Value Based Management Vorlesung 7 Performance-Studie: XVA-Kennzahlen vs. ERIC PD. Dr. Louis Velthuis 09.12.2005
Wirtschaftswissenschaften
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Performancemessung anhand XVA-Wertbeitragskennzahlen führt zu einer Fehlbeurteilung
Eine adäquate Performancemessung setzt voraus, dass der tatsächlich erzielte Gewinn einer adäquaten Alternativverzinsung gegenübergestellt wird, um die Werterzielung bzw. Leistung des Managements beurteilen zu können 0
t
Investition
Realisation von unsicheren Cashflows
Wertbeitrag ex ante: „Wertschaffung“ durch Leistung des Managers
Wertbeitrag ex post: „Werterzielung“ durch Managementleistung und Umwelt
Umwelt
Realisation (Ist) in t = 1
S1
S2
realisierter Cashflow
+ 90,0
+ 130,0
realisierte Abschreibung
– 98,0
– 98,0
realisierter Gewinn vor Zinsen
– 8,0
+ 32,0
sichere Kapitalkosten bei 10% Verzinsung
– 9,8
– 9,8
realisierter „herkömmlicher“ Wertbeitrag XVA
– 17,8
+ 22,2
In der Praxis verbreitete „herkömmliche“ Konzepte messen die Performance, indem der ex post Gewinn der ex ante erwarteten Verzinsung gegenübergestellt wird.
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ERIC ist eine geeignete Größe zur Messung der Werterzielung
Eine adäquate Performancemessung impliziert einen Vergleich des ex post realisierten Gewinns mit einer ex post realisierbaren Alternativverzinsung!
Als Benchmark kommt daher nur die realisierte risikofreie oder die realisierte riskante Verzinsung in Betracht Realisation (Ist) in t = 1
•
S1
S2
Cashflow
+ 90,0
+ 130,0
Abschreibung
– 98,0
– 98,0
Gewinn vor Zinsen
– 8,0
+ 32,0
sichere Kapitalkosten bei 6% risikofreier Verzinsung
– 5,88
– 5,88
ERIC
– 13,88
+ 26,12
riskante Kapitalkosten bei –10% bzw. +30% Verzinsung
+ 9,8
- 29,4
ERIC-Gewinnperformance
+1,8
+ 2,6
Die Kennzahl ERIC misst die absolute Werterzielung einer Periode, denn der tatsächlich erzielte Gewinn vor Zinsen wird der Verzinsung gegenübergestellt, die tatsächlich hätte erzielt werden können.
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Die ERIC-Gewinnperformance blendet die Umweltentwicklung zum Teil aus •
Die Werterzielung (gemessen anhand von ERIC) hängt bei Risiko nicht nur von der Managementleistung, sondern auch von der Umweltentwicklung ab.
•
Die ERIC-Gewinnperformance blendet (hier in idealer Weise) die Umweltentwicklung aus und misst somit die Leistung des Managements.
•
Die ERIC-Gewinnperformance lässt sich auch berechnen, indem der realisierte ERIC einem Benchmark-ERIC gegenübergestellt wird. Realisation (Ist) in t = 1
S1
S2
ERIC
– 13,88
+ 26,12
Kapitalmarktrendite
– 10,0%
+ 30,0%
Überrendite (Kapitalmarktrendite – risikofreie Kapitalkosten)
– 16,0%
+ 24,0%
Benchmark-ERIC (Überrendite * investiertes Kapital)
– 15,68
+ 23,52
+ 1,8
+ 2,6
Gewinnperformance (Unternehmens-ERIC – Benchmark-ERIC)
•
Ist der in t = 0 berechnete Kapitalwert (Wertschaffung) positiv, dann ist auch (im Einperiodenfall) die Gewinnperformance stets positiv
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Motivation der Performance-Studie Universität Frankfurt / KPMG •
Motivation für die Performance-Studie sind die Mängel bekannter „Hitlisten“, die auf herkömmlichen Wertbeiträgen aufbauen
•
Bekannte XVA-Hitlisten messen nicht die wahre Performance des Unternehmens: Bei der Orientierung an herkömmlichen Wertbeiträgen erfolgt nämlich (wie gezeigt) ein Vergleich von ex post Gewinn (ex post erzielter Verzinsung im Unternehmen) mit der ex ante erwarteten Verzinsung am Markt
•
Die Kennzahl ERIC hingegen misst die absolute Werterzielung einer Periode, denn der tatsächlich erzielte Gewinn vor Zinsen wird der Verzinsung gegenübergestellt, die mit Sicherheit hätte erzielt werden können.
•
Die ERIC-Gewinnperformance erlaubt eine Beurteilung der Managementleistung. Verglichen wird die tatsächliche Werterzielung des Unternehmens mit einem Benchmark-ERIC, der sich bei einer Verzinsung des investierten Kapitals mit der durchschnittlich realisierten Branchenrendite ergibt.
•
Um Aufschluss über die Werterzielung bzw. Managementleistung in deutschen Unternehmen zu erhalten, wurde eine Performancestudie der größten börsennotierten deutschen Unternehmen auf Grundlage von ERIC durchgeführt.
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Basis: Konzernabschlüsse 1999 bis 2003
Untersuchungsgegenstand: Performance der 110 HDAX-Gesellschaften auf Basis von ERIC und XVA Untersuchungszeitraum: Geschäftsjahre aus dem Zeitraum 1999 bis 2003 Datengrundlage: Auswertung der veröffentlichten Konzernabschlüsse 1999 bis 2003 Ergebnis der Performance-Studie: 1) Rangfolge über die aktuelle bzw. dauerhafte Werterzielung auf Basis von ERIC 2) Rangfolge über die aktuelle bzw. dauerhafte Gewinnperformance relativ zur Branche 3) Gegenüberstellung von ERIC und XVA
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Methodisches Vorgehen
Verwendung des EBIT auf Basis von Bloomberg-Daten (inklusive aller Sondereffekte) Keine Vornahme von Bereinigungen oder Adjustierungen Verwendung eines pauschalisierten Steuersatzes von 35% Verwendung des durchschnittlich investierten Kapitals auf Basis von BloombergDaten Verwendung eines risikofreien Zinses, der aus Kapitalmarktdaten abgeleitet wurde (Scoring-Modell) Berechnung des risikoangepassten Zinssatzes mittels Kapitalmarktdaten und der aktuellen Kapitalstruktur als Zielkapitalstruktur für alle betrachteten Jahre Berechnung von ERIC-Gewinnperformance und herkömmlichen Wertbeiträgen Messung der dauerhaften Werterzielung bzw. Gewinnperformance über 5 Jahres-Durchschnitte Messung der riskanten Benchmark anhand des durchschnittlichen Übergewinns der Branche, der das Unternehmen angehört
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Vier Wertungskategorien Wertungskategorie
aktuelle Werterzielung: ERIC (realisierter Gewinn vor Zinsen abzüglich den risikofreien Kapitalkosten auf das gesamte investierte Kapital) im Jahr 2003 dauerhafte Werterzielung: durchschnittlicher ERIC (realisierter Gewinn vor Zinsen abzüglich der risikofreien Kapitalkosten auf das gesamte investierte Kapital) in den Jahren 1999-2003 aktuelle Outperformer ihrer Branche: Gewinnperformance (Vergleich des realisierten ERIC mit dem Benchmark-ERIC der Branche) im Jahr 2003 dauerhafte Outperformer ihrer Branche: durchschnittliche Gewinnperformance (Vergleich des realisierten ERIC mit dem Benchmark-ERIC der Branche) in den Jahren 1999-2003
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Schlussfolgerung
Aktuelle und dauerhafte Werterzielung sind auf Managementleistung und Umwelteinflüsse zurückzuführen
Aktuelle und dauerhafte Outperformance in der jeweiligen Branche ist eher auf Managementleistung zurückzuführen PD. Dr. Louis Velthuis
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Ergebnisse im Überblick Aktuelle Werterzielung (2003): 1. E.ON AG 2. SAP AG 3. Deutsche Bank AG
Dauerhafte Werterzielung (1999 – 2003): 1. Deutsche Bank AG 2. BASF AG 3. Siemens AG
Aktuelle Gewinnperformance (2003) (Branche Consumer): 1. PUMA AG 2. Beiersdorf AG 3. Hugo Boss AG
Dauerhafte Gewinnperformance (1999 – 2003) (Branche Consumer): 1. Beiersdorf AG 2. Hugo Boss AG 3. PUMA AG Wirtschaftswissenschaften
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Ergebnisse: Aktuelle Werterzielung (2003) Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
ERIC
Unternehmen
1.053,20 937,98 928,16 538,03 432,93 399,51 375,86 306,59 301,83 282,96 265,19 252,42 229,41 225,88 222,13 214,11 207,98 169,05 150,38 145,46
E.ON AG SAP AG Deutsche Bank AG Allianz AG BASF AG Hannover Rück AG AMB Generali Holding AG Altana AG Münchener Rück AG Continental AG Depfa Bank Plc Henkel KGaA Fresenius Medical Care AG Schering AG Deutsche Börse AG BMW AG Beiersdorf AG Adidas-Salomon AG PUMA AG Schwarz Pharma AG
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XVA -705,02 562,98 -1.320,71 -2.398,37 -945,89 241,61 176,86 229,81 -1.348,71 111,29 193,15 -24,34 122,79 24,87 124,79 -1.224,72 142,82 80,78 134,16 105,64
Rang 94 1 100 104 96 2 5 3 101 10 4 57 9 21 8 99 6 12 7 11
Die höchste absolute Werterzielung 2003 weisen vorwiegend Unternehmen des DAX30 aus, wobei zu beachten ist, dass hier das investierte Kapital im Vergleich zu MDAX- und TECDAXUnternehmen höher ist
Die Messung der Werterzielung mittels ERIC kommt zu einer deutlich anderen Einschätzung als auf Basis XVA Vermeintlich größte Wertvernichter können nun größte Werterzieler sein PD. Dr. Louis Velthuis
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Aktuelle Werterzielung: E.ON AG (ERIC 2003) Veröffentlichtes EBIT
7,62 Mrd. €
Steuern (35%)
2,67 Mrd. €
EBIAT
4,95 Mrd. €
Investiertes Kapital
3,47%
Risikofreie Gesamtkapitalkosten
3,90 Mrd. €
ERIC
1,05 Mrd. €
EBIAT
4,95 Mrd. €
Investiertes Kapital
„herkömmlicher“ Wertbeitrag XVA
5,66 Mrd. € –0,71 Mrd. €
1,05 Mrd. € –0,71 Mrd. € 1,76 Mrd. € = (5,03% - 3,47%) * 112,46 Mrd. €
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5,03%
Risikoangepasste Gesamtkapitalkosten
Differenzbetrag
112,46 Mrd. €
WACC
„herkömmlicher“ Wertbeitrag
112,46 Mrd. €
Risikofreier Zins
ERIC
Beispiel: Werterzielung der E.ON AG
Performancemessung mit ERIC: Wert wird erzielt, wenn der Gewinn (vor Zinsen nach Steuern) die risikofreien Gesamtkapitalkosten übersteigt Werterzielung der E.ON AG auf der Basis von ERIC: 1,05 Mrd. € Performancemessung der E.ON AG anhand von „herkömmlichen“ Wertbeitrag kommt zu einem anderen Ergebnis Mit –0,71 Mrd. € zählt hier E.ON zu den „Wertvernichtern“ Ursache: Belastung des realisierten Gewinns mit unterschiedlichen Gesamtkapitalkosten PD. Dr. Louis Velthuis
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Aktuelle Werterzielung: Beispiel Deutsche Bank AG (ERIC 2003) Veröffentlichtes EBT
2,91 Mrd. €
Steuern (35%)
1,02 Mrd. €
EAT
1,89 Mrd. €
Investiertes Eigenkapital
29,10 Mrd.
Risikofreier Zins
3,30%
Risikofreie EK-Kosten
0,96 Mrd. €
ERIC
0,93 Mrd. €
EAT
1,89 Mrd. €
Investiertes Eigenkapital
29,10 Mrd. €
Risikoangepasster EK-Kostensatz Risikoangepasste EK-Kosten
11,03%
3,21 Mrd. €
„herkömmlicher“ Wertbeitrag XVA
–1,32 Mrd. € 0,93 Mrd. €
ERIC „herkömmlicher“ Wertbeitrag XVA Differenzbetrag
Beispiel: Werterzielung der Deutsche Bank AG
–1,32 Mrd. €
Abweichende Beurteilung der Performance anhand von ERIC und „herkömmlicher“ Wertbeiträge ERIC: Werterzieler „Herkömmlicher“ Wertbeitrag: Wertvernichter Ursache: Belastung des realisierten Gewinns mit unterschiedlichen Eigenkapitalkosten
2,25 Mrd. € = (11,03% - 3,30%) * 29,10 Mrd. €
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Ergebnisse: Aktuelle Gewinnperformance Automobile (Gewinnperformance 2003) Automobile Rang
Gewinnperformance
Unternehmen
1
1.550,32
2
446,40
3
28,40
Beru
4
21,23
LEONI
5
-536,72
6
-2.844,57
ERIC
Rang
XVA
Rang
BMW
214,11
2
-1.224,72
4
Continental
282,96
1
111,29
1
20,86
3
8,38
2
7,28
4
-1,44
3
Volkswagen
-2.488,73
5
-3.553,40
5
DaimlerChrysler
-4.817,24
6
-7.126,68
6
Die Gewinnperformance vergleicht den erzielten ERIC mit einem ERIC auf Basis der durchschnittlichen Branchenrendite
Branchenzuteilung grundsätzlich gemäß Prime All Share-Index der Deutschen Börse
Ableitung der Branchenrendite unter Ausblendung des jeweils betrachteten Unternehmens
Die Gewinnperformance zeigt die Managementleistung weitgehend unbeeinflusst durch Schwankungen der allgemeinen Konjunktur und der Branchenentwicklung
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Gewinnperformance 2003 der BMW AG
ERIC
0,21 Mrd. €
Investiertes Kapital
58,49 Mrd. €
Ø Branchenrendite (exkl. BMW):
1,18%
Ø Risikofreie Zins
3,47%
Benchmark-ERIC
Beispiel: Gewinnperformance BMW AG
Die Gewinnperformance vergleicht den erzielten ERIC mit dem Benchmark-ERIC
Bei einer Verzinsung des investierten Kapitals von BMW mit der durchschnittlichen Branchenrendite hätte sich ein ERIC von – 1,34 Mrd. € ergeben
Die Gewinnperformance sagt aus, dass der tatsächlich realisierte ERIC von BMW mit 0,21 Mrd. € um 1.55 Mrd. € größer ist
– 1,34 Mrd. € = (1,18% – 3,47%) * 58,49 Mrd. €
ERIC Benchmark-ERIC Gewinnperformance
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0,21 Mrd. € – 1,34 Mrd. € 1,55 Mrd. €
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Ergebnisse: ausgewählte dauerhafte Outperformer (durchschnittliche Gewinnperformance 1999-2003)
Automobile Rang
Gewinnperformance
Unternehmen
ERIC
Rang
WB
Rang
1
481,17
Volkswagen AG
-845,42
5
-1.693
5
2
286,38
BMW AG
-162,18
4
-1.229
4
3
142,96
Continental AG
46,51
1
-102,75
3
Die durchschnittliche Gewinnperformance vergleicht das Mittel der realisierten ERIC mit dem Mittel der ERIC auf Basis der durchschnittlichen MehrjahresBranchenrendite
Die Branchenzuteilung aus dem Jahr 2003 wurde für Alle Angaben in Mio. Euro den gesamten Untersuchungszeitraum angewandt Durch die Orientierung am langfristigen Durchschnitt können nicht nur Schwankungen aufgrund der allgemeinen Konjunktur und der Branchenentwicklung, sondern auch sonstige Verzerrungen wie z.B. durch die Rechnungslegung vermindert werden Wirtschaftswissenschaften
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Performancemessung mit ERIC ermöglicht Aussagen über die tatsächliche Werterzielung bzw. Managementleistung
Bekannte „Hitlisten“ basieren auf Kennzahlen, die aus theoretischer Sicht ungeeignet sind – sie messen weder Wertschaffung noch Werterzielung Die Werterzielung wird adäquat durch die Kennzahl ERIC gemessen Die Werterzielung hängt nicht nur von der Managementleistung ab; die Berücksichtigung der Branchenentwicklung ermöglicht teilweise eine Trennung von Managementleistung und „Glück“ bzw. „Pech“ Die ERIC-Performance-Studie kommt zu gänzlich anderen Einschätzungen als die bekannten Hitlisten mit „herkömmlichen“ Wertbeiträgen
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