Vom Bauernhof zur Apotheke

PetraSchad Vom Bauernhof zur Apotheke - Das Gebäude Ostergasse 22 I. Die Geistliche Verwaltung und ihre Amtsträger 2. Das Gebäude Ostergasse 22 3. D...
Author: Edwina Wolf
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PetraSchad

Vom Bauernhof zur Apotheke - Das Gebäude Ostergasse 22 I. Die Geistliche Verwaltung und ihre Amtsträger

2. Das Gebäude Ostergasse 22 3. Die Geistliche Verwaltung erwirbt das Haus 4. Wieder in Privatbesitz - Ein Bauer und danach ein Apotheker erwerben das Anwesen

1. Die Geistliche Verwaltung und ihre Amts-

träger Nach der Reformation fielen im nunmehr evangelischen Württemberg sämtliche Einkünfte der Kirche an den Landesherm. Mit Ausnahme der großen Mannsklöster wurden unter Herzog Christoph 1553 alle Pfründen, Stifte und Frauenklöstereingezogen und der Geistlichen Verwaltung unterstellt. Wie in jeder Amtsstadt wurde auch hier in Markgröningen diese streng von der weltlichen Rentkammer (dem Finanzamt) geu·ennte Behörde ei ngerichtet. Ihr stand der Kirchemat als Oberbehörde vor. Sie hatte von den ehemals kirchlichen Einkünften PfaiTer. Lehrer. Kirchen und Schulen zu unterh alten und die Überschüsse an den Gemeinen Kirchenkasten abzufüh ren. ' Das Kl oster Bebenhausen besaß mit 360 Hektar Land sei nen größten Gutshof beim Dorf Geisnang im heutigen Stadtzentrum Ludwigsburg. Weil die Zahl der Laienbrüder zur Bewirtschaftung des Grundbes itzes im 15. Jahrhundert rückläufig war. teilte Abt Heinrich von HaiHingen den Besitz in drei Höfe (Er-

lach-. Fuchs- und Schafhof) und gab diese in die Hände von Gutspächtern . Nach der Reformatio n wurde der Bebenhäuser Besitz zum württembergischen Ki rchengut geschlagen und eine Klosterhofmeierei Erlachhof enichtet, ein Baumeister (Verwalter) und ein Meier bestellt. Zum Amtssitz des Verwalters bestimmte man den Erlachhof. Im 30jährigen Krieg brannte d ieser 1634 das erste Mal ab. Nach dem Wiederaufbau wurden eine Falknerei. eine Jägerei und Seemeisterei eingerichtet. Das wildreiche Gebiet war ein beliebter Aufenthaltsort Herzog Eberhard Ludwigs- nicht nur während der Jagden. 1 Nach der erneuten Zerstörung des Erlachhofs durch die Franzosen im Jahr 1693 wurde die Hofmeisterei Erlachhof mit der Geistlichen Verwaltung Markgröningen vereint. Der zuständige Geistl iche Verwalter hieß seit 1694 Bernhard lsenflamm .> 1677 war er als kaiserlicher Regiemngssekretär eine zweite Ehe4 mit der Markgröningerin Antonia Sophia Wächter ei ngegangen. die 1693 verstarb. 1696 wiederholte !senflamm sein Gesuch beim Herzog. die beiden Ämter zu trennen und ihn vom Amt des Geistlichen Verwalters in Markgröningen zu befreien. Nach seiner Ansicht brauchte man jeweils einen Mann vor Ott, um nach dem Rechten zu sehen, zumal sich der Erlachhof gerade im Wiederaufbau befand und die Aufsichtsfunktion nur mit Mühe von Markgröningen aus zu führen war. Hier wohnte I senflamm in ei nem vielleicht von seiner zweiten Frau in d ie Ehe gebrachten Privathaus5. da die Amtswohnu ng auf dem Erlachhof 57

1693 in Flammen aufgegangen war. Darüber hinaus erachtete er. Isenfl amm. einen Verwalter vor Ort wegen der Fruchtteuerung für sin nvoll. War das alles nurein kluger Schachzug l senflamms? Sein Schwiegersohn Johann Erhard Hettler erkundigte sic h beim K irchenrat Anfang 1697 nach der Trennung der beiden Ämter. Als Refere nz führte er an. dass er dem Geistlichen Verwalter in Markgröningen, Jakob Metzger" . bei dessen Amtsgeschäften geholfen habe . Am 4. August 1697 trennte Herzog Eberhard Ludwig die beiden Ämter erneut. 7 Mi t ein Grund für diese Entscheidung war sicherlich die Tatsache. dass Eberhard Ludwig den Auf- und weiteren Ausbau der Anlage Erlachhof massiv vorantrieb. fsenflamms Schwiegersohn Hettler wurde am LO. August desselben Jahres zum Geistlichen Verwalter von Markgröningen ernannt.• Als Besoldung erhiel t er jährl ich 70 fl und 10 Scheffel Hafer.

2.

Das Gebäude Ostergasse 22

2.1. Hinweise zum Alter der Scheuer und des Gebäudes Eine Türinschrift der direkt an das Wohn- und Geschäftshaus angebauten Scheuer trägt die Zahl I 580. 9 Auch die steinernen Türangeln an den großen Seheurentoren sprechen für das J 6. Jahrhundert. Im Jahr 1997 durchgeführte dendrochronologi sche Untersuchungen datieren das Fällen des Bauholzes für das Wohngebäude auf 1607/08 . 10 Für das erste Jahrhundert nach dem Bau liegt die Geschichte des Hauses und seiner Erbauer weitgehend im Dunkeln. Doch lassen die 1709 einsetzenden schriftlichen Quellen Rückschlüsse zu.

2.2. Der erste bekannte Besitzer Aus Anlass der beabsichtigten Wiederverheiratung des Metzgers Georg Andreas Schmohl nach dem Tod sei ner ersten Ehefrau Anna Justina. einer gebo58

renen Sommerhardt, wurde der Besitz zur Absicherung der Erbansprüche der acht Halbwaisen inventarisiert.ll Unter der Rubrik Ligenschaft: Häuser und Gebäw liest sich die Beschreibung der heutigen Ostergasse 22 wie folgt: Eine Behausung. Hofraithin, Scheuren und Küchengartell in der Ostergaßen, neben Hannß Erhard Zahnen und Hmmß Wifhefm Mayern, stoßt vornen auf! die Gaßen und hinten auf! bemeften Wiffhe/m Mayern ... 1350fl. Bei einem Gesamtvermögen von rund 2937 fl hatte das Ehepaar einen Schuldenstand von 1263 fl. Während der Ehe hatte Georg Andreas Schmohl drei Mal geerbt: 1654 beim Tod seines Vaters 115 fl. J690 bei dem seiner Mutter J-+5 fl und die größte Erbschaft mit 2768 fl erhie lt er 1659 nach dem Ableben seines Vetters Hans Schmohl in Asperg. Die Bilanz der Ehe ergab wegen der Vorgewesten laidigen Kriegs-Troublen eine Einbuße von knapp 1647 tl. Vom noch vorhandenen Besi tz wurden demjüngsten Kind. dem lSjährigen Heinrich Albrecht. Afwnno (Internatsschüler) zu Blaubeuren. 138 fl reserviert. das entsprach der Höhe seines Heiratsguts. Schmohl hatte 1672 Anna Ju stina Sommerhardt geheiratet. Seine Eltern waren der aus Prickenhausen stammende ehemalige Spilalmeier Stephan Schmohl und dessen Ehefrau Katharina aus dem Bistum Basel. 11 Stephan Schmohl hatte 1651 als Pächter die im 30jährigen Krieg zusammengebrochene spitaleigene Landwirtschaft übernommen. e r verschiedjedoch mit 45 Jahren bereits im November 1653. 13 Aufgrund dieser Umstände ist zu vermu te n. dass Georg Andreas Schmohl über seine erste Ehefrau in den Besi tz dieses Gebäudes kam. 11

Im Anschluss an die oben erwähnte Erbfestschreibung von J 709 fo lgte die Auflistung des Beibringens der zweiten Frau. Ursula Johanna SchmidY einer Bäckerswitwe aus Stuttgart. die nur J 14 fl in diese E he mitbrachte.

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tati' tisch-topographischen Bureau. Sruugattl859, ND Mug.,um 1972. S. 144-147. Heß. Zur Geschichte der Ah-Ludwig>hurger Markung. in: Ludwig,burger Ge~chichtsbläner 1311957. S. 43-80. ' I senflamm war se11 1694 im Amt. HStAS A 284/33 Bü 61.. ' Zu den Ehen vgl. Hom mel, Mnrkgröningen und die h enflllmm;. ln: Durch die Stadtbrille 3/1987. Ludwig~burg 1987. S. 14- 16. ' Bei dem Privathaus h andelte~ ~ich mit Sicherheit nicht um die heutige Banholomäusupothckc, wie Roemer behauptet. De110.. Bernhnrd l5enflamm. der er;,te Vogt von Ludwigsburg. in: Hie gut WUrtt~mbe rg 5/1954. , r. !l \Om 10. !\Iai. S. 52. Hummel \enmuet dies. Ders., 1\larkgröningen und die lsenflamms. ln: Durch die Stadtbrille 3/ 1987. S. 8-27. hier: S. 18. • HStAS A 284/33 Bli 6 g. Jakob Metzger war von 1(>42 an Gci>tlicher Verwalter und i\1 noch 169 1 nachgewie,en. Georgii-Geor· genau. Für>tlich vdlrttcmbergi,ch~, Dienerbuch vom 9.-14. Jh.. Stungan 1877. S. 440. ' HStAS A 284/33 Bll 95.

• 17 I I wurde Heltier Schaffner in Herrenalb. Vgl. Pfeilsticker. Würtl. Dienerbuch. § 2596. Stuttgan 1974. HStAS A 284/33 Bü 6 I. Hommel nennt llcttler nur als 'achfolgcr von Isenflamm im Amt dc~ Kloster\ ogt-. von Herrenalb ab 1711, dabei war er ihm >chon 1697 als Gei~t lk her Verwalter in Markgröningcn nachgefo lg!. Ders.. M:trkgröningen 1987. S. 20. Roemer macht keine genaucn Angaben tlllll Ende ,·on lsenflamm~ A.lnt"eit in Marl..gröningen. Der> .. Marl.gröntngen im Rahmen der L an de~· geschichte 1550- 1750. Bd. 2. S. I 08. " Die Ergäntung der le!Llen Ziffer erfolgte auf Grundluge einer von Hermann Roemer flir Markgröni ngen \erfru.,ten l n~chriften ­ li~te. 10

Gmachten vom 14. März 1997. Margarete David haue beinJ lngenleurburo für H au~fon.chung Hans-Jilrgen Bleyer. Mel~ngcn . die Unten.uchung 111 Auftrag gegeben. 11 StadtA M. l uT Nr. I 09 11709). " Die Au-.künfte au ~ J en KirchenbUchern ~lammen freundlichcr'l e. " StadtA t-.-1. Bauauge n~chei nprotokoll. 1828. fol. 1!4. 1828 haue auch Apotheker Unfrid '>ein Haus samt Apotheke in der Schlo>\gas>e verkauft und war\\ eggeLOgen.

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• Pickel erwarb im September I!!40 das Bürgerecht StadtA M. Bürgerliste Nr. 679. '' StadtA M. Kfb 26. fol. 553. Die Apotheke befand sich bis 1828 und nicht nur bis 18 13 in der Schlos>gasse 2. wie Roemer im 2. Band >Ctner Stndtgeschichtt:: behauptete. Der>.• Marl.gröningen, Bd. 2. S. 62. " ßalt:en, Ein Musensohn uu-. Markgröningen. Carl Friedrich Unfrids Jüngling>jahre und Wanderschali. In: Durch die Stadtbrille 3/1 987. s. 33-41. '' Zur Tätigl.eit von A pothe~er Unfrid vgl. Schad. Medizinische Ver,orgung 111 Markgrönmgen 1 I 550·1800). ln: 700 Jahre Heilig-Geist-Spital. hg. '.der Stadt i\larkgröningen und dem ArbeitSkreb Gcschi.:hhforschung. Hetmat- und D~nkmalpflege e. V.. Tübingen 1997. S. 125-148. "' StadtA M. N 7 ..Apotheker". Y\erdon = lfcrten. ß e7irb;,tadt im Sclmeit:er Kanton Waadt. ' Nach dem Tod 'einer Ehefrau Heinrike im Jahre 18-131..am Chri'lian Friedri