Von den rationalen zu den reellen Zahlen

Skript zur Sch¨ ulerwoche 2016, zweiter Tag: Von den rationalen zu den reellen Zahlen Dr. Mira Schedensack 1. September 2016 1 Einfu ¨ hrung Diese...
Author: Robert Kerner
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Skript zur Sch¨ ulerwoche 2016, zweiter Tag:

Von den rationalen zu den reellen Zahlen Dr. Mira Schedensack 1. September 2016

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Einfu ¨ hrung

Dieser Vorlesung geht von der Menge der rationalen Zahlen aus und definiert die reellen Zahlen. Der Ausgangspunkt f¨ ur die Definition von Zahlen ist die Menge der nat¨ urlichen Zahlen N := {1, 2, 3, . . . }. In dieser Menge k¨ onnen Zahlen addiert werden. Will man aber beliebige Zahlen subtrahieren, dann liegen Ergebnisse eventuell nicht in N, sondern in der Menge der ganzen Zahlen Z := {..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .}. In dieser Menge kann man Zahlen addieren, subtrahieren und multiplizieren und das Ergebnis liegt immer in Z. Die Division f¨ uhrt aber auf Zahlen, die nicht mehr in Z, sondern in der Menge der rationalen Zahlen   p Q := p ∈ Z, q ∈ Z q liegen. In dieser Menge k¨ onnen Zahlen addiert, subtrahiert, multipliziert und dividiert werden und das Ergebnis ist immer eine Zahl in Q. Es gibt allerdings auch hier Rechenoperationen, die kein Ergebnis in Q haben, wie zum Beispiel das Wurzelziehen. Seit der √ Antike ist bekannt, dass es beispielsweise keine Zahl r ∈ Q gibt, die r2 = 2 erf¨ ullt, d.h. 2 ∈ / Q. Warum glauben wir aber, dass es eine Zahl“ r gibt (wobei wir von dem ausgehen, ” was wir intuitiv unter dem Wort Zahl“ verstehen) mit r2 = 2? Warum glauben wir nicht, ” dass es eine Zahl“ r gibt mit r2 = −1? ” Um diese Frage zu beantworten und die reellen Zahlen mathematisch korrekt zu definieren, wenden wir uns als erstes Grenzwerten von Folgen zu.

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Rationale Folgen und ihre Grenzwerte

Definition 1 (Rationale Folge). Eine Folge (xn )n∈N = (x1 , x2 , x3 , . . .) in Q besitzt f¨ ur jedes n ∈ N ein Folgenglied xn ∈ Q. Definition 2 (Cauchy-Folge). Eine Folge (xn )n∈N in Q heißt Cauchy-Folge, falls f¨ ur jedes  > 0 ein N ∈ N derart exisitiert, dass f¨ ur alle m, k ≥ N gilt, dass |xm − xk | < . 1

xn

ε1 ε2

ε3

n M 1 M2 M3 xn

ε2

ε3

ε1

n M1

M2 = M3

Abbildung 1: Bildliche Darstellung zweier Cauchy-Folgen. F¨ ur jedes  > 0 liegen ab einem gewissen Folgenglied xM alle weiteren Folgenglieder in einem Intervall der L¨ange .

Die Definition einer Cauchy-Folge besagt also, dass f¨ ur ein beliebig kleines Intervall alle Folgenglieder xN +1 , xN +2 , xN +3 , . . . in diesem Intervall liegen falls N groß genug ist. Beispiel 3. Wir definieren nun folgende Folge: Sei a0 := 1 und b0 := 2. Wir nehmen an, dass f¨ ur ein j ∈ N aj und bj gegeben sind und definieren aj+1 und bj+1 wie folgt:   aj + bj 2 a +b • Falls ≥ 2, setze aj+1 = aj und bj+1 = j 2 j , 2   aj + bj 2 a +b • falls < 2, setze aj+1 = j 2 j und bj+1 = bj . 2 Setze nun xj = aj . Dann ergeben sich die ersten Folgenglieder der Folge (xn )n∈N so:     a0 + b0 2 1+2 2 9 3 = = ≥2 ⇒ a1 = 1, b1 = , x1 = 1, (2.1) 2 2 4 2  2   5 25 5 3 5 a1 + b1 2 = = N gilt, folgt, dass 2−j <  f¨ ur alle j ∈ N mit j > N . Seien nun k, l ∈ N mit k > N und l > N . Zudem gelte l ≥ k. Dann gilt xl = al ∈ [al , bl ] ⊆ [al−1 , bl−1 ] ⊆ . . . ⊆ [ak , bk ] und xk = ak , also

|xk − xl | ≤ |bk − ak | = 2−k < .

Dies ist auch in Abbildung 3 illustriert. F¨ ur den Fall k ≥ l k¨ onnen wir die Benennung von k und l vertauschen und erhalten so ebenfalls |xk − xl | < . Damit haben wir also gezeigt, dass die Folge (xn )n∈N eine Cauchy-Folge ist. 3

ak−1 = xk−1

ak = xk

x`

bk

bk−1

0 ein N ∈ N derart gibt, dass f¨ ur alle k ≥ N gilt: |x − xk | < . Wir sagen dann, dass die Folge (xn )n∈N gegen x konvergiert. Wir kommen noch einmal auf unser Beispiel zur¨ uck. Beispiel 5 (Fortsetzung Beispiel 3). Wir nehmen nun an, es g¨abe eine Zahl x ∈ Q, gegen die die in Beispiel 3 definierte Folge (xj )j∈N konvergiert. Zus¨atzlich nehmen wir uns nun ein beliebig kleines  > 0 und ein j ∈ N mit |x − xj | <  und 2−j < . So ein j exisitiert nach der Definition des Grenzwerts. Dann gilt 2 − x2 = (2 − x2j ) + (x2j − x2 ). Da b2j ≥ 2 und aj = xj , folgt wegen Eigenschaften 3 und 5, dass 2 − x2j ≤ b2j − a2j = (bj − aj )(bj + aj ) ≤ 2−j · 4 < 4.

(2.4)

Andererseits gilt auch wegen |x − xj | <  und xj = aj ≤ 2 (siehe Eigenschaft 5), dass x2j − x2 = (xj − x)(xj + x) ≤ (xj − x)(2xj + x − xj ) < (4 + ).

(2.5)

Wenn wir diese beiden Ungleichungen (2.4) und (2.5) addieren, ergibt sich 2 − x2 = (2 − x2j ) + (x2j − x2 ) ≤ 4 + (4 + ). Da aber  beliebig klein gew¨ ahlt werden kann, wird die rechte Seite beliebig klein und wegen der Ungleichung also auch die linke Seite. Andererseits gilt x2 ≤ 2, da x der Grenzwert der Folge (xn )n∈N ist und x2j = a2j ≤ 2 gilt. Also folgt x2 = 2. Da wir am Anfang x ∈ Q angenommen haben, steht dies im Widerspruch dazu, dass es kein r ∈ Q gibt mit r2 = 2 ¨ (dies wird in Ubungsaufgabe 1 gezeigt werden). Dieses Beispiel zeigt, dass es Cauchy-Folgen in Q gibt, die keinen Grenzwert in Q besitzen. Diese Eigenschaft bezeichnet man als Nicht-Vollst¨andigkeit“.√Anders ausgedr¨ uckt ” zeigt das Beispiel, dass wir zwar rationale Zahlen finden, die fast“ 2 sind, also Zahlen ” xj ∈ Q f¨ ur die |x2j − 2| beliebig klein ist. Es gibt aber keine Zahl r ∈ Q, f¨ ur die der Abstand 2 |r − 2| tats¨ achlich Null ist. √ Wir w¨ urden gerne die irrationale Zahl 2 definieren als den Grenzwert der CauchyFolge aus dem obigen Beispiel. Es ist aber nicht klar, was dieser Grenzwert (der ja keine rationale Zahl ist) sein soll. Um dies zu umgehen, w¨ urde man gerne die irrationale Zahl 4



2 als die Cauchy-Folge aus dem obigen Beispiel definieren, denn diese Cauchy-Folge beschreibt ja den Grenzwert“. Dabei tritt √ aber ein neues Problem auf: Wenn wir nun ” urden wir zwei untereine andere Cauchy-Folge w¨ ahlen, die√auch 2 beschreibt, dann w¨ schiedliche Zahlen“ haben, die beide 2 sind. Deswegen m¨ ussen wir die reellen Zahlen so ” definieren, dass Cauchy-Folgen mit dem gleichen Grenzwert“ auch die gleiche reelle Zahl ¨” definieren. Dies f¨ uhrt uns auf das Konzept von Aquivalenzklassen.

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¨ ¨ Aquivalenzrelationen und Aquivalenzklassen

¨ Definition 6. Eine Aquivalenzrelation auf einer Menge M ist eine Relation ∼ f¨ ur die gilt 1. Reflexivit¨ at: f¨ ur alle a ∈ M gilt a ∼ a. 2. Symmetrie: f¨ ur alle a, b ∈ M gilt: Gilt a ∼ b, so gilt auch b ∼ a. 3. Transitivit¨ at: f¨ ur alle a, b, c ∈ M gilt: Gilt a ∼ b und b ∼ c, dann gilt auch a ∼ c. ¨ Beispiel 7. Ein Beispiel f¨ ur Aquivalenzrelationen sind die Klassen einer Schule. F¨ ur dieses Beispiel sei M die Menge der Sch¨ uler einer Schule und f¨ ur zwei Sch¨ uler a, b ∈ M gelte a ∼ b genau dann, wenn die Sch¨ uler a und b gemeinsam in eine Klasse gehen. Die Eigenschaften aus der Definition oben bedeuten dann: 1. Jeder Sch¨ uler geht mit sich selbst in eine Klasse. 2. Wenn Sch¨ uler a mit Sch¨ uler b in eine Klasse geht, so geht auch Sch¨ uler b mit Sch¨ uler a in eine Klasse. 3. Wenn Sch¨ uler a mit Sch¨ uler b in eine Klasse geht und Sch¨ uler b mit Sch¨ uler c in eine Klasse geht, so geht auch Sch¨ uler a mit Sch¨ uler c in eine Klasse. ¨ Eine Aquivalenzrelation auf einer Menge M f¨ uhrt automatisch zur Aufteilung der Men¨ ge in Aquivalenzklassen. ¨ Definition 8. F¨ ur ein a ∈ M ist die Aquivalenzklasse von a, [a] ⊆ M definiert durch [a] := {b ∈ M | a ∼ b}. ¨ Die Menge aller Aquivalenzklassen auf M ist {[a] ⊆ M | a ∈ M }. Beispiel 9. Es sei wieder M die Menge aller Sch¨ uler einer Schule und wir betrachten ¨ wieder die Aquivalenzrelation aus Beispiel 7. Wenn wir einen Sch¨ uler a ∈ M betrachten, ¨ so enth¨alt die Aquivalenzklasse von a, [a], genau alle Sch¨ uler, die mit a gemeinsam in eine ¨ Klasse gehen. Auf den ersten Blick k¨onnte man denken, dass die Menge der Aquivalenzklassen {[a] ⊆ M | a ∈ M } genau so viele Elemente enth¨alt wie es Sch¨ uler an der Schule gibt, doch das stimmt nicht, denn f¨ ur alle Sch¨ uler a, b ∈ M , die in eine Klasse gehen (also ¨ a ∼ b), gilt, dass ihre Aquivalenzklassen gleich sind, also [a] = [b]. In unserem Beispiel ¨ w¨are die Menge der Aquivalenzklassen {[a] ⊆ M | a ∈ M } dann gleich aller Klassen der Schule. Wir k¨ onnen uns nun der Definition der reellen Zahlen zuwenden, die wir u ¨ber eine Vervollst¨ andigung der rationalen Zahlen erreichen. Dies sieht auf den ersten Blick sehr kompliziert aus, weil die reellen Zahlen dadurch nicht wie Zahlen“ nach unserem in” tuitiven Verst¨ andnis aussehen. Die Definition ist aber n¨otig, um zu erkl¨aren, was diese

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Zahlen“ eigentlich sind. ” ¨ F¨ ur die Konstruktion der reellen Zahlen definieren wir nun eine Aquivalenzrelation auf der Menge der Cauchy-Folgen in Q. Dazu sei M = {(xj )j∈N | xj ∈ Q, (xj )j∈N ist Cauchy-Folge} die Menge der Cauchy-Folgen auf Q. Wir definieren ei¨ ne Aquivalenzrelation auf M durch: (xj )j∈N ∼ (yj )j∈N ⇔ Die Folge (x1 − y1 , x2 − y2 , x3 − y3 , ...) konvergiert gegen 0. (3.1) Wir m¨ ussen noch nachweisen, dass die durch (3.1) definierte Relation tats¨achlich eine ¨ Aquivalenzrelation auf M ist. ¨ Proposition 10. Die durch (3.1) definierte Relation ist tats¨ achlich eine Aquivalenzrelation. ¨ Beweis. Zu zeigen sind die drei Eigenschaften aus der Definition f¨ ur Aquivalenzrelationen: Symmetrie, Reflexivit¨ at und Transitivit¨at. 1. Es sei (xj )j∈N eine Cauchy-Folge. Wir betrachten die Folge (x1 − x1 , x2 − x2 , x3 − x3 , ...) = (0, 0, 0, ...). Diese konvergiert gegen 0 und ist eine Cauchy-Folge. Damit gilt (xj )j∈N ∼ (xj )j∈N . 2. Es seien (xj )j∈N und (yj )j∈N zwei Cauchy-Folgen und es gelte (xj )j∈N ∼ (yj )j∈N , das heißt (x1 − y1 , x2 − y2 , x3 − y3 , ...) konvergiert gegen 0. Dann gilt aber, dass (y1 − x1 , y2 − x2 , y3 − x3 , ...) = (−(x1 − y1 ), −(x2 − y2 ), −(x3 − y3 ), ...) ebenfalls eine Cauchy-Folge ist und gegen 0 konvergiert. Damit folgt (yj )j∈N ∼ (xj )j∈N . 3. Es seien (xj )j∈N , (yj )j∈N und (zj )j∈N Cauchy-Folgen und es gelte (xj )j∈N ∼ (yj )j∈N und (yj )j∈N ∼ (zj )j∈N , das heißt, dass die Folgen (x1 − y1 , x2 − y2 , x3 − y3 , ...) und (y1 − z1 , y2 − z2 , y3 − z3 , ...) gegen 0 konvergieren. Wir betrachten nun die Folge (x1 − z1 , x2 − z2 , x3 − z3 , ...) und wollen zeigen, dass diese Folge gegen 0 konvergiert, denn daraus folgt dann (xj )j∈N ∼ (zj )j∈N .

(3.2)

Sei also  > 0 gegeben. Da die Folgen (x1 − y1 , x2 − y2 , x3 − y3 , ...) und (y1 − z1 , y2 − z2 , y3 − z3 , ...) gegen 0 konvergieren, gibt es also ein N ∈ N und ein M ∈ N derart, dass f¨ ur alle j ≥ N und k ≥ M gilt, dass   |(xj − yj ) − 0| ≤ und |(yj − zj ) − 0| ≤ . 2 2 Es sei nun ` ≥ max{N, M }. Dann gilt: |(x` − z` ) − 0| = |(x` − y` ) − 0 + (y` − z` ) − 0|   ≤ |(x` − y` ) − 0| + |(y` − z` ) − 0| ≤ + = . 2 2 Also konvergiert die Folge (x1 − z1 , x2 − z2 , x3 − z3 , ...) gegen 0 und damit gilt auch (3.2). 6

Wir haben also alle drei Eigenschaften nachgewiesen. Damit ist die durch (3.1) definierte ¨ Relation eine Aquivalenzrelation. ¨ Die reellen Zahlen definieren wir jetzt als die Menge der Aquivalenzklassen auf M . Definition 11. Die reellen Zahlen sind definiert durch R := {[(xj )j∈N ] | die Folge (xj )j∈N ist eine Cauchy-Folge in Q.}. ¨ Sich eine Aquivalenzklasse von Cauchy-Folgen vorzustellen mag erstmal schwierig erscheinen. Wie k¨ onnen wir uns die reellen Zahlen also besser vorstellen? In der Schule wird h¨aufig erkl¨ art, dass die reellen Zahlen nicht-abbrechende Dezimalzahlen sind. Was aber ist eine nicht-abbrechende Dezimalzahl? Eine nicht-abbrechende Dezimalzahl entspricht genau einer Cauchy-Folge, die beispielsweise dadurch definiert ist, dass man f¨ ur jedes Folgenglied eine weitere Dezimalstelle dazunimmt. Somit kann man sich reelle Zahlen tats¨achlich als nicht-abbrechende Dezimalzahlen vorstellen. Definition 11 sagt aber auch, dass man beliebige Cauchy-Folgen betrachten kann und sie gibt auch Auskunft dar¨ uber, ¨ wann zwei reelle Zahlen gleich sind; siehe dazu auch Ubungsaufgabe 8. Wir wollen die Vorlesung nun mit dem folgenden Beispiel abschließen, das zeigt, dass es eine reelle Zahl r ∈ R gibt, die r2 = 2 erf¨ ullt. Beispiel 12. Wir betrachten wieder die Cauchy-Folge aus Beispiel 3 der ersten Vorle¨ sungsh¨alfte. Wir wollen zeigen, dass die Aquivalenzklasse r dieser Cauchy-Folge r2 = 2 erf¨ ullt. Dazu m¨ ussen wir als erstes erkl¨aren, was die Multiplikation r · r bedeuten soll. Daf¨ ur nehmen wir uns eine Cauchy-Folge (xj )j∈N aus der Klasse r her und definieren eine neue Folge (yj )j∈N durch (yj )j∈N = (x2j )j∈N = (x21 , x22 , x23 , . . . ). ¨ In Ubungsaufgabe 4 wird gezeigt, dass diese Folge wieder eine Cauchy-Folge ist. Die reelle ¨ Zahl r2 wird dann definiert als die Aquivalenzklasse von (yj )j∈N . An dieser Stelle m¨ ussen wir noch beweisen, dass dies wohldefiniert ist. Wohldefiniert heißt, dass die Definition nicht auf Widerspr¨ uche f¨ uhrt. Denn in der Klasse r k¨onnen sehr viele Cauchy-Folgen sein und f¨ ur ¨ jede dieser Cauchy-Folgen k¨ onnte die Aquivalenzklasse der Folge (x2j )j∈N unterschiedlich sein. Dann w¨ urde sich das Ergebnis von r · r aber unterscheiden, wenn wir unterschiedliche ¨ Folgen ausw¨ ahlen. Dass dem nicht so ist und die Aquivalenzklasse von (x2j )j∈N immer die gleiche ist, unabh¨ angig davon, welche Folge wir aus der Klasse r ausw¨ahlen, zeigt die ¨ Ubungsaufgabe 4. ¨ Wir w¨ ahlen nun die in Beispiel 3 definierte Folge aus der Aquivalenzklasse r aus und 2 betrachten die Folge (xj )j∈N . Außerdem betrachten wir die konstante Folge (2, 2, 2, . . . ). In (2.4) haben wir gezeigt, dass |2 − x2j | ≤ 2−j · 4 gilt. Wenn nun also ein ε > 0 gegeben ist, dann k¨onnen wir ein N ∈ N finden, f¨ ur das −N 4·2 < ε gilt. Dann gilt aber f¨ ur alle j ≥ N , dass |2 − x2j | < ε. Die Folge (2 − x1 , 2 − x2 , 2 − x3 , . . . ) konvergiert also gegen 0. Das heißt, dass die Fol¨ ge (x2j )j∈N in derselben Aquivalenzklasse wie die konstante Folge (2, 2, 2, . . . ) ist. Diese konstante Folge entspricht der Zahl 2. Wir haben also gezeigt, dass in den reellen Zahlen r2 = 2 gilt. 7

F¨ ur die vollst¨ andige Definition der reellen Zahlen m¨ ussen wir eigentlich auch noch die Addition von zwei reellen Zahlen definieren und zeigen, dass auch diese wohldefiniert ist. Außerdem kann auch gezeigt werden, dass die reellen Zahlen angeordnet werden k¨onnen, das heißt man kann weiterhin sagen, dass eine Zahl gr¨oßer, kleiner oder gleich einer anderen Zahl ist, eine Eigenschaft, die u ¨brigens die komplexen Zahlen nicht mehr besitzen. Da diese Definitionen und Aussagen aber eher technisch sind, sollen sie hier weggelassen werden; bei Interesse kann dies in [1] nachgelesen werden. Zudem kann man noch beweisen, dass die reellen Zahlen im Gegensatz zu den rationalen Zahlen vollst¨ andig sind, was bedeutet, dass eine Cauchy-Folge in R auch einen Grenzwert in R besitzt. Deshalb sagt man auch, dass die reellen Zahlen die Vervollst¨ andigung der rationalen Zahlen sind, weil genau die Grenzwerte“ der Cauchy-Folgen zu den rationalen ” Zahlen hinzugenommen werden.

Literatur [1] H.-D. Ebbinghaus. Zahlen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 1992.

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