Volkswagen-Abgasskandal

Institut für Betriebswirtschaftslehre Volkswagen-Abgasskandal Einführungsbeispiel zu Business Ethics, Corporate Social Responsibility und Stakeholder...
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Institut für Betriebswirtschaftslehre

Volkswagen-Abgasskandal Einführungsbeispiel zu Business Ethics, Corporate Social Responsibility und Stakeholder Management

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Einleitung: Konzernstrategie 2015 – 20181 –

«Volkswagen will durch den Einsatz von intelligenten Innovationen und Technologien bei Kundenzufriedenheit und Qualität weltweit führend sein. Eine hohe Kundenzufriedenheit ist für Volkswagen eine der wichtigsten Voraussetzungen für nachhaltigen Unternehmenserfolg.»



«Der umweltfreundlichen Ausrichtung und der Rendite unserer Fahrzeugprojekte widmen wir unsere besondere Aufmerksamkeit, damit der Volkswagen Konzern auch unter herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit den richtigen Produkten erfolgreich sein kann.»



«Dabei richten wir unsere Aktivitäten vor allem darauf aus, in den Bereichen Fahrzeuge, Aggregate und Leichtbau neue ökologische Maßstäbe zu setzen.»

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Volkswagen Geschäftsbericht 2014, S. 49

Business & Society – Prof. Dr. Sybille Sachs

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Vorboten des Abgasskandals (2007 – 2014)1 2007:

VW plant den Einsatz einer Abgassoftware im Strassenverkehr, obwohl diese von Bosch ausschliesslich für interne Tests entwickelt worden war und im Strassenverkehr illegal wäre.

2011:

In einer internen Revision reklamiert ein Volkswagen-Techniker die Manipulation von Abgaswerten, was jedoch ohne Konsequenzen bleibt.

2014:

Bei einem Test durch das ICCT (International Council on Clean Transportation) zusammen mit der Universität West Virginia werden für zwei VW-Dieselmodelle Abgaswerte festgestellt, die den gesetzlichen US-Grenzwert überschreiten. VW zweifelt die Tests an, aber das California Air Resources Board (CARB) und die US-Umweltbehörde (EPA) leiten Untersuchungen ein.

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Bild (2015), Blinda (2015), Eisenring (2015), Gardner et al. (2015)

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Ausbruch des Abgasskandals (2014 – 2015)1 Dez. 2014: VW macht einen Softwarefehler für die zu hohen Messwerte verantwortlich und ruft knapp 500’000 US-Dieselfahrzeuge für ein Update zurück. Anfang 2015:

Abgaswerte bleiben laut US-Behörden auch nach dem Rückruf zu hoch. EPA verweigert die Zertifizierung neuer VW-Modelle.

Sept. 2015: - VW gibt Manipulation der Abgaswerte gegenüber EPA und CARB zu. - EPA leitet Verfahren gegen VW ein (bis zu $18 Mrd. Strafe). - CEO Winterkorn ist sich selbst keines Fehlverhaltens bewusst. - Eingeständnis weltweiter Manipulation (ca. 11 Mio. Autos). - Winterkorn gibt öffentlichem Druck nach und tritt zurück. - Weitere Vorstandsmitglieder und Führungskräfte folgen. 1

Blinda (2015), Cremer (2015), EPA (2015), Gardner et al. (2015), Tagesschau.de (2015), Volkswagen AG (2015), Zeit Online (2015)

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Reaktionen in der Schweiz und in Deutschland1 Schweiz:

Bundesamt für Strassen (Astra) erteilt Ende 2015 ein Zulassungsverbot für VW-Dieselfahrzeuge auf Schweizer Strassen, revidiert jedoch diese Entscheidung später (Januar 2016).

Deutschland:

- Verkehrsminister Dobrindt beauftragt das KraftfahrtBundesamt (KBA) Dieselfahrzeuge von Volkswagen nachzuprüfen. - KBA verlangt von VW einen Zeit- und Massnahmenplan zur Reparatur der in Deutschland betroffenen Fahrzeuge und genehmigt später die ersten Rückrufe für das Jahr 2016.

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Breitinger (2015), Bruce (2015), FAZ.NET (2015), Hetzner (2015), Reuters (2015), SRF4 News (2016)

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Entwicklungen im Jahr 2016 (bis Juli) März 2016:

Konzernführung räumt ein, dass der ehemalige CEO Martin Winterkorn zwei Mal im Jahr 2014 über die zu hohen Abgasswerte mancher VW-Modelle informiert worden sei.

9. März 2016:

Michael Horn, bis dato Vorstandsvorsitzender von Volkswagen of America, tritt zurück.

1. Quartal 2016:

VW-Konzern verzeichnet einen Gewinneinbruch von 20% im Vergleich zum Vorjahrsquartal. Der Gewinn der Marke Volkswagen bricht sogar um 85% ein.

21. April 2016:

VW kündigt Entschädigungen und Rückkaufangebote für die Kunden der 500’000 in den USA betroffenen Fahrzeuge an.

26. Juli 2016:

Ein US-Gericht besiegelt den bis dato teuersten Vergleich in der Auto-Branche: VW wird Klägern in den USA $15 Mrd. zahlen.

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Dokumentation: Das Lügen-Werk – Wie VW die ganze Welt täuschte https://www.youtube.com/watch?v=YQHz9cf_JN8

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Fragestellungen bezüglich Unternehmensethik –

Warum kann das Verhalten von VW als unethisch bezeichnet werden?



Was könnten die Gründe dafür sein, dass es zu diesem Abgasskandal gekommen ist?



Was müsste VW unternehmen, um wieder glaubwürdig zu sein?

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Fragestellungen bezüglich Stakeholder Management –

Welche Stakeholder sind in den Abgasskandal von VW involviert? In welcher Beziehung stehen diese zu VW USA und VW Schweiz?



Wie hätten die Probleme durch den Einbezug der Stakeholder minimiert oder gar vermieden werden können?



Diskutieren Sie, in welcher Verantwortung in Bezug des Abgasskandals diese Stakeholder stehen?

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Zentrale Fragen und Themen der Unternehmensethik am Fall VW –

Wie lassen sich ethische Werte begründen? Braucht es überhaupt eine Unternehmensethik? Ist Ethik nicht Mittel zum Zweck? „Lassen Sie uns Dinge beim Namen nennen, wir waren unehrlich, oder – um es in meinen Worten zu sagen. Wir haben richtig Mist gebaut.“ (Michael Horn, ehemaliger VW-Manager USA, Süddeutsche Zeitung, 26./27. September 2015, S. 13)



Wo liegen die Probleme bei VW? Es gibt immer zwei Betrachtungsweisen eines ethischen Problems:

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Verschiedene Blickwinkel einer Unternehmensethik 1.

Retrospektiv: Was ist falsch gemacht worden? Warum wurde auf diese Art und Weise gehandelt?

Es gibt keine eindeutige Antwort, man muss sich mit Hypothesen begnügen! „Die „Schummelsoftware“ ist, je nach Perspektive, Ausdruck der kriminellen Energie von VW, der technologischen Exzellenz deutscher Autobauer oder des ungeheuren Konkurrenzdrucks im Wettbewerb der Hersteller.„ (Christian Gerig: USA vs. VW, Das Magazin, Tages Anzeiger, 28. August 2016, S. 10)

2. Prospektiv: Was muss man machen, um den Schaden zu beheben bzw. um wieder glaubwürdig zu werden?

Die Unternehmung muss durch ihre Kommunikation und ihr Handeln ihre Glaubwürdigkeit wieder herstellen.

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Mensch oder System? – Eine zentrale Frage bei der Lösung eines ethischen Falles ist die Frage, ob es menschliches Versagen oder ein Versagen des Systems bzw. des Unternehmens als solches ist.

Er sei „fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren.“ (Martin Winterkorn (ehemaliger VW-Chef), Focus, 26. September 2016, S. 27)

„In der Pyramide der Führungskräfte verdünnisiert sich die Verantwortung von und für Detailfragen und deren Problemlösung auf die wohlbekannte Trias Termin, Kosten, Qualität.“ (Friedrich Wörndle, Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung, September 2015, S. 16)

„Man kann derzeit nur darüber spekulieren, was Mitarbeiter des Konzerns offenbar dazu getrieben hat, derart unverfroren zu betrügen.“ (Michael Rasch: Unverzeihliches Verhalten von VW, NZZ, 23. September 2016, S. 11)

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Implementierung einer Unternehmensethik – Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt sich die Frage, wie eine Unternehmensethik erfolgreich implementiert werden kann. Dazu gibt es verschiedene Massnahmen wie zum Bespiel – Erarbeiten und Implementieren eines Leitbildes – Organisatorische Massnahmen – Personelle Massnahmen (z.B. Rekrutierung, Anreizsysteme) – Strategien im Umgang mit den Anspruchsgruppen

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To be ethical or not to be ethical – that is here the question! – Kann sich ein Unternehmen Ethik leisten? – Oder kann sich eine Unternehmen keine Ethik leisten? „Nicht alles, was rechtens ist, ist richtig. Die Öffentlichkeit legt längst strengere Massstäbe an „Unternehmens-Bürger“ an. ... Wer Wert auf ein tadelloses Ansehen legt, von dem wird integres Verhalten verlangt. Diesen Anspruch kann man teilen oder nicht, doch wer sich darum nicht schert, geht grosse Image-Risiken ein.“ (Michael Rasch: Es sind genug der schönen Worte, NZZ, 23. Juni 2016, S. 11)

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Stakeholder Engagement Practices

Stakeholder Engagement Practices Examining stakeholder relations E.g.  Evaluation of stakeholder expectations, interest and perceptions  Levels of trust/distrust  Stakeholders’ organizational capability  Stakeholder culture  Value-creation Stakeholder Accounting

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Communicating with stakeholders E.g.  Phases of stakeholder engagement  Levels and intensities of stakeholder engagements  Trust repair  Forms of stakeholder setting  Institutionalization of stakeholder relations

Learning with and from stakeholders E.g.  Reconciling multiple objectives  Reactive, proactive and interactives strategies  Measurements of stakeholder values

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