Versicherungs-und Risikomanagement. Versicherungstechnik

Operations Research und Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. P. Recht // Marius Radermacher, M.Sc. DOOR Versicherungs-und Risikomanagement Versicherungst...
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Operations Research und Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. P. Recht // Marius Radermacher, M.Sc.

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Versicherungs-und Risikomanagement Versicherungstechnik t

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Skriptum zur Veranstaltung Wintersemester 2016/2017

Stand: 30. Januar 2017

Das Fachgebiet im Internet: • http://www.wiso.tu-dortmund.de/wiso/or/de/ •

t

Inhaltsverzeichnis Zum Wesen einer „Lebens“-Versicherung

1

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen 1.1 Das Kalkulationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Das „versicherte Risiko“ als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung; Ausscheideordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Eine garantierte Zinsentwicklung als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung . . . . . 1.4 Einschub: Kommutationswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Die Kostenzuschläge als Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Abschlusskostenzuschlag (α-Kosten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Verwaltungskostenzuschlag (β- und γ-Kosten) . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Die beiden versicherungstechnischen Äquivalenzprinzipien . . . . . . . . . . . .

4 5 8 13 15 18 18 19 20

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen 2.1 Diskrete Zahlungsreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Der Beitragsbarwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der Leistungsbarwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Das strenge Äquivalenzprinzip und „natürliche“ Beiträge . 2.5 Das schwache Äquivalenzprinzip und das Deckungskapital

22 23 27 30 35 36

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3 Die 3.1 3.2 3.3

versicherungstechnische Bilanzgleichung Kalkulation mit Hilfe des Thiele’schen Gleichungssystems . . . . . . . . . . . . Kalkulation von Versicherungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösbarkeit des Thiele’schen Gleichungssystems, explizite Lösung und „ökonomische Zulässigkeit“ des Reservevektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Zerlegung des Netto-Beitrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Versicherungen mit Ausscheide- und Erlebensfallcharakter . . . . . . . . 3.5 Bruttokalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Abschluss- und Vertriebskostenzuschläge, α-Kosten . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Unmittelbare Abschlusskostenzuschläge, Zillmerung . . . . . . . . . . . 3.5.3 Laufende Abschlusskostenzuschläge, αγ -Kosten . . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Verwaltungskostenzuschläge, β- und γ-Kosten . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.5 Bruttokalkulation mit dem Thiele’schen Gleichungssystem . . . . . . . . 3.5.6 Zerlegung der Brutto-Prämie und des ausreichenden Deckungskapitals . 3.5.7 Sonstige Beitragszuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 43 46

4 Überschüsse in der Lebensversicherung 4.1 Überschussprognose und Kontributionsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Überschussdeklaration und Überschusszuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Überschussverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 76 79 82

I

48 52 55 59 60 61 64 65 66 70 72

4.4

Finanzierbarkeit eines Überschusssystems und Ertragswert einer LV . . . . . .

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen 5.1 Rückkauf einer Lebensversicherung (Storno) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Die (Nicht)-Berücksichtigung von Storno bei der Prämienkalkulation 5.2 Beitragsfreistellung von Lebensversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Umwandlung von Lebensversicherungen (konstanter Höhe) . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis

. . . .

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85 91 91 96 97 99 102

II

Zum Wesen einer „Lebens“-Versicherung In diesem einführenden Kapitel wollen wir einen ersten Einblick in die Besonderheiten und fachlichen Termini geben, welche eine so genannte „Lebens“-Versicherung ausmachen. Wir werden uns im Rahmen der Veranstaltung aus mehreren Gründen mit Lebens- Versicherungen und der technischen Konstruktion (d. h. genauer der Prämien- und Leistungskalkulation) bzw. der technischen und ökonomischen Analyse von derartigen Versicherungsprodukten beschäftigen. Die Gründe sind: • Die sich hinter dem Begriff „Lebensversicherung“ verbergenden Palette von Versicherungsprodukten zwingt zunehmend zur Konstruktion eines auf die Person bezogenen, also maßgeschneiderten Versicherungsschutzes. Es ist also der Frage nachzugehen, wie individueller Versicherungsschutz aus technischer Sicht konstruiert wird, und wie das „Gut“ Versicherungsschutz ökonomisch bewertet wird. • Das Marktvolumen derartiger Produkte innerhalb des Gesamtversicherungsmarktes ist hoch. Entsprechend stark ist auch die Nachfrage nach Personen, die über die Kompetenz verfügen, „Lebens“-Versicherungsprodukte zu konstruieren (kalkulieren) und zu analysieren. • Das Konstruktionsprinzip bei „Lebens“-Versicherungsprodukten hat in gewissem Sinne einen universellen Charakter.

Kleine Historie Bereits zur römischen Kaiserzeit gab es Personenvereinigungen, deren Ziel in einer gegenseitigen sozialen Unterstützung bestand. Wesentliche Leistung einer solchen Vereinigung war oft die Bezahlung eines sog. Sterbegeldes, das einem Mitglied im Falle seines Todes ein würdiges Begräbnis sichern sollte. Die Mitglieder solcher „Vereine“ kamen meist einmal im Monat zu (oft religiös motivierten) Veranstaltungen zusammen, um bei dieser Gelegenheit einen finanziellen Beitrag in die gemeinsame „Sterbekasse“ zu entrichten. Auch im Mittelalter gab es eine Reihe von berufsbezogenen Vereinen von Kaufleuten (Zünfte), Handwerkern, Schauspielern oder Soldaten, die ihren Mitgliedern soziale Leistungen gewährten und Beerdigungskosten ersetzten. Diese Leistungen wurden durch ein „Eintrittsgeld“ finanziert, das die Mitglieder bei Aufnahme in den Verein zu zahlen hatten. Der erste Lebensversicherungsvertrag der Welt wurde 1583 von der englischen Versicherungskammer registriert. Mit diesem Vertrag wurde das Leben eines gewissen W. Gibbons für die Dauer eines Jahres mit einer Leistung von 382 Pfund vom Ratsherrn R. Martin „versichert“. Gibbons zahlte dafür 30 Pfund, starb innerhalb dieses Zeitraums und die Versicherungssumme

1

Zum Wesen einer „Lebens“-Versicherung musste gezahlt werden. „Glücklicherweise“ hatten 16 Bürger diesen Vertrag unterschrieben, so dass jeder dieser Bürger ca. 23 Pfund zu zahlen hatte. Mit einem Lebensversicherungsvertrag in unserem heutigen Sinne hatte dieser Vertrag allerdings recht wenig gemeinsam. Er war eher mit einem „Wettvertrag“ vergleichbar. Im Jahre 1765 wurde in England die erste Lebensversicherungsgesellschaft, die Equitable Life Assurance, gegründet, die ihre Versicherungsangebote mit formalen Methoden kalkulierte. Die erste deutsche Lebensversicherungsgesellschaft, die „Gothaer Lebensversicherungsbank“, wurde 1825 gegründet.

Prinzipielle Funktionsweise einer Lebensversicherung Durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages (Versicherungspolice) zwischen einem Versicherungsnehmer (VN) einerseits und einem Versicherer andererseits, in unserem Fall dem Lebensversicherungsunternehmen (VU), lässt sich der VN gegen Bezahlung eines festgelegten Entgeltes (der Versicherungsprämie oder dem Versicherungsbeitrag) vom VU eine festgelegte finanzielle Leistung für sich oder für einen Dritten versprechen, für den Fall, dass während des Zeitraumes der Gültigkeit des Vertrages ein bestimmtes „Versicherungsrisiko“ eintritt (Eintritt des Versicherungsfalls). Unter dem Begriff „Versicherungsrisiko“ wird hierbei ein fest definiertes, eine lebende Person betreffendes, zukünftiges Ereignis verstanden, dessen Eintrittszeitpunkt ungewiss = zufällig ist, aber dessen Eintritt der VN befürchtet und deshalb die wirtschaftlichen Konsequenzen aus dessen Eintritt einzugrenzen wünscht (Versicherungsschutz). Durch den Abschluss eines (Lebens-) Versicherungsvertrages „transferiert“ der VN dieses Risiko, genauer: den „Umgang mit diesem Risiko“ auf das VU. Dieser „Transfer“ erfolgt dabei allerdings nicht auf die Weise, dass das VU dieses Risiko (komplett) übernimmt. Seine Funktion besteht im Wesentlichen darin, eine Koordination vorzunehmen, von wem und in welcher Höhe dieses Risiko übernommen wird. In dieser Koordinationsfunktion hat das VU eine Vielzahl(!) gesetzliche Regelungen zu beachten. Unter einer „Lebensversicherung“ wird nun eine besondere Art von Versicherungsverträgen verstanden. Diese Besonderheiten beziehen sich auf • die Arten der „Versicherungsrisiken“, • die Arten der Leistungen durch das VU im Falle des Risikoeintritts, • die Art des Zusammenhangs zwischen Prämienzahlungen des VN und Leistungen durch das VU, • und die Arten eventueller Kapitalbildung. Bevor wir uns detaillierter damit beschäftigen, wollen wir exemplarisch auflisten, welche Risikoarten typischerweise als „Lebensversicherung“ vorkommen.

Typische Lebensversicherungen Typische Lebensversicherungen sind etwa:

2

Zum Wesen einer „Lebens“-Versicherung • Todesfallversicherung (oder auch Risiko-Lebensversicherung): Mit einem solchen Vertrag wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person innerhalb eines bestimmten Zeitraumes stirbt (Todesfall-Risiko). • Erlebensfallversicherung (private Rentenversicherung): Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person einen bestimmten Zeitpunkt überlebt (Erlebensfall-Risiko). • Gemischte Versicherung (Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall): Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches entweder dadurch entsteht, dass eine versicherte Person innerhalb eines bestimmten Zeitraumes stirbt oder aber die Person das Ende des Zeitraumes erlebt (Todes- und Erlebensfallrisiko). • Restschuldversicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass ein Schuldner (eines Kredites) während des Rückzahlungszeitraumes dieses Kredites stirbt (bzw. arbeitsunfähig wird) und daher die zu diesem Zeitpunkt bestehende Restschuld (des Kredites) nicht mehr tilgen kann. (Restschuldrisiko). • Verbundene Todesfallversicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass mindestens einer (von zwei oder mehreren Personen) innerhalb eines bestimmten Zeitraumes stirbt. • Berufsunfähigkeitsversicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person während eines bestimmten Zeitraumes ihren Beruf aufgrund körperlicher Versehrtheit nicht mehr ausüben kann (Berufsunfähigkeitsrisiko). • (private) Pflegerenten-Versicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person für einen bestimmten Zeitraum zum Pflegefall wird. • „Aussteuer-Versicherung“/ Ausbildungsversicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko der Eltern versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person (Kind) vor oder zu einem festgelegten Zeitpunkt, z. B. dem 25. Lebensjahr, heiratet bzw. eine Ausbildung beginnt, unabhängig davon, ob die Eltern zu diesem Zeitpunkt noch leben oder nicht. • Dread-Disease-Versicherung: Hiermit wird ein wirtschaftliches Risiko versichert, welches dadurch entsteht, dass eine versicherte Person eine schwere Erkrankung erleidet (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Multiple Sklerose). In Deutschland hatte den größten jährlichen Anteil an Neuabschlüssen bis zu Beginn der Jahrtausendwende der Typ der „gemischten Vesicherungen“. Dies änderte sich aufgrund einer Modfifikation der steuerlicher Rahmenbedingungen für diesen Versicherungstyp, vor allem aber auch wegen der zunehmenden Unsicherheit bei der Finanzierung der „gesetzlichen Rentenversicherung“ und der Höhe der gesetzlichen Renten. Dies hatte zur Folge dass bis etwa zum Jahr 2010, ist derzeit die private Risikovorsorge mit Policen des Typs „Private Rentenversicherung“ (private Altersvorsorge), der Typ von Lebensversicherung mit dem größten Neugeschäft war. Durch das momentan sehr geringe Kapitalzinsniveau leidet allerdings auch dieser Typ von Lebensversicherung derzeit an Attraktivität, so dass einige Versicherungsunternehmen überlegen, das Neugeschäft mit derartigen Versicherungen sogar ganz einzustellen.

3

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen Bei Abschluss eines Versicherungsvertrages zwischen einem VU und einem VN werden sowohl die Höhe der Leistung, die das VU im Versicherungsfall zu erbringen hat, als auch die vom VN dafür zu erbringenden finanziellen Gegenleistungen (Versicherungsbeiträge oder Versicherungsprämien) vertraglich fixiert. Die Vertragsbestandteile werden in einer sog. Versicherungspolice bzw. einem Versicherungsschein festgehalten. Versicherungsunternehmen (VU)

Versicherungsnehmer (VN)

Versicherungsvertrag zwischen VU und VN dokumentiert u. a. • Beginn/Ende der Übernahme des Versicherungsschutzes (Laufzeit) • versichertes Risiko • versicherte Person(en) (Alter bei Beginn, Geschlecht) • Versicherungsnehmer • bezugsberechtigte Person • Versicherungsleistung: finanzielle Leistungen bei Eintritt des Versicherungsfalls (Höhe, Zahlungsmodalitäten) • Prämien/Beiträge: finanzielle Leistungen des VN (Höhe der Prämien, Zahlungsmodalitäten) • sonstige „Tarif“-Merkmale • juristische Bedingungen

.. .

Abbildung 1.1: Vertragspartner und Vertragsgegenstand

4

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Dabei haben wesentliche Begrifflichkeiten die folgende Bedeutung: • versicherte Person(en): Person (oder Personen), auf die sich das versicherte Risiko beziehen soll, • versichertes Risiko: inhaltliche Beschreibung der Lebenssituation, die finanziell abgesichert werden soll, also des Versicherungsrisikos. Beim Eintreten dieser Lebenssituation führt dies zur Auszahlung der finanziellen Leistung durch das Versicherungsunternehmen), • Versicherungsnehmer: Vertragspartner des Versicherungsunternehmens (VU), hat vertragsgestaltende Rechte und vertragliche Verpflichtungen (Beitragszahlungen, Informationspflichten), • bezugsberechtigte oder begünstigte Person(en): Inhaber des Rechtes auf Erhalt der Versicherungsleistung. Wesentlich dabei ist (und dies ist ein essentielles Unterscheidungsmerkmal zwischen Lebensversicherungen und so genannten privaten Sach-, Haftpflicht-, Feuer-, aber auch Krankenversicherungen), dass das VU (prinzipiell) keine Möglichkeit besitzt, einen einmal rechtsgültig abgeschlossenen Vertrag einseitig zu ändern. Dem VN werden allerdings unter bestimmten Bedingungen solche Rechte eingeräumt (z. B. vorzeitiges Beenden eines Vertrages, Weiterführen eines Vertrages ohne die Beiträge weiter zuzahlen, d. h. Beitragsfreistellung).

1.1 Das Kalkulationsprinzip Da Lebensversicherungsverträge im Allgemeinen eine langjährige Laufzeit besitzen, d. h. die Dauer des vereinbarten Versicherungsschutzes oft mehr als 25 bis 30 Jahre beträgt, Rentenversicherungen meist sogar 60 bis 70 Jahre Vertragslaufzeit haben, andererseits bei Vertragsabschluss für die gesamte Laufzeit des Vertrages die vereinbarten Versicherungsleistungen und die Beitragsleistungen (des VN) verbindlich festgelegt werden, muss gewährleistet sein, dass zu den entsprechenden Fälligkeitszeitpunkten sämtliche vereinbarten Versicherungsleistungen auch erbracht werden können. Dies bezeichnet man als Verpflichtung zur dauernden Erfüllbarkeit der Verträge. In welchem Zusammenhang die Versicherungsleistungen an die Bezugsberechtigten einerseits und die Prämien der VN andererseits, stehen, wird durch ein allgemeines Prinzip bestimmt, welches den Zusammenhang zwischen den „Prämien“ und zugehörigen „Versicherungsleistungen‘“ festlegt. Für die Lebensversicherungen heißt es in § 11 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG): (1) „Die Prämien in der Lebensversicherung müssen unter Zugrundelegung angemessener versicherungsmathematischer Annahmen kalkuliert werden und so hoch sein, dass das VU allen seinen Verpflichtungen nachkommen, insbesondere für die Erfüllung der einzelnen Verträge ausreichende Deckungsrückstellungen bilden kann.“(Kapitaldeckungsprinzip) Hierbei kann der Finanzlage des VU Rechnung getragen werden, ohne dass planmäßig und auf Dauer Mittel eingesetzt werden dürfen, die nicht aus Prämienzahlungen stammen.“

5

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

(2) „Bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden.“ (Gleichbehandlungsprinzip) Versicherte Personen, die bei einem VU eine „gleichartige Versicherung“ abgeschlossen haben (also etwa für den Todesfall, Berufsunfähigkeit, Langelebigkeit,...) und bei denen aufgrund des Gleichbehandlungsprinzips Prämien- und Leistungsermittlung nach den selben kalkulatorischen Grundsätzen erfolgten, beschreiben ein sog.Versichertenkollektiv (oder manchmal nur Kollektiv). Die Vorschrift des § 11 VAG bedeutet nun –kurz gesagt – , dass „sämtliche vereinbarten Versicherungsleistungen für die Bezugsberechtigten aus den Prämien der Versicherungsnehmer kommen müssen“. Das heisst „im Extremfall“ beispielsweise aber auch, dass bei einer Todesfallversicherung, bei der die versicherte Person unmittelbar nach Vertragsabschluss stirbt, der Bezugsberechtigte die gesamte versicherte Leistung erhält, auch wenn der Versicherungsnehmer VN nur einen einzigen Betrag gezahlt hat. In diesem Fall muss also die versicherte Leistung prinzipiell aus den eingezahlten Prämien der (übrigen) Versicherungsnehmer erbracht werden. Das Kollektiv stellt also die Finanzmittel zur Verfügung, um das Leistungsversprechen zu erfüllen. Neben den Prämienzahlungen aller VN des Kollektivs kann das Versichertenkollektiv für die Erfüllung der Versicherungsleistungen explizit aber auch über Erträge verfügen, die sich aus der Anlage von Rückstellungen der (noch nicht) für die Erfüllung von Leistungsversprechen benötigten Prämien ergeben. Es entsteht damit ein „Ausgleich“ zwischen den Beiträgen der Versicherungsnehmer einerseits und den Leistungen an den Bezugsberechtigten andererseits. Dieser Risiko-Ausgleich erfolgt also • durch die übrigen VN des Kollektivs und • durch das Fortschreiten der Zeit, das die Bildung von finanziellen Reserven erlaubt. Damit ein solcher Risiko-Ausgleich in einem Versichertenkollektiv aber überhaupt funktionieren kann, muss das VU dafür Sorge tragen, dass ein solches Kollektiv in „angemessener Größe“ aufgebaut, erhalten bzw. sogar vergrößert wird. Es muss dazu also prinzipiell „passende“, neue Versicherungsnehmer akquirieren, um einen angemessenen Prämienzufluss für das Kollektiv sicherzustellen bzw. zu vergrößern/ und die bestehenden VN „pflegen“, um die Größe zu erhalten bzw. zu verhindern, dass das Kollektiv „kleiner“ bzw. der „Abfluss der Finanzmittel“ grösser wird. Durch das Akquirieren von neuen VN, d.h. neuen Versicherungsverträgen, und durch die Verwaltung der einzelnen Lebensversicherungsverträge der bisherigen VN entstehen dem VU Kosten, welche mit dem eigentlichen, in einer Policvertragliche vereinbarten Versicherungsschutz direkt nichts zu tun haben. Die Akquisition von neuen und die „Verwaltung“ der bestehenden VN im Kollektiv können daher durchaus als Leistungen des VU verstanden werden, die es gegenüber dem Kollektiv erbringt für das Versichertenkollektiv verstanden werden (indirekte Versicherungsleistungen), da sie essentiell für den zu organisierenden Risikoausgleich sind. Die Kosten für dieser indirekten Versicherungsleistungen stellt das VU den VN (also dem Kollektiv) in Rechnung.

6

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Das in § 11 (1) formulierte Kalkulationsprinzip vor Augen, erkennen wir hier also bereits: Bei gegebener Höhe der im Versicherungsfall vom VU zu erbringenden Versicherungsleistung hängen die von den VN zu zahlenden Prämien von • Annahmen bzw. Einschätzungen über das tatsächliche Eintreten des fest definierten, zukünftigen ungewissen Ereignisses („Risiko“-Einschätzung), • Annahmen über die rechnerische Verzinsung des angelegten Kapitals („Rechnungszins“), • Annahmen, in welcher Höhe „Kostenzuschläge“ zu erheben sind: – Abschlusskosten (Annahmen, welche Kosten die Akquisition neuer Verträge verursacht), – laufende Verwaltungskosten (Annahmen, welche Kosten die Verwaltung bestehender Versicherungsverträge verursacht.). ab. Die quantitative Ausprägung dieser Annahmen werden als Rechnungsgrundlagen einer Lebensversicherung bezeichnet. Diese vom VU anzunehmenden Werte, stellen die Größen dar, die zur Ermittlung der vertraglich festzulegenden, vom VN zu erbringenden Beiträge (bzw. vom Kollektiv zu erbringenden Leistungen) herangezogen werden. Man bezeichnet sie als (für die Beitrags-/Leistungskalkulation) relevanten Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung dar. Da sie für die Prämienkalkulation relevant sind, müssen vor dem eigentlichen Vetragsabschluss festliegen. Bedingt durch die Tatsache, dass es sich bei Lebensversicherungen sehr oft um sehr langlaufende Verträge handelt, muss ein VU mögliche Unsicherheiten in der zeitlichen Entwicklung der Kapitalzinsen, des zu versicherten Risikos und seiner „Organisationskosten“ bei der Wahl der Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung berücksichtigen und diese so „vorsichtig“ bemessen, dass die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sicher gestellt ist. (versicherungsmathematisches Vorsichtsprinzip). Kosten des VU für die Akquisition neuer VN vertraglich festgelegte Leistung von den VN (Prämien, Beiträge)

verzinste Kapitalanlagen

(Abschlusskosten)

Versicherungsunternehmen (VU)

Kosten des VU für die Verwaltung der Verträge

Kollektiv gleichartiger Versicherungen (Bestandsgruppe)

(Verwaltungskosten) vertraglich festgelegte Versicherungsleistungen an die VN

der Vorperiode

„Reserven“ zur Kapitalanlage in der nächsten Periode

Abbildung 1.2: Zu- und Abflüsse innerhalb eines Kollektivs (Bestandsgruppe) zu einem bestimmten Zeitpunkt

7

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Neben den für die Beitrags-/Leistungsbestimmung festgelegten Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung gibt es solche 2. Ordnung, (manchmal spricht man sogar von Rechniungsgrundlagen 3. Ordnung). In den Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung werden die betreffenden Größen realistisch prognostiziert (das Vorsichtprinzip tritt in gewissem Masse „in den Hintergrund“. Auf diese Weise ist es möglich, etwa während der Laufzeit des versicherungsvertrages eine Prognose über den tatsächlichen Versicherungsverlauf und damit auch eine Prognose über die zukünftig zu erwartenden „Überschüsse“ abzugeben. Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung dienen also zunächst nicht einer vertragsrelevanten Leistungs- bzw. Beitragsfestlegung, sondern sind Inputgrössen für ein Planungsinstrumentarium des VU. Rechnungsgrundlagen 3. Ordnung geben die tatsächlichen Werte der obigen Größen an. Sie sind – sofern überhaupt exakt ermittelbar – erst a posteriori bekannt. Es sind also die Grössen, mit denen ein Versicherungsvertrag „nachkalkuliert“ werden kann.

1.2 Das „versicherte Risiko“ als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung; Ausscheideordnungen Da der Eintritt des Versicherungsfalles ungewiss ist, ist der Zeitpunkt, wann die Versicherungsleistungfällig wird eine stochastische Grösse. Ähnliches gilt auch für Beitragszahlungen, da es etwa sein kann, dass der VN während der Vertragslaufzeit verstirbt, und daher ab diesem Zeitpunkt dem Kollektiv seine Beiträge nicht mehr zur Verfügung stellen kann. Um aus der Sicht des VU die zu erwartenden Zahlungsströme in das Kollektiv hinein bzw. aus dem Kollektiv heraus quantifizieren zu können hinaus angeben zu können, muss daher das Unternehmen für die im Rahmen der Recchnungsgrundlagen 1. Ordnung zu treffenden Annahmenverlässliche Daten (etwa in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen) über das zu versichernde Risiko (bspw. „zu sterben“, „einen bestimmten Zeitpunkt zu erleben“, „berufsunfähig zu werden“ etc.) zu Grunde legen. Derartige Informationen werden aus sog. Ausscheideordnungen entnommen, welche aufgrund objektiver statistischer Erhebungen zustande kommen und anschließend (durch das VU) eine vor dem Hintergrund des Vorischtsprinzips eine Bewertung erfahren. Ausscheideordnungen beschreiben den „Abbau“ einer bestimmten Personengesamtheit im Zeitverlauf aufgrund bestimmter Ausscheiderursachen. Man unterscheidet dabei einfache Ausscheideordnungen, bei denen der „Austritt“ aus dem Kollektiv aufgrund eines einzigen Ausscheideursache beschrieben wird und zusammengesetzte Ausscheideordnungen, welche mehrere „Austrittsursachen“ berücksichtigen. Wird beispielsweise nur „Tod“ als Austrittsursache betrachtet, so nennt man die entsprechende Ausscheideordnung eine Sterbetafel. Eine „Aktivitätsordnung“ betrachtet hingegen gleichzeitig die beiden Ausscheideursachen „Tod“ und „Invalidität“. Da eine Sterbetafel immer noch die wichtigste Ausscheideordnung darstellt, wollen wir eine solche Konstruktion kurz skizzieren: Sterbetafeln sollen den „Abbau“ einer (festen) Personengesamtheit (Kollektiv) durch Tod im zeitlichen Verlauf beschreiben . Die Daten zur Erstellung einer Sterbetafel (bzw. sonstigen Ausscheideordnung) gewinnt man aus der Beobachtung großer Personengesamtheiten. Das Sterben bzw Überleben ist abhängig von Alter, Geschlecht, Generation, Beruf, Lebensumständen etc.

8

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

traditionellen Sterbetafeln betrachten nur zwei dieser Merkmale, nämlich Alter (einer Person) und Geschlecht (einer Person). Generationensterbetafeln (oder auch Kohortensterbetafeln) beschreiben für eine Kohorte von Nulljährigen, d. h. einer fixen Menge von Personen, die alle in einem bestimmten, aber demselben Jahr geboren sind, wie viele von diesen in dem einzelnen Alter der Kohorte (noch) angehören, bzw. wieviele davon in den einzelnen Lebensaltern verstorben sind. Für die Kohortengrösse zu Anfang wählt man üblicherweise 100.00 Personen repräsentativ aus. In diesem Zusammenhang hat sich eingebürgert, in der Sterbetafel mit x das (vollendete) Alter eines Mannes und mit y das (vollendete) Alter einer Frau zu bezeichnen. Die Zahlen x und y werden dabei üblicherweise ganzzahlig gesetzt. Weiterhin bedeutet die Zahl lx

die Anzahl lebender Männer des Alters x.

Analog wird mit der Zahl ly die Anzahl lebender Frauen des Alters y bezeichnet1 . Unterstellt man, dass der Austritt infolge eines Todes nach einer bestimmten „Gesetzmässigkeit“ erfolgt, kann man dieses Gesetz dadurch ausdrücken, dass man die Anzahl lx+1 der nach einem Jahr in der Kohorte noch lebenden Männer des Alters x + 1 angibt. Die Anzahl dx der durch Tod „ausgetretenen“ x-jährigen Männer innerhalb dieses einen Jahres ergibt sich (bei einem geschlossenen Kollektiv) dann als dx = lx − lx+1 . Das Wesentliche einer Sterbetafel ist nun die Angabe der Zahlenfolge l0 , l1 , l2 , . . . , lω−1 , lω . Das Alter ω bezeichnet hier das so genannte kalkulatorische Schlussalter, d. h. das „letzte“ Alter x, in dem die Kohorte überhaupt noch lebende Personen enthalten kann (bzw. soll), also lω+1 := 0. Ausgehend von den 100.00 Nulljährigen listet eine Sterbetafel dann beispielsweise folgenden Größen auf: lx Anzahl der Überlebenden des vollendeten Alters x, also der „lebenden x-jährigen“, dx = lx − lx+1 dx lx

relative Häufigkeit, als x-jähriger zu sterben (wird als Schätzung für die sog. einjährige Sterbewahrscheinlichkeit eines x-Jährigen interpretiert); dlxx heißt rohe Sterbewahrscheinlichkeit,

px = 1 − q x

Wahrscheinlichkeit, als x-jähriger das Alter x + 1 zu erreichen (einjährige Überlebenswahrscheinlichkeit eines xjährigen),

lx+1 lx+2 lω 1 lx 2 lx + lx + lx +. . .+ lx 1 1 lx · ( 2 lx + lx+1 + · · · + lω )

erwartete Anzahl von Jahren, welche ein x-jähriger noch zu leben hat (fernere Lebenserwartung eines x-jährigen).

qx =

e0x = =

Anzahl der im Alter von x Jahren Gestorbenen,

Die mittlere Lebenserwartung entspricht dabei der ferneren Lebenserwartung eines Null-Jährigen. Die wahrscheinliche Lebensdauer entspricht dem Median der Lebensdauerverteilung, also dem Alter, in dem 50% der Kohorte gestorben sind. Als normale Lebensdauer wird der Modalwert, 1

Wir werden im Weiteren nur Männer betrachten. Alle Überlegungen gelten natürlich, mutatis mutandis, auch für Frauen.

9

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

d. h. das Alter, in dem die meisten der Kohorte sterben, bezeichnet. Die Größen lx ,dx und e0x heißen biometrische Funktionen. Beispielhaft ist hier die Sterbetafel 2012-2014 abgebildet, wie sie vom Statistischen Budesamt für diesen Zeitraum im Jahr 2015 herausgegeben wurde (siehe www.destatis.de). Sterbetafel 2012/14 Deutschland Männlich Vollendetes Alter in Jahren

Sterbe-

Überlebens-

Überlebende im Alter x

Gestorbene im Alter x bis unter x+1

Von den Überlebenden im Alter x bis zum insgesamt Alter x+1 durchlebte noch zu durchlebende Jahre

lx

dx

Lx

wahrscheinlichkeit vom Alter x bis x+1 x

qx

px

Tx

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren ex

0 1  3 4

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00353650  0,00014063 0,00013705 0,00011695

0,99646350    

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 77,40  75,43 74,44

5 6 7  9

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    

 0,99991077 0,99990914  

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73,45  71,47 70,47 

10 11  13 14

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00006746    

 0,99991377 0,99990914  

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 67,49 66,50 65,50 64,51

15 16 17  19

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00015603  0,00031641 0,00041655 

    0,99954764

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  61,54 60,56 59,59

    

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00045330  0,00044345  

0,99954670  0,99955655 0,99949179 0,99951564

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 57,64 56,67 55,69 

    

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

  0,00051644 0,00055193 

0,99947965 0,99947947   0,99943703

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53,75    

30 31  33 34

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00061511  0,00070336 0,00069396 

 0,99934677  0,99930604 

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 47,91 46,94  45,01

35 36 37  39

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

   0,00105130 

0,99916946    

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44,04   41,15 

40 41  43 44

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,00119591   0,00167603 

    

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  37,34 36,39 35,45

45 46 47  49

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    0,00331193

 0,99769966   

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 33,59  31,75 

10

26

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

Vollendetes Alter in Jahren

Sterbe-

Überlebens-

Überlebende im Alter x

Gestorbene im Alter x bis unter x+1

Von den Überlebenden im Alter x bis zum insgesamt Alter x+1 durchlebte noch zu durchlebende Jahre

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren

lx

dx

Lx

ex

wahrscheinlichkeit vom Alter x bis x+1 x

qx

px

VT

Tx

50 51  53 54

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

 0,00414361 0,00469901 0,00519914 

0,99634131  0,99530099  0,99409916

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55 56 57  59

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

 0,00696965   

 0,99303035   

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60 61  63 64

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

 0,01114577   

    

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  19,95 19,19 

65 66 67  69

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

  0,01751375 0,01900703 

    

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17,69 16,95  15,50 14,79

70 71  73 74

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    

0,97773939 0,97601557   

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14,09 13,40   11,39

75 76 77  79

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

0,03463645  0,04343536  0,05454946

0,96536355  0,95656464 0,95160091 0,94545054

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10,74 10,11 9,50  

    

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    

 0,93041397  0,91153349 

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7,79  6,76 6,30 

    

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    0,16553099

    

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5,44 5,05  4,33 4,00

90 91  93 94

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    

    

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3,69 3,40 3,16  

95 96 97  99

...................... ...................... ...................... ...................... ......................

    

    

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    1,94

100 ......................





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27

11

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Außer den in der Sterbetafel angegebenen Größen sind die folgenden abgeleiteten Größen noch von Bedeutung: lx+t lx

Wahrscheinlichkeit, dass ein x-jähriger nach t Jahren noch lebt (t-jährige Überlebenswahrscheinlichkeit); offenbar ist 1 px = px ,

= 1 − t px

Wahrscheinlichkeit, dass ein x-jähriger innerhalb der nächsten t Jahre stirbt (t-jährige Sterbewahrscheinlichkeit),

= t px · qx+t

Wahrscheinlichkeit, dass ein x-jähriger im Alter von x + t stirbt (um t Jahre aufgeschobene Sterbewahrscheinlichkeit).

t px

t qx

t| qx

=

dx+t lx

=

=

lx+t lx

·

lx −lx+t lx

dx+t lx+t

=

Bei der Erstellung sog. Periodensterbetafeln (Querschnittssterbetafel) werden 100.000 Personen aus einem oder mehreren Kalenderjahren zugrunde gelegt. Es werden dadurch sämtliche in dieser Zeitspanne lebenden Geburtsjahrgänge betrachtet. Während dieser Betrachtungseperiode liefern auch hier die Anzahlen lx der x-jährigen bzw. dx der als x− jährige Gestorbene die Informationen die um qx anzugeben. Bei der oben abgebildeten Sterbetafel handelt es sich um eine Periodensterbetafel. Um konkrete Serbetafel für das VU zu generieren werden nun zusätzlich Trend- und Selektionseffekte berücksichtigt. So könnte etwa der medizinische Fortschritt dafür sorgen, dass „in Zukunft“ die Sterbewahrscheinlichkeiten geringer ausfallen, als sie durch die qx bestimmt sind. Ebenfalls ist natürlich das das „Vorsichtsprinzip“. bei der konkreten Festlegung der qx (als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) zu wahren. Mittels umfangreichen statistischen Methoden entsteht aus all diesen Daten und Trend- und Selektionsannahmen so die eigentliche Sterbetafel, die das VU für die Prämienkalkulation heranzieht. Die zu Grunde liegenden statistischen Methoden hier darzustellen, würde allerdings den Rahmen dieser Veranstaltung sprengen. Verwiesen sei etwa auf [19]. Die Wahl der „richtigen“ Sterbetafel (bzw. –analog– irgend einer anderen Ausscheideordnung) als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung ist von zentraler Bedeutung bei der Kalkulation von Versicherungsleistungen/Beitragsleistungen. Bis 1994 wurden den Versicherungsunteernehmen die zu werwendenden Ausscheideordnungen durch das BAV (Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen) vorgegeben. Seit diesem Zeitraum sind die VU prinzipiell frei und können Ausscheideordnungen grundsätzlich nach eigenem Ermessen wählen. Damit kann ein Versicherungsunternehmen Spezifika bei den bei ihm versicherten Personen berücksichtigen. Der Aufwand für die Erstellung einer solchen „VU-individuellen“ Ausscheideordnung stellt jedoch für die einzelnen Unternehmnen einen immensen Aufwand dar. Derzeit stellt daher die DAV (Deutsche Aktuar Vereinigung e.V.) Regel-Ausscheideordnungen für die VU zur Verfügung. Die neueste bezüglich des Risikos „Langlebigkeit“ wurde dort 2004 erstellt (DAV 2004 R), die aktuelle Sterbetafel bezüglich des Risikos „Sterblichkeit“ ist die Sterbetafel DAV 2008 T. Hinsichtlich des Pflegefallrisikos wird derzeit die Tafel DAV 2008 P verwendet. Die oben dargestellte Systematik für die „Sterbetafel“ gilt ganz entsprechend auch für die Konstruktion dieser Ausscheideordnungen, Wenn wir also in Zukunft die Nomenklatur qx ,dx ,lx ,e0x verwenden, so beziehen wir uns damit zwar auf eine Sterbetafel, die Nomenklatur gilt aber –mutatis

12

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

mutandis- in analoger Weise für andere Ausscheideordnungen (z.b. „Invaliditätstafeln“ oder „Pflegefalltafeln“. Und dies sowohl für Männer als auch für Frauen. Wichtig: Per Gesetzesverordnung darf seit Ende 2012 innerhalb der Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung (!) nicht mehr nach dem Geschlecht differenziert werden, obwohl in der Lebensversicherung risikogerechte Beiträge kalkuliert werden sollen. Dies ist eine Konsequenz aus der EU-Gleichstellungsrichtlinie aus dem Jahr 2004 (RL 2004/113 EG). Diese erhält in Art. 5 Abs. 1 folgenden Grundsatz: „Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass spätestens bei den nach dem 21. Dezember 2007 neu abgeschlossenen Verträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen im Bereich des Versicherungswesens und verwandter Finanzdienstleistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führt.“ Gegen diese Richtlinie haben vor allem deutsche Versicherer geklagt, sind mit der Klage aber Anfang 2011 vor dem EuGH unterlegen. Um zu verhindern, dass nun alle nach dem 21.12.2007 geschlossenen Verträge unwirksam sind, gewährte der EuGH eine Übergangszeit bis zum 21.12.2012 2 . Ab diesem Zeitpunkt müssen die Prämien sämtlicher neu abgeschlossener Versicherungen nach geschlechtsunabhängigen Ausscheideordnungen kalkuliert werden (Unisex-Tarife). Diese Unisex-Kalkulation betrifft allerdings nicht bereits bestehende Verträge und auch die Berechnung der Reserven kann (sollte!) zukünftig weiterhin mit geschlechtsdifferenzierenden Ausscheideordnungen erfolgen.

1.3 Eine garantierte Zinsentwicklung als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung Die vom VU einzuschätzende Verzinsung der Reserven stellt eine weitere wesentliche Grundlage bei der Kalkulation von Prämien und Versicherungsleistungen dar. Wegen der vertraglichen Fixierung von Versicherungsleistung(en) bzw. Prämien zu Beginn eines Versicherungsvertrages hat das VU hierzu entsprechend langfristige (!) Zinsannahmen zu treffen. Mit der Festlegung dieser Zinsannahmen bindet sich das VU bereits zu Beginn des Vertrages für jedes Jahr der gesamten Laufzeit. Es geht damit also ein langfristiges, vertraglich bindendes Verzinsungsverprechen gegenüber dem Kollektiv (und damit gegenüber dem einzelnen VN) ein. garantierten Verzinsung. Diese langfristige Zinsgarantie (Garantieverzinsung), die ein wesentliches Merkmal der (deutschen) Lebensversicherung ist, wird technisch durch eine Festlegung kalkulatorischer Zinssätze I := (i1 , i2 , . . . , in ) für die einzelnzelnen Jahre der Versicherungslaufzeit getroffen. Die Größe it beschreibt dabei den Zinssatz, den das VU dem Kollektiv gegenüber für die Anlage der Kapitalreserven des 2

Dies war übrigens der Tag, an dem der alte Maya-Kalender den Weltuntergang prophezeite.

13

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Abrechnungsverbandes für das t-te Jahr der Versicherung garantiert. Bei der Wahl der Werte für it ist das VU in einem gewissen Maße „frei“. Wegen der Verpflichtung zur dauerhaften Erfüllbarkeit der Verträge gehen die VU allerdings sehr vorsichtig bei der Fixierung derartiger Zinssätze vor (Vorsichtsprinzip). Das VU trägt durch dieses „Garantie-Versprechen“ ja das Risiko, ggf. diese Rendite zukünftig (in jedem Jahr der Laufzeit des Vertrages) auch tatsächlich zu erzielen, um so die (nach VAG § 11) erforderlichen Kapitalreserven (Deckungsrückstellungen) auch bilden zu können. Für eine kalkulatorische Verzinsung der Kapitalreserven (Deckungsrückstellungen) hat der Gesetzgeber aus diesem Grunde Höchstwerte angegeben. Dieser sogenannte Höchstrechnungszins i ist in der Vergangenheit immer wieder den Entwicklungen am Kapitalmarkt angepasst worden. Eine „Faustregel“ soll diesen Höchstwert in etwa an 60% des Zinssatzes für längerfristig laufende Staatsanleihen (d.h. an Wertpapiere mit dem –formal – geringsten Ausfallrisiko) orientieren. Die Höchstrechnungszinssätze für eine kalkulatorische Verzinsung der Dechungsrückstellungen bei Lebensversicherungsprodukten betrugen/betragen: 1903 bis 1922 1923 bis 1941 1942 bis 1986 1987 bis 06/1994



i = 3, 5%     i = 4, 0%  „regulierter“, festgelegter Rechnungszins i = 3, 0%   (staatlicherseits festgelegt)

i = 3, 5%

  



07/1994 bis 06/2000 i = 4, 0%   

07/2000 bis 2003

     = 2, 75%   „deregulierter“ staatlich festgelegter Höchst= 2, 25%   Rechnungszins für Deckungsrückstellungen  = 1, 75%     = 1, 25%     = 0, 90%

i = 3, 25%  

2004 bis 2006

i

2006 bis 2011

i

2012 bis 2014

i

2015 bis 2016

i

2017 bis

i

Bis 1994 wurde der anzuwendende Rechnungszins vom damaligen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) – jetzt BAFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) – den Versicherern vorgeschrieben. Ab 1994 gibt es einen vom Finanzministerium vorgeschriebenen Höchstrechnungszins Die Versicherer drücken ihre Einschätzung über die zukünftige Verzinsung der Reserven eines Abrechnungsverbandes in einem derzeit noch einheitlichen (= zeitlich konstanten) kalkulatorischen jährlichen Rechnungszins i aus, d.h. I = (i, i, i, . . . , i). Er beschreibt also für die Zukunft die Höhe einer angenommenen einheitlichen garantierten jährlichen Verzinsung der Kapitalreserven im entsprechenden Abrechnungsverband. Marktüblich ist es auch, den gesetzlich festgelegte Höchstrechnungszins (für die Verzinsung der Rückstellungen) bei der Beitrag-/Leistungs Kalkulation zu verwenden. Motiviert ist dies dadurch, dass sich diese Rückstellungen letztlich aus den Beiträgen der VN ergeben, und dieser Zinssatz so auch eine angenommene jährliche Verzinsung der vom VN eingenommenen

14

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Versicherungsprämien widerspiegeln kann. Zu bemerken ist allerdings, dass grundsätzlich die Verwendung von verschiedenen Rechnungszinssätzen für die Verzinsung eingezahlter Prämien einerseits, bzw. Verzinsung der Deckungsrückstellungen (Kapitalreserven) andererseits, erlaubt wäre. Als Alternative zur Konstanz des kalkulatorischen Garantie-Zinssatzes i während der gesamten „Lebensdauer“ eines Abrechnungsverbandes werden in der deutschen Versicherungswirtschaft derzeit sogenannte „temporäre Zinsgarantien“ oder „Abschnitts-Garantien“ diskutiert. In dieser Konzeption wird die Laufzeit eines Versicherungsvertrages gedanklich in mehrere Phasen unterteilt. Während der einzelnen zeitlichen Abschnitte werden dann jeweils unterschiedliche Zinssätze „garantiert“. Diese verschiedenen garantierten Zinssätze könnten dann wiederum entweder zu Beginn eines Vertrages für sämtliche Phasen oder aber jeweils zu Beginn der einzelnen Phasen neu festgelegt werden. Es gibt heute auch bereits Lebensversicherungen, bei denen gänzlich auf eine garantierte Verzinsung verzichtet wird. Bei derartigen Versicherungen,so genannten Fonds-Versicherungen, werden die anzulegenden Reserven einem Anlage-Fonds zugeführt, der für eine entsprechende Verzinsung „zu sorgen hat“. Das VU gibt über die Höhe der Rendite allerdings a priori keinerlei Versprechen ab. Somit liegt in diesem Fall das „Rendite-Risiko“ vollständig bei den VN.

1.4 Einschub: Kommutationswerte Neben den vorgestellten Größen in der Sterbetafel lassen sich nun, mit Annahmen über die Verzinsung, bereits eine Reihe von „kombinierten Grössen“ ableiten. Diese so genannten Kommutationswerte spielten besonders früher (und in vielen Bereichen auch heute noch) eine große Rolle bei der Kalkulation und der quantitativen Analyse von Lebensversicherungen. Kommutationswerte wurden bereits Ende des 18. Jahrhunderts von Tetens (siehe [7]) eingeführt und zum ersten mal verwendet. Früher waren diese Kommutationswerte in einem besonderen Maße notwendig, ja sogar unverzichtbar, da man – ohne Zuhilfenahme von Rechnern – beispielsweise die Prämien bzw. Leistungen für spezielle Lebensversicherungsprodukte (etwa Leibrenten) ermitteln musste. Für die dazu notwendigen – und aus damaliger Sicht auch „aufwendigen“, da manuell, durchzuführenden Rechenoperationen – griff man auf „einmal berechnete“ und dann in Tabellenform vorliegende numerische Werte dieser Grundgrößen zurück. Durch einfache Rechenoperationen (meist Additionen und Divisionen) auf derartigen Tafel-Werten ließen sich dann bestimmte versicherungstechnische Grundgrößen eines Lebensversicherungsvertrages relativ einfach bestimmen3 . Weder aus rechentechnischer Sicht, noch aus methodisch-instrumenteller Sicht gibt es stichhaltige Begründungen, auch heute noch derartige Kommutationswerte für die Bestimmung versicherungstechnischer Größen heranzuziehen. Ihre Verwendung schränkt sogar die Kalkulation einer großen Palette potentieller Lebensversicherungsprodukte ein.

3

Eine solche Vertafelung der Kommutationswerte lässt sich vielleicht mit den früher in Tabellenform vorliegenden Logarithmentafeln, oder Tafeln trigonometrischer Formeln vergleichen, welche heute praktisch ebenfalls bedeutungslos geworden sind.

15

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Da aber – auch in der neueren Literatur – Kommutationswerte immer noch vielfältig „zelebriert“ werden4 , sei auch hier wenigstens auflistend auf die „häufigsten“ Größen hingewiesen. Unter Benutzung der rohen Sterbewahrscheinlichkeiten einer Sterbetafel und bei Verwendung eines über alle Jahre konstanten Zinssatzes i und folglich eines konstanten Diskontfaktors v=

1 , 1+i

werden für die einzelnen Alter x typischerweise folgende Kommutationswerte (bzw. Barwertfaktoren) tabelliert. i. Diskontierte Zahl der Lebenden des Alters x: Dx := lx · v x ii. Summe der diskontierten Zahl der Lebenden ab Alter x: Nx :=

ω X

Dj

j=x

iii. Doppelt aufsummierte Zahl der Lebenden ab Alter x: Sx :=

ω X

Nj =

j=x

ω X

(j − x + 1) · Dj

j=x

iv. Diskontierte Zahl der Toten des Alters x: Cx := dx · v x+1 v. Summe der diskontierten Zahl der Toten ab Alter x: Mx :=

ω X

Cj

j=x

vi. Doppelt aufsummierte Zahl der Toten ab Alter x: Rx :=

ω X

Mj =

j=x

ω X

(j − x + 1) · Cj

j=x

Leicht sieht man dann sofort die folgenden Zusammenhänge zwischen diesen Größen: i. Cx = v · Dx − Dx+1 4

Tatsächlich liegen diese Größen auch heute noch (in oft sehr umfangreichen Tabellen) „vertafelt“ vor. So etwa in den Materialen des Statistischen Bundesamtes (siehe beispielsweise [17].)

16

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

ii. Mx = Dx − (1 − v) · Nx = v · Nx − Nx+1 iii. Rx = Nx − (1 − v) · Sx = v · Sx − Sx+1 iv. lx+j j Dx+j = ·v = Dx lx

j px

· vj ,

j = 0, 1, . . . ω − x

v. a ¨x :=

ω−x X

j px

· vj =

j=0

Nx+1 Nx =1+ Dx Dx

Die Größe a ¨x heißt auchvorschüssiger Leibrentenbarwert(faktor) einer Person des Alters x. vi. ¨x := m| a

ω−x X

j j px · v =

j=m

ω−x X

Nx+m Dx+j = Dx Dx j=m

Die Größe m| a ¨x heißt auch der um m Jahre aufgeschobene, vorschüssige Leibrentenbarwert(faktor) einer Person des Alters x. vii. a ¨x, n :=

n−1 X

j px

· vj =

j=0

X X 1 ω−x 1 ω−x Nx − Nx+n · Dx+j − · Dx+j = =a ¨x − Dx j=0 Dx j=n Dx

¨x n| a

Die Größe a ¨x, n heißt auch temporärer, vorschüssiger Leibrentenbarwert(faktor) einer Person des Alters x. viii. ¨x, n := m| a

n−1 X j=0

j+m px

· vj =

X 1 m+n−1 Nx+m − Nx+n+m · = Dx+j = Dx j=m Dx

¨x m| a



¨x n+m| a

Die Größe m| a ¨x, n heißt auch der um m Jahre aufgeschobene, temporäre, vorschüssige Leibrentenbarwert(faktor) einer Person des Alters x. iix. ax :=

ω−x X

j px

· vj =

j=1

Nx+1 = Dx

¨x 1| a

Die Größe ax heißt auch nachschüssiger Leibrentenbarwert(faktor) einer Person des Alters x.

17

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

1.5 Die Kostenzuschläge als Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung Das Organisieren des Gewährens von Versicherungsschutz verursacht beim VU Kosten. Gedanklich sind diese der „Preis“ für alle im Zusammenhang mit einem Versicherungsvertrag anfallenden „indirekten Versicherungsleistungen“. Diese Kosten stellt das VU den VN des Kollektivs in Rechnung, indem es auf der einzelvertraglichen Ebene eine entsprechende Kostenzuordnung vornimmt und dem einzelnen VN seine entsprechenden Kosten im Rahmen seiner Beitragzahlungen „zuschlägt“. Gemäss §11 VAG müssen nämlich auch diese Kosten aus den Prämien der VN bestritten werden. Entsprechend müssen bei einer Beitragskalkulation diese Kostenzuschläge Berücksichtigung finden. Eine solche Kalkulation nennt man „BruttoBeitragskalkulation“ im Gegensatz zur „Netto-Beitragskalkulation“, welche die Kostenzuschlägen für die indirekten Versicherungsleistungen nicht berücksichtigt. Abhängig vom Zeitpunkt, in welchem die indirekten Versicherungsleistungen durch das VU erbracht werden, unterscheidet man zunächst grob zwischen Abschluss- und Verwaltungskosten.

1.5.1 Abschlusskostenzuschlag (α-Kosten) Hinter dem Begriff „Abschlusskostenzuschlag“ verbirgt sich der Kostenblock für sämtliche Aufwendungen des VU, die vor und mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags verbunden sind. Im Allgemeinen wird hier differenziert: (i) äußere Abschlusskosten: • Vermittlungsprovisionen (an den Aussendienst) für die Akquisition eines neuen Vertrages, • Lohnanteile für den angestellten Außendienst, die dem Abschluss eine Vertrages zugeordnet werden können, • anteilige Kosten für Geschäftsstellen, etc., (ii) innere Abschlusskosten: • Kosten für die Auftragsbearbeitung (Gesundheitsprüfung, Anfertigung der Police, EDV-Erfassung, . . . ), • anteilige Kosten für Mitarbeiterschulung, • Kosten für Marketing, • anteilige Entwicklungskosten für neue Vesicherungsprodukte. Das VU muss also bei der Prämienkalkulation a priori eine Vorstellung darüber haben, • in welcher Gesamthöhe derartige Abschlusskosten anfallen, • wie, wann und in welcher Höhe diese entstandenen Abschlusskosten dem VN (über seine Prämien) belastet werden

18

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

Als Bezugsgröße für die Ermittlung der Höhe dieser kalkulatorischen Abschlusskostenzuschläge wird derzeit i. Allg. die Summe aller vom VN zu zahlenden Beiträge herangezogen. Um daraus die Höhe der Abschlusskosten zu ermitteln legt das VU einen Wert α fest (daher der Name α-Kosten), der den sog. rechnungsmässigen Abschlusskostensatz beschreibt. Beispielsweise liegt für gemischte Versicherungen bei VU mit selbständigem Außendienst derzeit dieser kalkulatorische Abschlusskostensatz bei etwa 4%, d. h. 4% aller gezahlten Beiträge einer solchen Versicherung werden dem Kollektiv ( und somit dem einzelnen VN) kalkulatorisch als Abschlusskosten in Rechnung gestellt. Die deutschen VU weisen zu einem sehr großen Teil einen negativen Saldo zwischen tatsächlichen Abschlusskosten und rechnungsmässigen Abschlusskostenzuschlägen auf. Dieser Abschlusskostenverlust wird auch als überrechnungsmäßige Abschlusskosten bezeichnet und wird in der GuV gesondert ausgewiesen.

1.5.2 Verwaltungskostenzuschlag (β- und γ- Kosten) Hinter dem Begriff „Verwaltungskostenzuschlag“ verbergen sich die Kostenzuschläge für sämtliche Aufwendungen des VU, die mit der Verwaltung eines Versicherungsvertrags verbunden sind. Im Allgemeinen wird hier differenziert: (i) Inkassokosten (eher historisch) (β-Kosten), (ii) laufende Verwaltungskosten (γ-Kosten): • Kosten für die „Bestandsführung“, • Löhne und Gehälter der Mitarbeiter, • Miete, Steuern, Kundenkorrespondenz, • Aufwendungen für Vertragsbeendigung, • Kosten, die durch die Stornierung von Verträgen entstehen, • Kosten, die bei Ablauf oder Eintritt des Versicherungsfalls entstehen. Ähnlich wie schon bei den Abschlusskosten muss das VU für die Prämienkalkulation a priori festlegen, wann und in welcher Gesamthöhe diese Verwaltungskosten anfallen, bzw. wie, wann und in welcher Höhe diese Kostenart dem VN über seine Prämien belastet werden. Als Bezugsgrößen für die Festlegung der Höhe der kalkulatorischen Verwaltungskostenzuschläge werden i. Allg. • die Prämien des VN, • Versicherungsleistungen des VU (z.B. Rentenhöhe, Versicherungssumme), oder eine Kombination aus derartigen Größen herangezogen. Diese Bezugsgrößen werden dann – ähnlich wie bei den Abschlusskostenzuschlägen – mit kalkulatorischen Verwaltungskostensätzen β bzw. γ (daher der Name β-Kosten, bzw. γ-Kosten) multipliziert und so die kalkulatorische Höhe dieser Kostenart ermittelt, die dem VN in Rechnung gestellt wird. Wir werden im Zusammenhang mit der „Bruttokalkulation“ noch auf diese Kosten zurückkommen und sie für die Kalkulation systematisieren.

19

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

1.6 Die beiden versicherungstechnischen Äquivalenzprinzipien In diesem Abschnitt stellen wir den Kalkulationsgrundsatz vor, der innerhalb der Lebensversicherung eine fundamentale Bedeutung für die Beitragsbestimmung hat. Mit dem Versicherungsvertrag garantiert das VU dem VN eine a priori festgelegte Versicherungsleistung, falls der Versicherungsfall eintritt. Im Gegenzug verpflichtet sich der VN, dafür zu bestimmten Zeitpunkten während der Laufzeit des Vertrags a priori festgelegte Beiträge (Prämien) zu leisten. Die technische Bestimmung von Beitragsleistungen des VN (bzw. der Versicherungsleistungen des Kollektivs, der Bestandsgruppe eines Kollektivs) gestaltet sich nun derart, dass den Beitragsleistungen des VN die entsprechenden Versicherungsleistungen des Kollektivs gegenübergestellt werden. Versicherungsleistungen des Kollektivs, indirekte Leistungen des VU

Beitragsleistungen des VN

Abbildung 1.3: Gegenüberstellung von Beiträgen und Leistungen Ein im Sinne des Kollektivs erstes, angemessenes Kalkulationsprinzip, welches den Anforderungen des §11 VAG gerecht wird, könnte darin bestehen zu fordern, die Prämien so zu kalkulieren, dass zu jedem Zeitpunkt t der Vertragslaufzeit die in t vom VN erwartungsgemäss zu zahlende Prämie und die in t zu erwartenden Leistungen (des Kollektivs) an ihn wertmäßig identisch sind:

„Wert zum Zeitpunkt t“ aller für den Zeitpunkt t erwartungsgemäss von den VN zu zahlenden Beitragsleistungen

!

=

„Wert zum Zeitpunkt t“ aller für den Zeitpunkt t zu erwartenden, vertraglich festgelegten (Versicherungs)Leistungen an die VN (und an das VU).

Wird eine Leistungs-Prämienkalkulation nach diesem Kalkulationsprinzip vorgenommen, so nennen wir dies starkes versicherungstechnisches Äquivalenzprinzip. In jedem Zeitpunkt t der Versicherungslaufzeit „finanziert“ also die zu erwartende Prämie die für diesen Zeitpunkt zu erwartende Versicherungsleistung. Da aber die Prämien einerseits und die zu erwartenden Versicherungsleistungen (des Kollektivs) bzw. die sonstigen Leistungen (des VU) andererseits im Allgemeinen zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen, könnte man auch ein alternatives Kalkulationsprinzip ins Auge fassen, welches den „gesamten Wert“ der einzelnen Verträge (über die Laufzeit hinweg) berücksichtigt. Dies führt zu einem, im Sinne des Kollektivs ebenfalls angemessenen Kalkulationsprinzip, welches auch den Anforderungen des §11 VAG gerecht wird. Dieses fordert, die Prämien so zu kalkulieren, dass für jeden Zeitpunkt t gilt, dass die aus den einzelnen Verträgen gesamthaft zu erwartenden Prämienleistungen und die aus den Verträgen

20

1 Kalkulationsprinzip und Kalkulationsgrundlagen

VT

gesamthaft zu erwartenden Versicherungsleistungen bezogen auf den Zeitpunkt t wertmäßig identisch sind:

„Wert zum Zeitpunkt t“ aller zu erwartenden, vertraglich festgelegten Prämienzahlungen eines jeden VN.

!

=

„Wert zum Zeitpunkt t“ aller zu erwartenden, vertraglich festgelegten (Versicherungs)-Leistungen an einen jeden VN (und an das VU).

Eine Leistungs-Prämienkalkulation, die nach diesem Kalkulationsprinzip vorgenommen wird, nennen wir das schwache versicherungstechnische Äquivalenzprinzip. Wir werden später sehen, dass beide Äquivalenzprinzipien in einem sehr engen, aber zentralen Zusammenhang stehen. Nachdem durch die beiden versicherungstechnischen Äquivalenzprinzipien zwei Kalkulationsgrundsätze festgelegt sind, mit welchen wir bestimmen könnten, wie die Leistungen des Kollektivs und die dafür zu erbringenden Prämienleistungen des VN zusammenhängen, müssen wir uns nun Gedanken darüber machen, wie die einzelnen quantitativen Komponenten der Rechnungsgrundlagen konkret in den Kalkulationsprozess einbezogen werden.

21

2 Nettokalkulation: Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen Eine Beitrags-/Leistungskalkulation basiert auf einem (der beiden) versicherungstechnischen Äquivalenzprinzipien, verbunden mit „angemessenen“ versicherungstechnischen Annahmen über Ertragsgrößen (kalkulatorischer Zinssätze), Risikogrößen (Ausscheideordnung) und Kostengrößen(α, β, γKosten) asl Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung. In diesem Kapitel wollen wir diese Prinzipien nun formalisieren, um zu einem entsprechenden Kalkül zu gelangen. Wir werden zunächst davon ausgehen, dass das VU bei der Kalkulation keinerlei Kosten berücksichtigt, dass also sowohl Abschlusskosten (α-Kosten) als auch die Verwaltungs- und Inkassokosten((β-Kosten) und (γ-Kosten)) während der gesamten Laufzeit der Versicherung gleich Null sind. Eine Beitrags-Leistungs-Kalkulation, die derartige Kostengrößen nicht mit einbezieht, wird als Nettokalkulation bezeichnet. Obwohl die Nichtberücksichtigung von Kostengrößen auf den ersten Blick etwas realitätsfremd erscheint, werden wir sehen, dass das Nettokalkulations-Prinzip sehr leicht auf den Fall übertragbar ist, dass später positive Abschluss- und Verwaltungs- bzw. Inkassokosten mit einbezogen werden. Wir werden ein Modell bereitstellen, welches „flexibel“ die versicherungstechnische Konstruktion einer breiten Palette verschiedenster Lebensversicherungsprodukte erlaubt. Mit diesem Modell können somit nicht nur Beitrags- bzw. Leistungsspektren der derzeitigen, marktgängigen Versicherungsprodukte kalkuliert werden, vielmehr erlaubt dieses Modell auch derartige Kalkulationen für momentan (noch) nicht auf dem Markt befindliche Produkte durchzuführen. Das Modell hat zwei wesentliche Charakteristika: (i) das Modell ist diskontinuierlich, d. h. die Laufzeit eines Versicherungsvertrages wird in eine endliche Anzahl von Zeitperioden {[0, 1[, [1, 2[, [2, 3[, . . . , [j − 1, j[ , . . . , [n − 1, n]} |

{z

}

Periode Nr. j

zerlegt. Wir wollen hier pragmatischerweise annehmen, dass die Zeitperiode Nr. j durch den j +1ten „Jahrestag“ des Versicherungsvertrages bestimmt werden (jährliche Betrachtung). Diese jährlich Betrachtung ist allerdings keine große formale Einschränkung. Auch eine Diskretisierung in „unterjährige“ Perioden“ liefert dieselbe Modellstruktur. Der diskontinuierliche Charakter unseres Modells führt dazu, dass alle Ereignisse, die einen einzelnen Versicherungsvertrag betreffen, in unserer Betrachtung nur zu den ganz

22

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

bestimmten, diskreten Zeitpunkten t = 0, 1, . . . , n stattfinden: stellen wir etwa zu einem dieser Zeitpunkte t fest, dass der VN noch zum Kollektiv gehört, zum nächsten Zeitpunkt t + 1 jedoch nicht mehr – etwa, weil er zwischenzeitlich gestorben ist – so sollte es für unser Kalkulationsmodell unerheblich sein, wann dieser Ausscheidezeitpunkt im Interval ]t, t + 1[ tatsächlich war. Wir stellen das Ausscheiden erst in t + 1 fest. Ähnliches nehmen wir für die Beitragszahlungen und die Auszahlungen von Versicherungsleistungen an, d.h auch Versicherungsleistungen, die in der Realität irgendwann im Zeitintervall ]t, t + 1[ erbracht werden müssen, werden in unserem Modell erst zum Zeitpunkt t + 1 festgestellt (und dann erbracht), also wenn wir das nächste Mal (nach Zeitpunkt t) den Versicherungsvertrag beobachten. (ii) Das Modell ist deterministisch in dem Sinne, dass alle zur Berechnung notwendigen Kalkulationsgrundlagen 1. Ordnung vorgegeben sind.

2.1 Diskrete Zahlungsreihen Wir betrachten nun die gegebenen Zeitperioden {[0, 1[, [1, 2[, [2, 3[, . . . , [j − 1, j[ , . . . , [n − |

{z

}

Periode Nr. j

1, n]}. Für j ∈ {1, 2, . . . , n} bezeichne

• ij den Zinssatz der Periode j (etwa als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) , • rj = 1 + ij den Aufzinsungsfaktor der Periode j, • vj =

1 1+ij

=

1 rj

den Abzinsungsfaktor (oder Diskontierungsfaktor) der Periode j.

für die j-te Periode, d.h. für den Zeitraum zwischen den Zeitpunkten j − 1 und j. Weiterhin definieren wir folgende Ausdrücke: • Der auf den Zeitpunkt t bezogene Aufzinsungsfaktor für eine Zahlung zum Zeitpunkt l, mit 0 ≤ l < t ≤ n wird geschrieben als (l)

rt := rl+1 · · · · · rt =

t Y

rj .

j=l+1 (l)

Formal setzen wir noch rl := 1 für alle l. • Sind die Zinssätze während sämtlicher Perioden dieselben, also also i1 = i2 = · · · = in = i, so haben wir (l) rt = r t−l • Der Ausdruck (l) vt

:= vt+1 · vt+2 · · · · · vl =

l Y

vj .

j=t+1

ist der auf den Zeitpunkt t bezogene Diskontierungsfaktor für eine Zahlung zu zum Zeitpunkt l (Beginn der Periode l + 1), mit 1 ≤ t + 1 ≤ l ≤ n. Gilt t = 0, so lassen wir den

23

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

(l)

Index t weg, d.h. v (l) := v0 . Sind die Zinssätze während sämtlicher Perioden dieselben, also i1 = i2 = · · · = in = i, so haben wir (l)

vt = v l−t bzw. v (l) = v l . Bemerkung 2.1 Man rechnet leicht nach, dass (l)

(t)

(l)

i. rt · rt¯ = rt¯ für alle l ≤ t ≤ t¯ (l) (t) (l) ii. vt · vt¯ = vt¯ für alle t¯ ≤ t ≤ l (l)

iii. rt =

1 (t) vl

für alle l ≤ t.

Übung: Weisen Sie bitte nach, dass folgende beiden Aussagen äquivalent sind (i.) v (l) · v (t) = v (l+t) für alle l, t ≥ 0, l + t ≤ n (ii.) i1 = i2 = · · · = in = i Gegeben sei eine diskrete Zahlungsreihe Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ), wobei Zj eine (erwartete) Zahlung zum Zeitpunkt j bezeichnet. Dann heißt für t ∈ {0, 1, . . . , n} der Wert KWt (Z) :=

t X

(j)

Zj · rt +

j=0

n X

(j)

Zj · vt

j=t+1

der (erwartete) Kapitalwert von Z bezogen auf den Zeitpunkt t. Ist t = 0 und setzen wir formal (0) v0 := v (0) := 1, so heißt die Größe KW0 (Z) =

n X

Zj · v (j)

j=0

der (erwartete) Barwert der Zahlungsreihe. Kapitalwerte „bewerten“ also Zahlungsreihen zu bestimmten Zeitpunkten t. Zwei diskrete Zahlungsreihen Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ), Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn′ ) heißen finanzmathematisch äquivalent, falls es einen Zeitpunkt t0 ∈ {0, 1, . . . , n} gibt derart, dass gilt: KWt0 (Z) = KWt0 (Z ′ ).

Finanzmathematisch äquivalente Zahlungsreihen führen also zumindest für einen bestimmten Zeitpunkt t0 zu einer gleichen „Bewertung“. Allerdings gilt folgendes Lemma:

24

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Lemma 2.2 Zwei diskrete Zahlungsreihen Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ), Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn′ ) sind genau dann finanzmathematisch äquivalent, falls KWt (Z) = KWt (Z ′ ), für alle t = 0, 1 . . . n gilt.

Beweis: Übung.



Fordert man also die finanzmathematische Äquivalenz zweier diskreter Zahlkungsreihen Z und Z ′ , so reicht es aus zu fordern, dass die Barwerte KW0 (Z) und KW0 (Z ′ ) identisch sind. Zur Vorbereitung auf den Zusammenhang zwischen dem starken und dem schwachen versicherungstechnischen Äquivalenzprinzip formulieren wir hier bereits ein wichtiges Resultat für Zahlungsreihen, welches wir später noch benötigen werden. Es gilt nämlich der folgende Zusammenhang: Satz 2.3 Zwei diskrete Zahlungsreihen Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ) und Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn′ ) sind genau dann finanzmathematisch äquivalent, wenn es eine Zahlungsreihe V (Z, Z ′ ) = V = (V0 , V1 , . . . , Vn ) gibt derart, dass für die Zahlungsreihen Z¯ = Z + V = (Z0 + V0 , Z1 + V1 , . . . , Zn + Vn ) und

′ Z¯ ′ = (Z0′ + v1 · V1 , Z1′ + v2 · V2 , . . . , Zn−1 + vn · Vn , Zn′ + V0 · rn(0) )

gilt

Z¯ = Z¯ ′ .

Beweis: Übung



Korollar 2.4 Die Zahlungsreihe V = (V0 , V1 , . . . , Vn ) in Satz 2.3 ist durch die Festlegung eines Eintrages Vj0 , j0 ∈ {0, 1, . . . , n}, eindeutig festgelegt.

Beweis: Übung



Eine alternative Möglichkeit finanzmathematische Äquivalenz zu charakterisieren liefert unmittelbar das Korollar:

25

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Korollar 2.5 Es seien Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ) und Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn′ ) zwei finanzmathematisch äquivalente Zahlungsreihen. Dann gibt es eine zugehörige Zahlungsreihe V (Z, Z ′ ) = V = (V0 , V1 , . . . , Vn ) im Sinne von Satz 2.3 mit den Eigenschaften (i) Vt :=

n X

Zj′ · vt −

t−1 X

Zj · rt −

(j)

j=t

n X

Zj · vt

t−1 X

Zj′ · rt

(j)

j=t

für jedes t ∈ {0, 1, . . . , n}, (ii) Vt :=

(j)

j=0

(j)

j=0

für jedes t ∈ {0, 1, . . . , n}.

Beweis: Übung (offenbar gilt für die angegebene Zahlungsreihe V0 = 0).



Die Eigenschaft (i) besagt also, dass sich für jeden Zeitpunkt t die Größe Vt als Differenz zwischen den beiden auf den Zeitpunkt t bezogenen Kapitalwerten aller zukünftigen Zahlungen ′ , . . . , Z ′ ) errechnen lässt. (Zt , Zt+1 , . . . , Zn ) und (Zt′ , Zt+1 n Die Eigenschaft (ii) liefert eine alternative Berechnung für Vt als Differenz zwischen den beiden Zahlungen auf den Zeitpunkt t bezogenen Kapitalwerte aller vergangenen ′ ′ ′ (Z0 , Z1 , . . . , Zt−1 ) und (Z0 , Z1 , . . . , Zt−1 ). Wir bezeichnen mit V (Z, Z ′ ) diejenige Zahlungsreihe V , welche für die beiden finanzmathematisch äquivalenten Zahlungsreihen Z und Z ′ und die Festlegung von V (Z, Z ′ ) durch den Satz 2.3 eindeutig bestimmt ist. Weiterhin sei für Zahlungsreihen Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn ) und Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn′ ), α ∈ definiert: Z + Z ′ := (Z0 + Z0′ , Z1 + Z1′ , Z2 + Z2′ , . . . , Zn + Zn′ ) α · Z := (α · Z0 , α · Z1 , α · Z2 , . . . , α · Zn ) Damit folgern wir leicht: Korollar 2.6 (i) V (Z, Z) = (0, 0, 0, . . . , 0); (ii) V (αZ, αZ ′ ) = αV (Z, Z ′ ) = −αV (Z ′ , Z); (iii) V := V (0, Z) = −V (Z, 0) mit Vt =

Pt−1

j=0 Zj

26

(j)

· rt ;

R und

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

˜ Z ′ + Z˜ ′ ) = V (Z, Z ′ ) + V (Z, ˜ Z˜ ′ ); (iv) V (Z + Z, ˜ Z ′ ) = V (Z, Z ′ ) + V (Z, ˜ 0) = V (Z, Z ′ − Z). ˜ (v) V (Z + Z, (vi) Ist speziell Z˜ = (Z˜0 , 0, 0, . . . , 0), so gilt ˜ Z ′ ) = V (Z, Z ′ ) + V (Z, ˜ 0) = V (Z, Z ′ ) + (0, Z˜0 r (1) , Z˜0 r (2) , . . . , Z0 rn(n) ). V (Z + Z, 1 2 ′ , 0) mit Zj′ = Zj+1 vj+1 , so (vii) Ist speziell Z = (0, Z1 , Z2 , . . . , Zn ) und Z ′ = (Z0′ , Z1′ , . . . , Zn−1 ′ gilt V (Z, Z ) = −Z.

2.2 Der Beitragsbarwert Die vom VU zu erwartenden Prämien (eines VN) bzw. die zu erwartenden Leistungen (des Kollektives) an den VN können wir jeweils als Zahlungsreihe auffassen. Legen wir nun für die Kalkulation das Erfülltsein des schwachen Äquivalenzprinzips zugrunde (siehe Seite 21), und nutzt Lemma 2.2, so bedeutet dies gerade, dass beide Zahlungsreihen finanzmathematisch äquivalent sind und

Der Barwert der Zahlungsreihe aller zu erwartenden vertraglich festgelegten Beitragsleistungen des VN

!

=

Der Barwert der Zahlungsreihe aller zu erwartenden vertraglich festgelegten Versicherungsleistungen an den VN.

Den Barwert der Zahlungsreihe aller zu erwartenden vertraglich festgelegten Beitragsleistungen des VN werden wir den Beitragsbarwert nennen und mit BB0 abkürzen. Den Barwert der Zahlungsreihe aller zu erwartenden vertraglich festgelegten (direkten oder indirekten) Versicherungsleistungen an den VN werden wir den Leistungsbarwert nennen und mit LB0 abkürzen. Das schwache versicherungstechnische Äquivalenzprinzip ist erfüllt, falls !

LB0 = BB0 . Um eine möglichst allgemeine Darstellung für den Beitragsbarwert BB0 zu erhalten, betrachten wir einen Versicherungsvertrag innerhalb unseres Kalkulationsmodells nun genauer. Wir nehmen an, dass ein x-jähriger Mann für n Jahre einen Lebensversicherungsvertrag abschließt, d. h. einen Vertrag der Versicherungsdauer (bzw. der Laufzeit) n. Im Weiteren gehen wir von der üblichen Annahme aus, dass ein Versicherungsnehmer seine zu zahlenden Prämien höchstens solange entrichten wird, wie sich die versicherte Person im Versichertenkollektiv befindet. Als potentielle Zahlungszeitpunkte für die Prämien kommen in unserem Modell nur die Zeitpunkte t ∈ {0, 1, 2, . . . , n − 1, n} in Frage. Da man üblicherweise stets von „vorschüssigen“ (zu Beginn einer Periode) Prämienzahlungen ausgeht wird in diesem Fall zum Beendigungszeitpunkt t = n kein (positiver) Beitrag mehr gezahlt, technisch genauer also: Bn := 0. Allerdings muss dies bei unserer Modellierung nicht unbedingt gefordert werden. Mit Bt bezeichnen wir

27

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

im Folgenden die Höhe des zum Zeitpunkt t ∈ {0, 1, 2, . . . , n − 1, n} vom VN zu zahlenden Beitrages für die vereinbarten Versicherungsleistungen. Da der VN seine zum Zeitpunkt t zu entrichtende Prämie Bt nur dann zahlt, wenn die versicherte Person zum Zeitpunkt t dem Versichertenkollektiv noch angehört, wird dies mit der vom VU für die Kalkulation zu Grunde gelegten Ausscheideordnung (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) berücksichtigt. Aus dieser Ausscheideordnung können wir die Grösse t px

als Wahrscheinlichkeit, dass der x − Jährige den Zeitpunkt t erlebt

ermitteln. Die zum Zeitpunkt t zu erwartende Prämienzahlung entspricht dann also gerade t px · Bt . Unter Zuhilfenahme der Annahmen über die garantierte Zinsentwicklung, also der kalkulatorischen Zinssaätze I := (i1 , i2 , . . . , in ) als weitere Rechnungsgrundlage 1. Ordnung, können wir nun die zu erwartenden Prämien t px · Bt „bewerten“. Die Größe BB0 , also der Barwert (bezogen auf t = 0) der Summe aller zu erwartenden Beiträge aus diesem Versicherungsvertrag lässt sich dann ermitteln (wobei o.B.d.A. Bn = 0) als: BB0 =

n X

(t) = t p x · Bt · v

t=0

n−1 X

t px

· Bt · v (t)

t=0

= B0 + 1 p x · B1 · v

(1)

+ 2 px · B2 · v (2) + · · · + n−1 px · Bn−1 · v (n−1) .

Dabei setzen wir formal 0 px := 1 und 1 px := px . Die Belegung des Beitrags- oder Prämienvektors 1 B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 , 0) beschreibt hierbei nicht nur die Höhen der einzelnen (zu zahlenden) Beiträge Bt , sondern (indirekt) auch die sogenannte Beitragszahlungsweise. Ist nämlich B0 , B1 , . . . Bk > 0 für k ≤ n − 1 und Bk+1 = Bk+2 = · · · = 0, so spricht man im Falle k = n − 1 von einer „Versicherung gegen laufende Beiträge“, im Falle k < n − 1 von einer „Versicherung gegen laufende Beiträge mit abgekürzter Zahlungsdauer“. Ist k = 0, so heißt die Versicherung „Versicherung gegen Einmalbeitrag“ (Einmalbeitragsversicherung). Beispiel 2.7: Wir betrachten die folgenden speziellen Fälle: (i)

• Alter des Versicherungsnehmers x, • Versicherungsdauer n • konstanter, jährlicher Zinssatz i während der gesamten Vertragslaufzeit (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung),

1

Manchmal heißt B auch Beitragsspektrum

28

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

• Sterbetafel DAV 2008T (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) • jährliche Zahlung eines gleich hohen Beitrages ¯b, zu Beginn einer Periode (vorschüssig) , sofern die versicherte Person zu diesem Zeitpunkt noch lebt. Als Beitragsvektor haben wir also B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 , 0) = (¯b, ¯b, . . . , ¯b, 0). Nach Ermittlung der 1 px aus der SterbetafelDAV 2008T ergibt sich als Beitragsbarwert: BB0 = ¯b · 1 + 1 px · ¯b · v + 2 px · ¯b · v 2 + · · · + n−1 px · ¯b · v n−1 = ¯b · (1 + 1 px · v + 2 px · v 2 + · · · + n−1 px · v n−1 ) = ¯b · a ¨x, n Wir können diese Beitragszahlung also auffassen als eine „sofort beginnende, n Jahre dauernde, vorschüssig zu zahlende jährliche Leibrente der Höhe ¯ b“, welche der VN an das Kollektiv zu entrichten hat. (ii)

• Alter der versicherten Person x, • lebenslange (Versicherungsdauer also unbegrenzt), jährliche Zahlungen eines gleich hohen Beitrages ¯b zu Beginn eines Jahres, erstmals jedoch nach m Jahren, • konstanter, jährlicher Zinssatz i während der gesamten Vertragslaufzeit (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung), • Sterbetafel DAV 2008T (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) Als Prämienvektor haben wir hier B = (B0 , B1 , . . . , Bm−1 , Bm , . . . , Bn−1 , 0) = (0, 0, . . . , 0, ¯b, ¯b, . . . , ¯b, 0). |

{z m

}

BB0 = 0 · (1 + 1 px · v + . . . + m−1 px · v m−1 ) + ¯b · (m px · v m + . . . + ω−x px · v ω−x ) = ¯b · (m px · v m + m+1 px · v m+1 + . . . + ω−x px · v ω−x ) = ¯b · (m| a ¨x, ω−x+1 ) Diese Beitragszahlung ist also nichts anderes als eine um m Jahre aufgeschobene vorschüssig zu zahlende lebenslängliche Leibrente der Höhe b, welche der VN an das Kollektiv zu zahlen hat. Zum Schluss dieses Unterkapitels sei noch folgende „kleine Trivialität“ bemerkt, mit der wir später die Verbindung zu Satz 2.3 herstellen können: Bemerkung 2.8 Durch den Prämienvektor B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 ) wird die diskrete Zahlungsreihe B Z B = (Z0B , Z1B , . . . , Zn−1 , ZnB ) = (B0 , 1 px · B1 , . . . , n−1 px · Bn−1 , 0)

induziert.

29

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

2.3 Der Leistungsbarwert Um eine allgemeine Darstellung von Leistungsbarwerten zu erhalten, gehen gehen wir wieder davon aus, dass ein Versicherungsvertrag zugrunde liegt, in welchem ein x-jähriger Mann für die Versicherungsdauer n (bzw. für eine lebenslange Dauer, also n = ω − x) Leistungen für den Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart hat. Wir analysieren zunächst die zwischen dem VU und dem Versicherungsnehmer vereinbarten Versicherungsleistungen für das Versicherungsjahr t + 1. Grundsätzlich können dabei zwei verschiedene „Leistungskategorien“ vertraglich vereinbart werden, nämlich: • Kapitalleistungen, die zu Beginn des Versicherungsjahres t + 1, also zum Zeitpunkt t sicher an die bezugsberechtigte Person erbracht werden, sofern die versicherte Person zum Zeitpunkt t dem Kollektiv (noch) angehört, z. B. für eine für den Zeitpunkt t vereinbarte Altersrentenleistung (hier ist der „Versicherungsfall“ das Verbleiben im Kollektiv). Diese Leistungsart wird oft auch als Verbleibensleistung (für den Zeitpunkt t) bezeichnet (die versicherte Person ist während der gesamten Periode [t − 1, t] im Versichertenkollektiv „verblieben“). Wir werden die Höhe einer für den Zeitpunkt t vereinbarten Verbleibens(0) leistung zukünftig mit Lt bezeichnen. • Kapitalleistungen, die im Laufe des Versicherungsjahres t + 1 an die bezugsberechtigte Person erbracht wird, sofern die versicherte Person zu Beginn des Versicherungsjahres t+1 dem Kollektiv noch angehört, allerdings im Zeitraum ]t, t + 1[ das Versichertenkollektiv verlässt, z. B. die Auszahlung einer vereinbarten Summe bei Tod der versicherten Person während der Periode t + 1 (hier ist der „Versicherungsfall“ das Ausscheiden aus dem Kollektiv). Diese Leistungsart heißt oft auch Ausscheideleistung (der Periode t + 1). Wir werden die Höhe einer für die Periode t+1 vereinbarten Ausscheideleistung zukünftig mit (1) Lt bezeichnen. Entsprechend unserem Kalkulationsmodell gehen wir davon aus, dass (1) eine solche Ausscheideleistung Lt – sofern sie fällig wird– zum Zeitpunkt t + 1 (also zu Beginn der nächsten Versicherungsperiode) an den Bezugsberechtigten erfolgt. • eine Kapitalleistung, die am Ende der Versicherungsvertrages, (also zum Zeitpunkt n) stattfindet, sofern sich die versicherte Person zu diesem Zeitpunkt noch im Kollektiv befindet. Diese besondere Leistungsart heisst Ablaufleistung. Da sie als „Verbleibensleistung zum Zeitpunkt n“ aufgefasst werden kann werden wir die Höhe einer Ablaufleistung mit (0) (1) Ln bezeichnen (beachte: eine Grösse Ln kann es nicht geben). Unter der Bedingung, dass sich die versicherte Person zum Zeitpunkt t noch im Kollektiv befindet, ergibt sich mit diesen Bezeichnungen die Grösse Lt als die zu erwartende, auf den Zeitpunkt t diskontierte Kapitalleistung des t + 1-ten Versicherungsjahres. Sie berechnet sich als (1)

(0)

Lt = Lt + (qx+t · Lt · vt+1 ), wobei qx+t der Ausscheideordnung entnommenen, einjährige Ausscheidewahrscheinlichkeit beschreibt. Wir nennen L = (L0 , L1 , L2 , ...., Ln−1 , Ln ) den Leistungsvektor oder das Leistungsspektrum des Versicherungsvertrages.

30

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Bemerkung (i.) Der Leistungsvektor L gibt also nicht die im Versicherungsvertrag angegebenen Höhen der Versicherungsleistung für die einzelnen Perioden wieder, sondern beschreibt die für diese einzelnen Perioden zu erwartende Leistungen. Er beinhaltet bereits Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung des VU. Der VN kennt also im Allgemeinen die Grössen Lt nicht. (1) (0) In seinem Versicherungsvertrag werden vielmehr die vereinbarten Grössen Lt bzw. Lt (0) beschrieben. Allerdings können auch diese vereinbarten Versicherungsleistungen Lt bzw. (1) Lt selbst wieder „erwartete Größen“ sein, wie das folgende Beispiel 2.9 c) zeigt. (ii.) Die Größen Lt beziehen sich also hier zunächst auf die zwischen dem VN und dem VU verabredeten Versicherungsleistungen. Später werden wir in ihr auch die früher bereits angesprochenen „indirekte Versicherungsleistungen“ (z.B. Abschluss- und Verwaltungskosntenzuschläge des VU ) mit berücksichtigen.

Nachdem der Vektor L ermittelt wurde, lässt sich dann der Leistungsbarwert LB0 , d.h. der Barwert der aus dem Versicherungsvertrag zu erwartenden, aufzubringenden Kapitalleistungen nun allgemein wie folgt darstellen:

LB0 =

n X

t px

· Lt · v (t)

t=0

= L0 + 1 px · L1 · v (1) + 2 px · L2 · v (2) + · · · + n−1 px · Ln−1 · v (n−1) + n px · Ln · v (n) . Beispiel 2.9: Wir betrachten die folgenden Typen von Versicherungen: a) Todesfall-Versicherung: • Alter der versicherten Person bei Abschluss des Versicherungsvertrags (Eintrittsalter): x = 40 Jahre, • Dauer des Versicherungsvertrags: lebenslang (d. h. n = ω − x), • vertraglich vereinbarte Leistung im Todesfall 100 000 e (Auscheideleistung zahlbar am Ende des Versicherungsjahres, in dem der Tod eintritt), keine vereinbarte Verbleibensleistung, keine vereinbarte Ablaufleistung • weitere versicherungstechnische Annahmen über den Rechnungszins: i1 = 6%

i2 = 5%

i3 = 4%

i4 , . . . , iω−x = 3%,

• Ausscheideordnung: Sterbetafel DAV 2008T.

31

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Bestimmung des Leistungsbarwertes LB0 dieses Versicherungsvertrags: t 0 1 2 3 4 .. .

(1)

v (t)

Lt = 0 + qx+t · Lt · vt+1 1 q40 · 100 000 · v1 = 0, 001301 · 100.000 · 0, 9433 1 ( 1,06 q41 · 100 000 · v2 = 0, 001447 · 100.000 · 0, 9523 ) 1 1 ( 1,06 )( 1,05 ) q42 · 100 000 · v3 = 0, 001623 · 100.000 · 0, 9615 1 1 1 ( 1,06 )( 1,05 )( 1,04 ) q43 · 100 000 · v4 = 0, 001833 · 100.000 · 0, 9708 1 1 1 1 ( 1,06 )( 1,05 )( 1,04 )( 1,03 ) q44 · 100 000 · v5 = 0, 002082 · 100.000 · 0, 9708 .. .. . .

= 122, 74 = 137, 81 = 156, 06 = 177, 96 = 202, 14

Also ergibt sich: LB0 =

ω−40 X

t p40

· v (t) · Lt

t=0

= 0 p40 · 1 · 122, 74 1 + 1 p40 · · 137, 81 1, 06 1 1 + 2 p40 · · · 156, 06 1, 06 1, 05 1 1 1 · · · 177, 96 + 3 p40 · 1, 06 1, 05 1, 04 1 1 1 1 + 4 p40 · · · · · 202, 14 1, 06 1, 05 1, 04 1, 03 +

ω−40 X

t p40

· v (t) · qx+t · 100 000 ·

t=5

1 1, 03

= 30219,30 b) Erlebensfall-Versicherung: • Alter der versicherten Person bei Abschluss des Versicherungsvertrags (Eintrittsalter): x Jahre, • Versicherungsdauer: lebenslang, maximal jedoch n Jahre, • Vertraglich vereinbarte Leistungen: 100 000 e, zahlbar am Ende der Laufzeit, sofern die versicherte Person diesen Zeitpunkt erlebt (Ablaufleistung). Erlebt sie diesen Zeitpunkt nicht, so wird keine Versicherungsleistung fällig und der Vertrag endet mit Ausscheiden aus dem Kollektiv. Ausscheideleistungen und Verbleibensleistungen wurden sonst keine vereinbart. • Rechnungszins (1. Ordnung): i = 4%, • Ausscheideordnung: Sterbetafel DAV 2004R.

32

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

(0)

t v (t) Lt = Lt + 0 0 1 0 1 1 ( 1,04 ) 0 1 2 ( 1,04 0 ) 2 .. .. .. . . . 1 n−1 0 n − 1 ( 1,04 ) 1 n ) n ( 1,04 100 000 Also ergibt sich: LB0 =

n X

t px

· v t · Ln = n px · v n · 100 000 =

t=0

lx+n n · v · 100 000. lx

c) Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente: • Alter der versicherten Person bei Abschluss des Versicherungsvertrags (Eintrittsalter): x Jahre, • Versicherungsdauer: lebenslang, maximal jedoch n Jahre, • Vertraglich vereinbarte Leistungen: Im Falle des Todes der versicherten Person erhält die Lebenspartnerin eine vorschüssig zahlbare, lebenslange Rente von jährlich 12 000 e Die Lebenspartnerin hat eine so genannten Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente. Die Rentenzahlung an die Partnerin beginnt mit dem Jahr, das auf das Jahr des Todes der versicherten Person folgt, sofern die Lebenspartnerin dann selbst noch lebt. Stirbt die versicherte Person während des Vertragszeitraumes nicht, so wird keine Versicherungsleistung fällig. • Alter der Lebenspartnerin zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns: y Jahre • Rechnungszins (1. Ordnung): i = 2, 25%, • Ausscheideordnungen: Sterbetafel DAV 2008T (für das Todesfallrisiko des Mannes) und DAV 2004R (für das Erlebensfallrisiko der Partnerin) v (t) t 0 1 1 1 ( 1,025 ) 1 2 ( 1,025 )2 .. .. . . 1 n − 1 ( 1,025 )n−1 1 n ( 1,025 )n

(1)

Ausscheideleistung Lt ¨y+1, ω−(y+1) 1 py · 12 000 · a p · 12 000 · a ¨y+2, ω−(y+2) 2 y ¨y+3, ω−(y+3) 3 py · 12 000 · a .. . ¨y+n, ω−(y+n) n py · 12 000 · a 0

33

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

(1)

Also ergibt sich mit Lt = 0 + qx+t Lt · vt+1 : LB0 =

n−1 X

t t p x · v · Lt =

t=0

= 12 000 ·

n−1 X

t px

· v t · qx+t · t+1 py · 12 000 · a ¨y+t+1, ω−(y+t+1) · v

t=0

n−1 X

j px

· v t+1 · qx+t · t+1 py · a ¨y+t+1, ω−(y+t+1) .

t=0

Bemerkung 2.10 Die Verwendung einer bestimmten Auscheideordnung (z.B. Sterbetafel DAV 2008T) für die Kalkulation von BB0 bzw. LB0 „jetzt“, also zum Zeitpunkt t = 0, unterstellt, dass „jetzt“ die Wahrscheinlichkeit einer Person im l-ten Lebensjahr auszuscheiden (zu sterben), unabhängig vom momentanen Alter einer Person ist. So wird also beispielsweise unterstellt, dass q70 (Wahrscheinlichkeit als 70-jähriger zu sterben) für den „jetzt“ (erst) 20-jährigen (x = 20) genau so gross ist, wie für den „jetzt“ (schon) 69-jährigen (x = 69). Kalkulationsmethoden, die auf Kommutationswerten bzw. Barwertfaktoren basieren setzen – neben der Verwendung einer konstanten Zinsstruktur– eine solche Situation typischerweise voraus. Die allgemeineren Darstellungen BB0 =

n X

t px

· Bt · v (t)

bzw.

t=0

LB0 =

n X

t px

· Lt · v (t) .

t=0

erlauben es hingegen, sowohl variable Zinsstrukturen zu verwenden als auch Ausscheideordnungen zu berücksichtigen, die (zum Zeitpunkt t = 0) vom Eintrittsalter x abhängen (z.B. Generationen-Sterbetafeln).

Ähnlich wie in Bemerkung 2.8, stellen wir auch für den Leistungsvektor fest: Bemerkung 2.11 Durch den Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln−1 , Ln ) wird die diskrete Zahlungsreihe L Z L = (Z0L , Z1L , . . . , Zn−1 , ZnL ) = (L0 , 1 px · L1 , . . . , n−1 px · Ln−1 , n px · Ln )

induziert. Nachdem in den beiden vorherigen Unterkapiteln jeweils Darstellungen von Beitrags- und Leistungsvektoren bzw. von Beitragsbarwerten bzw. Leistungsbarwerten erfolgt ist, können wir nun damit beginnen, diese in Relation zueinander zu setzen.

34

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

2.4 Das strenge Äquivalenzprinzip und „natürliche“ Beiträge Eine besondere Form hat der Beitragsvektor B = (B0 , B1 , . . . Bn−1 , Bn ) für einen Versicherungsvertrag mit n-jähriger Laufzeit, den ein x-jähriger abschließt, wenn für die Prämienkalkulation die Gültigkeit des strengen Äquivalenzprinzips gefordert wird. Wir erinnern uns: Ein Versicherungsvertrag erfüllt das strenge versicherungstechnische Äquivalenzprinzip genau dann, wenn für jeden Zeitpunkt t innerhalb der Laufzeit des Vertrages, die erwartungsgemäß dann zu zahlende Prämie t px · Bt ausreicht, um die in t zu erwartende Versicherungsleistung t px · Lt zu finanzieren. In unserem Kalkulationsmodell ist nun die Versicherungslaufzeit in diskrete Perioden unterteilt. Erlebt der VN den Zeitpunkt t, so beschreibt die Größe Lt , welche Versicherungsleistung im Zeitraum [t, t + 1[ erwartungsgemäß für ihn erbracht wird, bewertet (= abdiskontiert) auf den Zeitpunkt t. Ist also der Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . Ln−1 , Ln ) vorgegeben, so wird die Forderung nach der Gültigkeit des strengen versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips für die Prämienbestimmung hier zu: t px

· Bt = t p x · L t



Bt = L t

∀t = 0, 1, . . . , n − 1, n.

Einen Beitragsvektor B , der diese Bedingung erfüllt, nennen wir natürlichen Beitragsvektor zum Leistungsspektrum L. Die entsprechenden Prämien Bt , nennen wir natürliche Beiträge, bzw. natürliche Prämien .

Vor dem Hintergrund der Bemerkungen 2.8 und 2.11 bedeutet die natürliche Beitragszahlungweise also, dass für die Zahlungsreihen Z B und Z L gilt: Z B = Z L. Offenbar sind diese beiden Zahlungsreihen finanzmathematisch äquivalent. Mit Korollar 2.6, a) ergibt sich V (Z B , Z L ) = (0, 0, 0, . . . , 0).

Würden die Versicherungsunternehmen Lebensversicherungsprodukte anbieten, welche entsprechend des strengen Äquivalenzprinzips kalkuliert wären, so hätte dies beispielsweise für eine Todesfallversicherung mit konstanter Todesfall-Leistung die Konsequenz, dass die zu zahlenden Beiträge Bt monoton in t wachsen, da die Ausscheidewahrscheinlichkeit (Sterblichkeit) qx+t mit wachsendem t zunimmt und somit ebenfalls Lt monoton wächst. Bei einer gemischten Versicherung hätte der VN im Falle natürlicher Beitragszahlung sogar die Ablaufleistung Ln , die er im Falle des Erlebens des Vertragsendes vereinbart hat, mit Ablauf des letzten Jahres vollständig als Prämie Bn zu zahlen. Lebensversicherungsprodukte, die eine Zahlung von Prämien Bt in dieser „natürlichen Art“ vorsehen, gibt es aus derartigen Gründen in der Praxis im Allgemeinen nicht.

35

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Bemerkung 2.12 Wir hatten zu Beginn des Kapitels verabredet, dass üblicherweise zum Ende der Laufzeit eines Versicherungsvertrages keinerlei Beiträge Bn > 0 mehr geleistet werden. Bei der Zahlung natürlicher Beiträge kommt dies offenbar nun doch vor, falls Ln 6= 0. Um dennoch die Konvention ! Bn = 0 einzuhalten, wird die bei der Bestimmung natürlicher Beiträge zum Zeitpunkt n möglicherweise positive Prämie Bn (= Ln ) im Beitrag zum Zeitpunkt n − 1 berücksichtigt. Dies bedeutet dann, dass man Bn−1 := Ln−1 + px+n−1 · Ln · vn und Bn := 0 setzt, aber trotzdem noch von „natürlichen Prämien“ spricht.

In der versicherungstechnischen Literatur wird häufig das Erfülltsein des strengen versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips (also des Erfülltseins von B = L) in einer anderen Weise charakterisiert, als wir es hier getan haben. Dort wird gefordert, dass für jeden Zeitpunkt t der Laufzeit des Vertrages der auf diesen Zeitpunkt t bezogene Barwert zukünftig zu erwartender Beitragsleistungen mit dem auf diesen Zeitpunkt t bezogenen Barwert zukünftig zu erwartender Versicherungsleistungen übereinstimmt. So kann man es tatsächlich auch machen. Es gilt nämlich der folgende Zusammenhang, den man sich eigentlich unmittelbar aus der Gleichheit Z B = Z L und dem Korollar 2.5 klar machen kann.

Satz 2.13 Das strenge versicherungstechnische Äquivalenzprinzip ist genau dann erfüllt, wenn zu jedem Zeitpunkt t = 0, 1, . . . , n − 1 für die beiden Größen BBt :=

n−t X

j px+t

· Bt+j · vt

n−t X

j px+t

· Lt+j · vt

(t+j)

j=0

und LBt :=

(t+j)

j=0

gilt BBt = LBt . Beweis: Übung



2.5 Das schwache Äquivalenzprinzip und das Deckungskapital Der Zusammenhang zwischen der Prämienhöhe einerseits und der Versicherungsleistung an! dererseits über das schwache Äquivalenzprinzip LB0 = BB0 bedeutet, dass zum Zeitpunkt 0 die Differenz aus zukünftig erwartungsgemäss zu erbringenden Versicherungsleistungen und zukünftig zu erwartenden Beitragsleistungen Null ist. Diese Forderung gilt aber nur für diesen

36

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Zeitpunkt t = 0. Zu anderen Zeitpunkten t ist dieser Saldo aus (von t aus gesehen) zukünftig erwartungsgemäß zu erbringenden Versicherungsleistungen (LBt ) und (von t aus gesehen) zukünftig zu erwartender Beitragsleistungen (BBt ) im Allgemeinen nicht Null. (Wäre dies so, dann würde BBt = LBt für alle t gelten, was zu natürlichen Beiträgen führen würde). Deutlich wird diese Tatsache etwa bei einer Einmalbeitragsversicherung bzw. einer Versicherung mit abgekürzter Beitragszahlungsdauer. Hier sind offenbar nach der letzten Prämienzahlung des VN die (danach) zu erwartenden zukünftigen Beitragsleistungen stets Null, wohingegen das VU erwarten muss, zukünftig noch Leistungen zu erbringen. Um die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sicherzustellen muss also aus (früheren) zu erwartenden Prämienzahlungen eine „Reserve“ angelegt werden können, um damit die (späteren) zu erwartenden Leistungen zu finanzieren. Das Gesetz verpflichtet die VU, eine derartige Reserve, die sog. „Deckungsrückstellungen“, zu bilden. Im Folgenden soll nun die Bedeutung dieser Deckungsrückstellungen für den Lebensversicherungsvertrag dargestellt und die Systematik, mit der sich diese Reserven für jeden einzelnen Vertrag „aufbauen“, deutlich gemacht werden. Für einen über n Jahre laufenden, mit einem x-Jährigen abgeschlossenen Versicherungsvertrag sei t ∈ {0, 1, . . . , n}. Dann heißt die Grösse pro t Vx

:= LBt − BBt =

n−t X j=0

(t+j)

j px+t · Lj+t · vt



n−t X

j px+t

(t+j)

· Bj+t · vt

0 ≤ t ≤ n.

j=0

die prospektive 2 (Netto-)Deckungsrückstellung (des Vertrags) zum Zeitpunkt t oder auch das prospektive (Netto-)Deckungskapital. Die Grösse t Vxpro beschreibt also die Diffenrenz des (auf den Zeitpunkt t bezogenen) Barwertes aus zukünftig erwarteter Versicherungs- und Beitragsleistung Interpretation: Sofern sich der VN zum Zeitpunkt t noch im Kollektiv befindet werden die beiden Zahlungsströme (Prämien, Leistungen), die in der Zukunft zu erwarten sind, für diese Zeitpunkt „bewertet“ (also auf t diskontiert). Diese Bewertung liefert damit z.B. eine Aussage darüber, wie viel der VN in der Zukunft erwartungsgemäss mehr an Leistungen erhält, als er erwartungsgemäss an Prämie zahlen wird. Ist diese Differenz > 0 so erwartet das Kollektiv, zukünftig „mehr Leistung“ an den VN entrichten zu müssen, als er mit seinen zukünftigen Beiträgen erwartungsgemäss zahlen wird. Wegen der Gültigkeit des Äquivalenzprinzips muss also dafür „jetzt“ (d.h. im Zeitpunkt t) eine entsprechend große „Reserve“ zur Verfügung stehen, die diese Differenz wertmässig ausgleicht (= deckt). Genau diese Reserve ist die Grösse t Vxpro . Sie wird zum Zeitpunkt t „zurückgestellt“. Speziell gilt offenbar: 2

nur zukünftige zu erwartende Zahlungsströme werden berücksichtigt

37

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

• Für den Zeitpunkt t = 0: Wegen LB0 = BB0 , folgt 0 Vxpro = 0 • Für den Zeitpunkt t = n: Da (üblicherweise) Bn = 0, folgt n Vxpro = Ln Das Nettodeckungskapital n Vxpro zum Zeitpunkt n entspricht also genau der vereinbarten Ablaufleistung. Eine derartige Ablaufleistung ist typischerweise bei einer gemischten Versicherungen vereinbart, bei der beispielsweise der VN pro Periode konstante Prämien zahlt, und bei der „bei Erleben des Ablaufs des Versicherungsvertrags“ eine bestimmte vereinbarte Versicherungssumme Ln = S fällig werden soll. Um diese Ablaufleistung auszahlen zu können, wird also das Deckungskapital während der Versicherungsdauer von n Jahren von 0 Vxpro = 0 auf n Vxpro = S wachsen. pro j Vx

S

0

n

t

j

Abbildung 2.1: schematischer (Netto-)Deckungskapitalverlauf bei einer gemischten Versicherung mit Laufzeit n Bei einer reinen Todesfallversicherung gegen laufende Beiträge in konstanter Höhe ist offenbar Ln = 0, d. h. das DK verschwindet am Ende der Vertragslaufzeit. pro j Vx

t

n

j

Abbildung 2.2: schematischer (Netto-)Deckungskapitalverlauf bei einer reinen Todesfallversicherung mit Laufzeit n

Bemerkung 2.14 (i) Offenbar gilt BBt + t Vxpro = LBt für t = 0, 1, 2, . . . , n. Dies können wir nun so interpretieren: Im Zeitpunkt t reichen der Barwert der zukünftigen zu erwartenden Beiträge (bezogen auf den Zeitpunkt t) zusammen mit dem Deckungskapital zum Zeitpunkt t exakt aus, um den Barwert (bezogen auf t) der zukünftig zu erwartenden Leistungen zu finanzieren. 38

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

(ii) Bei der Zahlung natürlicher Beiträge ist t Vxpro = 0 für alle Zeitpunkte t. In diesem Fall werden keine Deckungsrückstellungen (genauer: Deckungsrückstellungen der Höhe 0) gebildet. (iii) Aufgrund der sog. Stationaritätseigenschaft Deckungskapital t Vxpro auch schreiben als pro = t Vx

n X j px j=t

t px

(j)

· Lj · vt −

n−1 X j=t

t+j px

j px t px

= j px+t · t px , lässt sich das prospektive

(j)

· Bj · vt

  n n−1 X 1 X (j) (j) = j px · Lj · vt − j px · Bj · vt  t px

j=t

0 ≤ t ≤ n.

j=t

Bemerkung 2.15 Neben den prospektiven Deckungsrückstellungen kann man auch noch retrospektive Deckungsrückstellungen definieren, welche bezogen auf einen Zeitpunkt t, aus der Differenz zwischen den auf diesen Zeitpunkt bezogenen Endwerten von für die Vergangenheit erwarteten Beiträgen (BEt ) und für die Vergangenheit erwarteten Versicherungsleistungen (LEt ) besteht, d. h. retro t Vx

= BEt − LEt

mit BEt =

und LEt =

t = 0, 1, . . . , n.

t−1 X j px

· Bj · r t

t−1 X j px

· Lj · rt

p j=0 t x

j=0

t px

(j)

(j)

also retro t Vx





t−1 t−1 X 1 X (j) (j) = j px · Lj · rt  j px · Bj · rt − t px j=0 j=0

0 ≤ t ≤ n.

Das retrospektive Deckungkapital „bewertet“ zum Zeitpunkt t also die beiden Zahlungsströme, welche in der Vergangenheit zu erwarten gewesen wären. Sie liefert damit z.B. eine Aussage darüber, wieviel der VN – was die Vergangenheit angeht – erwartungsgemäss bisher mehr an Prämien eingezahlt, als an Leistungen erhalten hat. Im Unterschied zur Berechnung des prospektiven Deckungskapitals t Vxpro sind zum Zeitpunkt t, die Rechnungsgrundlagen 2. (oder sogar 3. Ordnung) für die Vergangenheit bekannt. Das retrospektive Deckungskapital t Vxretro kann also prinzipiell mit „realistischeren“ Rechnungsgrundlagen ermittelt werden. Es gilt allerdings: pro t Vx

= t Vxretro für alle 0 ≤ t ≤ n,

sofern bei deren Berechnungen dieselben Rechnungsgrundlagen (1. Ordnung) verwendet werden. (Übung)

39

2 Beitrags- und Leistungsbarwerte, Deckungsrückstellungen

VT

Stimmen die Rechnungsgrundlagen für t Vxpro und t Vxretro überein, so sprechen wir vom Deckungskapital bzw. der Deckungsrückstellung und schreiben t Vx

:= t Vxpro = t Vxretro .

Benutzt man diese Tatsache so kann man sich den Verlauf des Deckungskapitals bei einer Rentenversicherung klar machen: Bei einer Rentenversicherung, bei der etwa bis ans Ende der Aufschubzeit k (d. h. Beginn der Rentenzahlung) gleich hohe Beiträge gezahlt werden (und das VU während dieser Zeit keine Leistung zu erbringen hat), baut sich bei laufender Beitragszahlung das (Netto-)DK bis zum Betrag pro = k Vxretro = k Vx

k−1 X

j px

(j)

· Bj · rk

j=0

(0)

auf. Durch die sich für t ≥ k anschliessenden, periodischen Rentenzahlungen der Höhe Lt = Lt fällt das (Netto-)DK dann wieder bis zum Vertragsende n auf Ln = 0 ab. pro j Vx

k

t

n

j

Abbildung 2.3: schematischer (Netto-)Deckungskapitalverlauf bei einer Rentenversicherung mit Laufzeit n

40

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung Nachdem nun einige begriffliche Grundlagen erläutert und erste Zusammenhänge erklärt worden sind, wollen wir in diesem Kapitel die folgenden Fragestellungen behandeln: (1) Wie lässt sich für einen gegebenen Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln ) ein zulässiger Beitragsvektor B = (B0 , B1 , B2 , . . . , Bn−1 ) bestimmen? (Beitragskalkulation) (2) Wie lässt sich zu gegebenem Prämienvektor B = (B0 , B1 , B2 , . . . , Bn−1 ) ein entsprechender zulässiger Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln ), festlegen? (Kalkulation der Versicherungsleistung). Zulässig bedeutet hier Bt ≥ 0, Lt ≥ 0 für alle t und BB0 = LB0 . Wir werden sehen, dass sich die Beantwortung dieser beiden Fragen aus ein und demselben formalen Modell ergibt. Das formale Modell erlaubt ausserdem neben einer reinen Nettokalkulation später auch eine Bruttokalkulation durchzuführen. Wir haben dazu zunächst den folgenden Sachverhalt, welcher eine Beziehung zwischen t Vx , also dem Deckungskapital nach t abgelaufenen Versicherungsjahren, und t+h Vx , dem Deckungskapital nach weiteren h Jahren, herstellt. Wir beweisen den folgenden zentralen Sachverhalt: Satz 3.1 Es sei 0 ≤ t ≤ t + h ≤ n. Dann gilt der Zusammenhang: t Vx

+

h−1 X

j px+t

· Bt+j ·

(t+j) vt

j=0

=

h−1 X

j px+t

(t+j)

· Lt+j · vt

(t+h)

+ h px+t · t+h Vx · vt

.

j=0

Interpretation: Das Deckungskapital am Ende des Versicherungsjahres t zuzüglich der zu den nächsten h Zahlungszeitpunkten zu erwartenden Beiträge reicht (im auf den Zeitpunkt t bezogenen Barwert) aus, um die in den nächsten h Jahren zu erwartende Versicherungsleistung plus einer „Ablaufleistung“ (die gezahlt werden könnte, wenn der VN die nächsten h Jahre im Kollektiv verbleibt) in Höhe von t+h Vx zu finanzieren. Beweis: Nach der Definition des Deckungskapitals gilt: t Vx

=

n−t X

j px+t

(t+j)

· Lt+j · vt

j=0



n−t X

j=0

41

j px+t

(t+j)

· Bt+j · vt

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

Damit hat man (unter Ausnutzung von

VT

j+t px

= t px · j px+t )

t Vx +

h−1 X

(t+j)

j px+t

· Bt+j · vt

j px+t

· Lt+j · vt

h px+t

· j−h px+t+h ·Lj+t · vt

j=0

=

h−1 X

(t+j)

j=0

+

n−t X



|

n−t X

(t+j)

{z

| j=h

}

j px+t

h px+t

{z

=:A1

}

(t+j)

· j−h px+t+h · Bj+t · vt

j=h

|

Man erhält für den Ausdruck A1 :

{z

}

=:A2

A1 = h px+t ·

n−t X

j−h px+t+h

(t+h)

· Lj+t · vt

(t+j)

· vt+h

j=h j ′ →j−h

=

(t+h)

h px+t · vt

n−t−h X

j ′ px+t+h

(t+h+j ′ )

· Lj ′ +t+h · vt+h

j ′ =0

= Analog ergibt sich für den Ausdruck A2 : Also zusammen:

(t+h) h px+t · vt

· LBt+h .

(t+h)

· BBt+h .

A2 = h px+t · vt

(t+h)

A1 − A2 = h px+t · (LBt+h − BBt+h ) · vt (t+h)

= h px+t · t+h Vx · vt

,

was die Behauptung liefert.



Betrachtet man nun speziell h = 1, so liefert der obige Zusammenhang eine Rekursionsformel. Zu jedem Zeitpunkt t = 0, 1, . . . , n − 1 gilt nämlich

t Vx

+ Bt = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1

Diese Gleichungen spiegeln ein jährliches (und damit „strenges“) Äquivalenzprinzip wider: Mit den beiden „Zahlungen“ (vorhandenes Deckungskapital t Vx plus der Prämienzahlung Bt ) kann in jedem Zeitpunkt t eine einjährige Lebensversicherung abgeschlossen werden, welche alle in der Periode [t, t+1[ zu erwartenden vereinbarten Versicherungsleistungen (Lt ) finanziert und zusätzlich, bei Erleben des Periodenendes (Zeitpunkt t + 1), dem VN eine „Ablaufleistung“ in Höhe von t+1 Vx „auszahlt“ (d.h. dem VN für die nächste Periode „mitgibt“).

42

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Da diese Gleichungen für jeden Zeitpunkt 0 ≤ t ≤ n − 1 während der Laufzeit des Vertrages gelten, spricht man von versicherungstechnischen Bilanzgleichungen für den Versicherungsvertrag. Diese Bilanzgleichungen lassen sich in einem Gleichungssystem darstellen, welches in der Literatur oft auch das Thiele’sche Gleichungssystem heißt.

B0 B1 .. . Bt−1 Bt .. .

= L0 − 0 Vx = L1 .. .

− px · 1 Vx · v1 + − px+1 · 2 Vx · v2 1 Vx .. .. . . +

t−1 Vx

Bn−1

− px+t−1 · t Vx · vt = Lt−1 + − px+t · t+1 Vx · vt+1 = Lt t Vx .. .. .. . . . + = Ln−1 + px+n−1 · n Vx · vn n−1 Vx

Den erwartungsgemäß zu erbringenden Versicherungsleistungen einer jeden Periode (auf der rechten Seite des Gleichungssystems) entsprechen die erwartungsgemäß vorhandenen Finanzierungsmittel, in Form der zu erwartenden vereinbarten Beitragszahlungen des VN und des jeweiligen vorhandenen Deckungskapitals, (auf der linken Seite des Gleichungssystems) gegenüber. Die Beitrags-/Leistungskalkulation nach dem schwachen Äquivalenzprinzip bedeutet also: Der Beitragsvektor B = (B0 , B1 , . . . , Bn ), der Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln ) und die Deckungskapitale Vx := (0 Vx , 1 Vx , 2 Vx , . . . , n Vx ) müssen in einer solchen Beziehung zueinander stehen, dass die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen t Vx + Bt = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1 für den Beginn eines jeden Versicherungsjahres t = 0, 1, 2, . . . , n − 1 erfüllt sind.

3.1 Beitragskalkulation einer Lebensversicherung Zur Beitragskalkulation einer Lebensversicherung gilt das Leistungsspektrum, d. h. der Leistungsvektor L = (L0 , L1 , L2 , . . . , Ln ) als vorgegeben quantifiziert. (0)

(1)

Wir setzen also voraus, dass die Verbleibensleistungen Lt , Ausscheideleistungen Lt bzw. die Ablaufleistung Ln vorgegeben sind und sich damit (unter Zuhilfenahme der Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung) (0) (1) Lt = Lt + qx+t Lt vt+1 , t = 0, 1, . . . n − 1 ergibt. Darüber hinaus setzen wir voraus, dass eine Beitragszahlungsweise durch ein Beitragsprofil (d.h. einen Intensitätsvektor) u = (u0 , u1 , . . . , un−1 ) ≥ 0 beschrieben wird, welches für einen speziellen Bezugsbeitrag b, der zu ermitteln sein wird, den tatsächlich zu bestimmenden Prämienvektor B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 ) als B =b·u

43

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

liefert. Das Beitragsprofil stellt ein wesentliches Merkmal eines Lebensversicherungsproduktes dar. Es bestimmt die Zahlungen auf der Beitragsseite. Typisch sind Beitragsprofile der folgenden Art: • u = (1, 0, . . . ) entspricht einer Versicherung gegen Einmalbeitrag • u = (1, 1, . . . , 1) entspricht einer Versicherung gegen laufende Beiträge in gleicher Höhe • u = (1, 1, 1, 1, 0, 0, . . . , 0) entspricht einer Versicherung gegen laufende Beiträge in gleicher Höhe mit abgekürzter Beitragszahlungsdauer • u = (1, 1.03, (1.03)2 , (1.03)3 , . . . , (1.03)(n−1) ) entspricht einer Versicherung gegen laufende Beiträge mit dynamischer Beitragsanpassung (-erhöhung) um jährlich 3 % Berücksichtigt man also ein konkretes Beitragsprofil u so ergibt sich das Thiele’sche Gleichungssystem als b · u0 b · u1 .. .

= L0 − 0 Vx = L1 .. .

− px · 1 Vx · v1 + − px+1 · 2 Vx · v2 1 Vx .. .. . . +

b · ut−1 b · ut .. .

t−1 Vx

b · un−1

− px+t−1 · t Vx · vt = Lt−1 + − px+t · t+1 Vx · vt+1 = Lt t Vx .. .. .. . . . + = Ln−1 + px+n−1 · n Vx · vn n−1 Vx

(3.1)

oder in Matrix-Form: 

u0   u1

   u2   ..  .   u t   .  ..    un−2

un−1

−px v1 0 1 −px+1 v2 0 .. .

1 .. .

0 .. .

···

0 0

··· ···

0 ··· ··· 0 ··· ··· .. .. . . .. .. .. . . . 0 1 −px+t vt+1 .. .. . . ···

0 ···

0 0 .. . .. . 0 .. . 1 0

  b     1 Vx       2 Vx   ..   .   ·   t Vx   ..   ..   . .     Vx n−2 −px+n−2 vn−1 

0 0 .. . .. .

1

n−1 Vx





              =              

L0 − 0 Vx L1 L2 .. . Lt .. . Ln−2 Ln−1 + px+n−1 · Ln · vn

               

Es handelt sich hier um ein (unterbestimmtes) Gleichungssystem mit (n + 2) Variablen, nämlich b, 0 Vx , 1 Vx , . . . , n Vx und n Gleichungen. Daher kann man zwei der Variablen fixieren, um eine Lösung für die übrigen Variablen zu bestimmen. Zwei Größen sind bei der Netto-Kalkulation aber typischerweise bereits festgelegt, nämlich 0 Vx und n Vx . Die Größe 0 Vx verschwindet zum Zeitpunkt t = 0 auf Grund der Gültigkeit des Äquivalenzprinzips. Die Größe n Vx stellt gerade die (vereinbarte) Ablaufleistung Ln dar und ist somit ebenfalls bekannt.

44

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Eine Lösung dieses Gleichungssystems liefert also eine Belegung der Variablen b und 1 Vx , . . . , und damit letztlich (auch) den Prämienvektor

n−1 Vx

B = (b · u0 , b · u1 , . . . , b · un−1 ). Siehe dazu auch [1], [4], [11], [14]. Bemerkung 3.2 In manchen Situationen kann es vorkommen, dass nicht das ursprünglich festgelegte Beitragsprofil u = (u1 , u2 , . . . , un ) die erste Spalte der Matrix bestimmt, sondern diese Spalte erst noch ermittelt werde muss. Dies ist etwa dann der Fall wenn der Leistungsvektor selbst durch Beitragshöhen bestimmt ist. Wird etwa für den Leistungesvektor (1)

(0)

t = 0, 1, . . . n − 1

Lt = Lt + qx+t Lt vt+1 ,

(1)

gefordert, dass die Höhe der Ausscheideleistung Lt der Summe der bis zum Zeitpunkt t geleisteten Beiträge entspricht (etwa bei „Rentenversicherungen mit Beitragsrückgewähr im Todesfall), so bedeutet dies (1)

Lt

=

t X

Bt = b ·

j=0

t X

uj .

j=0

In den versicherungstechnischen Bilanzgleichungen führt dies dann zu (0)

b · ut + t Vx = Lt + b · qx+t ·

t X

uj · vt+1 + px+t · t+1 Vx · vt+1

für t = 0, 1, . . . , n − 1,

j=0

und nach Umordnung dann zu b · (ut − qx+t · vt+1 ·

t X

(0)

uj ) +t Vx = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1

für t = 0, 1, . . . , n − 1.

j=0

|

{z

:=u′t

}

Auf diese Weise ergibt sich dann (durch Umformung) das Thiele’sche Gleichungssystem zur Ermittlung der Grösse b als



u′0   u′1

   u′2   ..  .   u′  t  .  ..   ′  un−2

u′n−1

−px v1 0 1 −px+1 v2 0 .. .

1 .. .

0 .. .

···

0 0

··· ···

0 ··· ··· 0 ··· ··· .. .. . . .. .. .. . . . 0 1 −px+t vt+1 .. .. . . ···

0 ···

0 0 .. . .. . 0 .. . 1 0

  b     1 Vx       2 Vx   ..   .   ·   t Vx   ..   ..   . .     Vx n−2 −px+n−2 vn−1 

0 0 .. . .. .

1

45

n−1 Vx





               =               

(0)

L0 − 0 Vx (0) L1 (0) L2 .. . (0)

Lt .. .

(0)

(0) Ln−1

Ln−2 + px+n−1 · Ln · vn

                 

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Natürlich bleibt es dabei, dass anschliessend der Beitragsvektor B über das ursprüngliche Beitragprofil u (und nicht über u′ ) ermittelt wird, d.h. B = b · u..

3.2 Kalkulation von Versicherungsleistungen Hier kann man prinzipiell nach demselben Muster vorgehen: der Beitragsvektor (Beitragsspektrum) B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 ) ist als vorgegeben vorausgesetzt, gesucht sind nun „dazugehörige“ Versicherungsleistungen (genauer: ein Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln−1 , Ln )), derart, dass das schwache Äquivalenzprinzip erfüllt ist. Ähnlich wie bei der Kalkulation der Beiträge, wird hier ein Leistungsprofil (Leistungsintensitätsvektor) w = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) vorgegeben. In der Nettokalkulation gilt üblicherweise w ≥ 0. Bei fester, noch zu bestimmender Bezugsgröße a, lassen sich dann die entsprechenden Komponenten Lt durch Lt = a · wt

t = 0, 1, . . . , n − 1

berechnen. Zur Bestimmung von a setzt man wieder die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen t = 0, 1, . . . , n − 1 t Vx + Bt = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1 an. Mit der obigen Darstellung von Lt führt dies zu a · (−wt ) + t Vx − px+t · t+1 Vx · vt+1 = −Bt

t = 0, 1, . . . , n − 1.

(3.2)

Dieses Gleichungssystem ist offenbar ein Thiele’sches Gleichungssystem in den Variablen a, 1 Vx , 2 Vx , . . . , n−1 Vx , sofern neben w die Parameter 0 Vx und n Vx vorgegeben sind (0 Vx = 0, n Vx = Ln ): 

−w0   −w1

   −w2  ..   .   −wt   ..  .    −wn−2

−wn−1

−px v1 0 1 −px+1 v2 0 .. . 0 .. . 0 0

1 .. . ··· ··· ···

0 ··· ··· 0 ··· ··· .. .. . . .. .. .. . . . 0 1 −px+t vt+1 .. .. . . ···

0 ···

0 0 .. . .. . 0 .. .

0 0 .. . .. .

1 0

−px+n−2 vn−1 1

.. .

46

                  ·             

a 1 Vx 2 Vx .. . t Vx

.. .

n−2 Vx n−1 Vx





              =              

−B0 − 0 Vx −B1 −B2 .. . −Bt .. . −Bn−2 −Bn−1 + px+n−1 · Ln · vn

               

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Bemerkung 3.3 Man beachte, dass bei der Kalkulation der Versicherungsleistung bei vorgegebenem Leistungsintensitätsvektor w = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) der Leistungsvektor L ermittelt werden kann, allerdings nicht unmittelbar der Vektor der Verbleibensleistungen L(0) , bzw. der Ausscheideleistungen L(1) . Da sich der Leistungsvektor Lt aus (1)

(0)

t = 0, 1, . . . n − 1

Lt = Lt + qx+t Lt vt+1 , zusammensetzt, gilt mit Lt = a · wt auch (0)

(1)

a · wt = Lt + qx+tLt vt+1 , und somit

(0)

t = 0, 1, . . . n − 1

(1)

Lt L + qx+t t vt+1 , t = 0, 1, . . . n − 1. a a Mit dem Leistungsintensitätsvektor w kann also festgelegt werden, wie das Verhältnis einer (1) (0) Verbleibensleistung Lt beziehungsweise einer Ausscheideleistung Lt zur der zu bestimmenden Bezugsgröße a ist. Dieses Verhältnis ist mit wt =

(0) wt

(0)

L = t a

beziehungsweise

(1) wt

(1)

L = t , a

t = 0, 1, . . . n − 1

festzulegen. Es ist also letztlich einVerbleibensleistungsprofil (0)

(0)

(0)

(1)

(1)

(1)

w(0) = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) sowie ein Ausscheideleistungsprofil w(1) = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) anzugeben. Falls während der Versicherungsdauer (irgendwann) eine Verbleibensleistung vor(0) gesehen ist (z.B Lt0 > 0 für ein bestimmtes t0 ), so ist die Bezugsgröße a oftmals gerade diese (0)

Verbleibensleistung, sodass wt0 = 1 gilt.

(1)

Falls irgendwann eine Ausscheideleistung vorgesehen ist (Lt0 > 0), so entspricht die Bezugs(1)

größe a oftmals gerade dieser Ausscheideleistung und es gilt wt0 = 1. Der Leistungsintensitätsvektor w berechnet sich mit diesen festgelegten Verhältnissen zur Bezugsgröße w(0) und w(1) mittels (0)

wt = wt

(1)

t = 0, 1, . . . n − 1.

+ qx+t wt vt+1 ,

Verbleibens- beziehungsweise Ausscheideleistungen ergeben sich aus der bei der Lösung des Thiele’schen Gleichungssystems bestimmten Bezugsgröße a durch (0)

Lt

(0)

= wt

und

·a

(1)

Lt

(1)

· a,

t = 0, 1, . . . n − 1

· a · vt+1 ,

t = 0, 1, . . . n − 1.

= wt

und folglich gilt (0)

Lt = wt

·a

+

(1)

qx+t · wt

47

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung (0)

Aufgrund der Beziehung Lt = Lt Verbleibensleistungsprofil

VT (1)

+ (qx+t · Lt

· vt+1 ) hängt w von einem anzugebenden (0)

(0)

(0)

w(0) = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) (0)

(0)

für beispielsweise eine Verbleibensleistung l(0) ab (Ansatz in diesem Fall: Lt = wt · l(0) ) ab. (0) (1) Darüber hinaus sind dann noch die einzelnen Quotienten von beispielsweise ρt = Lt /Lt (1) (0) (bzw. alternativ ρt = Lt /Lt ) für die jeweiligen Perioden t = 0, 1, . . . , n − 1 anzugeben. Ein (0) solcher Quotient gibt das in Periode t gewünschte Verhältnis zwischen Verbleibensleistung Lt (1) und Ausscheideleistung Lt wieder. Das Leistungsprofil w = (w0 , w1 , . . . , wn−1 ) ergibt sich dann durch Rechnung als (0) wt = wt (1 + qx+t · ρt · vt+1 ). In diesem Fall ist a = l(0) . Bemerkung 3.4 Jedes Paar von Verbleibensleistungsprofil bzw. Ausscheideleistungsprofil (w(0) , w(1) ), bei dem mindestens ein Eintrag positiv ist, lässt sich linear in ein (w′(0) , w′(1) ) = ϕ·(w(0) , w(1) ) mit ϕ > 0 ′(1) ′(0) transformieren, sodass ein t′0 ∈ {0, . . . , n − 1} mit wt′ = 1 oder wt′ = 1 existiert. Dabei sind 0

0

der Verbleibensleistungsvektor L′(0) und der Ausscheideleistungsvektor L′(1) , welche mit mit Hilfe von (w′(0) , w′(1) ) bestimmt wurden, jeweils identisch mit dem Verbleibensleistungsvektor L(0) beziehungsweise dem Ausscheideleistungsvektor L(1) , wobei diese mit (w(0) , w(1) ) bestimmt wurden. (Übung!)

3.3 Lösbarkeit des Thiele’schen Gleichungssystems, explizite Lösung und „ökonomische Zulässigkeit“ des Reservevektors Man erkennt, dass sich offenbar die Gleichungssysteme (3.1) und (3.2) strukturell nicht unterscheiden. Der einzige inhaltliche Unterschied liegt im Vorzeichen der rechten Seite (Lt , bzw.−Bt ) und im Vorzeichen bei wt bzw. ut . Wir betrachten deshalb ein einziges Gleichungssystem, welches wir, je nach Zweck, zur Beitrags- oder Leistungsbestimmung einsetzen. In Matrix-Schreibweise sieht dieses Gleichungssystem folgendermaßen aus: 

κ0 κ1

    κ2   ..  .   κt   .  ..   κn−2 κn−1 |

−px v1 1 0 .. . 0 .. . 0 0

0 −px+1 v2 1 .. . ··· ··· ···

0 0 .. .

··· ··· .. .

··· ···

..

..

..

0

.

.

1 .. .

. −px+t vt+1 .. .

0 0 .. . .. . 0 .. .

0 0 .. . .. .

0 ···

1 0

−px+n−2 vn−1 1

··· {z

.. .

                ·            }

A(x,n,κ,v,p)

48

τ 1 Vx 2 Vx .. . t Vx

.. .

n−2 Vx n−1 Vx





RS0 RS1 RS2 .. .

            =   RSt     ..   .     RSn−2 RSn−1 | {z RS

              }

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Die rechte Seite RS des Gleichungssystems spiegelt dabei jeweils das gegebene Spektrum (Leistungsspektrum, bzw. Beitragsspektrum) wider, d. h. Im Falle der Beitragskalkulation (der Leistungsvektor L = (L0 , . . . Ln ) ist also gegeben) ist 

   RS =    



L0 − 0 Vx L1 .. . Ln−2 Ln−1 + px+n−1 · n Vx · vn

    , τ = b und κ = u.   

Im Falle der Leistungskalkulation (d.h. Ermittlung eines Leistungsspektrums, wenn B = (B0 , . . . Bn−1 ) gegeben ist) ist 

   RS =    



−B0 − 0 Vx −B1 .. . −Bn−2 −Bn−1 + px+n−1 · n Vx · vn

    , τ = a und κ = −w.   

Eine Lösung Vx = (τ, 1 Vx , 2 Vx . . . , n−1 Vx ) des Systems A(x, n, κ, v, p) · Vx = RS

(kurz: A · V = RS)

nennen wir Reserve-Vektor des Versicherungsvertrags. Hinsichtlich der Frage ob das Thiele’sche Gleichungssystem lösbar, bzw. eindeutig lösbar ist, lässt sich das folgende formale Resultat angeben, Satz 3.5 Das Gleichungssystem A(x, n, κ, v, p) · Vx = RS hat eine eindeutige Lösung Vx = (τ, 1 Vx , 2 Vx , . . . n−1 Vx ) dann und nur dann, wenn n−1 X

κt · t px · v (t) 6= 0.

t=0

49

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Beweis: Das Gleichungssystem ist genau dann eindeutig lösbar, falls det(A(x, n, κ, v, p)) 6= 0. Indem man nun die Matrix A(x, n, κ, v, p) nach der ersten Spalte entwickelt(Übung), ergibt sich (mit vollständiger Induktion über n,) die Darstellung det(A(x, n, κ, v, p)) =

n−1 X

t−1 Y

(κt ·

t=0

vi+1 px+i ) =

n−1 X

κt · t px · v (t) .

t=0

i=0

Hinreichende Bedingungen für die eindeutige Lösbarkeit liefert dann sofort das Korollar 3.6 Es gelte vt > 0, t = 1, 2, . . . , n und eine der beiden folgenden Bedingungen (i) κ ≥ 0, κ 6= 0 (Beitragskalkulation) (ii) κ ≤ 0, κ 6= 0 (Kalkulation des Leistungsvektors). Dann ist das Gleichungssystem A(x, n, κ, v, p) · Vx = RS eindeutig lösbar. Beweis: Die Voraussetzungen (i) bzw (ii) führen dazu dass

Pn−1 t=0

κt · t px · v (t) 6= 0.



Bemerkung 3.7 Im Falle κ = u entspricht die Determinante also gerade dem „Barwert des Beitragsprofils“. Man hat damit eine Darstellung für den Beitragsbarwert BB0 als BB0 =

n−1 X

Bt · t px · v (t) = b ·

n−1 X

ut · t px · v (t) = b · det(A).

t=0

t=0

Die Struktur des Gleichungssystems, das sich unmittelbar aus den versicherungstechnischen Bilanzgleichungen ergibt, erlaubt eine einfache, sukzessive Ermittlung der Einträge im Reservevektor Vx :

Satz 3.8 Es sei L = (L0 , L2 , . . . , Ln ) der Leistungsvektor , u = (u1 , u2 , . . . , un−1 , un ) ein Beitragsprofil P mit nt=0 ut · t px · v (t) 6= 0. Weiterhin gelte px+t · vt+1 6= 0 für t = 0, 1, . . . , n − 1. (i.) Dann gilt

Pn

Lt · t px · v (t) , (t) t=0 ut · t px · v

b = Pt=0 n

50

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

(ii.) Ist die Grösse 0 Vx vorgegeben, so ist für t = 0, 1, . . . n − 1 t+1 Vx

=

b · ut + t Vx − Lt . px+t · vt+1

Beweis: (i.) Die Darstellung von b ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, dass LB0 = BB0 gilt, also n X t=0

Lt · t px · v (t) =

n X

Bt · t px · v (t) = b ·

t=0

n X

ut · t px · v (t) .

t=0

(ii.) Die in (ii) angegebenen Gleichungen stellen nichts anderes dar, als die (umgeformten) versicherungstechnische Bilanzgleichungen für t = 0, 1, . . . n − 2. Hierin sind mit (i.) die Prämien Bt = b · ut bekannt. Da diese gelten müssen und 0 Vx als gegeben vorausgesetzt wird (o.B.d.A. 0 Vx = 0), erhält man durch sukzessives Einsetzen, beginnend mit t = 0, die (eindeutig bestimmten) Grössen 1 Vx , 2 Vx , . . . n−1 Vx . 

Das obige Eindeutigkeitsresultat ist aus ökonomischer Sicht eigentlich erst sinnvoll, wenn die so ermittelte Bezugsgröße τ im Reservevektor (und damit das Beitragspektrum B bzw. Leisungsspektrum L) nicht negativ ist. Bei den übrigen Komponenten des Reservevektors Vx , also den Deckungsrückstellungen t Vx , kann es u. U. noch akzeptabel sein, dass hier negative Werte auftreten (siehe später, etwa im Zusammenhang mit einer „Zillmerung der Abschlusskosten“). Es gibt sogar (meist allerdings eher theoretische) Situationen, in denen t Vx für 1 ≤ t ≤ n − 1 stets negativ ist. Dies kann etwa bei reinen „Todesfallversicherungen mit fallender Versicherungssumme“ vorkommen, bei denen laufende konstante Beiträge vereinbart wurden (siehe dazu [20]). Allerdings sollte aus ökonomischer Sicht erwartet werden können, dass eine Lebensversicherung, die (irgendwann) während der Laufzeit stets nicht negative, und mindestens eine positive Leis(0) (1) tung vorsieht (also Lt0 > 0 oder Lt0 > 0 für ein t0 ) dazu führt, dass auch positive Beiträge gezahlt werden müssen. Der folgende Satz gibt an, das dies in „natürlicher Weise“ der Fall ist. Satz 3.9 Es gelte vt > 0, t = 1, 2, . . . , n und eine der beiden folgenden Bedingungen (i) κ ≥ 0, κ 6= 0 und RS ≥ 0, RS 6= 0 (Beitragskalkulation) (ii) κ ≤ 0, κ 6= 0 und RS ≤ 0, RS 6= 0 (Kalkulation eines Leistungsvektors). Dann ist die Komponente τ in der eindeutig bestimmten Lösung V positiv.

Beweis: siehe etwa [9]



51

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Interpretation: Der Beitrag ist positiv, falls mindestens eine positive Leistung Lt versichert ist (Fall (i)). Umgekehrt ergibt sich bei einer vereinbarten, positiven Beitragszahlung des VN stets auch ein positives Leistungsversprechen im Versicherungsfall des VU (Fall (ii)).

Bemerkung 3.10 Die Beitragsermittlung mit Hilfe des Thiele’schen Gleichungssystems lässt eine „völlig freie“ Beitragszahlungsweise für ein gegebenes Leistungsspektrum nicht zu. (Festgelegt werden musste ja der Intensitätsvektor u = (u0 , . . . , un−1 ) bevor die Beitragsberechnung durchgeführt werden konnte.) Der Wunsch die Beiträge „möglichst variabel“ zu entrichten, bedeutet dann, dass der Intensitätsvektor u a priori nicht gegeben ist, also selbst erst ermittelt werden muss, wohingegen die Zahl b > 0 als bekannt vorausgesetzt werden kann (etwa b = 1). Durch vollständige Induktion lässt sich nun (bei einem konstanten Diskontierungsfaktor v) zeigen (siehe [9]), dass wenn immer die Bedingung uj ≤

qx+m · (n − j) · u0 qx · n

j = 1, . . . , n − 1

an den Intensitätsvektor u gestellt wird, der Reservevektor nicht negativ ist. Für den Fall q ·(n−j) · u0 mit j = 1, . . . , n − 1 gilt j Vx = 0, d. h. in diesem Fall werden natürliche uj = x+jqx ·n Beiträge gezahlt.

3.4 Zerlegung des Netto-Beitrags (0)

Ähnlich, wie die erwartete Versicherungsleistung Lt in die zwei Komponenten Lt bzw. qx+t · (1) Lt · vt+1 „zerlegt“ werden konnte, läßt sich auch eine Zerlegung der Prämien angeben. Diese einzelnen Beitragsanteile haben für den Versicherungsvertrag unterschiedliche „Verwendungszwecke“. Wir haben nämlich: Satz 3.11 Gegeben seien ein Prämienvektor B = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 , 0) und ein Leistungsvektor L = (L0 , L1 , . . . , Ln ), welche den versicherungstechnischen Bilanzgleichungen genügen. Für 0 ≤ t ≤ (1) (0) n − 1 sei Lt = Lt + (qx+t · Lt · vt+1 ). Dann gilt für 0 ≤ t ≤ n − 1

(r)

Bt = Bt mit

(s)

+ Bt ,

(r)

:= qx+t · (Lt − t+1 Vx ) · vt+1

(s)

:= t+1 Vx · vt+1 − t Vx + Lt .

Bt

Bt

(1)

(0)

52

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Beweis: Ausgehend von der Gültigkeit der versicherungstechnischen Bilanzgleichung t Vx +Bt = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1 , ergibt sich wegen px+t = 1 − qx+t für t = 0, 1, . . . , n − 1: Bt = Lt − t Vx + px+t · t+1 Vx · vt+1 (1)

(0)

= Lt − t Vx + qx+t · Lt · vt+1 + (1 − qx+t ) · t+1 Vx · vt+1 (0)

(1)

= qx+t · (Lt − t+1 Vx ) · vt+1 + t+1 Vx · vt+1 − t Vx + Lt {z

|

}

(r)

Bt

{z

|

(s)

Bt



}

Wir erkennen: Der Beitrag Bt der zu Beginn des (t + 1)-ten Versicherungsjahres gezahlt wird, (r) besteht zum Einen aus einer Prämienkomponente Bt . Diesen Beitragsteil können wir offenbar als einen natürlichen(!) Beitrag für eine einjährige Versicherung auffassen, den der VN als x+tjähriger zum Zeitpunkt t zu zahlen hätte, um für das Jahr (t + 1) eine Auscheideleistung von (1)

Rt+1 := (Lt − t+1 Vx ) zu versichern. Für die ursprünglich abgeschlossene Versicherung muss – im Falle des Ausscheidens des VN im Zeitraum [t, t + 1[ – zum Auszahlungstermin t + 1 genau dieser Betrag Rt+1 vom Versichertenkollektiv aufgebracht werden, um das zum Auszahlungszeitpunkt vorhandene Deckungskapital (1) t+1 Vx des VN derart „aufzufüllen“, dass insgesamt die vereinbarte Versicherungsleistung Lt ausgezahlt werden kann. Die Größe Rt+1 nennt man auch das riskierte Kapital des Versicherungsvertrages zum Zeitpunkt t + 1. Vx L Rt+1

0

n

t+1

Entsprechend obiger Interpretation für die einzelnen Größen Rt+1 , t = 0, 1, . . . , n − 1 nennt (r) man die Beitragsanteile Bt von Bt die Risikobeiträge bzw. die Risikoprämien. (s)

Die Bedeutung der zweiten Komponente Bt Umformung klar:

⇔ (s) ⇔ (Bt +

von Bt macht man sich durch folgende kleine

(s) Bt (0) (s) Bt + t V x − L t (0) t Vx − Lt ) · (1 + it+1 )

53

= = =

(0)

· vt+1 − t Vx + Lt t+1 Vx · vt+1 t+1 Vx t+1 Vx

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT (s)

Die linke Seite beschreibt hier einen einjährigen „Sparvorgang“: Der Beitragsteil Bt zum Zeitpunkt t wird, zusammen mit dem dann vorhandenen Deckungskapital t Vx und nachdem alle Verbleibensleistungen für das (t + 1)-te Versicherungsjahr erbracht worden sind, mit dem Zinssatz it+1 verzinst. Das Ergebnis dieses Sparvorgangs ist gerade das Deckungskapital zu Beginn (s) der nächsten Periode. Die Beitragsanteile Bt von Bt sind also diejenigen Prämienanteile von Bt , die zum „Aufbau des Deckungskapitals“ und zur Finanzierung der Verbleibensleistung beitragen. Sie werden deshalb Sparbeiträge genannt. Vor dem Hintergrund von Satz 2.3 erhalten wir übrigens auch

Satz 3.12 (s) (s) (s) Gegeben seien der Beitragsvektor der Sparbeiträge B (s) = (B0 , B1 , . . . , Bn−1 , 0) und (0)

(0)

(0)

der Vektor der Erlebensfallleistungen L(0) = (L0 , L1 , . . . , Ln−1 , Ln ). Weiterhin sei Z = (1)

(Z0 , Z1 , . . . Zn−1 , 0) mit Zt = qx+t · Rt+1 · vt+1 = qx+t · (Lt − t+1 Vx ) · vt+1 . Dann gilt (i) V (B (s) , L(0) ) = (0, 1 Vx , 2 Vx , . . . , n−1 Vx , Ln ) (ii) V (B (r) , Z) = (0, ..., 0)

Beweis: Der Beweis zu (i) ergibt sich mit 2.6 ( a) und f), Seite 26) unmittelbar aus der (0) (s) Tatsache, dass Bt + t Vx = Lt + t+1 Vx vt+1 . Zu (ii) ergibt sich der Beweis ebenfalls mit 2.6, (1) (s)  a), da Bt = qx+t · (Lt − t+1 Vx ) · vt+1 gilt. Das Deckungskapital t Vx ist also nichts anderes als die Zahlungsreihe, die im Sinne des Satzes 2.3 dafür sorgt, dass das strenge Äquivalenz zwischen der Zahlungsreihe (= Vektor) der SparBeiträge B (s) und der Zahlungsreihe L(0) der versicherten Erlebensfallleistungen „hergestellt“ wird. (s)

Betrachten wir die Entwicklung der Sparbeiträge Bj von Beginn des Versicherungsvertrages (j = 0) bis zum Ende der Periode t (d.h. bis unmittelbar vor dem Zeitpunkt t + 1), so hat man (j) mit den Setzungen r(t+1) (siehe S. 23):

54

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

t X

(s) Bj

(j) · r(t+1)

=

j=0

t X

(

j+1 Vx

VT

(0)

(j)

· vj+1 − j Vx + Lj ) · r(t+1)

j=0

= = =

t X

(0) Lj

(j) · r(t+1)

+

j=0

j=0

t X

t X

(0)

(j)

Lj · r(t+1) +

j=0

j=0

t X

t+1 X

(0)

(j)

Lj · r(t+1) +

j=0

=

(j)

j+1 Vx

j+1 Vx

·

r(t+1) (1 + ij+1 ) (j+1)

· r(t+1) −



t X

j Vx

j Vx

(j)

· r(t+1) −

t X

j Vx

(j)

j=0

t X

Lj · r(t+1) + t+1 Vx .

(0)

(j)

| {z }

(t+1)

| {z }

=0

(j)

(j)

· r(t+1)

· r(t+1)

Lj · r(t+1) − 0 Vx ·r(t+1) + t+1 Vx · r(t+1) (0)

(j)

· r(t+1)

j=0

j=1 (0)

j Vx

j=0

t X

t X

j=0

=

t X

=1

j=0 (s)

Wir sehen: Durch die „Verzinsliche Ansammlung“ aller Sparbeiträge Bj während eines Zeitraums von t Jahren können alle in diesem Zeitraum vereinbarten Verbleibensleistungen finanziert werden und darüber hinaus das Deckungskapital Vt+1 des Zeitpunktes t + 1 verzinst (mit den Zinssätzen i1 , i2 , . . . , it ) angespart werden. Es ergibt sich aus den obigen Formeln natürlich auch: t X

j=0

(s)

Bj · v (j) =

t X

(0)

Lj · v (j) + t+1 Vx · vt+1 .

j=0

Zusammenfassend: • Mit den Sparbeiträgen eines Versicherungsvertrages werden die Verbleibensleistungen finanziert und das Deckungskapital (also die Reserven) „aufgebaut“ (angespart). • Mit den Risikobeiträgen werden jährlich die Differenz zwischen den vereinbarten Auscheideleistungen und den (dazu bereits angesammelten) Reserven, also das Risikokapital, versichert. Auch hier wird noch einmal das Charakteristikum der Kapitaldeckung deutlich, das der Lebensversicherung immanent ist: in jedem Vertagszeitpunkt t sind die zu erwartenden zukünftigen Leistungen des Kollektivs an den VN vom Wert her kalkulatorisch durch die Prämien, die er zukünftig noch erwartungsgemäss erbringt und den nicht (für Versicherungsleistungen) verbrauchten Prämienteilen der Vergangenheit, „gedeckt“.

3.4.1 Versicherungen mit Ausscheide- und Erlebensfallcharakter Geht man wieder von einem Leistungsspektrum (1)

(0)

Lt = Lt + qx+t · Lt · vt+1

55

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

dann nennt eine Lebensversicherung eine Lebensversicherung mit Ausscheidecharakter (im Zeitraum [t, t + 1[), falls (1) Rt+1 = Lt − t+1 Vx > 0. Sie heißt eine Lebensversicherung mit Erlebensfallcharakter (im Zeitraum [t, t + 1[), falls (1)

Rt+1 = Lt − t+1 Vx < 0. Gilt für eine eine Lebensversicherung Rt > 0

(bzw. Rt < 0), für alle t = 0, 1, . . . , n − 1,

so nennt man sie entsprechend Lebensversicherung mit Ausscheidecharakter (bzw. mit Erlebensfallcharakter). Bei einer Lebensversicherung mit Ausscheidecharakter führt also wegen (r)

Bt

:= qx+t · Rt+1 · vt+1

eine Erhöhung der Ausscheidewahrscheinlichkeiten qx+t tendentiell zu einer Erhöhung der Beiträge, bei Lebensversicherung mit Erlebensfallcharakter führt eine Erhöhung der Ausscheidewahrscheinlichkeiten qx+t tendentiell zu einer Verringerung der Beiträge. Das versicherungstechnische Vorsichtsprinzip führt dazu, dass bei einer LV mit Ausscheidecharakter die für die Kalkulation heranzuziehenden Ausscheidewahrscheinlichkeiten qx+t (Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung) gemessen an den tatsächlich zu erwartenden Ausscheidewahrscheinlichkeiten höher anzusetzen sind, bei einer Lebensversicherung mit Erlebensfallcharakter niedriger (Siehe zu dieser Thematik auch [14], [8], [18]) . Beispiel 3.13: • Eine reine Todesfallversicherung mit laufenden konstanten Beiträgen hat Ausscheidecharakter. (Übung) (1)

• Eine aufgeschobene Rentenversicherung ohne Ausscheideleistungen (Lt hat Erlebensfallcharakter. (Übung)

= 0 für alle t)

• Bei einer gemischten Versicherung (Kapitallebensversicherung) mit konstanter Todesfall(1) Leistung Lt = L für t = 0, 1, 2, ..., n − 1 und Ablaufleistung L = Ln am Ende der Versicherungsdauer handelt es sich um eine klassische Versicherung mit Todesfallcharak(0) ter. Hier ist Lt = 0, t = 0, 1, . . . , n − 1

Vor dem Hintergrund des versicherungsmathematischen Vorsichtsprizips, das eine tendenzielle Erhöhung der Ausscheidewahrcheinlichkeiten bei der Kalkulation von LVs mit Ausscheidechrakter bzw. deren tendenzielle Absenkung bei Kalkulation von Lebensversicherungen mit Erlebensfallcharakter notwendig macht, stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn sowohl Zeiträume mit Erlebensfall, als auch solche mit Auscheidecharakter vorkommen. Eine solche Situation tritt beispielsweise in einer Rentenversicherung auf, bei im Todesfall des Versicherten eine Hinterbliebenenleistung für die Hinterbliebenen gezahlt wird (Witwenrente/ Waisenrente). Wir betrachten hierzu etwa die Situation in Beispiel c)auf S. 33

56

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Wir überlegen dazu folgendermaßen: Es beschreibe

(1)

(0)

Lt = Lt + qx+t · Lt · vt+1 ,

t = 1, 2, . . . , n

das Leistungsspektrum dieser Versicherung. Wir gehen zunächst davon aus, dass wir diese Versicherung als aus zwei einzelnen Lebensversicherungen “zusammengesetzt“ auffassen können. Die erste Lebensversicherung, mit dem Leistungsspektrum ¯ t = L(0) , L t

t = 1, 2, . . . , ω − x

besitzt reinen Erlebensfallcharakter, die zweite, hat bei gegebenem Leistungsspektrum (1) L˜t := qx+t · Lt · vt+1 ,

t = 1, 2, . . . , n − 1

bezogen auf den Versicherten reinen Ausscheidecharakter. Allerdings ist (1) Lt

ω−(t+j)

X

=

j+t py

(t+j) ˜ (0) · vt+1 · L t+j

j=1

als (Barwert einer) Hinterbliebenenrente mit Spektrum ˜ (0) ˜ (0) , . . . , L ˜ (0) , L (L t+2 t+1 ω−(t+1) ) eine Versicherung mit Erlebensfallcharakter (für den Hinterbliebenen). Dadurch wird es notwendig, zu analysieren, für welche Zeitperioden die „Gesamtversicherung“ Ausscheide- bzw. Erlebensfallcharakter besitzt und dann in diesen Perioden j + 1 die Ausscheide- bzw. Verbleibenswahrscheinlichkeiten, (qx+j , bzw. px+j aber auch qy+j , bzw. py+j ) dem Charakter der jeweiligen Versicherung „anzupassen“ (also tendenziell höher bzw. niedriger anzusetzen). Für die Erlebenfallversicherung beschreibe q¯x+j , bzw. p¯x+j (¯ qy+j , bzw. p¯y+j ) bzw. diese Größen, für die Versicherung mit Ausscheidecharakter seien dies die Größen q˜x+j bzw p˜x+j . Offenbar ist q¯x+j ≤ q˜x+j (bzw. p¯x+j ≥ p˜x+j ). Die Kalkulation dieser beiden Versicherungen „einzeln“ mit dem jeweiligen, zugehörigen Thiele’schen Gleichungssystem liefert dann die Reservevektoren (¯b, 1 V¯x , . . . ,

¯

n−1 Vx , Ln )

und (˜b, 1 V˜x , . . . ,

˜

n−1 Vx , 0),

¯t bzw. B ˜t ermitteln woraus sich dann – abhängig von den Zahlungsprofilen – die Beiträge B lassen. Insbesondere ergibt sich für die Versicherung mit Ausscheidecharakter ˜t + t V˜x = q˜x+t · L(1) · vt+1 + p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1 B t ω−(t+j)

= q˜x+t ·

X

(t+j)

vt

˜ (0) + p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1 · j+t p¯y · L t+j

j=1

˜ t+1 der Periode [t, t + 1[ der reinen „Ausscheideversicherung“ lässt sich Das riskierte Kapital R also als

57

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

˜ t+1 = L(1) − t+1 V˜x R t ω−(t+j)

=

X

(t+j)

(0)

˜ ˜ vt+1 · j+tp¯y · L t+j − t+1 Vx

j=1

˜ t+1 > 0. schreiben. Offenbar ist R Wenn wir nun für die zusammengesetzte Versicherung ansetzen: ¯t + t V¯x + B ˜t + t V˜x B (1) (0) px+t · t+1 V¯x + p˜x+t · t+1 V˜x ) · vt+1 = Lt + q˜x+t · Lt · vt+1 + (¯ p¯x+t (1) (0) = Lt + q˜x+t · Lt · vt+1 + (1 − q˜x+t ) · ( · t+1 V¯x + t+1 V˜x ) · vt+1 p˜x+t p¯x+t p¯x+t (0) (1) = Lt + · t+1 V¯x · vt+1 + q˜x+t · (Lt − · t+1 V¯x ) · vt+1 + p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1 p˜x+t p˜x+t

so ergibt sich durch entsprechendes Zusammenstellen der Terme: p¯x+t ¯ +B ˜ + t V¯x + t V˜x = L(0) · t+1 V¯x · vt+1 B t + | {z } p˜x+t

| t {z }t Bt

t Vx

|

{z

(1)

+ q˜x+t · (Lt − =

}

ˆ (0) L t

ˆ (0) L t



p¯x+t · t+1 V¯x ) · vt+1 + p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1 p˜x+t

ω−(t+j)

+ q˜x+t ·  |

X

(t+j) vt

˜ (0) L t+j

· j+t p¯y ·

j=1

{z

(1)

ˆ =:L t

+ p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1 .



p¯x+t · t+1 V¯x  ·vt+1 − p˜x+t }

Das riskiert Kapital Rt+1 der Periode [t, t + 1[ der „Gesamtversicherung“ lässt sich also als: ˆ (1) − t+1 V˜x Rt+1 = L t ω−(t+j)

=

X

j=1

(t+j) ˜ (0) − p¯x+t · t+1 V¯x − t+1 V˜x vt+1 · j+t p¯y · L t+j p˜x+t

˜ t+1 − p¯x+t ·t+1 V¯x =R | {z } p˜x+t >0

| {z } ≥1

58

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

darstellen. Die Beantwortung der Frage, in welchen Perioden die Gesamtversicherung Ausscheide- oder Erlebensfallcharakter hat (Rt+1 > 0 oder Rt+1 < 0), hängt also zunächst davon ab, wie „vorsichtig“ j+t p¯y für die Hinterbliebenenleistung und (wie „vorsichtig“) q˜x für die Bestimmung von (˜b, 1 V˜x , . . . , n−1 V˜x , 0) gewählt wurde: Je größer die Überlebenswahrscheinlichkeiten j+t p¯y (im „Todesfallfallteil“) aufgrund des Vor˜ t+1 ausfalsichtsprinzips (für die Hinterbliebenenrente) angesetzt wurde, desto größer dürfte R len. Eine vorsichtige Wahl von q˜x+j für den Todesfallteil (also q˜x+j tendentiell höher) führt allerdings dazu, dass sowohl das Deckungskapital t+1 V¯x höher wird ( da p¯x+t tendentiell höher ausx+t „groß“ werden kann. Damit auch der Abzugsterm pp˜¯x+t · t+1 V¯x . fällt), als auch der Quotient pp¯˜x+t x+t Die Frage, in welchen Perioden eine Versicherung mit Todesfall (bzw- Erlebensfallcharakter) vorliegt, wird also die die Wahl dieser Grössen entschieden.

3.5 Bruttokalkulation Wie bereits in Kapitel 2 dargestellt, bestehen die Leistungen des Versichertenkollektivs nicht nur aus den im Versicherungsfall gegenüber dem VN zu zahlenden Beträgen. Bedingt durch den Auftrag des Versicherungsunternehmens, dieses Versichertenkollektiv „zu organisieren“, d.h. für eine angemessene Anzahl an Neuzugängen zu sorgen und dabei deren Risiko einzuschätzen, die bestehenden Versicherungsverträge „zu verwalten“, die Prämien „einzunehmen“ , die Versicherungsleistungen „auszuzahlen“ und für eine ausreichende Verzinsung der Deckungsrückstellungen zu sorgen, muss das Versichertenkollektiv diese unternehmerischen Leistungen dem VU entsprechend vergüten. Die Vergütung dieser Abschluss-, Verwaltungs- und Inkassoaufwendungen durch das Versichertenkollektiv an das VU erfolgt anteilig durch jeden einzelnen VN des Versichertenkollektivs. Die Grundidee, wie die Kosten dieser Unternehmensleistungen kalkulatorisch den einzelnen Versicherungsverträgen „zugeschlagen“ werden, besteht darin, dem bestehenden Vertrag während seiner Laufzeit neben den ursprünglich vereinbarten Versicherungsleistungen zusätzliche „Leistungen“ zuzuordnen, für welche allerdings – gedanklich – nicht der VN, sondern das VU „bezugsberechtigt„ ist. Eine derartige Zuordnung von „zusätzlichen Leistungen“ kann explizit bei der Festlegung von (0) (1) Lt = Lt + qx+t · Lt · vt+1 erfolgen, d. h. diese können dort „hinzukalkuliert“ („zugeschlagen“) werden. Wir erhalten auf diese Weise einen Brutto-Leistungsvektor (ausreichenden Leistungsvektor) (a) (a) L(a) = (L0 , L1 , . . . , Ln(a) ), welcher die vereinbarten Versicherungsleistungen zuzüglich der (anteiligen) Vergütungskomponenten an das VU enthält. Einen zugehörigen Beitragsvektor - via Thiele’sches Gleichungssystem bestimmt - zu einem vorgegebenen (Brutto-)Leistungsvektor L(a) , wollen wir als ausreichenden Beitragsvektor (a) (a) (a) (a) B (a) = (B0 , B1 , B2 , . . . , Bn−1 ) bzw. die jeweiligen Beiträge als ausreichende Beiträge oder Brutto-Prämien bezeichnen . Es sind dies die Prämien, welche der VN letztendlich und tatsächlich zu Beginn des (t + 1)-ten Versicherungsjahres an das VU zu zahlen hat.

59

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Der Gegenstand des nächsten Abschnitts ist es eine allgemeine Systematik derartiger Akquisitions- und Verwaltungskostenzuschläge des VU vorzustellen, welche eine explizite Darstellung der Kosten für diese indirekten Versicherungsleistung erlauben und zeigen, auf welche Weise sie in den Leistungsvektor L(a) „eingebaut“ werden können. Diese Kostenzuschlagssystematik (a) führt dann auch zu einer expliziten Zerlegung des ausreichenden Beitrags Bt in einzelne Zuschlagskomponenten. Eine solche Zerlegung wird später u. a. von entscheidender Bedeutung bei den (noch vorzustellenden) Gewinnermittlungsmethoden.

3.5.1 Abschluss- und Vertriebskostenzuschläge, α-Kosten In der Vergangenheit – mit ihrer bekanntermaßen sehr „engen“ Produktpalette – war es üblich, als Bemessungsgrundlage für die Festlegung der Höhe der Abschlusskosten die Größe „Versicherungssumme“ heranzuziehen (typische Produkte der Vergangenheit sahen oft eine konstante (1) (0) Leistung, also konstante Grössen Lt bzw. Lt während der Versicherungsdauer vor). Üblicherweise wurde ein bestimmter Anteil (bei gemischter Kapitalversicherung etwa 35 0/00, bei der reinen Todesfallversicherung 5 0/00) der Versicherungssumme als „Entgelt“ für die Abschlussund Vertriebsaufwendungen, also als Abschlusskosten zugeschlagen. Diese Bemessungsgröße, die sich auf die vereinbarte Versicherungsleistung bezieht, hat u.a. den grundsätzlichen Nachteil, dass sie die Beitragsströme für diese Versicherung (aus denen ja letztendlich die Vertriebsleistungen finanziert werden sollen) nicht hinreichend berücksichtigt. So würde etwa bei einer gemischten Versicherung mit konstanter Versicherungssumme und laufender, gleichmäßiger Prämienzahlung eine Erhöhung des kalkulatorischen Rechnungszinses (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung) zu einer Verringerung der Beitragshöhe, nicht aber zu einer Reduktion der Abschlusskosten führen. Die zunehmende Variabilität der Rechnungsgrundlagen und der Versicherungstarife machte es also notwendig, nicht die Leistungsversprechen des Versichertenkollektives an den VN, sondern – umgekehrt – die „Leistungsversprechen der VN“ an das Versichertenkollektiv, d. h. also die Summe S=

n−1 X

(a)

Bj

j=0

aller ausreichenden Prämien als Bemessungsgrundlage für den Abschlusskostenzuschlag heranzuziehen. Die Größe K α := α · S liefert dann die Höhe der eingerechneten Abschlusskosten (rechnungsmässige Abschlusskostenzuschläge). Die Größe α heisst kalkulatorischer Abschlusskostensatz . Sie ist eine Rechnungsgrundlage 1. Ordnung und unterliegt damit Annahmen, die das VU bei der Tarifkalkulation zu machen hat. Neben der Höhe der eingerechneten Abschlusskosten spielen die Zahlungsm odalitäten und der Zahlungszeitpunkt des Abschlusskostenzuschlages, also in welcher Form (z.B. „bar“, per Beitragseinzug, „vorfinanziert“, etc) und wann der Zuschlag dem VN/dem Versicherungskollektiv tatsächlich „belastet“ wird, eine nicht unerhebliche Rolle.

60

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

3.5.2 Unmittelbare Abschlusskostenzuschläge, Zillmer ung Üblicherweise liegt der größte Aufwand des VU bei der Akquisition neuer VN vor dem Abschluss des neuen Versicherungsvertrages. So werden dann auch die Abschluss-Provisionen, die das VU an den Aussendienst für dessen erfolgreiche Akquisitionsleistung zu zahlen hat, typischerweise mit Abschluss des neuen Versicherungsvertrages fällig. Sie fallen also unmittelbar mit dem Abschluss an. Dementsprechend ist es das Bestreben des VU diesen Abschlusskostenaufwand zeitlich kongruent dem VN „in Rechnung“ zu stellen und ihm mit Beginn seines Vertrages zu belasten. Da allerdings in der Regel ein VN nicht unbedingt bereit wäre, den seinem Vertrag zugeordneten Abschlusskostenzuschlag K α unmittelbar zum Zeitpunkt t = 0, also mit dem Beginn der Laufzeit seines Vertrages, bereits vollständig an das VU zu entrichten, kann das VU (besser: das Versichertenkollektiv) dem neuen VN Teile seiner fällig werdenden Abschlusskostenzuschläge in einer ganz bestimmten Weise „vorfinanzieren“, was dann zur sog. Zillmerung von Abschlusskosten1 führt. Heute ist es üblich bzw. sogar gesetzlich geregelt, dass nicht die gesamten eingerechneten Abschlusskosten K α = α · S auf diese Weise vorfinanziert d.h. „gezillmert“ werden, sondern nur ein bestimmter Anteil von K α . Dieser Zillmeranteil an den Abschlusskosten αZ · S,

0 ≤ αZ ≤ α

wird vom VU zum Zeitpunkt t = 0 aus dem Gesamtdeckungskapital des zugehörigen Abrechnungsverbandes entnommen. Es kann dann unmittelbar über diesen Betrag verfügen, ihn also etwa als (Teil der) Abschlussprovison an den Außendienst weitergeben. Der VN wird zu Beginn seines Vertrages in seiner Liquidität nicht zusätzlich beeinträchtigt, hat allerdings mit Beginn des Vertrages eine entsprechende Schuld, die das VU von ihm einfordert. Die Begleichung dieser Forderung erfolgt aus bestimmten Teilen seiner zu leistenden ausrei(a) chenden Prämien Bt . Methodisch zeichnet sich die Zillmer-Methode dadurch aus, dass zu Laufzeitbeginn zunächst das Deckungskapital des VN mit dem Betrag αZ · S „belastet“ wird. Dies bedeutet: anstelle der Gültigkeit des Äquivalenzprinzips (0 Vx = 0) wird in den versicherungstechnischen Bilanzgleichungen (d.h. im Thiele’schen Gleichungssystem) 0 Vx

= −αZ · S

„gesetzt“. 

u0 u1

    u2   ..  .   ut   .  ..   un−2 un−1 1

0

−px v1 1

−px+1 v2

0 .. .

1 .. .

0 .. .

···

0 0

··· ···

0 0 .. .

··· ··· .. .

··· ···

..

..

..

. 0

. 1 .. .

. −px+t vt+1 .. .

0 0 .. . .. . 0 .. .

···

0 ···

1 0

0 0 .. . .. .

−px+n−2 vn−1 1

.. .

                ·           

bZ Z 1 Vx Z 2 Vx .. . Z t Vx

.. . Z n−2 Vx Z n−1 Vx





            =            

L0 − (−αZ · S) L1 L2 .. . Lt .. . Ln−2 Ln−1 + px+n−1 · Ln · vn

Dieser Begriff geht auf den Lebensversicherungsmathematiker August Zillmer (1831-1898) zurück.

61

             

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Der sich aufgrund einer solchen Änderung ergebende „gezillmerte Reservevektor“ (bZ ,1 VxZ ,2 VxZ , . . . ,n−1 VxZ ) liefern dann Z B Z := (B0Z , B1Z , . . . , Bn−1 )

bzw.

(−αZ · S, 1 VxZ , 2 VxZ , . . . , n−1 VxZ , Ln ),

die gezillmerten Nettoprämien bzw. das gezillmerte Netto-Deckungskapital t VxZ (die sog. Zillmerreserve) zum Zeitpunkt t. Offenbar lässt sich die gezillmerte Netto-Prämie in die beiden Summanden BtZ = Bt + BtA , (A)

zerlegen, wobei Bt den Beitrag für den Zeitpunkt t beschreibt, der die gezillmerten Abschlusskosten αZ · S während der Beitragszahlungsdauer amortisiert und Bt der Nettoprämie (A) (A) entspricht. Der Beitragsteil Bt selbst ergibt sich wieder als Bt = bA · ut durch die Lösung des Gleichungssystems 

u0 u1

    u2   ..  .   ut   .  ..   un−2 un−1

0

−px v1 1

−px+1 v2

0 .. .

1 .. .

0 .. .

···

0 0

··· ···

0 0 .. .

··· ··· .. .

··· ···

..

..

..

. 0

. 1 .. .

. −px+t vt+1 .. .

0 0 .. . .. . 0 .. .

···

0 ···

1 0

0 0 .. . .. .

−px+n−2 vn−1 1

.. .

                ·           

bA A 1 Vx A 2 Vx .. . A t Vx

.. . A n−2 Vx A n−1 Vx





            =            

αZ · S 0 0 .. . 0 .. . 0 0



      .      

Um die Amortisation der gezillmerten Abschlusskosten „zu beschleunigen“, wird bei der Zillmermethode nun aber nicht nur der dazu kalkulierte Beitrags teil BtA herangezogen, sondern es ist erlaubt, „in den ersten Jahren der Vetragslaufzeit“ zusätzliche Teile der Nettoprämien (s) Bt , genauer, die Sparprämien Bt für die Tilgung der Forderung heranzuziehen. Durch eine solche Verwendung stehen die Sparprämien daher während dieser Amortisationszeit nicht für den Aufbau des Netto-Deckungskapitals t Vx zur Verfügung! Es sei t∗ > 0 der kleinste Zeitpunkt, für den die Zillmerreserve t∗ VxZ (also zum Zeitpunkt t∗ ) positiv ist. Geht man davon aus, dass für die Nettokalkulation der Versicherung während der Beitagszahlungdauer keine Erlebensfallleistungen berücksichtigt wurden, so ergibt sich dann (analog zu der Darstellung 3.4 auf S. 55:

62

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

∗ −1 tX

(s) (Bj

+

BjA ) ·

v

(j)

=

j=0

∗ −1 tX

VT

(0)

Lj · v (j) + t∗ VxZ · vt∗ = αZ · S + t∗ VxZ · vt∗

j=0

t∗

X

d.h.

(s)

(Bj + BjA ) · v (j) − αZ · S ≥ 0.

j=0

Der „vorfinanzierte“ Zillmeranteil wurde also zum Zeitpunkt t∗ (verzinst) „zurückgezahlt“. Die zu den Zeitpunkten t ≥ t∗ zu leistenden, nunmehr für die Amortisation des Zillmeranteils nicht (s) mehr benötigten Beitragsteile BtA tragen jetzt allerdings zusätzlich zu Bt zum Aufbau des Netto-Deckungskapitals bei. Bis zum Zeitpunkt t∗ − 1 wird also von der gezillmerten Nettoprämie (r)

BtZ = Bt

(s)

+ Bt

+ BA

der Teil BtA + Bts zur Tilgung von αZ · S verwendet, danach wird er zum Aufbau des Netto-Deckungskapitals eingesetzt.

ungezillmert

−αZ · S

t∗

gezillmert

Der gesetzlich zulässige Höchstsatz für die Grösse αZ lag bis Ende 2014 bei 40 0/00. Für die Kalkulation von Tarifen nach dem 1.1. 2015 liegt dieser Höchstzillmersatz bei 25 0/00, d. h. höchstens αZ = 25 0/00 P

(a)

n−1 der kalkulierten, ausreichenden Beiträge S = j=0 Bj dürfen „gezillmert“ (also auf die eben beschriebene Art „kreditiert“ bzw. der Kredit „getilgt“) werden2 . 2

siehe dazu die Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen (Deckungsrückstellungsverordnung - DeckRV zu finden unter http://www.gesetze-im-internet.de)

63

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Lebensversicherungsprodukte, bei denen eine Zillmerung durchgeführt wird, heißen gezillmerte Tarife; Produkte, bei denen dies nicht geschieht (αZ = 0), heißen ungezillmerte Tarife. Produkte, bei denen 0 < αZ < 25 0/00, heißen teil-gezillmerte Tarife.

3.5.3 Laufende Abschlusskostenzuschläge, αγ -Kosten Da in der heutigen Tariflandschaft entweder auf Grund gesetzlicher Vorgaben (Höchstzillmersatz) oder aber aus Wettbewerbsgesichtspunkten bei vielen Lebensversicherungsprodukten auf eine (vollständige) Zillmerung der Abschlusskosten verzichtet wird, bildet sich als Alternative oder als Ergänzung zur Zillmerung zunehmend eine laufende Abschlusskostenverrechnung heraus. Bei dieser Kostenverrechnungssystematik werden Teile – oder sogar sämtliche – eingerechneten Abschlusskosten auf einen bestimmten Zeitraum der Laufzeit des Versicherungsvertrages (z.B auf die Beitragszahlungsdauer) „verteilt“. Zu diesen Zeitpunkten werden die (oder der entsprechende Teil der) eingerechneten Abschlusskostenzuschläge vom VN an das VU „bezahlt“. Aufgrund der Festlegung des VU auf den einzurechnenden Abschlusskostensatzes α und den Zillmersatzes αZ ergibt sich zunächst ein sog. Amortisationskostensatz αγ := α − αZ . Durch diesen wird der Teil αγ · S, die sogenannten αγ -Kosten, an den gesamten Abschlusskostenzuschlägen bestimmt, der wiederum anteilig während der Laufzeit des Vertrages vom VN an das VU bezahlt wird. Die Festlegung, wann und mit welchem Anteil dieser Betrag auf die Vertragslaufzeit verteilt wird, erfolgt durch ein Amortisationsprofil k = (k0 , k1 , . . . , kn−1 ) mit 0 ≤ kt ≤ 1 und

n−1 X

kt = 1.

t=0

Üblicherweise orientiert sich ein Amortisationsprofil an den Beitragszahlungszeitpunkten, das sich aus dem Zahlungsprofils u ergibt. Oft werden die ki dann auch identisch gewählt, also bspw. 1 , 0≤t≤n−1 n was zu einer Gleichverteilung der nicht gezillmerten, eingerechneten Abschlusskosten über die Laufzeit führen würde. Bei machen Lebensversicherungen werden die αγ -Kosten auch nur auf die ersten 5 (oder die ersten 10 Jahre) verteilt. In diesem Fall ist dann also beispielsweise kt =

kt =

(

1 5,

0,

0≤t≤4 5 ≤ t ≤ n − 1.

64

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Mittels des Amortisationsprofil lässt sich die Kostengröße Ktα := αγ · S · kt bestimmen. Ktα entspricht dann dem Betrag der Abschlusskosten, den der VN zum Zeitpunkt t zu bezahlen hat. Sie verteilen also den nicht gezillmerten Anteil der eingerechneten Abschlusskosten auf einzelne Beitragszahlungszeitpunkte t. Technisch gesehen stellt Ktα im Brutto-Leistungsvektor L(a) also eine fiktiv vereinbarte Verbleibensleistung für den Zeitpunkt t dar, welche der VN zum Zeitpunkt t nicht selbst erhält, sondern die unmittelbar an das VU „geleistet“ wird.

3.5.4 Verwaltungskostenzuschläge, β- und γ-Kosten Eine Systematik für die Verwaltungskostenszuschläge besteht derzeit typischerweise aus 3 Komponenten, die dem VN laufend, d. h. zu den einzelnen Zeitpunkten t „in Rechnung“ gestellt werden. Im einzelnen hat man typischerweise a) eine β-Kosten-Komponente, welche sich zu Beginn von Periode t + 1 auf den dann zu (a) entrichtenden Beitrag Bt bezieht, und mit β = (β0 , β1 , . . . , βn−1 ) zu den Kosten (a)

βt · Bt

= βt · ut · b(a)

t = 0, 1, . . . , n − 1

(β-Kostenanteil im Zeitpunkt t) führt. Würde man die Verwaltungsaufwendungen allerdings ausschließlich über der β-Kosten-Komponente zuschlagen, so wäre dies in einem gewissen Sinne problematisch: (i) Hat man etwa zwei Todesfallversicherungen gleicher Versicherungssumme und jeweils konstantem, laufendem Beitrag, einmal mit einem hohen und einmal mit einem niedrigen Eintrittsalter. Dann führt eine ausschließliche Vergütung der Verwaltungsaufwendungen über einen β-Kostenzuschlag dazu, dass die Höhe der eingerechneten Verwaltungskosten abhängig vom Alter ist. Kann man dies rechtfertigen? (ii) Wenn in einem Versicherungsvertrag die Beitragszahlungsdauer kleiner als die Versicherungsdauer ist (z.B. bei einer aufgeschobenen Rentenversicherung oder einer Versicherung gegen Einmalbeitrag) oder wenn der VN von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag „beitragsfrei“ zu stellen, so ist der β-Kosten-Anteil Null für die Zeiträume, in denen keine Prämien gezahlt werden. Ist dies gerechtfertigt? Aus diesem Grunde sieht eine Systematik für Zuschläge der Verwaltungskosten neben der β-Kostenkomponente typischerweise weitere Komponente(n) vor, b) eine γ-Kosten-Komponente, welche sich, ähnlich wie schon die Abschlusskosten, auf die Summe aller ausreichenden Beiträge S=

n−1 X j=0

65

(a)

Bj

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

bezieht. Mit dem Vektor γ = (γ0 , . . . , γn−1 ) und der Setzung t = 0, 1, . . . , n − 1

γt · S,

wird diese Größe dann zu Beginn der Periode t dem VN in Rechnung gestellt Die γ-Komponente erlaubt es, zusammen mit der β-Komponente die Verwaltungskosten in „Verwaltungskosten während der Dauer der Beitragszahlung“ und „Verwaltungskosten während der Versicherungsdauer“ zu unterscheiden. c) Neben den beiden beiden „proportionalen Ansätzen“ (a) und (b) hat sich zusätzlich noch eine sog. Stückkosten-Komponente t = 0, 1, . . . , n − 1

σt ,

herausgebildet, die einen fixen Verwaltungskostenzuschlag beschreibt, der unabhängig von Beitrags- und Leistungsspektrum der betrachteten Lebensversicherung ist. Dies führt dann letztlich zu einer Zuschlagssystematik für die Verwaltungskosten, welche zum Zeitpunkt t dem VN die Verwaltungskosten (a)

βt · Bt

+ γt · S + σt ,

t = 0, 1, . . . , n − 1

in Rechnung stellt. Versicherungstechnisch erfolgt die Berücksichtigung – wie bei den laufenden Abschlusskosten Ktα auch schon – indem diese Größe für den Zeitpunkt t zusätzlich als fiktiv vereinbarte Verbleibensleistung anzusehen ist. Bei Erleben erhält allerdings nicht der VN diese Leistung, sondern das VU.

3.5.5 Bruttokalkulation mit dem Thiele’schen Gleichungssystem Die Art und Weise, wie die einzelnen Kostenkomponenten als zusätzliche „Leistungen“ in die Kalkulation einfließen, hat aus versicherugstechnischer Sicht also die folgende, allgemeine Struktur: • Abschlusskostenzuschläge: – Bemessungsgröße: S =

Pn−1 j=0

(a)

Bj

– Abschlusskostensätze (Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung): α, αZ , αγ wobei α = αZ + αγ – Verteilungsprofil (Rechnungsgrundlage 1. Ordnung): k = (k0 , k1 , . . . , kn−1 ) eingerechnete Abschlusskosten: α · S davon gezillmert: αZ · S, d.h. 0 Vx = −αZ · S davon laufend: Ktα = αγ · S · kt für t = 0, 1, . . . , n − 1 • Verwaltungskostenzuschläge:

66

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

(a)

– Bemessungsgrössen: Bt , t = 0, 1, . . . , n − 1 und S =

Pn−1 t=0

(a)

Bt

– Verwaltungskostensätze (Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung): β = (β0 , β1 , . . . , βn−1 ) und γ = (γ0 , . . . , γn−1 ) – Stückkosten (Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung): σ = (σ0 , σ1 , . . . , σn−1 ) eingerechnete Verwaltungskosten: (a)

βt · Bt

+ γt · S + σt für t = 0, 1, . . . , n − 1.

Um nun ausreichende Beiträge und die eingerechneten Kostenzuschläge in ihrer jeweiligen Höhe für einen konkreten Lebensversicherungsvertrag explizit zu ermitteln, gehen wir davon aus, dass (0)

• die vereinbarte(n) Verbleibensleistungen Lt bensfallleistung Ln

(1)

bzw. Aussscheideleistungen Lt

bzw. Erle-

• das Zahlungsprofil u = (u0 , u1 , . . . , un−1 ) , • ein Zins-Vektor i = (i1 , i2 , . . . in ) als Rechnungsgundlage 1. Ordnung, • eine Ausscheideordnung als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung • die Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung für die Kostenzuschlagskomponenten vorliegen. Daraus ermitteln wir zunächst den Leistungsvektor Lt , t = 0, 1, . . . n − 1 für die (reinen) Versicherungsleistungen wie in der Nettokalkulation. (1)

(0)

Lt = Lt + (qx+t · Lt · vt+1 ). Aufgrund des Zahlungsprofils u haben die Brutto-Prämien die Darstellung (a)

Bt

= b(a) · ut ,

t = 0, 1, . . . n − 1

mit einer noch zu bestimmenden Größe b(a) . Für die einzelnen Kostenkomponenten ergibt sich: Zillmeranteil der Abschlusskosten: Z : = αZ · S = αZ · b(a) · (uT · 1), αγ -Kosten:

Ktα = kt · αγ · S = kt · αγ · b(a) · (uT · 1) (a)

laufende Verwaltungskosten:

= βt · Bt = βt · b

67

(a)

+ γt · S + σt

· ut + γt · b(a) · (uT · 1) + σt .

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Mit diesem Ansatz ermitteln wir unter Berücksichtigung des Zahlungsprofils u den BruttoLeistungsvektor (a) (a) (a) L(a) = (L0 , L1 , . . . , Ln−1 , Ln ) : (a)

Lt

(a)

= Lt + Ktα + βt · Bt

+ γt · b(a) · (uT · 1) + σt

= Lt + Ktα + βt · ut · b(a) + γt · b(a) · (uT · 1) + σt = Lt + kt · αγ · b(a) · (uT · 1) + γt · b(a) · (uT · 1) + βt · ut · b(a) + σt = Lt +

|

γ

{z

|

}

+

α -Kosten

{z

laufende Verwaltungskosten

}

für t = 0, 1, . . . n − 1. Zu diesem Brutto-Leistungsvektor L(a) soll nun über die versicherungstechnische Bilanzgleichung der zugehörige Vektor B (a) ausreichender Beiträge bestimmt werden. Analog dem Netto-Deckungskapital t Vx bei der Netto-Kalkulation lässt sich nun für die BruttoKalkulation eine Deckungsrückstellung definieren. Für 0 ≤ t ≤ n heißt die Differenz

(a) t Vx

(a)

:= LBt =

n−t X

(a)

− BBt

(a)

(t+j)

j px+t · Lj+t · vt

j=0



n−t X

j px+t

(a)

(t+j)

· Bj+t · vt

0 ≤ t ≤ n.

j=0

der beiden, auf den Zeitpunkt t bezogenen Barwerte, nämlich dem Barwert zukünftig zu erwartender Versicherungsleistungen (einschließlich der für das VU einkalkulierten Kosten für Abschluss- und Verwaltungsleistungen) einerseits und dem Barwert aus den zukünftig erwarteten Zahlungen ausreichender Beiträge einerseits, die ausreichende (prospektive) Deckungsrückstellung zum Zeitpunktt (bzw. das ausreichende, prospektive Deckungskapital zum Zeitpunkt t). Setzen wir nun mit

und

(a) 0 Vx

:= −Z = −αZ · b(a) · uT · 1

(a) n Vx

:= n Vx := Ln

(Zillmeranteil)

(vereinbarte Ablaufleistung) ,

die versicherungstechnische Bilanzgleichungen (a) t Vx

(a)

+ Bt

(a)

= Lt

+ px+t · t+1 Vx(a) · vt+1

an, so erhalten wir (nach Umordnung)

68

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung h

VT i

u0 · (1 − β0 ) − (αγ · k0 + γ0 − αZ ) · uT · 1 ·b(a) − px · 1 Vx

|

{z

(a)

=:¯ u0

= L0 + σ0 .. .

[ut · (1 − βt ) − (αγ · kt + γt ) · (uT · 1)] ·b(a) + t Vx

(a)

|

· v1

}

{z

}

=:¯ ut

(a)

− px+t · t+1 Vx

· vt+1

= Lt + σt .. .

[un−1 · (1 − βn−1 ) − (αγ · kn−1 + γn−1 ) · (uT · 1)] ·b(a) + n−1 Vx

(a)

{z

|

}

=:¯ un−1

(a)

= Ln−1 + σn−1 + px+n−1 · n Vx

(a)

Damit können wir die Größen b(a) und t Vx ermitteln.

· vn

, t = 1, 2, . . . , n−1 mittels dieses Gleichungssystems

Durch die Setzung u ¯ = (u¯0 , . . . , u ¯n−1 ) mit 



u ¯0 = u0 · (1 − β0 ) − αγ · k0 + γ0 + αZ · uT · 1 bzw.

) · uT · 1

u ¯t = ut · (1 − βt ) − (αγ · kt + γt und Festlegung der rechten Seite RS 

       RS =        

L0 + σ0 .. . .. . Lt + σt .. . .. . (a) Ln−1 + σn−1 + px+n−1 · n Vx · vn

               

hat man wiederum ein Gleichungssystem des aus der Netto-Kalkulation bekannten Typs vorliegen: A(x, n, u¯, v, p) · Vx(a) = RS. (a)

Es ist ein Gleichungssystem in den Variablen b(a) und t Vx . Es liefert daber neben dem ausreichenden Deckungskapital (a) t Vx den Wert b(a) und damit auch die Brutto-Prämien (a)

Bt

= b(a) · ut ,

t = 0, 1, . . . , n − 1.

69

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Achtung: nachdem b(a) berechnet wurde, geht in die Ermittlung von B (a) = b(a) · u das Profil u ein, nicht der im Gleichungssystem benutzte Vektor u ¯. Wir sehen letztlich also, dass eine Berücksichtigung der Kostenzuschläge technisch im Wesentlichen (d.h. bis auf σt und den Zillmeranteil) nichts anderes bedeutet, als eine entsprechende Modifikation des ursprünglichen Zahlungsprofils u in das Zahlungsprofil u ¯.

3.5.6 Zerlegung der Brutto-Prämie und des ausreichenden Deckungskapitals Eine derartige Bruttokalkulation basiert also auf versicherungstechnischen Bilanzgleichungen, ähnlich wie wir sie von der Netto-Kalkulation her kennen. Für t = 0, 1, . . . n − 1 gilt nämlich : (a)

Bt

(a)

+ t Vx(a) = Ktα + βt · Bt

hierbei wurde

(0)

(1)

+ Γt + Lt + qx+tLt vt+1 + px+t · t+1 Vx(a) vt+1 ,

Γt := γt · b(a) · (uT · 1) + σt

gesetzt. (a)

Zu jedem Zeitpunkt t reichen die ausreichenden Beiträge Bt und das vorhandene, ausreichen(a) (a) de Deckungskapital t Vx aus, um in Periode t+1 die Periodenkostenzuschläge Ktα +βt Bt +Γt (0) des Versicherers zu zahlen, die Erlebensfallleistung Lt und die erwartete Todesfalleistung (1) qx+t Lt des VN für diese Periode zu finanzieren und, darüber hinaus, (bei Erleben) das De(a) ckungskapital t+1 Vx für die nächste Periode zu stellen. (a)

Den Bruttobeitrag Bt vorstellen, d.h.

kann man sich nun wiederum in drei Komponenten „additiv zerlegt“ (a)

Bt

(A)

= Bt + Bt

(K)

+ Bt

, (A)

(a)

wobei Bt , der Anteil am ausreichenden Beitrag Bt ist, der dem Netto-Beitrag entspricht, Bt (a) der Beitragsanteil von Bt ist, der (kalkulatorisch) die gezillmerten Abschlusskosten αZ · S tilgt (der Beitrag (Z) (A) Bt := Bt + Bt (K)

ist der Beitragsanteil, ist also die gezillmerte Nettoprämie (siehe S. 63). Die Grösse Bt α mit dem die Ammortisationskosten Kt und laufenden Verwaltungskosten Γt bezahlt werden (Kostenbeitrag) ( man beachte: Ktα enthält nicht den Zillmer-Anteil an den Abschlusskosten). (a)

Analog kann man sich das ausreichende Deckungskapital t Vx (a) t Vx

in

= t Vx + t Vx(A) + t Vx(K)

zerlegt vorstellen (K)

Die Größe t Vx beschreibt die Verwaltungskostenrückstellung bzw. Verwaltungskostenreserve. (Z) Die Zillmerreserve t Vx entspricht, wie wir wissen, der Grösse (Z) t Vx

= t Vx + t Vx(A) .

70

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

(a)

(a)

(a)

und t Vx

(a)

+ Γt + Lt + px+t · t+1 Vx(a) vt+1

(a)

+ Γt + Lt + px+t · vt+1 · (t+1 Vx + t+1 Vx(K) + t+1 Vx(A) )

Eine derartige Zerlegung von Bt Bt

VT

+ t Vx(a) = Ktα + βt · Bt = Ktα + βt · Bt

führt zu :

(a)

= (Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1 ) + (Ktα + βt Bt {z

|

}

=Bt +t Vx

+(px+t · t+1 Vx(A) · vt+1 ) |

{z

(A)

=Bt

(A)

+t Vx

(K)

= (Bt + t Vx ) + (Bt

|

}

+ Γt + px+t · t+1 Vx(K) · vt+1 ) {z

(K)

=Bt

(A)

+ t Vx(K) ) + (Bt

(K)

+t Vx

}

+ t Vx(A) ).

Durch entsprechendes Zusammenfassen ergeben sich auf diese Weise drei versicherungstechnische Bilanzgleichungen: (i) Bt + t Vx = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1 , für t = 0, 1, 2, . . . n − 1, und 0 Vx := 0, n Vx := Ln (K)

(K)

(A)

(A)

(a)

(ii) Bt + t Vx = Ktα + βt · Bt (K) (K) und 0 Vx := n Vx := 0

(K)

+ Γt + px+t · t+1 Vx

· vt+1 für t = 0, 1, 2, . . . n − 1,

(A)

(iii) Bt + t Vx = px+t · t+1 Vx · vt+1 für t = 0, 1, 2, . . . n − 1, (A) (A) und 0 Vx := −αZ · S, n Vx := 0 Gleichung (i) entspricht gerade der schon bekannten Bilanzgleichung zur Netto-Kalkulation. Auch (ii) und (iii) können natürlich separat über das Thiele’schen Gleichungssystem behandelt (a) werden (sofern in (ii) vorher Bt bekannt ist). Wir sehen also: (a) Die Einrechnung von laufenden Verwaltungskostenzuschlägen kann – mit (ii) als eine separate „Lebensversicherung“ interpretiert werden. Diese wird mit dem x-jährigen für die Dauer von n Jahren abgeschlossen. Als Erlebensfalleistung für den Zeitpunkt t wird (a) (K) die Zahlung von Lt = Ktα + βt Bt + Γt vereinbart. Diese Erlebensfalleistungen werden an das VU ausgezahlt. Ausscheideleistungen werden nicht vereinbart. Zum Zeitpunkt t (K) entrichtet der VN dafür eine Prämie in Höhe von Bt . Die Gleichungen in (ii) liefern für diese Versicherung die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen. (b) Werden sämtliche laufenden Kostenzuschläge „zeitlich kongruent“ über die Prämien ge(K) (a) leistet (d.h. es gilt Bt = Ktα + βt · Bt + Γt für alle t), dann ist auf Grund Korollar von 2.6 a) (K) = 0, für alle t = 0, 1, . . . n, t Vx (K)

d.h. es werden keinerlei Kostenreserven t Vx gebildet. In diesem Fall gilt (a) = t Vx + t Vx(A) . t Vx

71

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

Das ausreichende Deckungskapital entspricht hier dann also genau dem gezillmerten Nettodeckungskapital. (c) Die Berücksichtigung des Zillmeranteils bei den Abschlusskostenzuschlägen kann in (iii) zumindest rein formal ebenfalls als eine separate „Lebensversicherung“ interpretiert werden. Diese wird mit dem x-jährigen für die Dauer von n Jahren abgeschlossen. Als „Versicherungsleistung“ wird eine Erlebensfalleistung für den Zeitpunkt t = 0 in Höhe von (0) L0 = αZ · S vereinbart (diese „sofortige Erlebensfalleistung“ wird an das VU ausgezahlt). Weitere Erlebensfallleistungen oder Ausscheideleistungen werden nicht vereinbart (d.h. Lt = 0, t = 1, 2, . . . n). In den Zeitpunkten t entrichtet der VN dafür eine Prämie in (A) Höhe von Bt . Die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen für diese „Versicherung“ sind dann

(A) Bt

+

(A) t Vx

=

(

(A)

αZ · S + px · 1 Vx · v1 , t = 0 (A) 0 + px+t · t+1 Vx · vt+1 , t = 1, 2, . . . n − 1. (A)

Hier gilt dann zunächst formal – wegen des schwachen Äquivalenzprinzips – 0 Vx Für t = 0 wird die Gleichung also zu (A)

B0

= 0.

+ 0 Vx(A) − αZ · S = px · 1 Vx(A) · v1 . |

{z

=−αZ ·S

}

Durch diese Setzung liefert also (iii) die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen für diese „Versicherung“. (d) Berücksichtigt man zum Schluss nun noch die Zerlegung des Nettobeitrages Bt = Btr +Bts , so setzt sich der ausreichende Beitrag letztlich zusammen aus (a)

Bt

(s)

= (Bt

(A)

(r)

+ Bt ) + Bt

(K)

+ Bt

.

3.5.7 Sonstige Beitragszuschläge Ein Ratenzahlungszuschlag wird im Allgemeinen dann erhoben, wenn statt der kalkulierten Jahresprämien, die tatsächliche Zahlung unterjährig erfolgen soll. Also etwa halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich. In einem solchen Fall erhöht das VU die kalkulierten Jahresbruttoprämien um einen bestimmten Anteil. Die Bemessungsgrundlage ist hier also im Allgemeinen der kalkulierte ausreichende Beitrag (a) Bt . Die derzeitige Größenordnung eines solchen Ratenzahlungszuschlages (etwa bei monatlicher Zahlung) liegt bei ca. 4%. Wäre also bei jährlicher (vorschüssiger) zahlungsweise für das t-te Versicherungsjahr die aus(a) reichende Prämie jährliche ausreichende Prämie Bt zu zahlen, so würde sich in diesem Fall daraus eine monatliche Zahlung während der Periode [t, t + 1[ von (a)

B1t= 12

1 (a) · Bt · 1, 04 12

72

3 Die versicherungstechnische Bilanzgleichung

VT

ergeben. Abhängig von einer durchgeführten Risikoprüfung, kann es zu einer pauschalen Erhöhung (aber (a) auch Senkung) der Prämien Bt kommen. Der Grund derartiger Risikozuschläge/Risikorabatte ist hier, dass individuelle biometrische Merkmale eines VN nicht unbedingt in einer allgemein gültigen Ausscheideordnung abgebildet wurden oder abgebildet werden können. So etwa, falls der VN eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, er aber einen Extremsport betreibt und dadurch einem „erhöhten Berufsunfähigkeitsrisiko“ ausgesetzt ist. Zu einem Risikoabschlag könnte es beispielsweise dann kommen, wenn der VN nachweislich ein „Nichtraucher“ ist.

73

4 Überschüsse in der Lebensversicherung Die in den vorherigen Kapiteln vorgestellte Kalkulation in der Lebensversicherung basiert auf den Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung. Diese Rechnungsgrundlagen wurden - im Hinblick auf die dauernde Erfüllbarkeitsforderung - vorsichtig gewählt. Das bedeutet, dass die tatsächlich ex post zu beobachtenden Rechnungsgrundlagen (Rechnungsgrundlagen 3. Ordnung) mit den kalkulatorischen Rechnungsgrundlagen (Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung) nicht übereinstimmen, bzw. dass die während der Periode t bereits für die Periode t + 1 „prognostizierbaren“ Rechnungsgrundlagen (Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung) mit den Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung nicht übereinstimmen. Konsequenterweise zahlt ein VN im Allgemeinen für seine vertraglich festgelegten direkten und indirekten Versicherungsleistungen nicht die Prämien, die bei Anwendung des Äquivalenzprinzips auf Basis tatsächlich zu beobachtender Rechnungsgrundlagen notwendig gewesen wären. Durch die Art, wie das VU die Beitragsberechnung durchgeführt hat wird also – sofern sich ex post herausstellt, dass tatsächlich „vorsichtig“ kalkuliert wurde – einen Gewinn aus den Verträgen des Versichertenkollektivs “erzeugt“. Diese Art von Gewinn heißt oft auch versicherungstechnischer Überschuss. Wie mit einem derartigen Überschuss zu verfahren ist, regeln der § 153 des Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und der § 56a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) 1 . Dort steht zur so genannten Gewinnbeteiligung bzw. Überschussbeteiligung :

§ 153 VVG

(1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven 2 (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; die Überschussbeteiligung kann nur insgesamt ausgeschlossen werden. (2) Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können vereinbart werden. Die Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs bleiben unberücksichtigt. (3) Der Versicherer hat die Bewertungsreserven jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen. Bei der Beendigung des Vertrags wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den Versicherungsnehmer ausgezahlt; eine frühere Zuteilung kann vereinbart werden. Aufsichtsrechtliche Regelungen zur Kapitalausstattung bleiben unberührt. (4) Bei Rentenversicherungen ist die Beendigung der Ansparphase der nach Absatz 3 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt.

1 2

Die jeweiligen Gesetztestexte sind zu finden unter http://www.gesetze-im-internet.de Aus der Differenz zwischen den nach dem Niederstwertprinzip angesetzten „Buchwerten“ und evtl. höheren Marktwerten von Kapitalanlagen ergeben sich die Bewertungsreserven . Sie werden erst durch Veräußerung der Kapitalanlagen realisiert.

74

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

§ 56a VAG

(1) Bei Versicherungs-Aktiengesellschaften bestimmt der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Beträge, die für die Überschussbeteiligung der Versicherten zurückzustellen sind. Jedoch dürfen Beträge, die nicht auf Grund eines Rechtsanspruchs der Versicherten zurückzustellen sind, für die Überschussbeteiligung nur bestimmt werden, soweit aus dem verbleibenden Bilanzgewinn noch ein Gewinn in Höhe von mindestens 4 vom Hundert des Grundkapitals verteilt werden kann. (2) Die für die Überschussbeteiligung der Versicherten bestimmten Beträge sind, soweit sie den Versicherten nicht unmittelbar zugeteilt wurden, in eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) einzustellen. (3) Die der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesenen Beträge dürfen nur für die Überschussbeteiligung der Versicherten einschließlich der durch § 153 des Versicherungsvertragsgesetzes vorgeschriebenen Beteiligung an den Bewertungsreserven verwendet werden. Versicherungsunternehmen sind jedoch berechtigt, mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in Ausnahmefällen die Rückstellung für Beitragsrückerstattung, soweit sie nicht auf bereits festgelegte Überschussanteile entfällt, im Interesse der Versicherten zur Abwendung eines drohenden Notstandes heranzuziehen. Lebensversicherungsunternehmen sind darüber hinaus berechtigt, in Ausnahmefällen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde die Rückstellung für Beitragsrückerstattung, soweit sie nicht auf bereits festgelegte Überschussanteile entfällt, heranzuziehen, a) um unvorhersehbare Verluste aus den überschussberechtigten Versicherungsverträgen auszugleichen, die auf allgemeine Änderungen der Verhältnisse zurückzuführen sind; b) um die Deckungsrückstellung zu erhöhen, wenn die Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse angepasst werden müssen.

Im Rahmen der sog. Überschussdeklaration legt das VU zunächst also (jährlich) fest, welcher Betrag insgesamt für die Gewinnbeteiligung der VN zurück zustellen ist. Der Teil, der in Periode t festgestellten versicherungstechnischen Überschüsse, der sofort, genauer: der zum Zeitpunkt t, also zu Beginn der (t + 1)-ten Versicherungsperiode, den einzelnen Versicherungsverträgen zugewiesen wird, heisst Direktgutschrift. Der verbleibende „Rest“ wird – aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Regelungen (§ 81 VAG) mindestens zu 90 % – formal der RfB „zugeführt“. Aufgrund der in der RfB vorhandenen finanziellen Mittel und einer (versicherungstechnischen) „Gewinnprognose“ für das (t + 1)-te Versicherungsjahr, entscheidet das VU im Rahmen dieser Überschussdeklaration dann in Periode t weiterhin rechtsverbindlich, welcher Betrag daraus jedem einzelnen Versicherungsvertrag für das (t + 1)-te Versicherungsjahr „zugeteilt“ wird . Durch eine solche Überschussdeklaration bindet das Unternehmen also bereits während des Jahres t einen Teil der RfB für die Zuweisung im Jahre t + 1 (gebundene RfB) . Im Jahre t + 1 werden diese gebundenen Teile aus der RfB dann entnommen und den einzelnen Verträgen zugeteilt. Da gewöhnlich nicht sämtliche Mittel, die in der RfB enthalten sind, den VN für das Jahr t + 1 zugeteilt werden, enthält die RfB einen „noch nicht zugeteilten“ Anteil. Dieser (noch) nicht an die VN zugeteilten Finanzmittel der RfB, die so genannte freie RfB , hat für das Versicherungsunternehmen die Funktion einer Schwankungsreserve. In Jahren mit großen versicherungstechnischen Überschüssen kann dieser Puffer tendenziell erhöht werden, in Jahren mit geringeren Überschüssen kann er verringert werden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass die Gewinnzuteilung an die VN, über die Zeit gesehen, möglichst gleichmäßig erfolgen kann und keinen zu starken Schwankungen unterliegt („Verstetigung“ der Überschussbeteiligung). Die RfB bildet also einen zeitlichen Puffer zwischen der Überschussentstehung und der Überschusszuweisung. Die genaue Darstellung der Systematik der Überschussentstehung und einer Überschusszuweisung (an die VN) ist Gegenstand dieses Kapitels. Wir wollen hier zunächst nur solche Über-

75

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

schüsse betrachten, die sich unmittelbar aus der Wahl der Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung bzw. 2. Ordnung ergeben.

4.1 Überschussprognose und Kontributionsformel Wir betrachten den Zeitpunkt t. Entgegen der für die Prämienkalkulation angenommenen Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung für jeden Zeitpunkt j, nämlich (ij+1 , qx+j , Kjα , βj , Γj ) für j = 0, 1, . . . , n − 1 seien zum Zeitpunkt t, also zu Beginn der (t + 1)-ten Versicherungsperiode, für 0 ≤ j ≤ t − 1 die „Vergangenheitsdaten“ ′′

′′ (i′′j+1 , qx+j , Kjα , βj′′ , Γ′′j )

bekannt (Rechnungsgrundlagen 3. Ordnung) die , sowie eine zeitnahe, realistische Schätzung für die Größen ′ ′ (i′t+1 , qx+t , Ktα , βt′ , Γ′t ), des kommenden Jahres, d. h. Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung für das Jahr t + 1. Für den Zeitpunkt t, also für den Beginn von Periode t + 1, wurden bei der ursprünglichen Kalkulation die folgenden Größen zu grunde gelegt bzw. ermittelt: (a)

• der ausreichende Beitrag: Bt (a) Bt , Γt ),

(mit den dort eingerechneten Kostenzuschlägen Ktα , βt · (a)

• die ausreichenden (und ggf. gezillmerten) Deckungsrückstellungen: t Vx , (0)

• die vertraglich vereinbarten Verbleibensleistungen: Lt (1)

• die vereinbarten Ausscheideleistungen Lt für die Periode t + 1, bzw deren kalkulatorisch (1) erwartete Höhe qx+t · Lt (am Ende von Periode t + 1 zu entrichten). Diesen kalkulatorischen Größen können wir nun bestimmte prognostizierten Größen für die Versicherungsperiode t + 1 gegenüberstellen. ′ • prognostizierte Ausscheidewahrscheinlichkeit qx+t

• prognostizierter Zinssatz i′t+1 (1)

′ • prognostizierte, zu erwartende Ausscheideleistung: qx+t · Lt zu entrichten) und

(am Ende von Periode t + 1

• die für das Ende der Periode t+1 prognostizierte, zu erwartende, ausreichende Deckungs(a) rückstellung: p′x+t · t+1 Vx ′

• prognostizierter laufender Abschlusskostenanteil: Ktα (wäre zu entrichten zum Zeitpunkt t), (a)

• prognostizierte laufende Verwaltungskosten: βt′ · Bt , Γ′t (wären zu entrichten zum Zeitpunkt t),

76

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Damit ergibt sich am Ende der Periode t + 1 (also unmittelbar vor dem Zeitpunkt t + 1) eine (prognostizierte) „Einnahmen-Ausgaben-Situation“ für die entsprechende Periode. Unter dem (prognostizierten) Überschuss gt+1 für die (t + 1)-te Versicherungsperiode eines Lebensversicherungsvertrages verstehen wir die Größe (a)

gt+1 = (Bt

(0)

(a)

+ t Vx(a) − Lt − Ktα − βt′ Bt ′

(1)

′ − Γ′t )(1 + i′t+1 ) − qx+t Lt − p′x+t · t+1 Vx(a) . (4.1)

Indem man nun die versicherungstechnischen Bilanzgleichungen verwendet, lässt sich dann folgendes Resultat herleiten. Satz 4.1 (1. Kontributionsformel) Gegeben seien die Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung. Dann gilt für den prognostizierten Überschuss gt+1 des (t + 1)-ten Versicherungsjahres K Z R + gt+1 gt+1 = gt+1 + gt+1

für t = 0, 1, . . . , n − 1,

wobei 

(a)

|

(0)

− Ktα − Γ′t + t Vx(a) − Lt ′

Z gt+1 := (1 − βt′ ) · Bt

{z

„Zinsträger“ (1)

′ R ) gt+1 := (Lt − t+1 Vx(a) ) · (qx+t − qx+t

|

{z

riskiertes Kapital





} |

K gt+1 := (Ktα − Ktα ) +

{z

}

Risikodifferenz (a) (βt − βt′ ) · Bt

{z

|



· (i′t+1 − it+1 )

} | 

}

+ (Γt − Γ′t ) · (1 + it+1 ) }

Kostendifferenzen

{z

Zinsdifferenz

|

{z

}

kalk. Aufzinsung

Beweis: Benutze Definition von gt+1 und die Identität (versicherungstechnische Bilanzgleichung für Brutto-Kalkulation) (a)

Bt

(a)

+ t Vx(a) − Ktα − βt Bt

(1)

(0)

− Γt − px+t · t+1 Vx(a) vt+1 − Lt − qx+t Lt vt+1 = 0



Bemerkung 4.2 Z heißt (prognostizierter) Zinsgewinn für das (t + 1)-te Versicherungsjahr, (i) gt+1 R heißt (prognostizierter) Risikogewinn für das (t + 1)-te Versicherungsjahr, gt+1 K heißt (prognostizierter) Kostengewinn für das (t + 1)-te Versicherungsjahr. gt+1

Man spricht insgesamt von sogenannten (prognostozierten) Kontributationsgewinnen. (ii) Dieselben Betrachtungen lassen sich natürlich auch ex post, also am Ende des (t + 1)-ten Versicherungsjahres mit den tatsächlich realisierten Rechnungsgrundlagen dieser Periode durchführen (Rechnungsgrundlagen 3. Ordnung). In dem Falle spricht man von den tatsächlichen Zinsüberschüssen, Risikoüberschüssen und Kostenüberschüssen der entsprechenden Periode: 

(a)

(0)

(a)



α ′′ g˜t := Bt−1 + t−1 Vx(a) − Lt−1 − Kt−1 − βt−1 · Bt−1 − Γ′′t−1 · 1 + i′′t ′′

(1)

′′ −qx+t−1 · Lt−1 − p′′x+t−1 · t Vx(a) .

77



4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Beispiel 4.3: Gemischte Versicherung: x = 35, n = 12, Versicherungsleistung: 10 000 e. Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung ADSt 1986/88 = 4 %, konstant über die Laufzeit = 40 0/00 der Beitragssumme, ungezillmert β = 3,5 % Γ = 45 e jährlich

qx i α K0

t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Zinsgewinn gtZ 8,15 30,11 51,53 73,81 96,99 121,11 146,21 172,34 199,55 227,90 257,45 288,28

Risikogewinn gtR 5,77 5,73 5,66 5,55 5,38 5,13 4,79 4,30 3,63 2,73 1,54 0,00

Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung qx′ = 0, 6 · qx i′ = 7,2 % ′ α = 45 0/00 der Beitragssumme, K0 ungezillmert ′ β = 3% Γ′ = 55 e jährlich

Kostengewinn gtK -53,83 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45 -6,45

Kontributionsgewinn gt -39,60 30,33 52,22 74,82 98,15 122,24 147,08 172,69 199,06 226,18 254,07 282,70

Bemerkung 4.4 Die Größe (a)

Pt′ := Bt



(a)

− Ktα − βt′ · Bt

− Γt

(4.2)

(im Falle der Prognose mit Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung) bzw (a)

Pt′′ := Bt

′′

(a)

− Ktα − βj′′ · Bt

− Γ′′t

(im Falle einer ex post Betrachtung mit Rechnungsgrundlagen 3. Ordnung) werden oft der (geleistete) Effektiv-Beitrag genannt. Setzt man den obigen Term für Pt′ in die Gleichung für gt+1 ein, so gelten für t = 0, 1, . . . n − 1 die Bilanzgleichungen (mit Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung): (1)

(0)

′ ′ · Lt + p′x+t · t+1 Vx(a) ] · vt+1 Pt′ + t Vx(a) = Lt + [gt+1 + qx+t

=

(1)

(0)

′ ′ . (4.3) +qx+t · Lt + p′x+t · t+1 Vx(a) · vt+1

′ Lt + gt+1 · vt+1

|

{z

}

Verbleibensleistung plus abgezinster Überschuss

78

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Im Gegensatz zur „kalkulatorisch ermittelten“ (also mit Grundlagen 1. Ordnung, ggf. gezillmerten) Netto-Prämie Bt , beschreibt der geleistete Effektivbeitrag Pt′ diejenige Prämie, die – nach Abzug der (mit Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung „realistisch geschätzten“) laufenden Kosten der Periode t + 1 – „effektiv“ für den Aufbau des ausreichenden Deckungskapitals, der Finanzierung der vereinbarten Versicherungsleistungen und auch für die Finanzierung des (= „seines“) Überschusses (!) gt+1 vom VN geleistet wird.

4.2 Überschussdeklaration und Überschusszuteilung Nachdem wir im vorherigen Abschnitt über die Kontributionsformeln prognostizierte (oder tatsächlich entstandene) Überschüsse quantifiziert haben, geht es nun darum, die versicherungstechnischen Überschüsse den einzelnen Verträgen bzw. den einzelnen VN „zuzuteilen“. In der Terminologie der Versicherungsunternehmen heißt dies „Zuteilung der Überschussanteile“ oder „Gewinnzuteilung“. Die grundsätzlichen Fragen in diesem Zusammenhang sind: • Auf welche Art und Weise und in welcher Höhe sollen versicherungstechnische Überschüsse den einzelnen Versicherungsverträgen zugewiesen werden? (Zuteilungsmethode) • Wann sollen die Überschüsse den einzelnen Versicherungsverträgen zugewiesen werden? (Zuteilungszeitpunkt) Bei der Festlegung wie und in welcher Höhe Überschüsse den Versicherungsverträgen zugewiesen werden (Zuteilungsmethode), spielten lange Zeit so genannte mechanistische Verfahren eine große Rolle, bei denen die Überschussanteile auf Basis einer (einzigen) festen Bezugsgröße (z. B. aktueller Jahresbeitrag, Versicherungssumme) festgelegt und dann dem einzelnen Versicherungsvertrag zugeteilt wurden. Dabei war unerheblich, woher die Überschüsse kamen, d. h. aufgrund welcher Ursache (Zins, Risiko, Kosten, Storno) sie entstehen (oder entstanden sind) oder auch wann sie entstanden. Gegenwärtig sind allerdings sog. natürliche Überschusssysteme gängig, welche sowohl die einzelnen Überschussquellen als auch den Zeitpunkt der Überschussentstehung für den einzelnen Versicherungsvertrag „angemessen“ bei der Zuteilung berücksichtigen. Diese Überschusssysteme sollen also dem Grundsatz einer „verursachungsgerechten“ und „zeitnahen“ Zuweisung der entsprechenden Anteile folgen. Was den Zuteilungszeitpunkt von Überschüssanteilen angeht, unterscheiden Überschusszuteilungssysteme zwischen den sog. laufenden Überschussanteilen, welche jedem einzelnen Versicherungsvertrag jährlich während seiner Laufzeit gutgeschrieben (zugeteilt) werden, und einem sog. Schlussüberschussanteil, der dem Vertrag erst bei Beendigung gutgeschrieben wird. Nach Zuteilung der laufenden Überschussanteile hat der VN darauf einen unwiderruflichen Anspruch. Der Schlussüberschussanteil hingegen hat für alle Verträge, die im Jahre t + 1 nicht beendet werden, einen widerruflichen Charakter. Er ist nur unwiderruflich für alle diejenigen Verträge, die in diesem Zeitraum beendet werden (Ausscheiden oder Ablauf) und wird bei Beendigung dem Vertrag gutgeschrieben. Bei den laufenden Überschussanteilen wird traditionell unterschieden zwischen • Zinsüberschussanteil,

79

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

• Risikoüberschussanteil und • Grundüberschussanteil, wobei die tatsächlichen „Benennungen“ dieser Überschussanteile oft unternehmensspezifisch sind. Der laufende Überschussanteil Üt+1 für das (t + 1)-te Versicherungsjahr (1 ≤ t ≤ n − 2), welcher dem Versicherungsvertrag zugewiesen wird, setzt sich – versursachungsgemäß– im Allgemeinen zusammen aus: ¨t+1 := (δ(0) + δ(1) ) · U t+1 t+1 |

{z

(Z)

δt+1 (R)

}

max{0, t VxZ } |

(Zinsüberschussanteil)

}

„ausgenulltes“ gezillermtes Nettodeckungskapital

(a)

+ δt+1 · Bt

{z

(Risikoüberschussanteil)

(G)

(Grundüberschussanteil).

+ δt+1 · S (Z)

(0)

(1)

(R)

(G)

Die Größen δt+1 = δt+1 + δt+1 (bzw. δt+1 und δt+1 ) geben dabei die jeweiligen Anteilssätze ¨t+1 wieder. (üblicherwiese Prozent- bzw. Promillesätze) für die einzelnen Komponenten von U (0) (a) Der Betrag δt+1 · max{0, t Vx } entspricht der Direktgutschrift. Die Direktgutschrift wird – im Gegensatz zu den anderen laufenden Überschusskomponenten – vorschüssig, d. h. zu Beginn des (t + 1)-ten Jahres dem jeweiligen Versicherungsvertrag zugewiesen. Die übrigen laufenden ¨s Komponenten werden am Ende des Jahres t + 1 zugewiesen. Den Schlussüberschussanteil U ermittelt man typischerweise durch (s)

Üs := δt+1 · S ·

t . n

Die einzelnen Anteilssätze für das (t+1)-te Versicherungsjahr werden im Geschäftsbericht eines Versicherungsunternehmens, der jährlich für das Vorjahr erstellt werden muss, vor Beginn des t+1-ten Jahres rechtsverbindlich durch das VU deklariert (§ 56a des VAG) . Üblicherweise kann man diese Überschussdeklaration(en) für das Jahr (t+1) aus dem Geschäftsbericht entnehmen, den das Versicherungsunternehmen im Jahre t für das Jahr t − 1 zu erstellen hat. Die folgende schematische Darstellung fasst den Zuweisungsmechanismus zusammen:

80

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

Festgestellte versicherungstechnische Überschüsse innerhalb eines Abrechnungsverbandes am Ende des t-ten Versicherungsjahres

VT

(0)

zur Zeit zwischen 2 % und 5 %

Einzelner Vertrag innerhalb des Abrechnungsverbandes

Direktgutschrift zu Beginn des (t + 1)-ten Versicherungsjahres

δt

Zuteilung aus der RfB am Ende des (t + 1)-ten Versicherungsjahres

Zuführung zum Unternehmensgewinn des t-ten Jahres

später

Zuführung zur RfB (Z)

RfB: Rückstellung für Beitragsrückerstattung

(R)

(G)

δt+1 , δt+1 , δt+1 Deklaration vor Beginn des (t + 1)-ten Versicherungsjahres

Zuteilung am Ende des Versicherungsvertrages

(s)

δt+1

Freie RfB Gebundene RfB

Deklaration vor Beginn des (t + 1)-ten Versicherungsjahres

Schlussanteilfond Bemerkung 4.5 ¨t+1 tauchen die die In der obigen Formel zur Berechnung des laufenden Überschussanteils U (a)

(a)

Bezugsgrößen t Vx , Bt+1 bzw. S auf. Dies muss nicht zwangsläufig so sein. Auch andere Bezugsgrößen sind denkbar. So könnten etwa auch das Nettodeckungskapital t Vx bzw. der Nettobeitrag Bt oder auch die Versicherungssumme V S als Bezugsgrößen herangezogen werden. Welche Bezugsgröße bei der Ermittlung von Üt+1 tatsächlich herangezogen wird, muss – neben den Überschussanteilssätzen – in den jeweiligen Geschäftsberichten des VU aufgeführt werden. Der Zinsübreschussanteil stellt traditionell die wichtigste Komponente von Üt+1 dar. Aus die(0) (1) sem Grund sind die Werte δt+1 bzw δt+1 in der Darstellung des VU im Markt von besonderer Bedeutung. Daher wird wird als „Orientierungsgrösse“ für die Leistungsfähigkeit der Überschussbeteiligung oft auch die Durchschnittsverzinsung eines Jahres nach aussen kommuniziert. Man versteht darunter für das Jahr t + 1 das Verhältnis der Gesamtheit aller Zinsgutschriften (garantierte plus deklarierte) zu der Gesamtheit aller massgeblichen Deckungskapitale der Lebensversicherungen eines VU.

81

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

4.3 Überschussverwendung Wie sollen die zugewiesenen Überschüsse zu den jeweiligen Zeitpunkten in den einzelnen Verträgen verwendet werden? (Verwendungsmethode). Bei der Verwendung der zugeteilten laufenden Überschussanteile unterscheidet man derzeit im Wesentlichen fünf Formen, welche allerdings nicht unbedingt in ihrer jeweils „reinen Form“ vorkommen müssen, sondern auch miteinander kombinierbar sind. Um eine zeitnahe finanzielle Entlastung des VN durch eine Zuweisung der Überschüsse des VN zu erreichen, hat man die Verwendungsmöglichkeiten der • Barauszahlung oder der • Beitragsverrechnung. Um eine Erhöhung der vertraglich garantierten Versicherungsleistungen zu erreichen, können Überschüsse als • verzinsliche Ansammlung bzw. als • sog. „Bonussystem“ verwendet werden. Um eine frühere Realisierung einer bestimmten Ablaufleistung zu erzielen, werden Überschüsse oft zur • Abkürzung der Versicherungsdauer verwendet. a) Barauszahlung: ¨t werden zu ihrem Fälligkeitstermin Die Komponenten der laufenden Überschussanteile U bar ausgezahlt (d. h. an den VN überwiesen). Es erfolgt zum Zeitpunkt t (t ≥ 0) also eine Überschusszuweisung (= Zahlung) von (0)

(0)

¨t − δ Zt := δt+1 · max{0, t Vx(a) } + (U t

· max{0, t−1 Vx(a) })

Der erste Summand beschreibt die Direktgutschrift, der zweite denjenigen Teil der laufenden Überschüsse aus dem Jahr t − 1, die an dessen Ende (also zum Zeitpunkt t) zugewiesen werden. Die Problematik einer Barauszahlung besteht in möglichen steuerlichen Nachteilen (Kapitalertragsteuer). b) Beitragsverrechnung: ¨t für die t-te Periode wird auf den Beitrag angerechnet. Der laufende Überschussanteil U (a) An Stelle des vertraglich vereinbarten Betrages Bt hat der VN den „realen“ Beitrag Btreal zu zahlen. Dabei ist: (a)

Btreal = Bt

− Zt

für t = 0, . . . , n − 1. (a)

Bei regulärem Ablauf wird der nicht für die Beitragsreduktion von Bn−1 benötigte Anteil ¨n verzinst und zusammen mit U ¨s (und ggf. Ln ) als eine zusätzliche Ablaufleistung von U ausgezahlt.

82

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

c) Verzinsliche Ansammlung: ¨t werden zum Zeitpunkt ihrer ZuDie Komponenten der laufenden Überschussanteile U weisung auf einem separat geführten Konto (Ansammlungskonto) für den VN gutge(1) (0) schrieben und dort verzinst (Zinssatz in der Regel it+1 + δt+1 + δt+1 ). Der VN darf über dieses Konto erst bei Beendigung des Vertrages „verfügen“. Er erhält dann zusätzlich zur Versicherungsleistung dieses „Ansammlungsguthaben“. d) Bonussystem: Das Bonussystem basiert auf der prinzipiellen Idee, zu jedem Zeitpunkt t den Betrag Zt = (a) (0) ¨t − δt(0) · max{0, t−1 Vx(a) }) als Einmalbeitrag anzusehen, mit dem δt+1 · max{0, t Vx } + (U für den VN eine „zusätzliche“ Lebensversicherung (eine so genannten Bonusversicherung) für die Restlaufzeit abgeschlossen wird. Wenn ¯t, L ¯ t+1 , . . . , L ¯n) (L den Leistungsvektor einer solchen, in t beginnenden, für die Dauer von n − t Jahren abzuschliessenden zusätzlichen Versicherung ist (der VN hat dann das Alter x + t), und n−t LB x+t deren zugehörigen Leistungsbarwert (bezogen auf ihren Beginn, den Zeitpunkt t) beschreibt, so fordert man also Zt =

n−t LB x+t =

n−t X

j px+t

¯ t+j · v (t+j) . ·L t

j=0

Beschreibt (Lt , Lt+1 , . . . , Ln ) das Netto- bzw. Bruttoleistungsspektrum der (ursprünglichen) Versicherung für die Restlaufzeit, so könnte man bei der Bonusversicherung dann den Ansatz ¯ j = ε(t) · Lj , j = t, t + 1, ....n L machen. Der Zuweisungsbetrag Zt wird in diesem Fall also dazu verwendet, zum Zeitpunkt t das derzeit bestehende Leistungspektrum der bisherigen Versicherung „linear“ um das ε(t)-fache zu erhöhen. Die Grösse ε(t), die von t abhängt (also in jedem Jahr verschieden sein kann), lässt sich dann mittels der Gleichung Zt = n−t LB x+t = ε(t) · n−t LBx+t = ε(t) ·

n−t X

t+j px

(t+j)

· Lt+j · vt

j=0

ermitteln. Auf diese Weise ergibt sich also ε(t) = P n−t

j=0 t+j px

Zt (t+j)

· Lt+j · vt

.

Mit dieser Systematik lassen sich natürlich auch speziell ausgewählte Versicherungsleistungen (etwa nur die Verbleibensleitungen oder nur die Auscheideleistungen) für die Restlaufzeit erhöhen. Der so genannte „Todesfallbonus“ ist eine derartige Überschussverwendung, die oft bei

83

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Todesfallversicherungen vorkommt. Hier werden in jedem Jahr zusätzlichen Todesfallversicherungen abgeschlossen. Wiederum wird hier ein „linearer“ Ansatz ¯ j = ε(t) · L(1) , L j

¯n = 0 j = t, t + 1, ....n − 1 und L

gewählt, der in diesem Fall ausschliesslich die Ausscheideleistungen linear erhöht, nicht aber zusätzliche Verbleibensleistungen vorsieht. Die Grösse ε(t) lässt sich dann wie oben (oder mit Thiele) bestimmen. Bonusversicherungen sind i. Allg. selbst wieder überschussberechtigt, da ihre Kalkulation auf den selben Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung basiert, wie die ursprüngliche Versicherung. Allerdings fließen in die Kalkulation im Allgemeinen keine oder nur geringe Kostenzuschläge ein. e) Abkürzung der Versicherungsdauer: Ein derartiges Überschussverwendungssystem wird vornehmlich bei ablaufleistungsorientierten Versicherungsverträgen verwendet (so etwa bei einer gemischten Kapitalversicherung). Oft kann man eine (relativ) hohe garantierte Ablaufleistung Ln zu (relativ) günstigen jährlichen Beiträgen anbieten, „erkauft“ dies dann aber durch eine lange Laufzeit. Diese kann man „verkürzen“, d.h. den Vertrag früher als vereinbart beenden und zum Zeitpunkt des Vertragesendes die ursprünglich vereinbarte Ablaufleistung Ln = n Vx auszahlen. Dies erreicht man durch die Verwendung der Überschüsse Üt , indem man in jedem Zeitpunkt t wiederum die Bonusversicherungssystematik anwendet. Allerdings wird dann jeweils der spezielle Ansatz ¯ j = 0, L

¯ n = ε(t) · Ln j = t, t + 1, ....n − 1, und L

gemacht , d.h. die zusätzliche Versicherung, für die der Einmalbeitrag Zt verwendet wird, erhöht ausschließlich die vereinbarte Ablaufleistung linear um das ε(t)-fache. Bei der Ermittlung von ε(t) via Zt =

ε(t) n−t LB x+t

(n)

= ε(t) · Ln ·n px · vt

für den Zeitpunkt t über das Thiele’sche Gleichungssystem enthält der zugehörige entsprechende Reservevektor Informationen über den Verlauf der entsprechenden Deckungskapitale ε(t) ε(t) ε(t) (0 Vx+t ,1 Vx+t , . . . ,n−t Vx+t ) dieser zusätzlichen Versicherung für die Jahre j = t, t + 1, ...n. Gilt nun für irgendeinen Zeitpunkt n1 ≤ n, dass n 1 Vx

+

n1 X

ε(j) n1 −j Vx+j

≥ Ln ,

j=0

so bedeutet dies, dass das zum Zeitpunkt n1 vorhandene „Gesamt-Deckungskapital“, das aus dem Deckungskapital der ursprünglichen Versicherung und den Deckungskapitalen aller bisher abgeschlossenen zusätzlichen Versicherungen besteht, ausreichen kann, um die vereinbarte Ablaufleistung Ln zu finanzieren. Die vereinbarte Ablaufleistung könnte also, statt zum Zeitpunkt n, bereits zum Zeitpunkt n1 ausgezahlt werden.

84

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Für die tatsächliche Auszahlung von Ln wird nun der Zeitpunkt n1 oft so gewählt, das er der erste Zeitpunkt innerhalb der Versicherungslaufzeit ist, bei dem P n1 ε(j) n1 Vx + j=0 n1 −j Vx+j ≥ Ln , gilt. Zu diesem Zeitpunkt wird dann auch der Versicherungsvertrag beendet.

4.4 Finanzierbarkeit eines Überschusssystems und Ertragswert einer Lebensversicherung An der vorher dargestellten Systematik der Zuteilung der Überschussanteile in den einzelnen Jahren der Versicherungslaufzeit liegt es, dass die deklarierten Überschusssätze potentiell variieren können. Aus Sicht des VU ist es jedoch erwünscht, die deklarierten Sätze über längere Zeiträume nur wenig zu verändern, d. h. „möglichst konstant“ zu halten. Damit soll eine „gleichmäßige“ Überschusszuweisung während der Vertragslaufzeit erreicht werden, die dem VN längerfristige Anhaltspunkte über eine „Rendite“ seiner Lebensversicherung geben kann. Üblicherweise stellt das VU im Beratungsgespräch vor dem Abschluss einer Lebensversicherung mittels einer so genannten Beispielrechnung diese längerfristigen Entwicklungen dar. Eine solche Beispielrechnung erstreckt sich üblicherweise über die gesamte Laufzeit und beantwortet gegenüber dem VN die Frage „Wie stellt sich die Entwicklung der Leistungen dar, sofern unterstellt ist, dass das derzeitige Überschussniveau auch in den Folgejahren gilt?“ Damit soll dem VN der Verlauf der Versicherungsleistungen, die „voraussichtlich geleistet werden können“ verdeutlicht werden. Die Beispielrechnung kann also als eine „Hochrechnung“ oder „Zusage“ der voraussichtlichen, tatsächlichem Versicherungsleistungen aufgefasst werden und nennt die vertraglich zugesicherten Versicherungsleistungen zusammen mit den vorgesehenen Leistungen aus Überschussbeteiligungen. Die Prognosen zur zukünftigen Überschussbeteiligung (und damit auch die Beispielrechnungen) sind zwar rechtlich unverbindlich, oft aber werden die Beispielrechnungen dennoch vom VN als ein „starkes Versprechen“ wahrgenommen. Die Versicherungsaufsicht verlangt, dass mit derartigen Beispielrechnungen „sehr vorsichtig“ umgegangen wird, und fordert vom VU, nachzuweisen, dass die so abgegebenen Prognosen einer zukünftigen Überschussentwicklung aus der RfB heraus auch „finanzierbar“ sind, d. h. nachzuweisen, ob auf Basis der aktuellen Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung die derzeit deklarierten Überschusssätze auch für weitere Perioden beibehalten werden können. Um einen derart geforderten Nachweis der Finanzierbarkeit der künftigen Überschussbeteiligungaus der RfB zu erbringen, sind verschiedene Methoden entwickelt worden. Wir wollen hier einen solchen Finanzierbarkeitsnachweis systematisch darstellen. Wir betrachten dazu wieder wie früher zunächst (1)

(0)

(1)

(L0 , . . . , L(0) n ) und (L0 , . . . , Ln−1 ), also die zu Beginn des Versicherungsvertrages vereinbarten –und somit garantierten– Verbleibensbzw. Ausscheideleistungen.

85

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Darüber hinaus seien für t = 0, 1, . . . , n − 1 „Zuweisungen“ Z = (Z0 , Z1 , . . . , Zn−1 ) ≥ 0 für die einzelnen Perioden des Vertrages gegeben. Da vor Abschluss des Vertrages diese „Zuweisungen“ noch nicht aus der RfB entnommen und dem Vertrag zugewiesen wurden, haben sie aus Sicht des VU und des VN zu diesem Zeitpunkt lediglich beispielhaften Charakter, werden aber (gedanklich jedenfalls) bereits dem Vertrag zugeordnet. Insbesondere müssen die Grüssen Zt nicht mit den Grössen gt+1 übereinstimmen. Fassen wir nun Z als einen „Beitragsvektor“ auf, so lassen sich –abhängig von der für den Vertrag vorgesehenen Überschussverwendung– zusätzliche Verbleibens- bzw. Ausscheideleistungen ¯ (0) , . . . , L ¯ (0) ) und (L ¯ (1) , . . . , L ¯ (1) ), (L n 0 0 n−1 unter Verwendung des versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips mit Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung ermitteln (siehe Kap. 3.2). Die Größen

¯ (1) ˜ (1) = L(1) + L ¯ (0) bzw. L ˜ (0) := L(0) + L L t t t t t t

heißen effektive Versicherungsleistungen (des (t + 1)-ten Versicherungsjahres) . ˜ (1) als die Leistungen vorstellen, die der Lebensversicherer ˜ (0) bzw. L Wir können uns also die L t t in seiner Beispielrechnung „zusagt“. Den Vektor mit



˜ 0, L ˜1, . . . , L ˜n ˜= L L



′ ˜ t := L ˜ (0) ˜ (1) ′ ˜ ˜ (0) L t + qx+t · Lt · vt+1 für t = 0, . . . , n − 1 und Ln = Ln

nennen wir den effektiven Leistungsvektor. Wir stellen und nun die Frage, welcher Beiträge für diese effektiven Leistungen zu zahlen gewesen wären, wenn Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung zugrunde gelegt werden. Aufgrund der versicherungstechnischen Bilanzgleichungen gilt zunächst für die zusätzlich versprochenen Leistungen (1)

(0)

′ ′ ¯ + p′x+t · t+1 V¯x · vt+1 ¯ + qx+t Zt + t V¯x = L ·L . t 0

(4.4)

Nun betrachten wir die Größen ′ P˜t := Pt′ − gt+1 · vt+1 + Zt ,

wobei Pt′ den effektiven gezillmerten Nettobeitrag zum Zeitpunkt t (siehe Gleichung (4.2) auf S. 78) und gt+1 den (prognostizierten) Periodenüberschuss (siehe Gleichung (4.1) auf S. 77)

86

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

beschreiben. Setzt man in die Definition von P˜t die Gleichungen (4.2) und (4.1) ein, und benutzt ¯n (4.4) so erhält man unter Verwendung der Bedingungen 0 V˜x = −αZ · S, n V˜x = L

(0) (1) ′ ′ ¯ (0) ) +qx+t ¯ (1) ) +p′x+t · (t+1 Vx(a) + t+1 V¯x ) ·vt+1 P˜t + (t Vx(a) + t V¯x ) = (Lt + L · (Lt + L . t t

|

{z ˜

t Vx

}

|

{z

˜ =L t

(0)

}

|

{z

˜ =L t

(1)

}

|

{z

=t+1 V˜x

}

Die Größe P˜t beschreibt also den gezillmerten Netto-Beitrag, der in t zu erbringen wäre, um die „in der Beispielrechnung zugesagten“ Leistungen (unter Verwendung von Rechnungsgrundlagen 2.Ordnung) zu versichern. Setzen wir nun g˜t+1 := (Pt′ − P˜t ) · (1 + i′t+1 ) = gt+1 − Zt · (1 + i′t+1 ), dann können wir diese Grösse (zum Zeitpunkt t) als den Betrag des Überschusses des t + 1-ten Jahres interpretieren, der nicht zugewiesen wurde. Möglicherweise ist g˜t+1 negativ, sofern dem Vertrag „mehr“ zugewiesen wird, als für ihn an technischem Überschuss vorhanden wäre. ¯ (1) exakt aufgrund der Kontributionsgewinne gt+1 zugewwiesen worden, ¯ (0) bzw. L Wären L t t ′ − Zt = 0. dann wäre gt+1 · vt+1

Damit kommen wir zu folgenden Definitionen.

Der auf Beginn des Versicherungsvertrages (also den Zeitpunkt 0) bezogene, diskontierte Barwert von g˜t+1 heißt Jahresertragswert JEt+1 (des (t + 1)-ten Versicherungsjahres) der Versicherung: JEt+1 := t p′x · v ′(t+1) · g˜t+1 t = 0, 1, . . . , n − 1. Der Teilertragswert T Et+1 (bis zum Ende des (t+1)-ten Versicherungsjahres) der Versicherung ist die Größe: T Et+1 :=

t X

JEj+1 .

j=0

Er entspricht also der Summe aller Jahresertragswerte. Im Falle t + 1 = n heißt En := T En der Ertragswert der Versicherung.

Nutzen wir die Darstellung (4.1) für gt+1 dann ergibt sich nämlich

(a)

gt+1 = (Bt

(0)

(a)

+ t Vx(a) − Lt − Ktα − βt′ Bt ′

(1)

′ − Γ′t ) · (1 + i′t+1 ) − qx+t Lt − p′x+t · t+1 Vx(a)

(0)

(1)

′ = (Pt′ + t Vx(a) − Lt ) · (1 + i′t+1 ) − qx+t Lt − p′x+t · t+1 Vx(a) .

87

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Damit erhält man die Darstellung g˜t+1 = gt+1 − Zt · (1 + i′t+1 ) (1)

(1)

(0)

′ ′ Lt − p′x+t · t+1 Vx(a) − Lt − p′x+t · t+1 Vx(a) − qx+t = (Pt′ + t Vx(a) − Lt ) · (1 + i′t+1 ) − qx+t ′ ′ ′ ¯ (0) ¯ (1) ¯ + (t V¯x − L t ) · (1 + it+1 ) − qx+t Lt − px+t · t+1 Vx

˜ (1) − p′ · t+1 V˜x ˜ (0) ) · (1 + i′ ) − q ′ · L = (Pt′ + t V˜x − L t x+t t t+1 x+t Damit können wir jetzt bemerken Bemerkung 4.6 Für den Teilertragswert T Et+1 gilt: T Et+1 =

t X

′ j px

· g˜j+1 · v ′(j+1)

j=0

=

t X

′ ′ ′(j+1) ˜ + j px · j Vx · (1 + ij+1 ) · v

j=0

− =

′ j px

′ j px

· j V˜x · v ′(j) −

′ · qx+j

˜ (1) · v ′(j+1) − ·L j

˜ (0) ) · (1 + i′ ) · v ′(j+1) · (Pj′ − L j+1 j

t X

˜ · p′x+j · j p′x · v ′(j+1)

j+1 Vx

j=0

j=0

+

′ j px

j=0 t X

j=0 t X

t X

t X

′ j+1 px

· j+1 V˜x · v ′(j+1)

j=0 t X

′ ′ ′(j) ˜ (0) − j px · (Pj − Lj ) · v

t X

′ j| qx

˜ (1) · v ′(j+1) ·L j

j=0

j=0

= 0 V˜x − n p′x · n V˜x · v ′(n) +

t X

′ j px

· Pj′ · v ′(j)

j=0



t X

′ j px

˜ (0) · v ′(j) − ·L j

j=0

t X

′ j| qx

˜ (1) · v ′(j+1) . ·L t

j=0

˜ (0) ˜x := −αZ · S erhält man schließlich Für die spezielle Situation: t + 1 = n, n V˜x := L n , 0V En := T En = 0 V˜x − n p′x · n V˜x · v ′(n) +

n−1 X

′ j px

· Pj′ · v ′(j) −

j=0



n−1 X

′ j| qx

n−1 X

′ j px

˜ (0) · v ′(j) ·L j

j=0

˜ (1) · v ′(j+1) ·L j

j=0

= −αZ · S +

n−1 X

′ j px

j=0

= −αZ · S +

n−1 X j=0 ′

′ j px



· Pj′ · v ′(j) −  · Pj′ · v ′(j) −

˜ 0, = −α · S + P B0 − LB Z

n X

′ j px

·

˜ (0) L j

· v ′(j) +

j=0

88

′ j px

′ ˜ (1) n−1| qx · Lj

j=0

j=0

n X

n−1 X

(0)

˜ · v ′(j) − ·L j

n X

j=0

′ j px



· v ′(j+1) 

(1)

′ ˜ · v ′(j) · qx+j ·L j

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

˜ 0 den entsprechenden (tatsächlichen effektiven) Beitrags- bzw. (effektiven) wobei P ′ B0 und LB Leistungsbarwert bezeichnet. Der Ertragswert einer Versicherung hängt also von der Zillmerhöhe, dem Barwert tatsächlicher, effektiver Prämienzahlungen und dem Barwert der effektiven Leistungen ab. Er wird unter Berücksichtigung der Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung für die Dauer der Lebensversicherung individuell (d. h. einzelvertragsabhängig) ermittelt.

Neben dem Ertragswert spielt der sog. Restertragswert zum Zeitpunkt t eine weitere Rolle bei der Beurteilung der Finanzierbarkeit eines Überschusssystems. Die Größe n−t REx+t

:=

n−t X

′ j px+t

′(j)

· g˜t+j · vt ,

j=0

also der auf den Zeitpunk t bezogene Kapitalwert zukünftig zu erwartender Jahresertragswerte, heißt Restertragswert bzgl. t.

Wir nennen ein Überschusssystem individuell finanzierbar, falls gilt En ≥ 0. Wir nennen es stark individuell finanzierbar, falls n−t REx+t

≥0

für alle t ≥ 1 gilt.

Sollte man also feststellen, dass ein Überschusssystem nicht individuell finanzierbar ist, so ist zu überlegen, wann und in welcher Höhe die Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung anzupassen und somit auch die Deklarationen für die Überschussbeteiligung zu modifizieren sind. Bemerkung 4.7 (Rückgewährquote) Betrachtet man für die einzelnen Jahre die (prognostizierten) Überschüsse gt+1 , t = 0, 1, . . . , n− 1, d.h. die (prognostizierten) potentiell für eine Überschussbeteiligung im Jahre t + 1 zur Verfügung stehenden Größen, so kann man mit Gn :=

n−1 X

′ j px

· gj+1 · v ′(j)

j=0

einen erwarteten „Gesamtüberschuss“ für diese Lebensversicherung definieren. Die Größe

Gn − En Gn kann dann als eine „Rückerstattungs-Quote“ oder Rückgewährquote für diesen Vertrag aufgefasst werden. Der Zähler Gn −En beschreibt den Barwert der von den potentiell zuzuweisenden rq :=

89

4 Überschüsse in der Lebensversicherung

VT

Überschüssen (Gn ) tatsächlich erfolgten Zuweisungen. Damit liefert rq einen Indikator dafür, wie „angemessen“ die Zuweisungen in Bezug auf die entstandenen Überschusse erfolgt sind. Wegen En = Gn · (1 − rq ) ist ein Überschusssystem etwa dann individuell finanzierbar, falls Gn ≥ 0 und rq ≤ 1.

90

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen Im Gegensatz zu dem VU stehen dem VN während der Laufzeit eines Versicherungsvertrages eine Reihe von Rechten zu, den ursprünglich abgeschlossenen Versicherungsvertrag einseitig zu verändern. Diese Veränderungen führen dann oft dazu, dass die Leistungs- bzw. Beitragsspektren für den Rest der Vertragslaufzeit entsprechend modifiziert werden müssen. Diese Veränderungen werden als (versicherungs-)technische Änderungen bezeichnet. Im Folgenden wollen wir darstellen, zu welchen technischen Änderungen die Wahrnehmung der verschiedenen Rechte der VN führen.

5.1 Rückkauf einer Lebensversicherung (Storno) Gemäß § 168 des derzeit geltenden Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hat der Versicherungsnehmer das Recht, während der Laufzeit der Versicherung einen abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu kündigen. Damit wird er für die Zukunft von der Bezahlung seiner Prämien entbunden. Allerdings entfällt auch für das VU die Verpflichtung, die ursprünglich zugesagte Leistung in der Zukunft zu erfüllen. Der § 168 VVG lautet § 168 Kündigung des Versicherungsnehmers

(1) Sind laufende Prämien zu zahlen, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen. (2) Bei einer Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, steht das Kündigungsrecht dem Versicherungsnehmer auch dann zu, wenn die Prämie in einer einmaligen Zahlung besteht. (3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht auf einen für die Altersvorsorge bestimmten Versicherungsvertrag anzuwenden, bei dem der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer eine Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen hat; der Wert der vom Ausschluss der Verwertbarkeit betroffenen Ansprüche darf die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bestimmten Beträge nicht übersteigen. Entsprechendes gilt, soweit die Ansprüche nach § 851 c oder § 851 d der Zivilprozessordnung nicht gepfändet werden dürfen.

Der VN wird im Falle einer solchen Kündigung vom VU die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages erwarten, vor allem dann, wenn Beitragsteile, die von ihm entrichtet vor dem Kündigungszeitpunkt t entrichtet wurden, bereits für Leistungen vorgesehen waren, die das VU in der Zukunft hätte erbringen müssen. Gedanklich sollte also ein solcher Betrag dem Wert aller dieserzukünftigen Leistungen (abzüglich vom VN zukünftig zu zahlender Prämienbestandteile

91

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

für die Gewährung von solcher zukünftiger Leistungen) umfassen. Aus dem früheren Überlegungen wissen wir, dass diese Beitragsteile (zumindest kalkulatorisch) sich im Deckungskapital (a) widerspiegeln. t Vx Der Betrag, den der VN bei einer Kündigung seines Vertrages in der Versicherungsperiode t an deren Ende, also zum Zeitpunkt t erhält, wird als Rückkaufswert zum Zeitpunkt t des Versicherungsvertrages bezeichnet, abgekürzt RKt (das VU „kauft“ die dem VN vertraglich für die Zukunft versprochenen Leistungen „zurück“). Der Rückkaufswert ist in der Police für jeden Zeitpunkt t angegeben, ist also bei Abschluss des Vertrages dem VN bekannt. Das VVG sieht in den Absätzen 1, 2, 5, 6 und 7 des § 169 für die Höhe des Rückkaufswertes Folgendes vor: § 169 Rückkaufswert (1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen. (2) Der Rückkaufswert ist nur insoweit zu zahlen, als dieser die Leistung bei einem Versicherungsfall zum Zeitpunkt der Kündigung nicht übersteigt. Der danach nicht gezahlte Teil des Rückkaufswertes ist für eine prämienfreie Versicherung zu verwenden. Im Fall des Rücktritts oder der Anfechtung ist der volle Rückkaufswert zu zahlen. .. . (5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschlussund Vertriebskosten ist unwirksam. (6) Der Versicherer kann den nach Absatz 3 berechneten Betrag angemessen herabsetzen, soweit dies erforderlich ist, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer, insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen, auszuschließen. Die Herabsetzung ist jeweils auf ein Jahr befristet. (7) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem nach den Absätzen 3 bis 6 berechneten Betrag die diesem bereits zugeteilten Überschussanteile, soweit sie nicht bereits in dem Betrag nach den Absätzen 3 bis 6 enthalten sind, sowie den nach den jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehenen Schlussüberschussanteil zu zahlen; § 153 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

Bemerkung: Lebensversicherungen, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, sind beispielsweise gemischte Versicherungen oder Rentenversicherungen, die im Todesfall während der Aufschubzeit eine Beitragsrückgewähr geben, oder Rentenversicherungen, die in der Rentenbezugszeit eine bestimmte Rentengarantiezeit vereinbart haben. Der Abzug des Versicherers heißt Stornoabschlag. Er lässt sich methodisch als „Strafe“ auffassen, weil grundsätzlich eine Stornierung vermieden werden soll: da der einzelne VN gegenüber dem Kollektiv einen „Informationsvorsprung“ hinsichtlich seiner individuellen Lebenssituation besitzt, könnte eine „gezielte Kündigung“ zu Ungunsten des Kollektivs genutzt werden („Antiselektion“, „negative Risikoselektion“) und damit den „Ausgleich im Kollektiv“ konterkarieren.

92

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Für kapitalbildende LV (also etwa gemischte Versicherungen oder Rentenversicherungen) galt für die Ermittlung des Rückkaufswertes in der mittleren Vergangenheit RKt = λt · max{0, t Vx(a) }, wobei etwa 0, 8 ≤ λt ≤ 0, 95 ist. Das heißt, dass der Stornoabschlag je nach Kündigungszeitpunkt zwischen 5% und 20% des Deckungskapitals betrug. In einem Urteil des Jahres 2005 hat der BGH festgestellt, dass verschiedene Bedingungen zu Lebensversicherungen für die VN zu „intransparent“ sind. Dies betrifft insbesondere die Abschlusskosten und die Stornoabschläge und damit unmittelbar die Rückkaufswerte. Der BGH ist (zusammengefasst) zu folgender Entscheidung gekommen, die für Verträge gilt, die vor dem 1.Januar 2008 abgeschlossen wurden:

„Bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlungen steht dem VN eine Mindestzahlung zu. Dieser Betrag muss mindestens die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals betragen.“ RKt ≥

 1  (a) · t Vx − t Vx(A) . 2

Für Verträge die nach dem 1.1.2008 abgeschlossen wurden, wird zur Ermittlung des Rück(r) kaufswertes ein spezielles „Rückkaufswert-relevantes“ Deckungskapital t Vx herangezogen. In § 169 VVG heisst es dazu in den Absätzen 3 und 4: § 169 Rückkaufswert

(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, sind dem Versicherungsnehmer vor Abgabe von dessen Vertragserklärung mitzuteilen; das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 2. Hat der Versicherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, kann er für die Berechnung des Rückkaufswertes an Stelle des Deckungskapitals den in diesem Staat vergleichbaren anderen Bezugswert zu Grunde legen. (4) Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 54b des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen, ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert; im Übrigen gilt Absatz 3. Die Grundsätze der Berechnung sind im Vertrag anzugeben.

Also: RKt ≥ t Vx(r) .

93

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Bei dem via Thiele’schem Gleichungssystem ausschließlich für die Bestimmung des Rückkaufs(r) wertes zu ermittelnden Deckungskapital t Vx handelt es sich also um eine fiktive Größe. (r) Zur Ermittlung von t Vx geht man davon aus, dass keine Zillmerung vorgenommen wurde (r) (0 Vx := 0) und die α-Kosten in Gänze auf die ersten 5 Jahre gleichmässig verteilt werden. (r) Die Größe t Vx unterscheidet sich dann konsequenterweise vom ausreichenden Deckungskapital (a) insbesondere auch dadurch, dass sie stets nicht-negativ ist, wo hingegen – bei Zillmerung t Vx (a) – das ausreichende Deckungskapital t Vx in den ersten Jahren der Versicherung bekanntlich negativ sein kann. Die Tatsache, dass der Rückkaufswert stets nicht-negativ sein muss, kann dann allerdings dazu führen, dass im Stornofall das Versichertenkollektiv Teile des noch nicht getilgten Zillmeranteils an den Abschlusskosten zu tragen hätte. Daher hat das VU dafür Sorge zu tragen, dass in (a) einem solchen Fall (negativen Deckungskapitals t Vx ) und eines Rückkaufs der Versicherung während dieser Zeit ein ggf. noch nicht getilgter Betrag dem Kollektiv (zumindest zum Teil) wieder zurückerstattet wird. Dies soll üblicherweise dadurch erreicht werden, dass für einen bestimmten Zeitraum der Versicherungsvermittler bei Kündigung der Versicherung Teile seiner erhaltenen „Vermittlungsprovision“ zurück zu zahlen hat (Provisionshaftung) . Die Notwendigkeit, die Provisionhöhe und die Provisionshaftungsregeln angemessen zu konzipieren, wird im Folgenden deutlich. Bemerkung 5.1 (Provisionshöhe und Provisionshaftung) Für eine Lebensversicherung mit ausreichendem Beitragsspektrum (a)

(a)

(a)

B (a) = (B0 , B1 , . . . Bn−1 ) und Rückkaufswerten (RK0 , RK1 , . . . , RKn−1 ) werde bei Abschluss des Vertrages dem Außendienstmitarbeiter eine Provision von C bezahlt (z.B. 4 % der Summe S der ausreichenden Prämien). (Achtung: eine solche Provision kann in der Realität durchaus höher sein, als die eingerechneten Abschlusskosten!) Mit der Zahlung der Provision vereinbare das VU mit ihm folgende „Provisionshaftungs-Regelung“: Sollte der Vertrag zum Zeitpunkt t storniert werden, so gelten 40% der bis dahin gezahlten Beiträge als „vom Vermittler verdient“, d.h. dem Vermittler stehen also zu diesem Zeitpunkt P (a) höchstens 0, 4 · t−1 zu. Den ggf. darüber hinausgehenden Betrag, also j=0 Bj N V Pt := max

 

0, C − 0, 4 ·



t−1 X

j=0

(a)

Bj

  

fordert das VU vom Vermittler zurück, der Vermittler „haftet“ also für diesen Teil der bereits erhaltenen Provision. Dieser Rückforderungsanspruch N V Pt heisst oft auch die nicht verdiente Provision zum Zeitpunkt t . Legt man nun Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung (bzw. 3. Ordnung) für die Perioden 1 bis t zu Grunde, so sollte das VU sicherstellen, dass für jeden Zeitpunkt t der Laufzeit die Ungleichung ′(0)

C · rt

+

t−1 X

(0)

(a)

(Lj + βj′ · Bj

′(j)

+ γj′ · S + σj′ ) · rt

j=0

+ RKt ≤

t−1 X

j=0

94

(a)

Bj

′(j)

· rt

+ N V Pt

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

gilt1 . Wenn es einen Zeitpunkt t gäbe, für den die Ungleichung nicht erfüllt ist, so werden bei Stornierung im Zeitraum [t − 1, t[ (der Vertrag hat bis in den Zeitraum hinein bestanden; es wurde also auch keine Ausscheideleistung fällig) dem Abrechnungsverband zum Zeitpunkt t Finanzmittel in Höhe von ′(0)

C · rt

+

t−1 X

(0)

(a)

(Lj + βj′ · Bj

′(j)

+ γj′ · S + σj′ ) · rt

+ RKt −

j=0

|

{z

}

Kapitalwert (2.Ordnung) aller Auszahlungen

 

|

t−1 X

(a)

Bj

′(j)

· rt

j=0

{z



+ N V Pt 

>0

}

Kapitalwert (2.Ordnung) aller Einzahlungen

entzogen. Die Provisionshöhe C und die Provisionshaftung (d.h. letztendlich N V Pt ) müssen also vom VU entsprechend so festgelegt werden, dass diese Situation nicht eintreten kann. Bemerkung 5.2 Der nicht zurückerstattete Teil des Deckungskapitals t Vx

|

+ t Vx(A) + t Vx(K) −RKt + N V Pt {z

}

(a) t Vx

stellt einen versicherungstechnischen Überschuss/Verlust dar, der prinzipiell den übrigen Versicherungsnehmern des Kollektivs über die RfB für eine Verteilung zur Verfügung steht. Um die Höhe eines solchen (prognostizierten) Stornoüberschusses/-verlustes ermitteln zu können, sind folgende Größen relevant: ′ , d. h. die Wahrscheinlichkeit • die sog. (prognostizierten) Stornowahrscheinlichkeiten wx+t eines x-Jährigen, als x + t Jähriger (also im t + 1-ten Versicherungsjahr) seinen Vertrag zu kündigen,

• die Höhe des Rückkaufswertes RKt+1 zum Ende des Jahres t + 1. Stornowahrscheinlichkeiten werden nicht als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung in die Tarifkalkulation mit einbezogen (s.u.), allerdings als Rechnungsgrundlage 2. (bzw. 3.) Ordnung ′ ′ ′ ′ beschreibt also insgesamt + qx+t + p′x+t = 1. Die Größe wx+t + qx+t benutzt. Offenbar gilt wx+t die Wahrscheinlichkeit eines x-Jährigen, im t-ten Versicherungsjahr nicht mehr zum Kollektiv zu gehören (aufgrund von Storno oder eines Versicherungsfalls), wobei hier – je nach Ursache – unterschiedliche Ausscheideleistungen fällig werden. Wir haben in diesem Fall aber – in völliger Analogie zur früher hergeleiteten Kontributionsformel – eine zweite Kontributionsformel: Z R K S gt+1 = gt+1 + gt+1 + gt+1 + gt+1 Z , g R , g K wie oben. Die Größe mit gt+1 t+1 t+1 S ′ gt+1 := wx+t · (t+1 Vx + t+1 Vx(A) + t+1 Vx(K) +N V Pt+1 − RKt+1 )

{z

|

(a)

=t+1 Vx

}

heißt (prognostizierter) Stornogewinn für das (t + 1)-te Versicherungsjahr. 1

′(j)

Erinnerung: rt

′ := rj+1 · · · · · rt′ =

Qt

j=l+1

(1 + i′l ).

95

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Für die Bestimmung des Ertragswertes bzw. der Untersuchung auf (individuelle) Finanzierbarkeit des Überschusssystems wird ebenfalls der Stornogewinn mit in die Berechnung einbezogen, S als Summand erscheint, d.h. die Struktur der zweite Kontributionsformel für gt+1 , in der ja gt+1 wird auch für die Bestimmung von g¯t+1 herangezogen. Man dann hat also Z R K S g¯t+1 = g¯t+1 + g¯t+1 + g¯t+1 + g¯t+1 .

Es stellt sich die Frage, warum bei der ursprünglichen Tarifkalkulation mit den Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung diese Stornoeffekte nicht mit mit berücksichtigt werden müssen.

5.1.1 Die (Nicht)-Berücksichtigung von Storno bei der Prämienkalkulation Nehmen wir an, das VU verfüge über Informationen, welche das Stornoverhalten des Kollektivs als eine weitere Ausscheideursache beschreibe. Das Unternehmen möchte nun diese Ausscheideursache bei der Kalkulation der Tarife als Rechnungsgrundlage 1. Ordnung mit berücksichtigen. Dazu nehmen wir an, das VU habe Kenntnisse über Größen wx+t , welche die Wahrscheinlichkeit beschreiben, dass ein x-Jähriger seinen Lebensversicherungsvertrag als x + t-Jähriger (also in der t + 1-ten Periode [x + t, x + t + 1[) kündigt (Stornowahrscheinlichkeiten 1.Ordnung). Im Falle einer Kündigung in der t + 1-ten Periode werde der Rückkaufswert RKt+1 an den VN zum Ende der Periode t + 1, also zum Zeitpunkt t + 1, gezahlt. Dies führt bei Betrachtung der Nettokalkulation dann dazu, dass in den Kalkulationsgrundlagen 1. Ordnung für die Verbleibenswahrscheinlichkeit im Kollektiv die Größe p˜x = 1 − qx − wx zu setzen ist (anstatt wie vorher px = 1 − qx ) und, dass anstelle der erwarteten Leistung (1)

(0)

Lt = Lt + qx+t · Lt · vt+1 nun die erwartete Leistung ˜ t = L(0) + qx+t · L(1) · vt+1 + wx+t · RKt+1 · vt+1 L t t berücksichtigt werden muss. ˜t bzw. die Deckungsrückstellungen t V˜x für diesen Leistungsvektor L ˜ = Um die Beiträge B ˜ ˜ ˜ (L0 , L1 , . . . , Ln−1 , Ln ) zu ermitteln, können wir natürlich die versicherungstechnische Bilanzgleichung ansetzen: ˜ +B ˜t = L ˜ t + p˜x+t · t+1 V˜x · vt+1

t Vx

für t = 0, 1, . . . , n − 1.

Dies liefert dann für t = 0, 1, . . . , n − 1: ˜ +B ˜t = L(0) + qx+t · L(1) · vt+1 + wx+t · RKt+1 · vt+1 + (1 − qx+t − wx+t ) · t+1 V˜x · vt+1 . t t

t Vx

Für den speziellen Fall, dass RKt+1 = t+1 V˜x gilt, dass also als Rückkaufswert am Ende der Periode t + 1 genau das dann vorhandene Deckungskapital t+1 V˜x ausgezahlt wird, ergibt sich also für t = 0, 1, . . . , n − 1: (1) ˜ +B ˜t = L(0) ˜ t + qx+t · Lt · vt+1 + (1 − qx+t ) · t+1 Vx · vt+1 = Lt + px+t · t+1 V˜x · vt+1

t Vx

96

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Diese Bilanzgleichungen stimmen offenbar mit den Bilanzgleichungen t Vx

+ Bt = Lt + px+t · t+1 Vx · vt+1

für t = 0, 1, . . . , n − 1

überein, die wir früher für die Situation hergeleitet hatten, bei der nur eine einzige Ausscheideursache (mittels qx ) betrachtet wurde. Das bedeutet also: für den Fall RKt+1 = t+1 V˜x , t = 0, 1, . . . n − 1: gilt ˜ = t Vx und B ˜ t = Bt .

t Vx

Bei der Berücksichtigung von Stornowahrscheinlichkeiten für die Prämienkalkulation ergeben sich also die selben Beiträge bzw. Deckungsrückstellungen wie bei deren Nicht-Berücksichtigung, sofern im Stornofall die entsprechende Deckungsrückstellungen „ausgezahlt“ wird. Dieses Resultat wird oft auch als Satz von Cantelli 2 bezeichnet. Bemerkung 5.3 Dieselbe Überlegung lässt sich auch für den Fall der Brutto-Kalkulation machen. Auch hier brauchen Storno-Wahrscheinlichkeiten bei der Brutto-Prämienkalkulkation nicht berücksichtigt werden, sofern im Stornofall während Periode t + 1 die entsprechende ausreichende De(a) ckungsrückstellung t+1 Vx (mit den entsprechenden Anteilen für VN und VU) an den VN und das VU (bzw. –bei Zillmerung– an das Kollektiv) „ausgezahlt“ wird (Übung).

5.2 Beitragsfreistellung von Lebensversicherungen Der VN hat das Recht, während der Laufzeit (etwa zum Zeitpunkt t) auf Antrag die Zahlung zukünftiger Beiträge einzustellen (z. B. wenn er die zukünftigen Beiträge nicht mehr aufbringen kann). Der § 165 des VVG sieht hier Folgendes vor: § 165 Prämienfreie Versicherung

(1) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung verlangen, sofern die dafür vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird. Wird diese nicht erreicht, hat der Versicherer den auf die Versicherung entfallenden Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. (2) Die prämienfreie Leistung ist nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes nach § 169 Abs. 3 bis 5 zu berechnen und im Vertrag für jedes Versicherungsjahr anzugeben. (3) Die prämienfreie Leistung ist für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode unter Berücksichtigung von Prämienrückständen zu berechnen. Die Ansprüche des Versicherungsnehmers aus der Überschussbeteiligung bleiben unberührt.

Mit der Einstellung der Beitragszahlung kann der VN – sofern er nicht kündigt – beantragen, die Versicherung weiter zu führen, dann aber unter Veränderung (im Allgemeinen einer Reduktion) der zukünftigen Leistungen. 2

der Satz von Cantelli ist eigentlich noch allgemeiner (siehe etwa [2],[15])

97

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Das ursprüngliche Leistungssprektrum (Lt , Lt+1 , . . . , Ln ) der Restlaufzeit wird also in ein „neues“ Leistungsspektrum (L′t , L′t+1 , . . . , L′n ) umgewandelt. Diesen Vorgang nennt man Beitragsfreistellung. Bei der Bestimmung von (L′t , L′t+1 , . . . , L′n ) wird der Rückkaufswert RKt als (ausreichender) Einmalbeitrag angesehen, der entrichtet wird, um die Leistungen (L′t , . . . , L′n ) zu erhalten. Für die technische Realisierung wird also so vorgegangen, als werde eine „neue Versicherung“ abgeschlossen (Eintrittsalter: x+t, Laufzeit n−t), bei welcher der VN in t einen Einmalbeitrag in Höhe von RKt leistet. Es wird also der Ansatz gemacht RKt =

n−t X

t px+t

(t+j)

· L′t+j · vt

.

j=0

Bei der Beitragsfreistellung werden üblicherweise für das neue Leistungsspektrum keine (neuen) Abschlusskosten mehr eingerechnet, d.h. bei der Ermittlung von L′ werden also keine zusätzlichen α-Kosten mehr berücksichtigt. Oft werden für die Festlegung des neuen Leistungsvektors (L′t , L′t+1 , . . . , L′n ) die ursprünglichen zukünftigen Leistung „linear gekürzt“, d. h. (L′t , . . . , L′n ) = r · (Lt , . . . , Ln ) für einen geeigneten Faktor r < 1, also RKt = r ·

n−t X

t+j px

(t+j)

· Lt+j · vt

.

j=0

Auf diese Weise lässt sich dann r als r=P n−t

RKt

j=0 t+j px

· Lt+j ·

(t+j) vt

=

RKt t Vx

+

Pn−t

j=0 t+j px

(t+j)

· Bt+j · vt

ermitteln. ′(1) ′(1) ′(1) Sind die vereinbarten Versicherungsleistungen Lt , Lt+1 , . . . , Ln−1 (Ausscheideleistungen) in den restlichen Perioden t+1, . . . , n−1 konstant, so spricht man häufig von einer beitragsfreien ′(1) ′(1) ′(1) Versicherungssumme der Höhe Lt = Lt+1 = . . . = Ln−1 = V S. Sind die vereinbarten Versicherungsleistungen Verbleibensleistungen (Renten) und liegt der Zeitpunkt t der Beistragsfreistellung vor der Aufschubzeit m und sind die Verbleibensleistungen ′(0) ′(0) ′(0) Lm , Lm+1 , . . . Ln−1 , L′n in den Perioden , mm + 1, . . . , n − 1 konstant, so spricht man häufig ′(0)

′(0)

′(0)

von einer beitragsfreien Rente der Höhe Lm = Lm+1 = . . . = Ln−1 = L′n = V S ′ .

98

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

5.3 Umwandlung von Lebensversicherungen (konstanter Höhe) Derzeit kommt es häufig vor, dass Lebensversicherungen, deren Versicherungssumme/Rente als (0) (0) (0) konstant abgeschlossen wurde, also etwa L0 = L1 = · · · = Ln−1 = Ln = V S, im Nachhinein verändert werden sollen, durch eine Herabsetzung bzw. Erhöhung der Versicherungssumme/Rente. Herabsetzung einer (konstanten) Ausscheideleistung/Erlebensfallleistung Der VN wünscht, ab dem Zeitpunkt t für den Rest der Laufzeit eine Lebensversicherung mit ursprünglich vereinbarter (konstanter) Ausscheideleistung/Erlebensfalleistung V S für den Rest der Laufzeit auf die auf die (konstante) Versicherungssumme/Rente V S zu vermindern. Es sei also VS r¯ := < 1. VS Auf folgende Weise wird dann ein mögliches neues Beitragsspektrum 

¯ (a) ¯ (a) , . . . , B ¯ (a) = B B t n−1 ermittelt:



Zunächst wird die sich sich im Zeitpunkt t ergebende beitragsfreie Versicherungssumme bzw. -rente V S ′ bestimmt. Wie diese bestimmt wird, siehe oben. Falls V S ≤ V S ′ , so führt der Herabsetzungswunsch des VN zu einer Beitragsfreistellung (siehe oben), d.h. für die zukünftigen Beiträge gilt ¯ (a) = 0, B j

j = t, t + 1, t + 2, . . . , n − 1.

Mit dem Ansatz ˜t := r¯ · B

n−t X

t+j px

(t+j)

· Lt+j · vt

j=0

˜t den fiktiven Einmalbeitrag, der zum Zeitpunkt t zu leisten wäre, um die neue Versiliefert B ˜t , also der Teil des Rückkaufswert RKt , der cherungleistung zu versichern. Der Betrag RKt − B nicht als Einmalbeitrag verwendet wird, um die Versicherungssumme V S zu versichern, wird dem Kunden zurück vergütet. Falls V S > V S ′ , so kann man die ursprüngliche Versicherung „beitragsfrei stellen“ und für den VN einen zusätzlichen Vertrag (Eintrittsalter x + t, Laufzeit n − t) über die (konstante) Versicherungssumme/Rente ∆ := V S − V S ′ abschließen. Es handelt sich hier technisch gesehen also um eine „Erhöhung“ der Versicherungssumme/Rente um ∆.

99

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT

Erhöhung einer (konstanten) Versicherungssumme/Erlebensfalleistung Der VN wünscht, ab dem Zeitpunkt t für den Rest der Laufzeit die vorherige Versicherungssumme/Erlebensfalleistung in Höhe von V S auf die Summe V S zu erhöhen. Eine solche technische Änderung ist bei Versicherungen mit Ausscheidecharakter (z.B. eine reine Todesfallversicherung) im Allgemeinen nur möglich, sofern sich die versicherte Person einer Gesundheitsprüfung unterzieht (Grund: negative Risikoselektion). Drei (gleichwertige) versicherungstechnische Möglichkeiten, die Versicherungssumme von V S auf V S zu erhöhen, stehen für eine derartige technische Änderung zur Verfügung: a) Abschluss einer „zusätzlichen“ Versicherung: Für die Leistungsdifferenzen ∆(0)

Lj

∆(1)

:= V S − V S bzw. Lj

:= V S − V S

j = t, t + 1, . . . , n

wird eine zusätzliche Versicherung mit Eintrittsalter x + t und Laufzeit n − t mittels des Thiele’schen Gleichungssystems kalkuliert. Bei diesem „Zusatzvertrag“ werden im Allgemeinen keine oder nur geringe α, β und γ-Kosten eingerechnet werden. Aus diese Weise ergibt sich ein Prämienvektor 



∆ ∆ B ∆ = Bt∆ , Bt+1 . . . , Bn−1 .

Anschließend erfolgt eine „Verschmelzung“ des ursprünglichen Vertrages mit dem Zusatzvertrag zu einem einzigen Vertrag. Der VN hat die jeweiligen ausreichenden Beiträge ¯ (a) für die für beide Versicherungen zu leisten. Als Höhe der ausreichenden Beiträge B j „verschmolzene“ Versicherung ergibt sich also dann ¯ (a) = B (a) + B ∆ , B j j j

j = t, t + 1, t + 2, . . . , n − 1.

Oft wird hier zusätzlich der Ansatz (a)

Bj∆ = r · Bj ,

j = t, t + 1, t + 2, . . . , n − 1

gewählt, da so die lineare Erhöhung der Versicherungssumme/Rente auch zu einer linearen Erhöhung der zukünftig zu zahlenden Beiträge führt. b) Zuzahlung zur Deckungsrückstellung: Bei dieser Kalkulationsmethode wird fiktiv davon ausgegangen, dass die Versicherung bereits zu Beginn mit der Versicherungssumme V S abgeschlossen worden wäre. Bei Kalkulation über das Thiele’schen Gleichungssystem hätte sich dann der Reservevektor 

¯b(a) , 1 V¯ (a) , . . . ,n−1 V¯ (a) x x

bzw. das Beitragsspektrum 



¯ (a) , . . . , B ¯ (a) ¯ (a) , . . . , B ¯ (a) , B B t t+1 n−1 0



ergeben. Tatsächlich sind bis zum Zeitpunkt t − 1 allerdings nur die zu V S gehörenden Beiträge (a) (a) (B0 , . . . , Bt−1 ) gezahlt worden.

100

5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

VT 

(a)

(a)



Zum Zeitpunkt t ist aufgrund dieser tatsächlich gezahlten Beiträge B0 , . . . , Bt−1 und (a)

der bisher versicherten Leistung V S das ausreichende Deckungskapital von t Vx vorhan(a) V¯x , den. Das sich für die Leistung V S ergebende (neue) ausreichende Deckungskapital t  ¯ (a) zur ¯ (a) , . . . , B das zusammen mit den in der Zukunft zu entrichtenden Prämien B t

n−1

Verfügung stehen muss, führt dazu, dass im Zeitpunkt t eine Zuzahlung zum Deckungs(a) (a) kapital in Höhe von t V¯x −t Vx zu erfolgen hat. Konkret bedeutet dies: im Zeitpunkt t zahlt der VN einmalig (!) den Beitrag ¯ (a) + (t V¯x(a) −t Vx(a) ) B j ¯ (a) , j = t + 1, t + 2, . . . , n − 1 und für den Rest der Versicherungsdauer die Beiträge B j

c) Methode der konstruktiven Beiträge: Zum Zeitpunkt t wird gedanklich eine neue Versicherung für den dann x + t-jährigen VN mit der Laufzeit n − t abgeschlossen. Dazu wird der zukünftige, sich aus der erhöhten ¯ = (L ¯t, L ¯ t+1 , . . . , L ¯ n ) ermittelt. Versicherungssumme V S ergebende Leistungsvektor L Durch die Festsetzung (a) ¯ (a) 0 Vx+t := t Vx lässt sich dann mitttels Thiele der Reservevektor 

¯b(a) , 1 V¯ (a) , 2 V¯ (a) , . . . ,n−t−1 V¯ (a) x+t x+t x+t



für diese neue Versicherung ermitteln, aus dem sich dann die neuen Beiträge ¯ (a) = uj · ¯b(a) , j = t, t + 1, t + 2, . . . n − 1 B j für die erhöhte Versicherungssumme ergeben.

101

Literaturverzeichnis [1] Braun, B. Zur Behandlung allgemeiner Lebensversicherungen durch lineare Gleichungssysteme, Blätter der DGVFM, vol 17, Nr. 3, 251-267, 1986 [2] Cantelli, F. P.; Genesi e construzione delle tavole di mutualità, Bolletino di notizie sul credito e sulla previdenza Nr. 3/4 (1914). [3] Dickson, D.C.M.; Hardy, M.R.; Waters, H.R.: Actuarial Mathematics for life cintingent risks Cambridge University Press, 2009 [4] Disch, B. . Die Berechnung von versicherungstechnischen Werten mit linearen Gleichungssystemen, Blätter der DGVFM, vol 25, Nr. 1, 29-48, 2001 [5] Isenbart, F. / Münzer, H.: Lebensversicherungsmathematik für Praxis und Studium, Gabler-Verlag, Wiesbaden, , 1994 [6] Gerber, H.: Lebensversicherungsmathematik, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York, 1984 [7] Koch, P.: Geschichte der Versicherungswissenschaft in Deutschland, Hrsg. vom Deutschen Verein für Versicherungswissenschaften, Karlsruhe, 1998 [8] Leepin, P. . Über den Einfluß von Änderungen der Rechnungsgrundlagen auf Prämien und Prämienreserven, Blätter der DGVFM, vol 3, 3-22, 1956 [9] Mauermann, W. Hinreichende Bedingungen für nichtnegative Lösungen eines linearen Gleicungssystems in der Lebensversicherungsmathematik, Blätter der DGVFM, vol 20, nr. 4, 477-481, 1992 [10] Milbrodt, H. Aktuarielle Methoden in der deutschen Privaten Krankenversicherung, Verlag Versicherungswirtschaft , Karlsruhe, 2005 [11] Neuburger, E. . Notitz über einen rechnerangepaßten Algorithmus zur Berechnung von Prämien und Reserven, Blätter der DGVFM, vol 11, Nr. 4, 641-648, 1974 [12] Ortmann, K.M.: Praktische Lebensversicherungsmathematik, 2. Aufl. Springer Spektrum, 2016 [13] Promislov, S.D.: Fundamentals of Actuarial Mathematics, 2nd ed., Wiley, 2011 [14] Reichel, G. Grundlagen der Lebensversicherungstechnik, Gabler-Verlag, Wiesbaden, 1987 [15] Reichel, G. Notwendige und hinreichende Bedinungen für das Theorem von Cantelli, Blätter der DGVFM, vol 19, nr. 4, 289-312, 1990 [16] Schmidt, K.D.: Versicherungsmathematik, 2. Aufl., Springer Verlag, 2005 [17] Statistisches Bundesamt: Versicherungsbarwerte für Leibrenten, Wiesbaden, 2010

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5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

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Indexverzeichnis αγ -Kosten, 64 β-Kosten, 65 γ-Kosten, 65 Überschuss, prognostizierter, 77 Überschussanteil, laufender, 79 Überschussbeteiligung, 74 Überschussdeklaration, 75, 80 Überschussystem, 79 Thiele’sches Gleichungssystem, 43 Zillmer-Methode, 61 Zillmeranteil, 61 Zillmerreserve, 62 Zillmerung von Abschlusskosten, 61

Direktgutschrift, 75 Durchschnittsverzinsung, 81 Effektivbeitrag, 78 eingerechnete Abschlusskosten, 60 Ertragswert, 87 Finanzierbarkeit (eines Überschussystems), 89 Finanzierbarkeitsnachweis, 85 freie RfB, 75 Garantieverzinsung, 13 gebundene RfB, 75 gezillmerte Nettoprämie, 62

Abchlusskostenzuschläge, 60 Ablaufleistung, 30 Abschlusskostenzuschläge, 19 Amortisationskostensatz, 64 Amortisationsprofil, 64 Aufschubzeit, 40 aureichender Leistungsvektor, 59 ausreichende Deckungsrückstellung, 68 ausreichende Prämien, 59 ausreichender Beitragsvektor, 59 Ausscheideleistung, 30 Ausscheideleistungsprofil, 47

Höchstrechnungszins, 14 Höchstzillmersatz, 63 Jahresertragswert, 87 kalkulatorischer Abschlusskostensatz, 60 Kommutationswerte, 15 Konributionsformel, 95 Kontributionsformel, 77 Kostenbeitrag, 70 Kostengewinn, 77 Kostenzuschlagssystematik, 60

Barwertfaktoren, 16 Beispielrechnung, 85 Beitragsbarwert, 27 Beitragsbarwert, effektiver, 89 Beitragsfreistellung, 98 Beitragsprofil, 43 Bewertungsreserve, 74 Bilanzgleichung, versicherungstechnische, 43 Bruttoleistungsvektor, 68

Lebensversicherung mit Ausscheidecharakter, 56 Lebensversicherung mit Erlebensfallcharakter, 56 Leistungsbarwert, 27, 31 Leistungsbarwert, effektiver, 89 Leistungsprofil, 46 Leistungsvektor, 30 Leistungsvektor, effektiver, 86

Deckungskapital, 40 Deckungskapitel, prospektives, 37 Deckungsrückstellung, 37, 40

natürliche Beiträge, 35 Nettokalkulation, 22

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5 Technische Änderungen bei Lebensversicherungsverträgen

nicht verdiente Provision, 94 Provisionshaftung, 94 Rückgewährquote, 89 Rückkaufswert, 92 Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB), 75 Ratenzahlungszuschlag, 72 Rente, beitragfreie, 98 Reservevektor, 49 Restertragswert, 89 Risikobeitrag, 53 Risikogewinn, 77 Risikozuschlag, 73 riskiertes Kapital, 53 Satz von Cantelli, 97 Schlussübeschussanteil, 79 Sparbeitrag, 54 Stückkosten, 66 Stationaritätseigenschaft, 39 strenges Äquivalenzprinzip, 35 Teilertragswert, 87 temporäre Zinsagarantie, 15 Verbleibensleistung, 30 Verbleibensleistungsprofil, 47 Versichertenkollektiv, 6 Versicherungsleistung, effektive, 86 versicherungsmathematisches Vorsichtsprinzip, 7 Versicherungssumme, beitragfreie, 98 versicherungstechnischer Übeschuss, 74 Verwaltungskostenrückstellung, 70 Verwaltungskostenzuschlag, 65 Vorsichtsprinzip, 56 Zinsgewinn, 77

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