorgestellt. Auf diese Weise erfahren die Studenten gleichzeitig, wie und wo Drogen in unserem Nervensystem und auf unser Verhalten wirken. Einen groben Überblick über die Anatomie des Nervensystems liefert Kapitel 7. Hier konzentrieren wir uns auf die allgemeine Organisation des Nervensystems der Säugetiere, indem wir die embryonale Entwicklung des Gehirns zurückverfolgen (die zellulären Aspekte der Entwicklung werden in Kapitel 23 behandelt). Wir zeigen, dass die Spezialisierungen des menschlichen Gehirns im Grunde einfache Variationen vom Grundbauplan des Säugergehirns darstellen. Als Anhang (Kapitel 7A) folgt diesem Kapitel ein neuroanatomischer Atlas, der Oberflächen- und Querschnittsanatomie von Gehirn, Rückenmark, vegetativem Nervensystem, Hirnnerven und versorgenden Blutgefäßen des Gehirns illustriert. Ein Selbsttest hilft beim Lernen und Rekapitulieren der anatomischen Terminologie. Wir

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empfehlen, sich zunächst mit der im Atlas dargestellten Neuroanatomie vertraut zu machen, bevor man zu Teil II übergeht.

Der Aufbau von Teil II: Sensorische und motorische Systeme (Kapitel 8–14) Teil II gibt einen Überblick über diejenigen Systeme des Gehirns, die die bewusste Wahrnehmung und die Bewegungen kontrollieren. Die Kapitel aus diesem Teil können ohne bestimmte Reihenfolge bearbeitet werden. Lediglich die Kapitel 9 und 10 einerseits sowie 13 und 14 andererseits sollte man nacheinander lesen, da hier die Themen „Sehen“ und „Bewegungskontrolle“ jeweils auf zwei Kapitel verteilt abgehandelt werden. Zunächst werden in Kapitel 8 die chemischen Sinne – der Geruchs- und Geschmackssinn – behandelt. Sie eignen sich gut, um die generellen Prinzipien und Probleme bei der Codierung sensorischer Information zu verdeutlichen. Außerdem zeigen ihre Reizweiterleitungsmechanismen viele Parallelen zu anderen Systemen. Kapitel 9 und 10 befassen sich mit dem visuellen System, das in keinem einführenden neurowissenschaftlichen Kurs fehlen darf. Viele Details der Organisation dieses Systems illustrieren die Tiefe des gegenwärtigen Wissensstands und die typischen Funktionsprinzipien der sensorischen Systeme. In Kapitel 11 untersuchen wir das auditorische System, während in Kapitel 12 das somatische Wahrnehmungssystem vorgestellt wird. Beide sind wichtige Teile des alltäglichen (Er-)Lebens, sodass eine Einführung in die Neurowissenschaften ohne Darstellung dieser Sinne kaum vorstellbar ist. Dem Gleichgewichtssinn ist ein eigener Abschnitt des Kapitels 11 gewidmet, was den Dozenten ermöglicht, diesen Bereich gegebenenfalls zu überspringen. In den Kapiteln 13 und 14 besprechen wir die motorischen Systeme des Gehirns. Wenn man bedenkt, wie stark das Gehirn an der Bewegungskontrolle beteiligt ist, erscheint eine derart umfassende Behandlung mehr als gerechtfertigt. Natürlich sind wir uns der einschüchternden Wirkung bewusst, die die enorme Komplexität der motorischen Systeme haben kann. Deshalb haben wir dieses Thema so stark wie möglich fokussiert und veranschaulichen es mit vielen Beispielen.

Der Aufbau von Teil III: Gehirn und Verhalten (Kapitel 15–22) In Teil III wird untersucht, wie verschiedene neuronale Systeme zu unterschiedlichen Verhaltensweisen beitragen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Systeme mit der deutlichsten Verbindung zwischen Gehirn und Verhalten. Wir besprechen, welche Systeme die Körperfunktionen und die Homöostase, einfache motivierte Verhaltensweisen (wie Essen und Trinken), die Sexualität, Stimmungen, Sprache und Aufmerksamkeit kontrollieren. Abschließend wird erklärt, was passiert, wenn diese Systeme aufgrund psychischer Erkrankungen gestört sind. Kapitel 15–19 beschreiben eine Reihe neuronaler Systeme, die Reaktionen im gesamten Gehirn und Körper vermitteln. Im Kapitel 15 konzentrieren wir uns auf drei Systeme mit einer breiten Wirkung und einer interessan-

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ten Chemie ihrer Neurotransmitter: den sekretorischen Hypothalamus, das vegetative Nervensystem und die diffusen Modulationssysteme des Gehirns. Auch diskutieren wir, wie von bestimmten Drogen Verhaltensänderungen ausgelöst werden. In Kapitel 16 betrachten wir die physiologischen Faktoren für bestimmte Verhaltensweisen. Dabei konzentrieren wir uns auf aktuelle Forschungsergebnisse zur Kontrolle des Essverhaltens. Kapitel 17 untersucht den Einfluss des Geschlechts auf das Gehirn und den des Gehirns auf das Sexualverhalten. Gegenstand von Kapitel 18 sind die neuronalen Systeme, denen eine Schlüsselrolle für das Erleben und den Ausdruck von Emotionen zugeschrieben wird. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Furcht, Angst, Wut und Aggression. Thema von Kapitel 19 sind Systeme, die die Rhythmen des Gehirns erzeugen: sowohl die schnellen elektrischen Rhythmen während der Schlaf- und Wachphasen als auch die langsamen circadianen Rhythmen, denen die Kontrolle von Hormonen, Körpertemperatur, der Wachheit und des Stoffwechsels unterliegt. Teil III endet mit der Diskussion der neurowissenschaftlichen Forschung zu Sprache und Aufmerksamkeit in den Kapiteln 20 und 21 sowie zu psychischen Erkrankungen in Kapitel 22.

Der Aufbau von Teil IV: Das adaptive Gehirn (Kapitel 23–25) Teil IV behandelt die zellulären und molekularen Grundlagen von Gehirnentwicklung, Lernen und Verhalten. Diese Themen gehören zu den spannendsten Forschungszweigen der modernen Neurowissenschaft. Kapitel 23 erläutert die Mechanismen, die während der Gehirnentwicklung für die richtigen Verknüpfungen zwischen den Neuronen sorgen. Aus mehreren Gründen werden die zellulären Aspekte der Entwicklung erst hier (und nicht im ersten Teil) erklärt. Zum einen kann man erst an diesem Punkt richtig verstehen, weshalb eine normale Gehirnfunktion von der richtigen „Verkabelung“ der Neuronen abhängt. Und da wir das visuelle System als Beispiel nutzen, muss das Kapitel auf die Diskussion der visuellen Bahnen in Teil II folgen. Zum anderen erörtern wir hier erfahrungsabhängige Entwicklungen im visuellen System, die von den diffusen Modulationssystemen des Gehirns reguliert werden. Daher steht dieses Kapitel hinter Teil III. Nicht zuletzt schließt sich der Untersuchung des Einflusses der sensorischen Umwelt auf die Gehirnentwicklung in Kapitel 23 eine Diskussion über die erfahrungsabhängigen Änderungen im Gehirn als Grundlage für Lernen und Gedächtnis an. Wir werden sehen, dass viele Mechanismen ähnlich sind, was für die Einheitlichkeit der Biologie spricht. Kapitel 24 untersucht die anatomischen Grundlagen des Gedächtnisses und zeigt, dass unterschiedliche Gehirnteile für die Speicherung verschiedener Informationsarten zuständig sind. Die zellulären und molekularen Grundlagen von Lern- und Gedächtnisleistungen sind schließlich das Thema von Kapitel 25, wobei insbesondere auf die Änderungen der synaptischen Verbindungen eingegangen wird.

Hinweise für den Lernenden Dies ist kein allumfassendes Standardwerk. Es soll vielmehr als gut lesbares Lehrbuch dabei helfen, die grundlegenden Prinzipien der Neurowissen-

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schaft zu lernen. Verschiedene Elemente dienen dazu, die Verständlichkeit für den Leser zu erhöhen: • Einleitende und abschließende Bemerkungen Diese Elemente geben einen Überblick über den Aufbau eines Kapitels, dienen als Einstiegshilfe und ordnen den Inhalt in einen breiteren Kontext ein. • Schlüsselbegriffe und Glossar Die Neurowissenschaften besitzen eine eigene Sprache, die man nur versteht, wenn man ihr Vokabular beherrscht. In jedem Kapitel sind wichtige Begriffe hervorgehoben. Zusätzlich finden sich diese Begriffe zusammen mit ihren Definitionen in Form eines Glossars am Ende des Buches. • Wiederholungsfragen Am Ende jedes Kapitels regt eine kleine Sammlung von Fragen zum Nachdenken an und hilft, das Gelernte richtig einzuordnen. • Wiederholung spezieller neuroanatomischer Begriffe In Kapitel 7 wird die Darstellung der Neuroanatomie regelmäßig durch kurze Selbsttests unterbrochen, die der schnelleren Einprägung der Materie dienen, und im Anhang dieses Kapitels finden sich Arbeitsblätter für einen umfangreichen Selbsttest. • Weiterführende Literatur Als neues Element der 3. Auflage gibt es am Ende jedes Kapitels eine Liste mit aktuellen Übersichtsartikeln (und einigen einschlägigen Buchveröffentlichungen), um das Wissen über den Rahmen des vorliegenden Werkes hinaus zu erweitern. • Literaturhinweise und Angebote zum Selbststudium Um die Lesbarkeit des Buches zu erhöhen, verzichten wir auf Literaturangaben im Text. Sie stehen nach Kapiteln geordnet am Ende des Buches zusammen mit ausgewählten Leseempfehlungen und OnlineAngeboten, die in die Forschungsliteratur jedes Kapitels einführen. • Farbige Abbildungen Wir glauben an die Kraft von Bildern. Sie müssen nicht „mehr als 1000 Worte sagen“, aber sie sollten eine klare Aussage haben. Mit der ersten Auflage dieses Buches haben wir einen neuen Standard bezüglich der Abbildungen in einem neurowissenschaftlichen Lehrbuch gesetzt. Die dritte Auflage enthält viele didaktisch optimierte Darstellungen der früheren Auflagen sowie eine große Zahl erstklassiger neuer Abbildungen. Im gesamten Buch eingestreut finden sich drei Typen von Exkursen. Die bereits erwähnten Köpfe und Ideen geben Einblicke in die persönlichen Lebens- und Forschungswege renommierter Wissenschaftler; sie sind jeweils grün gekennzeichnet. Unter dem Titel Fokus stehen kurze vertiefende Beiträge, die ja nach Zuschnitt der Lehrveranstaltung optional berücksichtigt werden können; ihre Kennzeichnungsfarbe ist blau. Die Exkurse der Rubrik Perspektive bieten ergänzendes Material etwa zu Krankheiten, Verhalten und neuen Technologien, das Brücken zwischen Neurowissenschaften und unserem Alltag schlägt; sie sind gelb gekennzeichnet. Ein elektronisches Zusatzangebot zur deutschen Ausgabe ist in Entwicklung. Besuchen Sie die Website www.spektrum-verlag.de/bear oder die Website des Herausgebers www.uke.de/ neurophysiologie. Für Dozenten gibt es zu diesem Buch außerdem eine DVD mit sämtlichen Abbildungen für die Nutzung in der Lehre (ISBN 978-3-8274-2075-6).

http://www.springer.com/978-3-8274-2028-2