Handelsgericht "Ar

1. Kammer

KANTON AARGAU

HSU.2014.60/mf/va Art. 107

Entscheid vom 1. Juli 2014

Besetzung

Oberrichter Dubs, Präsident Gerichtsschreiber Frey Gerichtsschreiberin-Stv. Lim

Gesuchs­ gegnerin

Gegenstand

Summarisches Verfahren betreffend Arrestgesuch

Der Präsident entnimmt den Akten:

1. Die Gesuchstelierin ist eine schweizerische Aktiengesellschaft mit Sitz in

2. Die Gesuchsgegnerin ist ebenfalls eine schweizerische Aktiengesellschaft mit Sitz in Sie bezweckt die

(Gesuchsbeilage [GB] 1),

Mit Gesuch vom 30, Juni 2014 (Posteingang 1. Juli 2014) stellte die Ge­ suchstelierin folgende Rechtsbegehren: " Es sei zur Sicherstellung einer nicht durch Pfand gedeckten Forderung der Gesuchstelierin von CHF 541'128.67 mit Arrest zu belegen: Sämtliche Ansprüche der Gesuchsgegnerin, welche diese gegenüber der zu fordern hat, wie Forderun­ gen aus Kontoguthaben (insbesondere aus Konto —I I) und/oder Ansprüche, welche in einem Wertschriftendepot eingebucht sind. - unter Kosten und Entschädigungsfolge

Zur Begründung führte die Gesuchstelierin im Wesentlichen aus, sie habe der Gesuchsgegnerin mit Vertrag vom 5. Juli / 8. Juli 2013 einen flexiblen Kredit mit einer Kreditlimite von maximal Fr. OOO'OOO.OO gewährt, benutz­ bar im Rahmen der Bestimmungen des Kreditvertrags. Der Kredit habe die Finanzierung von betrieblichem Umlaufvermögen zum Zwecke gehabt (GB 2). Mit Schreiben vom 17. Juni 2014 habe die Gesuchstelierin von ih­ rem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht und den Kreditvertrag per sofort gekündigt (GB 3). Als Sicherungsmittel für den Kredit hätten Debitoren­ einzahlungen dienen sollen, die jedoch nicht bestünden. Die geltend ge­ machte Forderung sei zudem nicht durch ein Pfand gedeckt. Nachdem sich die Geschäftsbeziehung zwischen der Gesuchstelierin und der Ge­ suchsgegnerin seit der Kreditgewährung entgegen den Erwartungen ne­ gativ entwickelt und die Gesuchsgegnerin seit April 2014 vertragswidrig Debitorenforderungen auf ihr eigenes Konto bei der WiMBBWMiillllll iBlilMll überwiesen habe, lasse sie klar die Absicht erkennen, die An­ sprüche der Gesuchstelierin zu vereiteln und versuche somit, der Ge­ suchstelierin die Verwendungsmöglichkeit der Vermögenswerte als Voll­ streckungssubstrat zu verwehren. Es sei daher ein Arrest auf das Konto bei der zu legen.

Der Präsident zieht in Erwägung: 1.

Das angerufene Gericht prüft von Amtes wegen, ob die Prozessvoraus­ setzungen erfüllt sind (Art. 60 ZPO). 2. Zunächst ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit zu prüfen (Art. 59 Abs. 2 lit. b ZPO). Die Gesuchstellerin verlangt die Arrestlegung auf ein Konto bei der • • .'•//;T--'.'T>f'rÇim Betrag von Fr. 541'128.67. 2.1. Der Arrest ist eine vorsorgliche Massnahme mit reiner Sicherungsfunkti­ on. Angesichts der fehlenden vorgängigen Anhörung der Gegenpartei entspricht er der superprovisorischen Verfügung des Zivilprozessrechts.1 Der Arrest ist eine Institution des Bundes-Vollstreckungsrechts und dient einzig der Sicherung von Geldforderungen bzw. -Sicherheitsleistungen (vgl. Art. 38 SchKG).2 2.2.

Für den Erlass vorsorglicher Massnahmen ist grundsätzlich das Gericht am Ort, an dem die Zuständigkeit für die Flauptsache gegeben ist oder am Ort, wo die Massnahme vollstreckt werden soll, zuständig (Art. 13 ZPO). Massnahmen zur Sicherung einer Geldforderung sind indessen ab­ schliessend im SchKG geregelt (Art. 38 Abs. 1 SchKG; Art. 335 Abs. 2 ZPO). Bereits unter der Flerrschaft der kantonalen Prozessordnungen folgte daraus, dass die zur Sicherstellung der Erfüllung einer Geldforde­ rung bestimmten vorsorglichen Massnahmen nicht gestützt auf das kan­ tonale Prozessrecht angeordnet werden konnten. Neben dem bundes­ rechtlich geregelten Arrest war kein Raum für eine vorsorgliche Mass­ nahme des kantonalen Rechts zur Sicherung der Vollstreckung von Geld­ forderungen.3 An diesem Rechtszustand hat sich auch unter der schwei­ zerischen Zivilprozessordnung nichts geändert. Nach wie vor bleibt für die Sicherung einer Geldforderung ausschliesslich das Arrestrecht des SchKG anwendbar.4 2.3. Art. 272 Abs. 1 SchKG regelt die Örtliche Zuständigkeit für Arrestbegeh­ ren. Es kann gemäss dieser Bestimmung sowohl am Betreibungsort, wie auch am Ort, wo sich die Vermögensgegenstände befinden, vorgegangen

1

BGE 133 II 589 E. 1; KUKO SchKG-MELER-DLETERLE, 2. Aufl. 2014, Vor Art. 271-281 N. 1 m.w.N. SchKG-MEIER-DLETERLE (Fn. 1), Vor Art. 271-281 N. 2. 3 BGE 113 II 469, 108 II 182; BGer 5D_54/2008 vom 23. Juni 2008. 4 BSK SchKG-AcoCELLA, 2. Aufl. 2010, Art. 38 N. 5.

2 KUKO

werden. Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte des Kantons Aargau ist somit gegeben. 2.4. 2.4.1. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich gemäss Art. 4 Abs. 1 ZPO nach dem kantonalen Recht. Die sachliche Zuständigkeit des Einzelrichters am Handelsgericht für den Erlass vorsorglicher Massnahmen ergibt sich für Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften grundsätzlich aus Art. 6 Abs. 4 lit. b i.V.m. Art. 6 Abs. 5 ZPO i.V.m. § 12 Abs, 1 lit. a i.V.m. § 13 Abs. 1 lit. a EG ZPO. 2.4.2. Laut Art. 251 lit. a ZPO i.V.m. § 6 Abs. 1 lit. b EG ZPO amtet als Arrestge­ richt im Kanton Aargau der jeweilige Bezirksgerichtspräsident als Einzel­ richter. Der Arrest stellt eine rein vollstreckungsrechtliche Massnahme dar, welche nicht als handelsrechtlich i.S.v. Art. 6 ZPO gilt; auch gilt es weder eine Vorfrage zu klären, noch besteht eine Reflexwirkung auf das materielle Recht.5 Das Handelsgericht ist somit für den Erlass eines Ar­ rests gemäss Art. 271 ff. SchKG nicht zuständig. Dies gründet im Übrigen bereits im Umstand, dass gemäss Art. 278 Abs. 3 SchKG gegen eine Ar­ resteinsprache die Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO zur Verfügung steht, was bei einer Zuständigkeit der Handelsgerichte nicht möglich ist.8 Aus den Materialen zum EG ZPO geht überdies hervor, dass der aargaui­ sche Gesetzgeber an der bisherigen Zuständigkeit der Bezirksgerichts­ präsidenten als Arrestrichter nichts ändern wollte. Der Katalog von § 20 Abs. 1 EG SchKG und damit die ausdrückliche Erwähnung des Bezirks­ präsidenten als Arrestrichter (vgl. § 20 Abs. 1 lit. q aEG SchKG) wurde le­ diglich mit der Begründung aufgehoben, dass sich diese Zuständigkeit neu aus dem EG ZPO ergebe.7 Eine diesbezügliche handelsgerichtliche Kompetenzzuweisung i.S.v. Art, 6 Abs. 4 lit. b ZPO war damit nicht beab­ sichtigt. 2.4.3. Mangels sachlicher Zuständigkeit ist folglich auf das Gesuch nicht einzu­ treten. 5

Vgl, dazu den Beschluss des Handelsgerichts Zürich, HG120037, vom 21. November 2013, pubi, in; ZR 112/2013 S. 286 ff. E. 3. 6 RÜETSCHI, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilpro­ zessordnung, 2. Aufl. 2013, Art. 6 N. 47; SCHWANDER, Arrestrechtliche Neuerungen im Zuge der Um­ setzung des revidierten Lugano-Übereinkommens, ZBJV 2010 S. 641 ff., Fn. 86; LEUENBERGER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Zivilprozessrecht im Jahr 2011, ZBJV 2013 S, 242; a.A. hingegen REETZ, Zivilprozessrecht Entwicklungen 2009, mit einer Übersicht über die wichtigsten Neu­ erungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Bern 2010, S. 5. 7 Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 16. September 2009 zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EG ZPO), GR.09.276, S. 44.

3.

Wird eine Eingabe, die mangels Zuständigkeit zurückgezogen oder auf die nicht eingetreten wurde, innert eines Monates seit dem Rückzug oder dem Nichteintretensentscheid bei der zuständigen Schlichtungsbehörde oder beim zuständigen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung (Art. 63 Abs. 1 ZPO). Reicht die Gesuchstellerin ihr Gesuch folglich innert eines Monats beim sachlich zuständigen Gericht ein, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängig­ keit das Datum der Einreichung beim Handelsgericht.8 4, Die Gerichtskosten sind auf Fr. 500.00 festzusetzen (§ 8 VKD i.V.m. §13 Abs. 1 VKD). Diese sind ausgangsgemäss von der gesuchstellenden Par­ tei zu tragen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Da der Gesuchsgegnerin mangels Zustellung des Gesuchs keine Kosten entstanden sind, ist ihr keine Par­ teientschädigung auszurichten.

Der Präsident erkennt: 1. Auf das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen vom 30. Juni 2014 wird nicht eingetreten. 2.

Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 500.00 werden der Gesuchstellerin auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

Zustellung an: - die_Gesuchstellerin (Vertreter, mit Rechnung; vorab per E-Mail: H _...

-

8 Vgl.

...

......... H )

die Gesuchsgegnerin (inkl. Gesuch vom 30, Juni 2014 samt Beilagen; vorab per E-Mail:

SUTTER-SOMM/HEDINGER, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger (Fn. 6), Art. 63 N. 8 ff.

Rechtsmittelbelehrung für die Beschwerde in Zivilsachen (Art, 72 ff,, Art. 90 ff. BGG) Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der schriftlichen Er­ öffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids an gerechnet, die Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht erhoben werden. Die Beschwerde ist schriftlich oder in elektronischer Form beim Schweize­ rischen Bundesgericht einzureichen. Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschriften bzw. eine anerkannte elektronische Signatur zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid verfassungs­ mässige Rechte (Art. 98 BGG) verletzt. Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in den Händen hat; ebenso ist der angefochtene Entscheid beizulegen (Art. 42 BGG).

Aarau, 1. Juli 2014 Handelsgericht des Kantons Aargau 1. Kammer Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Dubs (i.V. Vetter)

Frey (i.V. Lindner)