vorgelegt von Anika Worring aus Bergisch-Gladbach

Aus dem Zentrum für operative Medizin der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, und Tumorchirurgie Direktor: Universitä...
Author: Petra Schuster
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Aus dem Zentrum für operative Medizin der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, und Tumorchirurgie Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. A. Hölscher

Einfluss der neoadjuvanten Radiochemotherapie auf das zelluläre Immunsystem bei Patienten mit Ösophaguskarzinom

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln

vorgelegt von Anika Worring aus Bergisch-Gladbach

promoviert am 20. Februar 2013

Copy –Star Druck und Werbung GmbH, Köln Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, 2013

Dekan:

Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h. c. Th. Krieg

1. Berichterstatterin/Berichterstatter: Professor Dr. med. R. O. Metzger 2. Berichterstatterin/Berichterstatter: Professor Dr. rer. nat. K. Schomäcker

Erklärung Ich erkläre hiermit, die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt

habe;

die

aus

fremden

Quellen

direkt

oder

indirekt

übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Bei der Auswahl und Anfertigung des Materials sowie der Herstellung des Manuskriptes habe ich außer von Herrn Universitätsprofessor Dr. med. R. Metzger und Universitätsprofessorin Dr. med. E. Bollschweiler keine Unterstützungsleistungen erhalten. Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorliegenden Dissertationsschrift stehen. Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Köln, 24.08.2012

Die Untersuchungsmaterialien und die klinischen Daten der untersuchten Patienten wurden von mir persönlich zusammengetragen. Die dieser Arbeit zu Grunde liegenden Daten (Blutentnahmen) wurden von mir selbst auf den Stationen der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, und Tumorchirurgie der Universität zu Köln ermittelt. Die laborchemischen Untersuchungen haben im Labor der Universität zu Köln stattgefunden. Die statistische Auswertung der Daten sind von mir selbst mit Unterstützung von Frau Universitätsprofessorin Dr. med. E. Bollschweiler durchgeführt worden.

Danksagung Herzlich danke ich dem gesamten Team der chirurgischen Klinik der Universität zu Köln.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

1

1.1.Das Ösophaguskarzinom

1

1.1.1.Epidemiologie

1

1.1.2.Risiokofaktoren und Ätiologie

2

1.1.3.Pathologie, Ausbreitung und Tumorsitz

3

1.1.4.Diagnostik

6

1.1.5.Therapiemöglichkeiten

9

1.1.6.Prognose

15

1.2.Das Immunsystem

16

1.2.1.Komponenten und Aufgabe des Immunsystems

16

1.2.2.Tumorimmunologie

19

1.2.3.Immuntherapie

21

1.3.Fragestellung der Arbeit

22

2. Material und Methoden

23

2.1.Patientenkollektiv

23

2.2.Erhebung des Immunstatus

24

2.3.Statistische Auswertung

27

3. Ergebnisse

28

3.1.Leukozyten

28

3.2.Thrombozyten

31

3.3.Lymphozyten

34

3.4.CD3

37

3.5.CD4

40

3.6.CD8

42

3.7.CD4/CD8-Quotient

45

3.8.CD19

48

3.9.CD16+56

51

3.10.IL-2+

54

3.11.HLA-DR+

56

3.12.postoperative Komplikationen

59

3.13.Zusammenfassung der Ergebnisse

60

4. Diskussion 4.1.Immunsystem und Krebs

62 62

4.2.Das zelluläre Immunsystem unter neoadjuvanter Radiochemotherapie bei Patienten mit Ösophaguskarzinom

63

4.3.Diskussion der Fehlermöglichkeiten

70

5. Zusammenfassung

72

6. Literaturverzeichnis

73

7. Veröffentlichungen

86

8. Lebenslauf

87

1. Einleitung

1.1.Das Ösophaguskarzinom 1.1.1.Epidemiologie Mit einer Inzidenz von 4 bis 5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr steht das Ösophaguskarzinom an 9. Stelle der Krebstodesursachen beim Mann und an 15. Stelle bei der Frau. Das in Asien sehr seltene Adenokarzinom zeigt einen exponentiellen Anstieg in den westlichen Ländern. Weltweit bestehen erhebliche regionale Unterschiede in der Inzidenz von Ösophaguskarzinomen. Gebiete mit besonders hoher Inzidenz (mehr als 100 Karzinome je 100.000 Einwohner) befinden sich in China, den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, im Iran, Südafrika, Puerto Rico und Chile. In Deutschland gehört das Ösophaguskarzinom zu den selteneren Tumoren [Hiddemann, Bartram, 2010]. Die höchste Zuwachsrate aller Malignome hat das Barrett-Karzinom. Obgleich der großen regionalen Unterschiede, ist die Inzidenz des Plattenepithelkarzinoms dagegen gleichbleibend [Bollschweiler 2001]. Männer sind bei beiden Tumorformen deutlich häufiger betroffen als Frauen; beim Adenokarzinom 9 Mal, beim Plattenepithelkarzinom 3 Mal häufiger. Bei der Tumoroperation sind die Patienten mit Plattenepithelkarzinom etwas jünger (ca. 6 Jahre) als die ca. 60 Jahre alten Barrett-Karzinomträger, die in der Regel zu einer höheren sozialen Schicht gehören. Lag die relative 5-JahresÜberlebenswahrscheinlichkeit 1990-1992 noch bei 8,7%, so stieg sie in den Jahren 2000-2002 auf 24,3% an [Brenner 2005]. Patienten

mit

Adenokarzinom

zeigen

charakteristischerweise

häufig

Refluxbeschwerden und haben kardio-vaskuläre Erkrankungen. Patienten mit Plattenepitehlkarzinom leiden häufiger unter Adipositas, Nikotinabusus und damit einhergehenden chronischen Lungenerkrankungen. Durch Alkoholabusus stellen Lebererkrankungen ebenfalls typische Begleiterkrankungen von Patienten mit Plattenepithelkarzinom dar. 1

1.1.2.Ätiologie und Risikofaktoren Plattenepithelkarzinom

Hauptrisiken zur Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms sind der Missbrauch der exogenen Noxen Nikotin und Alkohol (dosisabhängig). Der gängige Verzehr nitrosaminhaltiger Nahrungsmittel v.a. in asiatischen Ländern, allgemeine Mangelernährung, Laugenverätzung des Ösophagus, berufliche Belastung durch Asbest und Schadstoffe in der Gummiindustrie, ionisierende Strahlen und die Aufnahme sehr heißer Getränke sollen ebenfalls eine entscheidende Rolle in der Entstehung des Plattenepitehlkarzinoms spielen [Blot 1994]. Patienten mit Achalasie, Verätzungsstrikturen, Plummer-Vinson-Syndrom, Tylose (eine seltene, autosomal-dominant vererbte Hyperkeratose der Hände und Füße) und Vorbestrahlung im Hals-Thoraxbereich, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus. Außerdem wird die verminderte Aufnahme von Obst und Gemüse als wichtiger Risikofaktor angesehen [Danaei 2005]. Gehäuft finden sich weitere Tumore im Hypopharynx, im Kehlkopf oder in der Lunge, die in ähnlicher Weise den o.g. Noxen ausgesetzt sind.

Adenokarzinom

Exogene Faktoren sind für die Entstehung des Adenokarzinoms weniger wichtig als für die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms. Es besteht kein Einfluss des Alkoholkonsums auf das Erkrankungsrisiko. Neuere epidemiologische Studien legen jedoch nahe, dass eine enge Korrelation zwischen Nikotinmissbrauch und dem Auftreten von Adenokarzinomen besteht [Zhang 1997]. Darüber hinaus ist Übergewicht offenbar ein unabhängiger Risikofaktor [Calle 2003]. Der Ersatz des orthotopen Plattenepithels im distalen Ösophagus durch metaplastisches Zylinderepithel auf dem Boden chronisch-entzündlicher Vorgänge durch gastro-ösophagealen Reflux ist die entscheidende prämaligne Kondition für die Entstehung eines Adenokarzinoms im distalen Ösophagus (GERD). Dabei 2

spielen neben der Magensäure auch Gallensäuren eine Rolle [Banki 2005]. Ab einer Längenausdehnung von mehr als 3 cm wird dieses Phänomen als BarrettÖsophagus bezeichnet. 85% der Patienten mit Barrett-Karzinom haben eine typische Refluxanamnese [Leers 2005]. Die Zylinderepithelien submuköser oder pluripotenter Stammzellen in der Basalmembran der distalen Speiseröhre werden als Ursprung des neu entstandenen Epithels diskutiert. Diese Zylinderepithelmetaplasie wird auch als Barrett-Ösophagus bezeichnet (nach dem Erstbeschreiber, 1953), Barrett-Karzinom der sich darin entwickelnde Tumor. Bei über 90% der Patienten mit Adenokarzinom kann eine ösophageale Zylinderepithelmetaplasie nachgewiesen werden. Patienten mit Barrett-Ösophagus haben ein etwa 125-mal höheres Risiko, ein Adenokarzinom der Speiseröhre zu entwickeln als die Normalbevölkerung. In einer prospektiven bevölkerungsbasierten Studie aus Nordirland war allerdings über einen Zeitraum von 7 Jahren die Gesamtmortalität für Patienten mit Barrett-Ösophagus nicht erhöht [Anderson 2003]. Bei langstreckigem Barrett-Ösophagus ist das Risiko für die Entstehung eines Karzinoms höher als bei einem short-Barrett-Ösophagus. Vorstufen des invasiven Karzinoms sind vorerst gering gradige, dann höher gradige Neoplasien, welche durch vermehrte/unterschiedliche Mutationen bei zusätzlich vorhandener genomischer Instabilität und maligner Degeneration des BarrettEpithels entstehen [Metzger 2010].

1.1.3.Pathologie, Ausbreitung, Tumorsitz Pathologie

Unter dem Begriff „Ösophaguskarzinom“ werden alle epithelialen malignen Neubildungen der Speiseröhre zusammengefasst. Dabei handelt es sich zu 95% um Plattenepithel- und Adenokarzinome. Entsprechend der Wandauskleidung des Ösophagus können Plattenepithelkarzinome im gesamten Ösophagus auftreten. Adenokarzinome hingegen kommen gehäuft im distalen Ösophagus im Bereich erworbener Zylinderepithelmetaplasien vor. Sie können allerdings auch auf dem Boden angeborener atypisch lokalisierter Inseln mit Zylinderepithel oder 3

submuköser Schleimhautdrüsen in anderen Abschnitten der Speiseröhre entstehen. Seltene Entitäten nehmen nur 4% der Ösophagusmalignome ein. Epitheliale Karzinome können ulzerierend oder exophytisch wachsen, erste Form ist typisch für das Plattenepithelkarzinom, letztere mehr für das Adenokarzinom. Bei den Plattenepithelkarzinomen ist in ca. 10% eine Mulizentrizität des Tumorwachstums zu finden. Diese beschränkt sich beim Adenokarzinom auf das Segment der Barrett-Metaplasie [Metzger 2010]. Neben dem histologischen Typ ist noch der Differenzierungsgrad bedeutend zur pathologischen Klassifikation. Hier werden gut (G1), mäßig (G2), und schlecht (G3) differenzierte Tumoren unterschieden.

Lymphknotenmetastasierung

Auf Grund eines sehr dichten und oberflächlich gelegenen Lymphdrainagesystems in der Submukosa treten beim Ösophaguskarzinom frühzeitig regionale und entfernte Lymphknotenmetastasen auf. Die Lymphknotenmetastasierung ist abhängig vom Sitz des Primärtumors und betrifft in der Regel zunächst die benachbarten regionalen Lymphknoten [Wittekind 2003]. Die Richtung der Metastasierung erfolgt dabei überwiegend kranialwärts

für

Tumoren

des

oberen

Drittels

bzw.

oberhalb

der

Trachealbifurkation und überwiegend kaudalwärts bei Tumoren des unteren Ösophagus bzw. unterhalb der Trachealbifurkation [Stahl 2010]. Entscheidend für die Bestimmung des Lymphknotenbefalls beim Frühkarzinom ist dabei eine Differenzierung zwischen Mukosa und Submukosa und deren jeweiligem Drittel nach der japanischen Klassifikation (z.B. sm1, sm2, sm3). Die Rate von infiltrierten Lymphknoten ist unabhängig davon, ob ein Adeno- oder Plattenepithelkarzinom vorliegt. Mukosakarzinome beider Entitäten weisen praktisch nie einen Lymphknotenbefall auf. Der entscheidende Schritt für die Lymphknotenmetastasierung ist die Infiltration der Submukosa. Bereits sm1Karzinome können in 10-20% Lymphknotenmetastasen hervorrufen und sm3Karzinome sind mit 50-60% Lymphknotenbefall durchaus mit fortgeschrittenen Tumoren vergleichbar [Bollschweiler 2006, Hölscher 2007]. Es zeigen sich ebenfalls 4

keine Unterschiede in der Häufigkeit von Lymphknotenmetastasen bei fortgeschrittenen Adeno- bzw. Plattenepihtelkarzinomen ab dem Stadium T2.

Metastasierung

Über den venösen Abfluss erfolgt die Metastasierung bei proximalen Tumoren v.a. in die Lunge, bei Tumoren des unteren Drittels über die Pfortader v.a. in die Leber, bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs muss mit einer peritonealen

Aussaat

gerechnet

werden

[Smith

1999].

Andere

Metastasierungsorte sind selten.

Tumorsitz

-suprabifurkale oder in Höhe der Bifurkation wachsende Karzinome -infrabifurkale Karzinome Diese

Einteilung

hat

therapeutische

Relevanz,

da

der

Bezug

zum

Tracheobronchialsystem deutlich wird und von Bedeutung ist. Bei den weiter zervikal gelegenen Karzinomen besteht die Gefahr der Infiltration von Luftröhre und/oder Bronchien. Dies ist nicht bei den weiter infrabifurkalen Karzinomen zu erwarten.

Klassifikation

Eine Einteilung der Ösophaguskarzinome anhand anatomischer Strukturen ist aufgrund der unterschiedlichen lymphatischen und venösen Abflusswege für die Therapieplanung sinnvoll [Stahl 2010]. Die UICC (Unio Internationalis Contra Cancerum) teilt den Ösophagus in vier Abschnitte ein, abhängig vom Bezug zur Zahnreihe: -zervikaler Ösophagus: bis 18 cm hinter der Zahnreihe (bis zur Thoraxapertur), -oberer Ösophagus: 18-24 cm, - mittlerer Ösophagus: 24-32 cm, -unterer Ösophagus: 32-40 cm (bis zur Kardia des Magens) 5

Die Einteilung der Adenokarzinome des distalen Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs geschieht nach Siewert [Siewert u. Hölscher, 1987]:

-Typ-I-Tumor: 1-5cm oral der anatomischen Kardia; Adenokarzinom des Ösophagus, in der Regel auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus (BarrettKarzinom) -Typ-II-Tumor: 1cm oral bis 2cm aboral der anatomischen Kardia; Kardiakarzinom -Typ-III-Tumor:

2-5cm

aboral

der

anatomischen

Kardia;

subkardiales

Magenkarzinom, das die Kardia infiltriert.

1.1.4.Diagnostik Typisches Beschwerdebild

Das Leitsymptom des Ösophaguskarzinoms ist die Dysphagie, seltener die Odynophagie [Leers 2005]. Als Frühsymptome gelten Regurgitation und Globusgefühl v.a. beim Plattenepithelkarzinom, sowie trockener Husten auf Grund der Refluxösophagitis beim Adenokarzinom. Weitere Symptome der fortgeschrittenen Krankheit sind Gewichtsverlust, Kachexie, Heiserkeit auf Grund einer Rekurrensparese, Hämatemesis,

zervikale

oder

mediastinale

Lymphknotenschwellungen,

Aspirationspneumonie bei ösophagealer Fistel. Vermehrtes Sodbrennen ist bei ca. 20% der Patienten vorwiegend mit Barrett-Karzinom zu beobachten und dauert häufig schon mehrere Jahre an. Auch wenn die typischen Symptome, inklusive Dysphagie, richtungsweidsend sind, beginnt in Europa die Therapie des Ösophaguskarzinoms erst nach

3

Monaten.

Durch

die

bei

bereits

bekanntem

Barrett-Ösophagus

durchzuführenden Kontrolluntersuchungen werden die Frühkarzinome fest gestellt. Die weiter fortgeschrittenen Tumore (ab T1) sind meist Zufallsbefunde bei aus anderen Gründen durchgeführten Endoskopien [Metzger 2010].

6

Diagnosesicherung bei klinischem Verdacht auf ein Ösophaguskarzinom:

1. Endoskopie mit Biopsie

Die entscheidende Untersuchung für den Tumornachweis ist die Endoskopie mit Biopsie. Damit wird die Malignität bewiesen und die histologische Entität geklärt. Gleichzeitig ergibt die Spiegelung wichtige Informationen zum Sitz, zur Ausdehnung und zur Wachstumsform des Tumors. Die histologische Sicherung erfolgt durch repräsentative Stufenbiopsien aus der Tumorrandregion zu histologisch verwertbaren Biopsien. Ebenfalls sinnvoll ist die Durchführung einer Röntgenkontrastdarstellung, um die tumorösen Veränderungen in den anatomischen Gesamtzusammenhang einzuordnen.

2. Metastasensuche

Um Fernmetastasen ausschließen zu können, werden die Sonographie (v.a. von Abdomen und Hals), die Computertomographie, und evtl. auch die Positronenemissionstomographie (PET) verwendet. International gehört die PET in der Diagnostik des Ösophaguskarzinoms bisher nicht zur Routinediagnostik. Nach Angaben der Studie von Räsänen 2003 [Surgicals Oncology] ist die PET-Untersuchung sehr sensitiv, sie kann kleinste Tumorläsionen identifizieren, wie z.B. Karzinomatosis des Bauchraumes; allerdings muss immer bedacht werden, dass über PET fest gestellte LKMetastasen histologisch und zytologisch abgeklärt werden müssen, da es eine hohe falsch-positive Rate gibt. Da Ösophaguskarzinome mit Fernmetastasen nur noch palliativ behandelt werden können und in der Regel nicht operiert werden, kommt dem Ausschluss bzw. Nachweis von Organmetastasen (M1-Stadium) zentrale Bedeutung zu. Eine Staging-Laparoskopie dient weniger zur besseren Einschätzung des T-Stadiums, als vielmehr einem frühzeitigen Erkennen eines M1-Stadiums. Dies würde das therapeutische Vorgehen wesentlich ändern [Smith 1999]. Falls schwere Begleiterkrankungen, Alter oder fehlende Compliance des Patienten eine intensive Therapie nicht zulassen, kann von einer weiterführenden Diagnostik abgesehen werden. Ansonsten sollte nach Ausschluss von Fernmetastasen die lokale 7

Tumorausdehnung weiter abgeklärt werden, um eine stadiengerechte Therapie einleiten zu können.

3. Lokale Tumorausdehnung

Zur Festlegung der lokalen Tumorausdehnung kommt der endoskopische Ultraschall (EUS),

evtl.

auch

eine

Bronchoskopie

(bei

Karzinomen

mit

Bezug

zum

Tracheobronchialsystem) zum Einsatz. Die Endosonographie dient beim Staging der Beurteilung der Tiefeninfiltration des Tumors (uT1-4) [May 2004]. Abhängig von der Tiefeninfiltration erfolgt hierdurch u.a. die Entscheidung zur Durchführung einer neoadjuvanten Therapie. Die Lymphknoten paraösophageal, parakardial und paragastral werden im Größendurchmesser beschrieben.

4. Operatives Risiko

Zur

Ermittlung

des

operativen

Risikos

wird

ein

erweitertes

Labor,

eine

Lungenfunktionsprüfung, ein EKG und eine Echokardiographie durchgeführt, da viele Patienten unter Begleiterkrankungen von Leber, Lunge und kardiovaskulärem System leiden und der Zwei-Höhlen-Eingriff einer Ösophagektomie eine große Belastung darstellt. Für die Erfassung eines individuellen Risikoprofils hat sich die Analyse der wichtigsten Organfunktionen bewährt [Bollschweiler 2000]. Allgemein haben sich Leberzirrhose, insbesondere im Stadium Child Pugh B und C, florider Alkoholabusus mit drohendem

Entzug

und

pulmonale

Erkrankungen

mit

deutlicher

Lungenfunktionseinschränkung als besondere Risikofaktoren erwiesen.

Wegen der gleichzeitigen Schädigung anderer Regionen („Schluck-Rauch-Straße“) muss primär und im weiteren Verlauf die Suche nach Zweittumoren stattfinden [CIO 2010].

8

1.1.5.Therapiemöglichkeiten Die alleinige chirurgische Therapie des Ösophaguskarzinoms wurde lange Zeit als allgemeiner Standard angesehen. Lediglich Patienten mit lokalen, nicht resektablen Tumoren oder Inoperabilität aus medizinischen Gründen bzw. mit manifester Fernmetastasierung wurden einer Strahlentherapie zugeführt. Die Chirurgie ist auch heute noch das einzige monomodale Verfahren mit kurativem Potenzial. Dies gilt allerdings – zumindest bei Plattenepithelkarzinomen – nur für frühe Tumorstadien bis zum Stadium IIA bzw. T2 N0 M0. Für Adenokarzinome sind die Ergebnisse etwas günstiger. Lokal fortgeschrittene Tumoren weisen jedoch bei über 80% der Patienten Lymphknotenmetastasen auf, mit der Konsequenz, dass die alleinige Lokaltherapie nur bei weniger als 15% der Patienten kurativ sein kann [Siewert 2001]. Diese Ergebnisse haben in den letzten Jahren dazu geführt, vermehrt multimodale Therapieverfahren beim Ösophaguskarzinom einzusetzen. Wegen der frühen Tendenz zur Metastasierung gewinnt dabei die systemische Chemotherapie immer größere Bedeutung. Ein allgemein akzeptierter multimodaler Therapieansatz ist jedoch derzeit für kein Tumorstadium definiert [Hiddemann, Bartram 2010].

Die Therapie des Ösophaguskarzinoms ist stadienabhängig. Daher ist die Diskussion des Einzelfalls im Tumorboard vor Therapiebeginn obligat. Die Wahl der optimalen Therapie ist abhängig von Lokalisation, Tumorausdehnung, Allgemeinzustand des Patienten und Begleiterkrankungen [Hofheinz, Frick, Claßen, 2010]. Stadien- und lageabhängige Therapie (nach „Interdisziplinären Empfehlungen zur Therapie in der Onkologie“ 2010/2011): -Tis-T1m3: endoskopische Mukosektomie, ggf. chirurgische Therapie -T1sm1-2-T2 N0-1: minimalinvasive Ösophagektomie mit Lymphadenektomie. Als gleichwertige

Therapiealternative

insbesondere

bei

hochsitzenden

Tumoren

(schwierige Operation, Laryngektomie) definitive Radiochemotherapie erwägen. -T3-4 N0-1: neoadjuvante Radiochemotherapie sollte erwogen werden. Die operative Therapie alleine ist kein Standardverfahren (R0-Resektionsrate bei T3-Tumoren 50%, bei T4 20-30%). -Tx Nx M1: palliative Therapie 9

Operative Therapie des Ösophaguskarzinoms

Eine Resektion ist bei operablen Patienten mit lokalisierten Tumoren die Standardbehandlung (Tis-T3; N0-1, M0). Als Primäres Ziel der onkologischen Ösophaguschirurgie wird eine R0-Situation, sowie ausreichende Lymphadenektomie angestrebt. Die folgenden vier Operationsoptionen (je nach Tumorsitz, Größe, Ausdehnung) stehen hierfür zu Verfügung:

1.Tranthorakale Lymphadenektomie

en

bloc-Ösophagektomie sowie

abdominaler

mit

radikaler

Lymphadenektomie

mediastinaler (sog.

2-Feld-

Lymphadenektomie) und Rekonstruktion mit hoch intrathorakaler oder zervikaler Anastomose nach Magenhochzug oder Koloninterposition, eine Erweiterung ist durch sog. 3-Feld-Lymphadenektomie möglich [Hölscher 2003,2007]. Letzteres bedeutet die Erweiterung des Eingriffs auf die zervikalen Lymphknoten des zerviko-thorakalen Übergangs [Lerut 2004, Altorki 2002,2005]. Diese operative Methode wurde bei unserem untersuchten Patientenkollektiv angewandt.

2.Transhiatale/zervikale Lymphadenektomie Lymphadenektomie

(synonym des

und

transmediastinale)

unteren

Ösophagektomie

Mediastinums

Rekonstruktion

mit

sowie

zervikaler

mit

abdominaler

Anastomose

nach

Magenhochzug oder Koloninterposition.

3.Distale Ösophagusresektion mit Lymphadenektomie des unteren Mediastinum sowie partieller

abdominaler

Lymphadenektomie

und

Rekonstruktion

durch

Jejunuminterposition, sog. Operation nach Merendino mit oder ohne Vaguserhaltung [Gutschow 2004].

4.Resektion des zervikalen Ösophagus mit regionaler Lymphadenektomie und Rekonstruktion durch freie Jejunuminterposition mit mikrovaskulärem Gefäßanschluss.

10

Das Operationsverfahren der Wahl ab der Kategorie T1sm sowohl beim infrabifurkalen Plattenepithelkarzinom als auch beim Adenokarzinom ist die subtotale en blocÖsophagektomie

mit

2-Feld-Lymphadenektomie

und

hoch

intrathorakaler

Ösophagogastrostomie [Hölscher 2003,2007].

Die Rekonstruktion nach Ösophagektomie erfolgt in erster Linie durch Magenhochzug. Der abdominale Teil der dazu notwendigen Operation inklusive der erforderlichen Lymphadenektomie kann heute laparoskopisch ausgeführt werden [Hölscher 2007]. Steht der Magen wegen der Voroperation nicht zur Verfügung, so erfolgt eine Koloninterposition [Hölscher 2009]. Bei der rein zervikalen Ösophagektomie wird in einem

freien

Jejunumsegment

rekonstruiert.

Bei

der

rein

distalen

Ösophagus/Kardiaresektion nach Merendino erfolgt die transhiatale Interposition eines gefäßgestielten Jejunumsegmentes [Gutschow 2004].

Die wichtigste postoperative Komplikation stellt die Anastomoseninsuffizienz dar mit evtl.

nachfolgender

Ösophagektomie

Mediastinitis;

umfassen

typische

allgemeine

Bronchopneumonie,

Komplikationen

nach

Alkoholentzugssyndrom

und

Tachyarrythmien, die in entsprechender Weise intensivmedizinisch behandelt werden müssen [Stippel 2005].

Multimodale Therapie

Multimodale Therapieansätze, wie adjuvante und neoadjuvante Chemotherapie, Strahlentherapie und Radiochemotherapie werden seit Jahren in Studien untersucht, da die Ergebnisse bzgl. des Langzeitüberlebens nach Ösophagektomie noch zu optimieren sind.

Neoadjuvante Radiochemotherapie

Aufgrund der enttäuschenden Langzeitergebnisse mit Chirurgie oder Strahlentherapie wurde seit dem Ende der 70er Jahre die neoadjuvante Radiochemotherapie in Studien geprüft. Sie bietet gerade beim Ösophaguskarzinom mehrere theoretische Vorteile 11

gegenüber alleiniger Operation. Diese bestehen in einer höheren Chance auf eine R0Resektion nach Verkleinerung des Primärtumors sowie in der Möglichkeit, Tumorwirksamkeit klinisch und pathohistologisch zu beurteilen und frühzeitig die (häufigen) Fernmetastasen zu bekämpfen. Die zusätzliche Radiotherapie legt dabei den Schwerpunkt auf die Optimierung der lokalen Tumorkontrolle über eine maximale Tumorrückbildung bzw. Tumorinaktivierung zum Zeitpunkt der Operation. Die Anwendung der Chemotherapie und der Radiotherapie in sequenzieller (alternierender) oder simultaner Form erscheint aus mehreren Gründen sinnvoll. Insbesondere zur simultanen Radiochemotherapie gibt es unter den Stichworten räumliche Kooperation, unabhängige Toxizität und Synergismus unterschiedliche theoretische Grundlagen, die eine gegenseitige Ergänzung und Wirkungsverstärkung wahrscheinlich machen [Vokes 1993]. Die Kombination von 4 Kursen Cisplatin und 5FU mit 50-Gray-Bestrahlung führte gegenüber alleiniger Bestrahlung mit 64 Gray zu einer signifikanten Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle, zu einer Reduktion von Fernmetastasen und zu einem signifikant verbesserten Langzeitüberleben von Patienten mit lokalisierten Plattenepithelkarzinomen [Cooper 1999, Herskovic 1992]. Bei kurativer Behandlungsintention sollte heute die kombinierte (simultane) Radiochemotherapie einer alleinigen Bestrahlung vorgezogen werden. Klinische Daten aus Frankreich (FFCD:

Fédération

Francophone de

Cancérologie

Digestive)

unterstützen präklinische Modelle in der Forderung, die Radiatio in einem Block ohne größere Pausen statt nach dem sog. „Split-course-Verfahren“ durchzuführen [Crehange 2007]. Gut belegt ist die Chemotherapie mit Cisplatin und 5-FU parallel zur Bestrahlung. Andere Kombinationen auf dem Boden von Cisplatin oder 5-FU simultan zur Radiotherapie sind durchführbar. Es liegen drei Metaanalysen vor, die sich auf die publizierten Ergebnisse von jeweils mehr als 1000 Patienten beziehen [Urschel 2003; Fiorica 2004; Stahl 2005]. Einheitlich kommen die Analysen zu dem Schluss, dass sowohl die lokale Tumorkontrolle als auch die Gesamtprognose der Patienten (Überleben nach 2 bzw. 3 Jahren) durch eine präoperative Therapie signifikant verbessert wird. Wird die Analyse von Studien bei Plattenepithel- und Adenokarzinomen getrennt durchgeführt, so zeigt sich, dass gerade Patienten mit Adenokarzinom von der multimodalen Therapie profitieren [Fiorica 2004]. Auf dem Boden dieser Metaanalysen wird die präoperative 12

Radiochemotherapie gefolgt von Operation international als Standard in der Behandlung lokalisierter Ösophaguskarzinome angesehen. Die neoadjuvante Therapie führt zum Downstaging des T- und N- Stadiums [Slater 2001]. Die postoperative Morbidität und Mortalität soll durch neoadjuvante Radiochemotherapie nicht signifikant erhöht sein [Mariette 2006]. Allerdings sollte die Entscheidung, welcher Patient eine neoadjuvante Therapie erhält, individuell entschieden und in speziellen Zentren durchgeführt werden, um toxische Nebenwirkungen der Therapie zu minimieren [Crehange 2010]. Zusammenfassend geht

man

inzwischen

Plattenepithelkarzinom

sowohl von

beim

einem

Adenokarzinom

Benefit

durch

als die

auch

beim

neoadjuvante

Radiochemotherapie aus [Bollschweiler 2010]. Der molekulare Wirkungsmechanismus und die häufigsten Nebenwirkungen der im Rahmen

einer

neoadjuvanten

Radiochemotherapie

bei

Patienten

mit

Ösophaguskarzinom angewandten Substanzen sollen im Folgenden kurz erläutert werden: Für die neoadjuvante Chemotherapie beim Ösophaguskarzinom haben sich folgende Substanzen durchgesetzt: Cisplatin/Carboplatin, Chemotherapeutika, welche die DNAReplikation durch Querverknüpfungen zwischen den beiden DNA-Strängen (cross links) hemmen und phasenunspezifisch wirken. Als besondere Nebenwirkungen sind v.a. Übelkeit/Erbrechen,

Nephrotoxizität,

Neuro-

und

Ototoxizität,

sowie

Knochenmarkstoxizität bekannt. Cisplatin betreffend, ist bekannt, dass eine sehr hohe Dosis des Chemotherapeutikums stark immunsupprimierend wirkt, jedoch in therapeutischen Dosen minimale Auswirkungen auf das Immunsystem habe und sogar in manchen Fällen von einer stimulierenden Wirkung auf einige Immunzellen auszugehen sei [Kempf 1985]. 5-FU ist ein Antimetabolit im Sinne eines Pyrimidinantagonisten, welches aufgrund der Strukturähnlichkeit in Nucleinsäuren eingebaut wird, aber nicht funktionstüchtig ist, phasenspezifisch Enzyme der Nucleotidbiosynthese hemmt und somit die DNA- und RNA- Synthese blockiert. Auch 5-Fluoruracil ist knochenmarkstoxisch, teilweise kommt es zu Mukositiden (Stomatitis, Ösophagitis, Enteritis). Schon in der 1985 erschienen klinisch-wissenschaftlichen Arbeit von Kempf und Mitchell wurde erläutert, dass 5Fluoruracil die humorale Immunität beim Menschen schwächt, nach Absetzen des 13

Medikamentes allerdings sehr schnell mit einer Erholung des Immunsystems zu rechnen ist [Kempf 1985]. In einer 2008 erschienen Studie von Eisenthal und Mitarbeiter

wurden

die

immunologischen

Wirkungen

von

5-FU

u.a.

Chemotherapeutika untersucht und ermittelt, dass nach Applikation einer niedrigen Dosis von 5-FU die Synthese von Lymphozyten gesteigert wird, wobei dieser Sachverhalt noch als unklar dargelegt wird. Bei einer höheren Dosierung von 5-FU ist allerdings eine Zunahme von Zellapoptosen zu beobachten, was den natürlichen Effekt eines Chemotherapeutikums widerspiegelt. Des Weiteren konnte die Studiengruppe heraus finden, dass bestimmte Lymphozytensubgruppen in unterschiedlicher Weise auf das Chemotherapeutikum reagieren: CD 56+-und CD8+-Zellen sinken, CD4+-Zellen steigen, es kommt zu einer Umverteilung von Th2 zu Th1-Zellen. Die in unserer Studie fest gestellte Abnahme von CD8+-Zellen, sowie NK-Zellen könnte also durchaus auch in der Verwendung von 5-FU begründet sein. Paclitaxel, ein sog. Naturstoff aus der Rinde der pazifischen Eibe, welches als Mitosehemmstoff (sog. Spindelgift) durch Stabilisierung der Mikrotubuli die Spindelapparatausbildung innerhalb der Zellen hemmt. Als Nebenwirkung ist auch hier die Knochenmarkstoxizität hervor zu heben, sowie Überempfindlichkeitsreaktionen. Neben den o.g. spezielleren Nebenwirkungen sind generelle Nebenwirkungen von Chemotherapeutika zu nennen, welche neben der von uns untersuchten zellulären Supprimierung des Immunstatus bereits lange Zeit als bekannt gelten: Übelkeit, Erbrechen, Immunsuppression (v.a. i.S. einer Granulozytopenie, Lymphopenie), Thrombozytopenie,

Anämie,

Mukositiden,

Haarausfall,

Azospermie

und

Ovulationshemmung, Hyperurikämie bis hin zum Tumorlysesyndrom wie auch die Entstehung von Zweitkarzinomen [Karow T., Lang-Roth R., 2010].

Definitive/Palliative Radiochemotherapie

Ein in andere Organsysteme metastasiertes Ösophaguskarzinom ist in der Regel nicht kurativ behandelbar. Bei starken Schmerzen und/oder nicht stentbarer Tumorstenose (z.B. hochzervikaler Sitz) kann die kleinvolumige perkutane Radiotherapie mit 36-45 Gray als Palliativmaßnahme eingesetzt werden [Wöll 2008]. Durch die kombinierte 14

Radiochemotherapie kann eine Verbesserung des 1-Jahresüberlebens von absolut ca. 9% und des 2-Jahresüberlebens von absolut ca. 8% bei lokal fortgeschrittenen Tumoren erreicht werden. Entscheidend ist, dass die Chemotherapie und Radiotherapie simultan erfolgen. Bei sequentieller Gabe konnten keine Vorteile gegenüber alleiniger Radiotherapie nachgewiesen werden. Die hoch dosierte Radiotherapie (64,8 Gray) erwies sich gegenüber der niedrigeren Dosis (50,4 Gray) hinsichtlich der lokalen Tumorkontrolle, des Gesamtüberlebens und des Rezidiv-freien Überlebens nicht als überlegen. Hingegen nahmen die akuten Nebenwirkungen und Therapie-assoziierten Todesfälle bei erhöhter Strahlentherapiedosis signifikant zu. Somit gilt als Referenz das bereits 1992 als Ergebnis der Radiation Therapy Oncology Group (RTOG)-Studie 80-06 publizierte Dosierungsschema: 50,4 Gray Strahlentherapie mit simultan Cisplatin, sowie 5-FU. Nur bei absoluten Kontraindikationen gegen eine Chemotherapie sollte eine alleinige Radiotherapie gewählt werden.

Zu mindestens einem Zeitpunkt der Erkrankung leiden viele Patienten unter ausgeprägten Symptomen (z.B. Schmerzen, Luftnot etc.) und psychosozialen Beeinträchtigungen, die eine spezialisierte palliativmedizinische Mitbehandlung nötig machen. Zur Beseitigung der Dysphagie bei Patienten mit nicht resektablem Ösophaguskarzinom besteht die Möglichkeit der Wiederherstellung der Speisepassage durch endoskopische Applikation eines Ösophagusstents oder, bei Schwierigkeiten einer Stentimplantation, durch Anwendung eines Lasers zur Lumeneröffnung bei nicht sondierbarer Tumorstenose. Dies wird allerdings nur noch selten durchgeführt, da es bei unbefriedigenden Ergebnissen zu erheblichen Komplikationen kommen kann.

1.1.6.Prognose Das entscheidende Kriterium bei der Chirurgie des Ösophaguskarzinoms ist die Erzielung einer Resektion ohne Residualtumor (R0-Resektion) [Hölscher 1995]. Die Überlebenskurven

zeigen,

dass

alle

Patienten

mit

mikroskopischem

oder

makroskopischem Tumorrest innerhalb von 2 Jahren versterben, während Patienten ohne Residualtumor eine 5-Jahresüberlebensrate von 40% aufweisen. Die Prognose für die Gesamtgruppe von Patienten mit Plattenepithelkarzinom liegt in den meisten 15

Serien etwas niedriger, da diese fortgeschrittenere Tumorstadien aufweisen und durch Zweittumoren belastet sind [Hölscher 1995]. N0-Patienten haben eine signifikant bessere 5-Jahresüberlebensrate als N1-Patienten. Das Überleben der N1-Patienten hängt jedoch von dem Prozentsatz bzw. der Zahl der befallenen Lymphknoten ab [Peyre 2008]. Je kleiner dieser Prozentsatz durch adäquate Lymphadenektomie gehalten wird, desto günstiger ist die Prognose. Neben dem Ansprechen auf die Induktionstherapie bleibt der Lymphknotenstatus der wesentliche

Prognoseparameter

der

neoadjuvanten

Radiochemotherapie

bei

fortgeschrittenem Ösophaguskarzinome. Patienten mit cT3/T4-Tumoren mit guter Response (