KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 32 (2009)  No. 1 – 2 Gunter Narr Verlag Tübingen

Videoloops – Zeichen ohne Aura? Mathias Spohr

The video loops shown in the dance locations (clubs) of the 1990es are the subject of this essay. I do not ask: “How do these ‘signs’ create anything like identity in the field of youth culture?” but: “Do they convey any identity at all?” My personal answer is ‘no’. I try to relate these signs and furthermore, the culture of these years to Walter Benjamin’s statements about early cinema. He observed a general loss of ‘aura’ caused by the mass media. – For their audience, the video loops are just passing by. They do not mediate any ‘spirit’ (Geist, as called by Hegel). On the contrary they should allow a temporary neglect of identities, such as the corporate identities of everyday life. Die Video-Loops der Techno-Kultur in den 1990er-Jahren werden hier mit dem Kino der 1930er-Jahre verglichen, von dem Walter Benjamin sagte, dass es dem Kunstwerk seine “Aura” raube. Die Reproduktion, die ihre Mechanik offen legt, ‘erwidert nicht den Blick’ ihres Betrachters, wie hier Benjamins Begriff der Aura in Anlehnung an Dieter Mersch verstanden wird, sondern sie bleibt mit Absicht etwas Blindes, Lebloses, aber Beherrschbares. Die Vorstellung, dass menschliche Formen im Gegenteil ein Wesen oder einen Geist haben könnten, wird historisch bis zu Hegel zurückverfolgt. Der Verzicht darauf, so die These dieses Aufsatzes, ist die Gemeinsamkeit zwischen dem Kunstwerk ohne Aura gemäß Benjamin und den Loops der Techno-Kultur. Das Publikum kann sich dadurch der Verpflichtung auf Konzentration, Verständnis, Identität entziehen, wie sie ein ‘Werk’ im Sinne des 19. Jahrhunderts und, noch konkreter, die Pflichten des Alltags verlangen.

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Einleitung

Loops sind kurzzeitige Aufzeichnungen, die beständig wiederholt werden. In der Frühzeit der optischen und elektroakustischen Aufzeichnungstechniken waren sie noch Schlaufen aus Film, Tonband oder Lochstreifen. Heute genügt ein Sprungbefehl in einem Computerprogramm für einen Loop. An den Anfang dieses Aufsatzes möchte ich eine persönliche Beobachtung aus der Techno-Kultur1 Mitte der 90er-Jahre setzen: Seit sich die Herstellung von Videos durch die aufkommende Digitalisierung erheblich vereinfachte, wurden manche DJs auch zu MJs (Media Jockeys) oder VJs (Visual Jockeys) und machten sich Videoloops zu ihrer Musik, die sich von den gewohnten Videoclips unterschieden. Videoloops wurden in den Clubs als Bestandteil des Raum-Designs abgespielt, eingegliedert in ein Konzept, zu dem auch Lichtorgeln oder Lasershows gehören können. Parallelen zur Bildersprache dieser Video-Dekorationen lassen sich etwa zu Kinofilmen im Science-Fiction-Genre feststellen wie dem japanischen Animationsfilm Ghost in the Shell (1995).

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Ohne spezielle Szene-Kenntnisse zu besitzen, sind mir damals Loops mit bewegten Verkehrsschildern, Signalen oder Piktogrammen aufgefallen. Diagramme, technische Pläne, Anzeigegeräte, Oszillogramme, Röntgenbilder, statistische Daten ziehen vorüber. Es geschehen ziellose Fahrten durch ein Kaleidoskop von Informationen. Zahlen, Buchstaben und Hieroglyphen rauschen vorbei. Manchmal erscheinen Schriften, die von der Mehrheit der Betrachter zwar als solche erkannt, aber nicht gelesen werden können, weil sie zu schnell vorüberziehen oder weil sie aus russischen, chinesischen oder arabischen Buchstaben bestehen. Noch heute werden derartige Videos im Party-Design für elektronische Musik verwendet.2 All das sind Bilder oder grafische Elemente mit ‘Bedeutung’, wenn man sie denn verstehen könnte oder wollte. Es handelt sich um ‘Zeichen’ im landläufigen, emphatischen Sinn, deren Entzifferung in diesem unkonzentrierten Zusammenhang nicht oder nur zum geringen Teil möglich ist. Vielmehr wirkt es entspannend oder berauschend, dass sie ohne Deutung vorüberziehen. Ein Zeigen ohne Sagen: Als wesentliche Eigenschaft der Techno-Kultur wurde oft das Wortlose oder Sprachlose ihrer Klangwelten und Bilder hervorgehoben.3

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Zeiger ohne Gezeigtes

Was ist dann die Botschaft dieser Zeichen, wenn man sie nur als Zeichen erkennt, aber nicht liest oder lesen kann? Das Piktogramm soll etwas deutlich machen, auch wenn wir nicht wissen, was. Etwas Ähnliches vermitteln das Messinstrument oder die Sehhilfe. Sie sagen bloß: “Wir helfen dir, zu erkennen”, ohne dies im Moment leisten zu müssen. Die eigene Brille und das Piktogramm haben beide den Ruf, die Deutlichkeit eines Betrachteten oder Bezeichneten zu verbessern. Beide vermitteln zudem nicht willkürlich, sondern nach Regeln. Dies versteht man als Verbesserung der Wahrnehmung; die individuelle Schwierigkeit wird durch ein Überindividuelles bewältigt. Insofern können sich das reflexartig verständliche Piktogramm und der Blick durch Fernrohr oder Mikroskop in ihrer faszinierenden Wirkung entsprechen, auch wenn sie nicht mehr als den Gestus des Zeigens vermitteln. – Dieser Art sind die erwähnten Zeichen: Zeiger ohne Gezeigtes. Sie könnten zeigen, wo es lang geht, tun es aber nicht. Wem vermitteln sie? Die rote Ampel oder das Toilettenmännchen werden selten persönlich genommen, weil man davon ausgeht, dass ihre Botschaften für eine Öffentlichkeit bestimmt sind. Die Ideologie des modernen Piktogramms seit Otto Neuraths ‘Isotype’ ist die der größtmöglichen Öffentlichkeit und Neutralität; es ist ‘informativ’ für alle. Das “Lob der Oberfläche” (Hartmann 2006: 21) in Gestalt des Piktogramms soll niemanden ausschließen. Die Abbildung im Videoloop reißt die Zeichen aus jeder Situation heraus, in der sie ihren Sinn hätten. Piktogramme werden durch die Kamera getreu abgebildet, sind selbst aber keine Naturnachahmungen – oder höchstens stilisierte. Das illusionistische Spiel mit dem Zeichen, das aussieht wie das Ding, ohne es zu sein, findet nur zwischen der Videoprojektion und dem von ihr abgebildeten Zeichen statt. Die Betrachter mögen sich bei reflexartigen Reaktionen ertappen, wenn sie ein Warnschild sehen, wissen aber, dass es in diesem Rahmen nur Spiel ist. Kunst wird stets dafür bewundert, dass sie die Sinne täuscht. Der Reflex ist unnötig als Reaktion, aber zumindest die Erinnerung an ihn kommt zustande. Er ist zwar ein automatisierbares oder formalisierbares Verhalten, so wie die Funktionsweise des Computers, aber er ist Spiel, so wie Musik aus dem Computer.

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Nichts Besonderes wird also niemand Besonderem vermittelt. Warum? Weil Bedeutung und Verpflichtung nah beieinander liegen: Der Wegfall der konkreten Bedeutung macht das Bedeutende vom Bedeuteten unabhängig und damit ‘unverbindlich’. Es ist eine Maske ohne konkretes Gesicht, fernab vom Zwang der Zuordnung. Dass es so etwas geben darf, ist nicht selbstverständlich; es braucht dazu ein legitimes gesellschaftliches Bedürfnis.4 Die virtuellen Signale der Video-Loops werden insoweit ‘ästhetisch’, als sie keine drohenden Vorschriften oder drängenden Entscheidungsgrundlagen mehr sind. Sie sind ihrer Macht beraubt wie die sowjetischen Militärmützen, die man seit dem Fall der Berliner Mauer auf der Straße kaufen kann. Solche Käuflichkeit verstehen die Konsumenten als: “Ich habe das Mächtige in meiner Gewalt.” Durch die Maskerade wird Macht zum Schein von Macht. Die legitime Loslösung vom ursprünglichen Zusammenhang macht das Zeichen der Autorität zum Mode-Accessoire, Gestalt wird zum Design. Signale, auf die man sich im Alltag konzentrieren muss, dienen im Video-Loop der Techno-Kultur zur Entspannung. Diese gewollte Beliebigkeit entspricht der Struktur der Musik. Sie enthält erkennbare Klangfarben und Motive, manchmal Wörter oder Sprachfetzen (oft Befehle oder Aufforderungen), die als Loops wiederholt werden und dadurch eine rhythmische Funktion bekommen, anstatt ‘Bedeutung’ zu haben. Redundanz löst Bedeutung auf, statt sie zu schaffen. Sie fordert kein Verstehen, sondern erlöst vom Verstehen-Müssen.5 Die Wiederholungen der TechnoMusik erzeugen einen Rhythmus, der keine festgelegten Tanzschritte erzwingt, sondern auf den man freiwillig und individuell mit Bewegung antwortet. Ähnlich wie der Tanz, den sie optisch begleiten, dienen die Video-Loops zur Entspannung oder sollen in Trance versetzen.

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Verlust der Aura

Welche Parallelen gibt es zwischen der aufgelösten Bedeutung des Zeichens durch seine Wiederholung im Loop und dem ‘Verkümmern’ der ‘Aura’ eines Kunstwerks, das Walter Benjamin für eine Folge der technischen Reproduzierbarkeit hielt? Benjamins Feststellungen beziehen sich auf das Kino nach 1930, also den frühen Tonfilm. Unter ‘Aura’ verstand er eine rituelle Eigenschaft, die nur das Einmalige haben könne, also etwa noch die traditionelle Theateraufführung gegenüber der Kinovorstellung. Benjamin stellte der ‘Aura’ zudem seinen Begriff der ‘Spur’ gegenüber: “In der Spur werden wir der Sache habhaft; in der Aura bemächtigt sie sich unser” (Benjamin 1982: 560). Die Aura signalisiert seiner Auffassung nach Ferne, die Spur hingegen Nähe. Wenn wir Ferne im Sinn von Respekt und Nähe im Sinn von Respektlosigkeit deuten, macht die Aura ein Bedeutetes unnahbar, die Spur hingegen macht es zugänglich. Der Begriff der Aura umschreibt nach meinem Verständnis keinen Naturzustand von Objekten, wie es bei der Lektüre von Benjamins Text scheinen mag, sondern viel eher eine Eigenschaft des bürgerlichen Kunstwerks seit dem 18. Jahrhundert. Benjamin wollte diese Kunst auf ähnliche Art entmachten wie die Schönen Künste etwa zweihundert Jahre zuvor die Religion entmachtet hatten. Die technologische Verfügbarkeit des Kunstobjekts ersetzt bei ihm die Autorität des Leben schaffenden und in dieser Hinsicht gottgleichen Autors. Dass ‘Aura’ nicht nur mit der Einmaligkeit des Objekts zusammenhängt, sondern auch mit seiner Unverfügbarkeit, wird aus folgendem Vergleich ersichtlich, der mit Absicht nicht aus der Sphäre der ‘Kunst’ stammt, sondern vielmehr aus jener des ‘Körpersinns’: Während die Leiche des unlängst gestorbenen Verwandten für uns eine Aura hat, uns also auf respektvoller Distanz hält, bedeutet die 5300 Jahre alte Mumie des Urmenschen Ötzi, die

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1991 gefunden wurde,6 kaum mehr als eine Spur, und seine Auswertung und Ausstellung zum Nutzen der Wissenschaft wurde nicht als Störung der Totenruhe betrachtet. Beide Körper sind einmalig, aber sie werden unterschiedlich behandelt. Die Mumie wird als anonymer Stellvertreter betrachtet, als ein erhaltenes Besonderes, das für ein verlorenes Allgemeines steht. Die Leiche des Verwandten, die weniger Seltenheitswert hat als Ötzi, steht dagegen als erhaltenes Allgemeines, als übrig gebliebenes ‘Material’ (und damit als unbequemes Skandalon) für ein verlorenes Besonderes, das nur noch in der Erinnerung existiert. Die erste Zuordnung ist eine wissenschaftliche Analyse und Synthese (oder eine imaginäre Belebung7), also etwas Offensives, die zweite besteht im Ritual des Erinnerns und der Einsicht in die Vergänglichkeit, ist also etwas Defensives. Die neuerliche Mumifizierung der Mumie und ihre aufwändige Zurschaustellung machen allerdings gerade sie zu einem modernen Kunstobjekt, als konkrete Spur zu einer Welt, die unendlich fern von jeder konkret erlebten sozialen Umgebung ist, was mit der Leiche des vertrauten Menschen nicht möglich wäre. Das getestete Original bekommt den Stellenwert von Walter Benjamins technischer Kopie. Es wird zum Medienereignis. Oder, um in diesem Sinne einen noch deutlicheren Gegensatz zu schaffen: Ein Dinosaurier-Knochen steht im Unterschied zur Reliquie eines Heiligen als Spur ohne Aura da und ist der Imagination seiner Betrachter ausgeliefert, die sich die einstige Größe und Gefährlichkeit des Tieres vorstellen, ohne von ihm gefährdet zu werden. Dieses ‘Erhabene’8 einer vergangenen Natur kann wohl noch als Aura zelebriert werden, allerdings mit der Gewissheit, dass seine Macht endgültig vorbei ist. Archäologische Spurensuche dient der Imagination als Nahrung und tritt an die Stelle der fehlenden Erinnerung, die das leblose Objekt entwerten würde. Die Rekonstruktion jener Welt besitzt die Harmlosigkeit der Maskerade; das Übermächtige wird im Weg über das Erhabene zum angenehm Schauerlichen. Der Heilige hingegen kann in einer Umgebung, die an ihn glaubt, durchaus noch Macht entfalten. Das Fehlen einer Aura, wenn wir es wie Benjamin mit der Kinovorstellung verbinden, hängt mit der Machbarkeit des Produkts, mit den aufs Technische konzentrierten Problemlösungen zusammen. Dies lässt sich im Grunde auf alles verallgemeinern, was wir als Aufzeichnung verstehen: Einem Trägermaterial wird seine Eigendynamik geraubt und eine beliebige Form aufgedrängt. In der populären Dramatik ist die Leiche oft eine Metapher für das vergewaltigte Medium, dem das Bild oder die Schrift eingeprägt wurde, und der Mörder, der sie hergestellt hat, ist der Künstler. Die menschliche Formgebung hat der Gottesgabe ihres Materials etwas aufgezwungen, also nichts Lebendiges geschaffen, sondern das vorgefundene Lebendige eingeschränkt. Die “konkrete” Einwirkung eines Schreibens oder Gestaltens wird in der Vanitas-Tradition9, die etwa in den vielen Gestaltungen des Faust-Stoffs präsent ist, als eitler Gewaltakt gegen die göttliche Schöpfung dargestellt. So bleibt der Vorwurf der geraubten Aura präsent. Eine Gegenposition, die im 18. Jahrhundert an Einfluss gewinnt, versteht das Schreiben hingegen als Befreiung, die einen Gemeinnutzen bringt, statt die individuelle Machtgier zu entfesseln. Die heutige audiovisuelle und digitale Befreiung der Schrift vom Material, in das sie als Spur eingeprägt wird, hat Vilém Flusser optimistisch verstanden, der sich gegen Benjamins These vom Aura-Verlust wandte (Flusser 2002).

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Loop und Typisierung

Die Techno-Kultur stützt genau das, was Flusser als Konsequenz der neueren Entwicklungen des Schreibens betrachtet hat: “Wir sind eben daran, ins ‘Universum der technischen Bilder’

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zu übersiedeln […]” (Flusser 2002: 24). Das Sagen wird durch technikgestütztes Zeigen ersetzt. Techno hat viel unverblümt Mechanisches oder Maskenhaftes an sich, aber es treten keine Leichen oder vergewaltigte Materialien in Erscheinung, sondern viel eher die vom Körperlichen gelösten Zeichen. Weder fordern sie einen Totenkult, noch die Anstrengung einer Deutung. Das Virtuelle signalisiert einen Abstand vom Gewaltsamen und Körperlichen. Zentrales Merkmal ist der Loop. Er bedeutet einerseits die Verfügbarkeit des Moments: “Verweile doch, du bist so schön”. Der Moment kehrt von selbst zurück und verlangt keine festhaltende Erinnerung; die Mühe ritueller Wiederholungen erübrigt sich. Auf der andern Seite ist das Fixierte merklich eingefroren. Die Wiederholung macht es nicht lebendig oder ‘sinnerfüllt’, sondern lässt ihre Funktionsweise, ihre Mechanik hervortreten. Die Klangfolge könnte mit dieser Exaktheit niemals live gespielt werden. Die Kapitulation des Betrachters vor der Maschine führt zu einem ‘unkonzentrierten’ Verfolgen ihrer Tätigkeit. Auch dies hat Walter Benjamin bereits im Zusammenhang mit dem Kino festgehalten: Es ermögliche den Zuschauern eine Haltung, die “Aufmerksamkeit nicht einschließt” (Benjamin 1980:41). Wiederholungen in der ‘klassischen’ Musik versuchen dagegen, ihr Wiederholtsein durch minime Veränderungen zu verbergen und zu individualisieren. Gegenüber dem Spiel lebendiger Musiker, die selbst dem strengsten Ostinato noch etwas ‘Organisches’ abgewinnen,10 ist die Mechanik des Loops kein Handeln, sondern ein Funktionieren. Die Zusammensetzung der Aktionen aus fixierten Einzelteilen wird nicht durch gewandtes Lesen verborgen. Kein Interpret spiegelt sich in den Wiederholungen des Loops, um ihnen den Schein des Einzigartigen zu geben. Techno stellt die Mechanik der technischen Reproduktion offen aus. Auch die Filmprojektoren zu Walter Benjamins Zeiten flimmerten noch, womit sie unablässig auf die Stückelung der Bewegung in einzelne Bilder hinwiesen. Der im Video-Loop abgebildete Buchstabe ist genau genommen ein Buchstabe im Buchstabe, weil der Loop, als Fixiertes und Reproduzierbares, selbst so etwas wie ein Buchstabe ist: Ein Computer-Loop unterscheidet sich von der live gespielten Wiederholung ungefähr so wie Druckschrift von der Schreibschrift. Auch ‘gesampelte’ Klänge sind kurze Loops, sie entsprechen den Buchstaben einer Schrift und werden im Computer als ‘Sound fonts’ verwaltet. Ihre Elemente sind zu Mustern gemachte Beispiele (samples). Insofern sind die Loops und Samples etwas Ähnliches wie die Typen des Buchdrucks, deren Einführung Vilém Flusser für den Ursprung des “typisierenden Denkens” (Flusser 2002: 51) hielt. Schon darin äußert sich ‘technische Reproduzierbarkeit’.

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Vanitas-Überwindungen

So weit zur schockierenden oder befreienden Mechanisierung eines Rituellen durch technische Reproduzierbarkeit. Wovon befreit aber die Mechanisierung? Rituale bestätigen soziale Beziehungen über einschneidende Veränderungen hinweg und haben daher naturgemäß etwas Konservatives. Walter Benjamin richtete sich mit dem Begriff der Aura als exklusivem sozialem Rahmen allerdings nicht gegen religiöse Vorstellungen, sondern gegen eine zur Hauptsache im 19. Jahrhundert entstandene ‘bürgerliche’ Favorisierung originaler Werke, die antiaristokratische und antiklerikale Züge trägt. Dies soll hier kurz ausgeführt werden: Der Tendenz nach waren bürgerliche Institutionen seit der Neuzeit dem Vorwurf ausgesetzt, bloß eine Manifestation egoistischen Willens zu sein. Auf ihnen lastete der Verdacht der Nichtigkeit oder Vergänglichkeit. Dieser Auffassung wurden etwa die Satzung des bürgerli-

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chen Vereins oder die Verfassung des bürgerlichen Staats als einigendes Band zwischen den Beteiligten entgegen gehalten. Es gab ein Bedürfnis, das Verachtete zum Verehrten werden zu lassen. Dieter Mersch hat eindringlich aufgezeigt, wie Georg Friedrich Hegel versuchte, diesen Vanitas-Vorwurf durch eine “Erlösung des Wesens vom Schein” (Mersch 2002: 140) abzuschütteln. Was heute als Ereignis und performativer Akt einer Aufwertung unterzogen wird, unterlag damals dem Verdikt der Sittenlosigkeit – wie es sich deutlich in Hegels Wortwahl zeigt, der von “Schall und Rauch”, von der “Beflekkung” des Wesens durch die “Sinnlichkeit” der Verkörperung spricht (Hegel 1970: 23). Der Schein sei kein Scheinen, so bemühte er sich zu beweisen. Das Wesentliche sollte nicht in der (sich im Moment erschöpfenden, aber gleichwohl mächtigen) Geste liegen, wie es der Brauch in den Hofgesellschaften war. Der bürgerliche Staat sollte nach Feierabend der Beamten nicht bloß noch ein Haufen Papier sein, sondern etwas Verbindendes und Verbindliches beibehalten. Es sollte dem Menschen seit dem 18. Jahrhundert gelingen dürfen, eine Struktur lebendig zu machen – und das gelungene Kunstwerk diente diesem Begehren als Symbol, so wie die belebte Statue Pygmalions. Die menschliche Formgebung war nichts Totes mehr, sondern “erwidert den Blick”, wie Dieter Mersch auf die Frage antwortet, was denn eine “Aura” ausmache (Mersch 2002: 93f.). Über Heideggers “Die Sprache spricht” (Heidegger 1975: 13) bis hin zu Luhmanns “Es gibt Systeme!” (Luhmann 1978: 30f.) lässt sich die deutsch-idealistische Bemühung weiterverfolgen, den reinen Strukturen unabhängig von flüchtigen sinnlichen Ereignissen Leben zuzusprechen. Sie sind kollektive Identitäten, die ihren Lesern, Betrachtern oder Zuschauern entgegenblicken. Das Spiegelbild des Menschenwerks zeigt offenbar nicht Sinnestäuschung, sondern eine Objektivierung des individuellen Blicks. Die gegenteilige Meinung gibt es nach wie vor: Noch im Herbst 2008 sagte der Papst zur Finanzkrise, dass Geld keinen Wert darstelle, so wie alles sichtbar Gemachte,11 und konnte damit alle Verflechtungen und Verträge wegwischen, die Geld zum Gegenstand haben. Zu solchen Argumenten, die damals erheblich einflussreicher waren als heute, musste einst eine Gegenposition aufgebaut werden. Dazu brauchte es etwa die Vorstellung eines ‘Souveräns’ oder ‘Volks’ als kollektiver Identität, die als lebendiger Geist über diesen Papieren thront oder als lebendiges Wesen in ihnen enthalten ist wie einst Gott oder der gnädige Herr. Kollektive Identitäten bleiben allerdings vage. Im 19. Jahrhundert siegte die Vorstellung der Sprache als einigendes Band einer Nation. Die Struktur, auf die man sich geeinigt hat, wie die Gewohnheit zeigt, führt scheinbar ein Eigenleben als ‘die Sprache’. Hegels “objektiver Geist”, ausdrücklich verbunden mit dem Begriff der Freiheit (Hegel 1986), wurde zu einer erfolgreichen Formulierung für kollektive Identitäten. Es gab einen Zeitgeist, einen Volksgeist oder einen Weltgeist. Man sprach vom Geist einer Epoche und stellte die Frage, was ihn denn ausmache, wodurch er als evident vorausgesetzt wurde. Sprache schien ebenso wie der Staat schon von sich aus lebendig und inspirierte oder verpflichtete Sprecher und Bürger, statt umgekehrt durch sie erst ausgemacht und geformt zu werden. Texte schienen von selbst zu sprechen, unabhängig vom Flüchtigen und Sinnlichen eines konkreten Lesens. ‘Geist’ ist die Vorstellung eines konkreten sozialen Rahmens, der im Abstraktum schon enthalten ist. Im Geist ist der Glaube enthalten, dass Vorschriften oder Vorbilder den getreuen Handlungen vorausgehen und nicht umgekehrt. In jeder Handlung wäre dann ihre Vorschrift zu finden wie eine physikalische Formel in jeder Bewegung oder ein impliziter Theatertext in jeder Äußerung. Wer dem Geist nicht entspricht, den gibt es vielleicht nicht, wie Geborene ohne Geburtsschein. Das war eine Strategie, um den Schein zu Wirklichkeit zu machen, um das Dokument zu realisieren. Verbunden wird sie oft mit der Vorstellung, dass es eine

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Urschrift gebe, die allen Handlungen zugrunde liege. Alle denkbaren Handlungen würden sich dann als ein Lesen dieser Urschrift begreifen lassen. So wie es scheinbar einen in die Sprache bereits eingeschlossenen Sprecher und einen in die Nation bereits eingeschlossenen Staatsbürger gibt, als wären diese Institutionen auf konkrete Menschen nicht angewiesen, so gibt es den in Literatur und Kunst bereits eingeschlossenen Leser und Betrachter, denen sie ein verpflichtendes Vorbild sind, weil sein Konsens vorausgesetzt wird. Roland Barthes hat diese Strategie unter anderem als “Mythos” beschrieben (Barthes 1957). Sigmund Freud sammelte eine Unzahl kleiner Tonfiguren, die er als Urbilder zu verstehen versuchte, alles im Bestreben, ein Fixiertes an den Anfang aller menschlichen Handlungen zu setzen (vgl. Bernadac 2001). Noch Jacques Derrida glaubte an eine Urschrift. Schrift verhieß Emanzipation, besonders für Minderheiten, die sich ihre Bildung erkämpft hatten. Auch Umberto Eco definierte den ‘Geist’ als “System der sprachlichen Determiniertheiten” (Eco 1977: 165), nicht als Performanz also, sondern als Kompetenz. Die Formalisierbarkeit von Sprache war ein ausdrückliches Ziel seiner frühen Systematik, so wie für viele seiner Zeitgenossen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als sich die Digitalisierung und Automatisierung der Welt ankündigten. Als die Formalisierungen gelungen waren, wie es in der Techno-Kultur seinen Ausdruck fand, trat jedoch auch ihre Mechanik hervor. Der Papst vertritt die konservative Gegenpartei zu den enthusiastischen Anhängern der Schrift. Er sprach in der erwähnten Meditation nicht von Gottes Vorschrift als Alternative zum alles vernetzenden Geld, sondern von Gottes Wort, von einer kontingenten autoritären Handlung also, die sich an keine rechtsstaatliche Vorschrift halten muss. Eine von den Gläubigen verabschiedete Verfassung könnte ihn vor willkürlichen Handlungen bewahren. Gottes Wunder, die Ereignisse par excellence, würden dann durch Naturgesetze verhindert. – Damit will ich religiöse Vorstellungen keineswegs lächerlich machen, sondern nur illustrieren, wie man in der frühen Neuzeit über diese Angelegenheit gedacht hat. Der Ersatz der persönlichen Autorität durch einen auratischen ‘Geist’ oder ein ‘Wesen’ (als fixierte Gesetzes- oder Kunstwerke, die man lesen und auf denen man bestehen kann) hat eine politische Dimension. Insofern ist die Entwicklung, die Walter Benjamin mit dem Verlust der Aura in Verbindung brachte, schon im Erhabenen der Aura, in ihrem “delightful horror” (Burke 1958:73) angelegt. Wer heute wieder das Ereignishafte ohne ‘Werkgrundlage’ fordert, schließt sich möglicherweise der historisch älteren Position an. Die Theaterwissenschaft der letzten Jahre hebt das Performative der Aufführungen gegenüber den Theatertexten hervor, um sich damit von deren Autorität (und der Autorität der Literaturwissenschaft) zu befreien.12 Sprechen braucht keinen Text, Bewegen kein Bild. Auch in anderen Disziplinen wird vermehrt vom Ereignis oder von der Präsenz gesprochen, also von konkreten Erscheinungsformen des zeit- und raumlos gemachten Bildes, der Schrift oder des Loops – sofern den Ereignissen überhaupt ein solches Modell zugrunde liegt. Die Vorschrift und das Vorbild, die im 19. Jahrhundert triumphierten, haben offenbar ihr emanzipatorisches Potenzial verloren. Dies hat damit zu tun, dass die Formalisierung alltäglicher Handlungen im Zuge der Computerisierung seit Ende des 20. Jahrhunderts zu Wirklichkeit geworden ist, uns in allen Lebensbereichen umgibt, und wir daher ein Bedürfnis haben, uns mit unseren lebendigen Handlungen von einem Festgelegten und Automatisierten abzuheben.

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Benjamins Kino und die Techno-Kultur

Diese Ausführungen mögen ausschweifend erscheinen, sie bleiben jedoch streng beim Thema: Wenn dem Kunstwerk seit Hegel die Aufgabe zukam, eine Wirklichkeit von Strukturen unabhängig von konkreten Ereignissen zu behaupten, dann lastete auf ihm, in Gestalt seiner ‘Aura’, ein ungeheurer Bedeutungs- und Identitätsdruck. Daraus entstanden Bemühungen, sich diesem Druck zu entziehen. Walter Benjamins Kino-Erfahrungen der 1920er- und 30er-Jahre weisen Parallelen zu den Techno-Events der 1990er-Jahre auf. Sie spiegeln ein ähnliches Gemeinschaftsverständnis. Der gesellschaftliche Rahmen ist nicht als Vorschrift in ihnen eingeschlossen, sondern bleibt unverbindlich, beliebig, verfügbar, wobei die Schrift und die technische Reproduktion als etwas Entlastendes begrüßt werden. Das ‘Werk’ verleitet nicht zum Bündnis, verlangt kein nationalistisches Wir-Gefühl, verführt nicht zu Kadavergehorsam. Als Benjamin sie beobachtete, waren die Kinovorführungen zwanglose Massenveranstaltungen jenseits gesellschaftlicher Schranken. Sie waren Ausdruck neuer Technologien, in der Frühzeit der Massenmedien nach dem Ersten Weltkrieg ebenso wie in der Zeit der Digitalisierung und Virtualisierung aller Information am Ende des Jahrhunderts. Die soziale und emotionale Bewältigung der Mechanisierung und Anonymisierung durch den technischen Fortschritt, ohne sich gegen ihn zu stellen, steht hier wie dort im Vordergrund. In der Konfrontation mit Technik bildet sich ein Abstand zur Technik heraus, der das Gewaltsame einer Technisierung zum lockeren Gesellschaftsspiel macht. In den großen Techno-Events der 90erJahre wie der Zürcher Street Parade und der Berliner Love Parade wurde die unverbindliche Verbindung vieler Menschen gefeiert. “Gesellschaftliches Verhalten” wurde dort, wie Andreas Schmidt in einem weiteren jugendkulturellen Zusammenhang feststellt, “zum Design” (Schmidt 1996: 35): Durch Ästhetisierung verlieren die Zeichen ihre Bedeutung oder: Das Performative darf sich von einer vermittelten Botschaft lösen. Kultur besitzt hier kein Identitäts-Potenzial, sondern im Gegenteil ein Potenzial zum vorübergehenden, kontrollierten Identitätsverlust. Die karnevalesken Maskeraden von Street-Parade und LoveParade befreiten ähnlich von einem ‘Sein-Müssen’, das den sozialen Alltag prägt, wie die Video-Loops in den Clubs mit ihrer Zeichenflut von einem ‘Verstehen-Müssen’ befreien. Erkennen und Verstehen sind dagegen Forderungen einer bildungsbürgerlichen Kultur, die eher eine Aufladung der Dinge mit Bedeutung fördern. Eine ähnliche (nicht bildungsbürgerliche und keine Identität fordernde) Kultur konnte Walter Benjamin seinerzeit beobachten. Die Ausrichtung des Kunstwerks auf “Politik” (Benjamin 1980: 18), die nach Benjamin mit dem Aura-Verlust einhergeht, ist auch eine Gefahr. Das Kino war noch vor seiner propagandistischen Inanspruchnahme durch die totalitären Staaten des 20. Jahrhunderts eine Gegenwelt zu den Anpassungszwängen, die den Alltag bestimmten. Die Menschen hier hatten zwar gemeinsame Vorlieben und ein Bedürfnis nach friedlichem Zusammensein, aber nicht unbedingt nach Manifestation von Gemeinsamkeit. Diese Gegenwelt zum Alltag ist hoch technisiert, aber befreit zugleich von Zwängen. Die Beteiligten sind nicht Verschworene wie die kulturellen Strömungen, die aus den Avantgarden nach 1900 oder aus der 1968er-Bewegung hervorgingen, sondern sie sind nur gemeinsame Nutzer neuer Technologien. Erwartungen an eine Jugendkultur, in der sich Identitäten formieren, werden von der Technokultur enttäuscht (vgl. Muri 1996: 165). Vor allem der Vorstellung einer JugendSubkultur entspricht der zwanglos kommerzialisierte Techno-Stil nicht (Meyer 2000: 30). Identitäts-Konzepte wie Raving Society oder Rave Nation wurden von der Techno-Szene als

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eher äußerliche Werbebegriffe kritisiert und nicht ernst genommen.13 Insofern entspricht Techno einem exklusiven oder gar totalitären Gemeinschaftsideal ebenso wenig wie das frühe Kino. Das Sein-Müssen und Verstehen-Müssen als fordernder Anspruch in einer Art Kultur, die sich gegenüber dem Vorwurf des Unsteten und allzu Sinnlichen verwahren musste und ihm das ‘Wesen’ menschlicher Werke entgegenhielt, das wollte Walter Benjamin mit seinem Begriff der Aura umschreiben. Literatur Anz, Philipp & Patrick Walder (eds.) 1995: techno, Zürich: Bilger Ballinger, Erich 1997: Der Gletschermann. Ein Krimi aus der Steinzeit, Ravensburg: Ravensburger Barthes, Roland 1957: Mythologies, Paris: Seuil Benjamin, Walter 1980: “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit”, in: Ders.: Gesammelte Schriften I/2, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Benjamin, Walter 1982: “Das Passagenwerk: Der Flaneur”, in: Ders.: Gesammelte Schriften V/1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Bernadac, M. v. & H.U. Obrist (eds.) 2001: Louise Bourgeois: Destruction of the Father-Reconstruction of the Father, Schriften und Interviews 1923–2000, Zürich: Ammann Edmund Burke 1958: A Philosophical Enquiry Into the Origin of our Ideas of the Sublime and the Beautiful, London: Routledge Eco, Umberto 1977: Zeichen. Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Eggebrecht, Hans Heinrich (ed.) 1967: Riemann Musik Lexikon, Sachteil, Mainz: Schott Fischer-Lichte, Erika 2004: Ästhetik des Performativen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Flusser, Vilém 2002: Die Schrift. Hat Schreiben Zukunft?, Göttingen: European Photogaphy Hartmann, Frank & Erwin K. Bauer 2006: Bildersprache. Otto Neurath – Visualisierungen, Wien: WUV Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 1970: “Vorlesungen über die Ästhetik”, Teil I, in: Ders.: Werke, Bd. 13, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 1986: “Phänomenologie des Geistes”, in: Ders.: Werke, Bd. 3, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Heidegger, Martin 1975: Unterwegs zur Sprache, Pfullingen: Neske Klein, Gabriele 1999: electronic vibration. Pop Kultur Theorie, Hamburg: Rogner & Bernhard Luhmann, Niklas 1978: Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Mersch, Dieter 2002: Was sich zeigt. Materialität, Präsenz, Ereignis, München: Fink Meyer, Erik 2000: Die Techno-Szene. Ein jugendkulturelles Phänomen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive, Opladen: Leske + Budrich Muri, Gabriela 1996: Aufbruch ins Wunderland? Ethnographische Recherchen in Zürcher Technoszenen 1988–1998, Zürich: Volkskundliches Seminar der Univ. Zürich Schäfer, Sven et al. 1998: Techno-Lexikon, Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf Schiller, Friedrich 1984: Über das Schöne und die Kunst, München: dtv Schmidt, Andreas 1996: “Das Verschwinden des Menschen im Spiel – Volkskunde in der Postmoderne”, in: Simon, M. & H. Frieß-Reimann (eds.) 1996: Volkskunde als Programm. Updates zur Jahrtausendwende, Münster: Waxmann, 27–38 Weihe, Richard 2004: Die Paradoxie der Maske. Geschichte einer Form, München: Fink

Anmerkungen 1 2 3

Als mittlerweile historische Einführung zur Techno-Kultur siehe Anz (1995). Begriffserklärungen sind zu finden bei Schäfer (1998). Z.B. e-gruppe Berlin, im Internet unter: http://www.raum-e.com/ [09. 12. 08]. So etwa von Gabriele Klein, die behauptet: “Die Club- und Rave-Kultur lässt sich deshalb als eine […] sprachlose Antwort auf die diskursgeschulte und textgewandte studentenbewegte Elterngeneration interpretieren” (Klein 1999: 183).

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4 Richard Weihe hat die Maske als kulturelles Konzept eines vom Bedeuteten trennbar gemachten Bedeutenden beschrieben, etwa mit der Feststellung, dass die Wörter für Masken in den afrikanischen Sprachen kein “Äußerliches und Oberflächliches” wie in den europäischen Sprachen bedeuten (Weihe 2004: 277). 5 “Am Rave ist man eine unbeschwerte und oberflächliche Klischeefigur”, Haemmerli, Thomas: Das Lebensgefühl. Nachrichten vom Rave, in: Anz/Walder 1995: 185. 6 Mit Absicht erwähne ich hier Tagesereignisse der 1990er-Jahre. 7 Etwa mit Jugendbüchern wie Ballinger 1997. 8 Als Mischung von hergebrachter Ohnmacht und neu errungener Übermacht gegenüber der ‘Natur’ definierte bereits Friedrich Schiller im Anschluss an Kant das Erhabene. Insofern ist die ‘Aura’ dieses Erhabenen selbst schon ein Ersatz für seine de facto verlorene Autorität (vergleichbar mit dem wohligen Gruseln vor dem harmlos gewordenen Gespenst) – der von Benjamins diagnostiziertem “Verlust der Aura” lediglich fortgeführt wird (vgl. Schiller 1984: 93–115). 9 “Vanitas”, in: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie, im Internet unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Vanitas, [09.12.08]. 10 Das Riemann-Musik-Lexikon schreibt unter dem Stichwort Ostinato: “mit dem Wiederholen verbindet sich das Verändern der Zusätze, auch des zu Wiederholenden selbst […]” (Eggebrecht 1967: 693). 11 “Wir sehen das jetzt beim Zusammenbruch der großen Banken: diese Gelder verschwinden, sie sind nichts.” Benedikt XVI: Meditation zur Eröffnung der Bischofssynode in Rom, 6. Oktober 2008, im Internet unter: http://www.vatican.va/holy_father/ [09. 12. 08]. 12 Theaterwissenschaft als eine Wissenschaft der Aufführungen statt der Dramen entstand nach dem Ersten Weltkrieg, als die flüchtige, aber mächtige höfische Geste keine Konkurrenz mehr für das dauerhafte bürgerliche Werk war (vgl. Fischer-Lichte 2004: 42ff.). 13 Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Raving_Society [08.10.08].