06.01.15

VORLESUNG ALLGEMEINMEDIZIN Wintersemester 2014/15

Strukturen des Gesundheitssystems Staatliches Gesundheitswesen

Sozialversicherungssystem

Privatversicherungssystem

Finanzierung

Steuern (öffentlich)

Beiträge zur Sozialversicherung (öffentlich)

private Versicherung

Leistungserbringung

öffentliche Anbieter

öffentliche und private Anbieter

private Anbieter

Regulierung

staatlich hierarchisch

Selbstverwaltung der Anbieter, Kollektivverhandlungen,

privat wettbewerblich, staatliche Auflagen

Beispiele

Großbritannien, Skandinavien, Niederlande

Deutschland, Frankreich, Belgien

USA

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Typische Eigenschaften der Gesundheitssysteme Beveridge (National Health Service)

Bismarck (Sozialversicherung)

Obama (Privatversicherungssystem)

Finanzierung

Steuern

Sozialversicherungsbeiträge, richten sich nach Gehalt

privatwirtschaftlich

versicherte Personen

Gesamtbevölkerung

Gruppe der versicherten Arbeitnehmer und deren Familienangehörige

Private

Organisation

streng hierarchisch

weniger streng, komplex, mehrere Akteure

privatwirtschaftlich

Rolle des Staates

Finanzierung, Regulierung

gesetzliche Rahmenbedingungen

Einführung der Versicherungspflicht

oft auch Bereitstellung der Gesundheitsleistungen

Ärzte

keine Bereitstellung von Gesundheitsleistungen

Primärarztmodell

freie Arztwahl

gelistete Patienten

Bezahlung nach „Honorar“

nicht reguliert

Arzt angestellt

als Unternehmer „Franchise-Nehmer“

© Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

2000

1600

1200 Belgien Frankreich Luxemburg Deutschland Niederlande USA Dänemark Norwegen Schweden Großbritannien

800

400

10 20

06 20

02 20

98 19

94 19

90 19

86 19

82 19

78 19

74 19

70

0 19

Gesamtsterblichkeit pro 100.000 Einwohner

Mortalität

OECD Health Data 2011 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

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Mortalität

USA Durchschnitt SSH (4-5 Länder)

1400

Durchschnitt NHS (3-4 Länder)

1200

1000

800

06 20

02 20

98 19

94 19

90 19

86 19

82 19

78 19

74 19

70

600

19

Gesamtsterblichkeit pro 100.000 Einwohner

1600

OECD Health Data 2011 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

Lebenserwartung 82 USA Durchschnitt SSH (4-5 Länder)

Lebenserwartung in Jahren

Durchschnitt NHS (3-4 Länder) 79

76

73

10 20

06 20

02 20

98 19

94 19

90 19

86 19

82 19

78 19

74 19

19

70

70

OECD Health Data 2011 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

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Ausgaben für Gesundheit USA Großbritannien Deutschland Niederlande Belgien Frankreich Luxemburg Dänemark Norwegen Schweden

8000

6000

4000

2000

10 20

06 20

02 20

98 19

94 19

90 19

86 19

82 19

78 19

19

19

74

0

70

Gesamtausgaben für Gesundheit pro Kopf (US $ purchasing power parity)

10000

OECD Health Data 2011 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

10000 USA Durchschnitt SSH (2-5 Länder)

8000

Durchschnitt NHS (3-5 Länder)

6000

4000

2000

10 20

06 20

02 20

98 19

94 19

90 19

86 19

82 19

78 19

74 19

70

0 19

Gesamtausgaben für Gesundheit pro Kopf (US $ purchasing power parity)

Ausgaben für Gesundheit

OECD Health Data 2011 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

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Patient Protection and Affordable Care Act „Obama-Care“ ● Krankenversicherungen ist es verboten, Patienten abzulehnen. ● Krankenversicherungen ist es verboten, für Patienten mit Vorerkrankungen erhöhte Versicherungsbeiträge für die Basisversicherung zu verlangen. ● Kinder dürfen bis zum 26. Lebensjahr in der Familienversicherung der Eltern versichert bleiben. ● Krankenversicherungen müssen Kosten für Früherkennungsuntersuchungen übernehmen. ● Alle Versicherungsunternehmen müssen ihre Bilanz im Internet veröffentlichen. ● Eintrittsaltersfaktor max. 300% ● Arme werden weiterhin durch die Medicaid versichert. Finanzschwache erhalten staatliche Zuschüsse. ● Einwohner, die keine Krankenversicherung abgeschlossen haben, müssen „Strafzahlungen“ leisten, es sei denn, sie haben religiöse Gründe, keine Krankenversicherung abzuschließen.

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Primärversorgung in Europa Anteil der direkt zugänglichen Gesundheitsleistungen in der ambulanten Versorgung (%) M.W. Kroneman et al. / Health Policy 76 (2006) 72–79

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Fig. 1. Direct access of health care services in 18 European countries. Kroneman et al. 2006

care (items 7–11). For satisfaction with practice organisation, items 19–23 were used. In most countries more than 1000 respondents were interviewed, except in France (473), Portugal (540) and Spain (316) [20]. We used the average score of each country, regardless the sample size in that country. For Belgium, we computed the combined average for Flanders and Wallonia.

with other care providers (two items)). Eight countries were overlapping with our direct accessibility data: Rostock © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Denmark, Greece, Italy, Ireland, Netherlands, Norway, Portugal, and the UK. In seven of these countries, hospital files were (partly) used to select patients.

2.3. Validity testing

For the statistical analyses Pearson’s correlation coefficient was used, based on the fact that both patient satisfaction and direct accessibility were available on an ordinal scale. A significance level lower or equal

An important weakness of the EUROPEP study is that the questionnaire was send to patients of general

2.4. Statistical analyses

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Anteil der Einwohner, die die PrimärVersorgung als sehr gut einstufen (%)

Primärversorgung in Europa

Anteil von direkt zugänglichen Gesundheitsdiensten (%)

Kroneman et al. 2006 © Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Rostock

jährliches Ärzte-Einkommen 200.000 Belgien Dänemark Frankreich Deutschland Niederlande Schweden Großbritannien

Ärzte-Einkommen

160.000

120.000

80.000

40.000

0 1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

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Vergütung ärztlicher Leistung Generelle Möglichkeiten: ● Fee for Service (Einzelleistungsvergütung) ● Pay for Performance (Vergütung nach Qualitätskriterien) ● Capitation („Kopfpauschale“)

KV-System Deutschland: Mix aus Fee for Service und Capitation

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Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)

● Teil der privatärztlichen Leistungen (neben Gutachten, Tauglichkeitsuntersuchungen, reisemedizinischen Beratungen), die ein Gewinn an Gesundheit versprechen. ● ...entsprechen nicht den gesetzlich definierten Kriterien einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Patientenversorgung und werden deshalb nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt. ● WIdO (Wissenschaftliches Institut der AOK) schätzte 2010 das Volumen auf 1,5 Mrd. €, was einem Anstieg um etwa 50 % im Vergleich zu 2005 entspricht!

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Beispiel: Augeninnendruckmessung (Glaukomfrüherkennung)

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Take Home Message

!!

1. Das deutsche Gesundheitssystem ist historisch gewachsen und beruht auf einem solidarischen Sozialsystem. 2. IGeL gehören in den Garten aber nicht in die Arztpraxis!

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