Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser
Immer wieder wird in den Medien der „gläserne
Die Kontenabfrage im Steuerstrafverfahren
Steuerbürger“
wird
basiert auf § 24c Abs. 3 Nr. 2 KWG. Danach
dabei der Eindruck erweckt, die Kontrollmög-
können die seit dem 1. April 2003 bei den
lichkeiten der Finanzverwaltung hätten mittler-
Kreditinstituten
weile orwellsche Dimensionen erreicht. Die
Datum der Einrichtung und Auflösung eines
gebotene Nüchternheit, die dem Steuerrecht
Kontos oder Depots, Name des Konteninha-
sonst immanent ist, bleibt leider oft auf der
bers) von der BAFin abgerufen und der Steu-
Strecke.
erfahndung übermittelt werden. Ein vorheriges
TIPP
heraufbeschworen.
Ziel
des
vorliegenden
Es
PRAXIS-
ist es deshalb, die Kontrollverfahren
der Finanzverwaltung überblickartig darzustellen und damit zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen. Der Schwerpunkt liegt auf den manuellen Kontrollverfahren, insbesondere der Betriebsprüfung. Die Beschreibung der Anzeige- und Meldepflichten Dritter sowie der automatisierten Kontrollverfahren runden den PRAXISTIPP
ab.
gespeicherten Daten (z. B.
Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen ist nicht notwendig, eine Unterrichtung von einer durchgeführten oder anstehenden strafrechtlichen Kontenabfrage ist ebenfalls nicht vorgesehen. Das Finanzamt hat seit dem 1. April 2005 darüber hinaus die Möglichkeit, die nach § 24c Abs. 1 KWG beim Kreditinstitut zu führende Datei für das Besteuerungsverfahren heranzuziehen (§ 93 Abs. 7 AO).1 Vorausset-
Manuelle Kontrollverfahren
zung ist allerdings, dass ein Auskunftsersusich
chen an den Steuerpflichtigen fehlgeschlagen
dadurch aus, dass Finanzbehörden sie erst
ist oder keinen Erfolg verspricht (Prognose).
bei einem gegebenen Anlass, z. B. bei vermu-
Die einschränkenden Regelungen des AEAO
teter Steuerhinterziehung, einsetzen.
sind von der Finanzverwaltung zu beachten.
Manuelle
Kontrollverfahren
zeichnen
Der Steuerpflichtige soll vor der Kontenabfrage Kontenabfrage
aufgefordert werden, Unterlagen über seine
Bei der Kontenabfrage ist zwischen der Abfrage im Steuerstrafverfahren und im laufenden Besteuerungsverfahren zu unterscheiden.
1
Erläuterungen finden sich im BMF-Schreiben vom 10.3.2005 (IV A 4 – S 0062 – 1/05) und auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums (www.bundesfinanzministerium.de/Aktuelles).
Littenstr. 10 y 10179 Berlin y Telefon (030) 278 76-2 y Telefax (030) 278 76-799
Depots und Konten dem Finanzamt zur Verfü-
in den Medien über Fahndungserfolge inner-
gung zu stellen. Die Behörde soll darauf hin-
halb der fraglichen Branche berichtet wird.
weisen, dass bei unzureichender Auskunft eine
Kontenabfrage
durchgeführt
werden
Prüfungsturnus
kann. Im Rahmen ihrer ErmessensentscheiDer durchschnittliche Prüfungsturnus ist unter
dung muss die Finanzverwaltung dann beurtei-
anderem von der Größenklasse des Unter-
len, ob die vorgelegten Unterlagen vollständig
nehmens abhängig. Während Großbetriebe im
und die Aufstellungen plausibel sind oder ob die
Sachaufklärung
des
Durchschnitt alle drei bis vier Jahre geprüft
Steuerpflichtigen
werden, kommen Kleinbetriebe lediglich alle
lückenhaft ist und damit trotz der Auskünfte
15 bis 20 Jahre an die Reihe. Allerdings kann
des Beteiligten eine Kontenabfrage durchge-
die Einhaltung dieses Turnus nicht verlangt
führt wird. In jedem Fall ist der Betroffene
werden.
nachträglich von der Kontenabfrage zu unterrichten. Ein erfolgreicher Rechtsbehelf gegen
Prüfungsanordnung
einen Kontenabruf begründet jedoch wohl kein generelles Verwertungsverbot.
Die Betriebsprüfung setzt eine formelle schriftliche Prüfungsanordnung (§ 196 AO) voraus,
Mit dem Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO
die dem Steuerpflichtigen bzw. dessen Berater
oder § 24c KWG können nur Stammdaten
rechtzeitig, d. h. in der Regel zwei Wochen
aber keine Kontenbewegungen oder Konten-
vorher, bekannt gegeben werden muss. Durch
stände abgefragt werden.
die Prüfungsanordnung werden die sachlichen und zeitlichen Grenzen der Prüfung abge-
Die steuerliche Betriebsprüfung
steckt.
Die steuerliche Betriebsprüfung hat die Aufgabe, die erklärten Einkünfte anhand der aufbe-
PRAXISTIPP
wahrungspflichtigen
(§ 147 AO)
schau (§ 27b UStG) ist keine Betriebsprü-
des Unternehmens zu überprüfen (§§ 85 AO,
fung in diesem Sinne und erfordert daher
2 BpO). Während im Regelfall Großbetriebe
keine vorherige Ankündigung.
Unterlagen
: Die Umsatzsteuer-Nach-
kontinuierlich über so genannte Anschlussprüfungen
geprüft
werden
(§ 4 Abs. 2
Elektronische Bp als Alternative zur konventio-
Satz 1 BpO), sind bei Klein- und Mittelbetrie-
nellen Prüfung
ben meist nicht mehr als drei VeranlagungsNeben der konventionellen Prüfung mit Re-
zeiträume relevant (§ 4 Abs. 3 BpO).
chenmaschine, Bleistift und Papier kann der Wenn Klein- und Mittelbetriebe plötzlich Steu-
Betriebsprüfer seit dem Jahr 2002 auch eine
erbescheide unter dem Vorbehalt der Nach-
elektronische
prüfung (§ 164 AO) erhalten, kann dies darauf
(§§ 146 Abs. 5, 147 Abs. 6 AO). Hierfür hat er
hindeuten, dass das Finanzamt eine Prüfung
drei Möglichkeiten, die er nach eigenem Er-
plant. Hellhörig sollte man auch werden, wenn
messen alternativ oder kumulativ einsetzen 2 von 5
Betriebsprüfung
vornehmen
kann. Für alle diese Möglichkeiten gilt: Der
PRAXISTIPP
Prüfer hat lediglich das Recht, die Daten des
: Auch wenn es der Prüfer
gern hätte: Mehr Auswertungen als die im
Unternehmens zu lesen. Veränderungen darf
Unternehmen benutzten Programme leis-
er nicht vornehmen. Der Unternehmer hat
ten, kann er nicht verlangen.
dafür Sorge zu tragen, dass dem Prüfer dies auf Grund der Zugriffsrechte im System auch
Datenträgerüberlassung (Z3)
nicht möglich ist.
Der Prüfer erhält die gespeicherten Daten auf Der elektronische Datenzugriff kann auf ver-
einem maschinell verwertbaren Datenträger.
schiedene Arten erfolgen:
Die Daten werden vom Prüfer mit eigener Hard- und Software ausgewertet.
Unmittelbarer Datenzugriff (Z1) :
Oftmals
verlangt
der
Der Prüfer nutzt selbst die Hard- und Software
PRAXISTIPP
des Unternehmens und nimmt durch sie Ein-
Prüfer vor Prüfungsbeginn schon einen
sicht in die gespeicherten Daten bzw. lässt
Datenträger. Wird diesem Wunsch nachge-
dies durch einen beauftragten Dritten durch-
kommen, muss man sich darüber im Klaren
führen. Eigene Auswertungsprogramme darf
sein, dass der Prüfungsbeginn hierdurch
der Prüfer nicht auf dem System des Unter-
vorverlegt wird und dem Steuerpflichtigen
nehmers einsetzen.
unter
Umständen
die
Möglichkeit
zur
Selbstanzeige genommen wird. PRAXISTIPP
:
Um
nachvollziehen
zu Die für die elektronische Betriebsprüfung
können, welche Daten sich der Prüfer in der
verwendete Software nennt sich IDEA. Sie
EDV des Unternehmens angeschaut hat, sollten
Protokollprogramme
verwendet u.a. statistische Methoden zur
installiert
Betrachtung großer Zahlenmengen, wie z. B.
werden, die die Aktivitäten des Prüfers
Benford’s Law, Chi-Quadrat-Test oder Zeitrei-
aufzeichnen.
henvergleiche und –analysen. Mittelbarer Datenzugriff (Z2)
Der Prüfer ist verpflichtet, spätestens nach Bestandskraft der auf Grund der Prüfung
Der Prüfer lässt nach seinen Vorgaben vom Steuerpflichtigen
oder
einem
erlassenen
beauftragten
Bescheide
den
überlassenen
Datenträger zu löschen oder zu vernichten.
Dritten Auswertungen maschinell erstellen. Wenn der Prüfer zunächst eine Auswertung
Neben den reinen Daten ist dem Prüfer auch
anhand von Testdaten erstellen möchte, kann
die Struktur der Daten (Datenfeldbeschreibun-
er das tun, solange es sich um Daten des
gen, interne und externe Verknüpfungen) in
Unternehmens handelt. Eigene Testdaten, die
maschinell auswertbarer Form zur Verfügung
der Prüfer mitgebracht hat, darf er keinesfalls
zu stellen.
in die EDV des Unternehmens einspielen.
3 von 5
PRAXISTIPP
tausch bieten verschiedene Internetforen, wie
: Die Lizenzrechte an der
z. B. www.elektronische-steuerpruefung.de an.
Prüfsoftware kann man erwerben. Allerdings ist hiermit die Prüfung nicht in allen
PRAXISTIPP
Details vorwegzunehmen, da die Finanz-
: Einige Prüfer, die sich mit
den neuen Medien auskennen, schauen
verwaltung eigene Prüfmodule entwickelt
sich auch alte Internetseiten des zu prüfen-
hat, die nicht für jedermann erhältlich sind.
den Unternehmens an. Diese werden – oft ohne Wissen des betroffenen Unterneh-
Vorbereitung auf die Prüfung
mens – von automatischen Archivsystemen Dem Prüfer sollten nur die für die Prüfung
(z. B.
relevanten Daten – ob auf Papier oder in
www.archive.org)
elektronischer Form – zur Verfügung gestellt
über lange Zeit hinweg öffentlich zugäng-
werden. Entdeckt er weitere Informationen,
lich.
die
Wayback-Maschine gespeichert
und
unter sind
z. B. aus einem nicht prüfungsrelevanten Zeitraum, so besteht für sie kein Verwer-
Nach der Prüfung
tungsverbot. Im Anschluss an die Betriebsprüfung ist vom Insbesondere bei der EDV-Organisation ist
Prüfer ein schriftlicher Bericht zu erstellen
streng darauf zu achten, dass entsprechende
(§ 202 Abs. 1 Satz 1 AO). Bei abweichenden
Zugriffsrechte für den Prüfer vergeben werden.
Prüfungsfeststellungen
Im Vorfeld sollten bereits steuerlich relevante
Steuerbescheide. Bescheide, die bereits auf
maschinell auswertbare Daten von anderen
Grund einer früheren Betriebsprüfung geändert
Daten getrennt werden. Die Abgrenzung der
wurden, können nicht erneut auf Grund neuer
steuerlich relevanten Daten ist im Einzelfall
Tatsachen
schwierig. Es handelt sich hierbei um eine
Steuern leichtfertig verkürzt oder hinterzogen
Vorbehaltsaufgabe des Steuerberaters. Sie
wurden.
geändert
ergehen
werden,
geänderte
wenn
nicht
darf nicht durch den EDV-Systempartner, der Ergeben sich durch die Prüfung keine Ände-
die technische Umsetzung vornehmen kann,
rungen, so reicht es, dies mitzuteilen (§ 202
erfolgen.
Abs. 1 Satz 3 AO). Die Finanzverwaltung hat Grundsätze zum Datenzugriff
und
zur 2
Unterlagen (GDPdU)
Prüfbarkeit
digitaler
sowie einen Katalog
häufig gestellter Fragen (FAQ) zu diesem Thema
zusammengestellt.
Weiterführende
Informationen, Praxistipps und Erfahrungsaus-
2
BMF: Schreiben vom 16.07.2001 – IV D 2-S 0316 – 0136/01. 4 von 5
nicht an die BfA übermittelt. Dies geschieht,
Anzeige- und Meldepflichten Dritter
sobald die Identifikationsnummern vergeben Die Finanzverwaltung verlässt sich bei der
wurden.
Steuererhebung nicht nur auf die Aussagen und Erklärungen des Steuerpflichtigen. Insbe-
Die Bezugsmitteilungen geben u.a. Auskunft
sondere
Versicherungsunter-
über die Höhe der dem Steuerpflichtigen
nehmen und Notare sind gesetzlich verpflich-
zugeflossenen Leistungen und den Beginn des
tet, der Finanzbehörde die für die Besteuerung
Rentenbezugs. Die Finanzbehörden erhalten
maßgeblichen Sachverhalte mitzuteilen (z. B.
ggf. also auch Kenntnis davon, dass schon vor
§ 33 ErbStG und § 18 GrEStG).
2004 Rentenzahlungen geleistet wurden.
Automatisierte Kontrollverfahren
Wurden in der Einkommensteuererklärung für
Geldinstitute,
die entsprechenden Jahre keine diesbezügli-
Am 1. Juli 2005 ist die Zinsinformationsverord-
chen Einnahmen angegeben, kann dann der
nung in Kraft getreten. Danach werden in
Weg, über eine Selbstanzeige die verschwie-
einem Kontrollmitteilungsverfahren Zinsein-
genen Einnahmen nachzudeklarieren und so
künfte von EU-Ausländern dem Wohnsitzstaat
Straffreiheit zu erlangen, verschlossen sein.
des Gläubigers gemeldet. Einzelheiten hierzu sind dem PRAXISTIPP
Elektronische Lohnsteuerkarte
„Kapitalflucht als
Auslaufmodell – EG Zinsrichtlinie harmonisiert
Zu den automatisierten Kontrollverfahren zählt
die Zinsbesteuerung“ (www.dstv.de) zu ent-
auch
nehmen.
Lohnsteuerkarte
Vorgaben werden die lohnsteuerlichen Daten der Arbeitnehmer direkt vom Arbeitgeber an
Alterseinkünftegesetz verpflichtet Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung,
das Finanzamt übermittelt.
private
Lebensversicherer, berufsständische Versor-
Dieser PRAXISTIPP
gungseinrichtungen u. a. der BfA bis zum
ter jedoch nicht von der Verpflichtung zur
mitteilungen zu übermitteln (§ 22a EStG). Die
eigenverantwortlichen
BfA meldet die gesammelten Daten an die
und
gewissenhaften
Berufsausübung. Für die Beratung im Einzel-
jeweils zuständige Landesfinanzbehörde.
fall sind die einschlägigen aktuellen Rechtsvorschriften heranzuziehen.
Für die Erstellung einer Rentenbezugsmitteidie
wurde mit größter
Sorgfalt erstellt. Er entbindet den Steuerbera-
31. Mai des Folgejahres sog. Rentenbezugs-
ist
elektronische
(§ 41b EStG). Entsprechend den gesetzlichen
Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene
lung
die
Steueridentifikationsnummer
(§§ 139a f. AO) des Steuerpflichtigen unerlässlich. Diese wird voraussichtlich erstmals 2007 vergeben. Mangels Steueridentifikationnummer werden zur Zeit die relevanten Daten zwar bei den Versicherungsträgern gesammelt, aber 5 von 5