Untersuchung des Blickverhaltens von Kraftfahrern auf Autobahnen. Dissertation

Untersuchung des Blickverhaltens von Kraftfahrern auf Autobahnen Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktoringenieur (Dr.-Ing.) vorge...
Author: Jasper Arnold
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Untersuchung des Blickverhaltens von Kraftfahrern auf Autobahnen

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktoringenieur (Dr.-Ing.)

vorgelegt der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der Technischen Universität Dresden

Verfasser Dipl.-Ing. Borislav Hristov aus Sofia

Dresden 2009

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand während eines am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen laufenden Forschungsprojektes zur Untersuchung des Blickverhaltens von Fahrern auf Landstraßen „Orientierungssichtweite – Definition und Beurteilung“. Mit dieser Dissertation sollte das Blickverhalten von Kraftfahrern auf Autobahnen unter besonderer Einbeziehung des Parameters Sichtweite untersucht werden. Mein ganz besonderer Dank gilt dem Betreuer meiner Arbeit Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Lippold, der ein großes Vertrauen in mich gesetzt hat und mich durch zahlreiche Ideen und Diskussionen inspiriert hat. Ich bin ihm für die freundliche Aufnahme in Dresden, für die Möglichkeit an seinem Lehrstuhl promovieren zu dürfen und für seine vielseitige Hilfe und Verbesserungsvorschläge sehr dankbar. Seine fürsorgliche Betreuung ermöglichte eine sehr angenehme Zusammenarbeit. Dadurch gelang es mir, die Arbeit zielführend und zügig zu bearbeiten. Ich möchte meinen herzlichen Dank auch Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Günter Weise, der während der Bearbeitung der Dissertation immer für mich da war, und mir vielfältige Hinweise und Ratschläge gegeben hat, aussprechen. Seine Unterstützung half mir wesentlich, die Arbeit in der vorliegenden Form zu veröffentlichen. Herrn Prof. Dr.-Ing. Ivan Trifonov danke ich für seine wertvollen Anregungen und die Übernahme des Korreferates. Einen großen Beitrag zum Gelingen der Dissertation hatten die Mitarbeiter des Lehrstuhls Herr Dipl.-Ing. Ralph Schulz, Herr Dr.-Ing. Dirk Ebersbach, Herr Dipl.-Ing. Thomas Jährig und Herr Dipl.-Ing. Bert Burgemeister, die mir bei der Durchführung und Auswertung der Messungen geholfen haben. Ihr Engagement und ihre Zuverlässigkeit waren mir eine wichtige fachliche und moralische Unterstützung. Nicht zuletzt gebührt mein Dank meinen Eltern und meiner Frau, die immer zu mir standen, und mir den Mut und die Entschlossenheit gaben, die Dissertation zu vollenden.

Sofia, im Juni 2009

Borislav Hristov

I

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung ............................................................................................. 1

2

Stand der Forschung und des Regelwerkes ..................................... 3

2.1

Streckencharakteristik und Fahrverhalten.........................................................3

2.2

Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit ...............................................10

2.3

Informationsaufnahme, Wahrnehmungs- und Blickverhalten von Kraftfahrern .....................................................................................................15

2.3.1

Bedeutung, Größen und Grenzen...................................................................15

2.3.2

Grundprinzipien des visuellen Systems ..........................................................17

2.3.3

Parameter des Blickverhaltens .......................................................................18

2.3.4

Gesichtsfeld und „nutzbares Sehfeld“ .............................................................20

2.3.5

Definition und Erkennung von Fixationen .......................................................23

2.3.6

Zeitliche und räumliche Blickverhaltensmaße.................................................26

2.3.7

Fixationsverteilung, Fixationsdauer und Spurhaltung in Geraden und Kurven......................................................................................................33

2.4

Berücksichtigung der Sichtweite im Straßenverkehr.......................................45

2.4.1

Psychologische und physiologische Sichtweite ..............................................45

2.4.2

Methoden zur Ermittlung der vorhandenen Sichtweite ...................................46

2.4.3

Vorhandene Sichtweite und Blickverhalten.....................................................50

2.4.4

Geometrische Vorgaben zur Sichtweite im Entwurfsregelwerk ......................52

2.5

Methodische Vorgaben zur Verkehrssicherheitsbetrachtung..........................57

2.6

Schlussfolgerungen für die Untersuchung ......................................................62

3

Untersuchungsmethodik .................................................................. 65

3.1

Vorgehensweise der Untersuchung ................................................................65

3.2

Auswahl der Untersuchungsstrecken und Aufnahme der Streckencharakteristik.....................................................................................66

3.3

Abschnittsbildung zur Durchführung der Untersuchungen..............................68

3.3.1

Methode des „gleitenden Durchschnitts“.........................................................68

3.3.2

Kurven und Geraden.......................................................................................70

3.3.3

Steigungs- und Gefällestrecken ......................................................................72

3.4

Ermittlung der vorhandenen Sichtweite ..........................................................73

II

3.5

Messtechnische Methoden zur Ermittlung des Geschwindigkeitsverhaltens............................................................................74

3.5.1

Verfolgungsfahrten..........................................................................................75

3.5.2

Querschnittsmessungen .................................................................................76

3.5.3

Einsatzfahrten .................................................................................................77

3.6

Methodik der Unfallauswertung.......................................................................78

3.7

Blickbewegungsmessung und Analyse des Blickverhaltens ...........................81

3.7.1

Aufbau des Messsystems und Funktionsweise ..............................................82

3.7.2

Anforderungen an die äußeren Bedingungen .................................................84

3.7.3

Auswahl des Probandenkollektivs...................................................................85

3.7.4

Methodik zur Bearbeitung der aufgezeichneten Blickdaten ............................86

3.7.5

Zusammenhänge zwischen Blickverhalten, Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit ...................................................................................88

4

Darstellung und Interpretation der Ergebnisse .............................. 91

4.1

Ergebnisse der Sichtweitenberechnung..........................................................91

4.2

Ergebnisse der Geschwindigkeitsmessungen ................................................92

4.2.1

Ergebnisse der Verfolgungsfahrten.................................................................92

4.2.2

Vergleich Querschnittsmessungen – Verfolgungsfahrten ...............................94

4.2.3

Vergleich Querschnittsmessungen – Einsatzfahrten ......................................96

4.3

Ergebnisse der Unfalluntersuchung ................................................................98

4.3.1

Analyse des Unfallgeschehens .......................................................................98

4.3.2

Verkehrsstärkedaten .....................................................................................100

4.3.3

Auswertung der Unfallkennzahlen in den Teilabschnitten ............................102

4.3.4

Auswertung des Unfallgeschehens nach ESN (FGSV, 2003) ......................105

4.4

Einflüsse ausgewählter streckencharakteristischer Parameter auf die Geschwindigkeit und das Unfallgeschehen.............................................108

4.4.1

Einfluss des Kurvenradius.............................................................................108

4.4.2

Einfluss der Kurvigkeit...................................................................................112

4.4.3

Einfluss der Längsneigung............................................................................114

4.4.4

Einfluss der Sichtweite ..................................................................................117

4.5

Ergebnisse der Blickbewegungsmessungen ................................................119

4.5.1

Blickverhalten in Geraden und Kurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite................................................................................119

4.5.2

Blickverhalten in Links- und Rechtskurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite................................................................................126

III

4.5.3

Vergleich zwischen dem Blickverhalten in Linkskurven, Rechtskurven und Geraden ..........................................................................130

4.5.4

Blickverhalten in Abhängigkeit vom Kurvenradius ........................................135

4.5.5

Vergleich zwischen dem Blickverhalten in gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven ......................................................139

4.5.6

Vergleich des Blickverhaltens in den anhand des Sicherheitspotenzials definierten gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten ...................................................................................................142

5

Schlussfolgerungen und Empfehlungen........................................144

6

Zusammenfassung...........................................................................147

7

Literaturverzeichnis .........................................................................149

Anhang I Anhang

Zusammenstellung der Messstrecken und vorhandene Regelquerschnitte ..............................................................................................I

II Anhang Streckengeometrie, Sichtweiten und Geschwindigkeiten ................................III III Anhang Darstellung des Unfallgeschehens.................................................................. XI IV Anhang Blickverhalten..............................................................................................XXIV

IV

Abkürzungsverzeichnis 1-JK

Einjahres-Unfalltypen-Steckkarte

3-JK

Dreijahres-Unfalltypen-Steckkarte

A

[m]

Klothoidenparameter

ABS

Antiblockiersystem

AS

Anschlussstelle

aUKR

[€/(1000 Kfz·km)]

angepasste Unfallkostenrate

BAB

Bundesautobahn

bit

binary digit

DivX

Digital Video Express (Video-Codec)

DTV

[Kfz/24·h]

Durchschnittliche Tägliche Verkehrsstärke

DZS

Dauerzählstelle

ESN

Empfehlungen für die Sicherheitsanalyse von Straßennetzen

FGSV

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen

fT

[-]

tangentialer Kraftschluss

GDV

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.

gLK

gefährliche Linkskurve

GPS

Global Positioning System

gRK

gefährliche Rechtskurve

GT

Getötet

gUKD

[1000·€/(km·a)]

Grundunfallkostendichte

gUKR

[€/(1000 Kfz·km)]

Grundunfallkostenrate

ISK

Institut für Straßenverkehr Köln

Kfz

Kraftfahrzeug

KU

[gon/km]

Kurvigkeit

L

[km]

Streckenlänge

Lkw

Lastkraftwagen

LV

Leichtverletzt

pDTV

[Kfz/24·h]

prognostizierter durchschnittlicher täglicher Verkehr

Pkw

Personenkraftwagen

PRC

Percent Road Centre

pSIPO

[1000·€/(km·a)]

prognostiziertes Sicherheitspotenzial

q

[%]

Querneigung

V

R

[m]

Radius des Kreisbogens

RAA

Richtlinien für die Anlage von Autobahnen

RAL

Richtlinien für die Anlage von Landstraßen

RAS

Richtlinien für die Anlage von Straßen

s

[%]

Längsneigung

S1

[m]

Weg während der Reaktions- und Auswirkzeit

S2

[m]

Bremsweg

SD

[°]

Standardabweichung

Sh

[m]

Haltesichtweite

SIPO

[1000·€/(km·a)]

Sicherheitspotenzial

StVO

Straßenverkehrsordnung

SV

Schwerverletzt

t

Zeit

tR

[s]

Reaktionszeit

U

Anzahl der Unfälle

U(LV)

Anzahl der Unfälle mit leichtem Personenschaden

U(P)

Anzahl der Unfälle mit Personenschaden

U(SP)

Anzahl der Unfälle mit schwerem Personenschaden

U(SS)

Anzahl der schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden

UD

[U/(km·a)]

Unfalldichte

UHL

Unfallhäufungslinie

UHS

Unfallhäufungsstelle

UK

[€]

Unfallkosten

UK(SS)

[€/a]

Unfallkosten

UKa

[€]

angepasste Unfallkosten

UKD

[1000·€/(km·a)]

Unfallkostendichte

UKR

[€/(1000 Kfz·km)]

Unfallkostenrate

uLK UR

ungefährliche Linkskurve 6

[U/10 Kfz·km)]

uRK V

Unfallrate ungefährliche Rechtskurve

[km/h]

Geschwindigkeit

V(GT)

Verunglückte - getötet

V(LV)

Verunglückte - leichtverletzt

V(SV)

Verunglückte - schwerverletzt

V15

[km/h]

15% Geschwindigkeit

V50

[km/h]

50% Geschwindigkeit

VI

V85

[km/h]

85% Geschwindigkeit

vorh Sh

[m]

vorhandene Sichtweite

Vzul

[km/h]

zulässige Geschwindigkeit

WU

[€/U]

Unfallkostensatz

WUa

[€/U]

angepasster Unfallkostensatz

WV

[€/Person]

Verunglücktenkostensatz

VII

Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1: Regelkreis Fahrer – Fahrzeug – Straße nach DURTH (1974) ....................3 Abbildung 2.2: Einfluss des Kurvenradius auf das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen nach DURTH U.A. (1983)...................................................5 Abbildung 2.3: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und 85%-Geschwindigkeit auf Autobahnen nach LAMM (1977)............................................................6 Abbildung 2.4: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und 85%-Geschwindigkeit auf Autobahnen in Deutschland, Griechenland und Frankreich nach LAMM U.A. (1999) ...............................................................................6 Abbildung 2.5: V85, V50 und V15 auf der Autobahn A680 bei trockener Fahrbahn infolge unterschiedlicher Längsneigung nach DURTH U.A. (1983)..............7 Abbildung 2.6: Prozentuale Geschwindigkeitsänderungen frei fahrender Pkw auf der Autobahn A680 in Abhängigkeit von der Längsneigung bei Steigung und Gefälle nach DURTH U.A. (1983)...........................................8 Abbildung 2.7: Abnahme der Geschwindigkeiten frei fahrender Fahrzeuge auf unterschiedlich langen Steigungsstrecken mit s = 4% nach HOFFMANN, 1967 (Quelle: DURTH U.A., 1983).............................................8 Abbildung 2.8: Zusammenhang zwischen mittlerer Haltesichtweite und Perzentilgeschwindigkeiten nach STEIERWALD / BUCK, 1992 ...................10 Abbildung 2.9: Die Unfallrate als Funktion der Sichtweite nach KREBS / KLÖCKNER (1977) .....................................................................................11 Abbildung 2.10: Die Unfallrate als Funktion des Kurvenradius nach KREBS / KLÖCKNER (1977) .....................................................................................11 Abbildung 2.11: Die Unfallrate als Funktion der Längsneigung nach KREBS / KLÖCKNER (1977) .....................................................................................12 Abbildung 2.12: Verteilung der Fahrunfälle in den einzelnen Sichtweitenklassen in Links- und Rechtskurven nach STEINAUER U.A. (2002) ........................13 Abbildung 2.13: Verteilung der Unfallkostendichte in den einzelnen Radienklassen nach REINHARD (2003) ....................................................14 Abbildung 2.14: Zusammenhang zwischen Unfallkostendichte und Längsneigung nach REINHARD (2003) .............................................................................14 Abbildung 2.15: Größenordnung der Zuflusskapazitäten nach DURTH (1974) ..................16 Abbildung 2.16: Das Auge und die drei Sichtbereiche nach SCHWEIGERT (2003) .............17 Abbildung 2.17: Blickfolgebewegungen mit max. 60°/s in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (SCHWEIGERT, 2002) .....................................................20 Abbildung 2.18: Das nutzbare Sehfeld in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit nach BABKOV (1975) ..............................................21 Abbildung 2.19: Veränderung des Sichtsfeldes mit der Geschwindigkeit aus WEISE / DURTH (1997) ..............................................................................22 Abbildung 2.20: Ereignisse, die innerhalb einer typischen Fixation auftreten (VIVIANI, 1990)..........................................................................................23 Abbildung 2.21: Vergleich zwischen zwei Fixationsalgorithmen nach GOLDBERG / KOTVAL (1999). Räumliche Einschränkungen (links); räumliche und zeitliche Einschränkungen (rechts)...................................................24 Abbildung 2.22: Definition von Fixationshäufungen in einem Kreis mit 80 Pixel Durchmesser nach GOLDBERG / KOTVAL (1999).......................................24

VIII

Abbildung 2.23: Ergebnisse des Fixationserkennungsalgorithmus nach JACOB (1995) ......................................................................................................26 Abbildung 2.24: Beispiel für die Berechnung der Scanpfadlänge nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)........................................................................................27 Abbildung 2.25: Beispiel für die Berechnung des Indexes der räumlichen Dichte nach GOLDBERG / KOTVAL (1999) .............................................................28 Abbildung 2.26: Relative Scanpfad Unterschiede zwischen effiziente (A) und ineffiziente (B) visuelle Suche nach GOLDBERG / KOTVAL (1999).............28 Abbildung 2.27: Standardabweichung des Blickwinkels bei auditiver Nebenaufgabe nach VICTOR U.A. (2005)..................................................29 Abbildung 2.28: Prozent der Fixationsdauern größer 2 s nach VICTOR U.A. (2005)...........30 Abbildung 2.29: Fixationsdauer bei Realfahrt auf Autobahn nach VICTOR U.A. (2005) ......................................................................................................30 Abbildung 2.30: Mittlere Fixationsdauer für die drei visuellen Nebenaufgaben nach VICTOR U.A. (2005) ..........................................................................31 Abbildung 2.31: Konzentrationseffekt des Blickes bei visueller (links) und auditiver (rechts) Nebenaufgabe auf Autobahnen nach VICTOR U.A. (2005) ...............................................................................................32 Abbildung 2.32: PRC bei visueller und auditiver Nebenaufgabe nach VICTOR U.A. (2005) ......................................................................................................32 Abbildung 2.33: Schematische Darstellung die Bedingungen auf gerader Strecke und in einer Linkskurve nach SHINAR U.A., 1977 (aus COHEN, 1987)........................................................................................................34 Abbildung 2.34: Räumliche Verteilung der Fixationsstellen während freier Fahrt (links) und beim Nachfahren (rechts) nach MOURANT / ROCKWELL (1970) ......................................................................................................35 Abbildung 2.35: Verteilung der Fixationsstellen in horizontaler Richtung beim befahren einer geraden Strecke mit 90 km/h nach MORTIMER / JORGESON (1975).....................................................................................35 Abbildung 2.36: Blickverhaltenen Links- und Rechtskurven nach FRIEDINGER (1982) ......................................................................................................37 Abbildung 2.37: Visuelle Suchzone nach relevanter Information aus COHEN (1987) ......................................................................................................38 Abbildung 2.38: Fixationsposition und –dauer in Geraden (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993)................................................................................39 Abbildung 2.39: Fixationsposition und –dauer in Rechtskurven (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993) ...............................................40 Abbildung 2.40: Fixationsposition und –dauer in Linkskurven (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993)................................................................................40 Abbildung 2.41: Wichtige Bereiche zur Spurhaltung zwischen 3° und 10° auf geraden Strecken (CHATZIASTROS U.A., 1999) und typische Pupillenposition........................................................................................41 Abbildung 2.42: Annäherungs- und Kurvenbereich aus Vogelperspektive und Fahrersicht aus SCHWEIGERT (2003) .......................................................42 Abbildung 2.43: Verweilzeiten der signifikanten Informationsträger nach POPIEUL U.A. (2000) ...............................................................................................43 Abbildung 2.44: Horizontaler Winkelabstand der Fixationen bezüglich des Fluchtpunktes nach POPIEUL U.A. (2000) .................................................43

IX

Abbildung 2.45: Grafische Ermittlung des Sichtfeldes nach WEISE / DURTH (1997) ..........47 Abbildung 2.46: Geometrie des Sichtfeldes und Anlage von Sichtbermen nach WEISE / DURTH (1997) ..............................................................................47 Abbildung 2.47: Sichtstrahlen im Lageplan nach der Sichtfeldmethode nach SCHOSS (1966).........................................................................................47 Abbildung 2.48: Prinzipskizze des Sichtstrahlverfahrens nach HIERSCHE (1968)..............48 Abbildung 2.49: Querprofildichte bei der Geländemodellierung nach APPELT / SCHMIDT (1999)........................................................................................49 Abbildung 2.50: Modellskizze des Sichtkegelverfahrens im CARD/1 nach APPELT / BASEDOW (2000) ....................................................................................49 Abbildung 2.51: Modellskizze zur Berechnung der vorhandenen Sichtweite nach STEINAUER U.A. (2002) .............................................................................50 Abbildung 2.52: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die mittlere Fixationsdauer (links), den Zeitanteil der Fixationen (Mitte) und den Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich (rechts) in Geraden mit freiem Umfeld nach LIPPOLD / SCHULZ (2006) ......................................................................................................51 Abbildung 2.53: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge (links) und den Index der räumlichen Dichte (rechts) in Geraden mit freiem Umfeld nach LIPPOLD / SCHULZ (2006) ....................................52 Abbildung 2.54: Modell zur Bestimmung der erforderlichen Haltesichtweite nach RAS-L (FGSV 1995) ................................................................................53 Abbildung 2.55: Erforderliche Haltesichtweite nach RAL (Entwurf, 2008).........................54 Abbildung 2.56: Sichtstrahlverlauf vom Aug- zum Zielpunkt für die Haltesichtweite in Links- und Rechtskurven nach RAA (FGSV, 2008) .............................56 Abbildung 2.57: Modell zur Ermittlung der Sichtweiten auf Richtungsfahrbahnen in Linkskurven nach RAA (FGSV, 2008) .................................................56 Abbildung 3.1: Anteil der Linkskurven, Rechtskurven und der Geraden an der Gesamtlänge ...................................................................................... - 68 Abbildung 3.2: Anteil der Kreisbögen, Klothoiden und der Geraden an der Gesamtlänge ...................................................................................... - 68 Abbildung 3.3: Verteilung der Kurvigkeiten auf der Autobahn A72..................................69 Abbildung 3.4: Häufigkeitsverteilung der Kurvenradien auf der Autobahn A72...............71 Abbildung 3.5: Prinzipskizze für die Berechnung der Geschwindigkeitsdifferenzen ...................................................................73 Abbildung 3.6: Beispiel eines Teilabschnitts mit Konzentration von Unfallhäufungsstellen ..............................................................................80 Abbildung 3.7: Das Blickbewegungsmesssystem SmartEye im Messfahrzeug am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen an der TU Dresden ...................................................................................................82 Abbildung 3.8: Bilder aus den zwei Augenkameras mit Koordinatensystem, Blickvektoren und charakteristischen Gesichtspunkten...........................83 Abbildung 3.9: Szenerieebene (WEICHERT, 2003) ...........................................................83 Abbildung 3.10: Videobild mit eingespieltem Blickpunkt und Frame-Nummer ..................84 Abbildung 3.11: Schematische Darstellung des Untersuchungsablaufes .........................90

X

Abbildung 4.1: Linkskurve mit R = 1000 m bei konstanter Längsneigung s = 4,9%, Augpunkthöhe hAP = 1,00 m im rechten (links) und im linken Fahrstreifen (rechts) ......................................................................91 Abbildung 4.2: Beispiel Sichtweitenband eines ca. 4 km langen Abschnitts nach der Landesgrenze Bayern/Sachsen ........................................................92 Abbildung 4.3: Geschwindigkeitsprofile aus den Verfolgungsfahrten und Geschwindigkeitsdifferenz (V85-V15) im Teilabschnitt AS Pirk – AS Plauen-Süd ........................................................................................93 Abbildung 4.4: Geschwindigkeitsprofile aus den Verfolgungsfahrten und Geschwindigkeitsdifferenz (V85-V15) im Teilabschnitt AS Treuen – AS Reichenbach ......................................................................................94 Abbildung 4.5: Aufteilung der Fahrunfälle und der Unfälle im Längsverkehr nach Lichtverhältnissen (links) und Straßenzustand (rechts)...........................99 Abbildung 4.6: Verteilung der Unfallkategorien in den beiden Fahrtrichtungen (links) und Anzahl der verunglückten Personen in den beiden Fahrtrichtungen (rechts) im Zeitraum von 01.01.1995 bis 31.12.2003...............................................................................................99 Abbildung 4.7: Änderung der Verkehrsstärken über die Jahre 1999 bis 2003 ..............101 Abbildung 4.8: SIPO und pSIPO in den Teilabschnitten in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts) ..........................................................................105 Abbildung 4.9: Lorenzkurve der positiven Sicherheitspotenziale (Abschnittsbildung nach Netzstruktur) ...................................................105 Abbildung 4.10: Lorenzkurve (links) und Summenhäufigkeit (rechts) der positiven Sicherheitspotenziale (Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens) .................................................................................106 Abbildung 4.11: SIPO und pSIPO in den Teilabschnitten in Fahrtrichtung Chemnitz (links) und Hof (rechts) ..........................................................107 Abbildung 4.12: Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit V85 und Kurvenradius..........................................................................................108 Abbildung 4.13: Unfallrate der schweren Unfälle in Abhängigkeit vom Kurvenradius (links) und Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Unfallrate (nach Unfallkategorie) auf der A72.................................109 Abbildung 4.14: Einfluss des Kurvenradius auf die Unfallkostenrate (links) und die Unfallkostendichte (rechts) der schweren Unfälle............................110 Abbildung 4.15: Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Sicherheitspotenzial (SIPO)...................................................................110 Abbildung 4.16: Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Unfallrate (nach Unfalltyp) auf der Bundesautobahn A72................................................111 Abbildung 4.17: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Geschwindigkeit V85 ............112 Abbildung 4.18: Einfluss der Kurvigkeit auf die Geschwindigkeit V85 an Steigungen (links) und in Gefälle (rechts)..............................................113 Abbildung 4.19: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Unfallrate (links) bzw. Unfalldichte (rechts)...............................................................................114 Abbildung 4.20: Einfluss der Längsneigung auf die Geschwindigkeiten V85 (links) und V15 (rechts) aus Steigungs- und Gefällestrecken............................115 Abbildung 4.21: Absolute Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| bei Steigungen und Gefälle ...................................................................................................116

XI

Abbildung 4.22: Einfluss der Längsneigung auf die Geschwindigkeit V85 nach der Methode des „gleitenden Durchschnitts“ ...............................................117 Abbildung 4.23: Zusammenhang zwischen Längsneigung, Geschwindigkeitsdifferenzen ∆V85 (links) und absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| (rechts) auf Steigungs- und Gefällestrecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung .........................117 Abbildung 4.24: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit V85 (links) und auf die Geschwindigkeitsdifferenz |∆V85| (rechts) ................118 Abbildung 4.25: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Unfallrate (links) und die Unfalldichte (rechts) ..................................................................118 Abbildung 4.26: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit in Geraden (links) und in Kurven (rechts)..................................................119 Abbildung 4.27: Abhängigkeit der mittleren Fixationsdauer von der vorhandenen Sichtweite in Geraden (links) und in Kurven (rechts).............................121 Abbildung 4.28: Zusammenhang zwischen der vorhandenen Sichtweite und dem Zeitanteil der Fixationen in Geraden (links) und in Kurven (rechts)...................................................................................................122 Abbildung 4.29: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde in Geraden (links) und in Kurven (rechts)........123 Abbildung 4.30: Zusammenhang zwischen der Standardabweichung des Blickwinkels und der vorhandenen Sichtweite in Geraden (links) und in Kurven (rechts) ...........................................................................123 Abbildung 4.31: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf den zeitlich normierten Index der räumlichen Dichte in Geraden (links) und in Kurven (rechts)...................................................................................................125 Abbildung 4.32: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge in Geraden (links) und in Kurven (rechts)..................................................125 Abbildung 4.33: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts) ..................................127 Abbildung 4.34: Abhängigkeit der mittleren Fixationsdauer von der vorhandenen Sichtweite in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts).............127 Abbildung 4.35: Zusammenhang zwischen der vorhandenen Sichtweite und dem Zeitanteil der Fixationen in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)............................................................................128 Abbildung 4.36: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)............................................................................128 Abbildung 4.37: Zusammenhang zwischen der Standardabweichung des Blickwinkels und der vorhandenen Sichtweite in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts) ......................................................129 Abbildung 4.38: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf den Index der räumlichen Dichte in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)...................................................................................................129 Abbildung 4.39: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts) ..................................130 Abbildung 4.40: Fixationsverteilung in Geraden. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung ...........................................................................131

XII

Abbildung 4.41: Verteilung der mittleren Fixationsdauern in Geraden, Links- und Rechtskurven.........................................................................................132 Abbildung 4.42: Fixationsverteilung in Linkskurven. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung .........................................................133 Abbildung 4.43: Fixationsverteilung in Rechtskurven. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung .........................................................134 Abbildung 4.44: Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich in Geraden und Kurven (links) sowie in Geraden, Links- und Rechtskurven (rechts)............................................................................135 Abbildung 4.45: Einfluss des Kurvenradius auf die Geschwindigkeit ..............................136 Abbildung 4.46: Einfluss des Kurvenradius und auf die mittlere Fixationsdauer .............136 Abbildung 4.47: Einfluss des Kurvenradius auf den Zeitanteil der Fixationen.................137 Abbildung 4.48: Einfluss des Kurvenradius auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde.................................................................................................137 Abbildung 4.49: Einfluss des Kurvenradius auf die Standardabweichung des Blickwinkels ...........................................................................................137 Abbildung 4.50: Einfluss des Kurvenradius auf den Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich ..............................................................137 Abbildung 4.51: Einfluss des Kurvenradius auf den Feldindex........................................138 Abbildung 4.52: Einfluss des Kurvenradius auf die Scanpfadlänge ................................138

XIII

Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1: Tabelle 2.2: Tabelle 2.3: Tabelle 2.4: Tabelle 2.5: Tabelle 2.6: Tabelle 2.7: Tabelle 2.8: Tabelle 2.9: Tabelle 2.10: Tabelle 2.11: Tabelle 3.1: Tabelle 3.2:

Tabelle 3.3: Tabelle 3.4: Tabelle 3.5: Tabelle 4.1: Tabelle 4.2:

Tabelle 4.3: Tabelle 4.4: Tabelle 4.5: Tabelle 4.6:

Tabelle 4.7: Tabelle 4.8:

Informationsaufnahme bei Geraden und Kurven nach COHEN (1987) ......................................................................................................16 Algorithmus zur Bestimmung von Fixationen nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)..........................................................................................25 Bedeutungen der verkürzten Bezeichnungen in VICTOR U.A. (2005) ......................................................................................................27 Unterschiede bezüglich der Beanspruchung zwischen geraden Strecken und Kurven nach COHEN (1987) ...............................................33 Streuung der Fixationsdauern [s] (als Standardabweichung) nach SHINAR U.A. (1977) ...................................................................................37 Mittelwert und Standardabweichung der Fixationsdauern [s] nach SHINAR U.A. (1977) ...................................................................................37 Erforderliche Haltesichtweite nach RAA (FGSV, 2008)...........................55 Grenzwerte für Unfallhäufungsstellen nach ISK (FGSV, 2000) ...............58 Pauschale Unfallkostensätze in Abhängigkeit von der Unfallkategorie - Preisstand 2000 (FGSV, 2000) ....................................59 Kostensätze WV für Verunglückte (Preisstand 2000)..............................59 Unfallkostensätze nach ESN (FGSV, 2003) ............................................61 Klassen Längsneigung ............................................................................70 Radienklassen für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Kurvenradius, Fahrverhalten und Unfallgeschehen und zwischen Kurvenradius und Blickverhalten .............................................71 Kriterien für die Bestimmung von gefährlichen und ungefährlichen Kurven.............................................................................72 Unfallhäufungsstellen bzw. –linien aus den 3-Jahreskarten....................79 Ablauf der Fixationserkennung nach dem Jacobs-Algorithmus und nach dem modifizierten Algorithmus.................................................87 Vergleich zwischen Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten ..................................................................................96 Vergleich zwischen den mittleren Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen und den Einsatzfahrten und ihren Standardabweichungen ...........................................................................97 Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärken und ihre Änderung im Vergleich zum vorigen Jahr (Werte in Klammern) .................................101 DTV und pDTV und ihre Änderung über die Jahre 1999 bis 2003 ........102 Zusammenstellung der Ergebnisse von LIPPOLD / SCHULZ (2006) und HRISTOV (2008) auf Geraden ..........................................................126 Zusammenstellung der Ergebnisse von LIPPOLD / SCHULZ (2006) auf leichtkurvigen Abschnitten mit freiem Umfeld und HRISTOV (2008) und in Kurven .............................................................................126 Zusammenstellung der Blickverhaltensmaße in Abhängigkeit von dem Kurvenradius und dem Unfallgeschehen.......................................138 Mittelwerte der Blickverhaltensmaße in gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven...............................................142

XIV

Tabelle 4.9:

Mittelwerte der Blickverhaltensmaße in gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten nach dem Sicherheitspotenzial (SIPO)....................................................................................................143

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1

Einleitung

Über 90% der Informationsaufnahme beim Fahren erfolgt über den visuellen Sinneskanal. Das Auge ist das einzige fernorientierte Sinnesorgan, das über die Blickbewegungen gezielt ausrichtbar ist und die Erfassung räumlich voraus liegender Objekte ermöglicht (WEISE U.A., 2002). Somit spielt das Blickverhalten der Kraftfahrer eine zentrale Rolle beim Steuern eines Fahrzeugs. Da die Informationsaufnahme und -verarbeitung die Grundlage für Handlungsentscheidungen, ihre Realisierung und Kontrolle im Straßenverkehr bilden, bestimmt das Blickverhalten des Kraftfahrers weitestgehend sein Fahrverhalten und ist dadurch auch für die Verkehrssicherheit von zentraler Bedeutung. Mit Hilfe moderner Messtechnik lassen sich die Blickbewegungen heutzutage genau registrieren und das Blickverhalten kann beim Autofahren exakt erfasst werden. Dadurch stellt die Analyse des Blickverhaltens ein neues Verfahren dar, mit dem der wahrnehmungspsychologische Faktor in der Wechselwirkung zwischen Fahrer, Fahrzeug und Straße berücksichtigt werden kann. Das Blickverhalten der Fahrer ist ein hochselektiver dynamischer Vorgang, durch den eine präzise Wahrnehmung von beweglichen bzw. unbeweglichen Objekten, Geschwindigkeiten und räumlichen Ausdehnungen gewährleistet ist. Die Analyse des Blickverhaltens ermöglicht sowohl den zeitlichen als auch den räumlichen Verlauf des detaillierten Informationszuflusses zusammen mit den Aufmerksamkeitsverlagerungen zu erforschen. Wo und in welchem Zeitpunkt der Fahrer detailliert hinblickt, kann mithilfe der Blickverhaltensanalyse ermittelt werden. Durch das Fixieren von informationsreichen Stellen der Autobahn können typische Blickverhaltensweisen ermittelt werden. In der Literatur sind verschiedene zeitliche und räumliche Blickverhaltensmaße vorhanden, mit denen das zeitliche Verhalten der visuellen Aufmerksamkeitsverteilung, die räumliche Konzentration des Blickes und die Intensität der Informationsaufnahme untersucht und interpretiert werden können. In der vorliegenden Arbeit werden aus dem breiten Spektrum dieser Maße diejenigen ausgewählt, die bezüglich der gesuchten Abhängigkeiten am aussagekräftigsten sind. Das Blickverhalten der Kraftfahrer wird in erheblichem Maße von der Lageplangeometrie der Straße bestimmt. Aus der Forschung ist bekannt, dass die Verhältnisse beim Lenken eines Fahrzeugs entlang geraden Strecken und innerhalb von Kurven bezüglich der Beanspruchung des Fahrers und der Blickkonzentration nicht gleich sind. In Kurven ist die Belastung höher im Vergleich zu den Geraden und das führt zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit. Das Blickverhalten in Links- und Rechtskurven charakterisiert sich mit bestimmten Blickmustern, die sich voneinander deutlich unterscheiden. Diesbezüglich sind entsprechende Untersuchungen und Analysen auch unter Einbeziehung der vorhandenen Sichtweite erforderlich. Der Einfluss der streckencharakteristischen Parameter auf das Fahrverhalten und das Unfallgeschehen ist auf dem Gebiet des Straßenentwurfs seit langer Zeit Untersuchungsgegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. Auf Autobahnen sind jedoch nur wenige solche Untersuchungen vorhanden und ein Forschungsbedarf liegt auch diesbezüglich vor. Die Verkehrssicherheit hat eine vorrangige Bedeutung für den Bau und den Betrieb jeder Straße. Trotz dem guten Ausbaustandard der Bundesautobahnen in Deutschland ereignen sich dort jedes Jahr immer noch viele schwerwiegende Unfälle. Durch die Entwicklungen in der Kraftfahrzeugtechnik in den letzten Jahren haben sich das Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer und damit auch das Verkehrsunfallgeschehen verändert. Unan-

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gepasste Geschwindigkeit stellt sehr oft den Grund für die meisten Kurvenunfälle dar. Da für das Vorhandensein zahlreicher Unfälle in vielen Fällen das "menschliche Versagen" verantwortlich ist, stellt sich die Frage, welche Unterschiede im Blickverhalten und dadurch in der Beanspruchung und der Aufmerksamkeit der Fahrer zwischen unfallauffälligen und unfallfreien Streckenabschnitten bzw. Lageplanelementen vorhanden sind. Daher ist eines der Ziele der vorliegenden Arbeit, die Einflüsse ausgewählter streckencharakteristischer Parameter (Kurvenradius, Kurvigkeit, Längsneigung und Sichtweite) auf das Geschwindigkeitsverhalten und das Unfallgeschehen, unabhängig von dem Blickverhalten, auf Autobahnen zu untersuchen. Der andere Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Blickverhalten der Fahrer und Lageplangeometrie unter Berücksichtigung des Parameters Sichtweite. Es soll erforscht werden, ob eindeutige Veränderungen in dem Blickverhalten und in der Aufmerksamkeit der Fahrer unter einer bestimmten Sichtweite in Geraden und Kurven auftreten. Im Ergebnis sollen Empfehlungen für eine Mindestgrenze der vorhandenen Sichtweite auf Autobahnen abgeleitet werden. Von besonderer Bedeutung ist die Analyse der Blickverhaltensweisen der Kraftfahrer zwischen unterschiedlich unfallbelasteten Abschnitten auf Autobahnen. Dafür sollen Vergleiche zwischen den Blickverhaltensmaßen in gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven sowie auch zwischen unfallauffälligen und unfallfreien Streckenabschnitten, die anhand des Sicherheitspotenzials bestimmt werden, durchgeführt. Weiterhin soll überprüft werden, ob die Größe des Kurvenradius das Blickverhalten der Fahrer beeinflusst und angesichts der Ergebnisse soll aus wahrnehmungspsychologischer Sicht eine Mindestgröße für sichere Kurvenradien für den Entwurf von Bundesautobahnen empfohlen werden. Entsprechend dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik sind die bisherigen Erkenntnisse auf Autobahnen und Landstraßen zum Thema Blickverhalten auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und die Ergebnisse aus ähnlichen Ansätzen mit den Ergebnissen in dieser Arbeit zu vergleichen. Die beschriebenen Zusammenhänge sind bisher auf Autobahnen entweder nicht ausreichend oder gar nicht erforscht worden, deshalb soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Vervollständigung des bestehenden Forschungsbedarfs leisten.

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2 2.1

Stand der Forschung und des Regelwerkes Streckencharakteristik und Fahrverhalten

Die Hauptaufgabe eines qualitativ hochwertigen Straßenentwurfs ist es, dem Kraftfahrer frühzeitig eindeutige Informationen über den Verlauf der Straße zu liefern. Eine gute optische Führung der Straße ist Voraussetzung für eine ausreichende Fahrsicherheit. Das Fahrverhalten kann als ein einheitliches vielschichtiges Regelsystem verstanden werden (Abbildung 2.1), das im Straßenverkehr als Fahrer – Fahrzeug – Straße bezeichnet wird (DURTH, 1972; DILLING, 1973; DURTH 1974). Dieser Regelkreis stellt eine schematisierte Erklärung eines abstrakten Fahrvorgangs dar und ist als eine geordnete Klassifikation von Einflussgrößen auf das Regelungsverhalten zu verstehen. Die Komponenten dieses Systems stellen an den Kraftfahrer viele Anforderungen zu unterschiedlichen Zeiten während der Fahrt. Die notwendigen komplexen Informationen über den voraus liegenden Fahrraum und die Verkehrssituation, die der Fahrer als Regler (R) des Verkehrsablaufs zur sicheren Führung des Fahrzeuges benötigt, werden von ihm über seine Sinnesorgane gewonnen wobei die Optik die entscheidende Rolle spielt.

R

Fahrer - Ich Gegenwärtigung Kurzgedächtnis Langgedächtnis Unbewußtes

Vergessen

Unbewußte Reflexe

Sinnesorgane

Längsregelung

Han d

RS

Geräusch, Stoß

Gas Schaltung Bremse

Querregelung

Steuersystem

Rückmeldung des Fahrzeugs an Steuersystem

Helligkeit

Wind

Witterung Wasser, Schnee, Eis

Menge, Ablauf

Homogenität

Geschwindigkeit

Verkehr

Rückmeldung des Fahrzeugs an den Fahrer

Landschaft, Umgebung

Böschung, Stützmauer

Bepflanzung

Leiteinrichtungen

W

Rückmeldung über Systemsteuerung

Muskulatur

Optische Führung

Geometrische Linienführung

Deckenbeschaffenheit

Querschnittsgestaltung

Straße

Sk el e tt

Bewegungen ht s ic Ge

Fahrzeug

Gestalten

Z R Regler RS Regelstrecke

Fahrer mit seinen gegebenen und erlernten Eigenschaften Fahrzeug Fahrweg (W, Z) W Führungsgröße Fahrweg, Fahrraum (Strecke, Knoten, Netz) Verkehrssituation, Umfeld, Witterung Z Störgröße Regelgröße Istlage des Fahrzeugs Lenkwinkel und Geschwindigkeit Stellgröße

Abbildung 2.1: Regelkreis Fahrer – Fahrzeug – Straße nach DURTH (1974)

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Der Fahrer reagiert auf äußere Einflüsse über die Wahl der Geschwindigkeit und ihre Änderung (Verzögerung, Beschleunigung). Deshalb stellt die Geschwindigkeitsgröße selbst das beste und geeignete Bewertungskriterium für das Fahrverhalten dar. KÖPPEL / BOCK (1970) schreiben, dass das optische Bild des Fahrraumes und die gespeicherte Erfahrung des Fahrers seine Fahrweise und Geschwindigkeitswahl bestimmen. Forschungsarbeiten von DILLING (1973), LEUTNER (1974), KAYSER U.A. (1985) und KAYSER / SANDERS (1988) fordern ebenfalls die Beachtung menschlicher Verhaltensweisen sowie des gesamten Straßenraumes mit seinem Umfeld. Aus all diesen Untersuchungen wird deutlich, dass der Fahrer mit seinen Verhaltensweisen eine sehr große Bedeutung hat, aber gerade die Einflussgröße „Fahrer plus Verhaltensweise“ am schwierigsten zu erfassen und zu quantifizieren ist. Eine Reihe anderer Autoren haben die zahlreichen Einflussfaktoren, die das Fahrverhalten der Kraftfahrer prägen, in ähnlichen Regelkreisen zusammengefasst (DILLING, 1973; DONGES, 1985; LABS (1987); COHEN, 1987; BAKABA / SOUSSOUMIHEN, 1999). Bei allen Modellen zur Beschreibung des Fahrverhaltens wurde versucht, eine ausführliche und möglichst detaillierte Darstellung des Fahrvorganges zu schaffen. Solche Modelle haben allerdings einen wesentlichen Nachteil. Sie stellen viele Einflussgrößen dar, von denen aber nur einige quantifizierbar sind und in der erforderlichen Umfang und Genauigkeit als Eingangswerte oft nicht zur Verfügung stehen. Außerdem berücksichtigen sie nicht die in dem realen Fahrvorgang maßgebenden Einflussfaktoren aus Haltung, Persönlichkeit, Motivation und Erfahrung des Fahrers. Das Wahrnehmungsverhalten des Fahrers konnte bisher durch keine quantifizierbaren Parameter berücksichtigt werden. In der vorliegenden Arbeit wird versucht, den bisher fehlenden psychophysiologischen Faktor im Straßenentwurf durch eine umfangreiche Blickverhaltensanalyse auf Autobahnen zu untersuchen. Nach den Erfahrungen bisheriger Untersuchungen auf Außerortsstraßen steht das Fahrverhalten in einem festen Zusammenhang mit der Streckencharakteristik. Für den Begriff Streckencharakteristik sind in der Literatur viele Definitionen mit beinahe gleichem Inhalt (z. B. DILLING 1973; LAMM 1973; KÖPPEL / BOCK 1979). Sie wird in den BEGRIFFSBESTIMMUNGEN DER FORSCHUNGSGESELLSCHAFT FÜR STRAßEN UND VERKEHRSWESEN (1989), als „… die Gesamtheit der baulichen und straßenräumlichen Merkmale eines Straßenzuges, die für das Verhalten der Fahrer auf einem zusammenhängenden Streckenabschnitt maßgebend sind“ definiert. Ein gleichmäßiges Fahrverhalten weist auf eine homogene Streckencharakteristik hin, bei der die Entwurfselemente gut aufeinander abgestimmt sind. Die gute Gesamtgestaltung des Fahrraumes und die großzügige Trassierung sollen ein intuitiv richtig angepasstes Fahrverhalten ermöglichen. Dadurch steigt die Verkehrssicherheit und der Fahrablauf wird verbessert. Obwohl auf Autobahnen die gute Gestaltung des Fahrraumes fast immer gewährleistet ist, kommt es ständig zu schweren Unfällen. Zu den zahlreichen Gründen dafür zählt auch der wahrnehmungspsychologische Faktor. Deshalb soll die vorliegende Arbeit, durch Analysen zum Einfluss der vorhandenen Unfallbelastung bestimmter Streckenabschnitte bzw. Lageplanelemente auf das Blickverhalten der Fahrer Aufschluss über die Gründe dafür geben. In der Literatur sind zahlreiche Untersuchungen vorhanden, die Zusammenhänge zwischen den Trassierungselementen im Lageplan, Höhenplan und Querschnitt und der Geschwindigkeitswahl auf Landstraßen beschreiben. Eine gemeinsame Feststellung aus allen Untersuchungen ist, dass die Einflussgrößen nicht unabhängig voneinander sondern in ihrer Einheit eine Auswirkung auf das Fahrverhalten ausüben. Es ist allerdings sehr schwierig, das gesamte Erscheinungsbild des Straßenraumes quantitativ zu erfassen und zu bewerten. Deshalb wird in der Regel der Einfluss einzelner Streckenmerkmale unter-

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sucht und je nach Zielvorgabe eine Eingrenzung auf relevante quantifizierbare Einflussfaktoren vorgenommen. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass auf Autobahnen nur sehr wenig neuere Untersuchungen über die Einflüsse einzelner Entwurfsparametern auf das Fahrverhalten im Vergleich zu Landstraßen in der Literatur zu finden sind. Wie aus der nachfolgenden Literaturanalyse ersichtlich wird, sind die Abhängigkeiten, die auf Landstraßen abgeleitet wurden, auf Autobahnen nicht direkt übertragbar. Kurvenradius bzw. Krümmung In vielen Untersuchungen auf Landstraßen wurde der Einfluss der Größe des Kurvenradius bestätigt (FIEDLER, 1967; LAMM, 1973; KÖPPEL / BOCK, 1979; DAMIANOFF, 1981; DURTH, 1983; SCHNEIDER, 1986; STEIERWALD / BUCK, 1992; LIPPOLD, 1997 U. A.). DURTH U.A. (1983) stellen fest, dass bei großzügiger Linienführung (ab R = 500 m) der Fahrer seine Wunschgeschwindigkeit ungehindert von den geometrischen Bedingungen der Linienführung frei wählen kann Auch bei einer gleitenden Mittelwertbildung der Krümmungen (STEIERWALD / BUCK, 1992) über eine zurückliegende Streckenlänge von 400 m, wurde mit zunehmender mittlerer Krümmung keine Abnahme der Geschwindigkeiten beobachtet. In den bisherigen Untersuchungen über den Einfluss des Kurvenradius auf das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen konnten aufgrund der großen Radien (weit über 500 m), die kaum Geschwindigkeitsreduzierungen erforderlich machen, keine nennenswerten Einflüsse bestimmt werden (KELLER, 1960; KÖHLER, 1976; KAKAVOUTIS, 1975; LAMM, 1977; BURGER U.A.,1977; DURTH 1982). DURTH U.A. (1983) untersuchen die Geschwindigkeiten in Kurvenradien von R = 1000 m bis R = 9000 m und stellen genauso fest, dass eine Abhängigkeit zwischen Radius und Geschwindigkeit nicht gegeben ist (Abbildung 2.2).

Abbildung 2.2: Einfluss des Kurvenradius auf das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen nach DURTH U.A. (1983)

Der Kurvenradius ist das den Lageplan am stärksten prägende Entwurfselement. Da es festgestellt wurde, dass das Orientierungs- und Blickverhalten des Fahrers in Kurven anders als auf geraden Strecken ist (VICTOR U.A., 2005; COHEN, 1987), spielt die Größe des Kurvenradius eine bedeutsame Rolle auch für diese Untersuchung.

Kurvigkeit

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Die Kurvigkeit wird als das Verhältnis der Summe der absoluten Winkeländerungen geteilt durch die Länge des Teilabschnittes definiert und ist damit ein Kennwert, der über den Charakter der Lageplantrassierung aussagt. Für die Stetigkeit der Linienführung ist sie jedoch nicht aussagekräftig. Aus vielen Untersuchungen auf Landstraßen wird deutlich, dass die Kurvigkeit als Entwurfsparameter eine grundlegende Einflussgröße auf das Fahrverhalten darstellt (TRAPP 1971; DILLING 1973; KÖPPEL / BOCK 1979; TRAPP / OELLERS 1974; AL-KASSAR U.A. 1981; LIPPOLD 1997, BAKABA 2001). Andere Autoren schränken den Einfluss dieses Parameters ein (LAMM 1973; SCHLICHTER 1976). Auf zweibahnigen Straßen zeigen die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen jedoch, dass eine kurvigkeitsabhängige Fahrgeschwindigkeit nicht feststellbar ist (BURGER U.A., 1977; DURTH 1982; KAKAVOUTIS, 1975; KELLER, 1960; KÖHLER, 1976; LAMM, 1977; LAMM U.A., 1999; siehe Abbildung 2.3 und Abbildung 2.4). Gründe dafür sind die großen Kurvenradien, die kleinen Winkeländerungen und die daraus resultierenden kleinen Kurvigkeiten, die hohe Geschwindigkeiten ermöglichen aber auch große Geschwindigkeitsstreuungen verursachen können. Deshalb stellt die Kurvigkeit in der vorliegenden Arbeit eine Entwurfsgröße dar, die von untergeordneter Bedeutung für das Fahrverhalten ist.

Abbildung 2.3: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und 85%-Geschwindigkeit auf Autobahnen nach LAMM (1977)

Abbildung 2.4: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und 85%-Geschwindigkeit auf Autobahnen in Deutschland, Griechenland und Frankreich nach LAMM U.A. (1999)

Längsneigung In der Literatur sind sehr unterschiedliche Meinungen bezüglich des Einflusses der Größe der Längsneigung auf das Fahrverhalten auf Landstraßen vorhanden. FIEDLER (1967) schreibt, dass die Geschwindigkeit auf Gefällestrecken von der Mentalität des Kraftfahrers abhängig ist und dort höhere Geschwindigkeiten erwartet werden können. TRAPP (1971) stellt fest, dass die maximale streckencharakteristische Geschwindigkeit bei s = -1,5% erreicht wird und die günstigste Längsneigung s = ±2% sein soll. Einige Jahre später berichten TRAPP / OELLERS (1974), dass die höchste streckencharakteristische Geschwindigkeit bei kleinem Gefälle (s = -2%) gefahren wird. Auf Steigungsstrecken sinkt die Geschwindigkeit mit zunehmender Längsneigung ab 4%. KÖPPEL / BOCK (1979) stellen fest, dass Längsneigungen im Bereich von -4% < s < +2% einen vernachlässigbar geringen Einfluss auf das Fahrverhalten ausüben. Auf dieselben Ergebnisse kommt auch LAMM (1973). Aus diesen Gründen entfällt die Längsneigung als Untersuchungsgröße in der Arbeit von LIPPOLD (1997). STEIERWALD / BUCK (1992) beschreiben die Abhängigkeit der lokalen Geschwindigkeiten von den mittleren Längsnei-

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gungen mit einer quadratischen Funktion und stellen fest, dass mittleren Längsneigungen zwischen -2% und +2% das Geschwindigkeitsverhalten nicht beeinflussen. Die 85%Geschwindigkeiten liegen auf einer im Lageplan großzügig trassierte Strecke bis zur Längsneigung von s = 5% grundsätzlich über 100 km/h. In den Untersuchungen auf Autobahnen stellen DURTH U.A. (1983) fest, dass von allen baulichen Merkmalen nur die Neigung der Gradiente einen Einfluss auf das Geschwindigkeitsverhalten hat. Der Autor ermittelt Gleichungen für Längsneigungsbereiche von -3,5% < s < +3,5%. Die zu Grunde liegenden Geschwindigkeiten bei unterschiedlichen Neigungen ergeben sich aus den Geschwindigkeitsprofilen der Verfolgungsfahrten. Die Geschwindigkeitsänderungen zwischen den V15, V50 und V85 bei konstanter Neigungsänderung steigen mit zunehmender Neigung (Abbildung 2.5). Da auf Gefällestrecken das Geschwindigkeitsverhalten nicht von der Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge abhängt, sind dort die Geschwindigkeitsänderungen kleiner und betragen nur etwa 50% der Geschwindigkeitsänderungen auf Steigungsstrecken. Durch die in den letzten Jahren erreichte hohe Leistungsfähigkeit der Pkw sind die gefahrenen Geschwindigkeiten deutlich gestiegen. Die von DURTH U.A. (1983) ermittelten Gleichungen können aus diesem Grund nicht mehr als aktuell betrachtet werden.

Abbildung 2.5: V85, V50 und V15 auf der Autobahn A680 bei trockener Fahrbahn infolge unterschiedlicher Längsneigung nach DURTH U.A. (1983)

Die Autoren stellen noch fest, dass schnelle Fahrzeuge ungleichmäßiger fahren und mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit die Differenz zwischen schnellen (V85) und langsamen (V15) Fahrzeugen steigt. Aus Abbildung 2.6 wird deutlich, dass die Längsneigungen einen starken Einfluss auf das Geschwindigkeitsverhalten frei fahrender Pkw auf Autobahnen hat. Es wird schlussfolgert, dass die prozentuale Geschwindigkeitsabnahme auf Steigungsstrecken etwa direkt proportional zum Quadrat der Steigung ist. Dagegen ist die Geschwindigkeitszunahme auf Gefällestrecken etwa proportional zur Hälfte des Quadrats des Gefälles.

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Abbildung 2.6: Prozentuale Geschwindigkeitsänderungen frei fahrender Pkw auf der Autobahn A680 in Abhängigkeit von der Längsneigung bei Steigung und Gefälle nach DURTH U.A. (1983)

Abbildung 2.7: Abnahme der Geschwindigkeiten frei fahrender Fahrzeuge auf unterschiedlich langen Steigungsstrecken mit s = 4% nach HOFFMANN, 1967 (Quelle: DURTH U.A., 1983)

Auch andere Autoren weisen Abhängigkeiten zwischen Längsneigung und Fahrverhalten nach (OELLERS, 1976; BRANNOLTE, 1980; KÖPPEL, 1984). Aus den Untersuchungen von REICHELT (1980) und HARTLICH (1981) wird deutlich, dass die Geschwindigkeitsabnahme auf Steigungsstrecken nicht nur von der Größe der Steigung, sondern auch von der Länge der Steigungsstrecke abhängt. Der prinzipielle Verlauf der 50%-Geschwindigkeiten von Pkw und Lkw mit und ohne Anhänger bei unterschiedlichen Längen ist in Abbildung 2.7 dargestellt. Diese Geschwindigkeiten wurden von HOFFMANN (1967) auf der Autobahn vom Ruhrgebiet nach Hannover auf einer vierprozentigen Steigung mit einer Länge von 1700 m gemessen. Es zeigt sich jedenfalls, dass die Geschwindigkeiten der Pkw an Steigungsstrecken deutlich weniger beeinflusst werden als die mittleren Geschwindigkeiten bis Schwerverkehrs. Wegen der gesteigerten Leistungsfähigkeit der modernen Fahrzeuge sind die oben beschriebenen Abhängigkeiten gegenwärtig jedoch nicht mehr aktuell. Neuere Untersuchungen stellen geringere Auswirkungen der Längsneigungen auf die Fahrgeschwindigkeit fest. Fahrbahnbreite In den meisten Untersuchungen auf Landstraßen (TRAPP 1971; LAMM, 1973; KÖPPEL / BOCK 1979; TRAPP / OELLERS 1974; AL-KASSAR U.A. 1981; LIPPOLD 1997) wurde festgestellt, dass die Fahrbahnbreite als maßgebender Wert für die gesamte Querschnittsbildung zu betrachten ist, und dass sie eine klare Auswirkung auf das Fahrverhalten ausübt. Auf Autobahnen untersucht OELLERS (1976) den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsverhalten und Querschnittgestaltung für Fahrstreifenbreiten von 3,25 - 3,75 m und stellt eine Geschwindigkeitsreduzierung um entsprechend 8 km/h – 6 km/h fest. Auf der Untersuchungsstrecke in dieser Arbeit liegen lediglich zwei Fahrbahnbreiten vor (Fahrstreifenbreite 3,50 m und 3,75 m), deshalb wurde entschieden, dass der Einfluss der Fahrbahnbreite auf das Geschwindigkeitsverhalten in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wird.

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Sichtweite Bezüglich des Einflusses der Sichtweite auf das Fahrverhalten sind in der Literatur verschiedene Ansichten vorhanden. In den Untersuchungen von HIERSCHE (1968) wird auf Landstraßen eine eindeutige Abhängigkeit der Geschwindigkeit von der Sichtweite ermittelt. TRAPP (1971) beobachtet, dass geringe Sichtweiten (< 300 m) mit einem stark uneinheitlichen Fahrverhalten des schnelleren Verkehrsanteils verbunden sind. Größere Sichtweiten haben eine Abnahme der Kurvigkeit zur Folge, wodurch die Wahl der Geschwindigkeit fahrdynamisch freier wird. Es zeigt sich eine zunehmende Gleichförmigkeit des Geschwindigkeitsverhaltens. Die Wirkung der Sichtverhältnisse im unteren Bereich ist nur dann kritisch, wenn ihr Eindruck der Kurvigkeit widerspricht. Nicht die absolute Sichtweite ist für das Geschwindigkeitsverhalten maßgebend, sondern die Kurvigkeit und damit die Geschwindigkeit vor dem Streckenabschnitt mit kritischer Sichtweite. Der Einfluss der Sichtweite selbst ist uneinheitlich und von unterschiedlicher Relevanz. Nach TRAPP / OELLERS (1974) ist ein deutlicher Abfall der Geschwindigkeiten unterhalb einer Sichtweite von ca. 300 m zu verzeichnen. Weiterhin ist mit abnehmender Sichtweite auch die Verringerung der Differenz zwischen den Geschwindigkeiten V85 und V15 zu erkennen. Den Untersuchungen von DILLING (1973) zufolge kann nur ein schwacher Zusammenhang zwischen Sichtweite und mittlerer Kurvengeschwindigkeit als gesichert gelten. Nach LEUTNER (1974) stellt die Sichtweite in Bezug auf das Fahrverhalten eine geometrische Größe der Umfeldtopographie dar und kann nicht direkt mit dem Profil der Geschwindigkeiten bzw. der Radienfolge korreliert werden. DURTH (1974) untersuchte den Sichtweiteneinfluss aus einer informationstheoretischen Perspektive und kommt zu dem Schluss, dass eine schwankende Sichtweite den Fahrer überfordert, während bei konstant großer oder kleiner Sichtweite eine Anpassung des Fahrverhaltens erfolgt. KÖPPEL / BOCK (1979) und STEIERWALD / BUCK (1992) ermitteln ähnliche Zusammenhänge zwischen den lokalen Haltesichtweiten und den Perzentilgeschwindigkeiten. Durch gleitende Mittelwertbildung über eine zurückliegende Strecke von 400 m fassen STEIERWALD / BUCK (1992) zusammen, dass mit abnehmender mittlerer Haltesichtweite die Geschwindigkeiten und die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen V85 und V15 zurückgehen, besonders in Bereichen zwischen 300 m und 350 m. Die Streuung zwischen V85 und V15 halbiert sich bei einem Rückgang der mittleren Haltesichtweite von 300 m auf 100 m (Abbildung 2.8).

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Abbildung 2.8: Zusammenhang zwischen mittlerer Haltesichtweite und Perzentilgeschwindigkeiten nach STEIERWALD / BUCK, 1992

Durch die geometrische Abhängigkeit korreliert die Sichtweite stark mit den Elementen Kurvigkeit bzw. Krümmung, Fahrbahnbreite und Längsneigung. Die Einflüsse auf das Fahrverhalten überlagern sich und können deshalb kaum voneinander getrennt werden (LAMM, 1973; TRAPP / OELLERS, 1974; AL-KASSAR U.A., 1981). Für Autobahnen schlussfolgern DURTH U.A. (1983), dass auch bei kleineren Radien eine ausreichende Sicht vorhanden ist, so dass der Fahrer seine Geschwindigkeit in Kurven nicht verringern muss. Bezüglich der Sicherheitswirkung geringer Sichtweiten in Linkskurven auf Autobahnen wurden Untersuchungen von KRÜGER U.A. (2004) und STEINAUER / MAYER (1999) durchgeführt. Sie geben aber keine Auskunft über mögliche Zusammenhänge zwischen Sichtweite und Geschwindigkeitsverhalten. Da der Fahrer Informationen primär durch das Sehen aufnimmt, ist die vorhandene Sichtweite für das Blickverhalten jedoch von übergeordneter Bedeutung. Auf Autobahnen stellt die Sichtweite auch eine für die Verkehrssicherheit bedeutende Größe dar, besonders in engen unübersichtlichen Kurven. Für die vorliegende Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Streckencharakteristik und Fahrverhalten der Kraftfahrer sind die Parameter Kurvenradius, Kurvigkeit, Längsneigung und Sichtweite von Bedeutung. Angesichts der durchgeführten Literaturanalyse wird jedoch erwartet, dass mit Ausnahme des Kurvenradius und der Längsneigung, die anderen zwei streckencharakteristischen Parameter geringe Auswirkungen auf das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen haben werden.

2.2

Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit

Obwohl die Bundesautobahnen gegenüber den nachgeordneten Straßen einen sehr hohen Sicherheitsstandard aufweisen, ereignen sich auf denen jedes Jahr eine Vielzahl von Unfällen. Eines der wichtigsten Ziele in Straßenentwurf ist die Gewährleistung eines hohen Verkehrssicherheitsniveaus. Dies wird durch die großzügige Trassierung erreicht, die große vorhandenen Sichtweiten sicherstellt und hohe Geschwindigkeiten ermöglicht. Die vorhandenen Sichtweiten müssen stets ausreichend sein und über den erforderlichen Haltesichtweiten liegen. Die widersprüchlichen Ergebnisse vieler Untersuchungen erlauben derzeit noch keine abschließende Beurteilung der Frage, ob auf Autobahnen kleine Sichtweiten einen maßgebenden Einfluss auf die Verkehrssicherheit ausüben.

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In einer umfangreichen Untersuchung weist HIERSCHE (1968) nachdrücklich auf die herausragende Bedeutung der Sichtverhältnisse für die Sicherheit von Verkehrsanlagen hin. Ein wesentlicher Teil des Sicherheitsgewinns ist auf die Verbesserung der Sichtverhältnisse durch die Anwendung großzügiger Trassierungselemente zurückzuführen. Für die vorliegende Arbeit hat diese Aussage eine unmittelbare Bedeutung. In einer späteren Untersuchung von HIERSCHE U.A. (1984) wird festgestellt, dass die Unfallraten bei Längsneigungen im Bereich von –2% bis + 2% am geringsten sind. Diese erhöhen sich leicht bei steigender Längsneigung. In den Untersuchungen über die Verkehrssicherheit von Landstraßen von KREBS / KLÖCKNER (1977) wurde festgestellt, dass die Unfallrate und in geringerem Umfang die Unfallkostenraten mit zunehmender Qualität der Sichtverhältnisse sinken (Abbildung 2.9). Besonders stark wird dieser Rückgang bei den Fahrunfällen beobachtet. Die Unfälle im Längsverkehr weisen deutlich erhöhte Unfallkennzahlen nur bei Sichtweiten unter 100 m. Ob dieser Zusammenhang ursächlich auf die Sichtweiten oder auf die vorhandenen Trassierungselemente zurückzuführen ist, bleibt nicht eindeutig erklärbar. Die Autoren ermittelten mit wachsender Kurvigkeit zunehmende Unfallkenngrößen. Dabei nahm die Unfallrate stärker zu als die Unfallkostenrate. Der Anstieg war jedenfalls für die beiden Größen vergleichsweise gering. Der Einfluss des Kurvenradius auf das Unfallgeschehen ist besser ausgeprägt (Abbildung 2.10). Aufgrund der nachgewiesenen starken Korrelation zwischen der Sichtweite und dem Kurvenradius ergeben sich hinsichtlich des Einflusses auf die Verkehrssicherheit ähnliche Bilder wie bei den Sichtweiten.

Abbildung 2.9: Die Unfallrate als Funktion der Sichtweite nach KREBS / KLÖCKNER (1977)

Abbildung 2.10: Die Unfallrate als Funktion des Kurvenradius nach KREBS / KLÖCKNER (1977)

Die Autoren stellen fest, dass Längsneigungen unter 6 – 7% nur einen geringen Einfluss auf das Unfallgeschehen ausüben. Erst bei stärkeren Längsneigungen wachsen die Unfallkennzahlen sprunghaft an (Abbildung 2.11), besonders in Kombination mit kleinen Kurvenradien.

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Abbildung 2.11: Die Unfallrate als Funktion der Längsneigung nach KREBS / KLÖCKNER (1977)

BERNHARD (1995) untersucht Streckenabschnitte auf Außerortsstraßen mit zu geringer Haltesichtweite und stellt fest, dass im Hinblick auf die Verkehrssicherheit die Haltesichtweite als Einzelgröße kein unfallauslösender Faktor ist. Der Autor schließt dennoch nicht generell aus, dass die Haltesichtweite in einigen Fällen ein unfallverursachender Faktor sein kann. Weiter untersucht BERNHARD Streckenabschnitte in guten Bereichen auf Autobahnen und schlussfolgert, dass generell kein Zusammenhang zwischen Unfallschwerpunkten und Abschnitten mit eingeschränkter Sichtweite (Kuppenbereiche) besteht. Des Weiteren konnte Bernhard auch keine Tendenz zu steigenden Unfallhäufigkeiten mit Abnahme der Kreisgebogenhalbmesser auf Bundesautobahnen feststellen. Zur Untersuchung der Verkehrssicherheit an Steigungsstrecken von Richtungsfahrbahnen analysiert BREßLER (2003) das Unfallgeschehen auf Bundesautobahnen mit und ohne Zusatzfahrstreifen. Dabei wird ein deutlicher Anstieg der Unfallkostenraten auf Steigungen ohne Zusatzfahrstreifen mit zunehmender Längsneigung beobachtet. Ein Anstieg des Unfallgeschehens bei zunehmender Längsneigung an Steigungsstrecken mit Zusatzfahrstreifen ist jedoch nicht erkennbar. Die Autorin schlussfolgert demnach, dass Zusatzfahrstreifen an Steigungsstrecken von Autobahnen sich günstig auf die Verkehrssicherheit auswirken. Bei Betrachtung der Unfälle im Längsverkehr (Unfalltyp 6) konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Unfallgeschehen auf Streckenabschnitten mit und ohne Zusatzfahrstreifen festgestellt werden. In den auf bayerischen Autobahnen durchgeführten Untersuchungen von STEINAUER U.A. (2002) wurde nach einer Unterscheidung der Unfalltypen einen Zusammenhang zwischen abnehmender Sichtweite bzw. einem geringeren Radius und steigenden Anteilen des Unfalltyps 1 (Fahrunfall) sowohl in Links- als auch in Rechtskurven festgestellt (Abbildung 2.12).

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Abbildung 2.12: Verteilung der Fahrunfälle in den einzelnen Sichtweitenklassen in Linksund Rechtskurven nach STEINAUER U.A. (2002)

Im Rahmen einer Untersuchung einzelner Autobahnabschnitte im Zuge der BAB 3 haben STEINAUER / MEYER (1999) durch die Sichtweite beeinflusste Unfälle untersucht. Als „Sichtweitenunfälle“ definieren die Autoren die Unfälle im Längsverkehr mit den Konfliktsituationen „Vorausfahrender - Nachfolgender“, „Stau - Nachfolger“ und „Spurwechsel“ und die sonstigen Unfälle mit den Konfliktsituationen „bewegliches Hindernis“ und „liegengebliebenes Fahrzeug“. Es zeigte sich dabei, dass 60% der in Kurven aufgetretenen Unfälle solche Kurven betraf, die einen Kurvenradius von weniger als 1050 m aufweisen. Damit wird die aus der Fachliteratur bekannte Feststellung, dass bei kleinen Radien steigende Unfallzahlen vorliegen, bestätigt. Aus dieser Untersuchung wird aber nicht deutlich, welchen Längenanteil diese engen Kurven an der Gesamtlänge aller Kurven im Zuge des untersuchten Autobahnabschnittes haben, deshalb kann die Frage nach der systematischen Gefährdung durch eingeschränkte Sichtweiten nicht hinreichend beantwortet werden. Außerdem wurde in der Untersuchung nicht nach Unfällen in Links- oder Rechtskurven unterschieden. In einer Stellungnahme zu der Veröffentlichung von STEINAUER / MEYER (1999) äußern sich HARTKOPF / ROHLOFF (1999) kritisch gegenüber deren Ergebnisse. Sie bezweifeln die Aussage, dass diejenigen Konfliktsituationen tatsächlich auf Mängel in den Sichtweiten zurückzuführen sind. Insbesondere die Unfälle beim Fahrstreifenwechsel dürfen als Ursache nicht die unzureichenden Sichtweiten haben. Einen gegenteiligen Zusammenhang zwischen dem Kurvenradius und der Anzahl der Unfälle zeigt die Untersuchung von DURTH / BREUER U.A. (1998). Für sieben Abschnitte von Bundesautobahnen mit einer Streckenlänge von insgesamt 500 km wurde ermittelt, dass 14% über dem Durchschnitt liegende Anzahl von Unfällen (gemessen am Streckenanteil) in Kreisbögen mit einem Radius zwischen 1250 m und 2500 m zu verzeichnen ist. Dagegen trat eine um 6% unter dem Durchschnitt liegende Anzahl relevanter Unfälle in Kurven mit einem Radius zwischen 720 m und 1250 m auf. Um 18% unter dem Durchschnitt lag die Anzahl der relevanten Unfälle in den besonders engen Kurven mit Radien zwischen 450 m und 720 m. Diese Ergebnisse stehen in einem deutlichen Widerspruch zu den Ergebnissen von STEINAUER / MEYER (1999). Auch DURTH / BREUER U.A. (1998) haben keine Trennung zwischen Links- und Rechtskurven vorgenommen. Es zeigt sich jedoch, dass es offensichtlich sehr schwierig ist, einen Zusammenhang zwischen Abschnitten mit eingeschränkter Sichtweite und den auftretenden Unfällen nachzuweisen.

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In einer Unfalluntersuchung auf ausgewählte Abschnitte der Bundesautobahn A72 stellt REINHARD (2003) fest, dass eine Zunahme von Verkehrsunfällen besonders in Kurven mit Radien bis zu 1000 m zu verzeichnen ist. Unter dieser Radiengrenze ist die Unfallkostendichte von den Fahrunfällen sehr hoch und sinkt mit Zunahme des Kurvenradius. Solcher Zusammenhang konnte bei den Unfällen im Längsverkehr nicht nachgewiesen werden (Abbildung 2.13). Bei der Unfalldichte sind jedoch keine Trends in der Verteilung zu erkennen.

Abbildung 2.13: Verteilung der Unfallkostendichte in den einzelnen Radienklassen nach REINHARD (2003)

Bezüglich des Einflusses der Längsneigung auf das Unfallgeschehen kann der Autor nur bedingt die Ergebnisse der o.g. Untersuchungen auf Landstraßen nachvollziehen (Abbildung 2.14). Im Bereich von -0,5% bis -1,5% sind die Unfallkennzahlen sogar höher als diejenigen im Bereich größerer Längsneigungen. Die zu erwartende Abnahme der Unfallkenngrößen mit sinkender Längsneigung konnte nicht bestätigt werden.

Abbildung 2.14: Zusammenhang zwischen Unfallkostendichte und Längsneigung nach REINHARD (2003)

Generell zeigt sich, dass die Abhängigkeiten des Unfallgeschehens von der Längsneigung bedeutend geringer sind als von der Radiengröße. In Bezug auf die Einflüsse der Sichtweite hat REINHARD (2003) keine Zusammenhänge untersucht, da die Anzahl der Unfälle, die sich in Radien bis 1500 m ereignet haben, zu klein war. Unfälle in Kurven mit Radien über 1500 m und in Geraden wurden nicht berücksichtigt, weil dort keine fehlenden Sichtweiten zu vermuten waren. Die widersprüchlichen Ergebnisse bezüglich der Einflüsse der aufgezählten streckencharakteristischen Parameter auf die Verkehrssicherheit auf Autobahnen machen eine neue Untersuchung und Überprüfung dieser Zusammenhänge erforderlich. Als maßgebend für die Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Streckencharakteristik und Verkehrs-

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sicherheit im Rahmen dieser Arbeit werden die Parameter Kurvenradius, Kurvigkeit, Längsneigung und vorhandene Sichtweite bestimmt. Das Unfallgeschehen wird bei unterschiedlich großen Kurvenradien verglichen und analysiert, jedoch wird nicht zwischen Links- und Rechtskurven unterschieden.

2.3 2.3.1

Informationsaufnahme, Wahrnehmungs- und Blickverhalten von Kraftfahrern Bedeutung, Größen und Grenzen

Der Prozess der optischen Informationsaufnahme wird durch die Begriffe „Sehen, Wahrnehmen und Erkennen“ beschrieben. Das Sehen ist nur das unbewusste Schauen (z.B. der Blick ins Leere), während das Wahrnehmen die Aufmerksamkeit des Fahrers auf die Umwelt oder auf einzelne Objekte der Umgebung darstellt. Das Erkennen bezeichnet schließlich den Vorgang, bei dem das wahrgenommene Sehobjekt beobachtet und identifiziert wird. Die Wahrnehmung wird von COHEN (1984) als das Resultat der Informationsaufnahme und -verarbeitung definiert. Eine andere Definition der Wahrnehmung ist die Erfassung einer Information, auf die potentiell reagiert werden kann (BERGER, 1996). Somit ist die Wahrnehmung ein Prozess der Informationszuordnung. Die Sinnesorgane nehmen Reize bestimmter Sinnesqualitäten als Sinneswahrnehmung auf. Die Summe aller Sinneswahrnehmungen entspricht der Wahrnehmung als Ganzes. Im Straßenverkehr werden im Wesentlichen vier Sinneswahrnehmungen des Menschen unterschieden: •

Visuelle Wahrnehmung über die Augen,



Auditive (akustische) Wahrnehmung über das Gehör,



Haptische Wahrnehmung über eine Vielzahl von Rezeptoren in Gelenken, Muskeln und Sehnen sowie auch über Tast-, Wärme- und Kälterezeptoren in der Haut,



Vestibuläre Wahrnehmung über den Gleichgewichtssinn.

Dominierend bei der Informationsaufnahme ist der visuelle Sinneskanal (Abbildung 2.1). Der Anteil der Augen an der Informationsaufnahme wird von ROCKWELL (1971) und BIEDERMANN (1984) als größer 90% und von KAYSER (1985) sogar zu 99% festgelegt. Das Auge ist das einzige Sinnesorgan, das über die Blickbewegungen gezielt ausrichtbar ist und die Erfassung räumlich voraus liegender Objekte ermöglicht. Deshalb prägen WIERDA / AASMANN (1992) sogar die Parole „driving is seeing“ (Fahren ist Sehen). Die restliche Informationsaufnahme von 1 bis 10% erfolgt durch die anderen drei Sinneswahrnehmungen und dient lediglich kontrollierend in Funktion. Besonders das Beschleunigungs- und Geschwindigkeitsempfinden werden über den haptischen und den akustischen Sinneskanal unterstützt. DURTH (1974) definiert die Information allgemein als das, was das Nichtwissen mindert. Der Informationsgehalt wird in bit (engl. binary digit, Zweierschritt) angegeben. Diese Einheit stellt den elementaren Fall einer Ja-Nein- oder Ein-Aus Information dar. Bei der Teilnahme im Straßenverkehr wird der Mensch von einer großen Menge an Information überflutet und er kann davon nur einen Bruchteil für eine Wahrnehmung aufnehmen. Die Aufgabe des Kraftfahrers dabei ist es, seine Wahrnehmungsfilter bewusst auf die für seine Handlungen relevanten Informationen zu fokussieren. Seine verfügbare Verarbeitungska-

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pazität bestimmt die Reduzierung der insgesamt vorhandenen Information. In der Literatur sind viele Angaben über die Größenordnung der Menge an Reizen vorhanden, die der Kraftfahrer über seine Sinnesorgane einordnen kann. Auf Grundlage wahrnehmugspsychologischer Fachbeiträge gibt DURTH (1974) für die Zuflusskapazität von der Außenwelt auf die Sinnesorgane 1011 bit/s an. 5*107 bit/s davon beträgt die Informationskapazität des menschlichen Gesichtssinns. Bewusst können aber lediglich 16 bit/s verarbeitet werden (Abbildung 2.15).

Abbildung 2.15: Größenordnung der Zuflusskapazitäten nach DURTH (1974)

BERGER (1996) stellt einen maximalen Informationsfluss einer Sinneswahrnehmung von etwa 40 bit/s fest. Die Verteilung dieser 40 bit/s auf die Sinnesorgane ist jedenfalls individuell unterschiedlich und stark von der Situation abhängig. Ein sehr geringer Teil der Informationsmenge, die dem Kraftfahrer zur Verfügung steht, wird als verkehrsrelevante Information erkannt (Fahrbahn, andere Verkehrsteilnehmer, Verkehrszeichen und Hindernisse) und für das Fahrverhalten benutzt, weil der Mensch nicht in der Lage ist, all diese Informationen bewusst zu verarbeiten. Aus diesem Grund kommt es zu einer Informationsselektion. Durch Fehler bei der Informationsselektion kann es aber dazu kommen, dass der Fahrer wichtige Informationen nicht als relevant für sein Fahrverhalten erkennt, obwohl sie in Wirklichkeit vorhanden sind. Auch COHEN (1984, 1985, 1987) vertritt die These, dass der Sehvorgang eine zentrale Rolle beim Steuern eines Wagens spielt. Das visuelle System stellt die aktivste Sinnesmodalität, die am meisten zur Aufstellung einer internen Repräsentation der externen Umwelt beiträgt. Durch den ausgewählten Informationsfluss bildet diese Repräsentation die Grundlage für Handlungsentscheidungen, ihre Realisation und Kontrolle. Die schnelle Fortbewegung bewirkt eine dynamisch rasche Veränderung der Umwelt, die zu einer hohen Informationsdichte führt. Für den Kraftfahrer ergibt sich die augenblickliche Notwendigkeit aus den vorhandenen Objekten diejenige auszuwählen, die hohe verkehrsrelevante Informationsdichte aufweisen. Hinsichtlich der Informationsaufnahme aus der Umwelt unterscheidet er zwischen Geraden und Kurven (Tabelle 2.1). INPUT

GERADEN

KURVEN

Sichtdistanz

Recht groß

Gering, da die Straßenrichtung ihre Fortsetzung verdecken kann

Verkehrskonstellation

Erkennbarkeit auf große Distanz möglich

Erkennbarkeit auf die Nähe beschränkt

Tabelle 2.1:

Informationsaufnahme bei Geraden und Kurven nach COHEN (1987)

Aus den Überlegungen zur Informationsaufnahme und zum Wahrnehmungsverhalten folgt, dass das Blickverhalten des Kraftfahrers ein hochselektiver Vorgang ist, der die In-

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formationswahl aus der Umwelt widerspiegelt und eine führende wahrnehmungspsychologische Größe im Straßenverkehr darstellt.

2.3.2

Grundprinzipien des visuellen Systems

Physiologische Eigenschaften des menschlichen Auges Das visuelle System stellt die aktivste Sinnesmodalität dar, deren Aktivität sich durch die Bewegungen der Augen äußert. Die Aufnahme des physikalischen Reizes (Lichtquanten) erfolgt in den Rezeptorzellen der Retina (Netzhaut). Die Fovea Centralis (gelber Fleck) ist der Bereich des schärfsten (fovealen) Sehens. Nur in diesem Bereich ist die Auflösung gut genug um abgebildete Objekte in einem Sehwinkel von bis zu 2° um den fixierten Blickort scharf wahrzunehmen). Daraus ergibt sich, dass bei der Aufnahme und Verarbeitung komplexer visueller Stimuli nicht möglich ist, diese mit einem Blick „ganzheitlich" zu erfassen. Das gesamte Blickfeld eines Auges umfasst einen Kegel von etwa 100° (SCHANDRY, 1989). Die Augenbewegungen ermöglichen das scharfe Sehen innerhalb dieses Kegelöffnungswinkels. Vom fovealen Sehen unterscheidet man noch das parafoveale Sehen, das eine relativ gute Auflösung erlaubt (ca. 30% des fovealen Sehens) und eine Ausdehnung von 2° bis 10° aufweist (Abbildung 2.16). Bereits bei einer Abweichung von 3° vom Fixationsort vermindert sich die Sehschärfe um die Hälfte (DORNHÖFER U.A., 2001). Die restliche Sicht nennt man peripher. Sie hat eine sehr schlechte Auflösung. Der Bereich des peripheren Sehens erstreckt sich außerhalb von 10° Kegelöffnungswinkel und dort ist die Wahrnehmung monochrom und unscharf. Das periphere Sehen ermöglicht vor allem die Wahrnehmung von Bewegungen und Helligkeitsänderungen sowie die statische und dynamische Orientierung im Raum. Es hat eine große Bedeutung bei der Abschätzung der Größe und der Bewegungsrichtung von entfernt liegenden Objekten. Beim Autofahren spielt das foveale Sehen die wichtigste Rolle, da es schnelle und präzise Informationsaufnahme garantiert, die für das Führen von Fahrzeugen besonders bei hohen Geschwindigkeiten wesentlich ist. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass das foveale Sehen nur eng verknüpft mit dem peripheren Sehen erfolgen kann.



2°-10°

Abbildung 2.16: Das Auge und die drei Sichtbereiche nach SCHWEIGERT (2003)

Die Sehschärfe ist auch von der Bewegungsgeschwindigkeit des angeblickten Objektes abhängig und sinkt ab relativ geringer Geschwindigkeit rapid ab.

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2.3.3

Parameter des Blickverhaltens

Die Augen führen eine ganze Palette von unterschiedlichen Arten von Blickbewegungen durch (YARBUS, 1967 und CARPENTER, 1988), die die Aktivität des visuellen Systems darstellen. Mit ihrer Hilfe werden verschiedene Stellen der Umwelt in rascher Folge fixiert. Zwischen Augen- und Blickbewegungen muss jedoch unterschieden werden (JOOS U.A., 2002). Zu den Augenbewegungen gehören alle Bewegungen des Auges, die allein durch Beobachtung des Auges erfasst und interpretiert werden können. Als Blickbewegungen werden diejenigen Bewegungen des Auges bezeichnet, die in Verbindung mit dem vom Auge aufgenommenen Informationsinhalt interpretiert werden. Das Blickverhalten kann vereinfachend als eine sich kettenförmig fortsetzende Folge von saccadischen Blickbewegungen und Fixationen verstanden werden. Durch den Wechsel von Saccaden und Fixationen wird der Verlauf der Informationsaufnahme aus der Umwelt widerspiegelt und das Blickverhalten definiert. Saccaden Die saccadischen Blickbewegungen sind sehr schnelle, sprunghafte Rotationsbewegungen des Augapfels und sie bringen unscharfe Objekte aus der Peripherie zur Fixation auf die Fovea. Zu Beginn dieser Rotation charakterisiert sich der Bewegungsverlauf durch eine sehr hohe Beschleunigung. Die Saccaden erreichen dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 1000°/s (BOFF / LINCOLN, 1988; BECKER, 1991; UNEMA, 1995). Damit sind die Augenbewegungen die schnellsten Bewegungen die innerhalb des menschlichen Körpers überhaupt stattfinden. Die höchsten Geschwindigkeiten werden vor der Mitte der Bewegungsbahn erreicht und die Verzögerungsphase ist länger als die Beschleunigungsphase. Saccaden sind ballistische Bewegungen, d.h. sobald eine Bewegung ausgelöst wird, können Verlauf und Zielort nicht mehr korrigiert werden. Die Dauer einer Saccade liegt im Bereich von 10 bis 80 ms (UNEMA, 1995). Das Ausmaß, mit dem beide Augäpfel während der Saccade rotiert werden, bezeichnet man als Amplitude, die in Bogeneinheiten gemessen wird. Sie ist auch die gebräuchlichste Größe zur Beschreibung von Saccaden. Beide Augen führen die saccadische Bewegung synchron durch und haben Amplituden zwischen 2° und 50° (BECKER, 1991; UNEMA, 1995). Jede Saccade führt die Augen zur neuen Fixation. Da die Verschiebung des kompletten Bildes, die auf der Netzhaut stattfindet, nicht wahrgenommen wird, erfolgt während einer Saccade nahezu keine Informationsaufnahme (HOFFMANN, 1999). MATIN (1976) und DIAMOND U.A. (2000) stellen fest, dass bereits ca. 75 ms vor Beginn einer Saccade, eine Unterdrückung der Aufnahme visueller Informationen beginnt. Diese Unterdrückung bleibt noch ca. 50 ms nach dem Ende der saccadischen Bewegung. Das drastisch eingeschränkte visuelle Wahrnehmungsvermögen wird in der Literatur saccadic suppression (VOLKMANN U.A., 1978) oder saccadic omission (CHEKALUK / LLEWELLYN, 1994) genannt. Saccaden sind räumlich sehr präzise. Der absolute Fehler beträgt zwischen 5% und 10% der Amplitude (DEUBEL, 1994). Wenn eine Saccade mit größerer Amplitude bereits ausgeführt ist, wird das Ziel in der Regel noch nicht genau fixiert, deshalb folgt nach einer Saccade noch eine kleine KorrekturSaccade, die das Zielobjekt erfasst und den kleinen Fehler ausgleicht. Fixationen und Folgebewegungen Die Fixationen und die Blickfolgebewegungen sind diejenigen Bewegungen der Augen, die eine Informationsaufnahme ermöglichen.

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Zur Informationsaufnahme wird das Zielobjekt zwischen den Saccaden fixiert. Während einer Fixation befinden sich die Augen bezüglich des angeblickten Ortes in relativem Stillstand. Das fixierte Objekt wird für eine bestimmte Zeit im fovealen Bereich der Retina abgebildet. Die Dauer der Fixationen variiert zwischen 100 und 2000 ms und ihre Konzentration liegt im Bereich zwischen 200 und 600 ms (YOUNG / SHEENA, 1975; KARSCH / BREITENBACH, 1983). Die minimale Fixationsdauer von 100 ms erscheint aufgrund der saccadic suppression plausibel, weil bei noch kürzeren Fixationsdauern keine Information wahrgenommen werden kann. Fixationsdauern werden oftmals als Maß der Beanspruchung interpretiert. Die Interpretation als Beanspruchungsmaß ist allerdings vom Aufgabentyp abhängig. Wenn eine Aufgabe vorwiegend zentral kontrollierte Verarbeitung verlangt, ist die Verlängerung der Fixationsdauer ein Indikator für größere Beanspruchung. STAGER / ANGUS (1978) stellen fest, dass mit der Erfahrung bei einer Aufgabe die Fixationsdauer sinkt. Bei zunehmender Schwierigkeit von Satzkonstruktionen findet RAYNER (1982) eine Verlängerung der Fixationsdauern. Bei Aufgaben, die mit schnellen Reaktionen verbunden sind (wie z.B. das Autofahren), sind aber kürzere Fixationsdauern bei größerer Beanspruchung festzustellen (MIURA, 1986; UNEMA / RÖTTING, 1990). Bei der Analyse von Fixationsdauern im Straßenverkehr stellt SCHWEIGERT (2003) fest, dass Fixationen eine Dauer zwischen 300 und 400 ms haben. Die Fixationsdauern sind umso kürzer, je „komplexer“ die Verkehrssituation ist. Fixationen auf Verkehrszeichen dauern im Schnitt 500 ms und auf die Fahrbahn 580 ms. VELICHKOVSKY U.A. (1997) haben sogar extrem kurze Express-Fixationen mit einer Dauer zwischen 50 und 100 ms festgestellt und nachgewiesen, dass die Fixationsdauer die Tiefe der Verarbeitung widerspiegelt. Dabei spielt beim Autofahren nicht allein die foveale Wahrnehmung eine entscheidende Rolle, sondern auch die periphere Wahrnehmung. Mehrere sukzessive Fixationen auf ein und dasselbe Objekt oder dieselbe Objektgruppe bilden einen Blick. Die Begriffe „Blick“ und „Fixation“ („gaze“ und „fixation“) werden in der Literatur oftmals als Synonyme verwendet. Das ist jedenfalls keine richtige Aussage, denn von vielen Blicken können manchmal nur wenige bis fast keine Fixationen festgestellt werden. Der Blick stellt also die Ausrichtung der Augen in jedem Moment dar ohne dabei zwangsläufig eine Fixation zu erfolgen und kann der Fixation deshalb nicht gleichgesetzt werden. Um ein bewegtes Objekt vor einem statischen oder ebenfalls bewegten Hintergrund (z.B. im Straßenverkehr) festzuhalten und zu verfolgen, werden die so genannten Folgebewegungen (smooth pursuit) ausgelöst. Da das sich bewegende Blickobjekt auf der Fovea fixiert wird und entsprechend visuelle Informationen aufgenommen werden, spricht man auch von dynamischen Fixationen (dynamic fixations). Folgebewegungen sind relativ langsame, gleitende Bewegungen des Auges, die autonom (unwillkürlich) gesteuert werden. Dabei bewegt sich das Auge mit dem fixierten Objekt bis zu einer maximalen Winkelgeschwindigkeit von ca. 60°/s mit (GRÜSSER U.A., 1987). Im bewegten visuellen Feld ergibt sich eine räumliche Einschränkung für Objekte, an denen das Auge mittels Blickfolgebewegungen hängenbleiben kann. Abbildung 2.17 zeigt die zunehmende Einschränkung bei steigenden Geschwindigkeiten für die rechte Halbseite des Fahrers. Die Genauigkeit nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit deutlich ab (UNEMA, 1995). Der Einfluss von zusätzlichen Kopf- oder Körperbewegungen wird nicht berücksichtigt.

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Abbildung 2.17: Blickfolgebewegungen mit max. 60°/s in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (SCHWEIGERT, 2002)

2.3.4

Gesichtsfeld und „nutzbares Sehfeld“

In der Literatur sind verschiedene Definitionen des Begriffes „Sehfeld“ vorhanden, die man grob in jene unterteilen kann, die dem physiologischen Bereich zugeordnet werden können, und andere, die die psychologische Seite betonen. Physiologisch wird zwischen dem Gesichtsfeld und dem Blickfeld unterschieden. Das Gesichtsfeld ist derjenige Ausschnitt des voraus liegenden Raumes, der ohne Bewegung der Augen (bei gleich bleibender Fixation, Geradeausblick) und des Kopfes wahrgenommen werden kann. Wenn man den Raum auf ein Auge bezieht, wird vom monokulären Gesichtsfeld gesprochen. Bezieht man ihn auf beide Augen, handelt es sich um das binokuläre Gesichtsfeld. Nach HOWARD (1982) wird das monokuläre Gesichtsfeld mit dem Sehfeld gleichgesetzt. ARNOLD U.A. (1980) geben folgende Grenzwerte für das Gesichtsfeld bei optimalen Bedingungen: -

nach oben: nach unten: nasal: temporal:

bis 60° bis 70° bis 60° bis 90°

Aufgrund des eingeschränkten Sehvermögens im peripheren Bereich können dort keine Informationen detailliert aufgenommen werden. Durch die große räumliche Ausdehnung des peripheren Gesichtsfeldes und die gute Bewegungswahrnehmung im Vergleich zur Sehschärfe ist die Peripherie von großer Bedeutung einerseits für die optische Orientierung und andererseits erfolgt in der Peripherie die Auswahl subjektiv relevanter Objekte, die folgend fixiert und detailliert betrachtet werden. Häufig sind das bewegte Objekte, die peripher sehr rasch wahrgenommen werden. Im Gegensatz zu dem Gesichtsfeld ist das Blickfeld durch die Gesamtheit aller fixierbaren Punkte bei bewegten Augen und fixiertem Kopf bestimmt. Die Augen können ca. 60° nach rechts oder links und ca. 40° nach oben oder unten bewegt werden. Somit ist das Blick-

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feld in horizontaler Richtung um ca. 120° und in vertikaler Richtung um ca. 80° größer als das Gesichtsfeld. MACKWORTH hat die ersten Untersuchungen zum nutzbaren Sehfeld noch im Jahre 1965 durchgeführt und die ersten Ergebnisse anhand Laboruntersuchungen geliefert. Er behauptet, dass das „funktionale Sehfeld“ des Autofahrers mit zunehmender Geschwindigkeit eingeschränkt wird. Dieses Phänomen bezeichnet er als „tunnel vision“ (Tunnenlblick), das als Folge steigender visueller Belastung auftritt. Fraglich erscheint der Rückschluss aus solchen Laborexperimenten auf die reale Situation des Lenkers. In einer späteren Untersuchung (1976) definiert MACKWORTH das nutzbare Sehfeld wie folgt: „Das nutzbare Sehfeld wird mit demjenigen Bereich um der Fixationsstelle definiert, aus dem Informationen verarbeitet werden, indem sie während einer gegebenen visuellen Aufgabe entweder gespeichert oder verwendet werden“. Die Hauptfrage seiner Untersuchung war, warum das nutzbare Sehfeld oft eine begrenzte Größe hat, wenn man es mit dem physiologisch möglichen Sehfeld vergleicht. Seine Definition wirft einerseits die Frage nach dem Ausmaß des effizienten Wahrnehmungsfeldes auf, andererseits bleiben seine Einflussgrößen und seine Wechselbeziehungen, in Abhängigkeit von der visuellen Aufgabe, unerwähnt. LORENZ (1971) stellt fest, dass der Blick des Fahrers nur noch auf die Fahrbahn geheftet wird, wenn die Geschwindigkeit zunimmt. Für den Autofahrer bleibt bei hoher Geschwindigkeit keine Zeit um den Kopf zu bewegen und die Augen pendeln in ihrem Sehstrahl in einem beschränkten Bereich. BALL U.A. (1988) haben den Begriff „nutzbares Sehfeld“ (Useful Field Of View - UFOV) als derjenige Teilbereich des Blickfeldes definiert, aus dem der Hauptanteil der Information ohne Bewegung der Augen oder des Körpers aufgenommen wird. Das nutzbare Sehfeld ist ein Maß, das die Wechselwirkung zwischen Sehfeld und Aufmerksamkeit zusammenfasst. Das UFOV ist aber nicht der Fovea gleichzusetzen. Es hat eine größere Ausdehnung und geht in den parafovealen Bereich hinaus, wobei es bei verschiedenen Beobachtern und Situationen variiert. Auch ROTH (1973), BABKOV (1975), IKEDA / TAKEUCHI (1975), MUSIL (1977), HIRSCHBER/ MIEDEL (1980) sind der Auffassung, dass das nutzbare Sehfeld mit zunehmender Geschwindigkeit eingeschränkt wird. Sowohl das Modell von BABKOV (Abbildung 2.18) als auch die Modellvorstellungen der anderen Autoren enthalten genaue Angaben über die geschwindigkeitsabhängige Ausdehnung bzw. Einengung des nutzbaren Sehfeldes, wobei es nur in wenigen Untersuchungen eindeutig wird, wie sie ermittelt worden sind. Die exakte Form und die Größe des Sehfeldes und seine geschwindigkeitsabhängige Einengung sind auch nicht nachweisbar und nachvollziehbar. Abbildung 2.19 zeigt die zunehmende Streuung der Fixationen mit abnehmender Geschwindigkeit nach WEISE / DURTH (1997), ohne Bestimmung einer genauen Form des Sichtfeldes. GER

Abbildung 2.18: Das nutzbare Sehfeld in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit nach BABKOV (1975)

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Abbildung 2.19: Veränderung des Sichtsfeldes mit der Geschwindigkeit aus WEISE / DURTH (1997)

COHEN (1984), MIURA (1986, 1992) und BERGER (1996) vertreten die Meinung, dass nicht die steigende Geschwindigkeit, sondern die hohe Komplexität der Verkehrssituation zu einer Einengung des UFOV führt. Das nutzbare Sehfeld sollte nach MIURA (1986) als ein Aufmerksamkeitsmechanismus und nicht als eine physiologische Eigenschaft der Augen verstanden werden. BERGER (1996) stellt fest, dass die Tendenz zur verstärkten Wahrnehmungskonzentration zur Seefeldmitte hin vielmehr von der Informationsdichte abhängig ist. Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen von KAYSER / SANDERS (1989) zeigen, dass die Fahrgeschwindigkeit einen bedeutsamen Einfluss auf das Wahrnehmungsverhalten von Kraftfahrern ausübt. Bei hohen Geschwindigkeiten konzentrieren sich die Häufigkeitsverteilungen der Fixationen verstärkt um den Fixationsschwerpunkt. Die Autoren fassen zusammen, dass die angenommene Einschränkung des Sehfeldes zusammen mit der Hypothese, dass die sich im peripheren Bereich befindenden relevanten Reize, nicht mehr entdeckt werden können (BLENDEN-Modell). Bei einer höheren Geschwindigkeit ist der Prozentsatz der Zeit, in der fahraufgabenrelevante Objekte fixiert wurden größer im Vergleich zur dem bei kleineren Geschwindigkeit, d.h. bei großer Fahrgeschwindigkeit bleibt weniger Zeit übrig, um fahraufgabenirrelevante Objekte zu fixieren. Die Autoren äußern sich ausdrücklich, dass daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden soll, dass damit eine physiologische „Einschränkung des Sehfeldes“ einhergeht. Aus ihrer Sicht kann der „Tunnelblick“ als eine Konsequenz der spezifischen Aufmerksamkeit bezüglich fahraufgabenrelevanter Objekte wie voraus fahrende Fahrzeuge oder Fahrbahn betrachtet werden. SPRENGER (1997) kommt zur folgenden Schlussfolgerung: „Tunnelsehen – vor allem als Funktion der Fahrgeschwindigkeit – gibt es nicht“, was auch nicht als eine richtige Aussage betrachtet werden kann. Die vorliegende Arbeit hat nicht das Ziel, die Form und die Größe des Sichtfeldes der Kraftfahrer bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu bestimmen. Die Befunde in der Literatur zum „nutzbaren Sehfeld“ sind für diese Arbeit insofern von Bedeutung, dass bei hohen Fahrgeschwindigkeiten, die in der Regel auf Autobahnen erreicht werden, eine deutliche Konzentration des Blicks um den Fluchtpunkt der Straße stattfindet. Ob dies auf eine erhöhte Aufmerksamkeit und eventuell zunehmende Beanspruchung der Fahrer bei hohen Geschwindigkeiten hindeutet, soll durch die Untersuchungen zum Blickverhalten im Rahmen dieser Arbeit auch anhand der Verteilungen der Fixationsstellen analysiert werden.

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2.3.5

Definition und Erkennung von Fixationen

Um eine Blickverhaltensanalyse durchzuführen ist vorerst notwendig, die Fixationen von den Saccaden eindeutig abgrenzen zu können. Dafür ist eine klare Definition für die beiden Maße und eine geeignete Methode zur Fixationserkennung von großer Bedeutung. KARSCH / BREITENBACH (1983) haben gezeigt, dass unterschiedliche Definitionen und Parametrisierungen von Fixationsalgorithmen großen Einfluss auf die Ergebnisse ausüben. In der Literatur sind verschiedene Algorithmen zur Bestimmung einer Fixation vorhanden. VIVIANI (1990) beschreibt eine typische Fixation als eine Aufeinanderreihung von drei Prozessen innerhalb von 250 - 300 ms (Abbildung 2.20).

Abbildung 2.20: Ereignisse, die innerhalb einer typischen Fixation auftreten (VIVIANI, 1990)

Erst muss die visuelle Information kodiert werden, um den Fahrraum zu beschildern (LOFTUS / MACKWORTH, 1978). Als nächstes wird das periphere Sehfeld des momentanen Blickes abgetastet um nachfolgende Informationsträger zu entdecken. Letztendlich wird die nächste Saccade geplant und vorbereitet. Diese Prozesse überlagern sich und können auch parallel verlaufen. Viele kommerzielle Eye–tracking Systeme beinhalten Konstruktionsalgorithmen für Fixationen, die auf Blickpunkthäufungen oder andere statistische Analysen basieren und lokal zur Amplitude der Blicksprünge adaptieren (GOLDBERG / SCHRYVER, 1995; BELOFSKY / LYON, 1988; SCINTO / BARNETTE, 1986). Die meisten Algorithmen entwickeln Fixationshäufungen, indem sie räumliche oder manchmal zeitliche Einschränkungen von nebeneinander liegenden Blickpunkten festlegen. Ein Fixationsalgorithmus muss solche Fixationen auswählen, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Das Zentrum einer typischen Fixation liegt innerhalb eines Bereiches von 2-3° um das fixierte Zielobjekt (ROBINSON, 1979) und die Minimaldauer beträgt 100-150 ms (VIVIANI, 1990). In der Untersuchung von GOLDBERG / KOTVAL (1999) wurden zunächst die in einem räumlichen Bereich von 3° ± 0,5° liegender Blickpunkte mit einer Mindestdauer von 100 ms als Fixation definiert. Dies entsprach einer Mindestanzahl von 6 Abtastblickpunkten pro Fixation bei 60 Hz (KARSCH / BRETENBACH, 1983) und einer Saccadendauer von 20-100 ms (HALLET, 1986). Sobald eine Fixation entdeckt wurde, wurde ihr räumlicher Diameter berechnet. Nachfolgende Abtastblicke, die binnen dem Grenzbereich dieses Diameters landeten, wurden zu der Fixation addiert. Der räumliche Grenzbereich wurde danach für den jeweiligen Probanden nach der Methode von KROSE / BURBECK (1989) vergrößert bzw. verkleinert. Dabei wurde lediglich ein Fixationsdiameter pro Testperson berechnet. Die maximalen Fixationsdiameter wurden in 0,5° Schritte von 2° bis 4° solange erweitert, bis die definierten Fixationen den Blickpunktdaten ausreichend angepasst wurden. Die er-

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laubten Fixationsdiameter wurden vergrößert, wenn zu wenig kurz dauernde Fixationen auftraten. Umgekehrt zeigte eine Fixationsdauer größer 900 ms an, dass der Diameter verkleinert werden sollte. Diese Methoden sind nützlich zum Entdecken kritischer Bereiche, die oft fixiert werden, jedoch geht diejenige Information verloren, die auf die zeitliche Anordnung der Fixationen basiert. In Abbildung 2.21 wird der Unterschied zwischen räumlich abgeleiteten Fixationen und solchen, die auf der Basis räumlichen und zeitlichen Kriterien ermittelt werden.

Abbildung 2.21: Vergleich zwischen zwei Fixationsalgorithmen nach GOLDBERG / KOTVAL (1999). Räumliche Einschränkungen (links); räumliche und zeitliche Einschränkungen (rechts)

GOLDBERG / KOTVAL (1999) benutzten die bereits beschriebene Methode zur Bestimmung von Fixationen, wobei sie die Abtastblickpunkte in zeitlicher Folge testeten (LATIMER, 1988; TULLIS, 1983). Jede der 6 oder mehr zeitlich aufeinander folgende Abtastblickpunkte, die eine Mindestdauer von 100 ms bei 60 Hz aufwies, sollte innerhalb eines Kreises mit R = 40 Pixel (1,3°) liegen (Abbildung 2.54). Dieser Kreis definiert Fixationen, die in einem Feld von 2–3° nach ROBINSON (1979) liegen. Falls die Anzahl der Fixationen in einer Häufung kleiner als 6 war, wurde diese Häufung als Teil einer Saccade kategorisiert.

Abbildung 2.22: Definition von Fixationshäufungen in einem Kreis mit 80 Pixel Durchmesser nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)

Zusammenfassend wird die Methode zur Bestimmung einer Fixation in Tabelle 2.2 beschrieben.

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Schritte

Algorithmus zur Bestimmung von Fixationen

1. Schritt

Positionierung des ersten Knotens in die aktuelle Häufung

2. Schritt

Berechnung der mittleren Lage aller Abtastungen in der aktuellen Häufung und der nächsten zeitlich sequenziellen Abtastung o

Wenn der neue Punkt innerhalb 40 Pixel vom Mittelpunkt liegt, wird der neue Punkt in die aktuelle Häufung eingeschlossen.

o

Wenn der neue Punkt außerhalb 40 Pixel vom Mittelpunkt liegt, wird die aktuelle Häufung als alte Häufung betrachtet und der neue Punkt wird zur aktuellen Häufung.

o

Wenn die Anzahl der Punkte (n) in der alten Häufung n ≥ 6 ist, wird die Häufung als FIXATION mit einer Dauer von n x 16,67 ms klassifiziert.

o

Wenn die Anzahl der Punkte (n) in der alten Häufung n < 6 ist, wird die Häufung als SACCADE mit einer Dauer von n x 16,67 ms klassifiziert.

3. Schritt

Tabelle 2.2:

Algorithmus zur Bestimmung von Fixationen nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)

Ein anderes Verfahren zur Bestimmung der Fixationen wurde von JACOB (1995) entwickelt. Er basiert auf die Methode, die zur Analyse von Rohdaten aus Blickbewegungsmessungen nach FLAGG (1977) und LAMBERT U.A. (1974) und auf die bekannten Eigenschaften der Fixationen und Saccaden verwendet wurde. Nach diesem Algorithmus werden die Daten für jede Sequenz von 100 ms, während der die Standardabweichung der Augenposition innerhalb von etwa 0,5° bleibt, beobachtet. Sobald die 100 msVerzögerung überschritten wird, meldet es den Anfang einer Fixation. Der Mittelwert der Positionen in dieser 100 ms-Sequenz wird als Fixationspunkt definiert. Es wird angenommen, dass weitere Blickpositionen, die in einem Umkreis von 1° um diese Position liegen, Fortsetzung derselben Fixation repräsentieren und keine Saccade zu einer neuen Fixation darstellen. Das Ende der Fixation wird registriert, wenn der nachfolgende Blickpunkt für 50 ms außerhalb des 1°-Kreises um dieser Fixation bleibt. Dieser Algorithmus wurde vom Verfasser überprüft. In Abbildung 2.23 wurden die berechneten Fixationen den vom Probanden berichteten (○__○) gegenübergestellt und eine sehr gute Übereinstimmung nachgewiesen.

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Abbildung 2.23: Ergebnisse des Fixationserkennungsalgorithmus nach JACOB (1995)

Da dieses Verfahren gute Ergebnisse liefert und im Vergleich zum Algorithmus nach GOLDBERG / KOTVAL (1999) keine variable Größe des Fixationsdiameters aufweist, wurde der Fixationserkennungsalgorithmus nach JACOB (1995) in ein lehrstuhlinternes Programm implementiert und in der vorliegenden Untersuchung verwendet.

2.3.6

Zeitliche und räumliche Blickverhaltensmaße

Das Blickverhalten des Kraftfahrers kann mithilfe unterschiedlicher Blickmaße analysiert werden. In der Literatur werden zahlreiche Blickverhaltensmaße verwendet, die die räumliche Konzentration des Blickverhaltens, das zeitliche Verhalten der visuellen Aufmerksamkeitsverteilung und die Intensität der Informationsaufnahme (level of processing) anzeigen. Vorrangig geht es darum feststellen zu können, welche Maße des Blickverhaltens empfindlich bei Sichtweitenänderungen und unfallauffälligen Bereichen sind. Die Analyse des Blickverhaltens ist sehr eng mit dem Orientierungsverhalten verbunden, das vereinfachend als eine Handlungskette nach LERNER U.A. (2004) „Entdecken – Erkennen – Entscheiden - Fahrmanöver Auslösen - Fahrmanöver Ausführen“ aufgegliedert werden kann. Trotz der bisher verwendeten „klassischen“ Auswertungsmaße wie die Anzahl der Fixationen und die Fixationsdauer, sind eine systematisierte Definition und Auswertung von anderen angemessenen zeitlichen und räumlichen Maßen noch erforderlich. Solche sind von GOLDBERG / KOTVAL (1999) und VICTOR U.A. (2005) eingeführt worden, und einige von ihnen werden in den vorliegenden Untersuchungen benutzt. Die Untersuchungen von GOLDBERG / KOTVAL (1999) wurden auf einem Bildschirm bei guter und schlechter Softwaregestaltung durchgeführt. Ziel war es durch verschiedene Blickmaße die Unterschiede im Blickverhalten bei den beiden Varianten zu analysieren. VICTOR U.A. (2005) untersuchen das Blickverhalten von Kraftfahrern bei visuellen und auditiven Nebenaufgaben in Realfahrt auf einer Autobahn und im Fahrsimulator auf Landstraße und Autobahn. Für die visuelle Nebenaufgabe analysieren sie sechs Blickverhaltensmaße, von denen nur einige in dieser Arbeit übernommen wurden. Die Bezeichnungen, die die Autoren verwenden sind in Tabelle 2.3 dargestellt.

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Abkürzung

Bedeutung

Mwy field

Autobahn bei Realfahrt

Mwy VT Sim

Autobahn im Fahrsimulator (Volvo Technology, Sweden)

Rur VT Sim

Landstraße im Fahrsimulator (Volvo Technology, Sweden)

Rur VT Sim straight

Geraden auf Landstraße im Fahrsimulator (Volvo Technology, Sweden)

Rur VT Sim curve

Kurven auf Landstraße im Fahrsimulator (Volvo Technology, Sweden)

Rur TC Sim

Landstraße im Fahrsimulator (University of Calgary, for Transport Canada)

Rur TC Sim straight

Geraden auf Landstraße im Fahrsimulator (University of Calgary, for Transport Canada)

Rur TC Sim curve

Kurven auf Landstraße im Fahrsimulator (University of Calgary, for Transport Canada)

SLv1, SLv2, SLv3

Schwierigkeitsstufen der Nebenaufgabe

Tabelle 2.3:

Bedeutungen der verkürzten Bezeichnungen in VICTOR U.A. (2005)

Maße der visuellen Suche •

Scanpfadlänge (Scanpath length)

Die Scanpfadlänge ist ein räumliches Maß, das eine optimale visuelle Suche definiert, die auf Verkleinerung von Saccadenamplituden basiert. Ihre Länge (in Pixel oder Grad) ist die Summe der Abstände zwischen den Abtastblickpunkten. Ein Beispiel wird in Abbildung 2.24 dargestellt.

Abbildung 2.24: Beispiel für die Berechnung der Scanpfadlänge nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)

Lange Scanpfade sind ein Indikator für eine weniger effiziente abtastende Blickverhaltensweise. Sie differenzieren jedoch nicht zwischen visuelle Suchleistungsfähigkeit und Informationsverarbeitungszeit. Wenn die Scanpfade aus berechneten Fixationen und Saccaden bestehen, können aus denen Schlussfolgerungen zur Aufmerksamkeitsverteilung im Sehfeld und zur visuellen Sucheffizienz gezogen werden. Ausgedehntes Blickverhalten erzeugt räumlich längere Scanpfade. Zwei Fixation-Saccade Scanpfade können gleiche zeitliche Dauer aber wesentlich unterschiedliche Längen infol-

28

ge unterschiedlicher Ausdehnung der erforderlichen Suche aufweisen. Die Autoren untersuchen die Scanpfadlängen bei guter und schlechter Gestalt und stellen fest, dass die schlechte Gestalt signifikant längere Scanpfade bewirkte. •

Index der räumlichen Dichte - Feldindex (Spatial density index) und Feldindex pro Sekunde

Der Index der räumlichen Dichte ist ein Maß für die Anzahl der verschiedenen angeblickten Orte. Gleichmäßig ausbreitete Muster zeigen eine weiträumige visuelle Suche, während in einem kleinen Bereich konzentrierten Muster eine direkte und effiziente Suche widerspiegelt. Die Autoren unterteilen den visuellen Bereich in 10 x 10 Raster. Die Segmente sind 64 Pixel breit und 48 Pixel hoch. Der Index der räumlichen Dichte ist definiert als die Anzahl der Segmente, die mindestens eine Fixation enthalten, dividiert durch die Gesamtzahl der Gittersegmente (Abbildung 2.25).

Abbildung 2.25: Beispiel für die Berechnung des Indexes der räumlichen Dichte nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)

GOLDBERG / KOTVAL (1999) berichten, dass geringe Werte des Indexes der räumlichen Dichte auf eine gerichtete visuelle Suche hinweisen, unabhängig von der zeitlichen Anordnung der Abtastblickpunkte. Die schlechte Softwaregestaltung zeigte 7% größere Indexe als die gute Gestaltung. Zweckmäßig ist die Analyse des Feldindexes zusammen mit der Scanpfadlänge. Der Grund dafür ist am Beispiel in Abbildung 2.26 dargestellt. Die räumlichen Verteilungen erzeugen einen gleichen Index der räumlichen Dichte, jedoch ist das Suchtverhalten drastisch unterschiedlich. Scanpfad A zeigt ein effizienteres Suchmuster mit einer kürzeren Scanpfadlänge im Vergleich zum Scanpfad B.

Abbildung 2.26: Relative Scanpfad Unterschiede zwischen effiziente (A) und ineffiziente (B) visuelle Suche nach GOLDBERG / KOTVAL (1999)

Da die Größe des Feldindexes stark von der Blickdatenmenge bei unterschiedlich langen Streckenabschnitten abhängig ist, muss dieses Blickverhaltensmaß zeitlich normiert werden, um falsche Interpretationen der Ergebnisse zu vermeiden.

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Anzahl der Saccaden und Anzahl der Saccaden pro Sekunde

Eine große Anzahl von Saccaden in einem Scanpfad weist auf ein extensives visuelles Suchtverhalten hin. Die Mindestlänge einer Saccade wurde von GOLDBERG / KOTVAL (1999) auf 160 Pixel (5,3°) festgelegt um die Microsaccaden zu trennen. Da Saccaden eine große Länge aufweisen können, wurde keine obere Grenze gesetzt. Die Autoren stellen fest, dass 17% mehr Saccaden bei der unübersichtlichen Softwaregestaltung als bei der guten Gestaltung erzeugt werden. Um dieses Maß zeitlich zu normieren, wird die Anzahl der Saccaden in einer Sekunde berechnet. •

Standardabweichung des Blickwinkels

Die Standardabweichung des Blickwinkels ist die Quadratwurzel der Summe der quadrierten horizontalen und vertikalen Blickwinkel. VICTOR U.A. (2005) stellen eine Konzentration des Blickes bei der Bearbeitung auditiv dargebotener Aufgaben fest, d.h. die Standardabweichung verringert sich. Dabei macht sich eine Tendenz zur höheren Konzentration des Blickes in Kurven als auf Geraden einerseits, und auf Landstraßen als auf Autobahnen andererseits, bemerkbar (Abbildung 2.27). Mit steigender Beanspruchung wird die Streuung des Blickes also verringert.

Abbildung 2.27: Standardabweichung des Blickwinkels bei auditiver Nebenaufgabe nach VICTOR U.A. (2005)

Maße der visuellen Verarbeitung •

Anzahl der Fixationen

Die Anzahl der Fixationen ist ähnlich der Anzahl von Komponenten, die der Fahrer verarbeiten muss, aber nicht der Tiefe der Verarbeitung. Wenn ein einziges Objekt gesucht wird, weist eine große Anzahl von Fixationen darauf hin, dass viele andere Objekte fixiert werden, bis der Blick auf das gesuchte Objekt gelangt. Die Untersuchungen von GOLDBERG / KOTVAL (1999) zeigen, dass signifikant mehr Fixationen bei der schlechteren als bei der guten Softwaregestaltung stattfinden. VICTOR U.A. (2005) finden, dass der Prozentanteil der mittleren Fixationsdauern, die größer als 2 s sind, signifikant kleiner in Kurven als auf geraden Strecken ist (Abbildung 2.28).

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Abbildung 2.28: Prozent der Fixationsdauern größer 2 s nach VICTOR U.A. (2005)



Mittlere Fixationsdauer

Längere Fixationen deuten auf eine längere Interpretationszeit. Somit stellt die Fixationsdauer ein Maß für die Tiefe der visuellen Verarbeitung dar. Objekte, die längere Fixationen erfordern, sind nicht so bedeutsam wie solche, die kürzere Fixationsdauer verlangen (GOLDBERG / KOTVAL, 1999). Bei der Untersuchung des arithmetischen Mittels der Fixationsdauern finden die Autoren keine signifikanten Unterschiede zwischen der guten und der schlechten Gestalt. Nach VIVIANI (1999) sind „Processing“-Fixationen diejenigen, deren Fixationsdauer über 150 ms ist. VELICHKOVSKY U. A. (2002) schließen von der Fixationsdauer auf die Verarbeitungstiefe. Sie unterscheiden zwischen kurzen Fixationen mit einer Dauer von weniger als 200 ms (präattentive Fixationen) und Fixationen, deren mittlere Dauer über 400 ms ist (attentive Fixationen). Die Autoren nehmen an, dass nur bei den attentiven Fixationen eine Informationsverarbeitung im Sinne einer Identifikation des angeblickten Objektes erfolgt. VICTOR U.A. (2005) finden die folgenden Verteilung der Fixationsdauern (Abbildung 2.29) und schreiben, dass die Fahrer weniger Kontrollblicke in die Umgebung ausrichten, vermutlich infolge steigender Fahrbelastung. Die 400 ms - Spitzen stellen ein wichtiges methodologisches Problem dar, da die Kontrollblicke („chek glances“) alle Blickbewegungsmaße beeinflussen. Einzelne Kontrollblicke mit einer Dauer von 300 ms üben nach WIERWILLE (1993) jedoch keinen ungünstigen Effekt auf die Fahrleistung.

Abbildung 2.29: Fixationsdauer bei Realfahrt auf Autobahn nach VICTOR U.A. (2005)

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VICTOR U. A. (2005) stellen fest, dass die mittlere Fixationsdauer als Funktion des Schwierigkeitsgrads der visuellen Nebenaufgabe ansteigt (Abbildung 2.30). Signifikant kürzere mittlere Fixationsdauern wurden in Kurven als auf geraden Strecken berechnet.

Abbildung 2.30: Mittlere Fixationsdauer für die drei visuellen Nebenaufgaben nach VICTOR U.A. (2005)

SHINAR U.A. (1977) stellen fest, dass die Fahrer länger in Geraden als in Kurven fixieren (0,60 s vs. 0,41 s). Aus den Grenzen, die in der Literatur angegeben sind, werden drei unterschiedliche Kriterien für die mittlere Fixationsdauer im internen Programm des Lehrstuhls Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen festgelegt: 1) arithmetisches Mittel der Fixationsdauern (ohne zeitliche Begrenzung) 2) arithmetisches Mittel der Fixationsdauern größer 150 ms 3) arithmetisches Mittel der Fixationsdauern größer 400 ms Für die Untersuchungen in dieser Arbeit wird die mittlere Fixationsdauer ohne zeitliche Begrenzung verwendet. •

Zeitanteil der Fixationen

Aufmerksamkeit kann sich in wenigen langen oder viele kurze Fixationen ausdrücken. In beiden Fällen ist der Zeitanteil der Fixationen deutlich höher bei aufmerksamem als bei unaufmerksamem Blickverhalten. Daher wird der Zeitanteil, der auf Fixationen entfällt, als Maß für die visuelle Aufmerksamkeit interpretiert. •

Fixation / Saccaden Verhältnis (Fixation / saccade ratio)

Diese Rate vergleicht die Zeit zur Verarbeitung (Fixationen) mit der Zeit der visuellen Suche (Saccaden). Situationen, die höhere Raten aufweisen zeigen, dass entweder eine tiefere Verarbeitung oder eine geringe visuelle Suchaktivität stattfindet, verglichen mit Situationen, bei denen kleinere Raten berechnet werden. Welcher von den beiden der Fall ist, sollen andere Maße bestimmen. GOLDBERG / KOTVAL (1999) finden keine signifikanten Unterschiede, bezüglich dieser Rate, zwischen guter und schlechter Gestalt. •

Prozentualer Zeitanteil der Fixationen in dem Hauptaufmerksamkeitsbereich (Percent Road Centre - PRC)

„Percent Road Centre“ ist nach VICTOR U.A. (2005) der Prozent aller Fixationen, die in einen Bereich um den Straßenmittelpunkt (road centre), der auch Hauptaufmerksamkeitsbereich (primary attention area) genannt wird, gerichtet sind. Somit ist PRC ein Maß für die Vorausorientierung, das blickzielabhängig ist. Dieser Straßenmittelpunkt wurde in zwei unterschiedlichen Weisen definiert. Bei den Daten, die im Volvo Technology Corporation analysiert wurden (Autobahn bei Realfahrt und im Fahrsimulator), wurde ein Kreis mit 16°

32

Durchmesser festgelegt, positioniert um den letzten sichtbaren Punkt der Straße. Für die Untersuchung auf der simulierten Landstraße wurde ein 20° breites und 15° hohes Fenster definiert. Die Autoren finden eine drastische Abnahme des PRC-Wertes mit Erhöhung der Schwierigkeit der visuellen Nebenaufgabe (Abbildung 2.31, links). Hingegen wird bei dargebotenen auditiven Nebenaufgaben eine Erhöhung der Konzentration des Blickes zum Fluchtpunkt der Straße festgestellt, d.h. der PRC-Wert steigt an (Abbildung 2.31, rechts).

Abbildung 2.31: Konzentrationseffekt des Blickes bei visueller (links) und auditiver (rechts) Nebenaufgabe auf Autobahnen nach VICTOR U.A. (2005)

In Kurven wurde eine deutliche Konzentration des Blickes auf den Straßenmittelpunkt im Vergleich zu den geraden Strecken festgestellt (Abbildung 2.32). Zur selben Feststellung kommen auch WIERWILLE (1993), LAND / LEE (1994) und WANN / SWAPP (2000). Je größer die Komplexität der Verkehrssituation oder schwieriger die Fahraufgabe ist, umso mehr Fixationen werden in der Region um den Fluchtpunkt ausgeführt. Bei der auditiven Nebenaufgabe war der Konzentrationseffekt des Blickes mehr ausgeprägt bei der Standardabweichung des Blickwinkels als bei dem PRC-Wert.

Abbildung 2.32: PRC bei visueller und auditiver Nebenaufgabe nach VICTOR U.A. (2005)

Dieses rechteckige Fenster wurde auch in der Arbeit von POPIEUL U.A. (2000) benutzt, jedoch mit anderer Größe (8° x 4°).

33

2.3.7

Fixationsverteilung, Fixationsdauer und Spurhaltung in Geraden und Kurven

In der Literatur sind bisher zahlreiche Untersuchungen zum Blickverhalten des Kraftfahrers auf Straßen durchgeführt worden. Auf Landstraßen oder im Stadtverkehr ist das Blickverhalten anders als auf Autobahnen. Bezüglich der Beanspruchung sind die Verhältnisse beim Lenken eines Fahrzeuges entlang geraden Strecken und innerhalb von Kurven nicht gleich (Tabelle 2.4). Die erhöhte Beanspruchung innerhalb der Kurve, verglichen mit Geraden, versucht der Lenker mit der Erhöhung seiner Aufmerksamkeit zu kompensieren (COHEN, 1985). Beanspruchung

Geraden

Kurven

Reaktionsbereitschaft

Bei großer Sichtweite kann niedrig bis mittel bleiben

Hoch

Aufmerksamkeitsniveau

Niedrig bis mittel

Hoch

Informationsdichte

Niedrig bis mittel

Hoch

Tabelle 2.4:

Unterschiede bezüglich der Beanspruchung zwischen geraden Strecken und Kurven nach COHEN (1987)

Reaktionsbereitschaft: Wegen der räumlichen Beschränkung der Informationsaufnahme und der kürzeren Sichtweite in Kurven, steht dem Fahrer weniger Zeit zwischen dem Entdecken eines relevanten Ereignisses und seiner Reaktion zur Verfügung. Somit muss der Lenker in der Kurve schneller und genauer handeln als auf gerader Strecke. Aufmerksamkeitsniveau: Innerhalb der Kurve versucht der Lenker die erhöhte Belastung mit der Erhöhung seiner Aufmerksamkeit zu kompensieren (COHEN, 1985). Die Aufmerksamkeitserhöhung kann aber nur bis zur Kapazitätsgrenze gesteigert werden. In der Unfallstatistik ist deshalb eine überproportionale Häufung von Fahrunfällen innerhalb von Kurven festgestellt worden. Dies kann als Hinweis auf die Überbeanspruchung des Lenkers in Kurven bewertet werden. Informationsdichte: Bei gleicher Straßenstruktur, Verkehrskonstellation etc. ist die Informationsdichte, wegen der ständigen Änderung der Straßenrichtung, viel größer in Kurven, im Vergleich zu geraden Abschnitten. Die sich ständig ändernden Straßenrichtung innerhalb der Kurve kann mit einer zusätzlichen Informationsmenge gleichgesetzt werden (COHEN, 1987). Diese liegt auf geraden Abschnitten nicht vor. Für die Überwachung des Verkehrsraumes bei freier Fahrt auf geraden Strecken auf Autobahnen liegt eine prägnante Informationsquelle über die Straßenrichtung vor. Das ist der so genannte Fluchtpunkt der Straße, d.h. die entfernteste Stelle der Fahrbahn, welche im Idealfall am Horizont liegt (Abbildung 2.33). Auf geraden Strecken bleibt der Fluchtpunkt in unveränderter Position und dient folglich als ein konstanter, für die Fahrtrichtung bestimmender Orientierungspunkt. Für die Spurhaltung liegt ein relativ großer Toleranzbereich für Fahrfehler vor, weil die Querbeschleunigung gering ist und der Fahrer eine eingeschlagene Fahrspur beibehalten muss. In Kurven ändert sich die Position des Fluchtpunktes ständig. Der Kraftfahrer muss ununterbrochenen nach neueren Informationsquellen suchen, damit er seine Fahrtrichtung an die Fahrbahnkrümmung anpassen kann. Im Verlauf einer Kurve, wo keine konstante Informationsquelle über die kommende Straßenrichtung vorhanden ist, muss der Fahrer die

34

entsprechende Information aus zahlreichen Stellen im Laufe der Zeit aufnehmen und verarbeiten können. Im Gegensatz zu den geraden Strecken ist die Querbeschleunigung in Kurven hoch und die Fehlertoleranz ist viel geringer als in Geraden. COHEN (1987) schreibt, dass in Kurven, die selbst die kritischen Stellen im Straßennetz darstellen, die Anforderungen der Fahraufgabe viel höher wegen beschränkter Sichtdistanz und höherer Belastung als entlang geraden Strecken ist. Für die Aufnahme der verkehrsrelevanten Information reicht die Leistungsfähigkeit des peripheren Sehens nicht mehr aus und der Fahrer muss sein zentrales Sehen einsetzen, damit er die Information möglichst genau und rasch aufnehmen kann.

Abbildung 2.33: Schematische Darstellung die Bedingungen auf gerader Strecke und in einer Linkskurve nach SHINAR U.A., 1977 (aus COHEN, 1987)

Bei freier Fahrt auf Autobahnen reicht für die Überwachung des Verkehrsraumes das periphere Sehen mit seiner großen räumlichen Ausdehnung aus. Sobald ein neues Ereignis auftritt bzw. die Verkehrskonstellation sich ändert, besteht eine größere Wahrscheinlichkeit zum Entdecken der veränderten Situation und der Blick wird anschließend dorthin zur Fixation ausgerichtet. Es handelt sich hier um eine enge Zusammenarbeit zwischen dem peripheren und dem zentralen Sehen. Mit höher werdender Komplexität der Umweltverhältnisse muss der Fahrer häufiger sein zentrales Sehen für die Aufnahme verkehrsrelevanter Information einsetzen. Eine Häufung von Fixationen auf relevante Elemente der Straße ist ein Hinweis auf die Beanspruchung des Kraftfahrers. Auf solchen Strecken wird die meiste relevante Information aus wenigen Straßenelementen entnommen. Diese sind vorwiegend die Fahrbahnmarkierungen und der Fluchtpunkt. Beim Befahren von geraden Strecken charakterisiert sich das Blickverhalten durch eine Häufung von Fixationen auf nicht verkehrsrelevante Straßenelemente. COHEN (1987) stellt fest, dass der Blick des Fahrers auf Geraden sogar in Richtung Himmel ausgerichtet ist und dass verkehrsbezogene Objekte nur periodisch fixiert werden. Grund dafür sind die geringen Anforderungen während der Fahrt auf gerade Streckenabschnitte. Der Fahrer fixiert weit voraus in die Nähe des optischen Fluchtpunktes der Straße. Von diesem Punkt erhält er die Informationen zur Linienführung der Straße. Der Fluchtpunkt ist also für die Fernorientierung und für die Spurhaltung, die über das periphere Sehen kontrolliert wird, besonders wichtig. Die Untersuchungen von MOURANT / ROCKWELL (1970) auf einer Autobahn zeigen eine Konzentration der Fixationen auf das vorausfahrende Fahrzeug beim Folgen eines anderen Verkehrsteilnehmers und eine größere Aufmerksamkeitsverteilung bei freier Fahrt (Abbildung 2.34).

35

Abbildung 2.34: Räumliche Verteilung der Fixationsstellen während freier Fahrt (links) und beim Nachfahren (rechts) nach MOURANT / ROCKWELL (1970)

Für beide Situationen ist, trotz der Beeinflussung des Blickverhaltens durch die Verkehrskonstellation, eine Häufung der Fixationen oberhalb des Horizonts und rechts von der Fahrtrichtung charakteristisch. Nach der Theorie des optischen Flusses von GIBSON (1973) beruht die Spurhaltung hauptsächlich auf der Wahrnehmung des Expansionsbrennpunktes des visuellen Feldes. In Geraden muss das Zentrum der Expansionsbewegung mit dem Fluchtpunkt in der Perspektive übereinstimmen. In Kurven verschiebt es sich zum Kurvenmittelpunkt. Die Veränderungen dieses optischen Flusses können zum Teil peripher wahrgenommen werden. In einer Untersuchung von MORTIMER / JORGESON (1975) lagen bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h mehr als 80% aller registrierten Fixationsstellen über 76 m (3 s Fahrzeit) vor dem Fahrzeug. Dabei lag der Medianwert etwa bei 140 m (ca. 6 s Fahrzeit). 67,3% der Blickzuwendungen wichen bis einen Winkel von 5° nach rechts von der Fahrerachse ab und nur 27% bis einen Winkel von 5° nach links. Als Ergebnis ergab sich, dass über 90% der Fixationsstellen sich innerhalb eines lateralen Winkels von ± 5° befanden (Abbildung 2.35). Auf Autobahnen würde die seitliche Abweichung von der Hauptrichtung für die heutigen Verhältnisse bei einer Strecke von 217 m (6 s Fahrzeit bei 130 km/h) 19 m entsprechen.

Abbildung 2.35: Verteilung der Fixationsstellen in horizontaler Richtung beim befahren einer geraden Strecke mit 90 km/h nach MORTIMER / JORGESON (1975)

Wenn die Belastung gering ist, kommen selbst bei hohen Geschwindigkeiten viele Fixationen vor, die weit außerhalb dieses Bereichs liegen.

36

DILLING (1973) findet auch, dass sich erfahrene Fahrer auf Autobahnen fast ausschließlich an Fixationspunkten im Fernbereich orientieren und dass dort längere Fixationen festzustellen sind. Bei allen älteren Untersuchungen ist allerdings die Messgenauigkeit der damals verwendeten Apparatur zu berücksichtigen, so dass die Aussagen bezüglich der Fixationen im Fernbereich der Straße mit Vorsicht zu betrachten sind. Welche Elemente während einer Fixation in der Nähe des Fluchtpunktes angeblickt werden, ist nicht genau feststellbar, weil aufgrund der Ausweitung des fovealen Kegels in großer Entfernung mehrere Objekte in diesem Bereich der Informationsaufnahme liegen. In solchen Fällen kann von Fluchtpunktfixationen ausgegangen werden. Nach SHINAR U.A. (1977) befindet sich der Hauptfixationspunkt bei Geraden ca. 0,7° über und 1,6° rechts vom Fluchtpunkt. Die Autoren schreiben, dass die Fixationsdauern länger in Geraden als in Kurven sind (0,60 s vs. 0,41 s) mit gleichzeitig kleinerem Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen (2,6° vs. 3,1°). Sie bestätigen den Fakt, dass auf geraden Strecken die meisten Blicke im Bereich des Fluchtpunktes ausgerichtet sind. Dadurch wird die Richtung und die laterale Position, die mithilfe des peripheren Sehens kontrolliert wird, bestimmt. Diese Differenzen reflektieren aus der intensiven visuellen Suchaktivität innerhalb einer Kurve verglichen mit einer Geraden. In Rechtskurven blicken die Fahrer 3,6° nach rechts, in Linkskurve hingegen nur 0,3° nach links. Es wird festgestellt, dass die Fahrer signifikant länger die Straße in Rechtskurven fixieren (55%) als in Linkskurven (38%). Bei Rechtskurven wird bevorzugt nach rechts geblickt, bei Linkskurven eher geradeaus. Der Blick streut auch stärker in Linkskurven. Während in Rechtskurven die Straße und die „Szenerie“ links nur 5% der Gesamtzeit fixiert werden, beträgt der Anteil der Fixationszeit auf der rechten Straßenseite in Linkskurven 24%. Ein interessanter Befund dieser Untersuchung ist, dass 2-3 s vor Kurvenbeginn (bei 97 km/h) die Fahrer vermehrt in Richtung der Kurve zu blicken beginnen. Es werden oft Blickwechsel zwischen entfernten und fahrzeugnahen Bereichen beobachtet. In den beiden Annäherungsbereichen vor Links- und Rechtskurven wurde etwa die Hälfte der Zeit die Straße angeblickt, die andere Hälfte der Blicke entfällt auf die „Szenerie“. Innerhalb der Kurven dagegen blicken die Fahrer länger in die Umgebung (27%) als auf die Straße (23%). Von besonderem Interesse dieser Untersuchung ist der festgestellte Zusammenhang zwischen der Unfallhäufigkeit in Kurven und der Fixationsdauer sowie ihre Variation im Annäherungsbereich und innerhalb der Kurve zu bewerten. Die Forscher differenzieren einerseits zwischen unfallträchtigen und unfallfreien Kurven und andererseits zwischen Links- und Rechtskurven. Zunächst untersuchten sie zwei unfallauffällige und zwei unfallunauffällige Links- und Rechtskurven ähnlicher Geometrie (0,05 – 0,07 km Länge, 9-10° Öffnungswinkel). In stark unfallbelasteten Kurven stellen sie eine signifikante Verlängerung der Fixationsdauern (0,48 s) im Vergleich zu Kurven, in denen sich keine Unfälle ereignet hatten (0,39 s) fest. Anhand dieser Befunde schlussfolgern die Autoren, dass der kritische Bereich einer Linkskurve die Annäherungszone ist und einer Rechtskurve - die Kurve selbst (Tabelle 2.5). Als Grund für diese Unterschiede nennen die Autoren die ungleiche Wahrnehmung der beiden Kurvenrichtungen und argumentieren, dass die Linkskurve bereits im Annäherungsbereich einfacher wahrgenommen werden kann, weil dort die rechte Straßenseite aus der Ferne gesehen werden kann. Dagegen wird in Rechtskurven die rechte Straßenseite durch die Straßenkrümmung verdeckt, deshalb kann sie nur in einem begrenzten Abstand gesehen werden.

37

Unfälle

Tabelle 2.5:

Annäherungszone

Kurvenzone

Rechtskurve

Linkskurve

Rechtskurve

Linkskurve

viele

0,17

0,49

0,40

0,28

wenige

0,17

0,23

0,19

0,27

Streuung der Fixationsdauern [s] (als Standardabweichung) nach SHINAR U.A. (1977)

Um die Ergebnisse zu überprüfen, wurden in einem zweiten Schritt die mittleren Fixationsdauern als Funktion der Unfallanzahl in allen Kurven untersucht. Annäherungszone vor Anzahl Unfälle

Rechtskurven

Linkskurven Mittelwert

Standardabweichung (SD)

Mittelwert

Standardabweichung (SD)

0–1

0,41 (11)

0,30 (11)

0,39 (8)

0,25 (8)

2–3

0,50 (2)

0,60 (2)

0,52 (1)

0,46 (1)

Die Werte in Klammern zeigen die Anzahl der Kurven

Tabelle 2.6:

Mittelwert und Standardabweichung der Fixationsdauern [s] nach SHINAR U.A. (1977)

Längere mittlere Fixationszeiten bei der Kurvenfahrt bedeuten offenbar, dass die Fahrer in einer Zeiteinheit weniger Fixationsobjekte erkennen können. Daher werden in Kurven früher die Kapazitätsgrenzen erreicht beziehungsweise überschritten. Der Befund verlängerter Fixationen in unfallauffälligen Kurven passt gut zu den Ergebnissen von JUST / CARPENTER (1980), die längere Fixationen mit einer erhöhten Aufgabenschwierigkeit verbinden. Bezüglich der Annäherungsbereiche vor Kurven kommen auch COHEN / STUDACH (1977) zu ähnlichen Aussagen. Auch FRIEDINGER (1982) schlussfolgert, dass in Rechtskurven der rechte Fahrbahnrand bevorzugt fixiert wird. In Linkskurven verteilen sich dagegen die Fixationen zwischen der linken Fahrbahnbegrenzung und der Fahrbahnmitte (Abbildung 2.36).

Abbildung 2.36: Blickverhaltenen Links- und Rechtskurven nach FRIEDINGER (1982)

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COHEN (1987) bestätigt diesen Befund und schreibt, dass sich die Fixationsstellen in Rechtskurven entlang dem rechten Straßenrand in verschiedenen Entfernungen konzentrieren (auch in COHEN / STUDACH, 1977; COHEN, 1983) verteilen. In unübersichtlichen Kurven liegt die laterale Variationsbreite zwischen dem mittleren Spurstreifen und dem rechten Straßenrand vor. Dabei erfolgt die Informationsaufnahme vorwiegend aus der rechten Straßenseite. In Linkskurven dagegen verteilen sich die Fixationsstellen auf der ganzen Straßenbreite in verschiedenen Entfernungen (Abbildung 2.37). Die Streuung der Fixationsstellen war größer in der Links- als in der Rechtskurve. In beiden Kurvenrichtungen ergab sich eine geringere Streuung der Fixationsstellen um den Fluchtpunkt der Straße, im Vergleich zu geraden Abschnitten derselben Strecke. Bezüglich des Einflusses der Sichtweite stellen die Autoren fest, dass in übersichtlichen Kurven die Fixationsstellen in einem größeren Bereich streuen, verglichen mit unübersichtlichen Kurven. Bei gleich großem Sichtabstand ist die Wahrscheinlichkeit, den Blick auf eine möglichst entfernte Stelle auszurichten, größer in der Links- als in der Rechtskurven.

Abbildung 2.37: Visuelle Suchzone nach relevanter Information aus COHEN (1987)

OLSON U.A. (1989) stellen auf Geraden fest, dass ungefähr 55% aller Fixationen auf dem Straßenkörper landen. Die Autoren schreiben, dass 24% von den Fixationen auf der Mittellinie liegen, 16% auf dem rechten Fahrbahnrand und 15% auf dem linken. Die Fahrer fixieren länger die Straße in einer Entfernung zwischen 31 m und 92 m (51% der Zeit) und kürzer in einer größeren Entfernung als 92 m (40 %). Die längsten Fixationsdauern (0,93 s) konnten jedenfalls im Fernbereich und im Nahbereich auf der Mittelmarkierung (0,73 s) festgestellt werden. Deutlich kürzer waren die Fixationen auf der linken und der rechten Straßenseite mit entsprechend 0,55 s und 0,44 s. Weniger kürzere Fixationen wurden innerhalb des Autos (0,41 s) und an anderen Stellen der Umgebung wie Verkehrszeichen (0,3 s) registriert. Die letzten waren auch selten (3% der Zeit). Da Verkehrszeichen nicht direkt zum Steuern verwendet werden sondern lediglich der Verweisung dienen, ist auch nicht zu erwarten, dass die Aufmerksamkeit auf sie groß ist. BLAUUW (1975) stellt ein stärker variierendes Augenbewegungsmuster auf geraden Strecken fest mit 6,1%, 6,9% und 8,4% der Fixationen, die entsprechend auf der Mittellinie, dem rechten Fahrbahnrand und dem linken Fahrbahnrand registriert wurden. Ähnliche ältere Untersuchungen wurden auch von RACKOFF / ROCKWELL (1975) und SHIdurchgeführt. Die Angaben zu den Anteilen der Fixationen und den Fixationsdauern auf Geraden differieren zum Teil stark. Die Unterschiede in den Prozentzahlen zwischen den in Abbildung 2.38 dargestellten Untersuchungsergebnissen können sich einerseits aus den verschiedenen Definitionen für die Fixationen (eine oder mehrere Fixationen innerhalb einer bestimmten Fläche) andererseits aus den unterschiedlichen StraNAR U.A. (1977)

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ßenmerkmalen und natürlich aus der verschiedenartigen Messtechnik mit ihrer Genauigkeit ergeben.

Abbildung 2.38: Fixationsposition und –dauer in Geraden (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993)

In Rechtskurven berichten OLSON U.A. (1989), dass die Fahrer die meisten Fixationen auf die Mittellinie (31% mit mittlerer Fixationsdauer 0,34 s) und den rechten Fahrbahnrand (30% mit mittlerer Fixationsdauer 0,72 s) ausrichten (Abbildung 2.39). Im Fernbereich liegen 18% der Fixationen und nur 12% sind auf die linke Straßenseite gerichtet. In Linkskurven berichten die Autoren 29 % (mittlere Fixationsdauer 0,6 s), 20% (mittlere Fixationsdauer 0,31 s) und 13% (mittlere Fixationsdauer 0,3 s) der Fixationen entsprechend auf dem linken Fahrbahnrand, der Mittelmarkierung und dem rechten Fahrbahnrand (Abbildung 2.40). Diese Angaben unterscheiden sich markant von denen nach BLAAUW (1975), der auf den o.g. Stellen der Straße die folgende Verteilung der Fixationen feststellt: 1,0%, 3,3% und 3,2%. Somit wird deutlich, dass die Probanden mehr die rechte (30,3%) als die linke Straßenseite (12,4%) fixieren. Diese Feststellung überlagert sich genau mit den Befunden anderer Untersuchungen und kann als richtig angenommen werden. 35,1% der Fixationen wurden dabei oberhalb des Horizonts im Himmel und 27% im Fernbereich beobachtet.

40

Abbildung 2.39: Fixationsposition und – dauer in Rechtskurven (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993)

Abbildung 2.40: Fixationsposition und – dauer in Linkskurven (Zusammenstellung nach SERAFIN, 1993)

Bei Realfahrten untersucht SERAFIN (1993) die Unterschiede im Blickmuster zwischen Geraden und Kurven. Er benutzt die folgenden Kriterien um eine neue Fixation zu definieren: -

die Dauer sollte größer als 50 ms sein

-

die räumliche Distanz zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen soll größer als 1° sein.

Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass die Fahrer auf geraden Strecken viel mehr im Fernbereich der Straße unterhalb des Horizonts fixieren. 40% aller Fixationen wurden um den Fluchtpunkt der Straße beobachtet und deutlich weniger im Nahbereich auf der linken und rechten Straßenseite. Die Prozentzahl der Fixationen im Fernbereich der Straße ist mit ca. 60% am größten. In Kurven dagegen wurden viel weniger Fixationen im Fernbereich registriert (10% 28%). Die Fixationen sind auf andere Straßen- und Umgebungsmerkmale verteilt. BERGER (1996) findet ebenfalls deutliche Unterschiede im Blickverhalten zwischen Rechts- und Linkskurven, wobei die Fahrbahnbegrenzung auf der Kurveninnenseite überwiegend in Rechtskurven im Gegensatz zu Linkskurven fixiert wird. CHATZIASTROS U.A. (1999) versuchen anhand von Simulatorversuchen mit eingeschränkten Sichtbereichen zu klären, welche Bereiche auf der Fahrbahn für die Spurhaltung wichtig sind. Die Einschränkung bestand aus horizontalen Sichtschlitzen mit einer Höhe von 1°, deren vertikale Position variierend war. Diese Methode wurde bereits in einer früheren Untersuchung von LAND / HORWOOD (1995) angewandt. Es wurde festgestellt, dass eine weiter entfernte Positionierung des Sichtfensters bei 1° und 2° unterhalb der 0°-Sichtlinie (entspricht 63 m Vorausschau) schlechte Spurhaltergebnisse zeigte. Bei einer Positionierung ab 3° (21 m lange Strecke) bis 9° (7 m Vorausschau) war die Abweichung signifikant geringer. Die Autoren schlussfolgern, dass nur der nahe Bereich eine Rolle für die Spurhaltung spielt, wobei besonders der peripher wahrgenommene Bereich von circa 3° bis 9° unterhalb der Horizontalebene in Augenhöhe relevant ist (Abbildung 2.41). Ähnliche Ergebnisse liefern LAND / HORWOOD (1995) und schlussfolgern, dass sich für die Nah-Blicke eine Sichtbandpositionierung 7° unter dem Horizont (9,0 m voraus) als optimal erweist.

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Abbildung 2.41: Wichtige Bereiche zur Spurhaltung zwischen 3° und 10° auf geraden Strecken (CHATZIASTROS U.A., 1999) und typische Pupillenposition

Auch aktuelle Untersuchungen von UNDERWOOD U.A. (2002) weisen nach, dass mehr als 2/3 der Zeit beim Autofahren auf Geraden auf dem Fluchtpunkt fixiert wird. Aufgrund von Blickrichtungsmessungen mit drei Probanden auf einer kurvenreichen Straße kommen LAND / LEE (1994) zu dem Schluss, dass beim Befahren einer Kurve der Tangentenpunkt an der Kurveninnenseite gesucht und fixiert wird (Abbildung 2.42). Dieser Punkt wird vom Fahrer bereits 1 - 2 s vor Beginn der Kurve fixiert und der Blick verbleibt bis etwa 3 Sekunden nach dem Anfang der Kurve auf dem Tangentenpunkt stehen. Der Grund für die enorme Bedeutung des Tangentenpunktes für die visuelle Informationsaufnahme beim Befahren von Kurven ist, dass die für die Fahrachse relative Tangentenpunktrichtung einen sehr wichtigen Prädiktor für die Kurvigkeit der Straße ist. Außerdem wird durch das Blicken in den Bereich um den Tangentenpunkt Information über kommende Ereignisse gesucht und aufgenommen. Die Tangentenpunktrichtung ist auch insofern bedeutsam, weil so eine "fahre wohin du blickst" - Strategie ("do it where you look") ermöglicht wird. Beim Fahren ist es möglich, in anderen Richtungen zu fixieren, aber die Fahrer fühlen sich in diesem Fall unsicher und sind dazu gezwungen, langsamer zu fahren. Die Fahrer, die aufzutretender Hindernisse vorausblicken können, würden kürzere Zeit den Tangentenpunkt fixieren und würden nach möglichen Gefahren so oft wie möglich suchen (GODTHELP / MILGRAM / BLAAUW, 1984). Nach BOER / MULDER (2002) spielt hauptsächlich die optische Dichte zwischen dem Tangentenpunkt („tangent point“ TP) und dem Fluchtpunkt der Straße („vanishing point“ VP) eine große Rolle bei der Abschätzung der Kurvenkrümmung und der Spurhaltung. Dieses Blickverhaltenen wurde auch bei JÜRGENSOHN (1999) im Fahrsimulator und bei SCHWEIGERT (1999) in Realfahrten festgestellt. Bezüglich der Rolle des Tangentenpunktes für das Blickverhalten der Fahrer stellen UNDERWOOD / CHAPMANN U.A. (1999) fest, dass in Kurven mit großen Radien längere Zeit den Bereich um den Fluchtpunkt fixiert wird, als Kurven mit kleinen Radien und dadurch reduzierter Sichtweite.

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LCP

Spurkreuzungspunkt

TP

Tangentenpunkt

VP

Fluchtpunkt

EPT

verlängerter Tangentenpunkt

Abbildung 2.42: Annäherungs- und Kurvenbereich aus Vogelperspektive und Fahrersicht aus SCHWEIGERT (2003)

Ebenfalls wird aus den Untersuchungen von ISLER (1998) deutlich, dass wenn beim Bewältigen von Kurven die Region um den Tangentenpunkt fixiert wird, eine Verbesserung der Fahrleistung erfolgt. Für eine akkurate Fahrweise ist das Blicken in den Nah- und Fernbereich der Straße erforderlich (LAND / HORWOOD, 1995). Der Fernbereich der Straße ist für die Vorschau der Kurvigkeit notwendig und der Nahbereich ist für die Spurhaltung von Bedeutung. Bei kleinen Geschwindigkeiten ist der Nahbereich der Straße für die korrekte Fahrweise ausreichend. In einfachen Simulatorversuchen von LIU U.A. (1998) wurde zwischen zwei Fällen „Fahren auf einer Straße“ und „Folgen eines Fahrzeugs“ unterschieden. Dabei zeigte sich, dass es spezifische Blickbewegungsmuster gibt. Auf geraden Straßen finden die Autoren ein „Seite zu Seite“-Muster und ein „Vorausschau“-Muster. In Kurven wird vor allem von Seite zu Seite geblickt, die Vorausschau fällt nahezu weg, nur selten orientiert sich der Fahrer in der Ferne. Ist ein vorausfahrendes Fahrzeug vorhanden, wird es am meisten angeblickt und in Kurven ist der Übergang vom Führungsfahrzeug in die Ferne am wahrscheinlichsten. YOROZU U.A. (1999) untersuchen das Blickverhalten in Realfahrten mit modernen Augenkameras „Talk Eye“ und stellen fest, dass auf geraden Abschnitten vorwiegend im Fernbereich der Straße fixiert wird und weniger Fixationen auf den linken und den rechten Fahrstreifen mit gleichem Prozentanteil landen. Diese Verteilung der Fixationen ändert sich nicht signifikant bis 50 m vor einer Kurve. Die Anzahl der Fixationen wird im Annäherungsbereich von ca. 30 m vor der Kurve größer und die Verteilung der Fixationen in horizontaler Richtung konzentrierte sich auf der jeweiligen Innenseite der Kurve (links bei Linkskurven und rechts bei Rechtskurven). In einem Fahrsimulator untersuchen POPIEUL U.A. (2000) das Blickverhalten mithilfe eines kopfbasierten Eye-tracking Systems das Blickverhalten auf gerade Strecken und Linksund Rechtskurven mit Radien von 2000 m und 5000 m. Die Autoren berichten, dass etwa 50 % der gesamten Fixationsdauer auf der Fahrbahn feststellbar ist (Abbildung 2.43).

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Abbildung 2.43: Verweilzeiten der signifikanten Informationsträger nach POPIEUL U.A. (2000)

Es wird festgestellt, dass sowohl in Geraden als auch in Kurven, etwa 85% aller Fixationen in horizontaler Richtung in einem Winkelbereich von ± 4° und in vertikaler - von ± 2° um den Fluchtpunkt liegen (Abbildung 2.44). Deshalb wird der Fluchtpunkt („vanishing point“) als ein 8° breites und 4° hohes Fenster definiert.

Abbildung 2.44: Horizontaler Winkelabstand der Fixationen bezüglich des Fluchtpunktes nach POPIEUL U.A. (2000)

Die Fixationsdauer in diesem Fenster verringert sich bei längerer Fahrt, d.h. als Funktion der Zeit und längere als 4° Saccaden werden häufiger. Offensichtlich nimmt die Konzentration bei der Fahraufgabe mit der Zeit ab. Bezüglich der Unterschiede bei der Fixationsverteilung zwischen Geraden, Links- und Rechtskurven wurden aber keine Angaben gemacht. Eine der wichtigsten Untersuchungen zum Blickverhalten in Geraden und Kurven wurde im Jahre 2005 von VICTOR U.A. im Fahrsimulator (Landstraße und Autobahn) und bei Realfahrt auf einer Autobahn durchgeführt. Obwohl hier vorrangig die Abhängigkeiten des Blickverhaltens von visuellen und auditiven Nebenaufgaben und ihrem Schwierigkeitsgrad untersucht werden, was keine Bedeutung für die vorliegende Untersuchung hat, werden wichtige Aussagen zu einigen Blickverhaltensmaßen in Geraden und Kurven gemacht. Diese wurden im Abschnitt 2.3.6 bereits beschrieben. Eine große Anzahl von den dargestellten Untersuchungen wurde auf Landstraßen oder im Fahrsimulator und nur wenige auf Autobahnen durchgeführt. Außerdem liegen viele von denen Jahrzehnte zurück und die Messtechnik war zu dieser Zeit noch unzureichend präzise. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede bezüglich der Anzahl und der Dauer

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der Fixationen. Dies ist nachvollziehbar, da es unterschiedliche Definitionen für die Fixationen sowie unterschiedliche Untersuchungsansätze für ihre Bestimmung verwendet wurden. Im Zusammenhang mit der vorhandenen Sichtweite und mit den Unfallkennzahlen auf Autobahnen wurde das Blickverhalten bisher noch in keiner Forschungsarbeit untersucht. Die am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen verfügbare moderne Messtechnik ermöglicht die Untersuchung des Blickverhaltens der Kraftfahrer bei Realfahrten auf Straßen. Für die Ziele der Untersuchung des Blickverhaltens wurden aus der Literatur die folgenden Maße identifiziert und verwendet: 1) Mittlere Fixationsdauer – Maß für die Tiefe der visuellen Verarbeitung Bei schwierigen Situationen und in Kurven werden kürzere mittlere Fixationsdauern erwartet. 2) Scanpfadlänge – Indikator für die Effizienz der Blickverhaltensweise Bei erhöhter Komplexität können kleinere Werte der Scanpfadlängen erwartet werden. Kurze Scanpfadlängen deuten auf ein konzentriertes Blickverhalten. 3) Index der räumlichen Dichte pro Sekunde (Feldindex pro Sekunde) – Maß für die Konzentration des Blicks Es wird erwartet, dass der zeitlich normierte Feldindex bei effizienter visueller Suche geringere Werte aufweist. Daher sollen die Werte des Indexes pro Sekunde in Kurven größer sein, als in Geraden. Bei großen Sichtweiten wird vermutet, dass der Feldindex pro Sekunde ansteigt. Dieses Blickverhaltensmaß ist im Zusammenhang mit der Scanpfadlänge zu interpretieren. 4) Anzahl der Saccaden pro Sekunde – Maß für die Blickkonzentration Hypothese: weniger Saccaden pro Sekunde und dementsprechend kleinere Streuung des Blicks bei kleinen Sichtweiten, in Kurven und in gefährlichen Streckenabschnitten. 5) Standardabweichung des Blickwinkels – Maß für die Blickkonzentration Hypothese: kleinere Standardabweichung des Blickwinkels bei erhöhter Beanspruchung des Fahrers. Kleinere Werte können bei gefährlichen Kurven und in Rechtskurven verglichen entsprechend mit ungefährlichen Kurven und Linkskurven erwartet werden. 6) Zeitanteil der Fixationen – Maß für die visuelle Aufmerksamkeit Mit Erhöhung der Aufmerksamkeit der Kraftfahrer werden höhere Werte des Zeitanteils der Fixationen erwartet. 7) Percent Road Centre (PRC) – blickzielabhängiges Maß für die Vorausorientierung Hypothese: höhere Konzentration des Blicks auf den Fluchtpunkt der Straße in Kurven als in Geraden. Es wird vermutet, dass der PRC-Wert mit abnehmender Sichtweite ansteigt. Durch die Auswertung der aufgezählten Blickverhaltensmaße können die räumliche und die zeitliche Konzentration des Blicks sowie auch die Intensität der Informationsaufnahme und die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer analysiert werden. Jedes dieser Maße kann für die festgesetzten Sichtweitenklassen auf geraden Strecken und in Kurven bzw. in Linksund Rechtskurven auch unter Einbeziehung ihrer Unfallauffälligkeit untersucht und interpretiert werden. Mit Hilfe dieser Maße kann das Blickverhalten der Fahrer auch bei ver-

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schiedenen Kurvenradien und unterschiedlich unfallbelasteten Streckenabschnitten, die nach geeigneten Methoden eingeteilt sind, analysiert werden. Durch die räumliche Verteilung der Fixationspunkte, ihre mittlere Fixationsposition links und rechts von der Hauptblickrichtung, ihre Anzahl und Dauer können noch die Differenzen in der Blickverhaltensweise zwischen geraden Strecken, Links- und Rechtskurven durchforscht werden. Die relevanten Parameter des Blickverhaltens sind die Fixationen und die Saccaden. Zur Bestimmung einer Fixation wird als Grundlage der Erkennungsalgorithmus nach JACOB (1995) festgelegt und mit einigen Modifizierungen in der Arbeit verwendet. Die hochgenaue Ermittlung der Fixationsstandorte und –dauern und der beschriebenen Blickverhaltensmaße ermöglicht die Auslegung des Wahrnehmungsverhaltens der Kraftfahrer und der straßenbezogenen Faktoren, die es beeinflussen. Die Blickentfernungen können mit dem vorhandenen Messsystem jedoch nicht bestimmt werden und die berechneten Blickverhaltensmasse liefern auch keine Angaben dazu. Aus diesem Grund können keine genauen Berechnungen durchgeführt werden, in welcher Entfernung sich die Fixationsstellen befinden.

2.4 2.4.1

Berücksichtigung der Sichtweite im Straßenverkehr Psychologische und physiologische Sichtweite

Nach der Straßenverkehrsordnung ist der Kraftfahrer verpflichtet, sein Geschwindigkeitsverhalten nach den vorhandenen Sichtverhältnissen zu richten. Daher stellt die Sichtweite eine wichtige Entwurfsgröße sowohl für das Blickverhalten als auch für das Fahrverhalten im Straßenentwurf dar. Sie hat einen bedeutenden Einfluss auf die Sicherheit, die Leistungsfähigkeit, das Geschwindigkeitsverhalten und den Fahrkomfort und muss immer gewährleistet sein. Als eindimensionale Größe ist die Sichtweite ein quantifizierbares Merkmal, das die räumliche Linienführung berücksichtigen und beschreiben kann. Das Informationsangebot, die Sichtfeldgröße und die Sichtweite ändern sich ständig beim Fahren. Damit der Kraftfahrer den Fahrraum rechtzeitig erfassen kann, bei plötzlich veränderten Anforderungen Entscheidungen treffen kann und die notwendigen Handlungen durchführen kann, sollen ausreichende physiologische und psychologische Sichtweiten vorhanden sein. Im Jahre 1968 führt HIERSCHE den Begriff der “psychologischen Sichtweite“ ein. Er definiert sie als die Tiefe des Verkehrsraumes, von dem der Fahrer den Eindruck hat, ihn für seine Fahraufgabe ausreichend und einwandfrei erfasst zu haben. Dem Fahrer soll genügend Zeit zur Verfügung stehen, den voraus liegenden Fahrraum wahrzunehmen, zu erfassen und eine angepasste Fahrweise zu wählen. Die psychologische Sichtweite tendiert, hinsichtlich ihrer Größenordnung, über die Haltesichtweite hinaus. Zur Beschreibung der tatsächlichen Sichtverhältnisse definiert AULHORN (1971) eine wahrnehmungspsychologische Sichtweite als den Abstand, aus dem ein Objekt mit bestimmten Form, Größe und Kontrast von einem Kraftfahrer mit gegebener Sehschärfe und bei gegebenen Witterungs- und Lichtverhältnissen wahrgenommen werden kann. In ihrer Größenordnung erreicht sie bei optimalen Bedingungen Maximalwerte, die nur durch die Geometrie der Straße und im Extremfall durch das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges, begrenzt werden. Eine direkte Verwendung im Straßenentwurf findet diese Sichtweite jedoch nicht.

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Die von LORENZ (1971) definierte „vorauslaufende Erfassungssichtweite“ erfasst den Weg, der in den nächsten 10 Sekunden vom Fahrer befahren wird und in dem überall ein gefahrloses, nicht plötzliches Bremsen gewährleistet werden kann. Als Erkennbarkeitssichtweite kennzeichnet DILLING (1973) die Entfernung, in der ein Streckenabschnitt einwandfrei zu überschauen ist. Dabei geht er vom größten gemessenen Abstand zwischen zwei Fahrzeugen aus, bei dem noch Blickkontakt zum vorausfahrenden Fahrzeug möglich ist (80 m bis 650 m). In seinen Untersuchungen fasst LEUTNER (1974) diese Erkenntnisse zusammen und unterteilt den Fahrraum in drei Zonen: Zone 1:

Fernorientierung und Information (600 m – 250 m) Diese Zone wird anhand des Auflösungsvermögens des menschlichen Auges bestimmt. Unbewegte Gegenstände können auf eine Entfernung von 400 m – 500 m wahrgenommen werden. Die Erfassung von bewegten Hindernissen, in Abhängigkeit von der Hindernisgröße, ist bis eine Entfernung von 600 m – 800 m möglich. →

Zone 2 :

Grenzen auf Autobahnen (600 m – 360 m)

Bereitschafts- und Entscheidungszone (250 m – 75 m) Entscheidend für die Festlegung dieser Zone sind die Lorenz’sche Annahmen zur „vorauslaufenden Erfassungssichtweite“, die bei 90 km/h für 10 s 250 m beträgt. Bei einer Richtgeschwindigkeit von 130 km/h ergibt sich auf Autobahnen eine Entfernung von 360 m. →

Zone 3 :

Grenzen auf Autobahnen (360 m – 110 m)

Nahorientierungs- und Handlungszone (≤ 75 m) in dieser Zone setzt LEUTNER die Erkenntnisse von DILLING (1973) um, dass eine Verzögerung, 2,5 bis 3 Sekunden vor der Kurve auftritt. Die Länge der Fahrstrecke ist bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h 62,5 – 75 m. Bei einer Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h entspricht dies einer Strecke von ungefähr 110 m. →

Grenzen auf Autobahnen (≤ 110 m)

Bezüglich der Sichtweite fasst BERGER (1996) zusammen, dass die Gefahr von Hindernissen in einer Entfernung größer 150 m vom Fahrer nicht rechtzeitig erkannt werden kann. Grund dafür ist das begrenzte Auflösungsvermögen des menschlichen Auges. Aus einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h ist deshalb nicht möglich, rechtzeitig anzuhalten, unabhängig von der tatsächlich vorhandenen Sichtweite. Psychophysiologische Sichtweiten sind bei der Bemessung einer Straße nicht direkt anwendbar. Deshalb sind im Straßenentwurf geometrische Sichtweitenmodelle entwickelt worden, die für die Festlegung von Entwurfselementen benutzt werden.

2.4.2

Methoden zur Ermittlung der vorhandenen Sichtweite

Analytische Methoden Die Sichtweite ist ein international anerkanntes Kriterium des Straßenentwurfs und Gegenstand zahlreicher Untersuchungen zur räumlichen Behandlung. Problematisch ist allerdings ihre Umsetzung in den Entwurfsebenen Lage-, Höhenplan und Querschnitt, weil es sich um eine räumliche Größe handelt, die obwohl räumlich zu lösen ist, auf die einzel-

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nen Entwurfsebenen zurückgeführt werden muss. Der wichtigste Grund für die Überprüfung der Sichtweiten im Entwurf ist die Gewährleistung der Verkehrssicherheit der Straße. Diese Überprüfung erfolgt entweder getrennt in Lage- und Höhenplan (vereinfachte Verfahren) oder in räumlichen Modellen (Überlagerung von Lageplan, Höhenplan und Querschnitt) mithilfe von CAD-Programmen (WEISE / DURTH, 1997). Allein durch die Beachtung der Mindestwerte der Entwurfselemente wird nicht gewährleistet, dass die erforderlichen Haltesichtweiten eingehalten werden. Deshalb ist es notwendig, die vorhandenen Sichtweiten aus dem Projekt stationsweise anhand von Sichtweitenbänder für beide Fahrtrichtungen getrennt aufgestellt und den erforderlichen Haltesichtweiten gegenübergestellt zu werden. Dabei ist nachzuweisen, dass an jedem Stationspunkt die vorhandene Sichtweite größer als die erforderliche Haltesichtweite ist. Normalerweise wird die seitliche Sichtgrenze längs der Kurven grafisch (Abbildung 2.45) als Umhüllende aus dem Polygon der Bezugslinien für die jeweils maßgebende Sichtweite ermittelt (WEISE / DURTH, 1997).

Abbildung 2.45: Grafische Ermittlung des Sichtfeldes nach WEISE / DURTH (1997)

Abbildung 2.46: Geometrie des Sichtfeldes und Anlage von Sichtbermen nach WEISE / DURTH (1997)

Diesem Verfahren liegt die im Jahre 1966 von SCHOSS entwickelte Methode zur Bestimmung der vorhandenen Sichtweite zu Grunde, die von APPELT (2000) als Sichtfeldmethode bezeichnet wird. Dabei werden in regelmäßigen Abständen die erforderlichen Mindestsichtstrahllängen abgetragen und somit eine Berechnung des erforderlichen seitlichen Sichtfeldes im Lageplan ermöglicht (Abbildung 2.47).

Abbildung 2.47: Sichtstrahlen im Lageplan nach der Sichtfeldmethode nach SCHOSS (1966)

48

Der größte erforderliche Abstand d zwischen der Fahrstreifenachse und der Begrenzungslinie des Sichtfeldes (Abbildung 2.45 und Abbildung 2.46) wird nach der folgenden Formel berechnet:

d erf

⎛S ⎞ = R − R − ⎜ erf ⎟ ⎝ 2 ⎠ 2

2

[m]

Wenn der geforderte Abstand (d) nicht eingehalten wird, ist die Anlage von Sichtbermen erforderlich (Abbildung 2.46). Die Höhe (h) in der Mitte des Fahrstreifens ergibt sich als Mittelwert der Augpunkthöhe (hA) und der Zielpunkthöhe (hZ). Mit den festgelegten Höhen auf Autobahnen beträgt diese Höhe 1,0 m bei konstanten Längsneigungen. Die Ergebnisse werden im Sichtweitenband stationsweise (Stationspunkt = Augpunkt) und richtungsgetrennt eingetragen und mit den erforderlichen Sichtweiten verglichen. In diesem Verfahren wird der Einfluss des Höhenplans jedoch nicht berücksichtigt. Im Jahre 1968 entwickelt HIERSCHE das Sichtstrahlverfahren zur Berechnung der vorhandenen Sichtweite. Dieses Verfahren erlaubt unabhängig von der Form und Größe der Trassierungselemente eine klare geometrische Sichtweitenermittlung und berücksichtigt die sich ändernden Sichtfeldbegrenzungen von Querschnitt zu Querschnitt (Stationsintervall von mindestens 50 m). Untersucht werden dabei die Durchstoßpunkte der Sichtstrahlen zwischen Aug- und Zielpunkt in den zwischenliegenden Querschnitten. Die Ermittlung der vorhandenen Sichtweite von einem Ausgangsquerschnitt erfolgt iterativ. Dabei wird untersucht, welcher Querschnitt nicht mehr uneingeschränkt einsehbar ist. Der davor liegende „Endquerschnitt“ ist die Zielstation (Abbildung 2.48).

Abbildung 2.48: Prinzipskizze des Sichtstrahlverfahrens nach HIERSCHE (1968)

Dieses Verfahren hat sich über die Jahre als Basisverfahren zur Sichtweitenermittlung bewährt und hat, zusammen mit der Methode von SCHOSS (1966), lange Zeit den Stand der Technik dargestellt. Es wird deutlich, dass der Aufwand zur Umsetzung des Sichtstrahlverfahrens von Hand erheblich ist. Trotzdem kann man das Verfahren noch heute auch auf große Vorhaben anwenden. Die Implementierung des Sichtstrahlverfahrens ins CAD-System CARD/1 erforderte wegen der Komplexität der Aufgabe eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens. 1999 wurde das Sichtstrahlverfahren zum Sichtkegelverfahren von APPELT / SCHMIDT (1999) weiterentwickelt, das vollständig räumlich arbeitet. Seine Genauigkeit hängt wesentlich von der Querprofildichte und der Detailliertheit ihrer Bearbeitung in Hinsicht auf die Geländemodellierung ab (Abbildung 2.49).

49

Abbildung 2.49: Querprofildichte bei der Geländemodellierung nach APPELT / SCHMIDT (1999)

Dabei wird ein digitales Geländemodell mit räumlichem Fahrbahnband mit Sichthindernissen im Querschnitt betrachtet, verschnitten mit dem Bestandsgelände einerseits und mit Sichtkegeln andererseits. Es werden die Sichtstrahlen eines Standpunktes zu allen Zielpunkten bis zum maßgebenden Sichthindernis als Sichtkegel zusammengefasst. Im mathematischen Sinne hat dieser räumliche Kegel keine kreisförmigen senkrechten Schnittflächen und muss nicht geschlossen sein. Mit diesem Verfahren werden nicht mehr nur einzelne Sichtstrahlen betrachtet, sondern die Gesamtheit derartiger standpunktweise erzeugter räumlicher Sichtkegel. Im Ergebnis wird die gewünschte Genauigkeit durch eine exakte Rückprojektion vom maßgebenden Zielpunkt – maßgebenden Sichthindernisquerschnitt - Augpunkt gewährleistet. In Abbildung 2.50 wird die Durchdringung vom digitalen Geländemodell und Sichtkegeln zur Erläuterung dargestellt. An den Querprofilstationen werden Schnitte durch den Kegel gemacht, deren Spurlinien mit den Querprofiloberflächen verglichen wird. Solange keine Querprofilumrisse von der Spurlinie geschnitten werden, findet keine Beeinträchtigung der Sichtweite statt. Das Sichtkegelverfahren wurde ins Programm CARD/1 erfolgreich implementiert.

Abbildung 2.50: Modellskizze des Sichtkegelverfahrens im CARD/1 nach APPELT / BASEDOW (2000)

Die Berechnung von Sichtweite ist mit CAD Programmen direkt beim Entwurf grundsätzlich möglich. Voraussetzung dafür ist ein hinreichend genaues digitales Geländemodell sowohl von der gesamten Verkehrsanlage als auch vom Gelände mit allen möglichen Sichthindernissen. Oft stehen in der Praxis solche Daten nicht zur Verfügung und es ist meistens sehr schwierig die angrenzenden Randbereiche über längere Streckenabschnitte zu modellieren. Deshalb lassen sich weiterhin vereinfachte 2D-Berechnungen der vorhandenen Sichtweite aus Lageplan und Höhenplan nutzen.

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Messtechnische Methoden In der Untersuchung zur Orientierungssichtweite (LIPPOLD / SCHULZ, 2006) wurden die vorhandenen Sichtweiten auf Landstraßen durch Messungen mit zwei Fahrzeugen, die mit GPS-Systemen ausgerüstet waren, ermittelt. Das vorausfahrende Fahrzeug besaß eine Zielpunktmarkierung in 1,0 m Höhe und wurde vom hinteren Fahrzeug aus über eine Funkverbindung in dem Moment angehalten, als diese Markierung gerade noch erkennbar war. Die Sichtweite wurde generell nach Leitpfostenabstand (50 m) gemessen und bei geringen Sichtweiten in Kurven oder an Kuppen in Intervallen von 25 m. Durch die genaue Positionsbestimmung des Aug- und Zielpunktes konnte der Abstand im ungünstigsten Fall mit einem maximalen Fehler von 7,1% gerechnet werden. Auf Autobahnen haben STEINAUER U.A. (2002) ein Messverfahren zur Bestimmung der vorhandenen Sichtweite getestet und eingesetzt, das Bilder aus der Fahrerperspektive liefert. Die vorhandene Sichtweite ergab sich aus dem Abstand der Einmessung und der Anzahl der sichtbaren Fahrstreifenbegrenzungsmarkierungen (Abbildung 2.51).

Abbildung 2.51: Modellskizze zur Berechnung der vorhandenen Sichtweite nach STEINAUER U.A. (2002)

Mit einer entsprechend eingestellten Brennweite und bei freier Sicht stellen die Autoren fest, dass die Leitlinien ausreichend erkennbar sind. Die Überlagerung aller Abweichungen führte zu einer Überschätzung der tatsächlich vorhandenen Sichtweiten zwischen 8 und 18 %. Als Ursachen für diese Abweichung der gemessenen Werte von den real vorhandenen geben die Autoren die Augpunktlage (vertikal und horizontal) und die Zielpunktlage bei der Realfahrt.

2.4.3

Vorhandene Sichtweite und Blickverhalten

In einem interdisziplinären Forschungsprojekt an der Technischen Universität Dresden wurden zwei verschiedene Untersuchungsmethoden verwendet, um das Blickverhalten der Fahrer im Zusammenhang mit der vorhandenen Sichtweite auf Landstraßen zu untersuchen und dabei eine neue s.g. Orientierungssichtweite zu definieren. Die Versuche mit erfahrenen Fahrern als Probanden wurden im realen Verkehrsraum sowie im Simulator durchgeführt. Dabei war die verwendete Simulatorstrecke in Lage- und Höhenplan und die Seitenraumgestaltung der realen Strecke nachgebildet. Die Autoren schreiben, dass ein Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf das Blick- und Fahrverhalten besteht. Die Autoren unterteilen ihre Untersuchungsstrecken in Geraden, leicht kurvige und stark kurvige Abschnitte, Abschnitte mit Singularitäten, Abschnitte mit großen Sichtweiten und Abschnitte mit mehreren Sichtweitenminima. Zum Vergleich mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung sind nur die geraden Strecken mit freiem Umfeld von Bedeutung. Dabei können Vergleiche nur ab einer auf der Autobahn vorhandene Mindestsichtweite

51

von 200 m durchgeführt werden. Unterhalb dieser Sichtweitengrenze können die Ergebnisse nicht überprüft werden. Von den zeitlichen Blickverhaltensmaßen untersuchen LIPPOLD / SCHULZ (2006) die mittlere Fixationsdauer als Indikator für die Beanspruchung des Fahrers und für die Tiefe der Informationsverarbeitung, den Zeitanteil der Fixationen und den Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich (PRC). Von den räumlichen Blickbewegungsmaßen werden die Scanpfadlänge und der Index der räumlichen Dichte (Feldindex) betrachtet. Es stellt sich heraus, dass von allen Untersuchungsabschnitten insbesondere in Geraden einen deutlichen Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf das Blickverhalten der Fahrer erkennbar ist. Die vorhandene Sichtweite sei dort die einzige Erklärung für die Blickänderungen, da keine Änderungen in der Linienführung vorliegen. Die Verfasser stellen fest, dass die mittlere Fixationsdauer bei Einfahrt in den Untersuchungsabschnitten im Mittel bei ca. 350 ms liegt. Sie interpretieren dies als kurze Orientierungsphase am Sichtweitenmaximum. Zusammen mit dem Zeitanteil der Fixationen sinkt die Fixationsdauer bis eine Sichtweite von 200 m kontinuierlich. Bei kleineren Sichtweiten steigen alle drei Blickverhaltensmaße sprunghaft und weiterhin stetig an, was auf eine gesteigerte Aufmerksamkeit hinweist. Unterhalb einer Sichtweite von 200 m kann eine Tendenz zur stärkeren Konzentration des Blickes auf den Fluchtpunkt festgestellt werden (Abbildung 2.52).

Abbildung 2.52: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die mittlere Fixationsdauer (links), den Zeitanteil der Fixationen (Mitte) und den Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich (rechts) in Geraden mit freiem Umfeld nach LIPPOLD / SCHULZ (2006)

Anhand der räumlichen Blickbewegungsmaßen wurde eine zunehmende Konzentration des Blickes mit abnehmender Sichtweite festgestellt. Bis eine Sichtweite von 200 m ist ein abnehmender Verlauf des Feldindexes zu beobachten. Mit kleiner werdender Sichtweite werden also weniger Felder angeblickt. Die Scanpfadlänge zeigt auch eine abnehmende Tendenz, jedoch sind die Schwankungen zwischen den einzelnen Sichtweitenklassen relativ groß (Abbildung 2.53, links). Bei den Sichtweiten unter 200 m steigt der Feldindex wieder an, und die Länge zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen wird immer kleiner. Da auch die PRC-Werte gleichzeitig zunehmen (Abbildung 2.53, rechts), schlussfolgern die Autoren, dass sich der Blick innerhalb des Bereichs in der Nähe des Fluchtpunktes der Straße nahezu alle 3°x 3°-Felder abtastet.

52

Abbildung 2.53: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge (links) und den Index der räumlichen Dichte (rechts) in Geraden mit freiem Umfeld nach LIPPOLD / SCHULZ (2006)

Als eine wichtige Grenze, bei der deutliche Veränderungen im Blickverhalten auftreten, wird eine Sichtweite von 200 m genannt. Die Ergebnisse aus den kurvigen Streckenabschnitten zeigen, dass der Kurvenradius das Blickverhalten in stärkerem Maße als die vorhandene Sichtweite beeinflusst. Bei den stark kurvigen Abschnitten mit blickfreiem Umfeld wird geschlussfolgert, dass das Blickverhalten beim Durchfahren von Kurven der Spurhaltung dient und größtenteils auf den Nahbereich vor dem Fahrzeug beschränkt bleibt. Kurze Blicke zum Fluchtpunkt der Straße treten nur gelegentlich auf. Auf die Sichtweite bezogene klare Grenzbereiche steigender Anspannung konnten nicht abgeleitet werden. Auch aus den Simulatoruntersuchungen wird die Schlussfolgerung gezogen, dass deutliche Veränderungen der Blickparameter bei einer vorhandenen Sichtweite unterhalb 200 m zu beobachten sind. Aus diesem Grund wird die Mindestgrenze der Orientierungssichtweite auf Landstraßen bei 200 m festgesetzt.

2.4.4

Geometrische Vorgaben zur Sichtweite im Entwurfsregelwerk

Erforderliche Haltesichtweite nach RAS-L (FGSV 1995) Die Haltesichtweite soll dem Kraftfahrer ermöglichen, vor einem unerwarteten Hindernis bestimmter Höhe auf der Fahrbahn oder vor einem Stauende rechtzeitig anzuhalten. Die erforderliche Haltesichtweite stellt ein regelndes fahrdynamisches Bemessungselement im Straßenentwurf dar, das zur Sicherstellung frühzeitiger Fahrerinformation integriert ist. Somit ist sie eine Entwurfsgröße, die für die Verkehrssicherheit und die Qualität des Verkehrsablaufs maßgebende Bedeutung hat und immer gewährleistet werden soll. Da die Grenzen der Haltesichtweite zahlenmäßig nach fahrdynamischen Gesetzen durch geometrische Modelle oder auf der Grundlage von Messungen bestimmt worden sind, entspricht das Haltesichtweitenmodell, das auch eine Reihe von Annahmen enthält, nur ungefähr den tatsächlichen Verhältnissen. Ein grundlegendes Problem bei ihrer Festlegung besteht darin, dass die optischen und wahrnehmungspsychologischen Aspekte, mit Ausnahme der standardisierten Reaktionszeiten (2,0 s), nicht berücksichtigt werden.

53

Bemessungsmodell der Haltesichtweite nach RAS-L (FGSV 1995)

S1

Sh

Stillstand des Fahrzeuges

Beginn der Bremswirkung Beginn des Bremsweges

Beginn der Bremsbetätigung

Wahrnehmen der Gefahr

Die erforderliche Haltesichtweite wird im Regelwerk RAS-L (FGSV 1995) als diejenige Strecke definiert, „die ein mit der Geschwindigkeit V85 fahrender Fahrer benötigt, um sein Fahrzeug vor einem unerwartet auftretenden Hindernis auf der Fahrbahn zum Halten zu bringen.“ Somit entspricht sie dem Anhalteweg eines frei fahrenden Kraftfahrzeugs und setzt sich aus dem Weg während der Reaktions- und Auswirkdauer (S1) und dem reinen Bremsweg (S2) zusammen (Abbildung 2.54).

S2

Beginn V

1

=V

85

tR

Weg

tRA

ta ts

Weg während der Reaktionsund Auswirkzeit

0

Ende

tb V2 =

Zeit

Bremsweg

tR Reaktionszeit ta Ansprechzeit tS Schwellzeit tRA Reaktions- und Auswirkzeit tb Bremszeit S1 Weg während der Reaktions- und Auswirkzeit S2 Bremsweg Sh erforderliche Haltesichtweite

Abbildung 2.54: Modell zur Bestimmung der erforderlichen Haltesichtweite nach RAS-L (FGSV 1995)

Durch die Haltesichtweite wird das Minimum an Sichtqualität gekennzeichnet, die für den Kraftfahrer immer gewährleistet werden soll. Die wesentlichen Einflussgrößen zur Berechnung der erforderlichen Haltesichtweite sind die Geschwindigkeit V85, die Reaktionsund Auswirkdauer (tR), der tangentiale Kraftschlussbeiwert (fT) und die Längsneigung (s). Erforderliche Haltesichtweite nach RAL (Entwurf, 2008) Im Entwurf von den Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL, Entwurf 2008) wird die erforderliche Haltesichtweite in Abhängigkeit von der Entwurfsklasse und der Längsneigung bestimmt (Abbildung 2.55). Um dem Fahrer eine rechtzeitige Orientierung über den vor ihm liegenden Straßenverlauf und dadurch ein Fahren ohne erhöhte Aufmerksamkeitsanforderungen zu ermöglichen, werden für die jeweilige Entwurfsklasse 30% größere Sichtweiten als die erforderlichen Haltsichtweiten erfordert.

54

250

Haltesichtweite S H [m]

200

EKL 1

150 EKL 2

EKL 3

100 EKL 4

50

0 -12 -10 -8

-6 -4

-2

0

2

4

6

8

10 12

Längsneigung s [% ]

Abbildung 2.55: Erforderliche Haltesichtweite nach RAL (Entwurf, 2008)

Sichtweitenmodelle nach RAA (FGSV, 2008) •

Erforderliche Haltesichtweite

Zur Berechnung der erforderlichen Haltesichtweite wurde in den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen RAA (FGSV, 2008) das Modell von RAS-L (FGSV, 1995) übernommen. Auf Autobahnen fährt der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich mit anderer Erwartungshaltung und Konzentration als auf Landstraßen. Aus diesem Grund werden in den RAA größere Werte als die physiologisch begründeten Mindestwerte für die Reaktionszeit und fahrdynamisch mögliche Bremswege bei Gefahrenbremsungen zu Grunde gelegt. Außerdem wird die Geschwindigkeit V85 durch die Richtgeschwindigkeit V ersetzt. Die übertragbare Bremsverzögerung wird als konstant mit 3,7 m/s2 angenommen (Bremsung ohne ABS). Die Werte der erforderlichen Haltesichtweite werden in Abhängigkeit von unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Längsneigungen in Tabelle 2.7 dargestellt.

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Tabelle 2.7:



Erforderliche Haltesichtweite nach RAA (FGSV, 2008)

Vorhandene Sichtweite

Die tatsächlich vorhandenen Sichtweiten einer Straße ergeben sich aus den Elementen im Lageplan, Höhenplan, Querschnitt und aus Sichthindernissen im Straßenumfeld. Die vorhandene Sichtweite wird durch einen Sichtstrahl zwischen dem Augpunkt und einem Zielpunkt (ZP) beschrieben (Abbildung 2.56). Für die Berechnung der Kuppenmindesthalbmesser wurde das Modell nach RAS-L (FGSV 1995) beibehalten. Anders als in RAS-L (FGSV, 1995) ist in RAA (FGSV, 2008) die Zielpunkthöhe geschwindigkeitsunabhängig und daher auch nicht variabel (hZ = 1,0 m). Für die Überlagerung von Kurven und Kuppen reicht der Sicherheitsnachweis im Lageplan aus, wenn die Kuppenmindesthalbmesser eingehalten sind. Der mögliche Verlauf des Sichtstrahls für die Haltesichtweite im Lageplan wird durch die folgenden Annahmen beschrieben: Linkskurven Aug- und Zielpunkt befinden sich in der Achse des am weitesten links liegenden Fahrstreifens der Richtungsfahrbahn. Rechtskurven und Geraden Aug- und Zielpunkt befinden sich in der Achse des rechten Fahrstreifens der Richtungsfahrbahn.

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Mittelstreifen Richtungsfahrbahn Seitenstreifen ZP3

Augpunkt ZP2

ZP1

Mittelstreifen Richtungsfahrbahn Seitenstreifen

ZP1

ZP2

Augpunkt

ZP3

Abbildung 2.56: Sichtstrahlverlauf vom Aug- zum Zielpunkt für die Haltesichtweite in Linksund Rechtskurven nach RAA (FGSV, 2008)

Einen besonderen Fall im Straßenentwurf stellt die vorhandene Sichtweite auf dem linken Fahrstreifen von Richtungsfahrbahnen Trotz eines richtliniengerechten Ausbaus kann die erforderliche Haltesichtweite in engen Linkskurven auf Richtungsfahrbahnen durch Sichthindernisse im Mittelstreifen unterschritten werden. Die Einschränkung der Sichtweite in solchen Fällen wird hauptsächlich durch den Kurvenradius und den Abstand des Sichthindernisses von der maßgebenden Fahrstreifenachse beeinflusst. Einfluss auf diesen Abstand hat die Querschnittsgestaltung (Fahrstreifen-, Mittelstreifen-, Hindernisbreite). Bereits im Jahre 1968 erkennt FINSINGER dieses Problem. Das Diagramm wurde von BRI(1984) vorgestellt und schließlich in einer aktualisierten Form in RAA (FGSV, 2008) aufgenommen (Abbildung 2.57). LON

B: Augpunkt des Kraftfahrers C: angenommenes Stauende R: Radius des Kreisbogens b: Abstand des Augpunktes (B) bzw. Des angenommenen Stauendes (C) vom linken Rand des linken Fahrstreifens (Annahme: b = 1,80 m = konstant) a: Abstand des Fahrstreifens zum Sichthindernis (einschl. Randstreifen)

C

b

A

A

M

Schnitt A - A a

linker Fahrstreifen

R

rechter Fahrstreifen

B

a

b

Abbildung 2.57: Modell zur Ermittlung der Sichtweiten auf Richtungsfahrbahnen in Linkskurven nach RAA (FGSV, 2008)

57

2.5

Methodische Vorgaben zur Verkehrssicherheitsbetrachtung

Verkehrssicherheit ist ein vorrangiges Ziel der dem Straßenentwurf zu Grunde liegenden Richtlinien. Unfallanalysen stellen eine geeignete Methode zur Bewertung der Sicherheit von Straßen bzw. einzelner Straßenabschnitte dar. Möglichst genaue Aufzeichnungen über das Verkehrsunfallgeschehen dienen als Basis dafür. Die ortsbezogene Auswertung von Straßenverkehrsunfällen dient dazu, unfallauffällige Bereiche aufzudecken und näher zu untersuchen. Das wichtigste Ziel ist zu ermitteln, wo eine Unfallhäufung vorliegt und worauf die dort aufgetretenen Unfälle zurückzuführen sind. Für die örtliche Unfalluntersuchung sollten möglichst alle bekannten Unfälle berücksichtigt werden (ISK, FGSV 2001). Da schwere Unfälle anderen Gesetzmäßigkeiten als leichte folgen, werden unterschiedliche Unfalltypen-Steckkarten geführt: Einjahreskarte (1-JK) Sie gilt für einen Betrachtungszeitraum von 12 Monaten und beinhaltet alle der Polizei bekannten Unfälle. Dreijahreskarte (3-JK) Sie umfasst einen Zeitraum von 36 Monaten und enthält alle der Polizei bekannten Unfälle mit schwerem und leichtem Personenschaden. Im außerörtlichen Straßennetz wird vom Institut für Straßenverkehr Köln (ISK) als sinnvoll angesehen, nur die Unfälle mit schwerem Personenschaden aus der Dreijahreskarte zu betrachten. Die Aufgaben der Dreijahreskarte der Unfälle mit schweren Folgen sind zum einen das Erkennen von Bereichen, in denen regelmäßig vermehrt schwere Unfälle geschehen sind, und zum anderen das Erkennen der Schwere von den auffälligen Bereichen der Einjahreskarte. Grundvoraussetzung für Unfalluntersuchungen ist die Einteilung der Unfälle in entsprechende Unfalltypen, die jeweils die verkehrstechnische Konstellation, die zum Unfall geführt hat, beschreiben. Die Definitionen und Bezeichnungen der sieben Unfalltypen sind dem Institut für Straßenverkehr Köln (ISK) des GDV (FGSV, 2000) zu entnehmen. Bei der Beschreibung des Verkehrsunfallgeschehens erfolgt auch eine Beurteilung nach Unfallkategorien. Die Unfallkategorie (schwerste Unfallfolge) wird durch den größten Schaden, den mindestens ein am Unfall Beteiligter erlitten hat, bestimmt. Vom statistischen Bundesamt werden sechs Unfallkategorien unterschieden und diese sind im ISK des GDV (FGSV, 2000) tabellarisch beschrieben. Erkennen von unfallauffälligen Bereichen Unfallauffällige Bereiche werden durch die Absolutzahlen des Unfallgeschehens bestimmt und können durch Unfallhäufungsstellen oder Unfallhäufungslinien aufgedeckt werden. Unfallhäufungsstellen (UHS) liegen vor, wenn an einer Straßenstelle mit geringer Längenausdehnung gehäuft Unfälle auftreten. Um eine Unfallhäufungsstelle zu definieren, wird eine Mindestanzahl von Unfällen in der Einjahreskarte und/oder Dreijahreskarte vom Institut für Straßenverkehr Köln (ISK) festgesetzt, die erreicht bzw. überschritten werden soll (Tabelle 2.8).

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Grenzwerte

Betrachtungszeitraum

Anzahl Unfälle

[Monate]

1-Jahreskarte

5 (gleichartige)

12

3-Jahreskarte (P)

5

36

3-Jahreskarte (SP)

3

36

Unfalltypen-Steckkarte

Tabelle 2.8:

Grenzwerte für Unfallhäufungsstellen nach ISK (FGSV, 2000)

Die Unfallhäufungslinien (UHL) sind Unfallhäufungen entlang längerer Streckenabschnitte. Unfallhäufungslinien werden dann betrachtet, wenn sie in der drei Jahreskarte der Unfälle mit schwerem Personenschaden auftreten und sollen anhand der optischen Unfalldichte abgegrenzt werden. Auffällig ist eine Linie dann, wenn sich drei oder mehr Unfälle mit schwerem Personenschaden ereignet haben oder mindestens ein Unfall mit schwerem Personenschaden je Kilometer geschehen ist. Unfallkosten Durch die Unfallkosten werden die volkswirtschaftlichen Verluste durch Straßenverkehrsunfälle gemessen und die Anzahl und Schwere der Unfälle zusammengefasst. In Abhängigkeit von der Unfallkategorie werden für den Preisstand 2000 die folgenden mittleren (pauschalen) Unfallkostensätze (WU) für Autobahnen in der Tabelle 2.9 zusammengefasst. Die Unterschiede zwischen den Unfallkostensätzen der Unfälle mit Personenschaden entstehen daraus, dass bei 100 Unfällen mit schwerem Personenschaden auf Autobahnen mehr Personen verunglückt werden als auf allen anderen Straßenkategorien. Die pauschalen Unfallkostensätze widerspiegeln aber die tatsächlich entstehenden Unfallkosten sehr allgemein und bei ihrer Verwendung können zeitliche Strukturänderungen im Unfallgeschehen und/oder örtliche Strukturabweichungen nicht berücksichtigt werden. Hingegen werden bei der Berechnung angepasster Unfallkosten Veränderungen in der Struktur der Verunglückten (Anzahl der getöteten, schwer verletzten oder leicht verletzten Personen bei Unfällen mit Personenschaden) berücksichtigt und bewertet. Durch die angepassten Unfallkosten werden die pauschalen Unfallkosten der Unfälle mit Personenschaden verändert. Zur Bestimmung angepasster Unfallkosten wird vorausgesetzt, dass die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden U(P), unterschieden nach Unfällen mit schwerem Personenschaden U(SP) und leichtem Personenschaden U(LV) und die Anzahl der Getöteten (GT), Schwerverletzten (SV) und Leichtverletzten (LV) bekannt sind. Außerdem soll die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden außerorts mindestens 100 U(P) betragen, damit aussagefähige Vergleiche möglich sind. Wenn die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden auf Autobahnen U(P) ≥ 10 (entspricht im Durchschnitt etwa 3 U(SP)) sollen die Unfälle mit schwerem Personenschaden und die Unfälle mit leichtem Personenschaden mit den entsprechenden pauschalen Unfallkostensätzen aus Tabelle 2.9 nach der folgenden Formel getrennt bewertet werden. UK(P) = U(SP) ⋅ WU(SP) + U(LV ) ⋅ WUa(LV )

[Euro]

Die Kosten der Unfälle mit schwerem Sachschaden werden nach der folgenden Gleichung berechnet. UK(SS) = U(SS) ⋅ WU(SS)

[Euro]

59

Autobahnen

Unfall mit Getöteten oder Schwerverletzten WU(SP)

Unfall mit Leichtverletzten WU(LV)

Unfall mit Personenschaden WU(P)

Schwerwiegender Unfall mit Sachschaden WU(SS)

Sonstiger Unfall mit Sachschaden WU(LS)

Unfall mit Sachschaden WU(S)

1+2

3

1+2+3

4+6

5

4+5+6

300.000

31.000

105.000

18.500

8.000

10.500

Unfallkategorie Unfallkostensätze WU [€/U]

Tabelle 2.9:

Pauschale Unfallkostensätze in Abhängigkeit von der Unfallkategorie Preisstand 2000 (FGSV, 2000)

Für Autobahnen beträgt der pauschale Unfallkostensatz für schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden WU(SS) = 18.500 €/U. Die angepassten Unfallkostensätze werden wie folgt ermittelt: WUa(SP) = WUa(P) =

V(GT ) ⋅ WV (GT ) + V(SV ) ⋅ WV (SV ) + V(LV ) ⋅ WV (LV ) + U(SP) ⋅ WUS(SP) U(SP)

V(GT ) ⋅ WV (GT ) + V(SV ) ⋅ WV (SV ) + V(LV ) ⋅ WV (LV ) + U(P) ⋅ WUS(P) U(P)

WUa(LV ) =

V(LV ) ⋅ WV (LV ) + U(LV ) ⋅ WUS(LV ) U(LV )

[Euro/U]

[Euro/U]

[Euro/U]

Für die Berechnung angepasster Unfallkosten werden nur die Unfallkosten der Unfälle mit Personenschaden betrachtet, während die Unfallkosten der Unfälle mit Sachschaden mit pauschalen Kostensätzen ermittelt werden. Demzufolge berücksichtigen angepasste Unfallkosten die Unterschiede in der Struktur der verunglückten Personen, aber nicht in der Höhe der Sachschadenkosten. Die Kostensätze für Verunglückte (WV) werden in Tabelle 2.10 dargestellt. Schwere der Verletzung

GT: Getötet

Tabelle 2.10:

Kostensatz WV [€/Person] 1.250.000

SV: Schwerverletzt

85.000

LV: Leichtverletzt

3.750

Kostensätze WV für Verunglückte (Preisstand 2000)

Die angepassten Unfallkosten werden wie folgt berechnet: UKa(P) = U(SP) ⋅ WUa(SP) + U(LV ) ⋅ WUa(LV ) = U(P) ⋅ WUa(P)

[Euro]

Während die Unfallkosten der Unfälle mit Personenschaden angepasst werden, sind die Unfallkosten der Unfälle mit schwerem Sachschaden mit den pauschalen Kostensätzen aus der Tabelle 2.9 zu ermitteln.

60

Unfallkostenraten (UKR) und Unfallkostendichten (UKD) Durch Unfallkostenraten werden die entsprechenden durchschnittlichen volkswirtschaftlichen Kosten durch Straßenverkehrsunfälle beschrieben, die bei einer Fahrleistung von 1000 Kraftfahrzeugen pro Kilometer in diesem Straßenabschnitt entstanden sind. Somit wird durch diese Kenngrößen zusätzlich die Unfallschwere berücksichtigt.

UKR =

1000 ⋅ UK 365 ⋅ DTV ⋅ L ⋅ t

[€/(1000 Kfz.km)]

mit UK

Unfallkosten (€) in t Jahren.

Im Regelwerk RAS-Q (FGSV, 1996) sind mittlere Unfallkostenraten für Streckenabschnitte mit Regelquerschnitten angegeben (Bild A-19, RAS-Q). Zum Vergleich mit den berechneten Unfallkostenraten für die auf der BAB A72 vorhandenen Regelquerschnitte RQ 29 (modifizierter Querschnitt) und RQ 26 werden die mittleren Unfallkostenraten entsprechend für RQ 29,5 und RQ 26 verwendet. Umgerechnet in Euro ergeben sich die folgenden mittleren Unfallkostenarten (Preisstand 1995): •

UKR = 17 für RQ 29,5



UKR = 18 für RQ 26

In den Empfehlungen für die Sicherheitsanalyse von Straßennetzen (ESN, FGSV 2003) werden Grundunfallkostenraten (gUKR) für Autobahnen für 2 unterschiedlich ausgewertete Unfallkategorien angegeben (Preisstand 2000): •

gUKR = 11 €/(1000 Kfz.km) für Unfallkategorien 1 bis 4 und 6 (P,SS)



gUKR = 15 €/(1000 Kfz.km) für Unfallkategorien 1 bis 6 (P,S)

Die Unfallkostendichten beziffern die entsprechenden durchschnittlichen volkswirtschaftlichen Kosten (in 1000 €/a) durch Straßenverkehrsunfälle, die auf 1 km Länge des Straßenabschnitts entstanden sind. Sie lassen sich nach der folgenden Formel berechnen:

UKD =

UK 1000 ⋅ L ⋅ t

[1000 €/(km.a)]

Die Grundunfallkostendichte wird wie folgt berechnet: gUKD =

gUKR ⋅ DTV ⋅ 365 10 6

[1000 €/(km.a)]

Unfallraten (UR) und Unfalldichten (UD) Die Verkehrssicherheit eines Straßenabschnitts wird durch Unfallraten (UR) beschrieben. Durch die Unfallrate wird die durchschnittliche Anzahl der Unfälle ermittelt, die auf eine Fahrleistung von 1 Mio. Kfz pro Kilometer entfallen. Somit ist die Unfallrate "ein Maß für das (fahrleistungsbezogene) Risiko des Verkehrsteilnehmers, in einen Unfall verwickelt zu werden oder dabei zu verunglückten" (ISK, FGSV 2000). Für Streckenabschnitte wird die Unfallrate nach der folgenden Formel berechnet:

UR =

10 6 ⋅ U 365 ⋅ DTV ⋅ L ⋅ t

[U/(10 6 Kfz ⋅ km)]

61

mit U DTV L t

Anzahl Unfälle (U) in t Jahren Verkehrsstärke Abschnittslänge Betrachtungszeitraum in Jahren

[Kfz/24 h] [km] [a].

Durch Unfalldichten (UD) wird die mittlere jährliche Anzahl der Unfälle oder Verunglückten, die in einem bestimmten Zeitraum auf einem Kilometer Straßenlänge entfallen. Sie werden nach den folgenden Formeln berechnet: UD =

U L⋅t

[U/(km ⋅ a)]

Eine geeignete Methode zur Analyse des Sicherheitsgrads von Streckenabschnitten ist die Berechnung der Sicherheitspotenziale nach ESN (FGSV, 2003). Berechnung des Sicherheitspotenzials nach ESN (FGSV, 2003) In den Empfehlungen für die Sicherheitsanalyse von Straßennetzen (ESN, FGSV 2003) wird der Sicherheitsgrad unterschiedlicher Streckenabschnitte durch Sicherheitspotenziale bestimmt. Für eine angemessene Berücksichtigung der Unfälle mit schwerem Personenschaden ist ein Betrachtungszeitraum von mindestens drei Jahren zweckmäßig. Die Ermittlung des Sicherheitspotenzials setzt die Berechnung der mittleren jährlichen Unfallkosten UKa voraus. Im Regelfall sind nur die Unfälle mit Personenschaden U(P) und die schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden U(SS) (Unfallkategorien 1 bis 4 und 6) bekannt und die mittleren jährlichen Unfallkosten werden nach den folgenden Formeln berechnet: [€/a]

UK a (P, SS) = UK a (P) + UK a (SS) UK a (P) =

U(SP) ⋅ WU(SP) + U(LV ) ⋅ WU(LV ) t

UK a (SS) =

U(SS) ⋅ WU(SS) t

[€/a] [€/a]

Die Unfallkostensätze (WU(k)) zur Bewertung des Unfallgeschehens in Abhängigkeit von der Unfallkategorie für Autobahnen sind in Tabelle 2.11 dargestellt. Autobahnen

Unfall mit schwerem Personenschaden U(SP)

Unfall mit leichtem Personenschaden U(LV)

Schwerwiegender Unfall mit Sachschaden U(SS)

Sonstiger Unfall mit Sachschaden U(LS)

Unfall mit Sachschaden U(S)

Unfallkategorie

1+2

3

4+6

5

4+5+6

315.000

31.000

18.500

8.000

10.500

Unfallkostensätze WU [€/U]

Tabelle 2.11:

Unfallkostensätze nach ESN (FGSV, 2003)

Zur Ermittlung des Sicherheitspotenzials soll die untersuchte Strecke in Abschnitte aufgeteilt werden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten für die Abschnittsbildung:

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Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur

Eine Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur ist angemessen, wenn eine Karte des Unfallgeschehens nicht zur Verfügung steht oder wenn das Unfallgeschehen im Zusammenwirken mit anderen Einflussgrößen im Straßennetz analysiert werden soll. •

Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens

Eine Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens ist angemessen, wenn Dreijahreskarten der Unfälle mit schwerem Personenschaden verfügbar sind und keine anderen Abschnittsgrenzen erforderlich sind. Wichtige Voraussetzung für diese Abschnittsaufteilung ist eine Mindestanzahl von drei Unfällen mit schwerem Personenschaden innerhalb eines Abschnitts. Falls U(SP) ≤ 3 ist, sollte dieser Abschnitt mit einem benachbarten Abschnitt zusammengefasst werden. Als Alternative wird eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums angegeben (ESN, FGSV 2003). Das Sicherheitspotenzial (SIPO) eines Straßenabschnittes wird als Unterschied zwischen den bei richtlinienkonformem Ausbau zu erwartende Unfallkosten und den vorhandenen Unfallkosten. Es wird aus der Differenz zwischen der vorhandenen Unfallkostendichte und der Grundunfallkostendichte ermittelt. SIPO = UKD – gUKD

[1000 €/(km.a)]

Die vorhandene jährliche Unfallkostendichte und die Grundunfallkostendichte werden nach den folgenden Formeln berechnet: UKD =

UK a 1000 ⋅ L

gUKD =

gUKR ⋅ DTV ⋅ 365 106

[1000 €/(km.a)] [1000 €/(km.a)]

Auch die zu erwartende Verkehrsentwicklung kann bei der Sicherheitsbewertung von Straßennetzen berechnet werden. Dafür müssen die prognostizierten Verkehrsstärken (pDTV) bekannt sein. Das Sicherheitspotenzial ergibt sich wie folgt: pSIPO =

SIPO ⋅ pDTV DTV

[1000 €/(km.a)]

Die berechneten positiven Sicherheitspotenziale werden auch anhand einer Lorenzkurve dargestellt. Die Lorenzkurve (Max Otto Lorenz, 1905) dient zur grafischen Darstellung von statistischen Verteilungen und ermöglicht die Veranschaulichung des Ausmaßes an Ungleichheit. Eine wichtige Eigenschaft der Lorenzkurve ist, dass sie von der Ideallinie (45°) immer durch Wölbung nach unten abweicht (Konvexität). Damit die Lorenzkurve richtig aufgestellt werden kann, müssen die SIPO-Werte nach ihrer Größe aufsteigend sortiert werden.

2.6

Schlussfolgerungen für die Untersuchung

Die Optik spielt entscheidende Rolle für die sichere Führung eines Fahrzeugs. Die Erforschung des Blicks der Fahrer auf Autobahnen stellt daher eine herausfordernde Aufgabe für den Straßenentwurf und die Verkehrssicherheit dar. Deshalb ist es notwendig, bei dem Vorhandensein moderner Messtechnik, das Blickverhalten der Kraftfahrer bei Realfahrten auf Autobahnen zu untersuchen. Aus der Literaturauswertung wird deutlich, dass die Geometrie der Straße einen bedeutsamen Einfluss auf das Wahrnehmungsverhalten, die Blickorientierung und die Informationserfassung und -verarbeitung ausübt. Ob die vorhan-

63

dene Sichtweite und die erhöhte Unfallauffälligkeit bestimmter Streckenabschnitte bzw. Links- und Rechtskurven einen Einfluss auf das Blickverhalten der Fahrer auf Autobahnen haben, ist bisher noch nicht erforscht worden. Dies macht eine neue Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Blickverhalten, Sichtweite, Verkehrssicherheit und Größe des Kurvenradius erforderlich. Für die Konzeption der Untersuchung können aus den Ergebnissen der Literaturauswertung mehrere Schlussfolgerungen gezogen werden: •

Für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Streckencharakteristik und Fahrverhalten sind als maßgebende Größen die Sichtweite, der Kurvenradius, die Kurvigkeit und die Längsneigung zu analysieren. Da auf der Bundesautobahn A72 lediglich zwei Regelquerschnitte vorhanden sind, kann die Fahrbahnbreite entfallen. Der Kurvenradius prägt den Lageplan am stärksten. Aufgrund der großzügigen Trassierung der Autobahnen, hat der Kurvenradius jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf das Geschwindigkeitsverhalten. Da in der Literatur bisher kein Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen ermittelt werden konnte, stellt die Kurvigkeit auch eine Entwurfsgröße dar, die für das Fahrverhalten von untergeordneter Bedeutung ist. Die Literaturauswertung zeigt, dass von allen streckencharakteristischen Parametern nur die Längsneigung einen Einfluss auf das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen hat. Es wurde festgestellt, dass die Geschwindigkeitsabnahme auf Steigungsstrecken nicht nur von der Größe der Steigung, sondern auch von der Länge der Steigungsstrecke abhängig ist. Bezüglich des Einflusses der Sichtweite auf das Fahrverhalten auf Autobahnen sind widersprüchliche Ansichten vorhanden. Die Sichtweite korreliert stark mit den Parametern Kurvigkeit bzw. Krümmung, Fahrbahnbreite und Längsneigung und beeinflusst allein das Geschwindigkeitsverhalten nicht. Diese Zusammenhänge werden in der vorliegenden Untersuchung noch einmal nachgeprüft.



Für die Untersuchung der Abhängigkeiten zwischen Streckencharakteristik und Verkehrsunfallgeschehen werden dieselben Parameter (Sichtweite, Kurvenradius, Kurvigkeit und Längsneigung) betrachtet. Aus der Fachliteratur wird deutlich, dass bei kleinen Kurvenradien steigende Unfallzahlen vorliegen. Wiederum sind die Feststellungen bezüglich des Einflusses der Sichtweite widersprüchlich. Ob die eingeschränkte Sichtweite die Ursache für ein erhöhtes Unfallgeschehen ist, bleibt umstritten. Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Kurvigkeit und Unfallkennzahlen, sind in der Fachliteratur keine Untersuchungen auf Autobahnen vorhanden. Aus der Literaturauswertung wird klar, dass die Längsneigung keinen eindeutigen Einfluss auf das Unfallgeschehen auf Autobahnen hat. Da die Abhängigkeiten zwischen den ausgewählten Entwurfsparametern und den Unfallkennzahlen für Autobahnen nicht eindeutig und unumstritten bestimmt worden sind, werden sie in der vorliegenden Arbeit überprüft.



Die durch Verfolgungsfahrten aufgezeichneten Geschwindigkeiten werden mit den Geschwindigkeiten der Querschnittsmessungen statistisch verglichen und anschließend werden die Perzentilgeschwindigkeiten in Form von Geschwindigkeitsbändern über die Messstrecke dargestellt. Die Bestimmung der Perzentilgeschwindigkeiten ist eine wichtige Voraussetzung für die Analyse der Einflüsse der streckencharakteristischen Parameter auf das Fahrverhalten.



Von allen Unfalltypen werden in die Auswertung des Unfallgeschehens nur die Fahrunfälle (Unfalltyp 1) und die Unfälle im Längsverkehr (Unfalltyp 6) einbezogen. Die für die zu untersuchenden Zusammenhänge verwendeten Unfallkennzahlen sind die Unfallrate und –dichte und die Unfallkostenrate und –dichte.

64



Zur Bewertung des Sicherheitsgrads der Streckenabschnitte wird das Sicherheitspotenzial angewandt. Für die Analysen der Unterschiede im Blickverhalten zwischen gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten wird eine Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens vorgenommen.

Bei der Informationsaufnahme im Straßenverkehr ist der visuelle Sinneskanal von übergeordneter Bedeutung. Das Blickverhalten ist bisher bei Realfahrten auf Autobahnen nur wenig erforscht und es besteht diesbezüglich ein großer Untersuchungsbedarf. Ob eine Relation zwischen der vorhandenen Sichtweite und dem Blickverhalten der Fahrer besteht, wurde bisher noch nicht untersucht. Außerdem sind Unterschiede im Blickverhalten auf unterschiedlich unfallbelasteten Streckenabschnitte sehr unzureichend durchforscht worden. Aus den Ergebnissen der Literaturauswertung bezüglich des Blickverhaltens wurden die folgenden Schlussfolgerungen für die weitere Untersuchung gezogen: •

Vereinfachend kann der Blick als eine Anreihung von Fixationen und Saccaden beschrieben werden. Zur Bestimmung einer Fixation wird der modifizierte Algorithmus nach JACOB (1995) verwendet. Das Blickverhalten kann mithilfe zahlreicher Blickverhaltensmaße untersucht und analysiert werden. Die für die vorliegende Untersuchung wichtigsten Maße sind die Mittlere Fixationsdauer, der Zeitanteil der Fixationen, die Standardabweichung bis Blickwinkels, die Scanpfadlänge, die zeitlich normierte Anzahl der Saccaden, der zeitlich normierte Index der räumlichen Dichte (Feldindex/s) und das PRC-Maß. Diese Maße können Aufschlüsse über die Aufmerksamkeit und die Beanspruchung der Fahrer, die zeitliche und räumliche Konzentration des Blicks und die Intensität der Informationsaufnahme und –verarbeitung geben.



Aus der Literatur wird deutlich, dass die Lageplangeometrie in erheblichem Maße das Blickverhalten der Kraftfahrer beeinflusst. Aus diesem Grund wird untersucht, wie sich die Beanspruchung und die Aufmerksamkeit der Fahrer einerseits zwischen geraden Strecken und Kurven, und andererseits zwischen Links- und Rechtskurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite unterscheiden. Die genaue Bestimmung der Fixationsstellen ermöglicht die Analyse, welche Blickverhaltensmuster in Linkskurven, Rechtskurven und Geraden vorliegen und welche Differenzen zu entdecken sind. Die Befunde in der Fachliteratur bezüglich der Anhäufungen von Fixationen, sind zu überprüfen.



Da Unterschiede im Blickverhalten zwischen engen Kurven und Kurven mit großen Radien erwartet werden, sollen die Blickverhaltensmaße auch in Abhängigkeit von der Größe des Kurvenradius analysiert werden. Da die Größe der Kurvenradien auch mit dem Unfallgeschehen in Verbindung steht, sind im Ergebnis der Blickverhaltensanalyse auch Aussagen dazu möglich.



Anhand der methodischen Vorgaben zur Verkehrssicherheitsbetrachtung werden die ausgewählten Blickverhaltensmaße zwischen gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven sowie zwischen den anhand des Sicherheitspotenzials definierten gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten verglichen um die Veränderungen im Blickverhalten der Kraftfahrer zu analysieren.

65

3 3.1

Untersuchungsmethodik Vorgehensweise der Untersuchung

Die Literaturauswertung zeigte deutlich, dass es wenig Forschung zum Blickverhalten des Fahrers auf Autobahnen gibt, insbesondere in Abhängigkeit von der Lageplangeometrie, der Unfallbelastung bestimmter Streckenabschnitte, und der vorhandenen Sichtweite. Mit der vorliegenden Arbeit wird darauf gezielt, diesen Forschungsbedarf durch eine umfangreiche Untersuchung zu diesem Thema zu reduzieren. Die Untersuchungsmethode baut auf Analysen zum Wahrnehmungsverhalten, Informationserfassung und -verarbeitung durch die Fahrer, Blickorientierung, Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit auf. Dafür werden sowohl der Ansatz von Ingenieurwissenschaft und Verkehrspsychologie als auch die Anwendung moderner Messtechnik vorausgesetzt. Zur Durchführung der Untersuchungen zum Blickverhalten und seinen Zusammenhängen mit Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit ist es vorerst notwendig, die Streckencharakteristik, das Geschwindigkeitsverhalten und das Unfallgeschehen zu erfassen und die über die gesamte Strecke vorhandene Sichtweite zu berechnen. Zunächst sollen in der vorliegenden Arbeit die Einflüsse ausgewählter streckencharakteristischer Parameter auf das Fahrverhalten der Kraftfahrer ohne Einbeziehung des Blickverhaltens analysiert werden. Dafür muss die Geometrie der Untersuchungsstrecke in den drei Entwurfsebenen vollständig bekannt sein. Es werden die Zusammenhänge zwischen den Parametern (Kurvenradius, Sichtweite, Kurvigkeit und Längsneigung) und dem Fahrverhalten untersucht und mit den Ergebnissen aus der Fachliteratur verglichen. Die Geschwindigkeiten frei fahrender Kraftfahrzeuge müssen dafür gemessen werden, und es sollen Geschwindigkeitsprofile der berechneten Perzentilgeschwindigkeiten über die Messstrecke erstellt werden. Ein weiterer Bestandteil der vorliegenden Arbeit ist die Analyse der Wechselwirkung zwischen den ausgewählten streckencharakteristischen Parametern und dem Unfallgeschehen. Dafür müssen alle Unfälle, die in den letzten Jahren auf der Untersuchungsstrecke geschehen sind, verfügbar sein. Zur Auswertung kommen lediglich diejenigen in Betracht, die mit der Streckencharakteristik in Verbindung stehen und für die Ziele der Untersuchung relevant sind. In Betracht kommen lediglich die Fahrunfälle und die Unfälle im Längsverkehr, wobei die im Bereich der Knotenpunkte geschehenen Unfälle nicht miteinbezogen werden. Unfälle bei Nacht und Unfälle an Baustellen müssen auch ausgeschlossen werden. Für die Untersuchung der Zusammenhänge müssen die Unfallkenzahlen wie Unfallrate und –dichte, Unfallkostenrate und –dichte und Sicherheitspotenzial berechnet werden. Wenn tendenzielle Abhängigkeiten vorhanden sind, sollen Grenzwerte angegeben werden, über bzw. unter denen ein erhöhtes Unfallrisiko vorliegt. Als nächstes soll das Blickverhalten der Kraftfahrer untersucht und interpretiert werden. Die Verhältnisse bezüglich der Beanspruchung und der Aufmerksamkeit beim Fahren entlang geraden Strecken und innerhalb von Kurven sind nicht gleich. Die Blickverhaltensweise unterscheidet sich außerdem nach Links- und Rechtskurven mit bestimmten Blickmustern, wie aus der Literaturauswertung deutlich wurde. Aus diesem Grund sollen, mithilfe der Blickverhaltensanalyse, die Unterschiede im Blickverhalten einerseits zwischen den beiden Lageplanelementen und andererseits zwischen Links- und Rechtskurven im Zusammenhang mit dem Parameter Sichtweite untersucht und diskutiert werden. Dadurch wird erforscht, ob und wie stark die vorhandene Sichtweite das Blickverhalten beeinflusst, und über bzw. unter welcher Sichtweite klare Veränderungen in der Blickverhaltensweise,

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der Aufmerksamkeit und der Beanspruchung auftreten. Dabei sollen die Ergebnisse des Blickverhaltens im Sichtweitenbereich zwischen 200 m und 500 m auf der Autobahn mit denen auf Landstraßen verglichen werden. Es ist noch festzustellen, ob und welche Unterschiede im Blickverhalten der Fahrer zwischen unterschiedlich unfallbelasteten Streckenabschnitten zu verzeichnen sind. Das Unfallgeschehen wird oft durch Mängel in der Streckencharakteristik verursacht. Solche Mängel werden von den Fahrern bemerkt und es wird vermutet, dass die höhere Beanspruchung in unfallträchtigen Abschnitten eine erhöhte Zuwendung bzw. Konzentration des Blicks voraussetzt. Aus diesem Grund sind solche Abschnitte besonders kritisch zu beäugen. Dafür werden einerseits die Blickverhaltensmaße in gefährlichen und ungefährlichen Kurven miteinander verglichen, andererseits werden die Unterschiede zwischen den Blickverhaltensmaßen in längeren unfallauffälligen und unfallfreien Abschnitten interpretiert. Zur Unterscheidung zwischen gefährlichen und ungefährlichen Kurven sind Kriterien anhand der Unfallanzahl und der Unfallkennzahlen zu definieren. Für die Bestimmung der Sicherheitsgrade von Streckenabschnitten ist das Sicherheitspotenzial zu benutzen. Mit seiner Hilfe lassen sich unfallauffällige von unfallunauffälligen Streckenabschnitten eindeutig abtrennen. Weiterhin soll untersucht werden, ob der Kurvenradius das Blickverhalten beeinflusst. Durch den Vergleich zwischen den Mittelwerten der Blickmaße bei kleinen und großen Kurvenradien können indirekt auch die Unterschiede im Blickverhalten in unterschiedlich unfallbelasteten Kurven analysiert werden.

3.2

Auswahl der Untersuchungsstrecken und Aufnahme der Streckencharakteristik

Für die Ziele dieser Arbeit ist der Auswahl von Autobahnstrecken, die bezüglich der Streckencharakteristik und des Unfallgeschehens interessant sind, von übergeordneter Bedeutung. Für die Untersuchung des Blickverhaltens der Kraftfahrer sowie des Unfallgeschehens wurde die Bundesautobahn A72 zwischen Hof und Chemnitz ausgewählt, die eine der ältesten Autobahnen Deutschlands ist, und sich durch eine inhomogene Streckencharakteristik auszeichnet. In den 30er Jahren war die A72 ursprünglich als „Eckverbindung“ der Grundnetzstrecken Berlin – Nürnberg und Frankfurt – Dresden geplant. Heute stellt die A72 die Verbindung zwischen der A4 (Bad Hersfeld – Erfurt – Chemnitz – Dresden – Polen) und der A9 (München – Nürnberg – Leipzig – Berlin) großräumig her. Die A72 wurde im Zeitraum von 1990 bis 1995 neu ausgebaut, wobei sich die Achse und die Gradiente eng an die ursprüngliche Planung der 30er Jahre anlehnen sollten. Die Planung hatte zum Ziel, die bereits vorhandene Linienführung weitestgehend beizubehalten und den Ausbau innerhalb der vorhandenen Grundstücksgrenzen durchzuführen. Verbesserungen der Trassierung in Lage- und Höhenplan mussten nur in geringem Maße vorgenommen werden. Die Planung umfasste die Erneuerung der 1. Fahrbahn und dem Anbau der 2. Fahrbahn. Solcher Ausbau vorhandener Autobahnen mit bestandsnaher Trasse, verbesserter Gradiente (größere Ausrundungshalbmesser, geringere Längsneigungen) und verbessertem Querschnitt kann zu Unstimmigkeiten in der räumlichen Linienführung zur Folge haben. Insbesondere können dabei unzureichende Sichtweiten, Unstetigkeiten und eine Gefahr vor Fehlinterpretationen der Raumelemente auftreten. Dadurch können solche Trassierungen eine negative Auswirkung auf die Verkehrssicherheit haben. Dieses Problem ist aus der Literatur bekannt, aber wissenschaftlich noch nicht ausreichend aufgearbeitet worden.

67

Aus diesen Gründen ist die Bundesautobahn A72 mit ihrer Linienführung und ihrem überdurchschnittlichen Unfallaufkommen für die Zwecke der Untersuchung besonders gut geeignet. Im Einzelnen wurden sieben Teilstrecken untersucht. Der Ausbau dieser Teilabschnitte wurde im Jahre 1995 beendet und die Strecke von der Landesgrenze bis Zwickau-Ost stand ohne weitere Unterbrechungen durch Baumaßnahmen dem Verkehr zweibahnig zur Verfügung. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Landesgrenze Bayern/Sachsen – AS Pirk AS Pirk – AS Plauen-Süd AS Plauen-Süd – AS Plauen-Ost AS Plauen-Ost – AS Treuen AS Treuen – AS Reichenbach AS Reichenbach – AS Zwickau-West AS Zwickau-West – AS Zwickau-Ost

Da ab AS Zwickau-Ost in Richtung Chemnitz die alten Richtungsfahrbahnen während der laufenden Untersuchungen neu ausgebaut wurden, konnten dort keine Messungen durchgeführt werden. Deshalb wurden diese Abschnitte in der Arbeit nicht betrachtet. Die geometrischen Parameter der gesamten Bundesautobahn A72 im Lageplan, Höhenplan und Querschnitt wurden als Planunterlagen vom Autobahnamt Sachsen zur Verfügung gestellt. Bei den ersten drei Teilstrecken handelte es sich um Vorplanungsunterlagen für den grundhaften Ausbau. Vorgesehen war ein Einschalten von Übergangsbögen zusammen mit einer Vergrößerung der Kuppen- und Wannenausrundungen auf diesen Abschnitten. Nach den Unterlagen sind die Kurven von der Landesgrenze Bayern/Sachsen bis AS Plauen-Ost jedoch ohne Übergangsbögen ausgebaut. Die Kurven in den anderen vier Abschnitten sind mit Klothoiden ausgeführt. Die Beschreibung der einzelnen Teilstrecken wird im Anhang I-1 dargestellt. Wegen den zwischen km 71+700 und km 74+093 durchgeführten Bauarbeiten wurde dieser 2,4 km lange Streckenabschnitt in die Untersuchung nicht mit einbezogen. Somit entfiel eine Kurve mit einem Radius von 1200 m, die kurz vor Zwickau-Ost liegt. Die reduzierte Länge des Untersuchungsabschnittes zwischen AS Zwickau-West und AS Zwickau-Ost war 8,925 km. Die sieben Teilstrecken ergeben insgesamt eine Länge von 56,0 km in jeder Fahrtrichtung. Die Kurven und die Geraden betragen entsprechend 49,5% und 50,5% der Gesamtlänge der Untersuchungsstrecke. Davon entfallen 24,3% auf Linkskurven und 25,2% auf Rechtskurven (Abbildung 3.1). Der Anteil der vorhandenen Kreisbögen an der Gesamtlänge beträgt 39,6%, von denen je 19,8% den Links- und den Rechtskurven entfallen, und der Anteil der Klothoiden ergibt sich zu 9,9% (Abbildung 3.2).

100.0

100.0

80.0

80.0

Häufigkeit an der Gesamtlänge [%]

Häufigkeit an der Gesamtlänge [%]

68

60.0 40.0 20.0 0.0

Reihe1

Linkskurven

Rechtskurven

Geraden

24.3

25.2

50.5

Abbildung 3.1: Anteil der Linkskurven, Rechtskurven und der Geraden an der Gesamtlänge

3.3

60.0 40.0 20.0 0.0

Reihe1

Kreisbögen

Klothoiden

Geraden

39.6

9.9

50.5

Abbildung 3.2: Anteil der Kreisbögen, Klothoiden und der Geraden an der Gesamtlänge

Abschnittsbildung zur Durchführung der Untersuchungen

Durch die grobe Einteilung der Untersuchungsstrecken in lange Abschnitte zwischen Netzknoten ist es nur möglich, die untersuchten Teilabschnitte zwischen den Netzknoten anhand des Sicherheitspotenzials nach ihrem Sicherheitsgrad einzustufen. Wie bereits erklärt wurde, ist diese Methode für die Untersuchung der Abhängigkeiten zwischen streckencharakteristischen Parametern, Geschwindigkeitsverhalten, Verkehrssicherheit und Blickverhalten nicht gut geeignet. Deshalb müssen diese langen Streckenabschnitte in kürzeren Abschnitten nach verschiedenen Methoden feiner aufgeteilt werden, um die gewünschten Zusammenhänge zu erforschen.

3.3.1

Methode des „gleitenden Durchschnitts“

Um den Einfluss der Kurvigkeit, der Sichtweite und der Längsneigung auf das Geschwindigkeitsverhalten und die Verkehrssicherheit zu untersuchen, wurde die Methode des "gleitenden Durchschnitts" angewandt. Dabei wurde ein Abschnitt, dessen Länge auf 500 m festgelegt war, in 100 m-Schritte gleitend über die gesamte Untersuchungsstrecke bewegt. In jedem 500 m langen Abschnitt wurde die Anzahl der Unfälle der Typen 1 und 6 bestimmt und die folgenden Parameter berechnet: • • • • • • • •

mittlere Kurvigkeit mittlere vorhandene Sichtweite mittlere Längsneigung Mittelwerte der Perzentilgeschwindigkeiten V85, V50 und V15 Geschwindigkeitsdifferenz zwischen V85 und V15 Geschwindigkeitsdifferenz zwischen der V85 am Ende und der V85 am Anfang jedes einzelnen Abschnitts Unfalldichte der Unfälle vom Typ 1 und Typ 6 Unfallrate der Unfälle vom Typ 1 und Typ 6.

Damit die Zusammenhänge nur für die freie Strecke gelten, wurden Knotenpunktbereiche aus der Untersuchung ausgeschlossen. Bei allen Zusammenhängen stellen die streckencharakteristischen Parameter, die in Klassen aufgeteilt wurden, die unabhängigen Variab-

69

len dar. Die abhängigen Variablen waren die Geschwindigkeiten, die Geschwindigkeitsdifferenzen und die Unfallkenngrößen. Durch die großzügige Trassierung der Autobahn sind die Kurvigkeiten sehr klein und erreichen einen maximalen Wert von 75 gon/km. Untersucht man lediglich den Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Geschwindigkeit, ist eine Aufteilung der Kurvigkeiten dieser Größenordnung in Klassen nicht notwendig und sie können sogar in einer einzigen Klasse zusammengefasst werden. Aus der Literaturanalyse wurde deutlich, dass auf Landstraßen eine Kurvigkeit bis ca. 100 gon/km keinesfalls das Geschwindigkeitsverhalten beeinflusst (LAMM U.A., 1999). Zur Überprüfung dieses Befundes und zur Bestimmung der Abhängigkeit zwischen Kurvigkeit und Unfallkenngrößen wurde in der vorliegenden Arbeit die Kurvigkeit in vier Klassen aufgeteilt: 1. Klasse: 2. Klasse: 3. Klasse: 4. Klasse:

0 gon/km < KU ≤ 20 gon/km 20 gon/km < KU ≤ 40 gon/km 40 gon/km < KU ≤ 60 gon/km 60 gon/km < KU ≤ 80 gon/km

Die Verteilung der einzelnen Kurvigkeitsklassen ist in Abbildung 3.3 dargestellt. Es wird deutlich, dass fast die Hälfte der gesamten Untersuchungsstrecke sehr geringe Kurvigkeiten (bis 20 gon/km) aufweist. Die Streckenabschnitte, die in den ersten zwei Kurvigkeitsklassen liegen, können bezüglich ihrer optischen und fahrdynamischen Wirkung auf den Kraftfahrer wie Geraden eingestuft werden. 54% 49%

48%

relative Häufigkeit [%]

43% 38% 32% 29% 27% 22% 17% 16% 11% 6%

5% 0%

20

40

60

Kurvigkeit [gon/km]

Abbildung 3.3: Verteilung der Kurvigkeiten auf der Autobahn A72

Die Sichtweiten wurden ebenso in Klassen gleicher Breite (50 m) aufgeteilt. Da das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges begrenzt ist und unbewegte Gegenstände auf eine Entfernung von maximal 500 m wahrgenommen werden können, wurden die folgenden 6 Klassen festgelegt: 1. Klasse: 2. Klasse: 3. Klasse: 4. Klasse: 5. Klasse: 6. Klasse:

200 m < vorh Sh ≤ 250 m 250 m < vorh Sh ≤ 300 m 300 m < vorh Sh ≤ 350 m 350 m < vorh Sh ≤ 400 m 400 m < vorh Sh ≤ 450 m 450 m < vorh Sh ≤ 500 m

Die Methode des „gleitenden Durchschnitts“ wurde auch zur Einteilung der Abschnitte nach ihrem Sicherheitsgrad mithilfe des Sicherheitspotenzials angewandt. Der erste Abschnitt mit einer Länge von 500 m wurde zu Beginn der Untersuchungsstrecke aus der jeweiligen Fahrtrichtung gesetzt. Falls weniger als 3 U(SP) innerhalb dieses Abschnitts geschehen waren, wurde dieser um weitere 100 m solange erweitert, bis mindestens 3

70

U(SP) vorhanden waren. Dort wurde die Grenze zum nächsten Abschnitt gezogen und das Sicherheitspotenzial berechnet. Damit das Blickverhalten der Fahrer im Zusammenhang mit dem Sicherheitspotenzial untersucht werden konnte, wurden für die Bundesautobahn A72 Grenzwerte des Sicherheitspotenzials ermittelt und drei Klassen gebildet (ungefährliche, mittelgefährliche und gefährliche Abschnitte). Um einen zuverlässigen Vergleich zwischen den Blickverhaltensmaßen in den gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten durchzuführen, wurden die ungefährlichen Abschnitte so ausgewählt, dass sie ähnliche Längen, Kurvigkeiten und mittlere Längsneigungen wie die gefährlichen Abschnitte haben. Insgesamt wurden für die Untersuchung fünf gefährliche und fünf ungefährliche Abschnitte mit einer Gesamtlänge von ca. 13 km ausgesucht, die diesen Anforderungen entsprachen. Ähnlich wie bei KRÜGER U.A. (2004) wurden die Längsneigungen in Klassen mit einer Breite von 2% aufgeteilt. Aus der Literaturanalyse wurde deutlich, dass Längsneigungen bis 4% auf Steigungsstrecken kaum einen Einfluss auf die Geschwindigkeit der immer leistungsfähigeren Pkw auf Autobahnen haben. Auf Gefällestrecken hängt das Geschwindigkeitsverhalten von der Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge nicht ab. Daher war es nicht zweckmäßig, die Längsneigungen bis 4% in Klassenbreiten von 1% aufzuteilen. Da die Anzahl der Steigungs- bzw. Gefällestrecken, die Längsneigungen größer ±4% aufwiesen, relativ gering war, erwies sich diese Klassenbreite als angemessen. Die Längsneigungen wurden in drei Klassen eingeteilt: Klasse Längsneigung

Steigung

Gefälle

1

0% < s ≤ 2%

0% > s ≥ -2%

2

2% < s ≤ 4%

-2% > s ≥ -4%

3

s > 4%

s < -4%

Tabelle 3.1:

3.3.2

Klassen Längsneigung

Kurven und Geraden

Um die Auswirkung des Kurvenradius auf die Geschwindigkeit und das Verkehrsunfallgeschehen zu untersuchen, mussten die Kreisbögen der Kurven und die Geraden getrennt betrachtet werden. Der minimale Kurvenradius auf der Autobahn A72 betrug 820 m und der maximale Radius - 5000 m. Die Kurvenradien wurden in fünf Klassen aufgeteilt, wobei die Klassenbreite mit zunehmendem Radius ebenfalls größer wurde (Abbildung 3.4). In der letzten Klasse (R > 5000 m) waren alle geraden Abschnitte enthalten. Rund die Hälfte der gesamten Untersuchungsstrecke entfiel auf diese Radienklasse. Für die Untersuchung des Blickverhaltens der Fahrer in Kurven, sollten die Geraden nicht mit einbezogen werden, deshalb wurde die letzte Klasse (R > 5000 m) ausgeschlossen. Die Kurven wurden demzufolge in vier Klassen eingeteilt, wobei die letzte Klasse alle Radien über 2500 m enthielt (Tabelle 3.2). Auswirkung auf Fahrverhal-

Auswirkung auf

ten und Unfallgeschehen

Blickverhalten der Fahrer

1

R ≤ 1000 m

R ≤ 1000 m

2

1000 m < R ≤ 1500 m

1000 m < R ≤ 1500 m

Radienklasse

71

Auswirkung auf Fahrverhal-

Auswirkung auf

ten und Unfallgeschehen

Blickverhalten der Fahrer

3

1500 m < R ≤ 2500 m

1500 m < R ≤ 2500 m

4

2500 m < R ≤ 5000 m

R > 2500 m

5

R > 5000 m

-

Radienklasse

Tabelle 3.2:

Radienklassen für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Kurvenradius, Fahrverhalten und Unfallgeschehen und zwischen Kurvenradius und Blickverhalten

Eine feinere Aufteilung wie z.B. in der Arbeit von LEUTZBACH / ZOELLMER (1988) war nicht zweckmäßig, weil die oberen Radienklassen (R > 1500 m) zum Teil nur gering oder überhaupt nicht besetzt waren und in den unteren Radienklassen das Ergebnis keinesfalls an Genauigkeit gewinnen konnte. 120

56%

Häufigkeit

49%

100

46%

80

37%

60

27%

28%

40

19% 11% 8%

20

9% 5%

0

0%

1000

1500

2500

5000

Kurvenradius [m]

Abbildung 3.4: Häufigkeitsverteilung der Kurvenradien auf der Autobahn A72

Für jede Kurve bzw. Gerade wurde der Mittelwert der Geschwindigkeiten V85 und die folgenden Unfallkenngrößen berechnet: •

Unfallrate



Unfallkostenrate



Unfalldichte



Sicherheitspotenzial

Es wurden zwei Arten von Kurven definiert: gefährliche und ungefährliche. Es sollte erforscht werden, welche Unterschiede im Blickverhalten zwischen besonders unfallträchtigen Kurven und Kurven, die gar keine oder nur wenige Bagatellunfälle aufwiesen, vorhanden waren. Nach grundhaften Überlegungen und Versuchen wurden dafür plausible Kriterien angesetzt, um die Kurven als "gefährlich" oder "ungefährlich" einzustufen. Dafür wurden die Kriterien für die Unfallhäufungsstellen des ISK (GDV, 2000) verwendet, wobei der Betrachtungszeitraum auf fünf Jahre verlängert wurde. Diese Möglichkeit wird in den Empfehlungen für die Sicherheitsanalyse von Straßennetzen (ESN, FGSV 2003) als Alternative angegeben. Eine Kurve wurde als gefährlich definiert, wenn innerhalb des Kreisbogens mindestens 3 U(SP) oder 5 U(P) geschehen sind. Wie im Abschnitt 3.6 bereits erklärt, beträgt die in Deutschland auf Autobahnen ermittelte mittlere Unfallrate der Unfälle mit Personenschaden (ELSNER, 2007) für das Jahr 2004 UR(P) = 0,10 [U/(106 Kfz.km)]. Dieser Wert wurde auch in der Analyse des Unfallgeschehens für 2004 auf Straßen des

72

überörtlichen Verkehrs in Rheinland-Pfalz (LSV, 2004) sowie von BASt (Oktober 2005) ermittelt (siehe Anhang III-1). Unter Berücksichtigung dieser Grenze und anhand von eigenen Berechnungen und Erfahrungswerten wurde als nächstes Kriterium eine Unfallrate UR(P) ≥ 0,12 [U/(106 Kfz.km)] festgelegt. Zum Erkennen einer Unfallhäufungslinie wird vom ISK (GDV, 2001) für die Unfalldichte UD(SP) einen Mindestwert von einem Unfall mit schwerem Personenschaden je Kilometer in drei Jahren empfohlen. Für die Autobahn A72 wurde dieser Wert auf 3 U(SP)/(5a.km) erhöht. Somit ergab sich als nächstes Kriterium für das Erkennen gefährlicher Kurven UD(SP) ≥ 0,6 [U/(km.a)]. Als ungefährlich wurden diejenigen Kurven definiert, in denen die Unfallanzahl unter den oben genannten Grenzwerten liegt, die Unfalldichte der Unfälle mit schwerem Personenschaden gleich null ist, die Unfallrate der Unfälle mit Personenschaden kleiner 0,10 U/(106 Kfz.km) ist und das Sicherheitspotenzial einen negativen Wert aufweist. Einige Kurven, bei denen die Unfallkenngrößen zwischen den angegebenen Grenzwerten lagen, wurden als "mittelgefährlich" eingestuft und aus dieser Untersuchung ausgeschlossen. Die Kriterien für die Bestimmung von gefährlichen und ungefährlichen Kurven sind in Tabelle 3.3 zusammengefasst.

gefährliche Kurven

ungefährliche Kurven

U(SP) ≥ 3

U(SP) < 3

U(P) ≥ 5

U(P) < 5

UR(P) ≥ 0,12

UR(P) < 0,1

UD(SP) ≥ 0,6

UD(SP) = 0

-

SIPO < 0

Anzahl der Unfälle

Unfallkenngrößen

Tabelle 3.3:

3.3.3

Kriterien für die Bestimmung von gefährlichen und ungefährlichen Kurven

Steigungs- und Gefällestrecken

Für die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Längsneigung und Geschwindigkeit wurden getrennt die Steigungs- und Gefällestrecken aus den beiden Fahrtrichtungen betrachtet. Dafür wurden die Abschnitte der Gradiente zwischen den Tangentenschnittpunkten als idealisiertes Modell verwendet. Somit ist man bei der Interpretation der Ergebnisse stets auf der sicheren Seite, da die Verminderung der Längsneigung durch die Ausrundungshalbmesser nicht berücksichtigt wird. Um den Einfluss der Längsneigung auf das Fahrverhalten zu analysieren, wurde der Mittelwert der 85%-Geschwindigkeit für jede einzelne Steigungs- bzw. Gefällestrecke ermittelt. Damit eine möglichst freie Geschwindigkeitswahl gegeben war, wurden Streckenabschnitte mit Geschwindigkeitsbeschränkungen aus der Untersuchung ausgeschlossen. Auch bei dieser Methode zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Längsneigung und Geschwindigkeit wurden dieselben Neigungsklassen angewendet. Um die Geschwindigkeitsänderungen in Abhängigkeit von der Längsneigung zu untersuchen, wurden noch die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den Geschwindigkeiten am

73

Ende und am Anfang jeder einzelnen Steigungs- bzw. Gefällestrecke berechnet (Abbildung 3.5). ∆V85 = V85,E – V85,A

[km/h] Anfang Gefälle

[%] ung g i e t S End e Steigung

Ge fä lle [%] End e Gefälle

Anfang Steigung

ΔV85,A

ΔV85,E

-ΔV85

+ΔV85 ΔV85,E ΔV85,A ΔV85 = V85,E - V85,A

Abbildung 3.5: Prinzipskizze für die Berechnung der Geschwindigkeitsdifferenzen

Das erste wichtige Ziel nach der Auswahl der Untersuchungstrecken war die Ermittlung der auf der gesamten Untersuchungsstrecke vorhandenen Sichtweiten.

3.4

Ermittlung der vorhandenen Sichtweite

Die genaue Bestimmung der vorhandenen Sichtweiten auf allen Untersuchungsstrecken hatte eine vorrangige Bedeutung für die vorliegende Untersuchung. Nach grundsätzlichen Vorüberlegungen zur Auswahl einer geeigneten Bemessungsmethode wurde festgestellt, dass auf Autobahnen die Umsetzung der im Abschnitt 2.4.2 beschriebenen Verfahren mit vielen erschwerenden Umständen verbunden und zum Teil auch praktisch nicht möglich war. Die messtechnischen Methoden aus LIPPOLD (1997), SOUSSOUMIHEN (2001) und LIPPOLD / SCHULZ (2006) konnten in der vorliegenden Untersuchung nicht verwendet werden. Zum einen musste wegen der Verkehrssicherheit entweder eine Absperrung der zu untersuchenden Strecke vorgenommen werden, oder es musste nach Absprache mit der Polizei eine sehr aufwändige Signalisierung wegen der Verkehrsgefährdung aufgestellt werden. Die Absperrung war aus praktischen Gründen nicht möglich. Die zweite Variante war auch unannehmbar, weil solche Signalisierung und die Benutzung mehrerer Fahrzeuge (zwei Messfahrzeuge und Vorwarnfahrzeuge) sehr kostenintensiv war. Die im Abschnitt 2.4.2 beschriebene Methode von STEINAUER U.A. (2002) konnte in dieser Arbeit auch keine Anwendung finden. Wegen der mangelhaften Auflösung der Videoaufnahmen konnte die erzielte Genauigkeit beim Aufzählen der sichtbaren Fahrstreifenbegrenzungsmarkierungen nicht erreicht werden. Sie konnte lediglich zur Überprüfung der mit dem Programm bereits berechneten vorhandenen Sichtweiten eingesetzt werden. Aus diesen Gründen wurde die Entscheidung zur programmtechnischen Berechnung der vorhandenen Sichtweite getroffen. Dafür wurde das am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen zur Verfügung stehende Programm CARD/1 verwendet. Wichtige Voraussetzung für die richtige Berechnung der Sichtweiten war die Vollständigkeit der Vermessungsdaten der Trassierungsparameter für die Bundesautobahn A72, die als

74

Planunterlagen und zum Teil auch digital vorlagen. Diese Daten wurden ins Programmsystem CARD/1 importiert. Dadurch erfolgte in einem ersten Schritt die Erstellung der Achse im Lageplan von der Landesgrenze bis Chemnitz. Da es viele fehlende Punkte im Lageplan mit ihren Höhenangaben gab, mussten diese durch Interpolationen neu berechnet werden, damit ein vollständiges geschlossenes digitales Geländemodell (DGM) erstellt werden konnte. Ein DGM nähert die Straßen- bzw. Geländeoberfläche durch eine begrenzte Menge unregelmäßig oder regelmäßig angeordneter Stützpunkte an, deren Koordinaten in Lage und Höhe bekannt sind. Diese Punkte werden zu einem Dreiecksnetz verbunden. Für jeden Punkt, der sich innerhalb eines Dreiecks befindet, können seine Lage und Höhe durch lineare Interpolation bestimmt werden. Es standen jedenfalls nur die Punkte innerhalb des Straßenkörpers zur Verfügung. Eine annähernde dreidimensionale Nachbildung des Geländes (Böschungen oder Einschnitte neben der Autobahn) war nicht möglich, weil die Vermessungsdaten für das Gelände bzw. die Höhenlinien nicht bekannt waren. Aus der Achse wurde in einem zweiten Schritt die Gradiente mit allen Tangentenschnittpunkten und Ausrundungshalbmessern erzeugt. In dem nächsten Schritt sollten die Querschnittsdaten für die gesamte Untersuchungsstrecke, die vom Autobahnamt Sachsen vollständig zur Verfügung gestellt wurden, in das Programm eingegeben werden. Die Gestaltung der Querschnittsprofile erfolgte mit einer CARD/1-eigene Programmiersprache. Es wurden alle Fahrstreifen-, Mittelstreifen-, Randstreifen und Standstreifenbreiten sowie die Bankette und die Fahrbahnaufweitungen eingegeben. Die Mittelschutzplanken wurden mit einer Höhe von 0,75 m (vom Fußpunkt bis zur Schutzplankenoberkante) definiert. Somit konnte eine realistische 3D-Visuallisierung der gesamten Autobahn erreicht werden. Die Fahrsimulation eignete sich besonders gut zur Prüfung der räumlichen Linienführung von verschiedenen Lagen und Höhen des Augpunktes, bei unterschiedlichen Wetter- und Lichtbedingungen usw. Außerdem war sie zum genauen Vergleich mit den Videoaufnahmen sehr hilfreich. Schließlich wurde die vorhandene Sichtweite in den beiden Fahrtrichtungen berechnet. In Anlehnung an das Haltesichtweitenmodell nach RAS-L (FGSV, 1995) wurden dafür die Modellannahmen übernommen. Aug- und Zielpunkt lagen in der Mitte des eigenen (linken) Fahrstreifens. Die Augpunkthöhe wurde auf 1,0 m festgelegt und die Zielpunkthöhe betrug 0,45 m (bei V85 = 130 km/h). Auch die erforderliche Haltesichtweite konnte sehr genau berechnet werden. Durch die programmtechnisch berechnete vorhandene Sichtweite lassen sich grafische Sichtweitenbänder erstellen, die sehr eindeutig Streckenabschnitte mit vorhandener Sichtweite unter der erforderlichen Haltesichtweite aufdecken. Die auf der Untersuchungsstrecke durchgängig verfügbaren berechneten vorhandenen Sichtweiten können präzis in Klassen aufgeteilt werden, und für die zu untersuchenden Zusammenhänge verwendet werden. Für die Untersuchung des Einflusses der Streckencharakteristik auf das Fahrverhalten war es notwendig, die Geschwindigkeiten frei fahrender Fahrzeuge zu messen. Dafür gibt es verschiedene messtechnische Methoden, die dafür zum Einsatz kommen können.

3.5

Messtechnische Methoden zur Ermittlung des Geschwindigkeitsverhaltens

Zur Beurteilung der Trassierung ist die Kenntnis des tatsächlichen Geschwindigkeitsverhaltens von großer Bedeutung. Die statistische Größe für eine am Fahrverhalten orientierte Geschwindigkeit ist die Geschwindigkeit V85. Sie ist diejenige Geschwindigkeit, die von

75

85% der unbehindert fahrenden Fahrzeuge auf nasser sauberer Fahrbahn nicht überschritten wird. In der Entwurfsrichtlinie RAS-L (FGSV, 1995) wird ihre Darstellung in Form eines Geschwindigkeitsbandes für beide Fahrtrichtungen gefordert. Mit der Geschwindigkeit V85 wird die Bemessung einzelner sicherheitsrelevanter Entwurfselemente (u.a. die erforderlichen Haltesichtweiten) durchgeführt. Darüber hinaus erlaubt sie die Kontrolle des Entwurfs und seiner Vorgaben maßgeblich im Lageplan. Deshalb sollten die Messungen der Fahrgeschwindigkeit über die Untersuchungsstrecke so geplant und durchgeführt werden, dass durch sie die Darstellung von Geschwindigkeitsprofilen ermöglicht werden konnte und die Abhängigkeiten zwischen Geschwindigkeit, Streckencharakteristik (Kurvenradius, Kurvigkeit, Längsneigung), Sichtweite, Verkehrssicherheit und Blickverhalten untersucht werden konnte. Das Geschwindigkeitsverhalten eines Kollektivs kann gerätetechnisch sowohl kontinuierlich bei Verfolgungs- und Einsatzfahrten als auch stationär bei lokalen Querschnittsmessungen aufgenommen werden.

3.5.1

Verfolgungsfahrten

Bei diesem Verfahren wird ein zufällig ausgewähltes Fahrzeug über den Verlauf der gesamten Untersuchungsstrecke von einem Messfahrzeug verfolgt. Durch die zufällige Auswahl kann eine repräsentative Abbildung des Gesamtkollektivs der Fahrzeuge erfolgen. Damit eine Beeinflussung der Geschwindigkeitswahl ausgeschlossen bleibt, wird vorausgesetzt, dass zwischen dem Messfahrzeug und dem verfolgten Fahrzeug eine Zeitlücke eingehalten wird. Auf einbahnige Außerortsstraßen haben sich durch vergleichbare Verfolgungsfahrten die Werte vier (KÖPPEL / BOCK, 1979) bis sieben Sekunden für diese Zeitlücke als günstig erwiesen. Auf Grund der deutlich höheren Geschwindigkeiten auf Autobahnen wären die entstehenden (Weg-) Lücken sehr groß und bei den ständig möglichen Überholvorgängen könnten diese durch dritte Fahrzeuge zum Überholen genutzt werden. Somit wären verwertbare Geschwindigkeitsmessungen nicht mehr möglich. Eine Zeitlücke von 3 bis 4 Sekunden zum voraus fahrenden Fahrzeug hat sich auf der Autobahn als günstig erwiesen. Dieser Abstand sollte während der Messfahrt möglichst genau eingehalten werden, damit die Geschwindigkeit des verfolgten Fahrzeuges realistisch abgebildet werden konnte. Für die eigenen Verfolgungsfahrten stand am Lehrstuhl ein leistungsstarkes Fahrzeug zur Verfügung. Somit konnten die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten frei fahrender Pkw erfasst werden. Da bei dieser Aufzeichnungsmethode die Einhaltung eines konstanten Abstandes zum verfolgten Fahrzeug schwierig war, wurden die Verfolgungsfahrten von einem Mitarbeiter des Lehrstuhls durchgeführt, der über eine große Erfahrung bei solchen Messungen verfügte. Aus der Literatur wird ersichtlich, dass jeweils 30 bis 40 auswertbare Fahrten in Hin- und Rückrichtung ausreichend sind, um eine zuverlässige Abbildung des Geschwindigkeitsverhaltens der Einzelfahrer zu machen und anschließend Geschwindigkeitsprofile für die Geschwindigkeiten V85, V50 und V15 erstellen zu können (DURTH u.a., 1986; DURTH / WEISE, 1995; LIPPOLD, 1997). Aus Zeit- und Kostengründen konnte für die Untersuchung diese angeforderte Anzahl nicht eingehalten werden. Es wurden 12 Messungen auf der gesamten Untersuchungsstrecke von der Landesgrenze Bayern/Sachsen bis Zwickau-Ost in jeder Richtung bei freiem Verkehrsfluss durchgeführt. Solche Stellen, bei denen Datenausfälle zu verzeichnen waren sowie behinderte Fahrabschnitte, wurden in die Auswertung nicht mit einbezogen. Die zeitabhängigen Messwerte wurden so umgerechnet, dass über die Stationierung alle 2 m ein Geschwin-

76

digkeitswert zugeordnet werden konnte. Diese 12 Messungen konnten mit noch 20 Messungen pro Richtung von Verfolgungsfahrten aus REINHARD (2003) im Teilabschnitt 5 (AS Treuen – AS Reichenbach) vervollständigt werden. Die Aufzeichnungen bei den Verfolgungsfahrten wurden zur Erstellung von Geschwindigkeitsprofilen für jede Fahrt über den Streckenverlauf verwendet. Anschließend wurden die 15%-, 50%- und 85%-Geschwindigkeiten berechnet und dargestellt. Die Geschwindigkeit V85 wurde für die Ermittlung der Einflüsse der ausgewählten streckencharakteristischen Parameter (Kurvenradius, Kurvigkeit, Längsneigung und Sichtweite) auf das Fahrverhalten angewandt. Insofern ist die genaue Bestimmung der V85 von großer Bedeutung für die in dieser Arbeit untersuchten Zusammenhänge. Um zu überprüfen, ob sich die Geschwindigkeitsverteilungen des relativ kleinen Kollektivs der Verfolgungsfahrten in die Grundgesamtheit des Geschwindigkeitsverhaltens eines größeren Kollektivs einordnen, sollten zum Vergleich Querschnittsmessungen an ausgewählten Stellen auf der Autobahn durchgeführt werden.

3.5.2

Querschnittsmessungen

Das Geschwindigkeitsverhalten frei fahrender Fahrzeuge wird mit Querschnittsmessungen an mehreren festen Stationen aufgezeichnet und kann somit auf einer deutlich breiteren statistischen Basis als bei den Verfolgungsfahrten mit weniger Aufwand erfasst werden. Querschnittsmessungen sind zur Erstellung von Geschwindigkeitsprofilen über einen längeren Streckenabschnitt ungeeignet, weil die gemessenen Stellen meist voneinander weit entfernt liegen und die Geschwindigkeiten zwischen diesen Querschnitten nicht bekannt sind. Sie dienen vorwiegend zur Überprüfung der Geschwindigkeit des begrenzten Kollektivs der Verfolgungsfahrten. Durch das große Kollektiv der erfassten Fahrzeuge sind bei den Querschnittsmessungen statistisch genauere Aussagen über die reale Geschwindigkeitsverteilung möglich. Die Querschnittsmessungen wurden mit dem quarzgesteuerten Radarsystem MUNI QUIP K-GP durchgeführt, das am Lehrstuhl zur Verfügung stand. Mit der vom Hersteller angegebenen Genauigkeit der Geschwindigkeitsmessungen von maximal ±2 km/h, wurde dieses Radarsystem als hinreichend genau angesehen. Zur Überprüfung der Ergebnisse der Verfolgungsfahrten und zur besseren Einordnung der Stichprobe in das Gesamtverhalten sollten solche Querschnitte ausgewählt werden, die für die Untersuchung entweder durch das Unfallgeschehen oder durch die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen V85 und V15 aus den Verfolgungsfahrten besonders interessant waren. Dabei sollte die Geschwindigkeit der auf dem linken Fahrstreifen schnell fahrenden Fahrzeuge gemessen werden. Die Geschwindigkeitserfassung an solchen beliebigen Standorten war jedoch aus den folgenden Gründen nicht möglich: -

die messende Person und das Radargerät sollten von den Kraftfahrern unentdeckt bleiben damit die Forderung nach unbeeinflusst fahrenden Fahrzeugen erfüllt werden kann. Einerseits bietet der Mittelstreifen einer Autobahn keine Versteckstellen, andererseits darf man sich aus Sicherheitsgründen auf den Mittelstreifen nicht hinstellen;

-

falls sich mehrere Fahrzeuge im Radarstrahl befinden, ist es unmöglich zu entscheiden, welches Fahrzeug die Messung produziert hat. Dies wäre der Fall, wenn man sich rechts von der Fahrbahn hinter der Leitplanke hinstellen würde. Von dort aus können die Geschwindigkeiten frei fahrender Einzelfahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen wegen der Störung durch die auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden

77

Fahrzeuge nicht aufgezeichnet werden, weil die gesamte Fahrbahnbreite vom Radar erfasst wird. Die einzige Möglichkeit für die Querschnittsmessungen boten daher die Brückenbauwerke über der Autobahn. Bei der Auswahl der Messstellen sollte die Sicht durch große Wegweiser nicht beeinträchtigt werden. Es wurde festgestellt, dass Messungen bei einem Winkel von ca. 15° sehr zuverlässige Ergebnisse für die Geschwindigkeiten von Einzelfahrzeugen lieferten. Bei einer Brückenhöhe von ca. 7 m (bis zur Oberkante des Geländers) ergibt sich bei diesem Winkel einen Abstand von 26 m und die Breite des Strahls beträgt in dieser Entfernung ca. 2,6 m. Stellt man sich über die mittlere Achse des linken Fahrstreifens hin, so wird eine innerhalb dieses Fahrstreifens gezielte Messung gewährleistet. Somit werden weder die auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Fahrzeuge noch diese aus der Gegenrichtung aufgenommen. Damit die Kraftfahrer die Geschwindigkeitsmessung nicht bemerken und dadurch ihre Geschwindigkeit reduzieren, wurde in Fahrtrichtung gemessen (die sich entfernenden Fahrzeuge). Auf diese Weise blieb das Messgerät für die Fahrer verdeckt. Als frei fahrend wurden solche Fahrzeuge definiert, die einen bestimmten zeitlichen Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug aufwiesen. In der Literatur werden dabei Werte zwischen 4 und 15 s angegeben (BUCK, 1992; BRANNOLTE / HOLZ, 1983; BRANNOLTE U.A., 2004). Für die vorliegenden Querschnittsmessungen wurde eine Mindestzeitlücke von 4 Sekunden zwischen zwei hintereinander fahrenden Pkw festgelegt und immer eingehalten. So konnte mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das unbeeinflusste Geschwindigkeitsverhalten eines einzelnen Fahrzeuges erfasst wurde. Um eine ausreichende statistische Datenbasis zu bekommen, sollte eine Mindestanzahl der gemessenen Fahrzeuge pro Messstelle festgelegt werden. In der Literatur sind Angaben für eine Mindestanzahl zwischen 100 (BRANNOLTE U.A., 2004) und 200 Fahrzeugen (LIPPOLD, 1997) zu finden. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Geschwindigkeiten von ca. 150 Fahrzeugen pro Messstelle erfasst, die als hinreichend für die statistische Überprüfung der durch die Verfolgungsfahrten gemessenen Geschwindigkeiten angesehen wurde.

3.5.3

Einsatzfahrten

Die Geschwindigkeitsmessung bei den Einsatzfahrten wurde durch Probanden mit einem am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen der TU Dresden zur Verfügung stehenden Messfahrzeug durchgeführt. Dieses Fahrzeug (BMW 525d Touring) verfügte über eine Nennleistung von 177 PS und war für den gewünschten Fahrstil jedes einzelnen Probanden ausreichend leistungsfähig. Damit waren Einflüsse durch mangelnde Leistung des Fahrzeugs (z. B. an Steigungsstrecken) auf das gemessene Fahrverhalten weitgehend ausgeschlossen. Die momentane Geschwindigkeit sowie die Längs- und Querbeschleunigung und die Bremspedalbetätigung wurden durch einen s.g. "CAN-Bus" erfasst. Die Fahrzeugposition wurde mit dem hochgenauen APPLANIX DGPS-System bestimmt. Hierbei wurden in der vorliegenden Arbeit die automatisch aufgezeichneten Geschwindigkeiten, mit denen die Probanden bei den Blickverhaltensmessungen gefahren sind, als Geschwindigkeiten von den Einsatzfahrten übernommen. Die Geschwindigkeitsverläufe der Einsatzfahrten konnten mit den Geschwindigkeitsprofilen der Perzentilgeschwindigkeiten verglichen werden und zusammen mit den Blickverhaltensdaten und der Streckencharakteristik Aufschlüsse über die Wahrnehmung und die physiologischen Reaktionen der Fahrer geben. Dabei spielte aber die Homogenität des Fahrerkollektivs eine wichtige Rolle. Wegen der geringen Größe des Probandenkollektivs war es unmöglich, statistisch ge-

78

sicherte Aussagen bezüglich des Geschwindigkeitsverhaltens mit Hilfe dieser Methode zu treffen. 3.6

Methodik der Unfallauswertung

Für die Untersuchung der Verkehrssicherheit und ihrer Zusammenhänge mit dem Blickverhalten und der Streckencharakteristik sind die methodische Vorgehensweise zur Entdeckung von unfallträchtigen Streckenabschnitten und die Bewertung der Unfallkennzahlen von entscheidender Bedeutung. Eine Möglichkeit zum Aufdecken von unfallauffälligen Bereichen ist die Ermittlung von Unfallhäufungsstellen bzw. –linien. Bei genügender Anzahl von Unfallhäufungsstellen, die wiederholt über die Jahre auftreten ist es sinnvoll, das Blickverhalten dort zu untersuchen und mit dem Blickverhalten in unfallfreien Streckenabschnitte zu vergleichen. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Unfälle aus den Dreijahreskarten betrachtet, sowohl um Häufungen von Unfällen mit Personenschaden als auch um Unfallhäufungen mit schwerem Personenschaden erkennen zu können. Als relevante Unfalltypen wurden in dieser Arbeit die Fahrunfälle (Typ 1), die Unfälle im Längsverkehr (Typ 6) und die sonstigen Unfälle (Typ 7) betrachtet. Unfallkategorien 1 bis 3 umfassen die Unfälle mit Personenschaden U(P) und die Unfallkategorien 1 und 2 geben zusammen die Unfälle mit schwerem Personenschaden U(SP) an. Zur Bestimmung der Unfallhäufungsstellen wurden die Grenzwerte aus Tabelle 2.8 verwendet. Zum Aufdecken von typischen Unfallhäufungen, deren Zustandekommen von Mängeln verkehrstechnischer oder baulicher Art begünstigt wird, wurden die folgenden 3-Jahreskarten untersucht und miteinander verglichen: - I. Zeitraum

1995 – 1997

- II. Zeitraum

1998 – 2000

- III. Zeitraum

2001 – 2003

Die maximale Längenausdehnung einer Unfallhäufungsstelle wurde in dieser Arbeit auf 500 m festgelegt. Grund dafür war, dass an keiner Stelle der Autobahn mit den in Tabelle 2.8 gegebenen Grenzwerten eine Unfallhäufungsstelle ermittelt werden konnte. Außerdem ergibt die Zeit vom Entdecken einer Gefahrensituation über die Reaktion durch Bremsen und/oder Fahrmanöver und die tatsächliche Kollision bis dem Stillstand des verunfallten Fahrzeugs bei den hohen Geschwindigkeiten eine relativ lange Distanz, deshalb scheint dieser Grenzbereich gerechtfertigt zu sein. Es wurden nur die Unfälle auf der freien Strecke in Betracht gezogen, ohne Nachtunfälle, Unfälle an Baustellen und Unfälle unter Alkoholeinwirkung. Damit die Einflüsse auf das Unfallgeschehen in den Knotenpunktbereichen weitestgehend ausgeschlossen bleiben konnten, wurden die Unfälle, die sich 500 m vor oder nach jedem Knotenpunkt ereignet haben, in die Untersuchung nicht mit einbezogen. Aus den Unfällen mit Personenschaden ergaben sich 13 Unfallhäufungsstellen in Richtung Chemnitz und lediglich 5 in Richtung Hof. Die Unfallhäufungsstellen, die sich aus den Unfällen mit schwerem Personenschaden ergaben, waren 5 in Fahrtrichtung Chemnitz und 3 in Fahrtrichtung Hof. Die Verteilung der Unfallhäufungsstellen aus den jeweiligen 3-Jahreskarten sind in Tabelle 3.4 zusammengefasst.

79

Fahrtrichtung Chemnitz Zeitraum

19951997

19982000

UHS(P)

Fahrtrichtung Hof

UHS(SP)

UHS(P)

UHS(SP)

von

bis

von

bis

von

bis

von

bis

20+000

20+500

20+000

20+500

29+000

29+500

51+500

52+000

51+500

52+000

30+700

31+200

29+000

29+500

55+000

55+500

55+000

55+500

38+000

38+500

17+700

18+000

33+100

34+300

48+500

49+000

-

-

-

-

-

-

49+500

20012003

Tabelle 3.4:

62+500

63+000

20+500

21+500

21+300

21+500

31+200

31+600

44+400

44+500

27+400

27+800

50+200

50+700

44+400

44+500

48+000

48+300

28+100

28+600

-

-

-

-

-

-

48+200

48+700

-

-

-

-

-

-

50+000

50+500

-

-

-

-

-

-

Unfallhäufungsstellen bzw. –linien aus den 3-Jahreskarten

Es hat sich jedoch ergeben, dass sich die Unfallhäufungsstellen aus den 3-Jahreskarten nur in einer Rechtskurve mit Radius R = 850 m zwischen km 48+200 und km 49+000 im Zeitraum von 1998 bis 2003 in Fahrtrichtung Chemnitz überlagerten (Abbildung 3.6). Die dort vorhandene Kurvenfolge stellte tatsächlich einer der gefährlichsten Bereiche der gesamten Untersuchungsstrecke dar. Die Trassierung erfüllte nicht die Anforderungen des Regelwerks für Mindestquerneigung in Kurven, was in dieser Kurvenfolge vermutlich der unfallauslösende Hauptfaktor war.

80

180 170 160 150 140 130

Geschwindigkeit [km/h]

120 110 100 90

∆V85 = 25 km/h

80

Verzögerung

70 60 50 40 30

R=1000

R=850

R=1030

R=1000

20 10

-30

R=1000

R=1650

R=1000

-40

Krümmung

V85

V50

V15

52+667

52+167

51+667

51+167

50+667

50+167

49+667

49+167

48+667

48+167

47+667

47+167

46+667

-20

46+167

0 -10

170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90

Geschwindigkeitsdifferenz [km/h]

AS Treuen – AS Reichenbach

V85-V15

Abbildung 3.6: Beispiel eines Teilabschnitts mit Konzentration von Unfallhäufungsstellen

Alle anderen Unfallhäufungsstellen, die nicht wiederholt an denselben Stellen auftraten, waren eher als zufällig zu bezeichnen bzw. wurden durch viele andere Faktoren bedingt. Unfallauslösender Faktor waren dabei nicht zwangsläufig Mängel in der Trassierung oder die vorhandene Sichtweite. Deshalb war diese lediglich eine über die Jahre sich wiederholende vorhandene Unfallhäufungsstelle, wo die aufgezeichnete Datenmenge der Blickverhaltensmaße für statistisch nachweisbare Ergebnisse zu gering war, nicht ausreichend, um eine Untersuchung des Blickverhaltens durchzuführen. Aus diesem Grund ergab sich, dass diese Methode für die Analyse des Blickverhaltens nicht geeignet war. Um das Unfallgeschehen bestimmter Streckenabschnitte beschreiben und miteinander vergleichen zu können, müssen Anzahl und Schwere der Straßenverkehrsunfälle betrachtet werden. Zur solchen vergleichenden Beurteilung sind allein die absoluten Zahlen meist weniger hilfreich, deshalb werden sie auf relative Kenngrößen bezogen, die den Grad der Gefahrenaussetzung beschreiben. Dies macht die Ermittlung von Unfallkennwerten wie Unfallrate und -dichte sowie Unfallkostenrate und -dichte für die Ziele der Untersuchung erforderlich (siehe Abschnitt 2.5). Dafür muss auch die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) ermittelt werden. Zur Berechnung der Unfallkosten wurden alle Unfälle von Januar 1999 bis Dezember 2003 erfasst. Die Vergrößerung des Zeitraumes war notwendig damit eine hinreichend große Anzahl von Unfällen für aussagefähige Vergleiche und Prognosen verfügbar sein konnte. Da die pauschalen Unfallkostensätze die tatsächlich entstehenden Unfallkosten sehr allgemein widerspiegeln und die zeitlichen Strukturänderungen im Unfallgeschehen und/oder örtliche Strukturabweichungen nicht berücksichtigt werden können, wurden in der vorliegenden Arbeit die angepassten Unfallkosten nach den Gleichungen im Abschnitt 2.5 berechnet. Das große auswertbare Kollektiv der Unfälle mit Personenschaden (292 in Fahrtrichtung Chemnitz und 188 in Fahrtrichtung Hof) erfüllte somit die Anforderung des ISK (GDV, 2000) für mindestens 100 U(P) und ermöglichte die Berechnung von angepassten Unfallkostensätzen.

81

Für die Analyse des Sicherheitsgrads von Streckenabschnitten wurde die Methode zur Berechnung der Sicherheitspotenziale nach ESN (FGSV, 2003) angewandt. Die Sicherheitsgrade der sieben Teilabschnitte in den beiden Fahrtrichtungen wurden durch die Methode der Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur ermittelt. Damit ein größeres Unfallkollektiv umfasst werden konnte, wurden zur Berechnung des Sicherheitspotenzials die Unfälle aus der 5-Jahreskarte (1999 - 2003) untersucht. Solche Verlängerung des Betrachtungszeitraums wird in ESN (FGSV, 2003) als eine Alternative für besonders wichtige Abschnitte empfohlen. Die Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur war jedoch für die notwendige Analyse des Unterschieds im Blickverhalten zwischen gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten nicht geeignet, weil in einem langen Abschnitt zahlreiche geometrische Elemente sowohl im Lageplan als auch im Höhenplan vorhanden waren. Somit blieben einerseits kurze Abschnitte mit hoher Konzentration an schwerwiegenden Unfällen unentdeckt, andererseits entstanden durch solche kurze und gefährliche Abschnitte hohe Sicherheitspotenziale in sonst wenig unfallbelasteten langen Abschnitten. Signifikante Unterschiede zwischen den Blickverhaltensmaßen in den so ermittelten langen Abschnitte konnten nicht erwartet werden, weil sich das geometrisch bedingte Blickverhalten rasch verändert und dadurch alle möglichen Blickmuster vorhanden waren. Aus diesen Gründen wurde eine Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens vorgenommen. Die Unfälle mit schwerem Personenschaden mussten die Grundlage für solche Abschnittsbildung aus dem Unfallgeschehen sein, weil schwere Unfälle anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als leichte Unfälle. Die Angaben für das Unfallgeschehen (Unfälle mit schwerem Personenschaden) standen vollständig zur Verfügung. Bei dieser Aufteilung der Abschnitte wurden die Trassierungselemente vorerst nicht betrachtet. Zur Bildung der Abschnitte wurden mindestens drei Unfälle mit schwerem Personenschaden in einem Abschnitt angefordert (siehe Abschnitt 2.5). Die Mindestlänge eines Abschnitts wurde auf 500 m festgelegt.

3.7

Blickbewegungsmessung und Analyse des Blickverhaltens

Die heutige moderne Mess- und Rechentechnik erlaubt eine hochgenaue Erfassung der Blickbewegungen der Fahrer durch die Bestimmung der exakten Blickrichtung, Koordinaten jedes Blickpunkts, Anfang und Ende jeder einzelnen Fixation und die Berechnung von vielen anderen Blickverhaltensmaßen. Dadurch kann erforscht werden, wie das Blickverhalten der Fahrer von der Lageplangeometrie beeinflusst wird. Durch die Analyse des Blicks und die Verteilung der Fixationen können auch Schlussfolgerungen gezogen werden, ob und wie stark sich die Aufmerksamkeit der Fahrer in Abhängigkeit von der Straßengeometrie und der vorhandenen Sichtweite ändert, und ob Unterschiede im Blickverhalten und in der Informationserfassung zwischen unfallbelasteten und nicht unfallbelasteten Streckenabschnitten vorhanden sind. Insofern ist die Erfassung der Blickbewegungen der Kraftfahrer ein wichtiges Glied in der Kette zur Lösung dieser Aufgaben. Deshalb werden in diesem Abschnitt die Funktionsweise des verwendeten Messsystems zur Blickbewegungsmessung, die Anforderungen an die äußeren Bedingungen, die Kriterien zur Auswahl des Probandenkollektivs und die Methode zur Quantifizierung der Blickdaten ausführlich erklärt. Dabei werden auch und die für die Untersuchung relevanten Blickverhaltensparameter ausgewählt.

82

3.7.1

Aufbau des Messsystems und Funktionsweise

Die Blickverhaltensmessungen in Realfahrten wurden durch Probandenfahrten mit einem Messfahrzeug durchgeführt. Dies war ein BMW 525d Touring, der am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen der TU Dresden zur Verfügung stand. Zur Erfassung des Blickverhaltens war das Fahrzeug mit einem modernen und hochgenauen System vom Typ "Smart Eye Pro 2.5" ausgerüstet. Das System funktioniert berührungslos (remote tracking) und nimmt die Blickbewegungen nach dem Prinzip der Cornealen Reflexion auf. Diese Reflexionsmethode (Infrarotokulographie) basiert auf der Registrierung von Lichtreflexen auf der Hornhautoberfläche (Cornea). Die berührungslose Methode zur Aufnahme der Blickbewegungen bietet zahlreiche Vorteile im Vergleich zu den bisher verwendeten kopfbasierten Systemen: • • • •

Der Fahrer wird keinerlei durch Gewicht oder Druckreize belastet. Das Blickfeld des Fahrers wird nicht eingeschränkt. Es ist keine heutige neue Kalibrierung erforderlich. Die Kopfposition wird vom System relativ zur Position des Fahrzeuges im Straßenraum berechnet, womit eine zusätzliche aufwändige Berechnung der Kopfpositionen entfällt.

Zwei so genannte Augenkameras mit aktiven Infrarotspots sind an der Frontscheibe des Fahrzeugs befestigt und nehmen die Pupillenbewegungen auf. Die Infrarotspots der beiden Kameras (Abbildung 3.7) dienen dafür, dass störende Effekte aus wechselnden Lichtverhältnissen vermieden werden. Eine zusätzliche Szeneriekamera erfasst das Gesichtsfeld aus Fahrersicht. Die Daten aus der Blickbewegungsmessung und die GPSDaten zur Positionsbestimmung vom APPLANIX-System werden in einem Zentralrechner im Kofferraum prozessiert. Szeneriekamera

Augenkameras

Blickvektor

Touchscreen Abbildung 3.7: Das Blickbewegungsmesssystem SmartEye im Messfahrzeug am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen an der TU Dresden

83

Eine wichtige Voraussetzung für die genaue Funktionsweise des Systems ist die Kalibrierung der Augenkameras vor jeder Messung für den jeweiligen Probanden. Dabei wird für jede Testperson ein Kopfmodell erstellt. Die Kopfposition wird durch die Festlegung und Verfolgung von charakteristischen Kontrastpunkten am Kopf des Probanden gemessen. Auf einem Touchscreen neben dem Fahrersitz werden 12 charakteristische Gesichtspunkte markiert (Abbildung 3.7 und Abbildung 3.8). Das sind die inneren Punkte der Augenbrauen, die äußeren und inneren Punkte der Augen, die Nasenlöcher, der linke und rechte Mundwinkel, beide Ohren und die Zentren der Pupillen. Die Genauigkeit des Modells hängt im Wesentlichen von der genauen Positionierung der charakteristischen Gesichtspunkte ab. Während der Eingabe der Punkte errechnet das Programm das Kopfmodell und die berechneten Punkte werden anschließend mit den eingegebenen verglichen. Bei größeren Abweichungen werden ihre Positionen korrigiert. Damit das System ein Referenzbild des Kopfes in verschiedenen Positionen hat, müssen für jeden Probanden fünf Aufnahmen von unterschiedlichen Kopfdrehungen gemacht werden. Auf dem Touchscreen werden in Echtzeit die aus den Pupillen ausgehenden Blickvektoren und ihre Bewegungen von jeder der beiden Kameras gezeigt (Abbildung 3.8).

Abbildung 3.8: Bilder aus den zwei Augenkameras mit Koordinatensystem, Blickvektoren und charakteristischen Gesichtspunkten

Alle Messdaten werden in einem Weltkoordinatensystem (WCS) gespeichert, um ihren Bezug zur Umwelt herstellen zu können. Der Ursprung dieses WCS liegt am rechten Hinterrad in der Mitte der Aufstandsfläche des Reifens. Das Szeneriebild, dessen Ursprung in der oberen linken Ecke des Fensters liegt, befindet sich in der Y-Z-Ebene dieses Koordinatensystems. Die ScreenX-Achse entspricht der Y-Achse und die ScreenY-Achse - der X-Achse des WCS mit umgekehrten Vorzeichen (Abbildung 3.9). ScreenX

ScreenY

Szenerieebene Video

2D – Bildschirmkoordinaten

Æ Szenerievideo Æ Log-Datei

z

3D – World Coordinate System (WCS) x

y

Abbildung 3.9: Szenerieebene (WEICHERT, 2003)

Während der Messung schreibt das SmartEye-System eine Log-Datei, in der mit 30 Hz (30 Datensätze pro Sekunde) die Kopfposition, Kopfdrehung, Augenposition und die Koordinaten der Blickrichtung aufgezeichnet werden.

84

In das von der Szeneriekamera aufgenommene Video werden durch die SmartEyeSoftware der errechnete Blickpunkt und eine Frame-Nummer eingespielt (Abbildung 3.10). Die Frame-Nummer ermöglicht den Bezug zu den aufgezeichneten Messdaten in der Log-Datei. Der rote Kreis um den Blickpunkt zeigt den Gesamtbereich der letzten fünf Blickpunkte, was zeitlich 0,17 s entspricht. Der Blickpunkt und die Frame-Nummer liegen in einer Ebene, deren Fenstergröße 576 x 504 ist. Das vom Videorecorder analog aufgezeichnete Video befindet sich in einer zweiten Ebene mit einer Fenstergröße von 594 x 475, die wiederum kleiner ist als die nach dem PAL-Standard (720 x 576). Um die gemessenen Blickdaten nachträglich ins Bildschirmformat umzurechnen, müssen die berechneten Werte ("ScreenX" und "ScreenY") in das Format der 576 x 504 große Ebene transformiert werden und an den neuen Koordinatenursprung verschoben werden. Für die Umrechnung wird auf die Arbeit von WEICHERT (2005) verwiesen. Frame-Nummer Blickpunkt

594 x 475

576 x 504

720 x 576 (PAL) Abbildung 3.10: Videobild mit eingespieltem Blickpunkt und Frame-Nummer

Bezüglich der Messgenauigkeit des SmartEye-Systems wird vom Hersteller für den Blickvektor ca. ±1°, für die Kopfposititon ca. ±0,5° oder weniger als 1 mm2 angegeben.

3.7.2

Anforderungen an die äußeren Bedingungen

Die Voruntersuchungen aus WEICHERT (2005) zur Funktionsweise und Abhängigkeit des Blickbewegungsmesssystems von äußeren Einflussfaktoren haben gezeigt, dass eine starke Abhängigkeit der Genauigkeit des Messsystems von der Sonnenstrahlung besteht. Die Erfassung des Blickverhaltens bei Sonnenblendung wird durch das Zusammenkneifen der Augen erschwert und die zu erwartenden Ergebnisse werden ungenauer. Es wurde festgestellt, dass der Einfluss des direkten Sonnenlichts zu größeren durchschnittlichen Abweichungen für alle Fixationen führt, deshalb musste dieser bei den Messfahrten weitgehend ausgeschlossen bleiben. Ein anderer Aspekt stellen die Fahrten bei Niederschlag dar. In den Arbeiten von LIPPOLD / SCHULZ (2006) und WEICHERT (2006) wurden solche Fahrten nicht durchgeführt, weil die Bewegungen der Scheibenwischer des Blickverhaltenen beeinflussen. In der vorliegenden Untersuchung wurde jedoch keine Beeinflussung des Blickverhaltens bei Regen festgestellt, deshalb wurden die Teile von zwei Messungen, die bei Regen stattfanden, mit aus-

85

gewertet. Alle Messungen fanden tagsüber statt. Verkehrliche Einflüsse wurden nicht ausgeschlossen, weil dies aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens auf der Autobahn zu einem immensen Verlust an Blickdaten geführt hätte. Die wichtigste Voraussetzung für die Genauigkeit der Ergebnisse aus der Blickbewegungsmessung ist die einwandfreie Erkennung der Gesichtsmerkmale der einzelnen Probanden. Deshalb sollten die Probanden so ausgewählt werden, dass sie bestimmte Kriterien erfüllen.

3.7.3

Auswahl des Probandenkollektivs

Bei der Probandenauswahl sollten drei Grundanforderungen erfüllt werden. Zum einen musste eine Mindeststichprobe an Versuchspersonen festgelegt werden, damit diese repräsentativ für die Grundgesamtheit aller Fahrer sein konnte. Zum anderen musste eine Homogenisierung des Probandenkollektivs vorgenommen werden, um zusätzliche Einflüsse aus Unterschieden im Lebensalter, Geschlecht und Fahrerfahrung weitgehend einzuschränken. Zuletzt mussten die Testpersonen gut erkennbare Gesichtsmerkmale sowie bestimmte Seheigenschaften besitzen, damit die vom SMARTEYE-System gelieferten Daten zuversichtliche Ergebnisse liefern können. Für die Auswahl des Probandenkollektivs wurden die Homogenitätskriterien für soziodemografische Merkmale nach REKER (1979), die von COHEN (1986) als „langfristig wirkende Variablen“ bezeichnet werden, verwendet. Das sind Geschlecht, Lebensalter, Fahrerfahrung in Jahren, Fahrgewohnheiten (Stadt, Land, Autobahn, gemischt), eigener Wagen, Ausbildung und ausgeübter Beruf. Die Kriterien zur Auswahl nach psychologischen Parametern (Risikobereitschaft, psychologische Typisierung nach Extraversion, Neurotizismus, Konzentrationsfähigkeit, Aggressionsbereitschaft, Sozialstress usw.) und physiologischen Parametern (Temperatur, Blutdruck, Atemfrequenz, Atemminutenvolumen, O2- und CO2-Gehaltder Atemluft, Elektrokardiogramm, Elektroenzephalogramm und Blutkonzentration) konnten nicht erfüllt werden, weil zusätzlich viele medizinische Tests durchgeführt werden sollten, was war für die vorliegende Untersuchung nicht erforderlich war. REKER (1979) schreibt, dass die homogenisierten Kollektive aus ökonomischen Gründen möglichst klein zu halten sind und empfiehlt eine Stichprobengröße von 10 Versuchspersonen. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Versuchspersonen über gleiche Streckenkenntnis und gleichen Gewöhnungsgrad an das Messfahrzeug verfügen. Zur Gewöhnung an das Fahrzeug war deshalb vor dem eigentlichen Messbeginn eine Gewöhnungsphase von 20-30 Minuten im Testfahrzeug vorgesehen, die zum Abbau der „Anfangserregung“ diente. Daher wurden 10 Probanden im Alter von 26 bis 39 Jahren beider Geschlechter ausgewählt. Beruflich waren alle Mitarbeiter an der TU Dresden. Es wurde von allen eine Fahrerfahrung von mindestens 60.000 km gefordert. Sie sollten im Besitz ihrer Führerscheine seit mindestens sechs Jahren sein und eigene Wagen haben. Versuchspersonen mit Brille waren nicht zugelassen, da die Brille die reflektierten Lichtstrahlen von den beiden Augenkameras stark beeinflusst. Außerdem wären die Augenbrauen durch das Brillengestell verdeckt und vom System nicht erkennbar. Die von REKER (1979) geforderte Gewöhnungsphase wurde bei allen Probanden gewährleistet, indem sie vor der eigentlichen Messung von Chemnitz bis Zwickau-Ost das Messfahrzeug gefahren sind. Die Anforderung an annähernd gleiche Streckenkenntnis war auch erfüllt. Alle Versuchspersonen besaßen ausreichend erkennbare Gesichtsmerkmale, die durch Haare (Punkte an beiden Ohren) oder Bart (Punkte am linken und rechten Mundwinkel) nicht verdeckt waren. Eine Unterstützung durch aufgeklebte Marker war nicht notwendig.

86

Die Probanden bekamen keine besonderen Vorgaben für ihre Fahrweise. Sie sollten wie gewöhnlich fahren und dabei immer die Straßenverkehrsordnung (StVO) berücksichtigen.

3.7.4

Methodik zur Bearbeitung der aufgezeichneten Blickdaten

Die Rohdaten, die von den verschiedenen Messsystemen des Fahrzeugs aufgezeichnet wurden, mussten vorerst miteinander synchronisiert und in eine einheitliche Form gebracht werden. In einem ersten Schritt wurden die GPS-Positionsdaten aus dem APPLANIX-Messsystem den entsprechenden Datensätzen der Blickbewegungs- und Fahrzeugdaten über einen genauen Zeitstempel zugeordnet. Dabei wurden die GPS-Daten in Gauß-Krüger-Koordinaten umwandelt. Die analog aufgezeichneten Videos mit den eingespielten Blickpunkten wurden digitalisiert und anschließend im Videoformat DivX komprimiert. Mit den digitalen Videoaufnahmen war es möglich, jedes einzelne Szeneriebild über die eingespielte Bildnummer dem entsprechenden Datensatz in dem Messdatenprotokoll beim Auswerteverfahren zuzuordnen. Danach wurde die berechnete Achse mit der aus CARD/1 vorhandenen Achse verglichen und über die Rechts- und Hochwerte für eine feine Überlagerung korrigiert. Dieser Prozess erfolgte mit Hilfe des lehrstuhlinternen Programms MARMEDA. Mit diesem Programm wurden in einem weiteren Schritt die Fahrzeug- und Blickdaten für jede Messfahrt synchronisiert und in zwei getrennte Microsoft Access - Tabellen zusammengefasst: Fahrzeugdaten (CanPT) -

Geschwindigkeit aller vier Räder

-

Bremslicht

Blickdaten (SmartEye-Daten) -

Kopfposition X,Y,Z und Kopfposition Qualität

-

Augenposition X,Y,Z und Augenposition Qualität

-

Blickrichtung X,Y,Z und Blickrichtung Qualität

Die Zusammensetzung der Geometrie-, Fahrzeug- und Blickdaten in eine einheitliche Tabelle für jede Fahrtrichtung erfolgte mit einer weiteren lehrstuhlinternen Software "WATCHOUT", dass zur Auswertung und Berechnung der Blickverhaltensmaße speziell erstellt wurde. Alle Datensätze wurden über die Zeit synchronisiert. Begonnen wurde mit der Umrechnung der dreidimensionalen Blickvektoren zu zweidimensionalen Punkten im Bildschirmformat mithilfe einer Kalibrierungsdatei (*.cal), die bei der Kalibrierung vor jeder Messfahrt im Format einer Matrix nach folgendem Schema gespeichert wird: cx1

cx2

cx3

cx4

cy1

cy2

cy3

cy4

Für jeden Blick wurden die ScreenX und ScreenY Bildschirmkoordinaten berechnet und seine Position innerhalb und außerhalb eines Rasters von 20 x 16 Quadraten mit 3° Seitenlänge bestimmt. Die Fixationen und ihre Dauer wurden nach dem im Abschnitt 2.3.5 bereits beschriebenen JACOBS-Algorithmus berechnet. Dieser wurde jedoch wegen der geringeren Genauigkeit der Messtechnik und der größeren Streuung des Blicks bei Realfahrten gegenüber Laborversuchen modifiziert. Der Ausgangsalgorithmus nach JACOB (1995) und der modifizierte Algorithmus sind in Tabelle 3.5 gegenübergestellt.

87

Ablauf der Fixationserkennung

JACOBS-Algorithmus

Modifizierter Algorithmus

1

Einteilung der Blickdaten in einzelnen Sequenzen mit einer festen Länge von 100 ms.

Einteilung der Blickdaten in Sequenzen von je 3 Datensätzen (entspricht bei 30 Hz genau 100 ms).

2

Wenn die durchschnittliche Winkeländerung in einer Sequenz kleiner als 0,5° ist, wird der Beginn einer Fixation registriert.

Wenn die durchschnittliche Winkeländerung in einer Sequenz kleiner als 0,6° ist, wird der Beginn einer Fixation registriert.

3

Als Fixationspunkt wird die mittlere Position in dieser Sequenz definiert.

Als Fixationspunkt wird der Mittelwert der Positionen in dieser Sequenz definiert.

4

Als Fortsetzung der Fixation wird jeder darauf folgende Blickpunkt angenommenen, der in einem Umkreis von 1° abweicht.

Als Fortsetzung der Fixation wird jeder darauf folgende Blickpunkt angenommenen, der in einem Umkreis von 1,6° abweicht.

5

Das Ende einer Fixation wird registriert, wenn nachfolgende Blickpunkte für mindestens 50 ms außerhalb des Umkreises von 1° liegen.

Das Ende einer Fixation wird registriert, wenn Blickpunkte in mindestens 3 nachfolgenden Datensätzen (100 ms) außerhalb des Umkreises von 1,6° liegen.

Tabelle 3.5:

Ablauf der Fixationserkennung nach dem Jacobs-Algorithmus und nach dem modifizierten Algorithmus

Bei der Synchronisation wurden auch die zugehörigen Daten der Straßengeometrie in die Tabelle eingeführt. Somit beinhaltet die neue vollständige Access-Tabelle die folgenden Daten: Straßengeometrische Daten Station Rechtswert, Hochwert, Höhe Sichtweite Kurvenradius Klothoidenparameter Krümmung Fahrzeugdaten Geschwindigkeit Bremslicht Zeit und Zeitdifferenz Blickdaten Anfang und Ende jeder Fixation Bildschirmkoordinaten der Blickposition (ScreenX, ScreenY) Position des Blickpunktes im Raster Kopfposition X,Y,Z und Kopfposition Qualität Augenposition X,Y,Z und Augenposition Qualität Blickrichtung X,Y,Z und Blickrichtung Qualität Von allen berechneten Blickverhaltensmaßen wurden in der Untersuchung die folgenden sieben Parameter analysiert und interpretiert: 1) Mittlere Fixationsdauer [s] 2) Zeitanteil der Fixationen [-] 3) Anzahl der Saccaden pro Sekunde [1/s]

88

4) 5) 6) 7)

Standardabweichung des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung [°] Index der räumlichen Dichte pro Sekunde [1/s] Länge zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen (Scanpfadlänge) [°] Anteil der Fixationen in dem Hauptaufmerksamkeitsbereich (PRC) [-]

Die Blickverhaltensmaße Standardabweichung und Scanpfadlänge berücksichtigen sowohl die laterale als auch die vertikale Komponente der Augenbewegungen. Anders als in der Untersuchung von LIPPOLD / SCHULZ (2006) wurde der zeitlich normierte Wert des Feldindexes betrachtet. Auch die Anzahl der Saccaden wurde zeitlich normiert und innerhalb einer Sekunde berechnet. Durch die größere Blickdatenmenge bei den längeren Lageplanelementen entsteht zwangsläufig ein höherer Feldindex, da mehrere 3°x 3°-Felder angeblickt werden, und die Anzahl der Saccaden dementsprechend auch größer ist. Diese Tatsache kann zu falschen Interpretationen der Ergebnisse bezüglich diesen zwei Maßen führen, deshalb ist eine zeitliche Normierung der Werte stets notwendig. Für die Ermittlung des prozentualen Anteils der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich (PRC) wurde das von VICTOR U.A. (2005) definierte 20° breite und 15° hohe Fenster modifiziert und auf 15° x 10° verkleinert. Bei der Auswertung wurde für jede Fixation geprüft, ob sie sich innerhalb dieses Fensters befindet. Dafür wurde in den Videoaufzeichnungen der Probandenfahrten an jedem Fixationsbeginn der Fluchtpunkt der Straße manuell markiert. Anschließend wurde mithilfe der Software zur Auswertung der Messdaten der prozentuale Anteil der Fixationen im Bereich des Fluchtpunktes berechnet. Dieses Verfahren ist jedoch enorm zeitaufwändig und erschwert erheblich die Berechnung der PRC-Maße bei langen Untersuchungsabschnitten.

3.7.5

Zusammenhänge zwischen Blickverhalten, Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit

Wie im Abschnitt 2.3.7 bereits beschrieben, unterscheidet sich das Blickverhalten der Kraftfahrer in Kurven deutlich vom Blickverhalten auf geraden Streckenabschnitten. In Geraden wird eine ausreichende Kontrolle der lateralen Position und der Richtung einfach durch Ausrichten der Augen auf den Fluchtpunkt gewährleistet, während die Straßenmarkierungslinien vom Fahrer peripher überwacht werden um ihre fixierte Position im Sehfeld sicherzustellen. Wahrnehmungspsychologisch ist die Situation in Kurven radikal unterschiedlich, weil sich die Position des Fluchtpunktes der Straße fortlaufend und rapide ändert und der Fahrer seine Fahrtrichtung an die Fahrbahnkrümmung ständig anpassen muss. Dadurch steigt seine visuelle Beanspruchung immens an. Aus der Literaturauswertung wurde weiterhin deutlich, dass zwischen Linkskurven und Rechtskurven signifikante Unterschiede im Blickverhalten vorhanden sind. Für die statistische Analysen und die grafische Darstellung wurde das Programm STATISTICA 7 verwendet. Um die Unterschiede im Blickverhalten zwischen Geraden und Kurven unter Einbeziehung der vorhandenen Sichtweite zu untersuchen, wurden die Blickverhaltensmaße in den sechs definierten Sichtweitenklassen getrennt in Geraden und in Kurven analysiert. Jede Kurve wurde mit den zugehörigen Übergangsbogen betrachtet. Das Ziel war, im Ergebnis festzustellen, welche Auswirkungen die abnehmende Sichtweite auf das Blickverhalten der Fahrer in den beiden Lageplanelementen hat. In einem weiteren Schritt wurde der Einfluss der Sichtweite auf das Blickverhalten der Fahrer in Links- und Rechtskurven untersucht. Hier wurde wieder jedes einzelne Blickmaß in den sechs Sichtweitenklassen analysiert. Dadurch konnte festgestellt werden, wie sich die Aufmerksamkeit und die Blickorientierung und –konzentration bei unterschiedlich großen Sichtweiten in Links- und Rechtskurven ändern.

89

In Geraden, Linkskurven und Rechtskurven wurden die lateralen Abweichungen des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung bzw. die horizontale Fixationsverteilung untersucht. Durch die Anhäufungen von Fixationen, die mittleren Fixationspositionen und die Standardabweichungen der Blickwinkel wurden die charakteristischen Blickmuster analysiert, die sich einerseits zwischen Geraden und Kurven unterscheiden und andererseits von der Kurvenrichtung stark abhängig sind. Die mittleren Fixationsdauern links wurden den mittleren Fixationsdauern rechts von der Hauptblickachse gegenübergestellt. Um den Einfluss des Kurvenradius auf das Blickverhalten der Kraftfahrer zu untersuchen, wurden die Änderungen der Blickverhaltensmaße in den bereits definierten vier Radienklassen analysiert. Dadurch konnten Aussagen über die Beanspruchung, die Konzentration des Blicks und die Aufmerksamkeit in Abhängigkeit von der Größe des Kurvenradius gemacht werden. Um festzustellen, ob das Blickverhalten der Kraftfahrer durch die Lageplangeometrie beeinflusst wird und sich in Hinsicht auf die Unfallträchtigkeit der Kurven ändert, wurde untersucht, ob sich das Blickverhalten zwischen unfallauffälligen und unfallfreien Links- und Rechtskurven unterscheidet. Zur Bestimmung gefährlicher und ungefährlicher Kurven wurden die Kriterien aus Abschnitt 3.3.2 verwendet. Die Änderungen der Blickverhaltensmaße wurden für die Analyse zunächst in vier Kurven ähnlicher Lageplangeometrie (Radius, Länge des Kreisbogens) untersucht: eine gefährliche Linkskurve, eine gefährliche Rechtskurve, eine ungefährliche Linkskurve und eine ungefährliche Rechtskurve. In Anlehnung an SHINAR U.A. (1977) wurden die Ergebnisse aus den vier Kurven den Ergebnissen aus allen auf der Autobahn vorhandenen gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven gegenübergestellt und es wurde eine gute Übereinstimmung festgestellt. Aus diesem Grund wurden nur die als statistisch abgesichert geltenden, aus der großen Grundgesamtheit stammenden Ergebnisse von allen Kurven analysiert. Durch den Vergleich der sieben Blickverhaltensmaße konnten Aufschlüsse über Differenzen in der Intensität der visuellen Suche, der Blickstreuung, der visuellen Aufmerksamkeit und der Beanspruchung der Kraftfahrer gegeben werden.

Empfehlung für psychologische Mindestsichtweite Empfehlung für Kurvenmindestradius

Streckengeometrie

Querschnittsmessungen

Kontrolle

Verfolgungsfahrten

Abbildung 3.11: Schematische Darstellung des Untersuchungsablaufes

• •

Unfallgeschehen

Untersuchungsstrecke

Quantifizierung

Blickverhalten

Einsatzfahrten

90

91

4 4.1

Darstellung und Interpretation der Ergebnisse Ergebnisse der Sichtweitenberechnung

Aus der Literatur wird deutlich, dass die für die Orientierung des Kraftfahrers effektive relevante vorhandene Sichtweite auf Landstraßen maximal 300 - 350 m beträgt (vgl. Abschnitt 2.4.1 und Abschnitt 2.4.3). Diese Grenzen überlagern sich mit der zweiten Zone nach LEUTNER (Bereitschafts- und Entscheidungszone) und liegen über der erforderlichen Haltesichtweite auf Autobahnen. Bei LIPPOLD / SCHULZ (2006) wurde einen erhöhten Orientierungsbedarf und eine weitgehend von der Streckencharakteristik unabhängige Aufmerksamkeitserhöhung bei Sichtweiten unter 200 m festgestellt. Auf Autobahnen liegen aber deutlich größere vorhandene Sichtweiten vor (Abbildung 4.2) und wegen des hohen Geschwindigkeitsniveaus werden dementsprechend auch größere erforderliche Haltesichtweiten berechnet. Es wurden vorhandene Sichtweiten bis zu 5000 m berechnet. Da Sichtweiten dieser Größenordnung nicht als relevant für die Wahrnehmung und die Informationsaufnahme im Straßenverkehr betrachtet werden dürfen, und das Fahrverhalten keinesfalls beeinflussen, wird hier die obere Grenze auf 500 m gesetzt. Diese Grenze entspricht der größten Entfernung, bei der unbewegte Gegenstände wahrgenommen werden können. Die relative Verteilung der vorhandenen Sichtweiten bis 500 m ist im Anhang II-4 (links) gezeigt. Aus der Summenhäufigkeit wird deutlich, dass der Median bei 265 m liegt (Anhang II-4, rechts), d.h. 50% aller Sichtweiten unterhalb dieses Wertes verteilt sind. Die kleinste vorhandene Sichtweite beträgt 201,3 m und die Standardabweichung ist 82 m. Abbildung 4.1 zeigt ein Beispiel für die Sicht in einer Linkskurve mit R = 1000 m bei einem dreistreifigen Autobahnquerschnitt und konstanter Längsneigung von 4,9% aus zwei Augpunkten mit 1,0 m Höhe: im rechten Fahrstreifen und im linken Fahrstreifen. Deutlich sichtbar ist die bessere Erkennbarkeit des Kurvenverlaufes aus dem rechten Fahrstreifen im Vergleich zum linken.

Abbildung 4.1: Linkskurve mit R = 1000 m bei konstanter Längsneigung s = 4,9%, Augpunkthöhe hAP = 1,00 m im rechten (links) und im linken Fahrstreifen (rechts)

Abbildung 4.2 zeigt ein Beispiel eines Sichtweitenbandes. Sichtbar ist, dass es auch auf Autobahnen viele Abschnitte gibt, bei denen die vorhandene Sichtweite unter der erforderlichen Haltesichtweite liegt (siehe auch Anhang II-1 und Anhang II-2).

92

6

5

4

3

2

1

R=995m R=1500m

R=1450m R=2500m

-1

19+700

19+200

18+700

18+200

17+700

17+200

16+700

16+200

R=1500m

15+700

0

R=1000m

1600 1550 1500 1450 1400 1350 1300 1250 1200 1150 1100 1050 1000 950 900 850 800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 -50 -100 -150 -200 -250 -300

Sichtweite [m]

Hof - Chemnitz

Fahrtrichtung

Krümmung erfSh vorhSh Gradiente

Station [m]

Abbildung 4.2: Beispiel Sichtweitenband eines ca. 4 km langen Abschnitts nach der Landesgrenze Bayern/Sachsen

Anhang II-3 zeigt die prozentuale Unterschreitung der erforderlichen Haltesichtweite richtungsgetrennt in jedem der sieben Teilabschnitte. Erkennbar ist der große Prozentanteil der kleinen vorhandenen Sichtweiten im ersten, dritten und vierten Abschnitt. Im ersten und im dritten Teilabschnitt ist die hohe prozentuale Sichtweitenunterschreitung in den beiden Fahrtrichtungen nahezu gleich. Im zweiten Teilabschnitt ist der Prozent der unterschrittenen erforderlichen Haltesichtweite doppelt so hoch in Fahrtrichtung Hof als in Fahrtrichtung Chemnitz. Im fünften Teilabschnitt (Treuen – Reichenbach) sind die kleinsten prozentualen Sichtweitenunterschreitungen in den beiden Fahrtrichtungen zu verzeichnen.

4.2 4.2.1

Ergebnisse der Geschwindigkeitsmessungen Ergebnisse der Verfolgungsfahrten

Die 12 Geschwindigkeitsmessungen wurden auf dem gesamten Untersuchungsabschnitt in beiden Fahrtrichtungen zwischen der Landesgrenze Bayern/Sachsen (km 15+733) und kurz vor Zwickau-Ost (km 71+700) durchgeführt. Insgesamt wurden die Geschwindigkeiten aus den Verfolgungsfahrten auf einer Gesamtlänge von 1344 km erfasst. Alle Messungen waren auswertbar, wobei Datenausfall aus einer Verfolgung in Richtung Chemnitz von km 42+000 bis km 53+000 registriert wurde. In Fahrtrichtung Hof fehlten Daten aus zwei Verfolgungsfahrten zwischen km 37+500 und 71+700. Dort wurden die Perzentilgeschwindigkeiten aus lediglich 10 Messungen erfasst. Aus den Aufzeichnungen bei den Verfolgungsfahrten wurden die Geschwindigkeitsprofile für jede einzelne Fahrt in jeder Fahrtrichtung über den Streckenverlauf ermittelt. Anschließend wurden die Perzentilgeschwindigkeiten V85, V50 und V15 berechnet. Zusätzlich wurden die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den Geschwindigkeiten V85 und V15 dargestellt. Die Profile waren sehr detailliert, da die Geschwindigkeitswerte in 2 m-Schritten vorhanden waren. Die Geschwindigkeitsprofile der Perzentilgeschwindigkeiten aus den Verfolgungsfahrten sind an zwei Beispielen im Anhang II-6 und Anhang II-7 dargestellt. Es werden hier Beispiele für unterschiedliches Geschwindigkeitsverhalten auf Strecken mit ähnlicher Streckencharakteristik mit und ohne Geschwindigkeitsbeschränkung dargestellt. Aus dem Beispiel in Abbildung 4.3 wird deutlich, dass durch die Geschwindigkeitsbegrenzung (Vzul = 130 km/h) im Abschnitt Pirk – Plauen-Süd das Niveau der 85%-

93

Geschwindigkeiten relativ konstant bleibt. Das Profil der 85%- Geschwindigkeiten zeigt, dass die zulässige Geschwindigkeit im Mittel um 4 km/h überschritten wird. Obwohl die Linienführung zwischen km 26+800 und km 28+700 sehr gestreckt ist und dort zwei Kurven mit großen Radien (R = 4500 m und R = 5000 m) vorhanden sind, erhöht sich die Geschwindigkeit V85 nicht, obwohl solche Streckencharakteristik zu höheren Geschwindigkeiten veranlassen kann. Dort beträgt die mittlere Differenz zwischen der V85 und der V15 (V85-V15)m lediglich 8,0 km/h. Die mittleren, maximalen und minimalen Geschwindigkeitsdifferenzen über den gesamten Teilabschnitt betragen entsprechend 17,6 km/h, 28,7 km/h und 7,7 km/h. Auf 30% der Gesamtlänge dieses Abschnitts wird die 130 km/hGrenze von der Hälfte aller Kraftfahrer überschritten. Die V15-Linie zeigt, dass die langsamen Fahrzeuge die zulässige Geschwindigkeit nicht überschreiten.

180 170 160 150 140 130

Geschwindigkeit [km/h]

120 110 100

Vzul = 130 km/h

90 80

(V85-V15)max = 28,7 km/h

70

(V85-V15)m = 17,6 km/h

60 50 40 R=900

30

(V85-V15)min = 7,7 km/h

20

R=5000

10

R=4500

-30

R=1000

R=1000

R=1000

-40

Krümmung

V85

V50

V15

30+500

30+000

29+500

29+000

28+500

28+000

27+500

27+000

26+500

26+000

-20

25+500

0 -10

R=850

170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90

Geschwindigkeitsdifferenz [km/h]

AS Pirk - AS Plauen-Süd

V85-V15

Abbildung 4.3: Geschwindigkeitsprofile aus den Verfolgungsfahrten und Geschwindigkeitsdifferenz (V85-V15) im Teilabschnitt AS Pirk – AS Plauen-Süd

Hingegen liegt das Geschwindigkeitsniveau im Abschnitt Treuen – Reichenbach, in dem keine Geschwindigkeitsbeschränkung vorhanden ist, deutlich höher (Abbildung 4.4). Obwohl dieser Teilabschnitt Kurven mit relativ kleinen Radien enthält, erreicht die Geschwindigkeit V85 sogar 180 km/h. Am Anfang einer gefährlichen Radienfolge am km 47+825 beträgt die Geschwindigkeit V85 = 175 km/h. Innerhalb der ersten Rechtskurve mit R = 1000 m sinkt die Geschwindigkeit ständig und erreicht am Ende der Kurve 165 km/h. Wegen der nachfolgenden kurzen Zwischengeraden (L = 54 m) und der darauf folgenden langen Rechtskurve mit R = 850 m verzögern die Fahrer weiterhin und die Geschwindigkeit V85 erreicht am Ende des Kreisbogens dieser Kurve den Wert 154 km/h. Innerhalb dieser ca. 1,1 km langen Kurvenfolge verringert sich also die Geschwindigkeit um 21 km/h. Derselbe Verlauf kann auch bei den Geschwindigkeiten V50 und V15 beobachtet werden. Insgesamt sind in diesem Teilabschnitt große Streuungen bei allen Geschwindigkeitsprofilen zu beobachten. Auf 38% der Gesamtlänge dieses Abschnitts wird die 130 km/h-Grenze von allen langsamen Fahrzeugen (V15) überschritten. Dementsprechend sind hier auch die Ge-

94

schwindigkeitsdifferenzen sehr groß. Die mittlere Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den Geschwindigkeiten V85 und V15 beträgt über die gesamte Strecke 33,0 km/h, der Mindestwert (V85-V15)min liegt bei 17,8 km/h und die maximale Differenz (V85-V15)max ist 55,7 km/h.

180 170 160 150 140 130

Geschwindigkeit [km/h]

120 110 100 90

(V85-V15)max = 55,7 km/h

80

(V85-V15)m = 33,0 km/h

70 60 50 40 30

R=1000

(V85-V15)min = 17,8 km/h

R=850

R=1030

R=1000

20 10

-30

R=1650

R=1000

R=1000

-40

Krümmung

V85

V50

V15

52+667

52+167

51+667

51+167

50+667

50+167

49+667

49+167

48+667

48+167

47+667

47+167

46+667

-20

46+167

0 -10

170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90

Geschwindigkeitsdifferenz [km/h]

AS Treuen – AS Reichenbach

V85-V15

Abbildung 4.4: Geschwindigkeitsprofile aus den Verfolgungsfahrten und Geschwindigkeitsdifferenz (V85-V15) im Teilabschnitt AS Treuen – AS Reichenbach

Um zu überprüfen, ob sich die Geschwindigkeitsverteilungen der Verfolgungsfahrten an bestimmten Querschnitten gut in die Grundgesamtheit der Geschwindigkeitsverteilungen der Querschnittsmessungen einordnen, ist es in der Regel erforderlich, Vergleiche durchzuführen.

4.2.2

Vergleich Querschnittsmessungen – Verfolgungsfahrten

Die Querschnittsmessungen wurden bei trockenem Fahrbahnzustand und bei Helligkeit an drei von den insgesamt acht vorhandenen Brückenbauwerken in beide Fahrtrichtungen durchgeführt. In Richtung Chemnitz lagen alle in unfallauffälligen Bereichen. Mit dem Radargerät wurden die Geschwindigkeiten von mindestens 150 unbehindert fahrenden Fahrzeugen erfasst. Ob sich die Geschwindigkeitsverteilungen der Verfolgungsfahrten signifikant von denjenigen der Querschnittsmessungen unterscheiden oder derselben Grundgesamtheit entstammen, kann mithilfe eines geeigneten statistischen Tests festgestellt werden. Der t-Test dient dem Vergleich zweier unabhängiger Stichproben. Er setzt aber voraus, dass die Variablen in der Grundgesamtheit normalverteilt sind und der Stichprobenumfang mindestens 30 beträgt. Es wurde festgestellt, dass alle Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen normalverteilt waren (Anhang II-8), was nicht bei allen aus den Verfolgungsfahrten gemessenen Geschwindigkeiten der Fall war. Außerdem war ihre An-

95

zahl (12) deutlich kleiner als der geforderte Mindestwert von 30. Aus diesen Gründen wurde auf die Anwendung des t-Tests verzichtet. Zum Vergleich der Geschwindigkeitsverteilungen aus den beiden Messverfahren wurde der Wilcoxon-Test für gepaarte Stichproben ausgewählt. Dieser verteilungsunabhängige Test ist eine nichtparametrische Alternative zum t-Test und findet vor allem dann Anwendung, wenn die Bedingungen für den t-Test, also Normalverteilung und gleiche Varianz, nicht gegeben sind. Er setzt voraus, dass die Variablen ordinalskaliert sind. Der erste Querschnitt lag am km 67+832 auf einem geraden Abschnitt. Die Längsneigung in Richtung Chemnitz ist s = -5,6% (Gefälle) und die Geschwindigkeit ist auf Vzul = 130 km/h begrenzt (Anhang II-6). Dort ist ein modifizierter Regelquerschnitt (RQ 29) mit zwei 3,75 m breiten Fahrstreifen vorhanden. In Richtung Hof ist an dieser Stelle ein breiterer Querschnitt mit Zusatzfahrstreifen vorhanden und die Geschwindigkeit ist nicht begrenzt. In dieser Fahrtrichtung beträgt die Steigung s = +5,6%. In Fahrtrichtung Hof wurden 175 und in Richtung Chemnitz – 150 Fahrzeuge erfasst. Die Summenhäufigkeitsverteilungen der durch Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten ermittelten Geschwindigkeiten sind im Anhang II-9 gegenübergestellt. Aus den beiden Abbildungen ist ersichtlich, dass die Geschwindigkeitsverteilung der verfolgten Fahrzeuge sowohl in Richtung Chemnitz als auch in Richtung Hof gut mit den Verteilungen aus den Querschnittsmessungen übereinstimmen. Nachfolgend wird der Wilcoxon-Test mit einem Signifikanzniveau von p = 0,05 durchgeführt. Bei p < 0,05 unterscheiden sich die zwei untersuchten Geschwindigkeitsverteilungen signifikant voneinander. In beiden Richtungen war der p-Wert größer als 0,05 (p = 0,62 in Richtung Chemnitz und p = 0,39 in Richtung Hof) und damit wurde statistisch nachgewiesen, dass kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Verteilungen besteht. Der zweite Querschnitt befand sich am km 37+023 (Anhang II-7) in einer Gerade im Gefälle in Richtung Chemnitz und entsprechend Steigung in Richtung Hof (s = ±2,5%). An diesem Querschnitt (RQ 26) beträgt die Fahrstreifenbreite 3,50 m und die Geschwindigkeit ist in beiden Fahrtrichtungen auf 130 km/h begrenzt. Auch an diesem Querschnitt ist eine gute Übereinstimmung der zwei Geschwindigkeitsverteilungen zu verzeichnen (Anhang II-10). In Richtung Chemnitz weisen die mittleren Geschwindigkeiten keine großen Differenzen auf. Die Perzentilgeschwindigkeiten V85 und V15 der Verfolgungsfahrten sind zwar in den beiden Fahrtrichtungen höher als die der Querschnittsmessungen, aber die Verteilungen sind nahezu identisch. Dies beweist auch der Wilcoxon-Test mit p = 0,14 (> 0,05) in Richtung Chemnitz und p = 0,29 (> 0,05) in Richtung Hof. Der dritte Querschnitt lag bei Station 31+930 (Anhang II-7) in einer Linkskurve in Richtung Chemnitz bzw. Rechtskurve in Richtung Hof mit R = 2010 m. Im Höhenplan befindet sich diese Stelle in einer Kuppe mit Halbmesser HK = 9000 m und Längsneigung der Gradiente ±5,6% (Gefälle in Richtung Chemnitz). Die Ergebnisse der zwei Messverfahren sind in Tabelle 4.1 zusammengefasst. In Fahrtrichtung Hof stimmen die Geschwindigkeitsverteilungen der verfolgten Fahrzeuge mit den am Querschnitt gemessenen sehr gut miteinander überein (p = 0,88). Die Verteilungskurven in Richtung Chemnitz unterscheiden sich auch nicht signifikant (p = 0,58), jedoch ist der Verlauf der Verfolgungsfahrten etwas steiler (Anhang II-11). Die Geschwindigkeit V15 aus den Verfolgungsfahrten ist hier höher, die V85 ist dagegen kleiner als diejenigen der Querschnittsmessungen. Der Vergleich zwischen den Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen und den Verfolgungsfahrten sind in Tabelle 4.1 dargestellt. Bei allen lokalen Vergleichen des Geschwindigkeitsverhaltens der verfolgten Fahrzeuge mit dem aller am jeweiligen Messquerschnitt erfassten frei fahrenden Fahrzeuge ergaben sich an den drei Messquerschnitten in den beiden Richtungen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschwindigkeitsverteilungen.

96

Station

Fahrtrichtung

Anzahl

V15

V50

V85

Differenz V85-V15

Mittelwert Vm

Standardabweichung s

[-]

[km/h]

[km/h]

[km/h]

[km/h]

[km/h]

[km/h]

Verfolgungsfahrt

10

120.0

133.4

148.2

28.2

134.6

15.9

Querschnittsmessung

175

116.0

132.0

152.0

36.0

133.6

17.1

Art der Geschwindigkeitsmessung

Hof 67+832

Verfolgungsfahrt

12

120.2

133.2

142.1

21.9

130.8

13.8

Querschnittsmessung

150

121.7

131.0

145.2

23.5

132.5

11.5

Verfolgungsfahrt

11

118.5

131.8

143.6

25.1

131.4

15.8

Querschnittsmessung

150

116.0

127.3

142.8

26.8

129.2

12.5

Verfolgungsfahrt

12

122.6

132.3

148.8

26.2

134.5

11.8

Querschnittsmessung

164

119.6

130.0

144.6

25.0

132.0

12.5

Chemnitz

Hof 37+023 Chemnitz

Hof 31+930 Chemnitz

Tabelle 4.1:

4.2.3

Verfolgungsfahrt

12

115.9

126.7

136.4

20.5

125.8

13.1

Querschnittsmessung

150

115.7

126.2

138.0

22.3

127.3

12.1

Verfolgungsfahrt

12

126.3

131.4

137.0

10.7

130.7

7.2

Querschnittsmessung

150

118.7

129.3

139.9

21.2

130.0

11.1

Vergleich zwischen Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten

Vergleich Querschnittsmessungen – Einsatzfahrten

Die Geschwindigkeitsaufzeichnungen von den 9 Probanden, die die Blickverhaltensmessungen durchgeführt haben, wurden zur Erstellung von Geschwindigkeitsprofilen von den Einsatzfahrten verwendet. Da bei einer Messung keine korrekten Geschwindigkeiten aufgezeichnet wurden, sollte diese aus dem Kollektiv ausgeschlossen werden. Hier werden die Ergebnisse der Einsatzfahrten mit denen der Querschnittsmessungen verglichen, um zu untersuchen, ob die Geschwindigkeitsverteilungen miteinander übereinstimmen. Die Mittelwerte der Geschwindigkeiten und die Standardabweichungen sind in Tabelle 4.2 dargestellt. Station

Fahrtrichtung

Art der Geschwindigkeitsmessung

Anzahl

Mittelwert Vm

Standardabweichung

[-]

[km/h]

[km/h]

Querschnittsmessungen

175

133.6

17.1

Einsatzfahrt

8

122.3

8.8

Querschnittsmessungen

150

132.5

11.5

Einsatzfahrt

8

129.8

8.9

Querschnittsmessungen

150

129.2

12.5

Einsatzfahrt

8

120.9

13.2

Querschnittsmessungen

164

132.0

12.5

Einsatzfahrt

8

132.9

9.4

Querschnittsmessungen

150

127.3

12.1

Einsatzfahrt

8

119.5

5.2

Hof 67+832 Chemnitz

Hof 37+023 Chemnitz

31+930 Hof

97

Station

Fahrtrichtung

Chemnitz

Tabelle 4.2:

Art der Geschwindigkeitsmessung

Anzahl

Mittelwert Vm

Standardabweichung

[-]

[km/h]

[km/h]

Querschnittsmessungen

150

130.0

11.1

Einsatzfahrt

8

129.4

10.5

Vergleich zwischen den mittleren Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen und den Einsatzfahrten und ihren Standardabweichungen

Für den ersten Querschnitt an Station 67+832 zeigt der Wilcoxon-Test in Fahrtrichtung Chemnitz keine signifikante Differenz zwischen den zwei Verteilungen (p = 0,40 > 0,05). In der anderen Richtung (Anhang II-12, rechts) unterscheiden sich die Verteilungskurven aber deutlich voneinander (p = 0,017 < 0,05). Hier sind wesentlich geringere Geschwindigkeiten (ca. 10 km/h) der Einsatzfahrten zu verzeichnen. Am zweiten Messquerschnitt (km 37+023) zeigt der Wilcoxon-Test in Fahrtrichtung Chemnitz eine Übereinstimmung von p = 0,78 (Anhang II-13, links). Trotzdem sind die Geschwindigkeiten V85 und V15 der Einsatzfahrten deutlich höher als die Geschwindigkeiten der Querschnittsmessung. In Richtung Hof wird auch keine signifikante Differenz festgestellt (p = 0,48), jedenfalls liegen die Perzentilgeschwindigkeiten V85 und V15 unter diesen der Querschnittsmessungen (Anhang II-13, rechts). Am Messquerschnitt am km 31+930 in Fahrtrichtung Chemnitz (Anhang II-14, links) weist die V85 der Einsatzfahrten eine große Abweichung auf und liegt etwa 17 km/h über der V85 der Querschnittsmessung. Die mittleren Geschwindigkeiten unterscheiden sich dagegen kaum. In Fahrtrichtung Hof (Anhang II-14, rechts) ist keine Übereinstimmung der beiden Verteilungslinien festzustellen, was auch der Wilcoxon-Test beweist (0,03 < 0,05). Die aus den Einsatzfahrten ermittelte Verteilungslinie ist steiler und verläuft auf einem deutlich niedrigeren Geschwindigkeitsniveau. Aus dem durchgeführten Vergleich der Einsatzfahrten mit den Querschnittsmessungen ist ersichtlich, dass sich die Geschwindigkeiten der Einsatzfahrten nicht in die Grundgesamtheit der Geschwindigkeiten der Querschnittsmessungen, also auch der Verfolgungsfahrten einordnen, und dürfen demzufolge für die Berechnung und Darstellung der 15%-, 50% und 85%-Geschwindigkeitsprofile nicht miteinbezogen werden. Die großen Abweichungen des Geschwindigkeitsverhaltens der Probanden von den Geschwindigkeiten der Querschnittsmessungen sind darauf zurückzuführen, dass die Probanden der Messung bewusst waren und vermutlich dadurch ihr Fahrverhalten nicht unbeeinflusst war. Deshalb kann von einer vollständigen Unvoreingenommenheit der Fahrer bezüglich der gefahrenen Geschwindigkeiten nicht ausgegangen werden. Trotzdem werden die Geschwindigkeiten der Einsatzfahrten zur Untersuchung der möglichen Zusammenhänge zwischen Geschwindigkeit und Sichtweite in Geraden und Kurven bzw. Links- und Rechtskurven angewendet. Die Ergebnisse der Verfolgungsfahrten lassen schlussfolgern, dass sich die 12 Geschwindigkeitsverteilungen aus den Verfolgungsfahrten hinreichend genau in die Grundgesamtheit der Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen einordnen und für eine allgemeine Aussage zum Fahrverhalten des 85%-, 50%- und 15%-Fahrers gut geeignet sind. Für eine exakte Ermittlung der Perzentilgeschwindigkeiten V15, V50 und V85 ist auf Autobahnen jedoch die Durchführung einer größeren Anzahl von Verfolgungsfahrten

98

wünschenswert, was aus Zeit- und Kostengründen hier nicht möglich war. Die über den gesamten Streckenverlauf ermittelte Geschwindigkeit V85 wird zur Bestimmung der Zusammenhänge mit der vorhandenen Sichtweite in Geraden und Kurven bzw. in Links- und Rechtskurven sowie auch mit der Größe der Kurvenradien verwendet.

4.3 4.3.1

Ergebnisse der Unfalluntersuchung Analyse des Unfallgeschehens

Für die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen lagen die Verkehrsunfalldaten für den Zeitraum zwischen 01.01.1995 und 31.12.2003 in der Datenbank am Lehrstuhl Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen vor. Die Qualität der Ergebnisse von den Unfalluntersuchungen hängt stark vom Umfang und von der Zuverlässigkeit der Ausgangsdaten ab. Die in der Datenbank vorhandenen Angaben waren vollständig und beinhalteten zu jedem Unfall alle wichtigsten Merkmale wie: -

Angaben zur Kilometrierung (Betriebs-km) Unfalldatum (Tag, Monat, Jahr) Wochentag (Montag bis Sonntag) Unfallzeit (Stunde, Minute) Anzahl der getöteten, schwerverletzten und leichtverletzten Personen Anzahl der beteiligten Verkehrsteilnehmer Lichtverhältnisse (Tageslicht, Dämmerung, Dunkelheit) Straßenzustand (trocken, nass/feucht, winterglatt, schlüpfrig) Unfallkategorie Unfalltyp Unfallart Fahrtrichtung Unfallursache usw.

In diesem Untersuchungszeitraum von neun Jahren ereigneten sich zwischen km 15+733 und km 71+700 in den beiden Fahrtrichtungen insgesamt 1732 Unfälle (ohne Baustellenunfälle), von denen 994 Unfälle in Richtung Chemnitz und 738 Unfälle in Richtung Hof geschehen sind. Aus dem Diagramm im Anhang III-2 (links) geht hervor, dass fast ausschließlich die Unfalltypen 1 (Fahrunfall), 6 (Unfall im Längsverkehr) und 7 (sonstiger Unfall) mit entsprechend 44,1%, 43,9% und 10,3% in dem Betrachtungszeitraum von neun Jahren vorkamen. Allein die Unfalltypen 1 und 6 entsprechen 88% des Unfallgeschehens auf der Untersuchungsstrecke. Demnach scheint die Streckencharakteristik einen wesentlichen Einfluss auf das Verkehrsunfallgeschehen zu haben. Da die Unfalltypen 2, 3, 4 und 5 vorwiegend an Anschlussstellen und Nebenanlagen auftreten und mit ihrem kleinen Prozentanteil (1,8%) für die freie Strecke nicht von Bedeutung sind, werden sie aus der Untersuchung ausgeschlossen. Dadurch beschränkt sich die Verkehrsunfallanalyse auf die eindeutig dominierenden Unfalltypen 1 (Fahrunfall), 6 (Unfall im Längsverkehr) und 7 (sonstiger Unfall). Somit reduziert sich die Gesamtanzahl der Unfälle in Richtung Chemnitz um 16 und in Richtung Hof - um 13 Unfälle. Aus der Entwicklung des Unfallgeschehens über die Jahre ist sichtbar, dass ein deutlicher Rückgang des Verkehrsunfallgeschehens ab dem Jahr 2002 zu verzeichnen ist (Anhang III-3). Im Vergleich zum Jahr 1995 ist die Anzahl der Unfälle um 84 gesunken. Bei der Aufteilung aller Fahrunfälle und Unfälle im Längsverkehr nach den Lichtverhältnissen zeigt sich, dass etwa 1/3 der Unfälle nachts geschieht (Anhang III-4, links). Beim Unfalltyp 1 ist etwa die Hälfte aller Unfälle bei Tageslicht und die andere Hälfte bei Dunkelheit und

99

Dämmerung auf der freien Strecke geschehen (Abbildung 4.5, links). Beim Unfalltyp 6 ist der überwiegende Prozentanteil der Unfälle tagsüber (63,3%) und lediglich 36,7% bei Dunkelheit und Dämmerung zu verzeichnen. Bezüglich des Straßenzustandes verzeichnen sich die Unfälle mit etwa gleich großer Anzahl bei nassem und bei trockenem Fahrbahnzustand. Ein erheblicher Teil der Unfälle (etwa 1/3 bis 1/2) ist bis zum Jahr 2001 bei winterglatten Bedingungen geschehen (Anhang III-4, rechts). Beim Unfalltyp 1 ist der überwiegende Anteil der Unfälle bei Nässe (43,5%) und bei Winterglätte (30,8%) zu registrieren. Hingegen sind bei trockenem Straßenzustand nur 25,8% der Unfälle zu beobachten. Ein ganz anderes Bild zeigt sich bei den Unfällen vom Typ 6, wo die Hälfte aller Unfälle auf der freien Strecke bei Trockenheit geschehen ist. Hier entfallen 37,7% der Unfälle bei Nässe und 13,1% der Unfälle bei winterglattem Straßenzustand (Abbildung 4.5, rechts). Lichtverhältnisse

80%

5.9

6.0

39.5

30.7

60% 40%

58.6

63.3

54.6

20% 0%

100%

relative Häufigkeit [%]

5.9 35.4

relative Häufigkeit [%]

100%

Straßenzustand

22.6

37.7

40.8

60%

13.1

30.8

80%

43.5

40% 36.5

20% 0%

49.2

25.8

Alle Unfälle

Unfalltyp 1

Unfalltyp 6

Alle Unfälle

Unfalltyp 1

Unfalltyp 6

Dämmerung

5.9

5.9

6.0

winterglatt

22.6

30.8

13.1

Dunkelheit

35.4

39.5

30.7

naß

40.8

43.5

37.7

Tageslicht

58.6

54.6

63.3

trocken

36.5

25.8

49.2

Tageslicht

Dunkelheit

Dämmerung

trocken

naß

winterglatt

Abbildung 4.5: Aufteilung der Fahrunfälle und der Unfälle im Längsverkehr nach Lichtverhältnissen (links) und Straßenzustand (rechts)

Bei den aufgenommenen Unfällen aus den beiden Fahrtrichtungen handelt es sich um 29 Unfälle mit Getöteten, 273 Unfälle mit Schwerverletzten, 491 Unfälle mit Leichtverletzten, 891 schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden und 19 Sachschadenunfälle unter Alkoholeinwirkung. Die letzten haben keine Bedeutung für die vorliegende Untersuchung, deshalb werden sie nicht berücksichtigt. Die richtungsbezogene Verteilung der Unfallkategorien ist in Abbildung 4.6 (links) dargestellt und die Anzahl der verunglückten Personen kann der Abbildung 4.6-rechts entnommen werden. Unfallkategorie

Verunglücktenstruktur

600

467

500

519

450

500

368

400 372

350 Anzahl [-]

Anzahl [-]

400 286

300 205

200

139

134

300 250

196 173

200 150 100

100 21

23 13

8

0

6

50

8

0 U(GT)

U(SV)

U(LV)

Richtung Chemnitz

U(SS)

Richtung Hof

U(SSa)

Getötet

Schwerverletzt Richtung Chemnitz

Leichtverletzt

Richtung Hof

Abbildung 4.6: Verteilung der Unfallkategorien in den beiden Fahrtrichtungen (links) und Anzahl der verunglückten Personen in den beiden Fahrtrichtungen (rechts) im Zeitraum von 01.01.1995 bis 31.12.2003

100

Aus Abbildung 4.6 (links) und Abbildung 4.6 (rechts) ist ersichtlich, dass die Anzahl der Unfälle und der Verunglückten in Richtung Chemnitz deutlich größer ist als in Richtung Hof (etwa dreimal mehr getötete Personen). Aus der Auswertung des durchschnittlichen täglichen Verkehrs (Abschnitt 4.3.2) wird aber sichtbar, dass die Verkehrsstärken in Richtung Chemnitz sogar kleiner als diese in der anderen Richtung sind. Die Gründe für das erhöhte Unfallgeschehen können also nicht in der Verkehrsbelastung gesucht werden. Die Ursachen können auch nicht in den geometrischen Parametern liegen, da auf der Untersuchungsstrecke keine bedeutsamen baulichen Unterschiede zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen vorhanden sind. Als Grund hierfür ist die Bedeutung der Bundesautobahn A72 zu nennen. Wie bereits beschrieben wurde, verbindet sie Sachsen mit dem wirtschaftlich starken süddeutschen Gebiet. Die daraus entstehende Verteilung des Verkehrsstroms aus Berufspendlern hat eine entscheidende Bedeutung für das Unfallgeschehen auf der Autobahn. Die Pendler fahren in Richtung Chemnitz zum Ende der Arbeitswoche (Freitag und Samstag) und aufgrund ihrer Ermüdung oder verminderten Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen geschehen an diesen Tagen deutlich mehr Unfälle. Zu Beginn der Woche befahrenen sie die Autobahn in Richtung Hof und daraus resultiert wiederum ein Anstieg des Verkehrsunfallgeschehens an den zwei Tagen (Sonntag oder Montag). Aus der im Anhang III-6 dargestellte fahrtrichtungsbezogene Verteilung des Verkehrsunfallgeschehens auf die einzelnen Wochentagen wird bestätigt, dass die Spitzen des Unfallgeschehens freitags und samstags zu verzeichnen sind. Das bedeutend höhere Unfallgeschehen in Fahrtrichtung Chemnitz ist über die ganze Woche, bis auf Sonntag und Montag, klar erkennbar. Betrachtet man die Verteilung der Unfälle nach Stunden, so wird diese Hypothese bestätigt (Anhang III-7 und Anhang III-7). Freitags liegen die Spitzenwerte in Richtung Chemnitz zwischen 12:00 und 20:00 Uhr und samstags zwischen 16:00 und 18:00 Uhr. In der anderen Fahrtrichtung ist ein erhöhtes Unfallgeschehen zwischen 18:00 und 22:00 Uhr sonntags, und in den frühen Stunden (4:00 bis 6:00 Uhr) montags zu beobachten. Die Aufteilung des Unfallgeschehens nach Unfallart zeigt, dass am häufigsten die Unfallarten 2 (Zusammenstoß mit vorausfahrendem Fahrzeug) mit 20,4%, 3 (Zusammenstoß mit seitlich in gleicher Richtung fahrendem Fahrzeug) mit 14,8%, 8 (Abkommen von der Fahrbahn nach rechts) mit 26,2% und 9 (Abkommen von der Fahrbahn nach links) mit 23,3% vertreten sind (Anhang III-2, rechts). Die anderen fünf Unfallarten betragen insgesamt 15,4%.

4.3.2

Verkehrsstärkedaten

Die durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärken (DTV) wurden für die Bundesautobahn A72 aus den automatischen Straßenverkehrszählungen in Sachsen entnommen. Von den vier auf der gesamten Autobahn vorhandenen Dauerzählstellen (DZS) wurden die Daten aus drei Dauerzählstellen verwendet, die sich auf der Untersuchungsstrecke befinden. Eine zusammenfassende Übersicht über die Verkehrsstärken und ihre Änderungen in % gegenüber dem vergangenen Jahr in den beiden Fahrtrichtungen gibt die Tabelle 4.3. Jahr

4109 (km 18+133)

4114 (km 44+167)

4113 (km 62+775)

Chemnitz

Hof

Chemnitz

Hof

Chemnitz

Hof

1999

13.228

14.100

20.205

20.293

17.384

17.465

2000

14.419 (+9,0%)

15.209 (+7,9%)

20.914 (+3,5%)

21.129 (+4,1%)

18.170 (+4,5%)

18.255 (+4,5%)

101

Jahr

4109 (km 18+133)

4114 (km 44+167)

4113 (km 62+775)

Chemnitz

Hof

Chemnitz

Hof

Chemnitz

Hof

2001

18.274 (+26,7%)

18.379 (+20,8%)

21.839 (+4,4%)

22.061 (+4,4%)

19.794 (+8,9%)

19.825 (+8,6%)

2002

19.017 (+4,1%)

19.170 (+4,3%)

22.272 (+2,0%)

22.315 (+1,2%)

19.875 (+0,4%)

19.843 (+0,1%)

2003

18.629 (-2,0%)

18.686 (2,5%)

22.207 (-0,3%)

22.172 (-0,6%)

19.512 (-1,8%)

19.555 (-1,5%)

Mittelwert

16.713

17.109

21.487

21.594

18.947

18.989

Tabelle 4.3:

Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärken und ihre Änderung im Vergleich zum vorigen Jahr (Werte in Klammern)

Verkehrstärken (1999 - 2003) 23000 22000 21000

DTV [Kfz/24 h]

20000 19000 18000 17000 16000 15000 14000 13000 12000 1999

2000

2001

2002

2003

Jahr DZS(4109) Richtung Chemnitz DZS(4109) Richtung Hof

DZS(4114) Richtung Chemnitz DZS(4114) Richtung Hof

DZS(4113) Richtung Chemnitz DZS(4113) Richtung Hof

Abbildung 4.7: Änderung der Verkehrsstärken über die Jahre 1999 bis 2003

Bis zum Jahr 2002 wurde bei allen DZS ein Anstieg der durchschnittlichen Verkehrsstärke beobachtet (Abbildung 4.7 und Tabelle 4.3). Im Jahr 2003 sinkt diese im Vergleich zum vergangenen Jahr um ca. 1,5%. Möglicher Grund für die Abnahme der DTV nach dem Jahr 2002 ist die neu eröffnete Autobahn A93, die nördlich von Hof von dem bayerischen Vogtland über Regensburg verläuft. Der letzte Abschnitt dieser Autobahn, der noch gebaut wurde, ist 2002 für den Verkehr freigegeben worden. Es liegt die Vermutung nahe, dass zwischen 2002 und 2003 ein Teil des Verkehrs in dieser Richtung von der Bundesautobahn A72 floss und dies zu einer Verringerung des DTV-Wertes in den beiden Fahrtrichtungen führte. Die Dauerzählstellen 5637-4109 (km 18+133), 5439-4114 (km 44+167) und 5340-4113 (km 62+775) befinden sich auf den Teilstrecken Landesgrenze - Pirk, Plauen-Ost - Treuen

102

und an der Anschlussstelle Zwickau-West. Da für die anderen Teilstrecken keine konkreten Angaben des DTV möglich waren, wurden die Werte der benachbarten Dauerzählstellen angesetzt. Die Prognose für die durchschnittliche Verkehrsstärke für das Jahr 2015 für jeden Teilabschnitt und in jeder Fahrtrichtung wurde vom Autobahnamt Sachsen zur Verfügung gestellt. Die prozentuale Änderung der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke in jedem Teilabschnitt ist in Tabelle 4.4 dargestellt.

Abschnitt

LG-Pirk

von

15733

bis

25508

DTV Richtung Chemnitz

pDTV (2015) Richtung Chemnitz

Änderung pDTV/DT V Richtung Chemnitz

DTV Richtung Hof

pDTV (2015) Richtung Hof

Änderung pDTV/DT V Richtung Hof

[km]

[Kfz/24h]

[Kfz/24h]

[%]

[Kfz/24h]

[Kfz/24h]

[%]

9.775

16713

27440

64

17109

28560

67

Länge

DZS

4109 Pirk-Plauen Süd

25508

30725

5.217

16713

25235

51

17109

26265

54

Plauen SüdPlauen Ost

30725

38292

7.567

21487

24500

14

21594

24500

13

Plauen OstTreuen

38292

46167

7.875

21487

32000

49

21594

32000

48

TreuenReichenbach

46167

52802

6.635

21487

28250

31

21594

28250

31

ReichenbachZwickau West

52802

62775

9.973

18947

28750

52

18989

28750

51

18947

22000

16

18989

22000

16

4114

4113 Zwickau WestZwickau Ost

Tabelle 4.4:

4.3.3

62775

71700

8.925

DTV und pDTV und ihre Änderung über die Jahre 1999 bis 2003

Auswertung der Unfallkennzahlen in den Teilabschnitten

Die berechneten angepassten Unfallkostensätze wurden mit den pauschalen Unfallkostensätzen in den beiden Fahrtrichtungen verglichen und in Anhang III-9 grafisch dargestellt. Für Unfälle mit Getöteten oder Schwerverletzten wurde der pauschale Unfallkostensatz für Autobahnen in Sachsen WU = 315.000 €/U nach ESN (FGSV, 2003) angesetzt. In Fahrtrichtung Chemnitz überschreitet der Unfallkostensatz der Unfälle mit schwerem Personenschaden den für Sachsen angegebenen pauschalen Unfallkostensatz mit 16,4%. Auch der angepasste Unfallkostensatz der Unfälle mit leichtem Personenschaden ist mit 2,8% höher als den pauschalen. Insgesamt zeigt sich, dass der angepasste Unfallkostensatz der Unfälle mit Personenschaden in dieser Fahrtrichtung um 38,5% höher als den angegebenen pauschalen Unfallkostensatz ist. Die berechneten angepassten Unfallkostensätze widerspiegeln die hohe Anzahl der Verunglückten in dieser Richtung. In Fahrtrichtung Hof ist die Anzahl der Unfälle mit schwerem Personenschaden sehr gering, deshalb ist der angepasste Unfallkostensatz um 15,8% kleiner als der pauschale. Die angepassten und die pauschalen Unfallkostensätze der Unfälle mit leichtem Personenschaden unterscheiden sich gering voneinander, wobei die angepassten Unfallkos-

103

tensätze die pauschalen um 4,2% übersteigen. Der angepasste Unfallkostensatz der Unfälle mit Personenschaden ist mit 11,9% höher als den entsprechenden pauschalen Unfallkostensatz. Die angepassten Unfallkosten nach dem Merkblatt und die pauschalen Unfallkosten nach ESN (FGSV, 2003) wurden für jeden Teilabschnitt in den beiden Fahrtrichtungen berechnet und die Tabellen mit den Ergebnissen sind im Anhang III-15 bis Anhang III-18 dargestellt. Aus dem linken Diagramm in Anhang III-10 wird deutlich, dass die angepassten Unfallkosten in jedem Teilabschnitt in Fahrtrichtung Chemnitz höher als die pauschalen sind. Diese Tatsache ist auf die überdurchschnittlich hohe Anzahl der getöteten und schwerverletzten Personen in dieser Fahrtrichtung zurückzuführen. Aufgrund der geringen Anzahl der Verunglückten sind die Unfallkosten in Fahrtrichtung Hof bedeutend kleiner. In jedem Teilabschnitt liegen sie unter den pauschalen Unfallkosten der Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden (Anhang III-10, rechts). Beim Vergleich der angepassten Unfallkosten der Unfälle mit schwerem Personenschaden ist erkennbar, dass die Werte in Fahrtrichtung Chemnitz, mit Ausnahme vom zweiten Teilabschnitt (AS Pirk - AS Plauen-Süd), etwa doppelt so hoch sind als in Fahrtrichtung Hof (Anhang III-11). Im ersten und im dritten Teilabschnitt in Richtung Chemnitz sind Unfallkosten entstanden, die sogar etwa dreimal höher sind als die Unfallkosten in der anderen Richtung. Aus dem Diagramm geht noch hervor, dass nicht nur in Bezug auf die Fahrtrichtung, sondern auch zwischen den einzelnen Teilabschnitten einer Fahrtrichtung erhebliche Unterschiede bestehen. So führt die große Anzahl der Unfälle mit schwerem Personenschaden im ersten, vierten, fünften und siebenten Teilabschnitt zu enormen Unfallkosten. Die Unfallkosten steigen mit zunehmender Länge eines Streckenabschnitts und mit zunehmender Verkehrsstärke an, deshalb wird als Maß zur Beurteilung der Verkehrssicherheit die Unfallkostenrate (UKR) verwendet. Da lediglich die Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden bekannt waren, wurde die erste Grundunfallkostenrate zum Vergleich herangezogen. Durch die höheren berechneten angepassten Unfallkosten in Fahrtrichtung Chemnitz entstehen auch höhere Unfallkostenraten verglichen mit den Unfallkostenraten aus den pauschalen Unfallkosten. Im Gegenteil sind in jedem Teilabschnitt die Unfallkostenraten in der anderen Fahrtrichtung kleiner als die nach ESN (FGSV, 2003) berechneten pauschalen Unfallkostenraten. Betrachtet man die theoretische Größe der Grundunfallkostenrate (grüne Linie) nach ESN (FGSV, 2003), so stellt man fest, dass in Fahrtrichtung Chemnitz in jedem einzelnen Teilabschnitt die Grundunfallkostenrate um das Zwei- bis Dreifache überschritten wird (Anhang III-12). In Fahrtrichtung Hof wird die Grundunfallkostenrate auf vier Teilabschnitte überschritten, zwei Abschnitte weisen die gleiche Unfallkostenrate wie die Grundunfallkostenrate auf, und in einem Teilabschnitt wird die Grundunfallkostenrate um 18,2% unterschritten. Verglichen mit den Grundunfallkostenraten nach RAS-Q (FGSV, 1996) liegen die Werte der aUKR aller Teilabschnitte in Fahrtrichtung Chemnitz wieder über denen der gUKR (rote Linie). Dies bedeutet, dass auf allen untersuchten Teilstrecken ein höheres Unfallgeschehen vorhanden ist, als beim Durchschnitt auf Autobahnen mit gleicher Querschnittsgestaltung zu erwarten wäre. Am geringsten ist die Überschreitung auf den Teilabschnitten 3 und 6 mit ca. 11%, am höchsten auf den Abschnitten 1 und 5 mit jeweils 72,2% und 88,2%. In der Gegenrichtung werden die Werte der Grundunfallkostenraten lediglich auf zwei Abschnitte (AS Pirk - AS Plauen-Süd und AS Treuen - Reichenbach) mit 11,1% und 5,9%

104

überschritten. Auf allen anderen Teilabschnitten liegen die Werte der angepassten Unfallkostenraten unter denen der Grundunfallkostenraten und sind darüber hinaus weniger unfallauffällig. Wie bereits beschrieben, beträgt die Grundunfallkostenrate auf Autobahnen für die Unfallkategorien 1 bis 4 und 6 (P,SS) gUKR = 11 [€/(1000 Kfz.km)] und wurde auf der Grundlage der mittleren Unfallkostenraten aus den EWS (FGSV, 1997) abgeleitet. Obwohl die Grundunfallkostendichte in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke variiert und keine konstante Größe wie die Grundunfallkostenrate ist, erscheint dasselbe Bild wie bei der Unfallkostenrate (Interpretation nach ESN, FGSV 2003). Der Vergleich zwischen den Unfallkostendichten und den Grundunfallkostendichten in den beiden Fahrtrichtungen ist in Anhang III-13 dargestellt. Die kleinste Überschreitung in Fahrtrichtung Chemnitz ist im Abschnitt 6 (Reichenbach - Zwickau-West) mit 75% und die größte - im Abschnitt 5 (Treuen - Reichenbach) mit 188% zu verzeichnen. Der fünfte Abschnitt ist auch in Richtung Hof als besonders gefährlich einzustufen. Dort ist die angepasste Unfallkostendichte mit 62% höher als die Grundunfallkostendichte. Im Teilabschnitt 3 (Plauen-Süd - Plauen-Ost) liegt die angepasste Unfallkostendichte um 16% unter der Grundunfallkostendichte. Die berechneten Unfallraten der Unfälle mit Personenschaden und die Unfalldichten der Unfälle mit schwerem Personenschaden sind im Anhang III-14 dargestellt. Für Unfallraten der Unfälle mit Personenschaden auf Bundesautobahnen wird im ELSNER (2007) der Wert 0,10 U/(106 Kfz.km) für das Jahr 2004 angegeben. Mit diesem Wert wurden die berechneten Unfallraten verglichen. Alle Teilabschnitte in Richtung Chemnitz, mit Ausnahme des sechsten Teilabschnitts, weisen höhere Unfallraten auf. Als besonders gefährlich zeigen sich die Abschnitte 1 (Landesgrenze - Pirk), 2 (Pirk - Plauen-Süd) und 5 (Treuen - Reichenbach), die um 80% über dem 0,10 U/(106 Kfz.km) liegen. Es wird nochmals bestätigt, dass in dieser Richtung die Unfallgefahr deutlich größer ist als in der Gegenrichtung (Fahrtrichtung Hof) mit Ausnahme vom Teilabschnitt 4 (Plauen-Ost - Treuen), in dem die Unfallrate in Fahrtrichtung Hof um 27,3% höher als die Unfallrate in Richtung Chemnitz ist. In diesem Teilabschnitt ist auch die größte Überschreitung der für Bundesautobahnen berechneten Unfallrate von UR = 0,10 U/(106 Kfz.km) in dieser Richtung um 40% zu beobachten. Weniger Teilabschnitte in Fahrtrichtung Chemnitz zeigen sich als unfallauffällig bezüglich der Unfalldichte aus den schweren Personenschäden. Als gefährlich gelten diejenigen Teilabschnitten die mindestens ein Unfall mit schwerem Personenschaden je Kilometer in drei Jahren aufweisen, d.h. UD(SP) = 0,33 U/(km.a). Diese Unfalldichte wird in Fahrtrichtung Chemnitz in den Abschnitten 1, 4, 5 und 7 überschritten. Die höchste Unfalldichte zeigt wieder der Teilabschnitt AS Treuen - AS Reichenbach mit 54,5% über dem Grenzwert. In Fahrtrichtung Hof verzeichnen sich bezüglich der Unfalldichte die Abschnitte 2, 4 und 5 als unfallträchtig, wobei im zweiten Abschnitt zwischen Pirk und Plauen-Süd die Unfalldichte um 22,6% diese in Fahrtrichtung Hof überragt. Wie bereits erklärt, ist die Aufteilung der Untersuchungsstrecke in den sieben Teilabschnitten zu ihrer Einstufung bezüglich ihren Unfallaufkommens gut geeignet, jedoch ist solche Einteilung für die Analyse des Blickverhaltens zu grob. Die Teilabschnitte weisen große Längen auf und beinhalten viele Trassierungselemente, deren Auswirkungen auf das Blickverhalten und das Unfallgeschehen unberücksichtigt bleiben. Deshalb wird im weiteren Verlauf der Untersuchung eine feinere Aufteilung der Streckenabschnitte nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen, wobei die Unfallkenngrößen zur Differenzierung von gefährlichen, weniger gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten benutzt werden.

105

4.3.4

Auswertung des Unfallgeschehens nach ESN (FGSV, 2003)

In der vorliegenden Arbeit wurde bei der Unfallanalyse die Untersuchungsstrecke sowohl auf Grund der Netzstruktur als auch auf Grund des Unfallgeschehens aufgeteilt. Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur Für die erste grobe Abschnittsbildung auf Grund der Netzstruktur wurden diejenigen Abschnitte analysiert, die durch die Netzknoten begrenzt wurden (die sieben Teilabschnitte). Für diese Methode der Abschnittsaufteilung ist die Betrachtung der Anzahl und Schwere der Unfälle vorerst nicht erforderlich. Die ermittelten SIPO und pSIPO in den einzelnen Teilabschnitten sind richtungsgetrennt in Abbildung 4.8 gegenübergestellt. Abschnitte mit negativem Sicherheitspotenzial sind wenig unfallbelastet und werden in dieser Arbeit als ungefährlich bezeichnet. Mit ansteigendem Sicherheitspotenzial erhöht sich das Unfallrisiko und die Abschnitte mit dem größten Sicherheitspotenzial werden als gefährlich bezeichnet. SIPO und pSIPO in Richtung Chemnitz 1999 - 2003

SIPO und pSIPO in Fahrtrichtung Hof 1999 - 2003 200

212

199

150

86 57

50

SIPO

Zwickau WestZwickau Ost

ReichenbachZwickau West

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

Pirk-Plauen Süd

LG-Pirk

0

54

71 10 15

3

2 0

1

1

-13 -15 -50 -100 -150

Zwickau WestZwickau Ost

81

69 46

ReichenbachZwickau West

71

92

58 50

TreuenReichenbach

84

123 106

Plauen OstTreuen

100

89

100

137

127

121

Pirk-Plauen Süd

150

Plauen SüdPlauen Ost

161

LG-Pirk

200

SIPO [1000 €/(km*a)]

SIPO [1000 €/(km*a)]

250

-200

pSIPO

SIPO

pSIPO

Abbildung 4.8: SIPO und pSIPO in den Teilabschnitten in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts) Lorenzkurve SIPO (nach Netzstruktur) 100 90 80

SIPO [%]

70 60 50 40 30 20 10 0 0

5

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Straßenlänge [%]

Abbildung 4.9: Lorenzkurve der positiven Sicherheitspotenziale (Abschnittsbildung nach Netzstruktur)

Aus der Lorenzkurve wird sichtbar, dass 80% des Sicherheitspotenzials auf ca. 93% der gesamten Streckenlänge mit positivem Sicherheitspotenzial konzentriert ist (Abbildung 4.9). Anders gesagt, liegen 20% des größten Sicherheitspotenzials auf 7% der gesamten Strecke. Dabei sind 20% des kleinsten positiven Sicherheitspotenzials auf ca. 51% der

106

Strecke verteilt. Der 80%-Quantil des Sicherheitspotenzials liegt bei 101.000 €/(km*a) und alle Teilabschnitte, die einen höheren Wert des Sicherheitspotenzials aufweisen, werden als gefährlich eingestuft. Der 20%-Quantil des Sicherheitspotenzials liegt bei 24.000 €/(km*a). Alle Abschnitte, deren Sicherheitspotenzial unter diesem Wert liegt, einschließlich der Abschnitte mit negativem Sicherheitspotenzial, werden als ungefährlich bezeichnet. Die mittelgefährlichen Streckenabschnitte weisen Werte des Sicherheitspotenzials zwischen diesen beiden Grenzen. Wie aus Abbildung 4.8 (links) deutlich wird, wird die 80%-Grenze in Fahrtrichtung Chemnitz von dem vorhandenen Sicherheitspotenzial in den Abschnitten 1, 5 und 7 überschritten und können als gefährliche Abschnitte betrachtet werden (rote Linie). Die Sicherheitspotenziale in den anderen vier Teilabschnitten liegen im mittelgefährlichen Bereich. In Fahrtrichtung Hof wird die 80%-Grenze in keinem Teilabschnitt überstiegen (Abbildung 4.8, rechts). Lediglich Abschnitte 2, 4 und 5 liegen im mittelgefährlichen Bereich und die Sicherheitspotenziale in den restlichen Teilabschnitten liegen unter der 20%-Grenze (grüne Linie) bzw. weisen negative Werte auf. Damit können sie als ungefährlich eingestuft werden. Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens In Anhang III-19 bis Anhang III-21 sind Beispiele für die mit Hilfe dieser Vorgehensweise ermittelten Sicherheitspotenziale auf drei kurze Streckenabschnitte aus den beiden Fahrtrichtungen grafisch dargestellt. Die Tabellen zur Berechnung des Sicherheitspotenzials von allen durch diese Methode bestimmten Abschnitten können Anhang III-22 und Anhang III-23 entnommen werden. Damit unterschiedliche Verkehrsstärken (DTVi) auf Teilabschnitten mit bestimmter Länge (Li) berücksichtigt werden konnten, wurde eine mittlere Verkehrsstärke (DTVm) für den jeweiligen Bewertungsabschnitt (Länge L) nach der folgenden Formel berechnet: DTVm =

∑ DTV ⋅ L i

i

[Kfz/24 h]

L

In Fahrtrichtung Chemnitz ergaben sich 30 Teilabschnitte und in Fahrtrichtung Hof - 19. Grund für die kleinere Anzahl von Teilabschnitten in Fahrtrichtung Hof ist der niedrige Anteil der Unfälle mit schwerem Personenschaden. Die Verteilung der positiven Sicherheitspotenziale in Abhängigkeit von der Streckenlänge wurde noch einmal mithilfe der Lorenzkurve in Abbildung 4.10 (links) dargestellt. Aus der Grafik wird deutlich, dass 80% des Sicherheitspotenzials auf 20% der Streckenlänge konzentriert ist. 100

Lorenzkurve SIPO (Abschnittsbildung nach Unfallgeschehen)

90

90

80

80

70

Summenhäufigkeit [%]

100

SIPO [%]

70 60 50 40 30

60 50 40 30 20

20

10

10 0

0

0

5

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Streckenlänge [%]

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

550

600

650

700

750

SIPO [1000 €/(km.a)]

Abbildung 4.10: Lorenzkurve (links) und Summenhäufigkeit (rechts) der positiven Sicherheitspotenziale (Abschnittsbildung auf Grund des Unfallgeschehens)

107

Aus der kumulativen Häufigkeitsverteilung des positiven Sicherheitspotenzials ist ersichtlich, dass die gefährlichsten 20% der untersuchten Strecke SIPO-Werte von über 270.000 €/(km*a) aufweisen (Abbildung 4.10, rechts). 20% der gesamten Untersuchungsstrecke weisen ein niedriges Sicherheitspotenzial unter 28.000 €/(km*a) auf. Anhand des Sicherheitspotenzials werden die Teilstrecken nach ihrer Gefährlichkeit wieder in drei Klassen aufgeteilt: 1. Klasse (ungefährlich):

SIPO < 0 €/(km*a) bis SIPO ≤ 28.000 €/(km*a)

2. Klasse (mittelgefährlich):

28.000 €/(km*a) < SIPO ≤ 270.000 €/(km*a)

3. Klasse (gefährlich):

SIPO > 270.000 €/(km*a)

Von besonderem Interesse ist der Vergleich der Blickverhaltensmasse zwischen ungefährlichen und gefährlichen Abschnitten (Klassen 1 und 3). Für eine richtige Beurteilung und Interpretation müssen die zu vergleichenden Streckenabschnitte ähnliche Streckencharakteristik aufweisen, d.h. ähnliche Kurvigkeit, mittlere Längsneigung und annähernd gleiche Streckenlänge. Als besonders gefährlich ereignen sich acht Teilabschnitte in Richtung Chemnitz mit einer Gesamtlänge von 6,3 km (Abbildung 4.11, links). Es wurden drei ungefährlichen Abschnitte (0 < SIPO 5000

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.12: Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit V85 und Kurvenradius

Einfluss auf das Unfallgeschehen Nahezu alle bisherigen Untersuchungen gelangen zu dem Ergebnis, dass mit zunehmendem Kurvenradius eine Abnahme der Unfallkennzahlen verbunden ist. KRÜGER U.A. (2004) stellen sowohl für Linkskurven als auch für Rechtskurven fest, dass die Unfallraten der schweren Unfälle mit zunehmendem Radius abnehmen. Bei Radien über 1000 m weisen Links- und Rechtskurven annähernd gleich große Unfallraten auf, während bei den kleinen Radien die Linkskurven deutlich gefährlicher sind. In der vorliegenden Arbeit wurde in Bezug auf das Unfallgeschehen jedoch zwischen Links- und Rechtskurven nicht differenziert.

109



Differenzierung der Unfälle nach Unfallkategorien

Für jeden Kurvenradius und jeden geraden Streckenabschnitt wurde zunächst die Anzahl der Unfälle nach den Unfallkategorien 1 und 2 (Unfälle mit schwerem Personenschaden), 3 (Unfälle mit Leichtverletzten) und 4 (Unfälle mit schwerem Sachschaden) gezählt und aufgeschrieben (zugeordnet). Anschließend wurden die Unfallkenngrößen berechnet. Die Ergebnisse bestätigen die in der Literatur ermittelten Zusammenhänge. Abbildung 4.13 (links) zeigt die Unfallrate der schweren Unfälle in Abhängigkeit vom Radius. Trotz den großen Streuungen ist erkennbar, dass mit zunehmendem Radius die Unfallrate abnimmt. Auch nach Aufteilung der Kurvenradien in Klassen kann dieser Trend beobachtet werden (Abbildung 4.13, rechts). Besonders bemerkbar ist der Rückgang der Unfallrate der Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden bei Kurvenradien über 2500 m. Bezogen auf die Unfallrate bei Radien unter 1000 m verringert sich die Unfallrate in der letzten Klasse um die Hälfte. Ähnliches Bild kann bei der Unfallrate der Unfälle mit Personenschaden (Unfälle mit Getöteten, Schwerverletzten und Leichtverletzten) beobachtet werden. Auch hier erweisen sich die Kurven mit Radien über 2500 m als sicherer. Die Unfallrate liegt in den ersten drei Radienklassen (bis R = 2500 m) über dem für Deutschland ermittelten Mittelwert für Bundesautobahnen für das Jahr 2004 (UR(P) = 0,10 U/(106 Kfz.km) - Der ELSNER, 2007). Eine deutliche Abnahme der Unfallrate der Unfälle mit schwerem Personenschaden (Unfälle mit Getöteten und Schwerverletzten) ist bereits ab einem Kurvenradius von 1500 m festzustellen. Im Bereich großer Radien geht der Wert der Unfallrate um mehr als 1/3 zurück im Vergleich zu den Werten in den ersten zwei Klassen. Bezüglich der Unfälle mit schwerem Personenschaden sind Kurven mit einem Radius größer 1500 m demzufolge mehr als doppelt so sicher als Kurven mit kleineren Radien. 0,45

1,8

0,4

1,6

0,35

Unfallrate [U/(10^6 Kfz.km)]

Unfallrate(P,SS) [U/(10^6 Kfz.km)]

2,0

1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4

0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05

0,2

0 ≤ 1000

0,0

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

Kurvenradius [m]

3500

4000

4500

5000

5500

1000 - 1500

1500 - 2500

2500 - 5000

> 5000

Kurvenradius [m] UR(P,SS)

UR(P)

UR(SP)

Abbildung 4.13: Unfallrate der schweren Unfälle in Abhängigkeit vom Kurvenradius (links) und Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Unfallrate (nach Unfallkategorie) auf der A72

In Abbildung 4.14 ist der Zusammenhang zwischen der Unfallkostenrate bzw. -dichte und dem Radius dargestellt. Wie bei den Unfallraten, ist bei den Unfallkostenraten und dichten eine starke Herabsetzung bei zunehmendem Kurvenradius erkennbar. Die Werte beider Kenngrößen erhöhen sich im Bereich kleiner Radien um mehr als das 2,5 fache, verglichen mit den Werten in der letzten Klasse. Eine wichtige Ursache für den großen Anstieg beider Unfallkenngrößen im Bereich kleiner Radien ist die dort vorhandene Häufung der Unfälle mit schwerem Personenschaden, die wegen des hohen Unfallkostensatzes in die Berechnung mit einem großen Gewicht mit eingehen.

110

40

300

Unfallkostendichte(P,SS) [1000 €/(km.a)]

Unfallkostenrate(P,SS) [€/(1000 Kfz.km)]

35 30 25 20 15 10 5 0

250

200

150

100

50

0

≤ 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

2500 - 5000

> 5000

≤ 1000

1000 - 1500

Kurvenradius [m]

1500 - 2500

2500 - 5000

> 5000

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.14: Einfluss des Kurvenradius auf die Unfallkostenrate (links) und die Unfallkostendichte (rechts) der schweren Unfälle

Aus den beiden Diagrammen wird deutlich, dass Kurven mit Radien über 1500 m viel sicherer sind als Kurven mit Radien unter 1500 m. Eine Unfallkenngröße, die noch in keiner Forschungsarbeit im Zusammenhang mit dem Kurvenradius auf Autobahnen untersucht worden ist, ist das Sicherheitspotenzial (SIPO). Ähnlich wie der Verlauf der Unfallkostenrate bzw. -dichte zeigt es einen eindeutigen Abnahmetrend mit steigendem Kurvenradius (Abbildung 4.15). Der Rückgang des Sicherheitspotenzials ist jedoch viel stärker ausgeprägt als der der Unfallkostenrate bzw. -dichte. Bei Radien bis 1500 m beträgt der Wert des Sicherheitspotenzials im Mittel 180.000 €/(km.a) und ist somit mehr als siebenmal höher als der Wert in der letzten Radienklasse (25000 €/(km.a)). Bereits in der dritten Radienklasse ist die Verkehrssicherheit mehr als zweimal höher als die vorhergehende. Der anhand der Unfallrate, Unfallkostenrate und – dichte festgestellte immense Sicherheitsgewinn bei Verwendung großer Radien auf Autobahnen wird durch den straffen Zusammenhang zwischen Sicherheitspotenzial und Kurvenradius noch mal bestätigt. 200

Sicherheitspotenzial [1000 €/(km.a)]

180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 ≤ 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

2500 - 5000

> 5000

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.15: Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Sicherheitspotenzial (SIPO)



Differenzierung der Unfälle nach Unfalltypen

Die Unfälle wurden auch nach Unfalltypen differenziert und den zugehörigen Kreisbögen zugeordnet. Die Unfallraten der Unfälle vom Typ 1 (Fahrunfälle) und 6 (Unfälle im Längsverkehr) sind in Abbildung 4.16 dargestellt.

111

In der Untersuchung von KREBS / KLÖCKNER (1977) zeigt sich bei den Fahrunfällen ein starker Rückgang der Unfallrate mit zunehmendem Kurvenradius. Dagegen wirken sich die Kurvenradien nur schwach auf die Unfälle im Längsverkehr aus. Diese Ergebnisse konnten in der vorliegenden Untersuchung bestätigt werden. Der Verlauf der Unfallrate der Fahrunfälle (Unfalltyp 1) in den einzelnen Radienklassen weist eine deutliche stetige Abnahme mit Vergrößerung des Kurvenradius und es liegt ein straffer Zusammenhang zwischen den beiden Größen vor. Die Werte der Unfallrate im Bereich kleiner Radien (R ≤ 1000 m) sind mehr als viermal höher als im Bereich großer Radien (R > 5000 m). Auch hier sind Kurven mit einem Radius über 1500 m bereits doppelt so sicher als Kurven mit Radien unter 1000 m. Wie fahrdynamische Überlegungen zeigen, führt unangemessene Geschwindigkeit in Kurven häufig zum Abkommen des Fahrzeuges von der Fahrbahn, weil der erforderliche radiale Kraftschlussbeiwert im Quadrat zur Geschwindigkeit wächst. Die Fahrunfälle werden meistens durch die Kombination von hoher Geschwindigkeit und Mängel in der Streckencharakteristik bzw. kleine Entwurfselemente bedingt und bei ihnen ist am ehesten mit den Grenzen der Fahrdynamik eine Erklärung möglich. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Unfallrate der Fahrunfälle in einem starken Zusammenhang mit dem Kurvenradius steht. Hingegen kann festgestellt werden, dass die Unfallrate der Unfälle im Längsverkehr von der Größe des Kurvenradius nicht beeinflusst wird. In der Radienklasse 1000 m - 1500 m ist der Wert der Unfallrate sogar kleiner als in den letzten zwei Radienklassen. Die Unfallrate der Unfälle beider Unfalltypen zeigt eine abnehmende Tendenz erst bei Radien über 2500 m. Die in der dritten Radienklasse Erhöhung des Mittelwertes im Vergleich zur zweiten Klasse ist durch den Anteil des Unfalltyps 6 bedingt. Auch hier ist der Wert der Unfallrate im Bereich der größten Radien mehr als doppelt so klein als der Wert in der ersten Radienklasse. 0,35

Unfallrate [U/(10^6 Kfz.km)]

0,3

0,25

0,2

0,15

0,1

0,05

0 ≤ 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

2500 - 5000

> 5000

Kurvenradius [m] UR(Typ 1,6)

UR(Typ 6)

UR(Typ 1)

Abbildung 4.16: Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Unfallrate (nach Unfalltyp) auf der Bundesautobahn A72

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Kurvenradius einen bedeutsamen Einfluss auf das Unfallgeschehen ausübt. Sowohl die Unfallrate als auch die Unfallkostenrate und das Sicherheitspotenzial reduzieren sich mit zunehmendem Radius. Als besonders ungefährlich erweisen sich Kurven mit Radien über 2500 m. Die Geschwindigkeit wird jedoch von der Größe des Kurvenradius nicht beeinflusst.

112

4.4.2

Einfluss der Kurvigkeit

Einfluss auf das Fahrverhalten In allen bisherigen Untersuchungen zu den Fahrgeschwindigkeiten auf zweibahnigen Straßen wurde festgestellt, dass zwischen Kurvigkeit und Fahrgeschwindigkeit keine Abhängigkeit besteht. Dieser Befund wurde auch in der vorliegenden Untersuchung bestätigt. Aus dem Diagramm in Abbildung 4.17 wird deutlich, dass die Geschwindigkeit V85 mit steigender Kurvigkeit fast konstant bleibt und sogar linear geringfügig zunimmt. Dieses Ergebnis bestätigt die in LAMM U.A. (1999) zusammengefassten Abhängigkeiten zwischen Kurvigkeit und V85 auf Autobahnen (Abbildung 2.3 und Abbildung 2.4). Die bei Autobahnen verwendeten großen Kurvenradien und langen Geraden und die daraus resultierenden kleinen Kurvigkeiten erfordern also kaum Geschwindigkeitsreduzierungen. Verglichen mit den Kurvigkeiten auf Außerortsstraßen, die extrem hohe Werte bis zu 600 gon/km aufweisen können, erreichen die Kurvigkeiten auf der Autobahn A72 den Höchstwert von 75 gon/km. Das Geschwindigkeitsniveau der Mittelwerte von den aus der gesamten Autobahn berechneten Geschwindigkeiten V85 bei jeder Kurvigkeitsklasse überlagert sich mit dem Geschwindigkeitsniveau für Deutschland aus Abbildung 2.3. Es wurde festgestellt, dass die Geschwindigkeit V85 aus den Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung um ca. 10 km/h höher liegt und bei den V15-Geschwindigkeiten ist das Niveau in den beiden Fällen nahezu gleich. Dies lässt schlussfolgern, dass die schnell fahrenden Kraftfahrer größere Geschwindigkeitsstreuungen in Kauf nehmen als die langsam fahrenden. 180

Geschwindigkeit V85 [km/h]

170 160 150

149.3

149.7

149.6

150.4

≤ 20

20 - 40

40 - 60

60 - 80

140 130 120 110 100 Kurvigkeit [gon/km]

Abbildung 4.17: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Geschwindigkeit V85

Während auf Außerortsstraßen die Kurvigkeit eine bedeutsame Rolle für die Geschwindigkeitswahl hat, ist auf Autobahnen nicht sinnvoll die Geschwindigkeitsänderung in Abhängigkeit von der Kurvigkeit als eigenständige Größe zu untersuchen. Deshalb wurde versucht, die Abhängigkeiten zwischen Kurvigkeit und Geschwindigkeit V85 auf Steigungs- bzw. Gefällestrecken bei unterschiedlichen mittleren Längsneigungen zu erforschen. Es lag die Vermutung nahe, dass bei größeren mittleren Längsneigungen, insbesondere an Steigungen, eine wenn auch minimale Geschwindigkeitsreduzierung mit zunehmender Kurvigkeit vorhanden sein sollte. Wie aus Abbildung 4.18 ersichtlich wird, kann aber wieder kein eindeutiger Einfluss der Kurvigkeit auf die Geschwindigkeit V85 weder auf Steigungs- noch auf Gefällestrecken festgestellt werden. Anders als erwartet, reduziert sich die Geschwindigkeit bei größeren mittleren Längsneigungen mit Erhöhung der Kurvigkeit nicht. Die Geschwindigkeitsdifferenzen sind sehr klein und variieren zwischen 1

113

und 2 km/h. Somit bestätigen sich die Aussagen aus der Literatur, dass die Kurvigkeit das Fahrverhalten auf Autobahnen nicht beeinflusst. 180

180

170

170

150

160 149.1

149.7

148.9

150.9

149.4

146.9

149.7

149.5

140 130

Geschwindigkeit [km/h]

Geschwindigkeit [km/h]

160

150

147.9

150.4

150.1

150.7

148.2

150.6

140 130

120

120

110

110

100

154.1 149.6

100 ≤ 20

20 - 40

40 - 60

Kurvigkeit [gon/km] V85 bei s = 0% - 4%

V85 bei s > 4%

60 - 80

≤ 20

20 - 40

40 - 60

60 - 80

Kurvigkeit [gon/km] V85 bei s = 0% - (-4%)

V85 bei s < -4%

Abbildung 4.18: Einfluss der Kurvigkeit auf die Geschwindigkeit V85 an Steigungen (links) und in Gefälle (rechts)

Einfluss auf das Unfallgeschehen Zur Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Kurvigkeit und Unfallkennzahlen wurde die gesamte Autobahn betrachtet. Abschnitte mit Geschwindigkeitsbeschränkungen wurden dabei nicht ausgeschlossen. Wie bereits im Abschnitt 2.2 beschrieben wurde, übt die Kurvigkeit auf Außerortsstraßen einen bedeutsamen Einfluss auf das Verkehrsunfallgeschehen aus. Die Unfallkenngrößen wachsen mit steigender Kurvigkeit an (KREBS / KLÖCKNER, 1977). Verglichen mit leicht kurvigen Abschnitten weisen die Unfallkennzahlen deutlich höhere Werte aber erst bei außergewöhnlich großen Kurvigkeiten (KU ≥ 500 gon/km) auf. Da Kurvigkeiten dieser Größenordnung auf Autobahnen nie vorkommen können, ist es nur möglich Abhängigkeiten bis zum höchsten Wert der Kurvigkeit (hier 75 gon/km) zu untersuchen. In der Literatur sind jedoch keine Angaben zum Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Unfallkenngrößen für Autobahnen vorhanden, deshalb können die Ergebnisse nur mit den Ergebnissen für Außerortsstraßen verglichen werden. In dieser Untersuchung wurden die Unfälle wie bei LEUTZBACH / ZÖLLMER (1989) nach Unfalltypen differenziert. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Kurvigkeit ein deutlicher Anstieg der Unfallrate verbunden ist (Abbildung 4.19, links). Dieser Anstieg ist bei den Unfällen im Längsverkehr (Unfalltyp 6) viel schwächer als bei den Fahrunfällen (Unfalltyp 1) ausgeprägt. Dies bestätigt viele Schlussfolgerungen aus der Literatur, dass die Kurvigkeit sowie der Kurvenradius die Unfallrate der Fahrunfälle am stärksten beeinflusst. Bereits in der dritten Kurvigkeitsklasse verdoppelt sich der Wert der Unfallrate der Fahrunfälle im Vergleich zum Wert bei den geraden Strecken, und bei Kurvigkeiten zwischen 60 gon/km und 80 gon/km ist der Wert der Unfallrate 150% höher. Die Unfallrate der Unfälle im Längsverkehr weisen nur einen kleinen Anstieg mit zunehmender Kurvigkeit auf. Betrachtet man die beiden Unfalltypen kann man feststellen, dass die Unfallrate im Bereich der größten Kurvigkeit etwa um den Faktor 1,6 ansteigt und einen relativ hohen Wert von ca. 0,18 U/(106 Kfz.km) aufweist.

114

0,2

1,6

0,18

1,4 1,2

0,14

Unfalldichte [U/(km.a)]

Unfallrate [U/(10^6 Kfz.km)]

0,16

0,12 0,1 0,08 0,06

1 0,8 0,6 0,4

0,04 0,2

0,02 0

0 ≤ 20

20 - 40

40 - 60

60 - 80

≤ 20

20 - 40

Kurvigkeit [gon/km] UR(Typ 1,6)

UR(Typ 6)

UR(Typ 1)

40 - 60

60 - 80

Kurvigkeit [gon/km] UD(Typ 1,6)

UD(Typ 6)

UD(Typ 1)

Abbildung 4.19: Zusammenhang zwischen Kurvigkeit und Unfallrate (links) bzw. Unfalldichte (rechts)

Abbildung 4.19 (rechts) zeigt die straffen funktionalen Zusammenhänge auch zwischen Kurvigkeit und Unfalldichte. Auch hier ist die Zunahme vom Unfalltyp 1 mit zunehmender Kurvigkeit stärker als die Zunahme vom Unfalltyp 6. Die Unfalldichte der Fahrtunfälle erhöht sich in der letzten Kurvigkeitsklasse um den Faktor 2,3 in Bezug auf die Unfalldichte bei geraden Strecken, während bei der Unfalldichte der Unfälle im Längsverkehr nur einen geringen Anstieg um den Faktor 1,2 zu verzeichnen ist. Die Unfalldichte beider Unfalltypen zeigt einen stetigen Anstieg mit zunehmender Kurvigkeit und der Wert der Unfalldichte in der letzten Klasse ist ca. 1,6 mal höher als der Wert der Unfalldichte bei Kurvigkeiten kleiner 20 gon/km.

4.4.3

Einfluss der Längsneigung

Aus Gründen der Verkehrssicherheit geben die RAS-L (FGSV, 1995) sowie RAA (FGSV, 2008) Höchstlängsneigungen an, die nicht überschritten werden sollten. Die RAS-L (FGSV, 1995) setzen eine Höchstlängsneigung von 4% für Straßen der Kategoriengruppe A bei einer Entwurfsgeschwindigkeit Ve = 120 km/h. Für die Entwurfsklasse 1 (EKA1) werden genauso Längsneigungen, die unter 4% liegen, angefordert (RAL, Entwurf 2008). Die Häufigkeitsverteilung der Längsneigungen der Gradiente für die A72 aus den beiden Richtungen ist im Anhang II-15 (links) dargestellt. Erkennbar ist, dass der größte Teil (79%) der Untersuchungsstrecke Längsneigungen zwischen -4% und +4% aufweist aber trotzdem ein erheblich großer Anteil an Längsneigungen (21%) über ±4% liegt. Die Verteilungen der Längsneigungen der Gradiente in den sieben Teilstrecken sind im Anhang II-15 (rechts) dargestellt. Hier ist auffällig, dass bei allen Teilabschnitten, mit Ausnahme des sechsten Abschnittes (Reichenbach – Zwickau-West), die zulässige Höchstlängsneigung überschritten wird. Besonders große Längsneigungen weist der Teilabschnitt 7 mit 28,6% der Längsneigungen, die über ±4% liegen. Aus diesem Grund erwies es sich als zweckmäßig, den Einfluss der Längsneigung auf das Fahrverhalten zu untersuchen. Aufteilung der Gradiente in Steigungs- und Gefällestrecken Aus Abbildung 4.20 geht hervor, dass bei Steigungen sowohl die 85%-Geschwindigkeiten als auch die 15%-Geschwindigkeiten mit zunehmender Längsneigung abnehmen. Die Differenz zwischen den Geschwindigkeiten V85 in der ersten und in der dritten Längsneigungsklasse beträgt 8,8 km/h und zwischen den Geschwindigkeiten V15 ist diese Differenz

115

um die Hälfte kleiner (4,4 km/h). Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die Größe der Längsneigung an Steigungsstrecken einen stärkeren Einfluss auf die Geschwindigkeit V85 ausübt als auf die Geschwindigkeit V15. 180

180

160

170

154.2

157.0 152.8

152.2

149.1

150

145.4

140 130 120 110

Geschwindigkeit V15 [km/h]

Geschwindigkeit V85 [km/h]

170

160 150 140 130

124.7 120.8

120

124.5 121.2

118.4

116.4

110

100

100 0 - ±2

±2 - ±4 Längsneigung [%] V85 bei Steigung

V85 bei Gefälle

> ±4

0 - ±2

±2 - ±4

> ±4

Längsneigung [%] V15 bei Steigung

V15 bei Gefälle

Abbildung 4.20: Einfluss der Längsneigung auf die Geschwindigkeiten V85 (links) und V15 (rechts) aus Steigungs- und Gefällestrecken

Auf Gefällestrecken sind die Geschwindigkeiten in allen Neigungsklassen höher als auf Steigungen. Die Differenzen zwischen den Perzentilgeschwindigkeiten (V85 und V15) in den einzelnen Längsneigungsklassen sind jedoch vernachlässigbar klein und liegen in dem Bereich der zulässigen Fehler bei den Geschwindigkeitsmessungen. So reduziert sich die V85 bei Längsneigungen über -4% um 4,8 km/h bezogen auf die V85 in der ersten Längsneigungsklasse. Die Geschwindigkeit V15 bleibt bis eine Längsneigung von -4% nahezu konstant und nimmt bei den größeren Längsneigungen um ca. 3,5 km/h ab. Die Größe der Längsneigung in Gefällestrecken beeinflusst demzufolge die Geschwindigkeit nicht. Um zu untersuchen, wie groß die Mittelwerte der Geschwindigkeitsdifferenzen bei unterschiedlichen Längsneigungen auf Steigungs- und Gefällestrecken sind, wurden die absoluten Werte |∆V85| berechnet. Die Geschwindigkeitsänderungen innerhalb jedes einzelnen Abschnitts wurden dabei vernachlässigt und die Geschwindigkeitsdifferenzen wurden nach dem idealisierten Modell von Abbildung 3.5 berechnet. Abbildung 4.21 zeigt, dass bei Längsneigungen bis ±2% die kleinsten absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen zu verzeichnen sind. Daraus folgt, dass eine ausgewogene Fahrweise mit kleineren Beschleunigungen bzw. Verzögerungen bei solchen Neigungen sowohl auf Steigungen als auch im Gefälle vorliegt. Bereits ab einer Längsneigung von ±2% vergrößern sich die mittleren absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen bei Steigungen um 52,2% gegenüber den mittleren Differenzen in der ersten Längsneigungsklasse, und bei Längsneigungen zwischen ±4% und ±6% beträgt die Geschwindigkeitsdifferenz im Mittel 9,8 km/h. Zum Vergleich ist in dieser Klasse die Differenz bei Gefällestrecken 4,8 km/h. Ein Zusammenhang zwischen den Geschwindigkeitsdifferenzen und der Größe der Längsneigung auf Gefällestrecken ist nicht erkennbar.

116

11 9.8

Geschwindigkeitsdifferenz |∆V85| [km/h]

10 9 8 7.0

7

6.6

6 5

4.6

4.8 4.3

4 3 2 1 0 0 - ±2

±2 - ±4

±4 - ±6

Längsneigung [%] |∆V85| bei Steigung

|∆V85| bei Gefälle

Abbildung 4.21: Absolute Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| bei Steigungen und Gefälle

Untersuchung der Zusammenhänge mit Hilfe von „gleitendem Durchschnitt“ Die Ergebnisse aus dem „gleitenden Durchschnitt“ sind aussagekräftiger als die Ergebnisse von der Aufteilung der Gradiente in Steigungs- und Gefällestrecken, wobei sie sich mit den oben beschriebenen Ergebnissen überlagern. Mit zunehmender Längsneigung wird eine deutliche Geschwindigkeitsreduzierung bei Steigungen beobachtet. Bis eine Längsneigung von 2% beträgt die Geschwindigkeit V85 im Mittel 154 km/h, bis 4% Längsneigung geht sie auf 149,8 km/h zurück und bei Längsneigungen über 4% reduziert sich die Geschwindigkeit um 16,7 km/h. Wie erwartet, wird die Geschwindigkeit von der Größe der Längsneigung auf Steigungsstrecken stark beeinflusst. Besonders bei großen Längsneigungen ist mit einem deutlich höheren Geschwindigkeitsrückgang zu rechnen. Auf Gefällestrecken liegt das Geschwindigkeitsniveau der V85 erwartungsgemäß generell höher als auf Steigungen. Mit zunehmender Längsneigung ist jedoch eine vernachlässigbar kleine Geschwindigkeitsabnahme zu beobachten. Zwischen der ersten und der dritten Längsneigungsklasse beträgt die Differenz lediglich 3,5 km/h. Diese Ergebnisse werden auch aus Abbildung 4.22 ersichtlich. Während eine zunehmende mittlere Verzögerung mit größer werdender Steigung berechnet wird, ist eine nahezu gleiche Beschleunigung in jeder Längsneigungsklasse bei Gefällestrecken zu beobachten (Abbildung 4.23, links). Bei Betrachtung der absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen kann bestätigt werden, dass die Längsneigung im Gefälle keinen eindeutigen Einfluss auf sie ausübt (Abbildung 4.23, rechts). Hingegen kann auf Steigungen eine deutliche Zunahme der Geschwindigkeitsdifferenzen bei Längsneigungen über 4% festgestellt werden. Die Länge der Gradiente übt auch einen Einfluss auf die Geschwindigkeitsdifferenzen aus. Während bei Steigungsstrecken mit einer Länge bis 500 m im Mittel eine Geschwindigkeitsabnahme von 4,4 km/h berechnet wurde, beträgt diese bei 500 bis 1000 m langen Steigungsstrecken 6,6 km/h. Auf Strecken mit einer Länge von über 1000 m sind die Geschwindigkeitsdifferenzen noch größer (-7,2 km/h).

117

180 175 170 165 Geschwindigkeit [km/h]

160

157.4 154.2

154.0

155

153.9

149.8

150 145 140

137.3

135 130 125 120 115 110 105 100 0 - ±2

±2 - ±4

> ±4

mittlere Längsneigung [%]

V85 bei Steigung

V85 bei Gefälle

4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 -2 -2,5 -3 -3,5 -4 -4,5 -5 -5,5 -6 -6,5 -7 -7,5 -8

10 9,5

1,2

0,8

-0,1

0 - ±2

±2 - ±4

0,9

> ±4

-1,3

-6,4

Geschwindigkeitsdifferenz |∆V85| [km/h]

Geschwindigkeitsdifferenz ∆V85 [km/h]

Abbildung 4.22: Einfluss der Längsneigung auf die Geschwindigkeit V85 nach der Methode des „gleitenden Durchschnitts“

9 8,5 8

7,5

7,5 7 6,5 5,9

6 5,5

5,3

5,1

4,9

5 4,5

4,3

4 3,5 3 0 - ±2

Längsneigung [%] ∆V85 bei Steigung

∆V85 bei Gefälle

±2 - ±4

> ±4

Längsneigung [%] |∆V85| bei Steigung

|∆V85| bei Gefälle

Abbildung 4.23: Zusammenhang zwischen Längsneigung, Geschwindigkeitsdifferenzen ∆V85 (links) und absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| (rechts) auf Steigungs- und Gefällestrecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

Bezüglich der Verkehrssicherheit konnten keine Zusammenhänge zwischen der Längsneigung und den Unfallkenngrößen nachgewiesen werden.

4.4.4

Einfluss der Sichtweite

Entsprechend den Erwartungen übt die vorhandene Sichtweite einen Einfluss auf die Geschwindigkeit V85 aus. Mit zunehmender Sichtweite wird eine klare Geschwindigkeitserhöhung sichtbar (Abbildung 4.24, links). Bei einer Sichtweite unter 250 m beträgt die Geschwindigkeit V85 im Mittel 144,4 km/h und bis zur Sichtweite von 300-350 m erhöht sie sich um 7,3 km/h. Ab dieser Sichtweite wird eine kleinere Erhöhung der Geschwindigkeit bei steigender Sichtweite festgestellt. Gegenüber der ersten Sichtweitenklasse ist die V85 in der letzten Klasse 10,4 km/h größer. Ab Sichtweiten von 450 m wurde kein Trend zur Geschwindigkeitszunahme mehr beobachtet, sondern die Geschwindigkeit blieb nahezu unverändert wie bei 400 m Sichtweite. Bei noch größeren Sichtweiten konnte sogar eine Geschwindigkeitsabnahme registriert werden. Aus diesem Grund wurden in der letzten

118

Klasse alle Sichtweiten, die größer als 400 m sind, zusammengefasst. Eine Zunahme der Geschwindigkeit V15 machte sich lediglich bis eine Sichtweite von 300-350 m bemerkbar. Wie bei der Geschwindigkeit V85 ist bis dieser Sichtweitengrenze eine identisch große Geschwindigkeitszunahme von 7,1 km/h vorhanden. Im Gegensatz zum Verlauf der 85%Geschwindigkeit bleibt die 15%-Geschwindigkeit ab 350 m Sichtweite jedoch auf demselben Niveau. Sichtweiten größer 350 m haben demzufolge keinen Einfluss auf die langsam fahrenden Fahrzeuge. Aus Abbildung 4.24 (rechts) ergibt sich, dass die Sichtweite keinen Einfluss auf die absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| hat.

10

180

9

170

154,8

153,2

151,7

7

148,1

150

144,4

|∆V85| [km/h]

Geschwindigkeit V85 [km/h]

8 160

140 130 122,3

119,7

120

123,1

123,2

6.4

6.1

6

5.3

5.6

5.4

5 4 3

115,2

2

110

1 0

100 ≤ 250

250 - 300

300 - 350

350 - 400

≤ 250

> 400

250 - 300

V85

300 - 350

350 - 400

> 400

Sichtweite [m]

Sichtweite [m]

V15

|∆V85|

Abbildung 4.24: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit V85 (links) und auf die Geschwindigkeitsdifferenz |∆V85| (rechts)

Aus Abbildung 4.25 geht hervor, dass Sichtweiten unter 500 m keinerlei Einfluss auf das Unfallgeschehen auf Autobahnen ausüben. Dies ist anhand der Unfallraten und - dichten nachweisbar. Die Werte der beiden Unfallkenngrößen sind zwar in der ersten Sichtweitenklasse am höchsten, in den weiteren Klassen kann aber weder bei den Unfallraten noch bei den Unfalldichten ein eindeutiger Trend erkannt werden.

0,2 1,6

0,18

1,4

0,14

Unfalldichte [U/(km.a)]

Unfallrate [U/(10^6 Kfz.km)]

0,16

0,12 0,1 0,08 0,06

1,2 1 0,8 0,6

0,04 0,4

0,02

0,2

0 ≤ 250

250 - 300

300 - 350

350 - 400

UR(Typ 6)

≤ 250

250 - 300

300 - 350

350 - 400

> 400

Sichtweite [m]

Sichtweite [m]

UR(Typ 1,6)

> 400

UR(Typ 1)

UD(Typ 1,6)

UD(Typ 6)

UD(Typ 1)

Abbildung 4.25: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Unfallrate (links) und die Unfalldichte (rechts)

119

4.5

Ergebnisse der Blickbewegungsmessungen

Die in den folgenden Abschnitten aufgeführten Diagramme zeigen den Verlauf der ausgewerteten Blickmaße beim Durchfahren der ansatzweise unterschiedlich ausgewählten Streckenabschnitte. Es werden die Mittelwerte sowie die 95% - Konfidenzintervalle dargestellt. Wie aus Abschnitt 4.2.3 bereits deutlich wurde, sind die von den Probandenfahrten berechneten mittleren Geschwindigkeiten wegen der kleinen Stichprobe und der Nichtübereinstimmung mit den Geschwindigkeiten der Querschnittsmessungen bzw. Verfolgungsfahrten nicht für die Grundgesamtheit aller Fahrer als repräsentativ anzusehen. Deshalb können keine statistisch abgesicherten Aussagen bezüglich der Verläufe der mittleren Geschwindigkeiten in den einzelnen Sichtweitenklassen gemacht werden. Die in den Abschnitten 4.5.1, 4.5.2 und 4.5.4 untersuchten fahrverhaltensbezogenen Zusammenhänge dürfen also nicht als allgemeingültig betrachtet werden, sondern sie zeigen nur die möglichen Tendenzen.

4.5.1

Blickverhalten in Geraden und Kurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite

Die Geschwindigkeiten in den einzelnen Sichtweitenklassen zeigen nahezu dieselben Verläufe auf geraden Streckenabschnitten (Abbildung 4.26, links) und in Kurven (Abbildung 4.26, rechts). In den unteren Sichtweitenklassen (bis 300 m) variieren die Mittelwerte der Geschwindigkeiten aus den Probandenfahrten und sind sowohl in Geraden als auch in Kurven kleiner als die Mittelwerte der Geschwindigkeiten bei Sichtweiten über 300 m. Aus welchem Grund die mittleren Geschwindigkeiten in der ersten Sichtweitenklasse größer als diejenigen in der zweiten sind, bleibt unklar. Die mittlere Geschwindigkeit in der zweiten Sichtweitenklasse ist in Kurven deutlich niedriger als auf Geraden. Bei kleinen Sichtweiten wird also besonders in Kurven langsamer gefahren. Über 300 m vorhandene Sichtweite bleibt die mittlere Geschwindigkeit in Kurven und in Geraden nahezu konstant auf einem höheren Niveau von ca. 127 km/h. Dies führt zu dem Schluss, dass Sichtweiten über 300 m keinen Einfluss auf das Geschwindigkeitsverhalten ausüben.

Geschwindigkeit in Kurven 150

145

145

140

140

135

135 Geschwindigkeit [km/h]

Geschwindigkeit [km/h]

Geschwindigkeit in Geraden 150

130 125 120 115

130 125 120 115

110

110

105

105

100

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

100

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.26: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

120

Bremseingriffe, die durch die Straßengeometrie bedingt waren, wurden bei keiner der Probandenfahrten festgestellt. Solche waren nur bei Verkehrsstörungen oder ausgeschilderten Geschwindigkeitsbeschränkungen erforderlich. Die Ergebnisse der Blickverhaltensmaße in dieser Untersuchung werden mit den Ergebnissen von LIPPOLD / SCHULZ (2006) auf Landstraßen verglichen. Da die Blickverhaltensmaße Sacc/s und Standardabweichung von LIPPOLD / SCHULZ (2006) nicht untersucht worden sind, werden die anderen fünf Maße in Tabelle 4.5 für Geraden und in Tabelle 4.6 für Kurven bzw. leicht kurvige Abschnitte zusammengestellt. Aufgrund der auf der Autobahn vorhandenen kleinsten Sichtweite von ca. 200 m, können die Verläufe der Blickmaße unter dieser Sichtweite mit denen aus der Untersuchung von LIPPOLD / SCHULZ (2006) nicht miteinander verglichen werden. Zum einen werden die höchsten und die niedrigsten Werte der Blickmaße aus dem Sichtweitenbereich zwischen 200 und 500 m gegenübergestellt. Zum anderen werden die Werte der Blickverhaltensmaße, die in der für die Fahrer kritischen Nahorientierungs- und Handlungszone (Zone drei nach LEUTNER, 1974) berechnet worden sind, miteinander verglichen. In diese Zone fallen die Blickmaße aus den ersten Sichtweitenklassen beider Untersuchungen. Um zu untersuchen, ob signifikante Unterschiede im Blickverhalten zwischen Autobahnen und Landstraßen bestehen, werden die Werte von jedem Blickverhaltensmaß in allen Sichtweitenklassen zwischen 200 und 500 m einem statistischen Test unterzogen. Dafür wird der Wilcoxon-Test angewandt. Ein eindeutiger Vergleich kann nur auf geraden Streckenabschnitten durchgeführt werden. Da der Blick auf Landstraßen von LIPPOLD / SCHULZ (2006) in Kurven nicht untersucht worden ist, werden zum Vergleich die Ergebnisse des Blickverhaltens in leicht kurvigen Abschnitten mit freiem Umfeld herangezogen. Die Fixationen spielen eine Hauptrolle in dem visuellen Wahrnehmungsprozess. Deshalb wird ihre Dauer sehr oft erforscht. Viele Parameter wie das Erfahrungsniveau des Probanden, die Schwierigkeit der Verkehrssituation bzw. der Fahraufgabe, die Art der Informationen, die aufgenommen werden sollen usw. haben einen Einfluss auf die Fixationsdauer. Je schwieriger die Fahraufgabe bzw. höher die Beanspruchung ist, umso kürzer ist die Fixationsdauer. Deshalb wurde erwartet, dass die Fixationen kürzere Dauer in Kurven als in Geraden aufweisen. Die von VICTOR U.A. (2005) berechneten signifikanten Unterschiede bezüglich der mittleren Fixationsdauern in Geraden und Kurven konnten aber nicht festgestellt werden. Der erwartete Anstieg der mittleren Fixationsdauer mit zunehmender Sichtweite konnte auch nicht bestätigt werden. Auf geraden Streckenabschnitten liegt die mittlere Fixationsdauer in allen Sichtweitenklassen bei ca. 0,3 s (Abbildung 4.27, links). Aus der Literatur wird deutlich, dass solche Fixationsdauer auf eine entspannte und ausgeruhte Blickverhaltensweise hindeutet. Die berechneten mittleren Fixationsdauern bei den Strecken mit großer Sichtweite (über 500 m) beweisen, dass der Mittelwert auch ca. 0,3 s beträgt und die Konfidenzintervalle nahezu gleich groß sind. Verglichen mit dem Anstieg der mittleren Fixationsdauer um ca. 0,13 s im Sichtweitenbereich von 200-500 m auf Geraden mit freiem Umfeld auf Außerortsstraßen (LIPPOLD / SCHULZ, 2006) kann hier kein Anstieg festgestellt werden. In Kurven zeigt die mittlere Fixationsdauer genauso keine großen Differenzen in den einzelnen Sichtweitenklassen (Abbildung 4.27, rechts). Eine leichte Abnahme der Fixationsdauer macht sich bei Sichtweiten über 350 m bemerkbar. Die mittleren Fixationsdauern wurden auch bei Sichtweiten über 500 m untersucht, und es wurde nachgewiesen, dass sie wieder in dieser Größenordnung liegt (mittlFixDauer = 0,3 s). Somit kann festgestellt werden, dass die Sichtweite bis 500 m auf der Autobahn sowohl in Geraden als auch in Kurven keinen bedeutsamen Einfluss auf die mittlere Fixationsdauer ausübt. Weder in der Größenordnung noch im Verlauf unterscheiden sich die mittleren

121

Fixationsdauern in geraden Abschnitten signifikant von denen in Kurven. Verglichen mit den Fixationsdauern auf Landstraßen zeigt der Test auch keine signifikanten Unterschiede (p = 0,17 > 0,05). Mittlere Fixationsdauer in Kurven 0,50

0,45

0,45

0,40

0,40 Mittlere Fixationsdauer [s]

Mittlere Fixationsdauer [s]

Mittlere Fixationsdauer in Geraden 0,50

0,35 0,30 0,25

0,35 0,30 0,25

0,20

0,20

0,15

0,15

0,10

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

0,10

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.27: Abhängigkeit der mittleren Fixationsdauer von der vorhandenen Sichtweite in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

In der Untersuchung von LIPPOLD / SCHULZ (2006) wurde festgestellt, dass auf geraden Abschnitten der Fixationszeitanteil mit zunehmender Sichtweite über 200 m stetig ansteigt, d.h. entweder werden die Fixationen mit steigender Sichtweite länger, oder ihre Anzahl nimmt zu. Der Zeitanteil der Fixationen berücksichtigt wenige lange und zahlreiche kurze Fixationen gleichermaßen. In beiden Fällen ist der Zeitanteil der Fixationen höher bei aufmerksamem als bei unaufmerksamem Blickverhalten. Der Wilcoxon-Test zeigt, dass es weder in Kurven noch auf geraden Abschnitten bei Sichtweiten zwischen 200 m und 500 m signifikante Unterschiede zwischen den Fixationszeitanteilen auf Landstraßen und auf Autobahnen gibt (p = 0,60 > 0,05). Die bei zunehmender Sichtweite erwartete Erhöhung des Zeitanteils der Fixationen in Geraden kann in der vorliegenden Untersuchung lediglich bis zur Sichtweitenklasse 300-350 m festgestellt werden (Abbildung 4.28, links). In den weiteren Sichtweitenklassen bleibt der Fixationszeitanteil gleich und auf einem niedrigeren Niveau. Wie in Geraden steigt der Fixationszeitanteil in Kurven auch bis eine Sichtweite von 350 m stetig an. Die Werte im Sichtweitenbereich von 300 m bis 450 m liegen jedoch deutlich über diese in Geraden und erreichen fast den Wert 0,5, was in diesem Sichtweitenbereich auf eine höhere Aufmerksamkeit in Kurven als in Geraden hindeutet (Abbildung 4.28, rechts). Offenbar bestimmt die in den ersten drei Sichtweitenklassen leicht steigende Fixationsdauer die Erhöhung des Fixationzeitanteils, denn mit zunehmender Sichtweite sinkt die Anzahl der Fixationen sowohl in Geraden als auch in Kurven.

122

Zeitanteil Fixationen in Kurven 0,70

0,65

0,65

0,60

0,60 Zeitanteil Fixationen [-]

Zeitanteil Fixationen [-]

Zeitanteil Fixationen in Geraden 0,70

0,55 0,50 0,45

0,55 0,50 0,45

0,40

0,40

0,35

0,35

0,30

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

0,30

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.28: Zusammenhang zwischen der vorhandenen Sichtweite und dem Zeitanteil der Fixationen in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

Die Verläufe der saccadischen Augenbewegungen, die die Fahrer in einer Sekunde ausführen, sind in Abbildung 4.29 für Geraden und Kurven dargestellt. Sowohl auf geraden Streckenabschnitten als auch in Kurven ist ein eindeutiger Trend zu beobachten. Mit zunehmender Sichtweite steigt die mittlere Anzahl der Saccaden an. Dieses Ergebnis zeigt, dass der Blick bei abnehmender Sichtweite konzentrierter wird, was die Ausgangshypothese bestätigt. Die höhere Anzahl von Saccaden bei den größeren Sichtweiten weist auf ein extensives visuelles Suchverhalten hin. Auf geraden Strecken ist der Anstieg weniger ausgeprägt als in Kurven. Dies ist nachvollziehbar, denn in Kurven ist die Suchaktivität deutlich höher als in Geraden. In der ersten Sichtweitenklasse bei Geraden (Abbildung 4.29, links) wurden im Mittel 1,46 Sacc/s berechnet. Ihre Anzahl steigt in der letzten Sichtweitenklasse um 11,5%. In Kurven ist die Anzahl der Saccaden pro Sekunde in der ersten Sichtweitenklasse kleiner als in geraden Streckenabschnitten (Abbildung 4.29, rechts). Der Blick streut demzufolge weniger und der Lenker versucht bei der beschränkten Distanz und der gefahrenen Geschwindigkeit die erhöhte Belastung mit der Erhöhung seiner Aufmerksamkeit zu kompensieren. Dabei konzentriert er sich auf die wichtigsten informationsrelevanten Stellen der Straße. Die Zahl der Saccaden pro Sekunde steigt mit zunehmender Sichtweite stetig an und bereits bei einer Sichtweite von 350-400 m werden 26,6% mehr Sacc/s ausgeführt. Verglichen mit derselben Sichtweitenklasse bei Geraden werden in Kurven ca. 14,5% mehr Saccaden berechnet. Bei großer Sichtweite können die Fahrer also nach neueren Informationsquellen suchen und dabei auch andere Objekte visuell abtasten, die für die Spurhaltung von Bedeutung sind. Bei Sichtweiten über 400 m verringert sich wieder die Anzahl der Saccaden, was nicht eindeutig interpretiert werden kann. Da dieses Blickverhaltensmaß auf Landstraßen nicht untersucht worden ist, kann hier kein Vergleich durchgeführt werden.

123

Saccaden pro Sekunde in Kurven 2,2

2,0

2,0

1,8

1,8 Saccaden/s [1/s]

Saccaden/s [1/s]

Saccaden pro Sekunde in Geraden 2,2

1,6

1,6

1,4

1,4

1,2

1,2

1,0

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

1,0

450-500

200-250

250-300

Sichtweite [m]

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.29: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

Da auf geraden Streckenabschnitten die Streuungen des Blicks größer als in Kurven sind, werden in Kurven kleinere Standardabweichungen des Blicks als in Geraden erwartet. Der Wilcoxon-Test zeigt, dass in Geraden generell signifikant größere Standardabweichungen des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung vorhanden sind als in Kurven (p = 0,0277 < 0,05). Dieses Ergebnis bestätigt die aufgestellte Hypothese sowie die von VICTOR U.A. (2005) festgestellte Tendenz zur höheren Konzentration des Blickes in Kurven als auf Geraden. In Bezug auf die Sichtweite ist in Geraden jedoch kein tendenzieller Zusammenhang zu beobachten (Abbildung 4.30, links). In Kurven dagegen ist eine Abnahme der Standardabweichung bis zur Sichtweite von 400 m sichtbar (Abbildung 4.30, rechts). Dies widerspricht der Erwartung, dass mit zunehmender Sichtweite eine Erhöhung der Standardabweichung verbunden ist. Bei einer Sichtweite zwischen 200 m und 250 m werden weniger Saccaden pro Sekunde ausgeführt, deren Längen aber wegen der größeren Scanpfadlänge (Abbildung 4.31, rechts) und der Standardabweichung des Blickwinkels größer sind. Trotz der vielen ausgeführten Saccaden pro Sekunde bei Sichtweiten zwischen 350 m und 400 m sind die Scanpfadlänge und die Standardabweichung des Blickwinkels dort relativ klein, und das deutet auf ein häufiges Abtasten innerhalb eines kleineren Gebiets der Straße, ohne dabei unbedingt fixiert zu werden. Standardabweichung des Blickwinkels in Kurven 45

40

40 Standardabweichung des Blickwinkels [°]

Standardabweichung des Blickwinkels [°]

Standardabweichung des Blickwinkels in Geraden 45

35 30 25 20 15 10 5 0

35 30 25 20 15 10 5

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

0

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.30: Zusammenhang zwischen der Standardabweichung des Blickwinkels und der vorhandenen Sichtweite in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

124

Der durchschnittliche Abstand aufeinander folgender Fixationspunkte (Scanpfadlänge) in Geraden ist in allen Sichtweitenklassen nahezu gleich und beträgt ca. 5° (Abbildung 4.32, links). Der zeitlich normierte Index der räumlichen Dichte (Feldindex) nimmt aber mit steigender Sichtweite zu (Abbildung 4.31, links). Dieses Ergebnis weist auf eine gerichtete visuelle Suche in den unteren Sichtweitenklassen hin. Die Streuung des Blicks erhöht sich mit zunehmender Sichtweite. Wie in der Arbeit von GOLDBERG / KOTVAL (1999) das unübersichtliche Bild größere Feldindexe als das übersichtliche bedingt, werden auch in dieser Untersuchung höhere Feldindex-Werte in Kurven als in Geraden berechnet. Im Mittel liegt der Index in Kurven um 52,6% über demjenigen auf geraden Streckenabschnitten und der Wilcoxon-Test zeigt, dass ein signifikanter Unterschied zwischen den Indexen in den beiden Lageplanelementen vorhanden ist (p = 0,0023 < 0,05). Die gemeinsame Betrachtung der Scanpfadlänge und des Feldindexes führt also zu dem Schluss, dass in Kurven ein deutlich größerer Bereich visuell abgetastet wird, in dem intensiver nach Informationen gesucht wird als auf geraden Streckenabschnitten. Eine klare Änderung des Feldindexes in Kurven wird ab Sichtweiten von 350 m beobachtet (Abbildung 4.31, rechts). Über diese Sichtweite bleibt der Index der räumlichen Dichte auf einem viel höheren Niveau fast konstant. Aufgrund der höheren Beanspruchung bei Sichtweiten unter 350 m in Kurven wird also innerhalb eines engeren Bereichs fixiert. Da in der Arbeit von LIPPOLD / SCHULZ (2006) der nicht zeitlich normierte Index der räumlichen Dichte untersucht worden ist, müssen die Werte mit den Werten aus Anhang IV-2 verglichen werden. Eine Interpretation des Verlaufs des nicht normierten Feldindexes kann jedoch zu fehlerhaften Ergebnissen führen, denn seine Größe ist von der Anzahl der in der entsprechenden Sichtweitenklasse vorhandenen Fixationen abhängig. Wegen der unterschiedlichen Anzahl der Fixationen in den Sichtweitenklassen (siehe Anhang IV-1) wird der Anteil der fixierten Felder stark beeinflusst. Aus diesem Grund sollte dieser Index zeitlich normiert werden. Der von LIPPOLD / SCHULZ (2006) festgestellte Anstieg des Indexes ab einer Sichtweite von 200 m konnte hier nicht beobachtet werden. Es wurde jedoch statistisch nachgewiesen, dass sich die Werte von den zwei Untersuchungen signifikant voneinander unterscheiden. Sowohl in Geraden als auch in Kurven sind die niedrigsten bzw. höchsten Werte des Feldindexes auf Autobahnen sehr viel größer als auf Landstraßen (siehe Tabelle 4.5 und Tabelle 4.6). Die Scanpfadlängen im Sichtweitenbereich zwischen 200 m und 500 m sind auf Autobahnen aber deutlich kleiner als diejenigen auf Landstraßen, was auf eine höhere Suchaktivität hindeutet. Die verknüpfte Betrachtung beider Blickmaße führt zu der Schlussfolgerung, dass auf Autobahnen ein weiträumiger Überblick vom Fahrer verschafft wird als auf Landstraßen.

125

Index der räumlichen Dichte pro Sekunde in Kurven (Feldindex/s) 0.050

0.045

0.045

0.040

0.040

0.035

0.035 Feldindex pro s [1/s]

Feldindex pro s [1/s]

Index der räumlichen Dichte pro Sekunde in Geraden (Feldindex/s) 0.050

0.030 0.025 0.020

0.030 0.025 0.020

0.015

0.015

0.010

0.010

0.005

0.005

0.000

0.000 200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

200-250

250-300

Sichtw eite [m]

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtw eite [m]

Abbildung 4.31: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf den zeitlich normierten Index der räumlichen Dichte in Geraden (links) und in Kurven (rechts) Scanpfadlänge in Kurven 7

6

6

Scanpfadlänge [°]

Scanpfadlänge [°]

Scanpfadlänge in Geraden 7

5

4

3

2

5

4

3

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

2

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.32: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge in Geraden (links) und in Kurven (rechts)

Bezüglich der PRC-Werte wurde in dieser Untersuchung keine Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite nachgewiesen. Die Hypothese, dass mit abnehmender Sichtweite ein Anstieg des PRC-Wertes verbunden ist, konnte nicht bestätigt werden. Ein signifikanter Unterschied wurde jedoch zwischen den PRC-Werten in geraden Abschnitten und in Kurven ohne Berücksichtigung der vorhandenen Sichtweite festgestellt (F1,36 = 34,237, p < 0,05; siehe Abschnitt 4.5.3). Um den Hauptaufmerksamkeitsbereich wird viel weniger in geraden Streckenabschnitten als in Kurven fixiert. Dieser Befund kann wie folgt erklärt werden. In Kurven wird nach LAND / LEE (1994) und UNDERWOOD / CHAPMANN U.A. (1999) vermehrt in Richtung des Tangentenpunktes geblickt. Wie bereits beschrieben, spielt in Kurven hauptsächlich die optische Dichte zwischen dem Tangentenpunkt und dem Fluchtpunkt der Straße eine große Rolle bei der Abschätzung der Kurvenkrümmung und der Spurhaltung (BOER / MULDER, 2002). Da der Tangentenpunkt sich oft innerhalb des 15°x 10° großen Fensters um den Fluchtpunkt befindet, ist es in dieser Untersuchung bei der statistischen Auswertung und Analyse des PRC-Maßes nicht möglich zu differenzieren, ob die Fixationen um den Fluchtpunkt liegen oder auf den Tangentenpunkt gerichtet sind. Jedenfalls ist es durch den hohen Anteil der Fixationen, die zwischen den beiden für die Führung des Pkw wichtigsten Punkten registriert waren, nachvollziehbar, dass in Kurven mehrere Fixationen in den Bereich um den Fluchtpunkt gelangen als auf Geraden. Auch WIERWILLE (1993), WANN / SWAPP (2000) und VICTOR U.A. (2005) stel-

126

len eine deutliche Konzentration des Blickes auf den Fluchtpunktbereich in Kurven im Vergleich zu geraden Strecken. Bei den kleinsten Sichtweiten wird signifikant mehr den Bereich um den Fluchtpunkt der Straße auf geraden Streckenabschnitten auf Landstraßen fixiert. Der Unterschied zwischen den PRC-Werten auf der Autobahn und auf Landstraßen ist in Kurven deutlich kleiner, jedoch liegen die Werte auf Landstraßen wieder über den Werten auf der Autobahn. Offenbar bedingt die auf Landstraßen minimale vorhandene Sichtweite eine höhere Konzentration des Blicks um den letzten einsehbaren Punkt der Straße und dadurch eine erhöhte Beanspruchung auf Landstraßen als auf Autobahnen. Blickverhaltensmaß mittlere Fixationsdauer [s] Zeitanteil Fixationen [-] Scanpfadlänge [°] Feldindex [-] PRC [-]

Tabelle 4.5:

LIPPOLD / SCHULZ (2006) Niedrigster Höchster vorhSh Wert Wert ≤100m

Niedrigster Wert

0,24

0,34

0,36

0,29

0,33

0,3

0,38 6,4 0,01 -

0,47 9,2 0,018 -

0,53 5,5 0,017 0,58

0,42 4,8 0,135 -

0,46 5,1 0,295 -

0,42 5 0,295 0,12

Zusammenstellung der Ergebnisse von LIPPOLD / SCHULZ (2006) und HRISTOV (2008) auf Geraden LIPPOLD / SCHULZ (2006)

Blickverhaltensmaß mittlere Fixationsdauer [s] Zeitanteil Fixationen [-] Scanpfadlänge [°] Feldindex [-] PRC [-]

Tabelle 4.6:

4.5.2

HRISTOV (2008) Höchster vorhSh Wert 200-250m

HRISTOV (2008)

min

max

vorhSh ≤100m

min

max

vorhSh 200-250m

0,18

0,34

0,32

0,28

0,32

0,3

0,38 6,3 0,01 -

0,47 8,5 0,018 -

0,65 4,2 0,018 0,32

0,41 4,3 0,04 -

0,48 5 0,08 -

0,41 5 0,08 0,22

Zusammenstellung der Ergebnisse von LIPPOLD / SCHULZ (2006) auf leichtkurvigen Abschnitten mit freiem Umfeld und HRISTOV (2008) und in Kurven

Blickverhalten in Links- und Rechtskurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite

Betrachtet man das Geschwindigkeitsverhalten der Probanden, so kann man feststellen, dass in Linkskurven die Geschwindigkeit in allen Sichtweitenklassen relativ konstant bleibt, wobei eine leicht zunehmende Tendenz mit steigender Sichtweite zu beobachten ist. Die Geschwindigkeit schwankt zwischen 124,5 km/h in der kleinsten Sichtweitenklasse und 127 km/h in den letzten Sichtweitenklassen (Abbildung 4.33, links). In Linkskurven wird also das Fahrverhalten durch die vorhandene Sichtweite nicht beeinflusst. In Rechtskurven dagegen macht sich eine Geschwindigkeitserhöhung ab einer Sichtweite von 300 m bemerkbar (Abbildung 4.33, rechts). Bei den Sichtweiten unter 300 m beträgt die Geschwindigkeit etwa 121,8 km/h und bei Sichtweiten zwischen 300 und 350 m steigt sie sprunghaft um ca. 6 km/h an. Mit Vergrößerung der Sichtweite wird eine weitere kleine Geschwindigkeitszunahme ersichtlich und in der vorletzten Sichtweiten Klasse beträgt die Geschwindigkeit fast 130 km/h. Diese deutliche Geschwindigkeitserhöhung zeigt, dass die Sichtweite in Rechtskurven einen gewissen Einfluss auf das Fahrverhalten der Fahrer hat.

127

Geschwindigkeit in Rechtskurven 150

145

145

140

140

135

135 Geschwindigkeit [km/h]

Geschwindigkeit [km/h]

Geschwindigkeit in Linkskurven 150

130 125 120 115

130 125 120 115

110

110

105

105

100

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

100

450-500

200-250

250-300

Sichtweite [m]

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.33: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Geschwindigkeit in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Die mittlere Fixationsdauer zeigt keine deutlichen Unterschiede zwischen Links- und Rechtskurven (Abbildung 4.34). Sie bleibt offenbar von der vorhandenen Sichtweite unbeeinflusst und weist Werte um 0,3 s auf. Mittlere Fixationsdauer in Rechtskurven 0,50

0,45

0,45

0,40

0,40 Mittlere Fixationsdauer [s]

Mittlere Fixationsdauer [s]

Mittlere Fixationsdauer in Linkskurven 0,50

0,35 0,30 0,25

0,35 0,30 0,25

0,20

0,20

0,15

0,15

0,10

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

0,10

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.34: Abhängigkeit der mittleren Fixationsdauer von der vorhandenen Sichtweite in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Der Fixationszeitanteil zeigt ein uneinheitliches Bild sowohl in Links- als auch in Rechtskurven (Abbildung 4.35). Wie auf geraden Strecken, ist in Linkskurven ein Anstieg bis 350 m Sichtweite zu beobachten. Dies kann auf die leicht steigende mittlere Fixationsdauer in den ersten drei Sichtweitenklassen oder auf eine zunehmende Anzahl der Fixationen bei steigender Sichtweite zurückgeführt werden. Die Anzahl der Fixationen nimmt mit zunehmender Sichtweite stetig ab, deshalb liegen dem steigenden Fixationszeitanteil die weniger und gleichzeitig länger werdenden Fixationen zugrunde. Ab einer Sichtweite von 350 m kann keinen Zusammenhang zwischen dem Zeitanteil der Fixationen und der vorhandenen Sichtweite festgestellt werden. In Rechtskurven ist kein eindeutiger Trend zu beobachten.

128

Zeitanteil Fixationen in Rechtskurven 0,70

0,65

0,65

0,60

0,60 Zeitanteil Fixationen [-]

Zeitanteil Fixationen [-]

Zeitanteil Fixationen in Linkskurven 0,70

0,55 0,50 0,45

0,55 0,50 0,45

0,40

0,40

0,35

0,35

0,30

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

0,30

450-500

200-250

250-300

Sichtweite [m]

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.35: Zusammenhang zwischen der vorhandenen Sichtweite und dem Zeitanteil der Fixationen in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Eine steigende Tendenz der zeitlich normierten saccadischen Augenbewegungen bei zunehmender Sichtweite kann sowohl in Links- als auch in Rechtskurven beobachtet werden (Abbildung 4.36). Die Streuung des Blickes in Linkskurven ist bis eine Sichtweite von 250 m sehr klein. Die Anzahl des Saccaden steigt bereits ab 250 m Sichtweite und bleibt auf demselben Niveau bis 450 m. Ab dieser Sichtweite verzeichnet sich der Blick durch eine noch höhere Streuung. In Rechtskurven werden wenig Saccaden bis eine Sichtweite von 350 m ausgeführt, d.h. das Blickverhalten ist bis dieser Sichtweite konzentrierter als in Linkskurven. Eine größere Streuung des Blickes kann hier erst ab einer Sichtweite von 350 m beobachtet werden. Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass die Fahrer bei kleiner Sichtweite in Kurven ihren Blick, aufgrund des sich rasch ändernden Informationsangebots, auf die für die Spurhaltung relevanten Objekte konzentrieren. Saccaden pro Sekunde in Rechtskurven 2,2

2,0

2,0

1,8

1,8 Saccaden/s [1/s]

Saccaden/s [1/s]

Saccaden pro Sekunde in Linkskurven 2,2

1,6

1,6

1,4

1,4

1,2

1,2

1,0

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

1,0

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.36: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Die Standardabweichung des Blickwinkels zeigte keine Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite in Links- und Rechtskurven (Abbildung 4.37).

129

Standardabweichung des Blickwinkels in Rechtskurven 45

40

40 Standardabweichung des Blickwinkels [°]

Standardabweichung des Blickwinkels [°]

Standardabweichung des Blickwinkels in Linkskurven 45

35 30 25 20 15 10 5 0

35 30 25 20 15 10 5

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

0

450-500

200-250

250-300

Sichtweite [m]

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.37: Zusammenhang zwischen der Standardabweichung des Blickwinkels und der vorhandenen Sichtweite in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Obwohl bei dem räumlichen Abstand zwischen den aufeinander folgenden Fixationen in beider Links- und Rechtskurven keine signifikanten Unterschiede festzustellen sind (Abbildung 4.39), kann einen leichten Anstieg der Scanpfadlänge mit zunehmender Sichtweite beobachtet werden. In Linkskurve ist dieser Anstieg erst ab einer Sichtweite von 350 m zu verzeichnen. Dort liegt die Scanpfadlänge bei 4,6° und nimmt bis eine Sichtweite von 500 m um 10% zu. In Rechtskurven beginnt der Anstieg bei Sichtweiten über 300 m und bei 500 m Sichtweite ist der Abstand zwischen den Abtastblickpunkten auch 10% größer. Die bei den kleinen Sichtweiten kürzeren Scanpfadlängen deuten auf ein konzentriertes Blickverhalten hin und die räumlich längeren Scanpfade bei den großen Sichtweiten sind ein Indikator für eine weniger effiziente Blickverhaltensweise bzw. ein weiträumiges Umherblicken. Index der räumlichen Dichte pro Sekunde in Rechtskurven (Feldindex/s) 0,050

0,045

0,045

0,040

0,040

0,035

0,035 Feldindex pro s [1/s]

Feldindex pro s [1/s]

Index der räumlichen Dichte pro Sekunde in Linkskurven (Feldindex/s) 0,050

0,030 0,025 0,020

0,030 0,025 0,020

0,015

0,015

0,010

0,010

0,005

0,005

0,000

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

0,000

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.38: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf den Index der räumlichen Dichte in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

Der zeitlich normierte Index der räumlichen Dichte verläuft nahezu identisch in Links- und Rechtskurven (Abbildung 4.38). Mit zunehmender Sichtweite steigt er an. Betrachtet man die Scanpfadlänge zusammen mit dem Feldindex, so kann man feststellen, dass sowohl in Links- als auch in Rechtskurven eine gerichtete visuelle Suche in den unteren Sichtweitenklassen stattfindet, wobei der Konzentrationseffekt stärker in Rechtskurven ausgeprägt ist. Ein ausgedehntes Blickverhalten erzeugt räumlich längere Scanpfade und höhere Werte des Feldindexes widerspiegeln eine weiträumige visuelle Suche.

130

Scanpfadlänge in Rechtskurven 7

6

6

Scanpfadlänge [°]

Scanpfadlänge [°]

Scanpfadlänge in Linkskurven 7

5

4

3

2

5

4

3

200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtweite [m]

400-450

450-500

2

200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

Sichtweite [m]

Abbildung 4.39: Einfluss der vorhandenen Sichtweite auf die Scanpfadlänge in Linkskurven (links) und in Rechtskurven (rechts)

4.5.3

Vergleich zwischen dem Blickverhalten in Linkskurven, Rechtskurven und Geraden

Wie aus der Literaturanalyse deutlich wird, sind die Blickmuster in Geraden, Links- und Rechtskurven sehr unterschiedlich. Aus Abbildung 4.41 wird ersichtlich, dass die prozentualen Verteilungen der mittleren Fixationsdauern in Geraden, Links- und Rechtskurven sehr nah beieinander liegen und demzufolge keine großen Unterschiede bezüglich der mittleren Fixationsdauer feststellbar sind. In Bezug auf die Gesamtheit aller Daten beeinflussen Geraden und Kurven die Verteilungen der Fixationsdauern nicht. Zu dieser Feststellung kommen auch POPIEUL U.A. (2000). Da keine eindeutige Abhängigkeit zwischen der Straßengeometrie und der vertikalen Komponente der Augenbewegungen festgestellt werden konnte, ist die Verteilung der Fixationsstellen in vertikaler Richtung hier nicht von Bedeutung und wird nicht weiter untersucht. Zur selben Schlussfolgerung kommen auch SHINAR / U.A. (1977). Besonders interessant für die vorliegende Untersuchung sind die lateralen Abweichungen des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung bzw. die horizontale Verteilung der Fixationen, die sich einerseits zwischen Geraden und Kurven unterscheiden und andererseits von der Kurvenrichtung stark abhängig sind. Da sich das Blickverhalten beim Befahren von geraden Strecken durch eine Häufung von Fixationen auf nicht verkehrsrelevante Straßenelemente charakterisiert, wird von COHEN (1987) festgestellt, dass der Blick des Fahrers auf Geraden über die gesamte Straßenbreite fast gleichmäßig verteilt ist und sogar in Richtung Himmel ausgerichtet ist. Diese Feststellung kann hier bestätigt werden. Wie aus Abbildung 4.40 ersichtlich wird, ist die Anzahl der Fixationen in geraden Streckenabschnitten links und rechts von der Hauptblickachse nahezu gleich. 46,7% aller Fixationen werden links von der Blickachse registriert und 52,3% sind auf der rechten Seite. Eine große Anzahl von Fixationen liegt über dem Horizont. Lediglich 1,0% der Fixationen liegt genau auf der Hautblickrichtung über und unter der horizontalen Achse. Es wurden keine Differenzen zwischen den mittleren Fixationsdauern auf den beiden Seiten festgestellt. Bei Betrachtung aller Fixationen liegt ihre mittlere Position (mean fixation location) bei ca. 1,0° rechts von der Hauptblickrichtung. Dieser Befund bestätigt die Feststellung von SHINAR U.A. (1977), dass auf geraden Strecken der Blick geradeaus im Bereich des Fluchtpunktes ausgerichtet ist und der Hauptfixationspunkt bei ca. 1,6° rechts von der Hauptblickrichtung liegt.

131

Bei der getrennten Berechnung der mittleren Positionen der Fixationen, die auf der linken und auf der rechten Seite der Hauptblickrichtung lagen, konnte ein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Während die mittlere Position aller links liegenden Fixationen bei 2,5° links von der Hauptblickachse liegt, befindet sich die mittlere Position der rechts liegenden Fixationen bei 4,0° rechts von der Hauptblickachse. Auch die Standardabweichung des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung in horizontaler Richtung (SDX) ist auf der linken Seite kleiner als diese rechts von der Hauptblickachse. Das bedeutet, dass eine größere Streuung des Blickes auf der rechten Seite der Hauptblickrichtung, verglichen mit der linken, vorhanden ist. Diese Streuung ist in Abbildung 4.40 sehr gut sichtbar. Dieses für alle Probanden gemeinsame Blickmuster dient sowohl zur Sicherstellung der richtigen Fahrzeugposition und der Spurhaltung als auch zum Erkennen der für das Fahrverhalten und für die Orientierung notwendigen Objekten (z.B. Verkehrszeichen). Die vertikale Aneinanderreihung der Fixationen bei 15° - 16° zeigt eindeutig die Beobachtung der Verkehrszeichen. Fixationsverteilung in Geraden 24 21 18 15 12 9 6 3 0 -30

-27

-24

-21

-18

-15

-12

-9

-6

-3

-3

0

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

-6 -9 -12

AnzFix(X)L = 5248 (46,7%) mittl.FixDauer = 306 ms mittl.FixPos = 2,5° SDX(L) = 2,1°

-15 -18 -21 AnzFix(X) M = 116 (1,0%)

AnzFix(X)R = 5870 (52,3%) mittl.FixDauer = 304 ms mittl.FixPos = 4,0° SDX(R) = 3,4°

-24

Abbildung 4.40: Fixationsverteilung in Geraden. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung

132

Abbildung 4.41: Verteilung der mittleren Fixationsdauern in Geraden, Links- und Rechtskurven

In Linkskurven (Abbildung 4.42) ist die Anzahl der Fixationen auf der linken Seite der Hauptblickachse deutlich größer (67,5%) als auf der rechten Seite (32,1%). Die mittlere Fixationsdauer ist auf den beiden Seiten gleich groß, immerhin aber kleiner als auf geraden Streckenabschnitten. Die mittleren Fixationspositionen sind fast gleich von der Hauptblickachse auf den beiden Seiten entfernt. Bei Betrachtung aller Fixationen liegt ihre mittlere Position bei 1,5° links von der Hauptblickrichtung. Die Standardabweichungen in lateraler Richtung sind auf den beiden Seiten der Hauptblickachse auch nahezu gleich. Das führt zu dem Schluss, dass der Blick in Linkskurven auf den beiden Seiten der Hauptblickachse gleichermaßen streut, trotz stärkerer Konzentration an Fixationen auf der linken Seite. Somit werden die von COHEN (1987), SHINAR U.A. (1977) und FRIEDINGER (1982) aufgeführten Feststellungen, dass in Linkskurven eher geradeaus geblickt wird und die Fixationsstellen über der ganzen Fahrbahnbreite verteilt sind, bestätigt. Die Informationsaufnahme in Linkskurven erfolgt demzufolge aus der gesamten Straßenbreite. Wie auf geraden Streckenabschnitten zeigt hier die vertikale Aneinanderreihung der Fixationsstellen bei 15° - 16° rechts von der Hauptblickachse die gezielte Beobachtung der Verkehrszeichen.

133

Fixationsverteilung in Linkskurven 24 21 18 15 12 9 6 3 0 -30

-27

-24

-21

-18

-15

-12

-9

-6

-3

-3

0

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

-6 -9 -12

AnzFix(X)L = 4259 (67,5%) mittl.FixDauer = 296 ms mittl.FixPos = 4,1° SDX(L) = 3,0°

-15 -18 -21 AnzFix(X) M = 27 (0,4%)

AnzFix(X)R = 2028 (32,1%) mittl.FixDauer = 296 ms mittl.FixPos = 3,9° SDX(R) = 2,8°

-24

Abbildung 4.42: Fixationsverteilung in Linkskurven. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung

In Rechtskurven dagegen wird eindeutig auf der rechten Seite der Hauptblickrichtung fixiert (Abbildung 4.43) und dort findet auch die überwiegende Anzahl der Fixationen statt (78,9%). Eine Streuung des Blickes über die gesamte Fahrbahnbreite ist im Gegensatz zu den Linkskurven nicht vorhanden. Während in Rechtskurven links nur 20,3% aller Fixationen registriert werden können, beträgt der Anteil der Fixationen auf der rechten Straßenseite in Linkskurven 32,1%. Sowohl links als auch rechts von der Hauptblickachse dauern die Fixationen in Rechtskurven (312 ms) im Mittel länger als diese in Linkskurven (296 ms). Auch SHINAR U.A. (1977) kommen zu dem Ergebnis, dass die Fahrer länger die Straße in Rechtskurven fixieren als in Linkskurven. Die Autoren stellen fest, dass die Fahrer im Allgemeinen ihre Fixationen auf die für die Kurvenrichtung relevante Seite des Sehfeldes konzentrieren, wobei in Rechtskurven 5% von der Gesamtzeit auf die linke Seite und in Linkskurven 24% der Gesamtzeit auf die rechte Seite fixiert wird. In der vorliegenden Untersuchung wurde diesbezüglich festgestellt, dass die Fixationen auf der linken Seite des Sehfeldes in Rechtskurven ca. 9% der Gesamtzeit betragen. Hingegen fixieren die Kraftfahrer in Linkskurven etwa 18% der Zeit auf die rechte Seite des Sehfeldes. Die meiste relevante Information wird vom Fahrer aus den Bereichen des rechten Fahrbahnrandes und des Fluchtpunktes entnommen. Nur wenige Blicke gelangen auf der linken Seite der Hauptblickachse und sie dienen vorwiegend der Orientierung. Zu dieser Schlussfolgerung kommen auch COHEN (1987), SHINAR U.A. (1977), FRIEDINGER (1982), OLSON (1989) u.a. Aus den Videoaufnahmen wurden in dieser Untersuchung die Fixationspunkte aufgezählt und es wurde festgestellt, dass über 60% aller Fixationen in den Bereich des rechten Fahrbahnrandes in unterschiedlichen Entfernungen gelangen. Bei Betrachtung aller Fixationen ist die Standardabweichung in Rechtskurven ca. 4,4° und in Linkskurven ca. 5,0°. In Rechtskurven blicken die Fahrer nur 2,4° nach links, während in Linkskurven 3,9° nach rechts fixiert wird. Dies deckt sich mit dem Befund von SHINAR U.A. (1977), dass die Fahrer signifikant mehr Zeit auf die Fahrbahn in Rechtskurven als in Linkskurven fixieren. Die Standardabweichungen auf den beiden Seiten der Hauptblickrichtung zeigen eindeutig, dass die Streuung des Blickes in Rechtskurven auf der linken

134

Seite im Vergleich zur rechten Seite relativ klein ist (Abbildung 4.43). Im Gegenteil streut der Blick in Linkskurven auf den beiden Blickseiten fast gleich (Abbildung 4.42). Das bestätigt noch mal den Befund von SHINAR U.A. (1977) und von COHEN (1987), dass eine stärkere Streuung der Fixationen in Linkskurven als in Rechtskurven vorhanden ist. Für die Spurhaltung, die Kontrolle des Fahrzeugs und die Informationsaufnahme in Rechtskurven ist also die rechte Seite relevant. Fixationsverteilung in Rechtskurven 24 21 18 15 12 9 6 3 0 -30

-27

-24

-21

-18

-15

-12

-9

-6

-3

-3

0

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

-6 -9 -12

AnzFix(X)L = 1198 (20,3%) mittl.FixDauer = 311 ms mittl.FixPos = 2,4° SDX(L) = 1,6°

-15 -18 -21 AnzFix(X) M = 48 (0,8%)

AnzFix(X)R = 4667 (78,9%) mittl.FixDauer = 312 ms mittl.FixPos = 4,5° SDX(R) = 3,7°

-24

Abbildung 4.43: Fixationsverteilung in Rechtskurven. Mittlere Fixationsdauer, mittlere Fixationsposition und Standardabweichung links und rechts von der Hauptblickrichtung

Ein Beispiel für die Fixationsstellen von sechs Probanden ist im Anhang IV-3 und Anhang IV-4 dargestellt. Bei Betrachtung aller Fixationspunkte über die gesamte Autobahn in den beiden Fahrtrichtungen sind bei dem Blickverhalten aller Probanden diese eindeutigen Blickmuster zu beobachten. Auf geraden Strecken wird häufiger nach rechts geblickt und die Abweichungen von der Hauptblickrichtung auf der rechten Seite sind größer als auf der linken Seite. In Rechtskurve wird fast ausschließlich auf die rechte Straßenseite fixiert und nur wenige Fixationen werden auf der linken Seite registriert. Eine sehr wichtige Ursache für die kleine Anzahl an Fixationen links von der Hauptblickachse ist auch die getrennte Verkehrsführung in der Gegenrichtung. Da keine Gefahr bezüglich des Gegenverkehrs besteht, ist eine höhere Aufmerksamkeit auf der linken Seite nicht notwendig. Die Beobachtung des Verkehrsraumes links von der Hautblickrichtung ist lediglich für die Spurhaltung und die Kontrolle von Position und Geschwindigkeit anderer in derselben Richtung fahrenden Fahrzeuge von Bedeutung. Mehrere Fixationen gelangen auf der linken Seite kurz vor Anfang jeder Linkskurve. Trotz unterschiedlichem Blickverhalten von den einzelnen Probanden, das auch von der Fahrerfahrung abhängig ist, sind die Fixationsstellen in Linkskurven auf den beiden Seiten der Hauptblickachse fast gleichmäßig verteilt. Sehr eindeutige Ergebnisse liefert das PRC-Maß. Aus Abbildung 4.44 (links) geht hervor, dass die Fahrer viel mehr in die Nähe des Fluchtpunktes in Kurven als in Geraden fixieren. Wie bereits beschrieben, reicht bei freier Fahrt auf Autobahnen für die Überwachung des Verkehrsraumes das periphere Sehen aus. Die Beanspruchung des Kraftfahrers ist

135

auf geraden Strecken relativ gering und die Fahrer fixieren oft viele verkehrsirrelevante Objekte. Folglich findet ein starkes Umherblicken statt, das ein Grund für die niedrige Konzentration der Fixationen in der Nähe des optischen Fluchtpunktes ist. Der Fluchtpunkt bleibt in unveränderter Position und dient als ein konstanter, für die Fernorientierung, die Fahrtrichtung und die Spurhaltung bestimmender Orientierungspunkt, der jedoch nicht ständig beobachtet wird. Sobald der Fahrer eine annähernde Kurve bemerkt, setzt er sein zentrales Sehen für die Informationsaufnahme verkehrsrelevanter Straßenelemente wie Fahrbahnmarkierungen und Fluchtpunkt ein. Die höhere Anzahl der Fixationen im Bereich um den Fluchtpunkt in beider Links- und Rechtskurven bestätigen die Hypothese, dass infolge steigender Beanspruchung in Kurven deutlich höhere PRC-Werte als in Geraden zu erwarten sind. Auch VICTOR U.A. (2005) kommen zu dem Ergebnis, dass in Kurven eine deutliche Konzentration des Blickes auf den Straßenmittelpunkt im Vergleich zu den geraden Strecken festzustellen ist. Ein signifikanter Unterschied ist auch zwischen Links- und Rechtskurven vorhanden. Wegen der großen Streuung der Fixationsstellen über die gesamte Straßenbreite in Linkskurven ist der PRC-Wert viel kleiner als in Rechtskurven. In Rechtskurven ist demzufolge der prozentuale Anteil der Fixationen im Bereich des Fluchtpunktes am größten. Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich in Geraden und Kurven

PRC in Geraden und Kurven 0.40 0.40 0.35 0.35 0.30 0.30

0.25

0.22

0.20

0.25 PRC [-]

PRC [-]

0.25

0.15

0.19

0.20

0.15 0.10

0.10 0.10

0.10

0.05 0.05 0.00 GERADE

KURVE

0.00

Element

GERADE

LINKSKURVE

RECHTSKURVE

Abbildung 4.44: Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich in Geraden und Kurven (links) sowie in Geraden, Links- und Rechtskurven (rechts)

Der Feldindex ist auf geraden Streckenabschnitten deutlich kleiner als in Kurven, d.h. es werden in Geraden weniger 3°x3°-Felder als in Kurven angeblickt. Die räumlich großen Scanpfadlängen in Geraden deuten jedoch auf ein ausgedehntes Blickverhalten hin und zeigen einen schnellen Blickrichtungswechsel an. Weniger angeblickte Felder mit gleichzeitig langen Scanpfaden bedeuten eine weiträumige Blickverhaltensweise. Der Index der räumlichen Dichte ist in beiden Kurvenrichtungen gleich groß. Es werden hier deutlich mehr Felder abgetastet als in Geraden. Dieser Fakt ist auf die höhere Beanspruchung des Fahrers in Kurven zurückzuführen.

4.5.4

Blickverhalten in Abhängigkeit vom Kurvenradius

Das Geschwindigkeitsverhalten in Kurven zeigt in den unterschiedlichen Radienklassen ein uneinheitliches Bild. Wie bereits im Abschnitt 4.4.1 festgestellt wurde, übt der Kurvenradius keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit V85 auf der Autobahn aus. Es wurde aber festgestellt, dass die Größe des Kurvenradius das Verkehrsunfallgeschehen beeinflusst. Aus diesem Grund wird hier untersucht, welche Unterschiede zwischen

136

den Mittelwerten der Blickmaße unter bzw. über einem bestimmten Radius, bei dem signifikante Erhöhung des Unfallgeschehens auftritt, vorhanden sind. Aus Abschnitt 4.4.1 wurde klar, dass die Unfallrate der Unfälle mit schwerem Personenschaden, die Unfallkostenrate der Unfälle mit Personenschaden und schweren Sachschaden und das Sicherheitspotenzial unter einem Radius von 1500 m deutlich ansteigen. In Tabelle 4.7 sind die Mittelwerte der Blickmaße unter und über diesem Radius dargestellt. Die mittlere Fixationsdauer steigt bei Kurvenradien über 1500 m an (Abbildung 4.46). In den ersten zwei Radienklassen, bei denen das Unfallgeschehen am größten ist, beträgt die mittlere Fixationsdauer 0,280 s. In Kurven mit Radien zwischen 1500 m und 2500 m dauern die Fixationen im Mittel 0,320 s und bei Radien größer 2500 m wurde eine mittlere Fixationsdauer von ca. 0,360 s. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die Fahrer bei Kurven mit großen Radien länger fixieren und dabei mehr Zeit für die Interpretation der aufgenommenen Informationen zur Verfügung haben. Die Beanspruchung der Kraftfahrer bei der hohen Fahrgeschwindigkeit ist demzufolge in Kurven mit Radien über 1500 m kleiner als bei Kurven mit kleineren Radien. Der Zeitanteil der Fixationen zeigt keine Abhängigkeit von der Größe des Kurvenradius und dementsprechend auch von der Unfallgefährdung (Abbildung 4.47). In beiden gefährlichen und weniger gefährlichen Kurvenradien sind die Werte nahezu gleich. . Geschwindigkeit in Kurven

Mittlere Fixationsdauer in Kurven 0,5

150 145

0,4

140 Mittlere Fixationsdauer [s]

Geschwindigkeit [km/h]

135 130 125 120 115 110

0,3

0,2

0,1

105 100

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.45: Einfluss des Kurvenradius auf die Geschwindigkeit

0,0

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.46: Einfluss des Kurvenradius und auf die mittlere Fixationsdauer

Es konnte ein sehr eindeutiger Zusammenhang zwischen Kurvenradius und Anzahl der Saccaden pro Sekunde festgestellt werden (Abbildung 4.48). In den ersten zwei Radienklassen mit hohem Unfallgeschehen ist ihre Anzahl gleich. Bis einen Radius von 1500 m wurden im Mittel 1,51 Saccaden/s berechnet. Mit Erhöhung des Kurvenradius und entsprechender Abnahme des Unfallgeschehens verringert sich die Anzahl der Saccaden. Bei Kurvenradien zwischen 1500 m und 2500 m wurden 1,45 Saccaden/s registriert und in der letzten Radienklasse (über 2500 m) wurden im Mittel 1,25 Saccaden/s ausgeführt. Verglichen mit den ersten zwei Radienklassen reduzieren sich also die Saccaden um ca. 21%. In Kurven mit großen Radien kann demzufolge eine ruhigere Blickverhaltensweise als bei Kurven mit kleineren Radien festgestellt werden, die Fixationen dauern länger und es werden weniger Saccaden innerhalb einer Sekunde ausgeführt. Dies führt zu dem Schluss, dass die Beanspruchung des Kraftfahrers in Kurven mit Radien über 1500 m, die

137

ein niedriges Unfallgeschehen aufweisen, geringer als bei Kurven mit Radien unter diesem Wert ist. Zeitanteil Fixationen in Kurven

Saccaden pro Sekunde in Kurven

0,70

2,2

0,65 2,0

1,8 0,55

Saccaden/s [1/s]

Zeitanteil Fixationen [-]

0,60

0,50 0,45

1,6

1,4 0,40 1,2 0,35 0,30

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

1,0

> 2500

< 1000

Kurvenradius [m]

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.47: Einfluss des Kurvenradius auf den Zeitanteil der Fixationen

Abbildung 4.48: Einfluss des Kurvenradius auf die Anzahl der Saccaden pro Sekunde

Die Standardabweichung des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung und die Scanpfadlänge zeigen keine großen Differenzen zwischen den unterschiedlichen Radienklassen und werden dementsprechend durch die Unfallauffälligkeit der Kurven nicht beeinflusst. Aus Tabelle 4.7 wird ersichtlich, dass im Bereich der gefährlichen Kurvenradien der Anteil der Blicke zum Hauptaufmerksamkeitsbereich höher als bei den großen Radien ist (siehe auch Abbildung 4.50). Der Blick wird also vermehrt in Richtung Fluchtpunkt gerichtet. PRC in Kurven 0,7

40

0,6 0,5

35

0,4

30

0,3 25

PRC [-]

Standardabweichung des Blickwinkels [°]

Standardabweichung des Blickwinkels in Kurven 45

20

0,2 0,1

15

0,0

10

-0,1

5 0

-0,2

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.49: Einfluss des Kurvenradius auf die Standardabweichung des Blickwinkels

-0,3

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.50: Einfluss des Kurvenradius auf den Anteil der Fixationen zum Hauptaufmerksamkeitsbereich

Der Verlauf des zeitlich normierten Index der räumlichen Dichte in den einzelnen Radienklassen entspricht den Erwartungen und bestätigt die Ergebnisse von dem im Abschnitt 4.5.1 dargestellten Zusammenhang mit der vorhandenen Sichtweite in Geraden (Abbildung 4.51). Es wird eine deutlich zunehmende Konzentration des Blickes und eine

138

Einengung des Blickfeldes bei abnehmendem Kurvenradius und erhöhtem Unfallgeschehen festgestellt. Bei Radien unter 1000 m werden nur wenige 3°x3°-Felder angeblickt, innerhalb denen aber intensiv nach neuen Informationen gesucht wird. Mit zunehmendem Kurvenradius steigt der Feldindex an, der angeblickte Bereich wird also ständig größer. Verglichen mit den Kurvenradien unter 1000 m werden 60% mehr Kacheln bei Radien zwischen 1000 m und 1500 m fixiert. Das Blickverhalten ändert sich nur geringfügig in der nachfolgenden Radienklasse (1500 m -2500 m), wobei der Index einen Anstieg um 14% aufweist. Ein immenser Sprung des Feldindexes von über 100% wird dann ab einem Kurvenradius von 2500 m festgestellt. Die Mittelwerte des Indexes in den Radien mit hohem und mit niedrigem Unfallgeschehen unterscheiden sich signifikant voneinander (p = 0,000012 < 0,05). Scanpfadlänge in Kurven

Index der räumlichen Dichte pro Sekunde in Kurven (Feldindex/s)

7

0,050 0,045 6 0,040

Scanpfadlänge [°]

Feldindex pro s [1/s]

0,035 0,030 0,025 0,020

5

4

0,015 3

0,010 0,005 0,000

< 1000

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

2

< 1000

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.51: Einfluss des Kurvenradius auf den Feldindex

Blickverhaltensmaß

1000 - 1500

1500 - 2500

> 2500

Kurvenradius [m]

Abbildung 4.52: Einfluss des Kurvenradius auf die Scanpfadlänge

Mittelwert R ≤ 1500 m

R > 1500 m

mittlere Fixationsdauer [s]

0,280

0,340

Zeitanteil Fixationen [-]

0,42

0,44

Saccaden/s [1/s]

1,51

1,32

Standardabweichung

17,6

16,6

0,0063

0,045

Scanpfadlänge [°]

4,75

4,73

PRC [-]

0,23

0,18

Feldindex/s [1/s]

Tabelle 4.7:

Zusammenstellung der Blickverhaltensmaße in Abhängigkeit von dem Kurvenradius und dem Unfallgeschehen

139

4.5.5

Vergleich zwischen dem Blickverhalten in gefährlichen und ungefährlichen Linksund Rechtskurven

In Anlehnung an SHINAR U.A. (1977) wurden für die Analyse zunächst vier Kurven ähnlicher Lageplangeometrie (Radius, Länge des Kreisbogens) ausgewählt, die nach den im Abschnitt 3.3.2 beschriebenen Kriterien als gefährlich bzw. ungefährlich eingestuft wurden. Die gefährlichen Links- und Rechtskurve in Richtung Chemnitz waren in der anderen Richtung entsprechend ungefährlich. Die Fixationsverteilungen in den einzelnen Kurven können Anhang IV-5 bis Anhang IV-8 entnommen werden. Aus Anhang IV-5 und Anhang IV-7 wird sichtbar, dass sowohl in der gefährlichen als auch in der ungefährlichen Rechtskurve dominierend nach rechts fixiert wird (82,1% aller Fixationen in gRK und 87,1% in uRK). Lediglich 17,9% (gRK) und 12,9% (uRK) der Fixationen befinden sich links von der Hauptblickrichtung. Es zeigt sich also, dass die Verteilung der Fixationen in Rechtskurven nicht von der Unfallauffälligkeit, sondern nur von der Kurvenrichtung abhängig ist. Bezüglich der mittleren Fixationsdauer sind jedoch Unterschiede feststellbar. Während die Fahrer in der gefährlichen Rechtskurve um 23,4% länger rechts fixieren, wird in der ungefährlichen Rechtskurve eine um ca. 5% längere mittlere Fixationsdauer links berechnet. Ein signifikanter Unterschied, wie in der Untersuchung von SHINAR U.A. (1977) festgestellt worden ist, kann hier nicht nachgewiesen werden. Ein ganz anderes Bild lässt sich in den beiden Linkskurven beobachten. Während in der gefährlichen Linkskurve 70,2% der Fixationen links und 29,8% rechts von der Hauptblickachse gelangen, ist die Anzahl der Fixationen in der ungefährlichen Linkskurve auf den beiden Seiten der Hauptblickachse nahezu gleich. Die große Streuung des Blickes in Linkskurven, die in anderen Untersuchungen und im Abschnitt 4.5.3 dieser Arbeit festgestellt wurde, wird in diesen zwei einzelnen Kurven bestätigt. Trotz dem größeren Anteil der Fixationen auf der rechten Seite gegenüber dem Anteil der Fixationen auf der linken Seite in der gefährlichen Rechtskurve, wird in der gefährlichen Linkskurve eine höhere Konzentration des Blickes in der Kurvenrichtung im Vergleich zu der ungefährlichen Linkskurve registriert. Es sind also unterschiedliche Blickverhaltensweisen in den gefährlichen und ungefährlichen Linkskurven vorhanden. In der gefährlichen Linkskurve haben die Fahrer in der linken Seite des Blickfeldes im Mittel 11,2% länger als in der rechten Seite fixiert. Dagegen ist die mittlere Fixationsdauer in der ungefährlichen Linkskurve um ca. 11% größer rechts als links von der Hauptblickrichtung. Die geringe Anzahl von Fixationen und die entsprechend kleine Grundgesamtheit zur Berechnung der mittleren Fixationsdauer lassen keine Rückschlüsse ziehen. In diesem Fall sind die Ergebnisse aus der Grundgesamtheit der Fixationsdauern von allen auf der Autobahn betrachteten gefährlichen und ungefährlichen Kurven als repräsentativ anzusehen. Da die Ergebnisse der anderen Blickverhaltensmaße von den vier Kurven eine sehr gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen von allen auf der Autobahn A72 vorhandenen gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven aufweisen, werden hier nur die Ergebnisse von allen Kurven, die als statistisch abgesichert betrachtet werden können, interpretiert. Die berechneten mittleren Blickbewegungsmaße sind in Tabelle 4.8 gegenübergestellt. Die von SHINAR U.A. (1977) festgestellten signifikant längeren mittleren Fixationsdauern in gefährlichen Kurven, verglichen mit den ungefährlichen Kurven, konnte in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden. Die mittlere Fixationsdauer variiert zwischen 0,297 s (gLK und uRK) und 0,334 s (gRK). Bei dieser kleinen Differenz lassen sich keine sicheren Schlussfolgerungen zu dem Einfluss der Unfallbelastung von Kurven auf die mittlere Fixationsdauer ziehen. Der leicht höhere Wert in den gefährlichen Rechtskurven (gRK) zeigt, dass die Beanspruchung und die Aufmerksamkeit dort höher sind, als in den ungefährlichen Rechtskurven (uRK) und den gefährlichen Linkskurven (gLK). Gegenüber den unge-

140

fährlichen Rechtskurven ist die mittlere Fixationsdauer in den gefährlichen Rechtskurven um ca. 13% höher, d. h. die Fahrer brauchen längere Zeit für Informationsaufnahme und interpretation. Die exakte Auslegung der mittleren Fixationsdauer ist jedoch durch die vielen auf sie wirkenden Faktoren wie der mentale Zustand des Fahrers, die Fahrerfahrung, die Verkehrskonstellation u.a. erschwert, da alle diese Faktoren nicht gleichzeitig und zum Teil gar nicht zusammen erfasst werden können. Da auf Autobahnen unmöglich ist, den Verkehr vollständig auszuschließen und dabei das Blickverhalten zu untersuchen, muss davon ausgegangen werden, dass die Blickverhaltensmaße unvermeidbar auch durch die anderen Verkehrsteilnehmer beeinflusst sind. Der Zeitanteil der Fixationen zeigt dasselbe Bild wie die mittlere Fixationsdauer. Der höhere Fixationszeitanteil in den gRK zeigt, dass dort eine gesteigerte Aufmerksamkeit vorliegt. Das Blickverhalten in den Linkskurven weist erwartungsgemäß leicht höhere Mittelwerte der zeitlich normierten Saccaden (ca. 3%) im Vergleich zu den Rechtskurven auf. Die Hypothese, dass weniger Saccaden/s in gefährlichen als in ungefährlichen Kurven ausgeführt werden, konnte in dieser Untersuchung jedoch nicht bestätigt werden. Entsprechend den Erwartungen weisen die Linkskurven größere Standardabweichungen des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung als die Rechtskurven. Die Standardabweichung in den gefährlichen Linkskurven übersteigt die Standardabweichung in den gefährlichen Rechtskurven um 37,4% beträchtlich. Die ungefährlichen Kurven weisen etwa 10% höhere Standardabweichungen als die gefährlichen Kurven, was auch die in dieser Arbeit aufgestellte Hypothese bestätigt. Offenbar sind die Fahrer in den ungefährlichen Kurven weniger beansprucht und die Konzentration des Blickes ist dementsprechend kleiner als in den gefährlichen Kurven. Dieser Befund deckt sich mit der Feststellung von VICTOR U.A. (2005), dass bei steigender Beanspruchung eine Verringerung der Blickstreuung vorliegt. Die Autoren schreiben, dass diese Tendenz zur höheren Konzentration des Blickes stärker auf Landstraßen als auf Autobahnen und in Kurven als auf geraden Strecken ausgeprägt ist. Die Ergebnisse dieser Untersuchung beweisen die Aussage von VICTOR U.A. (2005). Auf geraden Streckenabschnitten ist der Wert der Standardabweichung größer als der Wert in den ungefährlichen Linkskurven. Die Streuung des Blickes in den ungefährlichen Linkskurven ist um ca. 37% höher als in den ungefährlichen Rechtskurven. Durch die Unterteilung in gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven kann also festgestellt werden, dass das Blickverhalten der Kraftfahrer durch die Lageplangeometrie stark beeinflusst wird und sich in Hinsicht auf die Unfallträchtigkeit der Kurven ändert. Dabei kann eindeutig nachgewiesen werden, dass der Blick in den Rechtskurven deutlich konzentrierter als in den Linkskurven ist. Da eine höhere Konzentration des Blickes in den unfallauffälligen Kurven als in den unfallfreien Kurven berechnet wurde, kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Beanspruchung und die visuelle Aufmerksamkeit der Fahrer größer in gefährlichen als in ungefährlichen Kurven sind. Bezüglich des Feldindexes können eindeutige Unterschiede festgestellt werden. Die in den ungefährlichen Kurven vorhandenen kleineren Feldindex-Werte, die nahezu gleich sind, weisen auf eine gerichtete visuelle Suche hin. Die gefährlichen Rechtskurven weisen einen 19% höheren Wert als die ungefährlichen Rechtskurven auf. Der höchste Index der räumlichen Dichte wurde bei den gefährlichen Linkskurven berechnet. Wegen der größeren Streuung des Blickes in den gefährlichen Linkskurven übersteigt der Wert des Indexes dort die Indexe in den ungefährlichen Linkskurven und in den gefährlichen und ungefährlichen Rechtskurven um entsprechend 52%, 34% und 60%. In den unfallträchtigen Kurven tasten also die Fahrer mehrere 3°x 3°-Felder in der Suche nach relevanten Informationsquellen ab. Anders als bei den Kurven mit kleinen Radien, wo eine Konzentration des Blickes und eine Einengung des Blickfeldes festgestellt wurden, charakterisiert sich die

141

Blickverhaltensweise in den gefährlichen Kurven mit größeren Streuungen und einer intensiveren visuellen Suche. Die Scanpfadlänge weist identische Werte in allen Kurven auf. Der erwartete kleinere räumliche Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen in gefährlichen Kurven gegenüber den ungefährlichen konnte nur in Rechtskurven bestätigt werden. Bei den gefährlichen Linkskurven war diese Länge größer als bei den ungefährlichen Linkskurven. Zum Vergleich, ist der Mittelwert des Feldindexes auf Geraden (0,0019) mehr als dreimal kleiner als der Wert in den ungefährlichen Kurven und die Scanpfadlänge ist höher als in den Kurven (5,2°). Weniger fixierte Felder und eine große Länge zwischen zwei aufeinander folgenden Fixationen auf geraden Streckenabschnitten deuten auf eine weniger gerichtete visuelle Suche hin. Der größte Anteil der Fixationen im Hauptaufmerksamkeitsbereich (PRC) wurde, entsprechend den Erwartungen, in den gefährlichen Rechtskurven festgestellt. Infolge steigender Beanspruchung in den gefährlichen Rechtskurven konzentriert sich der Blick um einen engeren Bereich hauptsächlich zwischen der rechten Fahrbahnmarkierung und dem Fluchtpunkt der Straße, wie aus den Videoaufzeichnungen ersichtlich wird. Besonders bei kleineren Kurvenradien liegen der Kurventangentenpunkt und der Fluchtpunkt der Straße im Blickfeld des Fahrers näher beieinander. Dadurch erfolgt in gefährlichen Rechtskurven eine gleichzeitige Beobachtung dieser zwei informationsreichen Punkte ohne große Blicksprünge. Dies zeigt sich in der kleineren Standardabweichung, der kleineren Anzahl der Saccaden, dem niedrigeren Wert des Feldindexes, der kleineren Scanpfadlänge und dem höheren PRC-Wert gegenüber den gefährlichen Linkskurven. In den gefährlichen Linkskurven dagegen ist eine größere Streuung des Blickes über die gesamte Fahrbahnbreite vorhanden (siehe auch Abschnitt 4.5.3). Diese ganz unterschiedliche Blickverhaltensweise ist möglicherweise auf die Tatsache zurückzuführen, dass in Linkskurven der rechte Fahrstreifen für die Fahrer noch vor der Kurve und in der Kurve sichtbar ist, und in Rechtskurven dieser oft weniger einsehbar ist. Die Fahrer fixieren vermehrt in die Nähe des Fluchtpunktes, damit sie neu auftretende Hindernisse bzw. Gefahrensituationen rechtzeitig erkennen können. Deshalb ist der in gRK um ca. 25% höhere Anteil der Fixationen im Bereich des optischen Fluchtpunktes gegenüber den gLK ein Beweis dafür, dass die Fahrer konzentrierter zum Straßenfluchtpunkt in den gefährlichen Rechtskurven als in den gefährlichen Linkskurven blicken. Die ungefährlichen Links- und Rechtskurven weisen nahezu dieselben PRC-Werte, die um 14,5% kleiner als den Mittelwert aus den gRK sind. Da sich die PRC-Werte in den ungefährlichen Links- und Rechtskurven voneinander nicht unterscheiden, hat die Straßengeometrie nur dann Einfluss auf den Anteil der Fixationen zum Fluchtpunkt der Straße, wenn das Verkehrsunfallgeschehen mit einbezogen wird. Die enorm große Streuung des Blickes auf Geraden, die durch das starke Umherblicken bedingt wird, ist die Ursache für die niedrige Konzentrationen der Fixationen in der Nähe des optischen Fluchtpunktes (PRC = 0,10). Die Feststellung von COHEN (1987), dass auf Geraden die meiste Zeit in der Nähe des Fluchtpunktes fixiert wird, konnte hier nicht bestätigt werden. Anhand der dargestellten Ergebnisse lässt sich schlussfolgern, dass eine solche Aufteilung der untersuchten Strecke einerseits nach Lageplangeometrie (Links- und Rechtskurven) und andererseits nach dem Verkehrsunfallgeschehen (gefährlich und ungefährlich) für die Untersuchung der Unterschiede im Blickverhalten der Fahrer auf Autobahnen sinnvoll ist. Wie erwartet, unterscheiden sich die Blickverhaltensweisen in den gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven zum Teil beträchtlich (Tabelle 4.8). Unfallauffällige Kurven erfordern im Allgemeinen eine höhere Konzentration des Blickes und eine häufige Blickzuwendung zum Fluchtpunkt der Straße, wobei diese Konzentration stärker in den gefährlichen Rechtskurven ausgeprägt ist.

142

Blickverhaltensmaß

Linkskurve

Rechtskurve

gefährlich

ungefährlich

gefährlich

ungefährlich

Geschwindigkeit [km/h]

138,1

140,9

144,7

140,6

mittlere Fixationsdauer [s]

0,299

0,312

0,334

0,296

Zeitanteil Fixationen [-]

0,451

0,469

0,491

0,437

Saccaden pro Sekunde [Sacc/s]

1,55

1,55

1,50

1,50

Standardabweichung [°]

21,3

23,5

15,5

17,2

0,0091

0,0060

0,0068

0,0057

4,7

4,5

4,6

4,9

0,158

0,178

0,198

0,173

Feldindex pro Sekunde [s-1] Scanpfadlänge [°] PRC [-] Tabelle 4.8:

4.5.6

Mittelwerte der Blickverhaltensmaße in gefährlichen und ungefährlichen Links- und Rechtskurven

Vergleich des Blickverhaltens in den anhand des Sicherheitspotenzials definierten gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten

Das Blickverhalten der Fahrer wurde auch in den anhand des Sicherheitspotenzials definierten gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten (1. Klasse und 3. Klasse SIPO) untersucht (siehe Abschnitt 4.3.4). Die Ergebnisse der berechneten mittleren Blickbewegungsmaße sind in Tabelle 4.9 dargestellt. Es wird deutlich, dass sich die mittlere Fixationsdauer in den gefährlichen Abschnitten kaum von der mittleren Fixationsdauer in den ungefährlichen unterscheidet. Da die mittlere Fixationsdauer in den gefährlichen Abschnitten die Fixationsdauer in den ungefährlichen nicht überschreitet, ist der höhere Zeitanteil der Fixationen in den unfallträchtigen Abschnitten auf eine größere Anzahl von Fixationen zurückzuführen. Dies bestätigt die Hypothese, dass in den unfallauffälligen Bereichen mehr Fixationen ausgeführt werden und eine gesteigerte Aufmerksamkeit vorliegt. Durch die intensive visuelle Informationssuche ist auch die Anzahl der Saccaden innerhalb einer Sekunde in den gefährlichen Abschnitten um 26,5% größer als in den ungefährlichen Teilabschnitten. Entsprechend den Erwartungen wurde in den gefährlichen Abschnitten eine um 18,4% kleinere Standardabweichung des Blickwinkels von der Hauptblickrichtung gegenüber den ungefährlichen Abschnitten berechnet. Die größere mittlere Anzahl der Saccaden und die kleinere Standardabweichung weisen auf eine höhere Konzentration des Blickes in den unfallauffälligen Bereichen. Bezüglich des Feldindexes konnte festgestellt werden, dass 30% weniger 3°x3°-Felder in den gefährlichen Abschnitten fixiert werden. Bei gleichzeitiger Betrachtung der um 10,4% kleineren Scanpfadlänge in den gefährlichen Bereichen wird deutlich, dass eine höhere Konzentration des Blickes und eine gesteigerte Aufmerksamkeit vorhanden sind. Dieser Befund kann auch durch das PRC-Maß bekräftigt werden. Der Anteil der Fixationen im Bereich des optischen Fluchtpunktes bzw. des Tangentenpunktes ist in den gefährlichen Abschnitten um 23,5% höher als in den ungefährlichen.

143

Durch diese Untersuchungsmethode wird wieder bestätigt, dass unterschiedlich unfallbelastete Streckenabschnitte Änderungen im Blickverhalten bedingen. Bei gefährlichen Abschnitten sind eine höhere Konzentration des Blickes und eine häufigere Zuwendung der Augen zum Bereich um den Fluchtpunkt der Straße zu beobachten. Bedingt durch die höhere Beanspruchung in den unfallauffälligen Streckenabschnitten ist eine Erhöhung der Aufmerksamkeit nachweisbar. Obwohl bei dieser Methode mehrere in den Abschnitten enthaltene geometrische Elemente der Straße zusammengefasst werden, stellt die Abschnittaufteilung nach dem Sicherheitspotenzial noch eine Möglichkeit für die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Blickverhalten und Verkehrssicherheit dar, und ist für Autobahnen gut geeignet. Im Vergleich zu der im Abschnitt 4.5.5 beschriebenen Methode zur Aufteilung in Einzelkurven (gefährliche und ungefährliche Links- und Rechtskurven) wird hier ausschließlich das Verkehrsunfallgeschehen und nicht die Lageplangeometrie berücksichtigt.

Blickverhaltensmaß

SIPO [€/(km*a)] gefährlich

ungefährlich

mittlere Fixationsdauer [s]

0,290

0,300

Zeitanteil Fixationen [-]

0,435

0,390

Saccaden pro Sekunde [Sacc/s]

1,67

1,32

Standardabweichung [°]

18,5

21,9

Feldindex pro Sekunde [s-1]

0,010

0,013

Scanpfadlänge [°]

4,8

5,3

PRC [-]

0,21

0,17

Tabelle 4.9:

Mittelwerte der Blickverhaltensmaße in gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten nach dem Sicherheitspotenzial (SIPO)

144

5

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

In dieser Arbeit wurden einerseits die Abhängigkeiten zwischen ausgewählten streckencharakteristischen Parametern, Fahrverhalten und Unfallgeschehen und andererseits die Zusammenhänge zwischen Blickverhalten von Kraftfahrern, Lageplangeometrie und vorhandener Sichtweite untersucht. Dabei wurden auch die Änderungen im Blickverhalten bei unterschiedlich unfallbelasteten Abschnitten bzw. Kurven auf Autobahnen analysiert. Es wurde festgestellt, dass auf der Bundesautobahn A72 der Kurvenradius und die Kurvigkeit das Geschwindigkeitsverhalten auf Autobahnen nicht beeinflussen. Die großzügige Linienführung bedingt offenbar keine erheblichen Geschwindigkeitsschwankungen. Wie in älteren Forschungsarbeiten festgestellt wurde, wird auch hier bestätigt, dass die Größe der Längsneigung eine nachweisbare Auswirkung auf die 15%- und 85%Geschwindigkeiten an Steigungsstrecken hat. Dieser Einfluss ist jedoch stärker bei den Geschwindigkeiten V85 als bei den Geschwindigkeiten V15 ausgeprägt. Bei Längsneigungen über 4% werden größere Geschwindigkeitsabnahmen ermittelt, und die Geschwindigkeitsdifferenzen |∆V85| verdoppeln sich im Vergleich zu den Geschwindigkeitsdifferenzen bei Längsneigungen unter 2%. Aus Sicherheitsgründen wird beim Entwurf deshalb empfohlen, Gradienten mit Längsneigungen unter 4% zu entwerfen. Die vorhandene Sichtweite übt einen Einfluss auf die Geschwindigkeit V85 aus. Mit Erhöhung der vorhandenen Sichtweite bis 450 m wird eine klare Geschwindigkeitszunahme festgestellt. Über diese Sichtweite bleibt die Geschwindigkeit nahezu konstant. In Bezug auf das Unfallgeschehen ergibt sich, dass mit zunehmendem Kurvenradius die Unfallkennzahlen eindeutig abnehmen. Kurven mit Radien über 1500 m erweisen sich als doppelt so sicher im Vergleich zu Kurven mit kleineren Radien. Um eine höhere Sicherheit auf Autobahnen zu ermöglichen wird für den Entwurf demzufolge empfohlen, Kurvenradien größer 1500 m zu verwenden. Ein stetiger Anstieg der Unfallkennzahlen der Fahrunfälle wird mit zunehmender Kurvigkeit beobachtet. Wegen den kleinen Werten der Kurvigkeit auf Autobahnen (bis 75 gon/km) wurde sie bisher in keiner Forschungsarbeit als eigenständige Größe im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen untersucht. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass bereits bei Kurvigkeit über 40 gon/km eine Zunahme der Unfallrate um 100% vorliegt. Ein Einfluss der Längsneigung und der vorhandenen Sichtweite auf das Unfallgeschehen konnte auf der Autobahn nicht festgestellt werden. Aus den Ergebnissen des Blickverhaltens lassen sich mehrere Schlussfolgerungen ableiten. Anhand der Blickverhaltensmaße Saccaden pro Sekunde, Zeitanteil der Fixationen und Feldindex pro Sekunde ergibt sich, dass mit zunehmender Sichtweite deutliche Veränderungen im Blickverhalten der Kraftfahrer sowohl in Geraden als auch in Kurven auftreten. Bei Sichtweiten unter 350 m sind in den beiden Lageplanelementen eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine deutliche Konzentration des Blicks innerhalb eines engeren Bereichs der Straße feststellbar. Bei größeren Sichtweiten kann ein extensives visuelles Suchverhalten nachgewiesen werden. In Kurven wird eine kleinere Streuung des Blicks im Vergleich zu geraden Streckenabschnitten im untersuchten Sichtweitenbereich festgestellt. Dabei wird aber generell ein größerer Bereich der Straße als auf Geraden visuell abgetastet, in dem intensiver nach Informationen gesucht wird. Die in Geraden weniger angeblickten Felder mit gleichzeitig längeren Scanpfaden deuten auf eine weiträumige Blickverhaltensweise hin. Das PRCMaß liefert eindeutige Ergebnisse und zeigt, dass in Kurven vermehrt in der Nähe des optischen Fluchtpunktes fixiert wird. Dieser Befund führt zu der Schlussfolgerung, dass in

145

Kurven eine erhöhte Beanspruchung und Konzentration des Blicks im Vergleich zu geraden Streckenabschnitten vorhanden sind. Die Sichtweite, ab der klare Veränderungen im Blickverhalten der Kraftfahrer auftreten, liegt in Linkskurven bei 300-350 m. In Rechtskurven und Geraden liegt diese Sichtweitengrenze bei 350 m. Der Konzentrationseffekt unter den angegebenen Sichtweiten ist stärker in Rechtskurven ausgeprägt. Diese Sichtweiten berücksichtigen das psychophysiologisch abgesicherte Wahrnehmungs- und Blickverhalten der Kraftfahrer. Es wird daher empfohlen, eine Sichtweite von mindestens 350 m sowohl in Geraden als auch in Kurven zu gewährleisten. Diese vorgeschlagene Sichtweite liegt über der auf Autobahnen erforderlichen Haltesichtweite und ordnet sich in dem Bereich der Orientierungssichtweite, für die BERNHARD (1999) pragmatisch empfiehlt, den 1,3-fachen Wert der Haltesichtweite auf mindestens 70% der Strecke zu gewährleisten, um ein entspanntes Fahren zu ermöglichen. Im Sichtweitenbereich zwischen 200 m und 500 m unterscheiden sich die Blickmaße Percent Road Centre (PRC), Scanpfadlänge und Feldindex signifikant zwischen Autobahnen und Landstraßen. Die Analyse ließ schlussfolgern, dass auf Autobahnen ein größerer Bereich der Straße visuell erfasst wird als auf Landstraßen. In der ersten Sichtweitenklasse, die die Handlungszone nach LEUTNER (1974) deckt und als kritisch bezeichnet werden kann, wird eine höhere Konzentration des Blicks um den letzten einsehbaren Punkt der Straße auf Landstraßen und dadurch eine höhere Beanspruchung als auf Autobahnen festgestellt. Auf Autobahnen ergibt sich ein PRC-Wert von 0,12 auf Geraden und 0,22 in Kurven. Sowohl in Geraden als auch in Kurven sind die Werte des Feldindexes auf Autobahnen in dem gemeinsamen Sichtweitenbereich viel höher und die räumlichen Abstände zwischen den einzelnen Fixationen deutlich niedriger als auf Landstraßen. Die verknüpfte Betrachtung der beiden Blickmaße lässt schlussfolgern, dass auf Autobahnen ein weiträumiger Überblick vom Fahrer verschafft wird, als auf Landstraßen. Der Vergleich der anderen zwei Blickmaße (mittlere Fixationsdauer und Zeitanteil der Fixationen) zeigt keine signifikanten Unterschiede zwischen Autobahnen und Landstraßen. Anhand der lateralen Fixationsverteilungen in Geraden, Links- und Rechtskurven können die folgenden Schlussfolgerungen gemacht werden. Auf geraden Strecken wird häufiger nach rechts geblickt und die Abweichungen des Blicks von der Hauptblickrichtung auf der rechten Seite sind größer als auf der linken Seite. Um den Hauptaufmerksamkeitsbereich wird deutlich weniger als in Kurven fixiert. In Rechtskurven wird überwiegend rechts von der Hauptblickrichtung fixiert. Die meiste relevante Information beim Befahren von Rechtskurven entnehmen die Fahrer den Bereichen des rechten Fahrbahnrandes und des Fluchtpunktes. Im Gegensatz zu den Linkskurven, wo die Kraftfahrer etwa 18% der Gesamtzeit die rechte Seite des Sehfeldes fixieren, wird die linke Seite des Sehfeldes in Rechtskurven nur 9% der gesamten Blickzeit fixiert. Trotz stärkerer Konzentration an Fixationen auf der linken Seite streut der Blick in Linkskurven auf den beiden Seiten der Hauptblickachse gleichermaßen und die Informationsaufnahme erfolgt dementsprechend aus der gesamten Fahrbahn. Wegen der großen Streuung der Fixationsstellen über die gesamte Straßenbreite in Linkskurven ist der PRCWert kleiner als der in Rechtskurven. Es wird festgestellt, dass die Unfallkennzahlen in Kurven mit Radien unter 1500 m deutlich ansteigen. Die Veränderungen im Blickverhalten über und unter diesem Radius lassen die folgenden Schlussfolgerungen ableiten. Die Standardabweichung des Blicks und der Zeitanteil der Fixationen werden durch den Kurvenradius nicht beeinflusst. Anhand der anderen Blickverhaltensmaße werden eine deutlich zunehmende Konzentration des

146

Blickes und eine klar ausgeprägte Einengung des Blickfeldes bei den gefährlichen Kurven mit Radien unter 1500 m, festgestellt. Im Bereich der gefährlichen Kurvenradien wird der Blick vermehrt in Richtung Fluchtpunkt der Straße gerichtet. Es sind also deutliche Unterschiede zwischen dem Blickverhalten in Kurven mit hohem und mit niedrigem Unfallgeschehen erkennbar. Angesichts dieser Ergebnisse kann für den Entwurf von Autobahnen die Anwendung von Kurvenradien über 1500 m empfohlen werden. Für die Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Unfallauffälligkeit von Streckenabschnitten und Blickverhalten wurden noch zwei weitere Untersuchungsansätze angewandt. Die Links- und Rechtskurven wurden nach eigenen Kriterien, die zum Teil auf den Kriterien des ISK (GDV 2000) für Erkennen von Unfallhäufungsstellen beruhen, in "gefährlich“ und „ungefährlich“ unterteilt. Bei der Betrachtung des Blickverhaltens auf vier Kurven ähnlicher Lageplangeometrie stellte sich heraus, dass die Verteilung der Fixationen in Rechtskurven nicht von der Unfallauffälligkeit, sondern nur von der Kurvenrichtung abhängig ist. Im Gegenteil sind unterschiedliche Blickverhaltensweisen zwischen den gefährlichen und ungefährlichen Linkskurven eindeutig zu erkennen. Während in der gefährlichen Linkskurve 70,2% der Fixationen links und 29,8% rechts von der Hauptblickachse gelangen, ist die Anzahl der Fixationen in der ungefährlichen Linkskurve auf den beiden Seiten der Hauptblickachse nahezu gleich. Bei Betrachtung aller Kurven konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass der Blick in den Rechtskurven deutlich konzentrierter als der in den Linkskurven ist. Unfallauffällige Kurven erfordern im Allgemeinen eine höhere Konzentration des Blicks und eine häufige Blickzuwendung zum Fluchtpunkt der Straße, wobei diese Konzentration am stärksten in den gefährlichen Rechtskurven ausgeprägt ist. Durch eine Unterteilung der Untersuchungsstrecke in gefährlichen und ungefährlichen Abschnitte anhand des Sicherheitspotenzials wird wieder bestätigt, dass bei unterschiedlich unfallbelasteten Streckenabschnitten auch ein unterschiedliches Blickverhalten zu beobachten ist. Verglichen mit den unfallfreien Streckenabschnitten ergibt sich in den stark unfallbelasteten Abschnitten eine höhere Beanspruchung des Kraftfahrers, die sich in einer aufmerksamen Blickverhaltensweise und einer häufigeren Zuwendung der Augen zum Bereich um den Fluchtpunkt der Straße ausdrückt. Die in dieser Untersuchung vorgeschlagenen Verfahren zur Analyse der Zusammenhänge zwischen Blickverhalten, Streckencharakteristik und Verkehrssicherheit auf Autobahnen erweisen sich als sinnvoll und gut geeignet. Da auf Autobahnen diese Zusammenhänge bisher noch nicht untersucht worden sind, besteht ein Bedarf an weiterer Forschung auf mehreren Autobahnen und auf einer umfangreicheren statistischen Datenbasis.

147

6

Zusammenfassung

Hauptziel der Untersuchung war es, zum einen die Einflüsse ausgewählter streckencharakteristischer Parameter auf das Fahrverhalten und das Unfallgeschehen zu überprüfen und zu interpretieren, und zum anderen die Zusammenhänge zwischen Blickverhalten von Kraftfahrern, Lageplangeometrie, vorhandener Sichtweite und Verkehrssicherheit auf Autobahnen zu untersuchen und zu analysieren. In der Literatur sind solche Untersuchungen zum Blick- und Wahrnehmungsverhalten auf Autobahnen noch nicht vorhanden. Als Untersuchungsstrecke wurde die Bundesautobahn A72 zwischen Hof und Chemnitz ausgewählt, die eine der ältesten Bundesautobahnen Deutschlands ist und ein überdurchschnittlich hohes Unfallaufkommen, insbesondere in Fahrtrichtung Chemnitz, aufweist. Ihre ursprüngliche Linienführung aus den dreißiger Jahren wurde bei dem Ausbau weitestgehend beibehalten und die Trassierung in Lage- und Höhenplan wurde nur in geringem Maße verbessert. Es lagen viele Kurven mit kleinen Radien vor, an denen keine Klothoiden angeschlossen waren. Die gesamte Untersuchungsstrecke betrug 56,0 km in jeder Fahrtrichtung. Somit war diese Autobahn für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung besonders gut geeignet. Eine wichtige Voraussetzung für die zu untersuchenden Zusammenhänge war die Berechnung der auf der gesamten Autobahn vorhandenen Sichtweite. Da ihre messtechnische Erfassung auf der Autobahn mit vielen erschwerenden Umständen verbunden war, wurde die vorhandene Sichtweite über die gesamte Untersuchungsstrecke mithilfe des Programms CARD/1 berechnet und anschließend in Sichtweitenbänder zusammen mit der erforderlichen Haltesichtweite grafisch dargestellt. Zur Ermittlung der Geschwindigkeiten frei fahrender Pkw wurden auf der gesamten Autobahn jeweils 12 Verfolgungsfahrten in Hin- und Rückrichtung bei freiem Verkehrsfluss durchgeführt. Aus Zeit- und Kostengründen war die Erfassung von mehreren verfolgten Fahrzeugen nicht möglich. Um zu überprüfen, ob sich das Geschwindigkeitsverhalten des Kollektivs der Verfolgungsfahrten in die Grundgesamtheit des Geschwindigkeitsverhaltens eines größeren Kollektivs einordnet, wurden zum Vergleich Querschnittsmessungen an ausgewählten Standorten auf der Autobahn durchgeführt. Nach Abschluss der Verfolgungsfahrten lagen insgesamt 1344 gefahrene Fahrzeugkilometer vor. Für die Berechnung der Unfallkennzahlen wurden von den Dreijahreskarten nur die Fahrunfälle (Unfalltyp 1) und die Unfälle im Längsverkehr (Unfalltyp 6) betrachtet. Die Unfallhäufungsstellen wurden aus den 3-Jahreskarten sowohl anhand der Unfälle mit Personenschaden, als auch mit schwerem Personenschaden ermittelt, wobei die von ISK (GDV, 2000) festgelegten Grenzwerte dafür verwendet wurden. Für die Analyse der Verkehrssicherheit auf Streckenabschnitten wurde noch das Sicherheitspotenzial nach ESN (FGSV, 2003) in die Untersuchung herangezogen. Dabei wurde eine Abschnittsbildung einerseits auf Grund der Netzstruktur und andererseits auf Grund des Unfallgeschehens vorgenommen. Anhand des Sicherheitspotenzials wurden die stark unfallbelasteten Abschnitte von den unfallfreien klar getrennt. Damit ein größeres Unfallkollektiv umfasst werden konnte, kamen zur Berechnung des Sicherheitspotenzials die Unfälle aus einem längeren Zeitraum von fünf Jahren (1999 - 2003) in Betracht. Solche Verlängerung des Betrachtungszeitraums wird in ESN (FGSV, 2003) für besonders wichtige Abschnitte empfohlen. Aus den Untersuchungsergebnissen ergab sich, dass die Parameter Sichtweite und Längsneigung das Fahrverhalten der Kraftfahrer beeinflussen. Eine stetige Erhöhung der 85%-Geschwindigkeiten wird nur bis zu einer Sichtweite von 450 m beobachtet. An Steigungsstrecken nimmt die Geschwindigkeit V85 mit zunehmender Längsneigung eindeutig

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ab. Hingegen konnte festgestellt werden, dass lediglich der Kurvenradius und die Kurvigkeit eine Auswirkung auf das Verkehrsunfallgeschehen haben. Kurven mit Radien kleiner 1500 m erweisen sich als doppelt so gefährlich wie Kurven mit größeren Radien. Um eine Blickverhaltensanalyse durchzuführen, wurde das Blickverhalten von Probanden in Realfahrten mithilfe eines hochgenauen Messsystems vom Typ SmartEye Pro erfasst. Bei der Untersuchung des Blickverhaltens wurden von allen in der Literatur vorhandenen zahlreichen Blickmaßen nur diejenigen verwendet, die in Bezug auf die Untersuchungsziele relevant waren. Zunächst wurden die Unterschiede im Blickverhalten der Fahrer zwischen geraden Streckenabschnitten und Kurven und zwischen Links- und Rechtskurven in Abhängigkeit von der vorhandenen Sichtweite erforscht. Aus wahrnehmungspsychologischer Sicht wurde eine plausible obere Grenze der vorhandenen Sichtweite von 500 m festgelegt. Anhand der kritischen Änderungen im Blickverhalten der Fahrer bei unterschiedlichen Sichtweiten wurde die Einhaltung einer Mindestsichtweite von 350 m für Geraden und Kurven empfohlen. Anhand der lateralen Fixationsverteilungen, der mittleren Fixationspositionen und der Standardabweichungen der Blickwinkel konnten in Geraden, Links- und Rechtskurven typische Blickmuster festgestellt werden. Durch die höhere Konzentration des Blickes um den Fluchtpunkt der Straße und die Einengung des Blickfeldes bei Kurven mit Radien unter 1500 m, die sich als deutlich gefährlicher als Kurven mit größeren Radien erwiesen, wurden eine eindeutige Aufmerksamkeitserhöhung und eine steigende Beanspruchung der Kraftfahrer festgestellt. Angesichts dieser Tatsachen wurde für den Entwurf von Autobahnen die Anwendung von Kurvenradien über 1500 m empfohlen. Der Vergleich zwischen dem Blickverhalten auf Autobahnen und Landstraßen zeigte, dass eine höhere Blickkonzentration um den Fluchtpunkt der Straße und dadurch eine höhere Beanspruchung auf Landstraßen vorliegt. Nach eigenen Kriterien, die zum Teil auf den Grenzwerten zur Bestimmung von Unfallhäufungsstellen beruhen, wurden die Links- und Rechtskurven in "gefährlich“ und „ungefährlich“ unterteilt. Durch diesen Untersuchungsansatz konnte nachgewiesen werden, dass unfallauffällige Kurven eine häufige Blickzuwendung zum Fluchtpunkt der Straße erfordern und die Fahrer stärker beanspruchen. Das Blickverhalten in Rechtskurven charakterisiert sich durch höhere Konzentration und kleinere Streuungen des Blicks im Vergleich zu Linkskurven. Das Blickverhalten wurde noch in den anhand des Sicherheitspotenzials definierten gefährlichen und ungefährlichen Abschnitten untersucht. Auch mithilfe dieses Untersuchungsansatzes konnte bekräftigt werden, dass unfallauffällige Streckenabschnitte Änderungen im Blickverhalten der Fahrer hervorrufen. In den stark unfallbelasteten Streckenabschnitten weisen die Blickverhaltensmaße wieder auf eine erhöhte Aufmerksamkeit und auf eine höhere Beanspruchung des Kraftfahrers hin. Das Blickverhalten der Kraftfahrer ist also ein Parameter, der sehr empfindlich auf Einflüsse der Lageplangeometrie und der Sichtweite reagiert. Durch die Analyse unterschiedlicher Blickmaße und deren Änderungen lässt sich der Regelkreis Fahrer-FahrzeugStraße um den bisher wenig erforschten psychophysiologischen Aspekt ergänzen.

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30+725 – 38+292

38+292 – 46+167

46+167 – 52+802

52+802 – 62+775

62+775 – 74+093

AS Plauen-Süd – AS PlauenOst

AS Plauen-Ost – AS Treuen

AS Treuen – AS Reichenbach

AS Reichenbach – AS Zwickau-West

AS ZwickauWest – AS Zwickau-Ost

3

4

5

6

7

11,318

9,973

6,635

7,875

7,567

5,217

9,775

km

Länge

800 ≤ R ≤ 3000

900 ≤ R ≤ 2000

850 ≤ R ≤ 1650

1000 ≤ R ≤ 3000

862 ≤ R ≤ 4500

850 ≤ R ≤ 5000

900 ≤ R ≤ 1500

Kurvenradius [m]

77 ≤ LG ≤ 1348

136 ≤ LG ≤ 1801

52 ≤ LG ≤ 577

60 ≤ LG ≤ 1178

301 ≤ LG ≤ 1372

249 ≤ LG ≤ 685

149 ≤ LG ≤ 737

Geradenlänge [m]

Lageplan

-4,1 ≤ s ≤ +3,3

-1,8 ≤ s ≤ +3,9

-4,6 ≤ s ≤ +4,9

-3,2 ≤ s ≤ +4,9

-5,6 ≤ s ≤ +4,8

-7,0 ≤ s ≤ +5,3

-5,2 ≤ s ≤ +5,3

Längsneigung [%]

Zusammenstellung der Messstrecken auf der Autobahn A72

25+508 – 30+725

AS Pirk – AS Plauen-Süd

2

Anhang I-1:

15+733 – 25+508

Landesgrenze Bayern/Sachsen – AS Pirk

1

von - bis

Abschnitt

Stationierung

12000 ≤ HK ≤ 20000

10800 ≤ HK ≤ 30000

11500 ≤ HK ≤ 22500

11000 ≤ HK ≤ 13000

8000 ≤ HK ≤ 20000

9000 ≤ HK ≤ 114700

9000 ≤ HK ≤ 90000

Kuppenhalbmesser [m]

Höhenplan

7500 ≤ HW ≤ 16000

7500 ≤ HW ≤ 30000

4500 ≤ HW ≤ 18500

6500 ≤ HW ≤ 10000

4000 ≤ HW ≤ 13000

4000 ≤ HW ≤ 6310

4000 ≤ HW ≤ 12500

Wannenhalbmesser [m]

Zusammenstellung der Messstrecken und vorhandene Regelquerschnitte

Nr.

I Anhang

RQ 29 (modifiziert)

RQ 29 (modifiziert)

RQ 29 (modifiziert)

RQ 29 (modifiziert)

RQ 26

RQ 26

RQ 26

Regelquerschnitt

7,50

7,50

7,50

7,50

7,00

7,00

7,00

Fahrbahnbreite [m]

Querschnitt

I

II

Anhang I-1:

Regelquerschnitt RQ 26: Landesgrenze Bayern/Sachsen – AS Plauen-Ost

Anhang I-2:

Modifizierter Regelquerschnitt RQ 29: Plauen-Ost – Zwickau-Ost

Anhang II-1:

Beispiel eines Sichtweitenbandes in Fahrtrichtung Chemnitz

II Anhang Streckengeometrie, Sichtweiten und Geschwindigkeiten

III

Anhang II-2:

Beispiel eines Sichtweitenbandes in Fahrtrichtung Hof

IV

V

Sichtweitenunterschreitung 40,00

37,32 35,12

35,5434,84

35,00

33,31

relative Häufigkeit [%]

30,00

27,73 25,33

25,00 20,00

20,37 18,33

17,12 14,74

15,00

13,84 11,51 9,55

10,00 5,00 0,00 1.Landesgrenz 2.Pirk-Plauen e-Pirk Süd

3.Plauen SüdPlauen Ost

4.Plauen OstTreuen

5.Treuen6.Reichenbach- 7.Zwickau Reichenbach Zwickau West West-Zwickau Ost

Abschnitt Sichtweitenunterschreitung Hof - Chemnitz

Anhang II-3:

Prozentuale Unterschreitung der erforderlichen Haltesichtweite in den einzelnen Teilabschnitte

10000

37.7%

32%

8000

6000

21.2% 14.8%

16%

4000

10.2%

8.3%

8%

250

300

350

400

2000

0

450

500

vorhandene Sichtweite [m]

Relative Häufigkeitsverteilung (links) und Summenhäufigkeit (rechts) der vorhandenen Sichtweiten (≤ 500 m) auf der A72

280

300

320

340

360

380

erforderliche Haltesichtweite [m]

Anhang II-5:

400

420

0

erforderliche Haltesichtweite [m]

Verteilung der erforderlichen Sichtweite (links) und Summenhäufigkeit (rechts) auf der A72 in den beiden Fahrtrichtungen

400

260

390

240

0.3% 0.0%

380

0%

1000

1.4%

0.3%

370

2000

4%

360

9%

350

3000

9.0%

340

13%

330

4000

13.9%

320

18%

310

5000

19.5%

290

6000

25.5%

22%

280

27%

7000

270

30.0%

Summenhäufigkeit [%]

relative Häufigkeit [%]

31%

100 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 260

8000

250

36%

240

Anhang II-4:

vorhandene Sichtweite [m]

300

0% 200

7.8%

100 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370 380 390 400 410 420 430 440 450 460 470 480 490 500

24%

Summenhäufigkeit [%]

relative Häufigkeit [%]

40%

Sichtweitenunterschreitung Chemnitz - Hof

VI

170 160 150 140 130

Geschwindigkeit [km/h]

120

Messquerschnitt 1

110

Vzul = 130 km/h

100 90 80 70 60 50 40 30

R=1000

20

R=800

R=1000

R=1700

R=800

R=3000

10

R=1000

-30

70+775

69+775

68+775

67+775

66+775

65+775

64+775

63+775

-20

62+775

0 -10

R=1000

R=1200

-40

Krümmung

Anhang II-6:

V85

V50

V15

170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90

Geschwindigkeitsdifferenz [km/h]

180

170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90

Geschwindigkeitsdifferenz [km/h]

AS Zwickau-West - AS Zwickau-Ost

V85-V15

Geschwindigkeitsprofile und Messquerschnitt am km 67+832 AS Plauen-Süd - AS Plauen-Ost

180 170 160 150 140 130

Geschwindigkeit [km/h]

120 110

Vzul = 130 km/h

100 90 80

Messquerschnitt 2

70

Messquerschnitt 3

60 50 40 30

R=862

R=1000

R=955

20 10

R=4500

-30

R=850

R=948

-40

Krümmung

Anhang II-7:

V85

V50

V15

37+725

36+725

35+725

34+725

33+725

R=2010

32+725

-20

31+725

-10

30+725

0

V85-V15

Geschwindigkeitsprofile und Messquerschnitte am km 37+023 und 31+930

VII

Querschnittsmesung am km 67+832 in Fahrtrichtung Chemnitz 40 35 30 25 20 15 10 5

Anhang II-8:

170-175

165-170

160-165

155-160

150-155

145-150

140-145

135-140

130-135

125-130

120-125

115-120

110-115

105-110

100-105

95-100

90-95

0

Beispiel einer Normalverteilung der Geschwindigkeiten aus den Querschnittsmessungen am km 67+832 in Richtung Chemnitz

100

100

90

90

80

80 Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

VIII

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 80

90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

80

90

100

110

120

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Verfolgungsfahrt

150

160

170

180

190

200

Verfolgungsfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten am km 67+832 in Richtung Chemnitz (links) und in Richtung Hof (rechts)

100

100

90

90

80

80

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

80

90

100

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Anhang II-10:

110

120

130

140

150

160

170

180

Geschwindigkeit [km/h]

Verfolgungsfahrt

Qerschnittsmessung

Verfolgungsfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten am km 37+023 in Richtung Chemnitz (links) und in Richtung Hof (rechts)

100

100

90

90

80

80 Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

140

Qerschnittsmessung

Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

Anhang II-9:

130

Geschwindigkeit [km/h]

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 90

100

110

120

130

140

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Anhang II-11:

Verfolgungsfahrt

150

160

90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Verfolgungsfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Verfolgungsfahrten am km 31+930 in Richtung Chemnitz (links) und in Richtung Hof (rechts)

100

100

90

90

80

80 Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

IX

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 80

90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

80

90

100

110

120

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Einsatzfahrt

150

160

170

180

190

200

Einsatzfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Einsatzfahrten am km 67+832 in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts)

100

100

90

90

80

80

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

80

90

100

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Anhang II-13:

110

120

130

140

150

160

170

180

Geschwindigkeit [km/h]

Einsatzfahrt

Qerschnittsmessung

Einsatzfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Einsatzfahrten am km 37+023 in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts)

100

100

90

90

80

80 Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

140

Qerschnittsmessung

Summenhäufigkeit [%]

Summenhäufigkeit [%]

Anhang II-12:

130

Geschwindigkeit [km/h]

70 60 50 40 30

70 60 50 40 30

20

20

10

10

0

0 90

100

110

120

130

140

150

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Anhang II-14:

Einsatzfahrt

160

170

180

90

100

110

120

130

140

150

160

170

180

Geschwindigkeit [km/h] Qerschnittsmessung

Einsatzfahrt

Summenhäufigkeiten der Geschwindigkeiten aus Querschnittsmessungen und Einsatzfahrten am km 31+930 in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts)

X

20

21% 20%

18

18%

16

Relative Häufigkeit [%]

20%

14

13%

12 10 8

7%

6 4 2

1% 0%

0 -6

-4

-2

0

2

4

6

Längsneigung [%] Längsneigungen 60.0

relative Häufigkeit [%]

50.0

40.0

30.0

20.0

10.0

0.0

< -4%

-4% bis -2%

1.Landesgrenze-Pirk 4.Plauen Ost-Treuen 7.Zwickau West-Zwickau Ost

Anhang II-15:

-2% bis 0%

0% bis 2%

2.Pirk-Plauen Süd 5.Treuen-Reichenbach

2% bis 4%

> 4%

3.Plauen Süd-Plauen Ost 6.Reichenbach-Zwickau West

Häufigkeitsverteilung der Längsneigungen der Gradiente auf der gesamten Autobahn (oben) und in den sieben Teilabschnitten (unten)

XI

III Anhang Darstellung des Unfallgeschehens

Anhang III-1:

Straßenverkehrsunfälle nach BASt (2006) Beide Richtungen

44.1%

43.9%

Relative Häufigkeit [%]

40%

Beide Richtungen

800

30%

700

27%

600

35%

500

29%

400

23%

300

17% 12%

10.3%

200

500

26.2%

450

23.3%

24%

Relative Häufigkeit [%]

46%

20.4%

21%

350

18%

300

14.8%

15%

250

12% 9%

200

8.5%

150

6%

100

6% 0%

1

0.2%

1.0%

2

3

0.1%

0.5%

4

5

Unfalltyp

Anhang III-2:

6

7

0

400

100

3.3%

3%

2.5%

50

0.8% 0.2% 0.1%

0% 0

1

2

3

4

5

6

0 7

8

9

Unfallart

Verteilung der Unfalltypen (links) und Unfallarten (rechts) auf der Autobahn A72 in dem Zeitraum von 01.01.1995 bis 31.12.2003

XII

14% 13%

240

12.9% 11.3% 11.5% 11.3%

200

10.5%

11% Relative Häufigkeit [%]

220

12.4% 12.5%

12%

180

9.7%

10%

160

8%

140

7.9%

7%

120

6%

100

5%

80

4%

60

2%

40

1%

20

0%

0

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Jahr

Anhang III-3:

Verteilung der Unfälle über die Jahre von 1995 bis 2003

Lichtverhältnisse Tageslicht Dämmerung Dunkelheit

40%

Straßenzustand trocken nass winterglatt

50%

relative Häufigkeit [%]

relative Häufigkeit [%]

40% 30%

20%

30%

20%

10% 10%

0%

0% 1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

1995

1996

1997

Jahr

Anhang III-4:

1998

1999

2000

2002

2003

Aufteilung der Unfälle nach Jahren und Lichtverhältnissen (links) bzw. Straßenzustand (rechts)

100

Fahrtrichtung Chemnitz Hof

Anzahl [-]

80

60

40

20

Monat

Aufteilung der Unfälle nach Monaten

Dezember

November

Oktober

September

August

Juli

Juni

Mai

April

März

Februar

Januar

0

Anhang III-5:

2001

Jahr

XIII

250

Fahrtrichtung Chemnitz Hof

Anzahl der Unfälle [-]

200

150

209

100

180 141 148

134

123

101

50

96

80

115

108

93

79

77

0 Sonntag

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

Samstag

Wochentag

i

Anhang III-6:

Richtungsgetrennte Verteilung der Unfälle über die Wochentage im Betrachtungszeitraum von 01.01.1995 bis 31.12.2003 Richtung Hof, sonntags

Richtung Hof, montags

15% 13.4%

13%

14% 11.2%

Relative Häufigkeit [%]

9.0% 8.2% 7.5%

7%

7.5%

6% 4.5%

4%

12.2%

12%

10% 9%

14.9%

15%

11.9%

12%

Relative Häufigkeit [%]

16%

14.2%

4.5%

4.5%

11.5%

11.5%

11%

10.1%

9%

8.8%

8%

7.4% 6.8%

7% 5%

6.8%

4.7%

4% 3%

2.2%

3%

1%

2.0%

0%

0% 0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

24

0

2

4

6

8

10

Stunde

Anhang III-7:

12

14

16

20

22

24

Verteilung der Unfälle sonntags und montags in Fahrtrichtung Hof Richtung Chemnitz, freitags

Richtung Chemnitz, samstags 14%

13.9%

13%

16.7%

17%

12.2%

12% 14.4%

11%

Relative Häufigkeit [%]

14.8% 14%

12.4% 12% 10% 8.1% 7%

18

Stunde

19%

Relative Häufigkeit [%]

2.0%

1%

7.7%

6.7% 5.7% 4.8%

5%

10.0%

10% 9%

9.4%

10.0%

9.4%

8.3%

8% 6.7%

7% 6% 4.4%

4%

4.4%

3.9%

3%

2%

2.2%

2%

1.9%

1.4%

1.4%

1%

0%

0% 0

2

4

6

8

10

12

Stunde

Anhang III-8:

14

16

18

20

22

24

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

Stunde

Verteilung der Unfälle freitags und samstags in Fahrtrichtung Chemnitz

24

XIV

Unfallkostensätze (WU) in Richtung Chemnitz 1999 - 2003 400000

350000

366762

350000

315000 300000

315000

265314

300000 250000 200000 145422

150000 105000 100000 50000

31000

Unfallkostenätze [€/U]

250000 200000 150000 105000

50000

31863

0

31000

32309

0

WUa(SP)

WUa(LV)

pauschale Unfallkostensätze

WUa(P)

WUa(SP)

angepasste Unfallkostensätze

UK(P,SS) in Richtung Hof 1999 - 2003 10000000

9000000

9000000

8000000

8000000

7000000

7000000

4000000 3000000

Zwickau West-Zwickau Ost

Plauen SüdPlauen Ost

ReichenbachZwickau West

0 TreuenReichenbach

1000000

0 Plauen OstTreuen

2000000

1000000 Pirk-Plauen Süd

2000000

Abschnitt pauschale UK(P,SS) nach ESN

angepasste UK(P,SS) nach Merkblatt

Zwickau West-Zwickau Ost

3000000

5000000

ReichenbachZwickau West

4000000

6000000

TreuenReichenbach

5000000

Plauen OstTreuen

6000000

LG-Pirk

Unfallkosten [€]

10000000

LG-Pirk

WUa(P)

angepasste Unfallkostensätze

Unfallkostensätze (WU) in Fahrtrichtung Chemnitz (links) und Hof (rechts)

UK(P,SS) in Richtung Chemnitz 1999 - 2003

Anhang III-10:

WUa(LV)

pauschale Unfallkostensätze

Plauen SüdPlauen Ost

Anhang III-9:

Unfallkosten [€]

117523

100000

Pirk-Plauen Süd

Unfallkostenätze [€/U]

Unfallkostensätze (WU) in Richtung Hof 1999 - 2003

Abschnitt pauschale UK(P,SS) nach ESN

angepasste UK(P,SS) nach Merkblatt

Vergleich zwischen den pauschalen Unfallkosten der Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden und den angepassten Unfallkosten in den einzelnen Teilabschnitten in Richtung Chemnitz (links) und Hof (rechts) im Untersuchungszeitraum von 1999 bis 2003

XV

Angepasste Unfallkosten (SP) aus den beiden Fahrtrichtungen

7335240 8000000

5868192

6234954

6234954 5134668

5000000

3714396

2934096

4000000

2653140

3449082

2653140

3000000

2918454

2653140

Zwickau WestZwickau Ost

4401144

6000000

ReichenbachZwickau West

Unfallkosten [€]

7000000

1591884

2000000 1000000

angepasste UK(SP) in Richtung Hof

Anhang III-11:

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

LG-Pirk

Pirk-Plauen Süd

0

angepasste UK(SP) in Richtung Chemnitz

Richtungsbezogener Vergleich zwischen den Unfallkosten der Unfälle mit schwerem Personenschaden in den einzelnen Teilstrecken UKR(P,SS)

Unfallkostenrate [€/(1000 Kfz*km)]

35

32

31 30

26

25

25

23 20

20

20 17

18

19

15

12

11

9

10

11

5

aUKR in Richtung Chemnitz

Anhang III-12:

Zwickau WestZwickau Ost

ReichenbachZwickau West

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

Pirk-Plauen Süd

LG-Pirk

0

aUKR in Richtung Hof

Vergleich zwischen den angepassten Unfallkostenraten der Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden in den einzelnen Teilabschnitten in Richtung Chemnitz und Hof

XVI

Unfallkostendichten in Fahrtrichtung Hof

Unfallkostendichten in Fahrtrichtung Chemnitz

160

141

140

67

67

86

86

86

76

60 40

76

69

87

87

76

76

20 0

gUKD

Anhang III-13:

LG-Pirk

Zwickau WestZwickau Ost

ReichenbachZwickau West

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

Pirk-Plauen Süd

LG-Pirk

0

gUKD

aUKD

aUKD

Vergleich zwischen Grundunfallkostendichten und angepassten Unfallkostendichten in den einzelnen Teilabschnitten in Fahrtrichtung Chemnitz (links) und Hof (rechts)

Unfallrate (P)

Unfalldichte (SP) 0.60

0.25

0.51

0.12 0.10

0.15

0.14 0.11

0.11

0.08

0.10 0.09

0.07 0.05 0.05

0.41 0.40

0.41

0.38 0.31

0.39 0.28

0.30

0.20 0.20

0.38

0.36 0.32 0.22

0.22

Zwickau WestZwickau Ost

0.14

0.15

0.50

0.19

0.18

ReichenbachZwickau West

0.18

0.16

0.10

UR(P) Fahrtrichtung Chemnitz

Anhang III-14:

UR(P) Fahrtrichtung Hof

UD(SP) Fahrtrichtung Chemnitz

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

Pirk-Plauen Süd

Zwickau WestZwickau Ost

ReichenbachZwickau West

TreuenReichenbach

Plauen OstTreuen

Plauen SüdPlauen Ost

Pirk-Plauen Süd

0.00

LG-Pirk

0.00

LG-Pirk

0.20

Unfalldichte [U/(km*a)]

Unfallrate [U/(1000000*Kfz*km)]

87 69

Pirk-Plauen Süd

50

86

80

TreuenReichenbach

100

77

73

70

100

Plauen OstTreuen

133

133

127

Plauen SüdPlauen Ost

157

151

150

120

182

179

1000 €/(km.a)

1000 €/(km.a)

188

Zwickau WestZwickau Ost

248

200

ReichenbachZwickau West

250

UD(SP) Fahrtrichtung Hof

Unfallraten der Unfälle mit Personenschaden (links) und Unfalldichten der Unfälle mit schwerem Personenschaden (rechts) in den Teilabschnitten aus beiden Fahrtrichtungen

71700

62775

52802

9

10

7

8

8

5

10

18947

18947

21487

21487

21487

16713

16713

[Kfz/24h]

DTV

22000

28750

28250

32000

24500

25235

27440

[Kfz/24h]

pDTV (2015)

17

14

17

16

12

8

20

-

U(SP)

30

21

33

19

29

21

35

-

U(LV)

51

44

50

30

33

18

40

-

U(SS)

98

79

100

65

74

47

95

-

Unfälle

315000

315000

315000

315000

315000

315000

315000

[€/U]

WU(SP)

31000

31000

31000

31000

31000

31000

31000

[€/U]

WU(LV)

62775

52802

46167

38292

30725

25508

71700

62775

52802

46167

38292

30725

25508

-

-

15733

bis

von

9

10

7

8

8

5

10

[km]

Länge

18947

18947

21487

21487

21487

16713

16713

[Kfz/24h]

DTV

22000

28750

28250

32000

24500

25235

27440

[Kfz/24h]

pDTV (2015)

17

14

17

16

12

8

20

-

U(SP)

30

21

33

19

29

21

35

-

U(LV)

51

44

50

30

33

18

40

-

U(SS)

98

79

100

65

74

47

95

-

Unfälle

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

[€/U]

WU(SP)

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

[€/U]

WU(LV)

Angepasste Unfallkosten in Fahrtrichtung Chemnitz in dem Zeitraum von 1999 bis 2003

Plauen OstTreuen TreuenReichenbach ReichenbachZwickau West Zwickau WestZwickau Ost

Pirk-Plauen Süd Plauen SüdPlauen Ost

LG-Pirk

62775

52802

46167

46167

38292

30725

25508

[km]

Länge

Pauschale Unfallkosten in Fahrtrichtung Chemnitz in dem Zeitraum von 1999 bis 2003

Abschnitt

Anhang III-16:

7

6

5

4

3

2

1

Nr.

Anhang III-15:

7

6

5

38292

30725

Plauen SüdPlauen Ost

3

Plauen OstTreuen TreuenReichenbach ReichenbachZwickau West Zwickau WestZwickau Ost

25508

2

4

15733

-

-

Pirk-Plauen Süd

bis

von

LG-Pirk

Abschnitt

1

Nr.

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU(SS)

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU(SS)

1438169

1160758

1457287

1294718

1065034

720644

1690089

[€/a]

UKa(P)

1257000

1012200

1275600

1125800

935800

634200

1477000

[€/a]

UKa(P)

188700

162800

185000

111000

122100

66600

148000

[€/a]

UKa(SS)

188700

162800

185000

111000

122100

66600

148000

[€/a]

UKa(SS)

1626869

1323558

1642287

1405718

1187134

787244

1838089

[€/a]

UKa(P,SS)

1445700

1175000

1460600

1236800

1057900

700800

1625000

[€/a]

UKa(P,SS)

8134344

6617791

8211433

7028589

5935671

3936219

9190445

[€]

UK(P,SS)

7228500

5875000

7303000

6184000

5289500

3504000

8125000

[€]

UK(P,SS)

XVII

Anhang III-18:

7

6

5

9

10

7

8

8

5

10

18989

18989

21594

21594

21594

17109

17109

[Kfz/24h]

DTV

22000

28750

28250

32000

24500

26265

28560

[Kfz/24h]

pDTV (2015)

10

11

13

14

6

10

10

-

U(SP)

6

21

16

31

19

10

11

-

U(LV)

32

37

38

28

31

18

23

-

U(SS)

48

69

67

73

56

38

44

-

Unfälle

315000

315000

315000

315000

315000

315000

315000

[€/U]

WU(SP)

71700

62775

52802

46167

38292

30725

9

10

7

8

8

5

10

[km]

Länge

18989

18989

21594

21594

21594

17109

17109

[Kfz/24h]

DTV

22000

28750

28250

32000

24500

26265

28560

[Kfz/24h]

pDTV (2015)

10

11

13

14

6

10

10

-

U(SP)

6

21

16

31

19

10

11

-

U(LV)

32

37

38

28

31

18

23

-

U(SS)

48

69

67

73

56

38

44

-

Unfälle

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

[€/U]

WU(SP)

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

[€/U]

WU(LV)

31000

31000

31000

31000

31000

31000

31000

[€/U]

WU(LV)

Angepasste Unfallkosten in Fahrtrichtung Hof in dem Zeitraum von 1999 bis 2003

62775

52802

46167

38292

30725

Plauen SüdPlauen Ost

3

Plauen OstTreuen TreuenReichenbach ReichenbachZwickau West Zwickau WestZwickau Ost

25508

2

25508

-

-

15733

bis

von

Pirk-Plauen Süd

Abschnitt

LG-Pirk

4

71700

62775

52802

46167

38292

30725

25508

[km]

Länge

Pauschale Unfallkosten in Fahrtrichtung Hof in dem Zeitraum von 1999 bis 2003

62775

52802

46167

1

Nr.

Anhang III-17:

7

6

5

38292

30725

Plauen SüdPlauen Ost

3

Plauen OstTreuen TreuenReichenbach ReichenbachZwickau West Zwickau WestZwickau Ost

25508

2

4

15733

-

-

Pirk-Plauen Süd

bis

von

LG-Pirk

Abschnitt

1

Nr.

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU(SS)

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU(SS)

569399

719389

793205

943195

441151

595246

601708

[€/a]

UKa(P)

667200

823200

918200

1074200

495800

692000

698200

[€/a]

UKa(P)

118400

136900

140600

103600

114700

66600

85100

[€/a]

UKa(SS)

118400

136900

140600

103600

114700

66600

85100

[€/a]

UKa(SS)

687799

856289

933805

1046795

555851

661846

686808

[€/a]

UKa(P,SS)

785600

960100

1058800

1177800

610500

758600

783300

[€/a]

UKa(P,SS)

3438994

4281443

4669026

5233975

2779255

3309230

3434039

[€]

UK(P,SS)

3928000

4800500

5294000

5889000

3052500

3793000

3916500

[€]

UK(P,SS)

XVIII

XIX

Anhang III-19:

Unfälle mit Personen- und Sachschaden aus den 1-JK, 3-JK und 5-JK und grafische Darstellung des Sicherheitspotenzials eines Streckenabschnitts in Fahrtrichtung Chemnitz

XX

Anhang III-20:

Grafische Darstellung des Sicherheitspotenzials eines Streckenabschnitts mit hohem und niedrigem Unfallgeschehen in Richtung Chemnitz

XXI

Anhang III-21:

Grafische Darstellung des Sicherheitspotenzials eines Streckenabschnitts mit niedrigem Unfallgeschehen und punktuelle Unfallhäufung in Fahrtrichtung Hof

63300

65000

67400

68700

28

29

30

31

bis

71700

68700

67400

65000

63300

60200

58300

56600

53800

51300

50200

48900

48400

47000

45300

44600

42800

41000

38500

37200

35900

32200

31300

28100

27400

23100

22300

21600

21100

20500

17800

Anhang III-22:

60200

51300

23

58300

50200

22

27

48900

21

26

48400

20

53800

47000

19

56600

45300

18

25

44600

17

24

42800

16

37200

13

38500

35900

12

41000

32200

11

15

31300

10

14

28100

22300

6

9

21600

5

23100

21100

4

27400

20500

3

8

17800

7

15733

2

von

Station

1

Nr.

7

4

8

4

10

5

1

8

3

7

10

3

8

6

4

3

5

1

6

7

15

2

10

2

15

3

3

3

4

9

4

U (LV)

11

8

13

9

12

9

11

9

10

11

18

1

7

7

0

8

7

7

7

6

18

2

9

2

8

3

3

3

2

12

13

U (SS)

19

18

24

16

25

17

15

20

16

22

33

7

18

16

8

14

15

11

16

17

36

7

22

7

26

9

9

11

9

24

20

Gesamtanzahl Unfälle

3260

1553

926

742

688

745

666

748

819

1604

585

778

645

688

453

677

1782

957

789

787

769

624

1227

538

1429

491

1633

1167

493

593

[m]

mittlere Sicht weite

23.47

10.01

25.67

34.25

14.54

2.44

44.46

41.06

35.46

40.06

23.31

74.90

33.27

13.68

5.43

24.25

5.90

12.37

9.56

20.75

25.68

12.10

22.51

6.65

33.11

21.88

46.19

55.56

9.53

26.33

26.32

KU

3.00

1.30

2.40

1.70

3.10

1.90

1.70

2.80

2.50

1.10

1.30

0.50

1.40

1.70

0.70

1.80

1.80

2.50

1.30

1.30

3.70

0.90

3.20

0.70

4.30

0.80

0.70

0.50

0.60

2.70

2.07

[km]

Länge

18947

18947

18947

18947

18947

18947

18947

18947

20473

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

21487

17571

16713

16713

16713

16713

16713

16713

16713

16713

DTV

22000

22000

22000

22000

28750

28750

28750

28750

28250

28250

28250

28250

28250

32000

32000

32000

32000

32000

24500

24500

24500

24500

25235

25235

27440

27440

27440

27440

27440

27440

27440

pDTV (2015)

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

366762

[€/U]

WU (SP)

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

31863

[€/U]

WU (LV)

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU (SS)

117961

465605

271038

245548

283783

251920

226430

271038

239175

338018

430488

239175

271038

258293

318900

239175

251920

226430

258293

338018

315646

232802

283783

232802

315646

239175

239175

385880

245548

277411

245548

[€/a]

Uka (P)

40700

29600

48100

33300

44400

33300

40700

33300

37000

40700

66600

3700

25900

25900

0

29600

25900

25900

25900

22200

66600

7400

33300

7400

29600

11100

11100

11100

7400

44400

48100

[€/a]

Uka (SS)

158661

495205

319138

278848

328183

285220

267130

304338

276175

378718

497088

242875

296938

284193

318900

268775

277820

252330

284193

360218

382246

240202

317083

240202

345246

250275

250275

396980

252948

321811

293648

[€/a]

Uka (P,SS)

793303

2476024

1595690

1394238

1640916

1426101

1335649

1521690

1380875

1893589

2485440

1214375

1484690

1420964

1594500

1343875

1389101

1261649

1420964

1801089

1911231

1201012

1585416

1201012

1726231

1251375

1251375

1984899

1264738

1609053

1468238

[€]

UK (P,SS)

52.89

380.93

132.97

164.03

105.87

150.12

157.14

108.69

110.47

344.29

382.38

485.75

212.10

167.17

455.57

149.32

154.34

100.93

218.61

277.09

103.31

266.89

99.09

343.15

80.29

312.84

357.54

793.96

421.58

119.19

142.06

[1000 €/(km*a)]

UKD

76.07

76.07

76.07

76.07

76.07

76.07

76.07

76.07

82.20

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

86.27

70.55

67.10

67.10

67.10

67.10

67.10

67.10

67.10

67.10

[1000 €/(km*a)]

gUKD

-23.19

304.85

56.90

87.96

29.79

74.04

81.06

32.62

28.27

258.02

296.11

399.48

125.83

80.90

369.30

63.05

68.07

14.66

132.34

190.82

17.04

180.62

28.54

276.04

13.19

245.74

290.43

726.86

354.48

52.09

-26.92

353.98

66.07

102.13

45.21

112.35

123.00

49.50

39.01

339.23

389.30

525.22

165.43

120.49

549.99

93.90

101.38

21.84

150.90

217.58

19.43

205.95

40.99

416.80

21.65

403.47

476.84

1193.38

581.99

85.52

123.08

[1000 €/(km*a)]

[1000 €/(km* a)] 74.96

pSIPO

SIPO

Abschnitte auf Grund des Unfallgeschehens und Berechnung des Sicherheitspotenzials in Fahrtrichtung Chemnitz

1

6

3

3

3

3

3

3

3

4

5

3

3

3

4

3

3

3

3

4

3

3

3

3

3

3

3

5

3

3

3

U (SP)

Anzahl Unfälle

0.01

0.13

0.04

0.05

0.03

0.05

0.05

0.03

0.03

0.09

0.10

0.15

0.05

0.05

0.15

0.04

0.04

0.03

0.06

0.08

0.02

0.09

0.03

0.14

0.02

0.12

0.14

0.33

0.16

0.04

0.05

[U/(10 6*Kfz* km)]

UR (SP)

7.65

55.08

19.23

23.72

15.31

21.71

22.72

15.72

14.78

43.90

48.76

61.94

27.04

21.32

58.09

19.04

19.68

12.87

27.87

35.33

13.17

34.03

15.45

56.25

13.16

51.28

58.61

130.15

69.11

19.54

23.29

[€/(1000* Kfz*km)]

UKR (P,SS)

1.27

2.77

2.00

1.88

1.61

1.79

1.76

1.43

1.28

4.00

5.08

2.80

2.57

1.88

2.29

1.56

1.67

0.88

2.46

2.62

1.95

1.56

1.38

2.00

1.21

2.25

2.57

4.40

3.00

1.78

1.94

[U/(km*a)]

UD (P,SS)

XXII

41000

38500

35500

30500

29600

27600

22500

18900

12

13

14

15

16

17

18

19

15733

18900

22500

27600

29600

30500

35500

38500

41000

44400

48200

Anhang III-23:

44400

11

45500

47700

45500

9

48200

8

10

47700

51500

7

51500

52500

55500

55500

61800

4

61800

67000

52500

67000

3

6

70500

2

70500

bis

5

71700

von

Station

1

Nr.

4

0

8

1

4

15

5

10

8

5

7

1

5

5

10

7

5

0

0

U (LV)

6

7

16

3

1

21

11

8

6

5

3

3

12

6

11

18

13

13

5

U (SS)

13

10

27

7

8

40

19

23

17

15

13

7

20

14

24

28

21

16

7

Gesamtanzahl Unfälle

427

608

797

992

846

773

717

806

1307

415

652

1194

2316

981

762

999

607

1350

[m]

mittlere Sicht weite

31.57

25.37

31.82

16.74

14.71

26.70

13.13

12.37

13.86

11.24

18.38

28.25

41.76

47.71

25.23

27.14

27.13

14.60

25.68

KU

3.167

3.6

5.1

2

0.9

5

3

2.5

3.4

1.1

2.2

0.5

3.3

1

3

6.3

5.2

3.5

1.2

[km]

Länge

17109

17109

17109

17109

17109

21392

21594

21594

21594

21594

21594

21594

21594

21594

19251

18989

18989

18989

18989

DTV

28560

28560

26265

26265

26265

24500

24500

32000

32000

32000

28250

28250

28250

28250

28750

28750

22000

22000

22000

pDTV (2015)

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

265314

[€/U]

WU (SP)

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

32309

[€/U]

WU (LV)

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

18500

[€/U]

WU (SS)

185035.6

159188.4

210882.8

165650.2

185035.6

309178.2

191497.4

329932

210882.8

297623

204421

165650.2

191497.4

191497.4

223806.4

204421

191497.4

159188.4

106125.6

[€/a]

Uka (P)

22200

25900

59200

11100

3700

77700

40700

29600

22200

18500

11100

11100

44400

22200

40700

66600

48100

48100

18500

[€/a]

Uka (SS)

207235.6

185088.4

270082.8

176750.2

188735.6

386878.2

232197.4

359532

233082.8

316123

215521

176750.2

235897.4

213697.4

264506.4

271021

239597.4

207288.4

124625.6

[€/a]

Uka (P,SS)

1036178

925442

1350414

883751

943678

1934391

1160987

1797660

1165414

1580615

1077605

883751

1179487

1068487

1322532

1355105

1197987

1036442

623128

[€]

UK (P,SS)

65.44

51.41

52.96

88.38

209.71

77.38

77.40

143.81

68.55

287.38

97.96

353.50

71.48

213.70

88.17

43.02

46.08

59.23

68.69

68.69

68.69

68.69

68.69

85.89

86.70

86.70

86.70

86.70

86.70

86.70

86.70

86.70

77.29

76.24

76.24

76.24

76.24

-3.26

-17.28

-15.74

19.68

141.01

-8.51

-9.30

57.11

-18.15

200.68

11.26

266.80

-15.22

127.00

10.88

-33.22

-30.16

-17.02

27.61

-5.44

-28.84

-24.16

30.22

216.48

-9.75

-10.55

84.64

-26.89

297.39

14.74

349.04

-19.91

166.14

16.24

-50.30

-34.95

-19.71

31.99

[1000 €/(km*a)]

[1000 €/(km* a)]

[1000 €/(km*a) ]

[1000 €/(km* a)] 103.85

pSIPO

SIPO

gUKD

UKD

Abschnitte auf Grund des Unfallgeschehens und Berechnung des Sicherheitspotenzials in Fahrtrichtung Hof

3

3

3

3

3

4

3

5

3

5

3

3

3

3

3

3

3

3

2

U (SP)

Anzahl Unfälle

0.03

0.03

0.02

0.05

0.11

0.02

0.03

0.05

0.02

0.12

0.03

0.15

0.02

0.08

0.03

0.01

0.02

0.02

0.05

[U/(106* Kfz*km)]

UR (SP)

10.48

8.23

8.48

14.15

33.58

9.91

9.82

18.25

8.70

36.46

12.43

44.85

9.07

27.11

12.55

6.21

6.65

8.54

14.98

[€/(1000* Kfz*km)]

UKR (P,SS)

0.82

0.56

1.06

0.70

1.78

1.60

1.27

1.84

1.00

2.73

1.18

2.80

1.21

2.80

1.60

0.89

0.81

0.91

1.17

[U/(km*a) ]

UD (P,SS)

XXIII

XXIV

IV Anhang Blickverhalten

Anzahl der Fixationen in Kurven 100

180

90

160

80

140

70

Anzahl der Fixationen [-]

Anzahl der Fixationen [-]

Anzahl der Fixationen in Geraden 200

120 100 80

60 50 40

60

30

40

20

20

10 200-250

250-300

300-350

350-400

400-450

450-500

200-250

250-300

Sichtw eite [m]

Anhang IV-1:

350-400

400-450

450-500

Sichtw eite [m]

Verteilung der Anzahl der Fixationen in den Sichtweitenklassen in Geraden und Kurven

Index der räumlichen Dichte in Geraden

Index der räumlichen Dichte in Kurven

0.35

0.30

300-350

0.35

0.295

0.30

0.25

0.25

0.20

0.184

0.170 0.145

0.15

0.135

Feldindex [-]

Feldindex [-]

0.212 0.20

0.15

0.10

0.10

0.05

0.05

0.080

0.084 0.063

0.00

0.043

0.043

0.039

350-400

400-450

450-500

0.00 200-250

250-300

300-350

350-400

Sichtw eite [m]

Anhang IV-2:

400-450

450-500

200-250

250-300

300-350

Sichtw eite [m]

Verteilung des nicht normierten Feldindexes in Geraden und Kurven

XXV

Anhang IV-3:

Beispiel von Fixationsverteilungen von sechs Probanden auf einem Streckenabschnitt in Fahrtrichtung Chemnitz

XXVI

Anhang IV-4:

Beispiel von Fixationsverteilungen von sechs Probanden auf einem Streckenabschnitt in Fahrtrichtung Chemnitz (Fortsetzung)

XXVII

Gefährliche Rechtskurve von km 22+826 bis km 23+359 in Richtung Chemnitz R = 1000 m, L = 534 m 25

AnzFixL = 25 (17,9%) mittlere Fixationsdauer = 235 ms

20 15 10 5

23+400

23+350

23+300

23+250

23+200

23+150

23+100

23+050

23+000

22+950

22+900

-5 -10

22+850

0 22+800

Fixationsverteilung in horizontaler Richtung [°] (-) rechts, (+) links

30

-15 -20

AnzFixR = 115 (82,1%) mittlere Fixationsdauer = 290 ms

-25 -30

Proband 1

Anhang IV-5:

Proband 2

Proband 3

Proband 4

Proband 6

9.Messung

Verteilung der Fixationen von sechs Probanden in einer gefährlichen Rechtskurve in Fahrtrichtung Chemnitz

Gefährliche Linkskurve von km 21+121 bis km 21+741 in Richtung Chemnitz R = 1100 m, L = 624 m 25

AnzFixL = 127 (70,2%) mittlere Fixationsdauer = 277 ms

20 15 10 5

-15 -20 -25

AnzFixR = 54 (29,8%) mittlere Fixationsdauer = 249 ms

-30 Proband 1

Anhang IV-6:

Proband 2

Proband 3

Proband 4

Proband 6

9.Messung

Verteilung der Fixationen von sechs Probanden in einer gefährlichen Linkskurve in Fahrtrichtung Chemnitz

21+750

21+700

21+650

21+600

21+550

21+500

21+450

21+400

21+350

21+300

21+250

-10

21+200

-5

21+150

0 21+100

Fixationsverteilung in horizontaler Richtung [°] (-) rechts, (+) links

30

XXVIII

Ungefährliche Rechtskurve von km 21+744 bis km 21+121 in Richtung Hof R = 1100 m, L = 624 m 25

AnzFixL = 20 (12,9%) mittlere Fixationsdauer = 322 ms

20 15 10 5 21+121

21+171

21+221

21+271

21+321

21+371

21+421

21+471

21+521

21+571

21+621

21+671

21+721

0 -5 -10 -15 -20

AnzFixR = 135 (87,1%) mittlere Fixationsdauer = 307 ms

-25

Fixationsverteilung in horizontaler Richtung [°] (-) rechts, (+) links

30

-30 Proband 1

Anhang IV-7:

Proband 2

Proband 3

Proband 4

Proband 5

Proband 6

Verteilung der Fixationen von sechs Probanden in einer ungefährlichen Rechtskurve in Fahrtrichtung Hof

Ungefährliche Linkskurve von km 23+359 bis km 22+825 in Richtung Hof R = 1000 m, L = 534 m 25

AnzFixL = 50 (47,6%) mittlere Fixationsdauer = 255 ms

20 15 10 5 22+825

22+875

22+925

22+975

23+025

23+075

23+125

23+175

23+225

23+275

23+325

0 -5 -10 -15 -20 AnzFixR = 55 (52,4%) mittlere Fixationsdauer = 283 ms

-25 -30

Proband 1

Anhang IV-8:

Proband 2

Proband 3

Proband 4

Proband 5

Proband 6

Verteilung der Fixationen von sechs Probanden in einer ungefährlichen Linkskurve in Fahrtrichtung Hof

Fixationsverteilung in horizontaler Richtung [°] (-) rechts, (+) links

30

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