Volksschule Reutte

1897 - 1997

2

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Volksschule Reutte 1897 - 1997

3

Zum Geleit

Die Volksschule Schulstraße wird 100 Jahre alt! Dieses stolze Jubiläum ist es wert, Rückschau zu halten und kurz die bildungspolitische Bedeutung dieser Schule im Wandel bewegter Zeiten zu beleuchten. Wenn Wände sprechen könnten, wäre man geneigt zu sagen, was würden sie wohl alles vermelden? Vermutlich zuallererst, daß Generationen von Schülern hier nicht nur das Rüstzeug für die weitere Ausbildung erhalten, sondern auch ihre ersten eigenständigen Schritte ins Leben gemacht haben, wird doch der Eintritt in die Volksschule nicht von ungefähr als die maßgebliche Zäsur in der Entwicklung eines jungen Menschen gesehen. Sie würden vielleicht auch berichten, daß Generationen von Lehrerinnen und Lehrern sich mit Engagement und Idealismus nicht allein der Vermittlung von Wissen, sondern gleichermaßen auch der Pädagogik im umfassenden Sinne verschrieben haben.

Gemeinde Breitenwang)

Schließlich würden sprechende Wände wohl davon Zeugnis geben, daß die Volksschule trotz der jahrzehntelangen Schulraumnot, der Kriegswirren, der Zeiten von Armut und Bescheidenheit, der häufigen schulorganisatorischen Änderungen oder des Aufbruchs in die moderne Zeit im wesentlichen die Funktionen beibehalten hat, die sie für den Markt Reutte und die Gemeinde Breitenwang stets zu erfüllen hatte: Basis zu schaffen für eine gute Zukunft junger Menschen, Talente und Begabungen zu fördern und die Weichen für den weiteren Lebensweg zu stellen. Es wird den Gemeinden deshalb auch weiterhin eine selbstverständliche Verpflichtung sein, die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Bildungsinvestitionen sind Zukunftsinvestitionen! Mit der Gratulation zum Jubiläum verbinden wir die besten Wünsche auf eine erfolgreiche Zukunft der Volksschule Schulstraße sowie die Hoffnung auf eine weiterhin harmonische Verbindung der Gemeinden Reutte und Breitenwang als gemeinsame Schulerhalter.

der Marktgemeinde Reutte)

Volksschule Reutte 1897 - 1997

4

Grußworte anläßlich des 100jährigen Bestehens

Das gebührende Feiern von Festen und aktuellen Anlässen mit Einbindung aller am Schulleben Beteiligten ist ein wesentliches Merkmal für gute Schulen. Ein ganz besonderer Anlaß ist natürlich ein runder Geburtstag wie ihn die Volksschule Reutte heuer feiert. So wie ein Volk ohne Geschichte gesichtslos ist, wird auch eine Schule durch seine Geschichte geprägt. In Erinnerung bleiben die langjährigen Lehrer und Leiter, die den Ruf der Schule mitbestimmen wie auch das Einbinden der Schüler und Schülerinnen in die Gestaltung von religiösen Feiern und wichtigen Festlichkeiten des öffentlichen Lebens. Dieses Jubiläum soll zum Ziele haben, daß die Kinder viele Jahre später auch noch sagen können: ,,An der Volksschule Reutte haben wir viel gelernt, besonders in Erinnerung aber blieb uns die 100Jahr - Feier.“ Herzliche Gratulation und die besten Wünsche für die nächsten hundert Jahre!

Mag. Friedle Peter, BSI

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Grußwort! Vor hundert Jahren entschlossen sich die Gemeinden Reutte und Breitenwang, gemeinsam für ihre Kinder eine neue Schule zu bauen. Dieser Entschluß war gut und notwendig, denn die Klassenräume mußten bis zu 70 Kinder aufnehmen und entsprachen nicht mehr den Anforderungen des angehenden 20. Jahrhunderts. Wir alle wissen, daß sich seither die gesellschaftlichen Erwartungen an die Schule auffallend wandelten und erweiterten. Diese Tatsache fand natürlich auch in ständigen baulichen Veränderungen ihren Niederschlag. So gelang es im Laufe der vergangenen hundert Jahre, durch zahlreiche An-, Um- und Ausbauten unser Schulgebäude den Anforderungen der Zeit immer wieder neu anzupassen. Heute bietet unser Schulhaus in hellen und geräumigen Klassen über 300 Kindern viel Platz zum Lernen, Spielen und miteinander Leben.

Gedankt sei an dieser Stelle vor allem den Vertretern der Gemeinden Reutte und Breitenwang, die für die Wünsche der Volksschule Reutte immer ein offenes Ohr hatten und den Wert einer zeitgerechten Schulbildung und Schulausstattung stets erkannten. Anläßlich eines runden Jubiläums, wie wir es heuer begehen, ist es mir ein Bedürfnis, allen Personen zu danken, die für die stets angenehme Atmosphäre in unserem Schulhaus verantwortlich sind. Nur durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Lehrern, Eltern und Schülern ist eine gedeihliche Arbeit in einem guten Arbeitsklima realisierbar. So bleibt mir schließlich der Wunsch und die Hoffnung, daß uns diese angenehme Atmosphäre auch für die Zukunft erhalten bleibt - zum Wohle der Schule und der uns anvertrauten Kinder.

5

6

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Die Geschichte der Volksschule Reutte Die Ursprünge der Volksschule Reutte , ehemals Pfarrschule genannt, gehen sehr weit in die Vergangenheit zurück. In den Magistratsprotokollen wird 1587 die Schule erstmals erwähnt. In den folgenden Jahren dürften in der Reuttener Schulstube auch die Kinder von Breitenwang, Pflach und Ehenbichl unterrichtet worden sein, da diese Gemeinden zur Besoldung des Lehrers Geld beizusteuern hatten.

1829 gelang es der Gemeinde, das im Jahre 1791 erbaute Daniel’sche Haus (später bekannt als Haus der Engl. Fräulein) zu ersteigern und als Mädchenschule einzurichten. Der schönste Wochentag für die Schulkinder dürfte zu dieser Zeit wohl der Freitag gewesen sein. Dieser war wegen der wöchentlich abgehaltenen Schrannen (Märkte) und des damit verbundenen Fuhrwerksverkehrs schulfrei - eine Verkehrsbelastung, die man heutzutage wohl gerne in Kauf nehmen würde.

Im Jahre 1777 wurde ein Schulhaus (es befand sich am Vorplatz der heutigen Schule) hergerichtet. Dieses Haus diente bis zum Jahre 1897 als Schulgebäude. Um diese Zeit wurden Pflach und Ehenbichl aus dem „Schulverband“ ausgegliedert. Ein stetiges Ansteigen der Schülerzahlen war wohl der Grund für diese Entwicklung. Daher wurde eine Erweiterung der Schulräumlichkeiten in den folgenden Jahren immer dringlicher.

Im Jahr 1856 kamen die Barmherzigen Schwestern nach Reutte, übernahmen das Spital, die Pfründneranstalt (Altenbetreuung) und auch die Mädchenschule.

Kindergartenkinder mit Hahnenfederhüten

Dreißig Jahre später wurden die geistlichen Schwestern auch mit der Leitung des Kindergartens, der inzwischen in der Mädchenschule eingerichtet worden war, betraut.

Volksschule Reutte 1897 - 1997

In den nun folgenden Jahren stiegen die Schülerzahlen merklich an, und Schüler und Lehrer litten unter einer erdrückenden Raumnot. Im Jahre 1893/94 berichtet die Schulchronik von folgendem Schülerstand: 1. Klasse 66 Kinder 2. Klasse Knaben 51 Kinder 2. Klasse Mädchen 58 Kinder

7

3. Klasse Knaben 3. Klasse Mädchen

53 Kinder 65 Kinder

Man kann sich vorstellen, daß zu diesen Bedingungen der Unterricht sehr streng gewesen sein muss und mit dem, wie ihn die Kinder heute kennen, wohl wenig Gemeinsamkeiten hatte.

Klosterschwester mit Kindern in der Klasse

Eine Beschreibung dieser unbefriedigenden Raumsituation findet sich in einem Amtsblatt Bezirkshauptmannschaft Reutte :

der k.u. k.

„Aber nicht nur dieses Schulzimmer, sondern auch alle anderen bieten für die große Zahl der Schüler beiweitem nicht den nothwendigen Luftr a u m . E i n a n d e re r Übelstand ist noch der, daß besonders die Lehrzimmer im Knabenschulhause sehr feucht sind und beide Schulhäuser kein ihres Zweckes würdiges Äußeres besitzen.“ (Siehe dazu die Bilder auf Seite 8!)

8

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Volksschule Reutte 1897 - 1997

In Anbetracht dieser Tatsachen war der Magistrat schon lange mit der Situation konfrontiert, für den Markt Reutte mit der Gemeinde Breitenw a n g e i n zweckentsprechendes , hinreichend großes, neues Schulhaus zu bauen.

9

wurde. Die Bauausführung hatte die Reuttener Baufirma

Es dauerte zwar noch einige Zeit, aber im Jahr 1896 wurde das Vorhaben Wirklichkeit. Der Bauzeichner Thomas Lumper von Reutte entwarf einen Plan, der vom „Bezirksschulrathe“ 1 8 9 5 g e n e h m i g t Planskizze der VS Reutte Kecht. Die Kosten für den Bau betrugen 30.000 Gulden Sobald die Witterung im Frühjahr 1896 es erlaubte, wurde mit den Arbeiten begonnen und der Rohbau noch im selben Jahr hinter der alten Schule fertiggestellt. Der innere Ausbau der Schule erfolgte im Jahr 1897. Dieses relativ schnelle Bautempo war gut und notwendig, weil die Gesamtschülerzahl inzwischen auf 313 Kinder angestiegen war.

Der Ausblick nach Südwesten war für Schüler und

sicher begeistert waren.

„Neues Schulhaus“

10 Volksschule Reutte 1897 - 1997

Bei der Jahrhundertfeier zum Todestag Andreas Hofers wurde der Brunnen entfernt, und ein Heldendenkmal - ein bronzener Adler auf Felsgestein - kam an seine Stelle. Dieses Denkmal wurde 1938 von den Nationalsozialisten beseitigt.

„Das Schuljahr 1897/8 begann am 4. Oktober. An diesem Tag fand die feierliche Einweihung des neuerbauten Schulhauses statt. Zu diesem Zwecke versammelten sich um circa 7 ½ Uhr die gesamte Schuljugend mit Fahnen, die Gemeindevertretungen von Reutte und Breitenwang, Herr Bezirksschulinspector Josef Knittl als Vertreter des löblichen Bezirksschulrathes und die Musikkapelle. Sie nahmen vor der Pfarrkirche in Breitenwang Aufstellung. Der Zug bewegte sich dann prozessionsweise in die Klosterkirche, wo das „Veni creator“ gesungen

Doch zurück zum Jahre 1897. Wie wurde vor 100 Jahren die Fertigstellung des neuen Schulgebäudes gefeiert? Unsere Schulchronik weiß darüber folgende interessante Details zu berichten:

wurde. Dann begab man sich zum neuen Schulhause, wo die feierliche Einweihung durch Hochw. Hr. Dekan Alois Zoderer vorgenommen wurde. Nach Beendigung der Andacht hielt H.H. Dekan vor dem Schulhause eine ergreifende Ansprache, welche durch Absingen der Volkshymne (Kaiserhymne) geschlossen wurde. Alsdann zog man wieder zurück in die Klosterkirche, wo die Schuljugend sich an dem, anläßlich des allerhöchsten Namensfestes Sr.Majestät, unseres allergnädigsten Kaisers Franz Josef I., abgehaltenen Gottes-dienstes beteiligte.“

Volksschule Reutte 1897 - 1997

11

„Reutte in Tirol“ vom Klosterturm aus gesehen

Zu den Bauausführungen der Volksschule findet sich im k.u.k. Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft aus dem Jahr 1896 folgende Beschreibung:

„Die Architektur des Gebäudes ist im Style der italienischen Renaissance gehalten, die Hauptfront nach Süd-West mit zwei Risaliten. (. . .) Der Eingang für die Knabenschule ist nach NordWest, der der Mädchenschule nach Süd-Ost gelegen. Sowohl im Parterre wie im 1. Stocke befinden sich vorne die großen Schulzimmer, rückwärts die Conferenz- und Lehrmittel-, beziehungsweise Lehrerzimmer. Unterkellert sind blos die zwei großen Säle an den Risaliten, nämlich Knabenreserveclasse und erste Klasse. (. . . ) Im Parterre befindet sich nordwestlich vorne die Knaben-Reserveklasse, rückwärts das Conferenzzimmer. Südöstlich vorne ist die erste Classe, rückwärts das Zimmer für die Lehrerinnen. Der nach Südwesten gelegene mittlere Saal ist für die zweite Mädchenclasse bestimmt. Im 1. Stock ist nordwestlich vorne die zweite Knabenclasse, rückwärts ein Zimmer für die Lehrer. Südöstlich vorne ist die dritte Mädchenklasse,

12

Volksschule Reutte 1897 - 1997

rückwärts ein Zimmer für die Lehrerin. Im mittleren Saal befindet sich die dritte Knabenclasse. Im NordWesten und Süd-Osten ist Mansarddach in der Mitte Satteldach. Erstere Dachconstruction ist geeignet zum Einbau von Wohnungen. (. . . ) In sämmtlichen Räumen befinden sich Holztafelböden. Die Stiegenläufe sind von Holz, Dachdeckung von Falzplatten und Blech, die Öfen von Innen zu heizen. Überall sind Winterfenster nach Innsbrucker Art.“ Abschließend findet sich im Amtsblatt noch folgender Kommentar: „Möge in diesem neuen, den Anforderungen der Neuzeit entsprechenden Schulhause, welches mit Beginn des Schuljahres 1897/98 eröffnet wird, die Jugend des Marktes Reutte und der Gemeinde Breitenwang gedeihen und herangebildet werden zu tüchtigen Staatsbürgern und Patrioten sowie zu wahren Christen. Das walte Gott.“

Reutte vom Haus Köck aus gesehen

In den nun folgenden Jahren hielt die Technik in unserem Ort Einzug. Im Jänner 1903 erstrahlte Reutte erstmals im Glanz elektrischer Beleuchtung und fünf Jahre später wurde auch in das Schulgebäude das elektrische Licht eingeleitet. Im Sommer 1909 wurde mit dem Anbau einer

Turnhalle an das rückwärtige Schulgebäude begonnen. Diese konnte noch im Herbst desselben Jahres in Betrieb genommen werden. Die Lage dieser Turnhalle war jedoch unglücklich gewählt, außerdem war das Niveau der Turnfläche ähnlich dem eines Kellers angelegt. Diese Turnhalle mußte bei der Erweiterung des Schulgebäudes im Jahr 1957 abgerissen werden.

Volksschule Reutte 1897 - 1997

13

Blick vom Kapellenbichl: Schule mit alter Turnhalle. Im Vordergrund Bau der Bahnlinie (Datum der Aufnahme: 1910 - 1912)

Mit dem Bau der neuen Schule im Jahr 1897 hatte man geglaubt, für lange Zeit genügend Schulraum geschaffen zu haben, jedoch bereits nach 15 Jahren mußte eine Klasse wegen Raummangels in das „Isserhaus“ ausgesiedelt werden. Viele Jahre diente in diesem Haus ein Zimmer im ersten Stock als wenig geeigneter Unterrichtsraum. Außerdem war es der Wohnsitz der Lehrerfamilie Hafner. Im Zuge der Gestaltung des Parkplatzes wurde dieses Haus im Jahr 1958 niedergerissen.

Isserhaus

Trotz des hohen Schülerstandes, im Dezember 1914 besuchten 418 Kinder die Volksschule Reutte, war durch die Wirren des Ersten Weltkrieges an einen weiteren Ausbau des Schulgebäudes nicht zu denken. Durch den gravierenden Lehrermangel, junge Lehrkräfte wurden in den Krieg eingezogen, waren die

Klassen hoffnungslos überfüllt und es war kein geordneter Unterricht mehr möglich. Sehr viele Kinder erreichten das Lehrziel nicht. Aus diesem Grund wurde nach dem Ende des Krieges im Kindergarten eine Förderklasse eingerichtet, in der die Kinder der ersten, zweiten und dritten Schulstufe den versäumten Lehrstoff nachlernen mußten.

14

Nach der Rückkehr der Lehrer aus dem Krieg entspannte sich die personelle Situation. Im Schuljahr 1920/21 unterrichteten 4 Lehrer, 4 Lehrerinnen und 4 Katecheten an unserer Schule. Mit der Eröffnung der Bürgerschule für Knaben nahm das Schulwesen in Reutte im Jahr 1921 einen neuen Aufschwung. Mit der Leitung wurde der Direktor der Volksschule, Franz Linser, betraut. Bisher hatte es im ganzen Bezirk keine Schule gegeben, die die Kinder über den Lehrplan der Volksschule hinausreichend unterrichten konnte. Trotz der traurigen wirtschaftlichen Lage ergriffen die Männer der Marktgemeinde die Initiative und investierten viel Geld in den weiteren Ausbau des Schulgebäudes. An der Nordseite der bestehenden Schule baute man einen Trakt dazu und gewann damit zwei Klassenzimmer. Die Bürgerschule erfreute sich bald großer Beliebtheit. Durch den Zuzug der Schüler der Umgebung erwies sich auch diese Lösung bald als zu wenig effizient:

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Im Gebäude der Volksschule waren 1921 zehn Volksschulklassen und eine Klasse der Bürgerschule untergebracht. Der fortschreitende Aufbau der Knabenbürgerschule , 1923 wurde sie dreiklassig und im Herbst 1924 wurde auch die erste Klasse der Mädchenbürgerschule errichtet, bewirkte einen immer größer werdenden Engpass in den Klassenräumen. Aus diesem Grund mußte die Volksschule stets weichen und ihre eigenen Klassen außerhalb des Schulgebäudes unterbringen. Das Isserhaus, das Tauscherhaus und die alte Mädchenschule mußten in dieser Zeit in sehr beengten Räumen viele Schüler aufnehmen. Um dieser untragbaren Schulraumnot zu begegnen entschloß sich die Gemeinde, das Schulhaus aufzustocken (Sommer 1924). Die Arbeiten wurden gleich nach Schulschluß in Angriff genommen, sodaß die Klassen im Herbst bezogen werden konnten.

Umbau der Bürgerschule Reutte - “Dachstuhleinsturz” 1923, im Vordergrund die alte “Turnhalle”

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Die Leitung der Schule wurde getrennt. Franz Linser wurde Direktor der Bürgerschule, Otto Schobel Leiter der Volksschule, welcher er aber nur wenige Jahre vorstehen konnte. Am 11. April 1927 starb er im Alter von 35 Jahren. Ihm folgte noch im selben Jahr Emanuel Kecht als Schulleiter. Im Winter des Jahres 1929 litt unsere Region unter extremer Kälte. Das Thermometer sank für viele Tage unter minus 35 Grad. Die Öfen in den Klassen-

15

zimmern konnten diese extremen Temperaturen nicht mehr ausgleichen. Alle Leitungen im Haus waren abgefroren. Das Schulgebäude war nicht mehr zu heizen. Die Schule mußte, wohl zur Freude der Kinder, für eine Woche geschlossen werden. Diesem Umstand verdankten es Lehrer und Schüler, daß im Sommer desselben Jahres eine Zentralheizung in das Gebäude eingebaut wurde. So konnte man den kommenden Wintern etwas gelassener entgegensehen. In den nun folgenden Jahren war auch die Volksschule Reutte durch die wirtschaftliche Zwangslage der Zwischenkriegszeit geprägt. Mehrere Klassen wurden abgebaut, weil der Staat nicht mehr alle seine Lehrer bezahlen konnte. Im Schuljahr 1932/33 hatten nur sieben Lehrkräfte 288 Kinder zu unterrichten. Durch die Zusammenlegung von Klassen mußten bis zu 60 Kinder in einem Raum Platz 1. Klasse 1936

16

2. Klasse 1936

3. Klasse 1936

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Volksschule Reutte 1897 - 1997

4. Klasse 1936

Lehrkörper 1936

17

18

finden. Der Schulalltag wurde in den folgenden Jahren immer mehr durch den zunehmenden Einfluß des Nationalsozialismus geprägt. Jungvolktage, Jungvolkführerfeiern und ähnliche Feste bestimmten

Volksschule Reutte 1897 - 1997

das Schulleben. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Josef Kurz, der seit 1930 die Volksschule leitete, seines Amtes enthoben. Mit diesen Eintragungen endet die erste Chronik unserer

Aufnahme in die Hitlerjugend am Vorplatz der Schule

Schule. Die Schulchronik der Jahre 1938 bis 1945 war nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr auffindbar. Sie dürfte der Besatzungsmacht in die Hände gefallen sein, die im Schulgebäude einquartiert war. Allerdings kann auch nicht ganz ausgeschlossen werden, daß sie, wie so viele andere Dokumente dieser Zeit, einfach „verschwand“. Alois Pohler, der die Volksschule Nesselwängle leitete, wurde 1945 mit der äußerst schwierigen Aufgabe betraut, die Volksschule Reutte neu aufzubauen und zu reorganisieren. Welch problematischer Auftrag dies war dokumentiert eine Beschreibung des damaligen Direktors der Hauptschule, Emmerich Köck, die ja im selben Gebäude untergebracht war: „Als ich zu Anfang September zum erstenmal das

Schulhaus von Reutte betrat, zeigte dieses ein wüstes Bild. In den Gängen und Klassenräumen, in Aborten und Lehrmittelzimmern, in der Kanzlei und im Konferenzzimmer, überall lag es bunt und wirr durcheinander. Man stieg über Bücher und Blätter, über Hefte und Bilder, über Amtsschriften und Bilderrahmen, über Tintengeschirre und Vorhangstangen, über Glasscherben und Lehrmitteltrümmer, man sah eingeschlagene Pulte mit aufgesprengten Türen, denen häufig die Schlösser fehlten. Durch die Fenster pfiff der Wind und aufgerissene leere Kästen gähnten aus den Räumen. Die Beleuchtungskörper waren mehrfach von den hohen Überböden verschwunden. Wohl hatte das Gebäude - wie viele andere Häuser Truppeneinquartierung gehabt und es mögen die amerikanischen Soldaten um Ordnung und Schadensverhütung nicht absonderlich bemüht gewesen sein. Doch glaube ich nicht, daß durch die Amy sämtliche

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Vorhänge des Schulhauses verschwunden sind und daß sie sich des ganzen Inventars für den Werkunterricht bemächtigt hätten. Ich glaube nicht, daß sich der Amerikaner in Reutte für eine Leimzwinge oder einen Fuchsschwanz, für einen Schusterkneip, ein Buchbindermesser oder einen Es mußte also unter äußerst schwierigen Bedingungen der Schulbetrieb neu aufgenommen werden. Kein Katalog und kein Schülerverzeichnis waren zu finden. Die Schüler mußten nach eigenen Angaben in die verschiedenen Klassen eingewiesen werden. Im Laufe des Schuljahres entspannte sich jedoch die ebenfalls gravierende personelle Situation - die Lehrer kamen aus dem Krieg nach Hause - und so gelang es in mühsamer Arbeit, die Schule wieder halbwegs in Ordnung zu bringen. Nachdem Dir. Josef Kurz aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, verzichtete Alois Pohler auf die Leitung und übergab sie mit dem Schuljahr 1946/47 an Josef Kurz, der vor der NS - Zeit Leiter der Schule gewesen war. Der Hunger und die Not der Schulkinder war groß. Es gab einige Zeit nur Erbsen, Sojabohnen, Maismehl und Kartoffeln. Brot und Magermilch waren kaum erhältlich. Durch unermüdliche Bemühungen des

Glockenweihe am 20. Juni 1948

19

damaligen Bürgermeisters Franz Hosp war es möglich, die sogenannte „Schweizerausspeisung“ zu bekommen. Auf diese Weise gelang es, 236 bedürftigen Kindern viermal in der Woche in der Schule ein Mittagessen geben zu können. Wie anspruchslos man zur damaligen Zeit war, dokumentiert eine Eintragung v o n Dir. Josef Kurz zu Beginn des Jahres 1947: „Das neue Jahr brachte an unserer Schule keine Störung. Wir waren so glücklich und besaßen den nötigen Koksbedarf. Wir waren daher nicht gezwungen, wie viele andere Schulen, an die Weihnachtsferien Koksferien anzuschließen.“ Allgemein waren die Nachkriegsjahre durch Genügsamkeit und wenig Wohlstand geprägt. Trotzdem, oder gerade deswegen verlor die Bevölkerung nicht den Mut. Alles war im Aufbau begriffen und es ging, wenn auch bescheiden, aufwärts. Diese Stimmung spiegelte sich auch im Schulalltag wider. Sei es bei kirchlichen Festen (Glockenweihe 1949) oder auch bei Sängertreffen, überall waren Kinder und Lehrer der Volksschule Reutte dabei und gestalteten so das kulturelle Leben der Gemeinde

20

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Glockenweihe am 20. Juni 1948

Großes Sängertreffen in Reutte in der Waldrast am 10. Juli 1949 - Chorleiter Erwin Sprenger

Volksschule Reutte 1897 - 1997

entscheidend mit .

Großes Sängertreffen in Reutte in der Waldrast

Grete Löcker nahmen am 10. Juli 1949 daran teil. In den folgenden Jahren stand die Gemeinde wieder vor der Misere der zunehmenden Schulraumnot. Das Gebäude der Volksschule Reutte schien aus den Nähten zu platzen, waren doch im Schulhaus immer noch die Kinder der Hauptschule untergebracht. Die Zahl der Neueintretenden war sehr hoch. In verschiedenen Klassen mußte Wechselunterricht geführt werden. Zusätzlich waren für drei Tage der Woche sechs Berufsschulklassen und während des Winters auch die ländliche Berufsschule untergebracht. Mit dem Spatenstich zur Hauptschule Untermarkt im Juli 1950 konnten Schüler und Lehrer froher in die Zukunft blicken. Zu Beginn des Schuljahres 1952/53 gingen in der Volksschule Reutte nicht weniger als 502 Schüler ein und aus. So ist es nicht verwunderlich, daß der Schulleiter der Volksschule anläßlich der Einweihung des Hauptschulgebäudes im Untermarkt (23.

21

Ein sangesfreudiger Schülerchor der VS Reutte unter der Leitung von Erwin Sprenger und ein Mädchenchor der Hauptschule unter der Leitung von

Nov.1952) sichtlich erleichtert folgende Zeilen in die Chronik einträgt: „Stolz zogen die Hauptschüler in ihren Prachtbau, aber nicht weniger freudig nahmen auch wir von unserem ganzen Schulhaus Besitz. Jetzt erst konnte in geordneter Weise ein lehrplanmäßiger Unterricht wieder aufgenommen werden. Des Herrgotts Segen

Volksschule Reutte 1897 - 1997

22

Lehrer der Volks- und Hauptschule im Herbst 1954

ruhe nun auf beiden Schulhäusern und der fleißigen Arbeit von Schülern und Lehrern.“ In den Wintermonaten des Jahres 1956 wurde an der Volksschule Reutte wieder einmal eine bauliche Veränderung vorgenommen. Der Mittel- und Westtrakt des Altbaues wurde unterkellert. Damit wurde Raum für die neue Heizung und den k o m m e n d e n We r k u n t e r r i c h t geschaffen. Zusätzlich stand ein noch größeres Bauvorhaben am Volksschulgebäude an: Ein Erweiterungsbau der heutige Nordtrakt der Schule. Im September 1957 wurde der Grundaushub für den Erweiterungsbau vorgenommen. Die an dieser Stelle b e f i n d l i c h e n Luftschutzkeller im „Lumperfeld“ wurden gesprengt und zugeschüttet. Da das relativ milde Wetter es zuließ, konnten die

Anbau Nordtrakt

Maurer-arbeiten bis zum Ende des Jahres fortgesetzt werden. Der im Herbst begonnene Erweiterungsbau machte bis zum Früh-ling große Fortschritte, sodaß im Frühsommer der Dachstuhl aufgesetzt, das Dach gedeckt und die Dachrinnen angebracht werden konnten.

Volksschule Reutte 1897 - 1997

23

Erleichterter Eintrag des damaligen Volksschuldirektors Josef Kurz in die Chronik: „Endlich steht der Rohbau !“

Bau in Blickrichtung Süden

Firstfeier nach Beendigung der Zimmereiarbeiten

In den Sommermonaten des Jahres 1959 waren die Bauarbeiten am Neubau nahezu eingestellt. Es wurden nur die Kanäle und die Betonböden in den unterkellerten Räumen erstellt. Da mit einer baldigen Bezugsmöglichkeit des Erweiterungsbaues auf Grund des langsamen Baufortschrittes nicht zu rechnen war, verlangte die Schulleitung die Renovierung einiger Klassen im Altbau. Tatsächlich wurden in 7 Klassen alle Schäden behoben. Im Schuljahr 1960/61 gab es erstmalig seit 1953/54 wieder eine Schülerzahl von über 400 Kindern.

Lehrerzimmer eingerichtet werden. Im Juni dieses Jahres wurde Alois Haun neuer Bezirksschulinspektor im Bezirk Reutte. Auch ihm waren die Schulneubauten ein großes Anliegen. Am 18. Oktober hielt der Winter mit einem Kälteeinbruch in ganz Europa seinen Einzug. So war also der Erweiterungsbau gerade zu einem günstigen Zeitpunkt fertiggestellt worden!

Während des Winters 59/60 wurde im Neutrakt fleißig gearbeitet und der vollständige Innenputz ausgeführt. Allerdings zogen im April 1960 die Maurer wieder ab,und erst nach monatelangem „Dornröschenschlaf“ wurden im Herbst die Arbeiten wieder aufgenommen. Nach der Beendigung der Arbeiten im Innenbereich wurde im Jahre 1961 der Erweiterungsbau fertiggestellt. Am 6. Oktober fand die feierliche Übergabe des neuen Gebäudes statt. Das Erdgeschoß wurde der Berufsschule zugeteilt. Die Kellerräume blieben unbenützt, weil hiefür noch die Einrichtung fehlte. Jetzt konnte im Altbau endlich auch ein Turnzimmer, eine Bücherei und ein

Die “ersten” und “jüngsten” Schüler: Dir. Wörle und Dir. Purtscheller (v.li.)

Volksschule Reutte 1897 - 1997

24

Einweihung des Erweiterungsbaues am 6. Oktober 1961

angeschlagene Arbeitstempo sehr zu wünschen übrig ließ. Deshalb konnte man mit der Fertigstellung dieser Räume bis Herbst auch nicht rechnen. Mit Ende des Schuljahres 1961/62 trat Schulleiter OSR Josef Kurz in den Ruhestand. Karl Müller übernahm ab l. September 1962 die Schulleitung. Die Gesamtschülerzahl betrug zu Beginn des Schuljahres 424. Im Schuljahr 1962/63 wurden im Mitteltrakt zwei neue Klassenzimmer gebaut und im Erdgeschoß die Wohnung für den Schulwart fertiggestellt.

Kinderchor unter der Leitung von Gertrud Pohler

Zu Jahresbeginn 1962 gab es die Zusage für den Ausbau der Schulwartswohnung im Parterre und die Renovierung der darüberliegenden Klassen. Trotz Drängen der Schulleitung wurde allerdings mit den Arbeiten erst im Sommer begonnen, wobei das

Nach mehreren zwischenzeitlichen Vertretern wurde Karl Schlux zum Nachfolger des erkrankten Schulwartes Ludwig Kerber bestellt. Auf Grund einer Gesetzesänderung wurde im Herbst 1963 die Schule in die Volksschule I mit vorwiegend Knabenklassen und 2 Abschlußklassen (Leitung: Dir. Karl Müller) und in die Volksschule II mit vorwiegend Mädchenklassen und 2 Sonderschulklassen (Leitung: Dir. Erwin Sprenger) geteilt. Die Lehrmittel und Gemeinschaftsräume wurden von beiden Schulen benützt. Im Mai 1964 wurde in einigen Klassen Wechselunterricht eingeführt, was einen Umbau des Schulhauses erforderlich machte. So mußte noch im selben Monat mit dem Umbau des SchulhausAlttraktes begonnen werden.

Volksschule Reutte 1897 - 1997

25

Das alte Schulhaus wird abgerissen.

Blick vom Haus der Englischen Fräulein (oben) Blick vom Neubau Richtung Obermarkt (unten)

Im Hintergrund der neue Nordtrakt (Blick von der Schulstraße aus)

Der Umbau des Schulhauses ging gut voran. In der Weihnachtszeit wurden die Dachdeckerarbeiten durchgeführt. Im darauffolgenden Sommer installierte man die Ölheizung und errichtete einige Lehrerwohnungen im Rohbau. Am l0. Jänner 1966 war es dann soweit. Drei Klassenzimmer im 2. Stock waren fertiggestellt und konnten bezogen werden. Der Wechselunterricht war beendet, und jede Schulklasse beider Volksschulen hatte nun ihren eigenen Unterrichtsraum. Nach einigen Monaten wurden die fertiggestellten Lehrerwohnungen bezogen. In weiterer Folge gab es beim Innenausbau des Erdgeschoßes und des l. Stockes große Fortschritte. Am 12. September 1966 war es dann endlich geschafft. Zu Beginn des Schuljahres 1966/67 zeigte sich die Volksschule Reutte in ihrem neuen Kleid. An der Fassade des Gebäudes wurde ein Fresko des Ehrwalder Künstlers Wolfgang Schennach angebracht, das schaffende Menschen in einem Lebens-baum darstellt.

Mit dem Beginn der Bauarbeiten zum Neubau der Turnhalle am 15. Oktober 1967 wurde die letzte Etappe der Um- und Erweiterungsbauten begonnen. Diese ließ eine Schulanlage entstehen, die den neuesten Anforderungen dieser Zeit entsprach und einen langgehegten Wunsch der Schulgemeinschaft, aber auch vieler Vereine erfüllte. Im Schuljahr 1969/70 wurde die Sonderschule selbständig und VD Erwin Sprenger zum Leiter bestellt. Die Volksschule II erhielt mit Robert Kleiner einen neuen Leiter. Der Polytechnische Lehrgang bezog die Räume im Kellergeschoß. Inzwischen machte der Turnsaalbau große Fortschritte. Nachdem auch während des Winters gearbeitet werden konnte, wurden die Nebenräume fertiggestellt und die verschiedenen Geräte eingebaut. Es gab wieder einen Freudentag für Schüler und Lehrer. Am 3. März 1970 konnten Turnsaal und Gymnastikraum in Betrieb genommen werden.

26

Volksschule Reutte 1897 - 1997

Bilder vom gelungenen Umbau der VS Reutte . . . . . . im Modell

. . . und in Wirklichkeit

Volksschule Reutte 1897 - 1997

27

Bild des neuen Turnsaales (Innenansicht)

In diesem Schuljahr erlitt der Bezirk Reutte durch das plötzliche Ableben des BSI RR Alois Haun einen herben Verlust. Mit ihm verlor die Lehrerschaft einen sehr geschätzten und beliebtenVorgesetzten. Sein Nachfolger wurde Alfons Kleiner. Im Schuljahr 1970/71 besuchten insgesamt 416

Schülerinnen und Schüler die Volksschule I und II. Ein weiterer Abschnitt der Schulhausgestaltung erfolgte in diesem Jahr. Die Schüler des Polytechnischen Lehrganges unter Dir. Thomas Wolf gestalteten die Turnsaalfassade. Es wurde ein gelungenes Werk (siehe unten).

28

Nachdem VSD Karl Müller vorzeitig in den Ruhestand trat, wurde Walter Lagg mit der provisorischen Leitung der VS I betraut.. Mit Beginn des Schuljahres 1973/74 wurde Jakob Bentschitsch zum neuen Schulleiter bestellt. Im Schuljahr 1974/75 betrug die Schülerzahl beider Volksschulen fast 470, und so mußte eine Klasse der Volksschule I im Kellergeschoß untergebracht werden. Dies nahmen die Eltern mit wenig Begeisterung auf. Deshalb wurde eine Elternver-

Volksschule Reutte 1897 - 1997

sammlung mit dem Gemeinderat einberufen. Auch in den folgenden Schuljahren mußten wegen der hohen Schülerzahlen Klassen in die Kellerräume ausweichen. Auf Grund dieser unbefriedigenden Situation entschloß sich die Gemeinde Reutte zum Bau der VS Archbach. Mit der Eröffnung dieser Schule im Herbst 1978 war das Raumproblem der VS Reutte auf lange Sicht gelöst.

Der Lehrkörper der Volksschule 1978/79

In den darauffolgenden Jahren verminderten sich die Schülerzahlen drastisch. Durch eine Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen blieb jedoch kein Klassenzimmer leer. Zu Beginn des Schuljahres 1982/83 verstarb OSR Erwin Sprenger durch einen tragischen Verkehrsunfall. Er war viele Jahre Direktor der VS I und leitete seit 1969 die Sonderschule. Mit ihm verlor die Lehrerschaft einen allseits beliebten und verdienten Kollegen, der durch seinen Humor und sein Verständnis für die Schüler allseits hochgeschätzt war. Bezüglich des Lehrplanes machten sich bereits erste

Ansätze zur Gleichstellung der Geschlechter bemerkbar: Die Buben erlernten gemeinsam mit den Mädchen das Nähen, Häkeln und Weben. Dafür durften die Mädchen mit den Buben sägen, hämmern und basteln. Auch die Fünftage-Woche hielt in manchen Schulen des Bezirkes Einzug. Mit Beginn des Schuljahres 1985/86 stimmte die Landesregierung dem beantragten Schulversuch "Modifizierte Fünftagewoche" an der Volksschule Reutte zu. Probeweise wurde ein Samstag im Monat für schulfrei erklärt, da die Eltern die "Fünf-TageWoche" nicht zu hundert Prozent einführen wollten.

Volksschule Reutte 1897 - 1997

29

Auch andere gesellschaftliche und schulpolitische Strömungen machten sich in der Volksschule Reutte bemerkbar: Der gemeinsame Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder. Im Schuljahr 1988/89 wurde erstmals eine Integrationsklasse als Schulversuch geführt. In den folgenden Jahren erweiterte sich dieser Schulversuch auf mehrere Klassen und wurde später in das Regelschulwesen übernommen. Am 1. Mai 1988 feierte der langjährige und von allen sehr geschätzte Direktor der Volksschule I, Oberschulrat Jakob Bentschitsch, seinen 60. Geburtstag und ging mit Ende des Schuljahres in den Ruhestand. Zu Beginn des Schuljahres 1988/89 wurden die Volksschulen I und II wieder zusammengelegt. Mit der Gesamtleitung der Volksschule wurde der bisherige Leiter der Volksschule II, Robert Kleiner, betraut. Karl Schlux, der fast 25 Jahre als Schulwart an der VS Reutte arbeitete, ging zu Schulbeginn in den wohlverdienten Ruhestand. Ihm folgte im Oktober Herbert Götzhaber als neuer Schulwart. Da im Schulgebäude mehrere Schulen untergebracht waren (Volksschule, Polytechnischer Lehrgang und Allgemeine Sonderschule), kämpfte man schon seit längerem wieder mit Platzproblemen. Steigende Schülerzahlen verschärften die kritische Situation zunehmend. Außerdem benötigte man durch Lehrplan-änderungen und Neuerungen in der Schulorganisation (Gruppenunterricht,

Ausbau des Dachbodens

Arbeiten erhielt die VS dringend benötigte Gruppenräume dazu. Am 1. Dezember 1994 endete mit dem 60. Geburtstag die aktive Schullaufbahn des Schulleiters der Volksschule Reutte, Oberschulrat Robert Kleiner. Er war über 25 Jahre Leiter der Schule und war bei Schülern, Eltern und Lehrern gleichermaßen beliebt. Mit diesem Tag wurde Schulrätin Gertrud Pohler zur provisorischen Leiterin bestellt. Bezirksschulinspektor Regierungsrat Alfons Kleiner feierte am 3. März 1995 seinen 65. Geburtstag und ging mit Ende des Kalenderjahres in den Ruhestand. Die Lehrer des Bezirkes Reutte gratulierten dem Jubilar und wünschten dem Inspektor nach seiner 25jährigen Tätigkeit als Schulaufsichtsorgan alles Gute.

Robert Kleiner in seiner Kanzlei

Zum neuen Schulinspektor des Bezirkes Reutte wurde Mag. Peter Friedle ernannt.

Förderunterricht...) im Schulhaus zusätzliche Räumlichkeiten Daher wurde vom Gemeinderat der Um- und Ausbau des Dachbodens beschlossen, wo sich noch Lehrerwohnungen befanden. Mit dem Abschluß dieser

Manfred Gasser folgte am 19. März 1995 als neuer Schulleiter nach, legte aber zu Ostern aus gesundheitlichen Gründen die Leiterfunktion zurück. Ferdinand Sprenger wurde mit dem Schuljahr

Volksschule Reutte 1897 - 1997

30

Der Lehrkörper der Volksschule Reutte 1996

1. Reihe (v. li.): Maria Wahler, Bernhard Egger, Roland Astl, Astrid Dischl, Edith Wechner, Klaudia Handl, Christine Strolz; 2. Reihe: Ingrid Schennach, Helene Kleiner, Bertheide Leuk, Ferdinand Sprenger, Monika Ihrenberger, Daniela Bentschitsch; 3. Reihe: Barbara Huber, Christine Rödhammer, Manfred Gasser, Anni Rossmann, Brigitte Demeter, Margarethe Pfeifer, Schulwart Herbert Götzhaber

Bei der Gestaltung von kirchlichen Feierlichkeiten, außerschulischen Aktionen und anderen festlichen Anlässen des öffentlichen Lebens waren Schüler und Lehrer der Volksschule Reutte seit jeher in

besonderem Maße engagiert. Die nun folgenden Bilder sollen einige Ausschnitte dieser verschiedenen Aktivitäten der vergangenen Jahre in Erinnerung rufen.