Verwaltungsschule des Kantons Schwyz

Verwaltungsschule des Kantons Schwyz Vorlesung im Sachenrecht §3 Gemeinschaftliches Eigentum lic.iur. Samuel Droxler, Rechtsanwalt Gemeinschaftliche...
Author: Sofie Kramer
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Verwaltungsschule des Kantons Schwyz Vorlesung im Sachenrecht §3 Gemeinschaftliches Eigentum lic.iur. Samuel Droxler, Rechtsanwalt

Gemeinschaftliches Eigentum Vorbemerkungen I

• mehrere Personen sind zusammen Eigentümer der gleichen Sache (Gegenteil Alleineigentum) • Das Eigentumsrecht jedes Eigentümers bezieht sich auf die ganze Sache, nicht nur auf einzelne Teile • Es gibt zwei Arten gemeinschaftlichen Eigentums: – Miteigentum (inkl. Stockwerkeigentum als Spezialfall bei Grundstücke) – Gesamteigentum

Gemeinschaftliches Eigentum Vorbemerkungen II

• Unterscheidungsmerkmale: • der Ursprung des Verhältnisses – beim Miteigentum ist das Gemeinsame die Sache – beim Gesamteigentum ist das Gemeinsame ein Grundverhältnis zwischen den Beteiligten

• und die Art der Berechtigung des einzelnen Eigentümers • im Zweifel Miteigentum vermutet (Art. 646 Abs. 1 ZGB), wobei • wird das Vorliegen eines auf gesetzlicher (z.B. eheliche Gütergemeinschaft vgl. ZGB 222 III, Erbengemeinschaft ZGB 602) bzw. rechtsgeschäftlicher Grundlage (z.B. Kollektiv-, Kommandit- und einfache Gesellschaft OR 544 I) beuhendes Gemeinschaftsverhältnis bewiesen, wird Gesamteigentum vermutet (Art. 652 ZGB).

Miteigentum Art. 646 ff. ZGB • Nicht die Sache selbst, sondern die Ausübung des Eigentums daran ist geteilt! • Jeder Mieteigentümer hat einen Bruchteil an der Sache, die selbst äusserlich nicht geteilt ist (Miteigentumsanteil lässt sich nicht in natura aufzeigen) • Jeder Berechtigte hat die Verfügungsmacht über einen Anteil, nämlich Wertquoten der Miteigentümer an der Sache, die rein rechnerisch sind (von Gesetzes wegen besteht die Vermutung gleich grosser Bruchteile) • entsteht durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder Urteil

Miteigentum • Betreffend seinen Anteil hat jeder Miteigentümer die Stellung eines Eigentümers, d.h. er kann über seinen Anteil verfügen und er besitzt Klagerechte. • zwei Erscheinungsformen – gewöhnliches Miteigentum (Art. 646 – 651a ZGB) – Stockwerkeigentum (Art. 712a – 712t ZGB)

• Der Miteigentumsanteil an einem Grundstück stellt seinerseits ein (eigenes) Grundstück dar (Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4; Art. 943 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB)

1. Vertretung der gemeinsamen Sache (ZGB 648) Verfügung über die gemeinsame Sache (vgl. Art. 648

Abs. 1 ZGB: «Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern verträglich ist.» z.B. Klage gegen Dritte auf Herausgabe)

• Zu unterscheiden von: – Verfügung über den einzelnen Miteigentumsanteil

(mit seiner Quote rechtsgeschäftlich handeln, vgl. Art. 646 Abs. 3 ZGB, z.B. seinen Anteil veräussern/verpfänden, d.h. der Miteigentümer wird – für seinen Anteil – so behandelt, wie wenn er Alleineigentümer wäre)

2. Nutzung und Verwaltung der gemeinsamen Sache (ZGB 647 ff.) • Zwingende Bestimmungen für Existenzsicherung der Sache (ZGB 647 II): – 1. Anspruch des Einzelnen auf notwendigen Massnahmen für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache (gerichtlich auch gegen den Willen der anderen) Z.B. Unterhalts-, Wiederherstellungs- & Erneuerungsarbeiten. – 2. wenn der Sache Schaden droht: Recht eigenmächtig dringliche Sofortmassnahmen auf Kosten aller Miteigentümer zu ergreifen.

• Abgemachte Ordnung, Nutzungs- und Verwaltungsordnung (ZGB 647 I): – setzt Einstimmigkeit voraus (nach dispositivem Recht auch nachträgliche Änderung) – gilt grundsätzlich auch für jeden Rechtsnachfolger, bei Grundstücken kann sie im Grundbuch angemerkt werden (Art. 649a Abs. 1 und 2 ZGB).

• Dispositives Gesetzesrecht (Art. 647a – 647e ZGB) – wenn keine zwingende Vorschrift und die Parteien nichts Abweichendes abgemacht haben (bzw. unvollständige Verwaltung- und Nutzungsordnung)

Bauliche Massnahmen (Art. 647c ff. ZGB) – notwendige

Art. 647c: Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer

Bsp. Reparatur einer zerschlagenen Fensterscheibe; Sanierung einer Dachterrasse

– nützliche

Art. 647d: Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, mit Ausnahmen in Abs. 2 und 3 Bsp. Einbau eines Aufzugs, einer Zentralheizung, Erstellen von Garagen etc.

– luxuriöse

„der Verschönerung und Bequemlichkeit dienende“ Art. 647e: Zustimmung aller Miteigentümer oder Übernahme der Kosten des Nichtzustimmenden

Bsp. Einbau eines Luxusbades, eines Springbrunnen im Hausflur, Auskleidung des Hauseingangs mit Marmor oder eine Künstlerin bemalt diesen usw.

nicht-bauliche Massnahmen Dispositive gesetzliche Regelung über Verwaltungshandlungen bei fehlender Parteivereinbarung!

• gewöhnliche (ZGB 647a) : Jeder Miteigentümer ist dazu befugt, unter Vorbehalt abweichender Regelung durch die Mehrheit aller Miteigentümer. Bsp. Ersetzen einer defekten Glühbirne

• wichtigere Verwaltungshandlungen (ZGB 647b) Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer erforderlich, die zugleich mehr als 50% der Anteile auf sich vereinigt. Bsp. Abschluss & Auflösung von Mietverträgen, die Anschaffung von teuren Maschinen für den Unterhalt, die Anstellung eines Hauswarts

3. Rechtliche Verfügung & Zweckänderung (ZGB 648 II) 4. Tragung der Kosten und Lasten (ZGB 649)

• Zustimmung aller Miteigentümer notwendig: – die Veräusserung oder Belastung der Sache – Veränderung ihrer Zweckbestimmung • Kosten- und Lastentragung im Innenverhältnis im Verhältnis ihrer Anteile, [gegenüber Dritten (Aussenverhältnis) nach dem Rechtsgrund, auf dem die Forderung (OR) beruht].

5. Gesetzliches Vorkaufsrecht der Miteigentümer (Art. 682 ZGB) • bei Eintritt eines Vorkaufsfalls (=Verkauf eines Miteigentumsanteils an einen Dritten, nur an «Nichtmiteigentümer») haben Miteigentümer ein gesetzliches Vorkaufsrecht • fristgerechte Erklärung führt zur Übereignung • Merke: kein gesetzliches Vorkaufsrecht bei Stockwerkeigentum

6. Ausschluss aus der Gemeinschaft • schwerer Pflichtverletzung

– durch den Miteigentümer selbst – durch andere Person, der ein Miteigentümer die Nutzung überlassen hat oder für die er verantwortlich ist

• Unzumutbarkeit der Fortführung der Gemeinschaft • Rechtsfolge: Ausschluss auf gerichtliche Anordnung hin (=Urteil im Zivilprozess), u.U. zum Verkauf seines Anteils verpflichtet, nötigenfalls durch öffentliche Versteigerung (vgl. ZGB 649b I und III) • ultima ratio, d.h. zuvor müssen Ermahnung und Anhörung des Störers etc. erfolgen

7. Untergang • Für den einzelnen Miteigentümer durch: – Veräusserung, Verzicht oder Zwangsvollstreckung seines Anteils – Ausschluss aus der Gemeinschaft

• Für alle Miteigentümer durch: – – – – –

Verlust oder Untergang der Sache Aufhebung Vereinigung aller Anteile in einer Person Zwangsvollstreckung Aufhebung auf Verlangen eines Miteigentümers

8. Durchführung der Aufhebung • Miteigentum ist grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt • nach ZGB 650 f. hat jeder Miteigentümer Anspruch auf Aufhebung des Miteigentums • Einvernehmlich

– durch Körperliche Teilung – freihändiger Verkauf oder Versteigerung mit Teilung des Erlöses – Übertragung der ganzen Sache auf einen oder mehrere Miteigentümer unter Auszahlung der anderen

• Bei Uneinigkeit durch Gericht

– Teilung der Sache (wenn dies ohne wesentliche Wertverminderung nicht möglich: Versteigerung öffentlich oder unter den Miteigentümern

III. Stockwerkeigentum (ZGB 712a – 712t) • Miteigentum an Grundstücken (Wertquote als Miteigentumsanteil) • kein Eigentum an Stockwerk • „nur“ ausschliessliches Nutzungsrecht! • Stockwerkeigentumsanteil – untrennbar mit dem Sonderrecht zur ausschliesslichen Nutzung bestimmter Gebäudeteile verbunden – hat als eigenes Grundstück zwingend ein eigenes Grundbuchblatt (vgl. Ziff. 4 von ZGB 655 II & 943 I)

Stockwerkeigentum • Sonderrecht der Stockwerkeigentümers an gewisse Gebäudeteile, wie Wohnung/Räume (ZGB 712b) • Abgeschlossen • eigenen Zugang

Bsp. Ein nur am Boden markierter Parkplatz kann nicht Sonderrecht bilden, wohl aber ein gedeckter Parkplatz, der mittels Mauern oder abschliessbarer Gitter von den übrigen Parkplätzen abgetrennt und damit in sich abgeschlossen ist. Aus Praktikabilitätsgründen Sonderrecht für den (inneren) Balkon zuerkannt.

• Zwingend gemeinschaftlich sind Boden, Baurecht, Elementare Gebäudeteile, gemeinschaftliche Anlagen (ZGB 712b II) •

Merke: An gemeinschaftlichen Teilen darf der einzelne Stockwerkeigentümer keine eigenmächtige Umbauarbeiten vornehmen, selbst dann nicht, wenn damit keine Beschädigung oder Beeinträchtigung verbunden ist.

Stockwerkeigentum • Stockwerkeigentümer ist frei bei der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner Räume und er kann über seinen Anteil verfügen ZGB 712a II • KEIN Vorkaufsrecht von Gesetzes wegen ZGB 712c I • Errichtung von Stockwerkeigentum (ZGB 712d) – Grundbucheintrag gestützt auf – Rechtsgrund (i.d.R. ein öffentlich beurkundeter Vertrag zwischen Miteigentümern oder Erklärung des Alleineigentümers)

Stockwerkeigentum • Sämtliche Stockwerkeigentümer bilden eine Stockwerkeigentümergemeinschaft – keine juristische Person – grundsätzlich nicht rechtsfähig, Rechtsträger sind die einzelnen Stockwerkeigentümer – aber eine beschränkte Vermögens- und Handlungsfähigkeit (ZGB 712l) – Aufgaben: Verfügung, Nutzung, Verwaltung und Erhaltung des wirtschaftlichen Werts des gemeinsamen Grundstücks

• vgl. ZGB 712m – 712t für die Organisation der Stockwerkeigentümerversammlung

IV. Gesamteigentum (ZGB 652 – 654a) • Pro memoria: das Gemeinsame ist ein Grundverhältnis zwischen den Beteiligten (und nicht die Sache) • besonderes, auf Gesetz oder Vertrag gegründetes persönliches Gemeinschaftsverhältnis • Gesamteigentum setzt eine gesamthänderische Gemeinschaft als Grundlage voraus, z.B. – – – –

Gütergemeinschaft gem. ZGB 222 II Erbengemeinschaft gem. ZGB 602 II einfache Gesellschaft gem. OR 544 I Kollektiv- und Kommanditgesellschaft folgen den Regeln der einfachen Gesellschaft

Gesamteigentum • Rechte und Pflichten der Gesamteigentümer nach den Regeln, unter denen ihre gesetzliche / vertragsmässige Gemeinschaft steht (Verweis in ZGB 653 I) • Braucht zwingend eine Gesetzesgrundlage, auch bei Gesamteigentum auf vertraglicher Basis (z.B. OR 544 I) • Einstimmigkeit für die Ausübung des Eigentums • kein Recht auf Teilung / Verfügung über Bruchteile, solange die Gemeinschaft andauert (d.h. die Rechtsausübung erfolgt durch die Gemeinschaft!)