Bewilligungsempfänger: Bildungs- und Erholungswerk Burg Rieneck e.V. Schloßberg 1, 97794 Rieneck

Abschlussbericht über die

Beispielhafte Konzeptentwicklung zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung des Einzeldenkmals Burg Rieneck in Rieneck/Unterfranken gefördert unter dem AZ 28787-25 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)

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Verfasser: Dipl. Ing. (FH) Werner Haase, Architekt Dr. Ing. Jörg Finkbeiner, Architekt Architekturbüro Werner Haase

Karlstadt, September 2014

Bezugsquelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt Osnabrück

-2-

06/02

Projektkennblatt der

Deutschen Bundesstiftung Umwelt 28787-25

Az

Antragstitel

Referat

25

Fördersumme

80.000,- €

Beispielhafte Konzeptentwicklung zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung des Einzeldenkmals Burg Rieneck in Rieneck / Unterfranken

Stichworte Laufzeit

Projektbeginn

1 Jahr und 6 Monate

04.08.2011

Projektende

Projektphase(n)

Februar 2013 verlängert Juni 2014

Zwischenberichte Bewilligungsempfänger

Febr. 2012, Juli 2012 Bildungs- und Erholungswerk Burg Rieneck e.V. Schloßberg 1 97794 Rieneck

Tel 09354 902317 Fax 09354 902319 Projektleitung

1. Vorsitzender: Rainer Hoffmann

Bearbeiter

Peter Kallmeyer, Burgleiter Peter Kallmeyer, Burgleiter

Kooperationspartner

Konzeptentwicklung: Architekturbüro Werner Haase, 97753 Karlstadt Statik: ALS Ingenieure, 97074 Würzburg Baugrunduntersuchung: GMP Geotechnik GmbH & Co. KG, 97084 Würzburg Bauforschung: Dr. M. Wieser, 97286 Sommerhausen Heizungs- und Anlagentechnik: Günther Ingenieure, Gesellschaft Beratender Ingenieure mbH, 01277 Dresden Ingenieurbüro Helfrich-Projektierungsgesellschaft mbH, 97421 Schweinfurt

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens Anlass des Vorhabens waren einerseits die Belastung durch die hohen Betriebskosten (Energie und Personal) der Burg in Verbindung mit der Einsicht, dass diese Kosten zukünftig noch weiter ansteigen werden, andererseits bestehende baukonstruktive, bauphysikalische und funktionale Mängel. Beide Faktoren würden ohne geeignete Gegenmaßnahmen längerfristig sowohl den Erhalt des Baudenkmals, als auch den Betrieb des Bildungs- und Erholungswerks gefährden. Hinzu kam der Wunsch des Trägervereins (Pfadfinder) seiner Vorbildfunktion in Sachen Umweltschutz gerecht werden und weitestgehend auf die Nutzung fossiler Energieträger verzichten zu wollen. Es war klar, dass dies mit den konventionellen Methoden zur energetischen Sanierung nicht erreicht werden kann. Ziel des Vorhabens ist es, Burg Rieneck baulich, sicherheitstechnisch und energetisch so zu sanieren, dass der Betrieb langfristig wirtschaftlich sichergestellt und höchsten Ansprüchen an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit gerecht wird. Dabei sollen in beispielhafter Weise die Erfordernisse der energetischen Sanierung mit den Belangen der Denkmalpflege in Einklang gebracht werden. Die angestrebten Lösungen sollen als Anschauungsmaterial in der Bildungsarbeit der Burg verwendet werden und als Fallbeispiel für die Anwendung bei ähnlichen Ausgangssituationen dienen können. Gerade Jugendherbergen sind oft in Burgen und ähnlichen Baudenkmalen untergebracht. Es soll außerdem eine „Gebrauchsanweisung“ für die Benutzung, den Betrieb und für zukünftige Reparaturen erstellt werden.

Deutsche Bundesstiftung Umwelt  An der Bornau 2  49090 Osnabrück  Tel 0541/9633-0  Fax 0541/9633-190  http://www.dbu.de

Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden Die vorhandenen Bestandsunterlagen wurden gesichtet und ausgewertet. Ein Codierungsschema und ein Raumbuch zur Dokumentation aller Räume und Maßnahmen wurden erstellt. Die vorhandenen Bestandspläne wurden überprüft und digitalisiert. Wegen der eingeschränkten Verwendbarkeit der Pläne mussten diese anschließend noch vektorisiert und punktuell korrigiert werden. Der Burgmauerflügel und die Kapelle mussten neu aufgemessen und gezeichnet werden. Zur Klärung der Entstehungsgeschichte sowie der denkmalspezifischen Wertigkeiten und Eigenschaften der einzelnen Bauteile wurde ein Baualtersplan erstellt. Die Bauforschung ist eine wesentliche Grundlage für den angemessenen Umgang mit dem historischen Gebäude. Durch eine baukonstruktiv-technische und bauphysikalische Erkundung des Bauwerks wurden die baulichen Mängel und Bauschäden und deren Ursachen festgestellt. Die Inaugenscheinnahme vor Ort wurde durch Bauteilöffnungen an ausgewählten Stellen, Thermografieaufnahmen im Inneren und Äußeren und die Anbringung und Auswertung von Datenloggern ergänzt. Der Energieverbrauch der Burg wurde nach DIN 18599 ermittelt und der Heizwärmebedarf errechnet. Die Werte wurden mit den tatsächlichen Energieverbräuchen verglichen. Die Um- und Einsetzbarkeit von Maßnahmen zur Wärmedämmung im Baudenkmal und die Sicherheit im Gebäude, insbesondere der bauliche Brandschutz wurden überprüft. Auf Basis dieser Untersuchungen wurden Maßnahmen zur energetischen Sanierung sowie Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen konzipiert. Erstere bestehen aus einer Kombination von gezielt eingesetzter Wärmedämmung, Wärmerückgewinnung, Solarenergienutzung inkl. Energiespeicherung (Wasser-/ Eisspeicher), Gewässerentwärmung, Einsatz effizienter Energietechnik, Kraft-Wärme-Kopplung und einer Holzpelletheizung zur Deckung der Spitzenlast. Hinzu kommt der notwendige Bau einer neuen Heizzentrale. Letztere beinhalten insbesondere die erforderlichen Umbauten des Burgmauerflügels (Küche/Verwaltung) und der Räume über der Kapelle. Anhand eines Rechenbeispiels wurden die Investitions- und die Folgekosten für Unterhalt und Energie berechnet. Finanzielle Fördermöglichkeiten wurden aufgezeigt. Die Konzeptentwicklung wurde im September 2012 fertiggestellt. Im Anschluss wurde noch eine Überprüfung der Konzeptergebnisse zur Energiegewinnung in Zusammenarbeit mit einem Fachplaner für Heizungsund Anlagentechnik durchgeführt und hinsichtlich der Investitionskosten bewertet. Als zusätzliche Alternativen kamen der Einsatz von Hybrid-Wärmepumpen in Verbindung mit kombinierten PhotovoltaikLuftkollektor-Modulen und eine reine Holzpelletheizung hinzu. Ergänzend wurden die örtlichen Möglichkeiten zur Wasserkraftnutzung und zur kostensparenden, effizienten Verlegung von Leitungen in bestehenden Rohrsystemen überprüft sowie die Effekte von Nachdämmmaßnahmen in Fensternischen detailliert untersucht.

Ergebnisse und Diskussion Sowohl in funktionaler, als auch in baukonstruktiver und bauphysikalischer Hinsicht ist ein Umbau des Küchen- und Verwaltungsflügels sowie der Räume über der Kapelle erforderlich. Hier können Synergieeffekte hinsichtlich einer Verbesserung der energetischen Situation genutzt werden. Der tatsächliche ermittelte Energieverbrauch ist wesentlich geringer als die Berechnung nach DIN 18599 unterstellt. Die Potentiale und Vorteile der historischen Konstruktion werden dort nicht ausreichend berücksichtigt. Durch gezielte Dämmmaßnahmen und den Einsatz effizienter Haustechnik kann der Energieverbrauch um gut die Hälfte reduziert werden ohne das Denkmal zu beeinträchtigen. Die günstigste regenerative Form der Energieversorgung besteht in einer Gewässerentwärmung in Verbindung mit einem möglichst hohen Anteil an Solarstrom zur Eigenbedarfsdeckung. Hohe Kosten für die Leitungsverlegung und die fortbestehende Erfordernis eines Hochtemperatur-Heizungssystems verhindern jedoch eine gute Kosten-Nutzen-Relation dieser innovativen Lösung.

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Eine Ergänzung der klimabedingt im Winterhalbjahr geringeren Leistung der Photovoltaik durch eine kleine Wasserkraftanlage wäre vor Ort möglich und sinnvoll, scheitert aber kurzfristig an den Besitzverhältnissen. Mit den geringsten Investitionskosten bei gleichzeitig weitgehend CO 2-neutralem Betrieb verbunden wäre die Energieerzeugung mit einer einfachen Holzpelletheizung in Verbindung mit Umweltenergienutzung. Nachteilig fallen hierbei die Abhängigkeit von einem zwar regenerativen, aber gleichwohl begrenzt vorhandenem Rohstoff und die damit verbundenen Betriebskosten ins Gewicht.

Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation Durch die Nutzung der Burg als Bildungs- und Erholungseinrichtung und die Einbindung der Ergebnisse in die Bildungsarbeit kommt dem Vorhaben eine bedeutende Multiplikatorenrolle zu. Die angestrebten Lösungen sollen als Anschauungsmaterial in der Bildungsarbeit der Burg verwendet werden und als Fallbeispiel für die Anwendung bei ähnlichen Ausgangssituationen dienen können.

Fazit Die Konzeptentwicklung hat eine umfassende und bewertbare Datenbasis für alle das Objekt betreffenden Bauherrenentscheidungen ergeben. Hinsichtlich der baulichen Forderungen konnten ein klares Handlungskonzept ausgearbeitet und wesentliche Fortschritte bei der Bewertung einzelner Nachdämmmaßnahmen im denkmalgeschützten Bestand erreicht werden. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist dabei, dass alle baulichen Maßnahmen bestands- und denkmalgerecht stufenweise und unabhängig voneinander entsprechend den betrieblichen und finanziellen Möglichkeiten umgesetzt werden können. Eine grundsätzliche Aufwertung des gesamten Baubestands mit Wärmedämmung, um die Voraussetzungen für den Betrieb eines Niedertemperatur-Heizungssystems zu schaffen, ist aus Denkmal-, Platz- und Kostengründen nicht möglich. Ein solches System kann aber dort vorgesehen werden, wo ohnehin ein Umbau erforderlich ist. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Auswahl der Energieerzeugung. Empfohlen wird deshalb die Variante mit der Kombination einer Hybrid-Wärmepumpe mit Photovoltaik zur Eigenstromversorgung bzw. Kostenbegrenzung für den Niedertemperaturheizkreis und einem Pelletkessel für den Hochtemperaturheizkreis. Hierdurch kann flexibel auch auf spätere energetische Verbesserungen von Bauteilen reagiert und das Gesamtsystem weiter optimiert werden. Das Ziel einer weitgehend CO2-neutralen Energieversorgung und einer längerfristigen Betriebs- und Kostensicherheit der Einrichtung kann so erreicht werden. Der Bauherr ist von der Notwendigkeit und Effizienz der Maßnahmen überzeugt und möchte das Vorhaben umsetzen, sobald die Finanzierung abschließend gesichert ist.

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Inhalt 1

2

Verzeichnisse ............................................................................................................ 8 1.1

Verzeichnis von Bildern, Zeichnungen, Grafiken und Tabellen .......................... 8

1.2

Verzeichnis von Begriffen, Abkürzungen und Definitionen ............................... 10

Abschlussbericht ..................................................................................................... 11 2.1

Zusammenfassung ........................................................................................... 11

2.2

Ausgangssituation ............................................................................................ 13

2.2.1

Baugeschichte und Objektbeschreibung .................................................... 13

2.2.2

Funktionsbeschreibung und Raumnutzung ................................................ 19

2.2.3

Nutzungskonflikte....................................................................................... 21

2.2.4

Sicherheitskonflikte .................................................................................... 21

2.2.5

Bauliche Mängel ........................................................................................ 23

2.2.5.1

Bauphysikalische Mängel .................................................................... 23

2.2.5.2

Baukonstruktive Mängel ...................................................................... 26

2.2.5.3

Bauschäden ........................................................................................ 26

2.2.6 2.3

Energetische Ausgangssituation ................................................................ 27

Aufgabenstellung .............................................................................................. 29

2.3.1

Anlass ........................................................................................................ 29

2.3.2

Zielsetzung................................................................................................. 30

2.3.3

Maßnahmen ............................................................................................... 30

2.4

Vorhabensdurchführung ................................................................................... 31

2.4.1

Sichten und Auswerten der Bestandsunterlagen ....................................... 31

2.4.2

Erstellen eines Codierungsschemas .......................................................... 31

2.4.3

Digitalisierung, Korrektur und Ergänzung vorhandener Bestandspläne ..... 32

2.4.4

Erstellung eines Raumbuchs ..................................................................... 33

2.4.5

Erstellung eines Baualtersplans ................................................................. 34

2.4.6

Baukonstruktive und bauphysikalische Erkundung .................................... 34

2.4.7

Energiebedarfsberechnung und Ermittlung von Einsparpotentialen .......... 39

2.4.8

Umsetzbarkeit von Wärmedämmmaßnahmen ........................................... 43

2.4.9

Brandschutz ............................................................................................... 43

2.4.10 Maßnahmen zur energetischen Sanierung ................................................ 45 2.4.10.1 Energieeinsparung durch Dämmmaßnahmen ..................................... 45 2.4.10.2 Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung ................................ 47 2.4.10.3 Energieeinsparung durch Solarenergienutzung - Variante 1 ............... 47 2.4.10.4 Möglichkeiten zur Energiespeicherung ................................................ 49 2.4.10.5 Energieeinsparung durch Gewässerentwärmung - Variante 2 ............ 50 2.4.10.6 Energieeinsparung durch Einsatz effizienter Energietechnik............... 51 2.4.10.7 Biomasseheizung zur Deckung des Hochtemperaturbedarfs .............. 52 2.4.10.8 Kraft-Wärme-Kopplung ........................................................................ 53 2.4.10.9 Stromerzeugung aus Wasserkraftnutzung .......................................... 53 2.4.10.10 Variante 3, die umgesetzt werden soll ............................................... 54 2.4.11 Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen ................................................ 63 2.4.12 Kosten ........................................................................................................ 68 2.4.13 Fördermöglichkeiten .................................................................................. 69 2.4.14 Öffentlichkeitsarbeit ................................................................................... 70 2.5

Fazit.................................................................................................................. 71

3

Literaturverzeichnis ................................................................................................. 75

4

Inhaltlich verwendete Quellen ................................................................................. 76

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1 1.1

Verzeichnisse

Verzeichnis von Bildern, Zeichnungen, Grafiken und Tabellen

Bild 1 Nördlicher Bergfried, AB Haase ...................................................................................................... 14 Bild 2 Südwestseite des neugotisch umgestalteten Torhauses, AB Haase .............................................. 15 Bild 3 Burg Rieneck vor dem Umbau 1930, alte Postkarte (M. Strecker) ................................................. 15 Bild 4 Westlicher Bergfried und Burgmauerflügel mit Umbauten von 1930, AB Haase ............................ 16 Bild 5 Das Burgtor, vom Hof aus gesehen, AB Haase .............................................................................. 17 Bild 6 Die Kapelle von Westen, AB Haase ................................................................................................ 18 Bild 7 Der Burgmauerflügel, AB Haase ..................................................................................................... 20 Bild 8 Der Burgweg und der obere Parkplatz, AB Haase .......................................................................... 21 Bild 9 Die Terrasse am westlichen Bergfried, AB Haase .......................................................................... 22 Bild 10 Spitzboden im Dach des Burgmauerflügels, AB Haase ................................................................ 24 Bild 11 Schimmelbefall in der Teeküche 6.04 im westlichen Bergfried, AB Haase .................................. 25 Bild 12 Abgestürzte Deckenfüllung in der Unterdecke der Kapelle, AB Haase ........................................ 27 Bild 13 Heizraum -1.07, AB Haase ............................................................................................................ 29 Bild 14 Unterdecke und Stützpfeiler im Speisesaal, AB Haase ................................................................ 36 Bild 15 Thermografieaufnahme der Ostseite der Kapelle, AB Haase ....................................................... 37 Bild 16 Thermografieaufnahme Raum 1.14 (Burgleitung), AB Haase ...................................................... 38 Bild 17 Schema der Konvektion in einer Heizkörpernische ...................................................................... 40 Bild 18 Bestand (altes Fenster mit ungedämmter Laibung) ....................................................................... 42 Bild 19 neues Fenster mit Aerogel-Dämmung in der Laibung ................................................................... 42 Bild 20 Eiszapfen an Tür F43 innen. AB Haase ........................................................................................ 47 Bild 21 Blick von der ehem. Gärtnerei nach Norden, AB Haase ............................................................... 48 Bild 22 Heizungsraum -1.08 mit erneuerter und abgestützter Kellerdecke, AB Haase ............................ 50 Bild 23 Nebenflur 2.24 in der Wohnung über der Kapelle, AB Haase ...................................................... 63 Bild 24 Küchenraum 0.06, AB Haase ........................................................................................................ 65

Zeichnung 1 Lageplan der Burg, Bayerische Vermessungsverwaltung ................................................... 13 Zeichnung 2 Bauteilschema, AB Haase .................................................................................................... 31 Zeichnung 3 Digitalisierter/vektorisierter Grundriss vor neuem Teilaufmaß, AB Haase ........................... 33 Zeichnung 4 Überarbeiteter Grundriss Erdgeschoss, AB Haase .............................................................. 33 Zeichnung 5 Befunduntersuchung Erdgeschoss, AB Haase .................................................................... 34 Zeichnung 6 Aufteilung in Brandabschnitte, AB Haase ............................................................................ 44 Zeichnung 7 Heizhaus im Burggraben, südlicher Bereich - Vorkonzept Ingenieurbüro Helfrich .............. 58 Zeichnung 8 Übersichtsplan, unmaßstäblich (AB Haase) .......................................................................... 60 Zeichnung 9 Erdgeschoss (AB Haase) ..................................................................................................... 61 Zeichnung 10 Obergeschoss (AB Haase) ................................................................................................. 62 Zeichnung 11 Entwurfsskizze für die Dienstwohnungen über der Kapelle (AB Haase) ........................... 64 Zeichnung 12 Entwurfsskizzen Umbau des Burgmauerflügels, AB Haase .............................................. 67

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Grafik 1 Datenlogger-Auswertung Raum 1.13, AB Haase ........................................................................ 38 Grafik 2 Wassertemperaturen der Sinn im Jahr 2012, Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg ................. 51 Grafik 3 Vergleich des Energieverbrauchs (AB Haase) ............................................................................. 56 Grafik 4 Vergleich der jährlichen Energiekosten (AB Haase) .................................................................... 56 Grafik 5 Vergleich der aufsummierten Energiekosten (AB Haase) ............................................................ 57 Grafik 6 Jahresdauerlinie (IB Helfrich) ....................................................................................................... 59 Grafik 7 Energieeinsparung durch Nachdämmung (AB Haase) ............................................................... 73

-9-

1.2

Verzeichnis von Begriffen, Abkürzungen und Definitionen

Begriffsdefinitionen gemäß Energieausweis nach EnEV: Primärenergiebedarf Der Primärenergiebedarf bildet die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes ab. Er berücksichtigt neben der Endenergie auch die so genannte „Vorkette“ der jeweils eingesetzten Energieträger. Kleine Werte signalisieren einen geringen Bedarf und damit eine hohe Energieeffizienz und eine die Ressourcen und die Umwelt schonende Energienutzung. Endenergiebedarf Die Endenergie gibt die nach technischen Regeln berechnete, jährlich benötigte Energiemenge für Heizung, Warmwasser, eingebaute Beleuchtung, Lüftung und Kühlung an. Er wird unter Standardklima- und Standardnutzungsbedingungen errechnet und ist - bezogen auf die beheizte Fläche/das beheizte Volumen - ein Maß für die Energieeffizienz eines Gebäudes und seiner Anlagentechnik. Nutzenergie Die Nutzenergie ist die Energie, die tatsächlich genutzt werden kann, z.B. in Form von Wärme, die von den Heizflächen abgegeben wird. Weil bei der Verbrennung im Heizkessel und bei der Wärmeverteilung durch Heizungsrohre im Haus Verluste entstehen, ist die Nutzenergie kleiner als die Endenergie. Heizwärmebedarf Der Jahresheizwärmebedarf eines Gebäudes errechnet sich aus den Transmissionswärmeverlusten durch z.B. Wände, Fenster, Böden und Dächer und dem Lüftungswärmeverlust, vermindert um die solaren Gewinne und die internen Wärmegewinne. Bezieht man diesen Jahresheizwärmebedarf auf die beheizbare Fläche, so erhält man die Energiekennzahl „Heizwärmebedarf pro m² und Jahr“. Abkürzungen: BayBO

Bayrische Bauordnung

BGF

Brutto-Grundfläche

BHKW

Blockheizkraftwerk

BMA

Brandmeldeanlage

BRI

Brutto-Rauminhalt

BStättV

Beherbergungsstättenverordnung

DBU

Deutsche Bundesstiftung Umwelt

dena

Deutsche Energie-Agentur

EnEV

Energieeinsparverordnung

KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau

kWh

Kilowattstunde

LfD

Landesamt für Denkmalpflege

NGF

Netto-Grundfläche

RW

Rettungsweg

RWA

Rauch- und Wärmeabzugsanlage

VStättV

Versammlungsstättenverordnung

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2 2.1

Abschlussbericht Zusammenfassung

Die „Pfadfinderburg“ Rieneck, die auf Ursprünge im 12. Jahrhundert zurückreicht, wird nach Umbauten und Ergänzungen im 20. Jahrhundert als Bildungs- und Freizeiteinrichtung mit bis zu 25.000 Übernachtungen pro Jahr genutzt. Aufgrund baulicher Mängel in Verbindung mit hohen Energieverbräuchen wurde ein Konzept zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung des Einzeldenkmales Burg Rieneck ausgearbeitet. Die ausschlaggebenden baulichen Mängel wurden durch eine bauphysikalische und baukonstruktive Erkundung, inklusive thermografischer Untersuchung festgestellt. Die weitere Gebäudeanalyse ergab insbesondere für den Burgmauerflügel (Küche und Verwaltung) einen grundlegenden Sanierungsbedarf. Hier bestehen auch funktionale Mängel. Die Analyse der potentiellen Sicherheitskonflikte im Bestand ergab eine Reihe von kleinen, aber nachhaltigen Einzelmaßnahmen mit deren Hilfe insbesondere der Brandschutz gezielt weiter verbessert werden kann. Eine energetische Hüllensanierung der Burg Rieneck gestaltet sich äußerst schwierig, da es sich um einen denkmalgeschützten Gebäudekomplex handelt. Eine großflächige Außendämmung ist nicht möglich. Eine umfassende Innendämmung ist ebenfalls in vielen Bereichen nicht realisierbar, da die intensive Raumnutzung eine Verkleinerung der Nutzfläche nicht zulässt. Es wurde deshalb Bauteil für Bauteil untersucht und ein Paket von differenzierten Einzelmaßnahmen zusammengestellt, um mit vertretbarem Aufwand eine maximale Energieeinsparung zu erreichen. Insbesondere die gezielte Nachdämmung von Schwachpunkten einerseits und die großflächige Dämmung von neuen Ergänzungsbauten andererseits bieten gute Möglichkeiten auch unter den Voraussetzungen eines Baudenkmals. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Untersuchung des mit optisch äußerst dezenten Mitteln erreichbaren hohen Einsparpotentials im Bereich von Fensternischen gelegt. Ein großes Einspar- bzw. Rückgewinnungspotential bietet die Großküche. Durch ein neues Lüftungskonzept kann vermieden werden, dass feuchtwarme Luft in andere Bereiche dringt und dort Kondensat und Schimmelprobleme verursacht. Zum anderen kann die Wärme aus Abluft und Kühlräumen effektiv zurückgewonnen werden. Ein wesentlicher Punkt im Gesamtkonzept ist die Absenkung des hohen Temperaturniveaus von Heizung und Warmwasser. Wegen der unumgänglichen Beibehaltung des alten Hochtemperatur-Heizungssystems in den historischen Bauteilen ist dies jedoch nur partiell möglich. Bei kurzen Leitungswegen kann mit Hilfe von Frischwasserstationen der Energieverbrauch zur Trinkwarmwasserbereitung durch eine Reduktion der Vorlauftemperatur von ca. 65°C auf ca. 45°C weiter gesenkt werden. Heizungsseitig kann die Absenkung der Vorlauftemperatur durch den Einbau von Flächenheizungen in Teilbereichen der Burg umgesetzt werden. Dies ist kurzfristig im Burgmauerflügel und beim Saalbau möglich. Der Saalbau unterliegt als jüngster Ergänzungsbau kaum Restriktionen hinsichtlich einer Fassadendämmung und im Burgmauerflügel sind aus funktionalen und konstruktiven Gründen erhebliche Umbauten in nächster Zeit ohnehin unvermeidlich. Für die Trinkwarmwasserbereitung mit Frischwasserstation und in den Übergangszeiten der Heizperiode genügt der Einsatz einer Niedertemperatur-Wärmepumpe. Die weitere Anhebung der Temperatur mit einer zweiten Wärmepumpe für den Hochtemperatur-Heizkreis ist unter den gegebenen Bedingungen nicht wirtschaftlich. Hierfür ist eine Holzpelletheizung vorgesehen, die ohnehin zur Spitzenlastabdeckung

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erforderlich gewesen wäre. Hinsichtlich der Quelle für die Wärmepumpe wurden vor allem zwei Varianten untersucht: Es kann ein Eisspeicher verwendet werden, der durch Absorber regeneriert wird oder eine Entwärmung des nahegelegenen Flusses erfolgen. Als 3. Variante und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wird eine direkte Versorgung mit Luft- oder Solarabsorbern vorgeschlagen und empfohlen. Nötig wird es bei allen Varianten, die Anlagentechnik und die nötigen Pufferspeicher in einer vorgelagerten Heizzentrale im Burgzwinger unterzubringen. Innerhalb der Bestandsgebäude könnte ein effizienter Schichtenspeicher nur mit massiven Eingriffen in die historische Bausubstanz, hohen Kosten und schmerzhaften Raumverlusten installiert werden. In diesem Gebäude können evtl. zusätzliche Räume für die Mülltonnen, die derzeit wenig attraktiv offen am Burgeingang stehen, geschaffen werden. Die neue Heizzentrale wäre zudem ein sichtbares Zeichen für die neue umweltgerechte Energieversorgung und als solches sehr gut in das Öffentlichkeitsarbeitskonzept zu integrieren. Mit einer großen PV-Anlage kann ein erheblicher Teil des benötigten Stroms, inklusive des Wärmepumpenstroms abgedeckt werden. Hierbei ist ein möglichst großer Eigenverbrauch anzustreben, um die Energiekosten zu optimieren. Die Anordnung der Module kann wegen der Ausdehnung des Gesamtareals denkmalverträglich von den Bauten der Kernburg abgerückt werden. Die Möglichkeit den Mangel an solarer Energie in den Wintermonaten durch Wasserkraftnutzung kompensieren zu können wurde untersucht. Es konnte eine leerstehende historische Wassermühle in der Nähe gefunden werden, die mit geringem Aufwand reaktivierbar wäre. Dies ist eine längerfristige Option zur weiteren Erhöhung des eigenerzeugten regenerativen Stromanteils. Es würde wiederum ein historisches Zeugnis bewahren und das Ortsbild aufwerten. Die Planungsphase wurde durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück gefördert (AZ 28787-25). Folgende Kooperationspartner bearbeiteten das Projekt:

Konzeptentwicklung und Bauphysik:

Baugrunduntersuchung:

Architekturbüro Werner Haase

GMP Geotechnik GmbH & Co.KG

Julius-Echter-Straße 59, 97753 Karlstadt

Winterhäuser Str. 9, 97084 Würzburg

Tel.: 09353/9828-0, Fax: 09353/6375,

Tel. 0931/6144-0, Fax 0931/6144-200,

[email protected]

[email protected]

Statik: ALS Ingenieure

Heizungs- und Anlagentechnik:

Keesburgstr. 17, 97074 Würzburg

Helfrich Ingenieure

Tel. 0931/79723-43, Fax 0931/79723-53,

Projektierungsgesellschaft mbH

[email protected]

Niederwerrner Str. 49, 97421 Schweinfurt Tel. 09721/74300, Fax 09721/743011

Bauforschung:

[email protected]

Dr. Matthias Wieser Katharinengasse 6 97286 Sommerhausen

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2.2 2.2.1

Ausgangssituation Baugeschichte und Objektbeschreibung

Burg Rieneck wurde ab 1168 auf einem sich von Nordwest nach Südosten erstreckenden Höhenrücken über einem Talkessel am Zusammenfluss des Trockenbachs und Fließenbachs mit der Sinn durch Graf Ludwig von Loon und Rieneck erbaut. Die Burg sollte den Herrschaftsanspruch des Grafengeschlechts gegen die angrenzenden Territorien der Bistümer Fulda, Mainz und Würzburg sichern.

Zeichnung 1 Lageplan der Burg, Bayerische Vermessungsverwaltung

Aus der ersten Bauphase stammt noch der nördliche polygonale Bergfried (H), der oberhalb eines Halsgrabens die Burganlage zur Hauptangriffsseite hin deckt. Größe und Ausstattung, insbesondere eine Kapelle im dritten Turmgeschoss deuten auf eine Wohnturmnutzung hin. Eine zweite Ausbauphase folgte um 1200. Sie umfasst nunmehr die gesamte Fläche der Kernburg. Insbesondere auf der Westseite sind bauzeitliche Reste der Umfassungsmauer, der zweite (westliche) Bergfried (F) unmittelbar hinter der Umfassungsmauer und der südlich hieran anschließende Palas (E) und Teile von dessen südlicher Erweiterung (Torhaus/E) erhalten. Ebenfalls aus dieser Bauphase stammt die romanische Burgkapelle St. Fabian und Sebastian (C) auf der Ostseite.

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Bild 1 Nördlicher Bergfried, AB Haase

In einer dritten Bauphase um 1300 wurde nördlich der Burgkapelle ein Anbau angelegt, von dem sich der zugemauerte spitzbogige Zugang in der Kapellen-Nordwand erhalten hat. Der Ostflügel (D) zwischen Torhaus und Burgkapelle war Mitte des 16. Jahrhunderts nachweislich Bestand. Er wird einer vierten Bauphase zugeordnet. 1673 wurde das Lehen Rieneck von Kurmainz an die böhmische Linie des Oberlausitzer Grafengeschlechts von Nostitz verkauft, die sich jedoch um den Baubestand nicht weiter gekümmert haben. Maßgebliche und mit gestaltprägende Veränderungen erfolgten in einer sechsten Bauphase, nachdem der Arzt Franz Rinecker die Anlage 1860 vom bayerischen Staat gekauft hatte. Insbesondere das Torhaus und der Ostflügel wurden weitgehend in neugotischen Formen umgestaltet und die Kapelle durch Abbruch der Narthex und Neugestaltung der Westfassade verändert. In den 1920er Jahren kam die Burg in den Besitz des vermögenden deutschnationalen Schriftstellers Walter Bloem, der sie jedoch bereits 1929 wieder veräußerte. 1929/30 wurde Burg Rieneck dann mit erheblichem Aufwand zur „Jugendburg Rieneck“ umgebaut (Bauphase VII). Der westliche Bergfried wurde um ein zusätzliches Geschoss, den sog. „Adlerhorst“ aufgestockt, mit einem neuen Turmdach versehen, stark durchfenstert und im Innern ausgebaut. Zwischen den beiden Bergfrieden wurde, angelehnt an die romanische Burgmauer und auf diese aufbauend, ein Verbindungstrakt, der sog. „Burgmauerflügel“ (G) errichtet, der zunächst im Erdgeschoss eine Kegelbahn und im Obergeschoss eine Liegehalle aufnahm (heute Küche und Verwaltungsräume). Der Palas wurde ebenfalls sowohl im Innern, als auch hinsichtlich der Durchfensterung verändert. - 14 -

Bild 2 Südwestseite des neugotisch umgestalteten Torhauses, AB Haase

Bild 3 Burg Rieneck vor dem Umbau 1930, alte Postkarte (M. Strecker)

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Bild 4 Westlicher Bergfried und Burgmauerflügel mit Umbauten von 1930, AB Haase

Die Burg diente nach dem Umbau zunächst als Ferienheim für Kinder, dann als SA-Sportschule und im 2. Weltkrieg als Lazarett und Gefängnis. 1959 wurde Burg Rieneck von dem eigens hierfür gegründeten „Erholungs- und Bildungswerk der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) e.V.“ gepachtet und schließlich 1967 als Eigentum erworben. Die CPD fusionierte 1973 mit den übrigen evangelischen Pfadfinderverbänden in Deutschland zur VCP. Seitdem gehört die Burg dem „Bildungs- und Erholungswerk Burg Rieneck e.V. des Verbandes Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder Deutschlands (VCP)“. Nach Übernahme der Burg durch die CPD erfolgte zunächst der Ausbau der Dachgeschosse von südlichem Verbindungsflügel und Kapelle zu Unterkunftszwecken. Der 1976 erbaute großvolumige Saalbau auf dem Gartengelände zwischen Burgkapelle und nördlichem Bergfried veränderte nochmals erheblich das Gesamterscheinungsbild der Burg, auch auf Fernsicht. 2003 wurde eine Generalsanierung des südlichen Verbindungsflügels und der Verwaltungsräume abgeschlossen. Die Zuwegung über die Straße „Schloßberg“ zweigt von der Hauptstraße nördlich ab und führt steil ansteigend in gerader Linie über den Kamm des Schlossberges zur Burg. Ein erstes Tor führt durch die Zwingermauer in den südöstlich vorgelagerten Zwinger, in dem sich der obere Burgparkplatz befindet. In den nach Südosten spitz zulaufenden Zwinger schiebt sich, dem Südostflügel der Kernburg vorgelagert, ein rundes, ummauertes Plateau, der sog. Rondellgarten“.

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Bild 5 Das Burgtor, vom Hof aus gesehen, AB Haase

Der Burgweg führt westlich am Fuß der Rondellmauer zum Burgtor im Torhaus. Diese südliche Fortsetzung des Palas ist ein zwei- bzw. dreigeschossiger rechteckiger Baukörper aus SandsteinSichtmauerwerk, dessen Erscheinungsbild wesentlich von den Umbauten der 1860er Jahre bestimmt wird. Die Südecke ist mit einer fünfseitigen, zinnenbekrönten Tourelle besetzt. Die südöstliche Eingangsseite wird von einem Treppengiebel mit Zierzinnen überhöht. Der Torweg steigt innerhalb des Gebäudes noch auf Hofniveau an und knickt rechtwinklig zum Hof hin ab. Im Unterschied zu den - bis auf Teile der Tourelle - sandsteinsichtigen Oberflächen auf der Feldseite, ist das Torhaus zum Hof hin verputzt. Schleppgauben sorgen für die Belichtung der Dachgeschosse. Das Satteldach ist mit BiberschwanzZiegeln eingedeckt. Der Palas zwischen Torhaus und westlichem Bergfried entspricht konstruktiv dem Torhaus. Der westliche Bergfried in Form eines regelmäßigen Oktagons steht unmittelbar hinter der Umfassungsmauer. Die innere Aufteilung, inklusive des Treppenhauses, die Durchfensterung und das oberste Geschoss stammen im Unterschied zum mittelalterlichen Buckelquader-Mauerwerk der Außenwände aus Bauphase VII (1929/30). Der insgesamt achtgeschossige Turm wird von einem biberschwanz-gedeckten Zeltdach überdeckt. Der zweigeschossige westliche Verbindungstrakt zwischen westlichem und nördlichem Bergfried wurde erst 1929 innen an die Burgmauer angebaut bzw. auf diese aufgesetzt. Die Außenseite folgt dem bogigen Verlauf der Burgmauer. Auf der die Innenseite wurde ein hölzerner Laubengang zur alternativen Erschließung der Verwaltungsräume im Obergeschoß vorgeblendet.

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Der heute noch drei Stockwerke hohe nördliche Bergfried wird nur über dem eigentlichen Innenraum mit einem Holzaufsatz mit Zeltdach überdeckt, während die Mauerkrone der bis zu 6 m starken Außenwände als Terrasse mit Brüstungsmauer aus Sandstein ausgebildet wurde. Der Ostflügel ist ein zweigeschossiger Massivbau aus Sandsteinmauerwerk, auf beiden Seiten außen verputzt, mit biberschwanz-gedecktem Satteldach und Schleppgauben im ausgebauten Dachgeschoss. Hofseitig kragt das Obergeschoss auf einer hölzernen Substruktion über dem Erdgeschoss aus, so dass ein gedeckter Gang entsteht. Die Kapelle verfügt über dem eigentlichen romanischen Kapellenraum über ein zusätzliches Stockwerk. Im Unterschied zum südöstlichen Verbindungsflügel, dem Saalbau und den Bauten auf der Westseite der Burg steht die Kapelle giebelständig zum Hof. Feldseitig stehen die halbrunde Altarapsis und ein polygonaler Aufsatz darüber über die Mauerflucht vor.

Bild 6 Die Kapelle von Westen, AB Haase

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Der Saalbau von 1976 schließt sich nördlich an die Kapelle an, wobei das niedrigere Treppenhaus höhenmäßig zwischen der Kapelle und dem eigentlichen Saalgebäude vermittelt. Das Treppenhaus springt auch feldseitig zurück, sodass eine Terrasse entsteht. Die feldseitige Außenwand des Saalbaus ist auf der Burgmauer aufgesetzt, besteht aus unverputztem Sandsteinmauerwerk und öffnet sich mit drei großen Fensterbändern nach außen. Die verputzte Hofseite des einstöckigen Gebäudes ist hingegen als Lochfassade ausgebildet. Über dem Saal befinden sich noch zwei ausgebaute Dachgeschosse mit Schleppgauben im ziegelgedeckten Satteldach. Eine Fluchttreppe aus einer verzinkten Stahlkonstruktion führt aus den Dachgeschossen des Saalbaus als Steg über die Burgmauer und an der Außenwand des nördlichen Bergfrieds nach unten. 2.2.2

Funktionsbeschreibung und Raumnutzung

Burg Rieneck wird als Freizeitheim, Schulungs- und Begegnungsstätte genutzt. Neben den Tagungsräumen stehen Unterkünfte für bis zu 140 Personen in 2 bis 8-Bett-Zimmern zur Verfügung. Durchschnittlich werden ca. 25.000 Übernachtungen pro Jahr gebucht. Die Burg wird ganzjährig bewirtschaftet. Torhaus (E): Die zwei Räume im Untergeschoß (-1) beinhalten bisher die Heizungsanlage. Im Erdgeschoss (0) befindet sich neben dem Treppenhaus, das auch zur Erschließung des angrenzenden Palas dient, noch das Programmbüro. Das 1. Obergeschoss (+1) nimmt neben Treppenhaus und Flur Sanitärräume und einen Schulungsraum auf. Die drei Räume im 2. Ober-/Dachgeschoss (+2) gehen durch das Entfernen der Zwischenwandgefache ineinander über und dienen als Bibliothek und Schulungs- bzw. Aufenthaltsräume. Daneben sind noch weitere Sanitärräume vorhanden. Im 2. Dachgeschoss (+3) befindet sich neben zwei Speicherräumen eine kleine Teeküche. Palas (E): Der Gewölbekeller im Untergeschoss des Palas (-1) dient derzeit als Tagungsraum, das Erdgeschoss (0) als Speiseraum. Im Obergeschoss (+1) befinden sich fünf Zimmer. Weitere 8 Zimmer sind im 1. Dachgeschoss (+2). Das 2. Dachgeschoss (+3) dient als Partyraum. Westlicher Bergfried (F): Der westliche Bergfried nimmt das zweite Treppenhaus zur Erschließung der Palasräume auf. Im Untergeschoss (-1) befinden sich derzeit das Küchenlager und Sanitärräume. Im Erdgeschoss (0) sind ein Teil der Burgküche, ein Abstellraum und ein WC untergebracht. Im Obergeschoss (+1) und im Dachgeschoss (+2) befinden sich nur Sanitärräume. In den Turmgeschossen (+3, +4 und +5) liegen hingegen jeweils zwei bzw. drei Zimmer und ein Sanitärraum. Der sog. „Adlerhorst“ in Turmgeschoss +6 ist ein Aufenthaltsraum mit zugeordnetem WC und Teeküche.

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Bild 7 Der Burgmauerflügel, AB Haase

Burgmauerflügel (G): Im Erdgeschoss (0) befindet sich die Burgküche mit Neben- und Lagerräumen. Im Obergeschoss sind die Büroräume der Burgverwaltung und Personalraum mit Teeküche. Nördlicher Bergfried (H): Die Räume werden nur temporär genutzt und dienen nicht als dauerhafte Aufenthaltsräume. Ostflügel (D): Im Erdgeschoss (0) befinden sich ein Schulungs- und Veranstaltungsraum, die Hausmeisterwerkstatt, ein Lagerraum und ein Kiosk. Im Obergeschoss (+1) sind sechs, im Dachgeschoss (+2) fünf Zimmer. Das Treppenhaus im Ostflügel, dient zugleich zur Erschließung des Kapellendachgeschosses. Kapelle (C): Die Kapelle dient nach wie vor als Gottesdienstraum. Im Dachgeschoss (+2) befinden sich vier Zimmer für Freiwilligendienstler mit Sanitärräumen. Der Spitzboden (+3) dient als Speicher. Saalbau (A/B): Lediglich das Treppenhaus (B) und ein schmaler Streifen unter dem eigentlichen Saalbau (A) sind unterkellert. Bei den Räumen im teilunterkellerten Untergeschoss (-1) handelt es sich um Sanitärräume, eine Waschküche und ein Lager. Im Erdgeschoss (0) befinden sich ein Veranstaltungssaal und ein Lagerraum für Bestuhlung etc. Im Obergeschoss (+1) befinden sich elf Zimmer mit Sanitärräumen. Im 2. Dachgeschoss (+2) sind zwei Schulungsräume.

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Bild 8 Der Burgweg und der obere Parkplatz, AB Haase

2.2.3

Nutzungskonflikte

Die funktionale Aufteilung entspricht überwiegend den Nutzungsanforderungen. Es sind keine wesentlichen Änderungen erforderlich. Ausnahmen stellen der Burgmauerflügel (G) und das Erdgeschoss des westlichen Bergfrieds (F) dar, in denen sich die Burgküche und - im Obergeschoss des Burgmauerflügels - die Büros der Burgverwaltung befinden. Vor allem die Küche genügt allein schon aufgrund der Raumsituation nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Die Büroräume sind zu klein und raumklimatisch zeitweise unbehaglich, was sich ungünstig auf die Arbeitsbedingungen auswirkt. Dringender Bedarf besteht an zusätzlichen Lager- und Archivräumen sowohl für Küche, als auch für die Verwaltung. Problematisch ist die steile und enge Zufahrt für Lieferzwecke, was sich aber bedingt durch die Topographie und die Unmöglichkeit von massiven Eingriffen aufgrund der Denkmaleigenschaften nicht ändern lässt. 2.2.4

Sicherheitskonflikte

Im Rahmen der Bestandsuntersuchung wurden einzelne Punkte festgestellt und kartiert, die hinsichtlich der Betriebs- und Nutzersicherheit problematisch sind und nachgebessert werden sollten. Im Untergeschoss des westlichen Bergfriedes (F) befindet sich zwischen dem vorderen und dem hinteren Raumteil von Raum -1.02 eine schlecht einsehbare Stufe mit erhöhter Stolpergefahr. Im Erdgeschoss ist die feldseitig hinter dem Treppenhaus des Saalbaus liegende offene Terrasse vermoost und rutschig. Im Obergeschoß (+1) des Burgmauerflügels sind die beiden nachgiebigen Stellen im Fußboden der Räume 1.14 und 1.15 derzeit noch nicht sicherheitsrelevant. Mittelfristig muss hier aber eine Sicherung - 21 -

stattfinden. Vermutlich ist die Unterkonstruktion zwischen Fußboden und tragender Decke schadhaft. Eine nähere Untersuchung wurde wegen der anstehenden Umbauarbeiten in diesem Bereich aufgeschoben. Der Terrassenboden zwischen Burgmauerflügel (G), westlichem Bergfried (F) und Palas (E) ist nicht mehr begehbar. Das Problem ist nicht drängend, da es sich um einen Bereich handelt, der nur für das Personal zugänglich ist und aufgrund der unter dem Boden befindlichen Abdichtungsebene/Mauerkrone keine Absturzgefahr besteht. Die festgestellte Einsturzgefahr der Unterdecke über der Kapelle wurde umgehend durch Sicherungsmaßnahmen behoben (s. u.). Nachrüstbedarf wurde hinsichtlich des Brandschutzes festgestellt. Verbesserungen können insbesondere durch automatische Rauchmelder und ein umfassendes Fluchtwege- und Rettungskonzept erreicht werden. Die erforderlichen Rettungswege sind vorhanden, in den Treppenhäusern sollten nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) nachgerüstet werden. Der Wohnbereich für die Freiwilligendienstler oberhalb der Kapelle wird als 2. Rettungsweg vom Innenhof her angeleitert. Da dies nur durch externe Hilfe möglich ist, ist ergänzend eine zusammenlegbare Leiter zur Unterbringung in der Wohnung am Rettungsweg vorgesehen. Aufgrund der Denkmaleigenschaften der historischen Gebäude, greifen die aktuell geltenden Bestimmungen über den baulichen Brandschutz nur eingeschränkt. Es besteht Bestandsschutz.

Bild 9 Die Terrasse am westlichen Bergfried, AB Haase - 22 -

Die Einordnung in eine Gebäudeklasse gem. BayBO Art. 2 (3) würde für den westlichen Bergfried (F) aufgrund der Gebäudehöhe (> 13 m) Gebäudeklasse 5 ergeben. Die übrigen Bauteile zählen alle zu Gebäudeklasse 4. Zudem ist die Burg als Gebäudekomplex mit Räumen zur Unterbringung von mehr als 100 Personen bzw. Heim zur Unterbringung von Personen zu den Sonderbauten gem. Art. 2 (4) zu zählen. Zu beachten ist deshalb zusätzlich die Beherbergungsstättenverordnung (BStättV). Problematisch sind formal betrachtet die tragenden Teile und Decken, die zum Teil aus Holz bestehen und somit nicht die Anforderungen der BayBO (Art. 25, Art. 29) erfüllen, in der Feuerbeständigkeit gefordert ist. Letztere könnten theoretisch nur durch einen Teilabriss (Entkernung) ganzer Einzelgebäude erfüllt werden, was natürlich in jeder Hinsicht unzumutbar und schon gar nicht mit der Denkmalpflege zu vereinbaren ist. In der Praxis ist daher in Abstimmung mit den zuständigen Behörden ein Brandschutzkonzept zu entwickeln, das den unerlässlichen Anforderungen an die Sicherheit genügt. In der Regel ist dies durch entsprechende Kompensationen und durch die Überprüfung des realen Abbrennverhaltens von brennbaren tragenden Bauteilen und Decken ohne weiteres machbar. Gleiches gilt auch für die notwendigen Treppen. In den oberen Geschossen des Treppenhaus des Ostflügels (D), bei der Treppe des Saalbaus (B) und der Treppe zum Dachgeschoss des Torhauses (E) sind die Treppenläufe bislang weder gegen Brandangriff von unten geschützt, noch bestehen die Wandbekleidungen und Bodenbeläge vollständig aus nichtbrennbaren bzw. schwerentflammbaren Stoffen (BayBO Art. 32/Art. 33). Hier könnte unter Beibehaltung des Bestands gezielt nachgebessert werden. Stellenweise wäre auch eine Nachrüstung von rauchdichten und selbstschließenden Abschlüssen zu notwendigen Fluren empfehlenswert, um eine weitergehende Sicherheit zu gewährleisten. Bedingt durch die zentrale Heizungsanlage und Warmwassererwärmung zieht sich das Leitungsnetz vom Heizraum durch den gesamten Gebäudekomplex. Dasselbe gilt für Wasser- und Stromleitungen und mit Einschränkung auch für Abwasserleitungen. Eine Schottung der Leitungen an den Brandabschnitten oder beim Durchgang durch erforderliche nichtbrennbare Wände oder Decken war in der Vergangenheit nicht vorgesehen und ist mit vertretbarem Aufwand auch nicht in einem Zug komplett nachzurüsten. 2.2.5

Bauliche Mängel

Der nach und nach erfolgte Umbau nahezu aller Räumlichkeiten der denkmalgeschützten Bausubstanz zu Aufenthaltsräumen bzw. Verkehrsflächen wurde stellenweise bauzeittypisch ohne die dabei erforderliche Sorgfalt hinsichtlich der bauphysikalischen Auswirkungen und der besonderen Eigenschaften historischer Materialien und Baukonstruktionen vorgenommen. Bei den bisherigen Umbauten bzw. Modernisierungen und auch beim Neubau des Saalgebäudes wurden die jeweils geltenden Wärmeschutzbestimmungen nur knapp eingehalten oder in Hinblick auf die Belange der Denkmalpflege sogar unterschritten. Die intensive Nutzung der Gebäude und die aktuellen Ansprüche an eine Reduzierung des Energieverbrauchs auf der einen und die bauzeitliche Nutzung bzw. energetische Situation auf der anderen Seite driften - selbst für ein Denkmal - in extrem hohem Maße auseinander. 2.2.5.1

Bauphysikalische Mängel

Die primären bauphysikalischen Mängel äußern sich in einem hohen Energieverbrauch und Schimmelbefall. Der Energieverbrauch ist - neben der überalterten Haustechnik - insbesondere der geringen Wärmedämmung der Gebäude geschuldet. In der Regel handelt es sich bei den Außenwänden um Sandstein- 23 -

mauerwerk unterschiedlicher Stärke ohne zusätzliche Wärmedämmung. In den Dachgeschossen, z.B. bei der feldseitigen Giebelwand der Kapelle sind auch verputzte Fachwerkwände ohne zusätzliche Wärmedämmung vorhanden. Die Dächer der historischen Gebäude wurden im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen mit 12 cm Mineralwolle als Zwischensparrendämmung gedämmt. Das Vorhandensein einer Unterspannbahn o. ä. konnte nicht überprüft werden. Die oberste Geschossdecke des westlichen Bergfrieds (F) wurde durch eine Mineralwolleauflage gedämmt. Im Bereich des Spitzbodens der Kapelle ist keine Wärmedämmung in der Dachebene, sondern lediglich eine eingeschränkt diffusionsoffene Unterspannbahn unter der Lattung vorhanden. Für eine geringe Hinterlüftung der Eindeckung wurde durch mittiges Durchhängen der Unterspannbahn gesorgt. Die oberste Geschoßdecke ist durch die Auflage von ca. 12 cm Mineralwolle gedämmt. Die leichte Trennwand zum Zimmer 2.28 ist nur partiell zum kalten Dachraum hin gedämmt. Der Saalbau von 1976 wurde aus Mauerwerk, vermutlich Hlz, 36,5 cm bzw. im Bereich des Lagers 24 cm, errichtet und zur Feldseite hin mit Sandsteinmauerwerk ergänzt. Eine zusätzliche Wärmedämmung wurde nicht verbaut. Wärmebrücken sind insbesondere im Bereich von ungedämmten und durchgehenden Stahlbetonstützen im Bereich des Treppenhauses vorhanden. Im Dachgeschoß des Saalbaus wurde in Sparrenhöhe mit Mineralwolle gedämmt, d.h. 16 cm über den Gauben und 20 cm im Hauptdach.

Bild 10 Spitzboden im Dach des Burgmauerflügels, AB Haase - 24 -

Schwachpunkte sind hier die Gaubenfronten mit einer nur 12 cm starken, ungedämmten Holzbalkenkonstruktion. Massive Mängel in der Dachdämmung des Treppenhausdaches (B) konnten durch die Thermografie nachgewiesen werden. Es scheint sich um größere Fehlstellen in der Wärmedämmung, stellenweise eventuell auch um durchfeuchtete Dämmung zu handeln. Über den Büroräumen im Obergeschoss des Burgmauerflügels (G) wurde die oberste Geschossdecke durch ca. 40 cm Schüttung aus Zelluloseflocken gedämmt. Die Schüttung ist aber oberseitig offen. Durch Zugluft kommt es stellenweise zu einem Abtrag der ungeschützten Schüttung. Eine Verschattung der Fenster, gerade an den Südwest- bzw. Südostseiten von großer Bedeutung, ist nicht vorhanden. Insbesondere in den Büros im Obergeschoss des Burgmauerflügels (G) muss an heißen Sommertagen mit elektrischen Klimageräten bzw. Lüftern gekühlt werden, um erträgliche Arbeitstemperaturen herzustellen. Die Burgküche verfügt über eine Zu- und Abluftanlage, die jedoch durch die kalte Zuluft bei einer hohen Luftwechselrate und laute Betriebsgeräusche sehr unangenehm im Betrieb ist und deshalb nur gelegentlich genutzt wird. So kann feuchtwarme Luft sowohl in die Zwischendecke im Burgmauerflügel (G) eindringen, als auch über das Treppenhaus im westlichen Bergfried (F) in die Ober- und Turmgeschosse abziehen (Kaminwirkung) und dort im Bereich der thermischen Schwachpunkte kondensieren. Dies hat im Bereich der Fensterlaibungen der Treppenhausfenster sowie der Fenster im sog. „Adlerhorst“ 6.03 und vor allem in der schlecht gelüfteten angrenzenden Teeküche 6.04 Schimmelbefall zur Folge. Schimmelbefall ist weiterhin in den kalten Außenecken der Zimmer über der Kapelle festzustellen, was auf eine Kombination aus hoher Raumluftfeuchte, ungedämmten Außen- bzw. Trempelwänden und unzureichender Lüftung zurückzuführen ist. Bild 11 Schimmelbefall in der Teeküche 6.04 im westlichen Bergfried, AB Haase

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Weiterer Schimmelbefall ist in bzw. an allen Sanitärräumen im Dachgeschoss des Saalbaus und an den Silikonfugen der Fenster der zugehörigen Zimmer festzustellen. Die Lüfter der innenliegenden, fensterlosen Sanitärzellen sind über die Lichtschalter gesteuert und haben vermutlich eine zu geringe Nachlaufzeit. Die feuchte Abluft wird nicht ins Freie, sondern in die angrenzenden Aufenthaltsräume transportiert. Verbunden mit den ringsum wandhoch gefliesten Räumen, die keine temporäre Aufnahme der Raumluftfeuchte ermöglichen, führt dies zu starkem Kondensatausfall auf den kalten Fliesenoberflächen und zu Schimmel in den Fugen. Durch offenstehende Türen wird die Feuchtebelastung an die angrenzenden Zimmer weitergegeben. Mangelnde Wärmedämmung ist außer an den Außenbauteilen auch an offenliegenden Heizungs- und Warmwasserrohren festzustellen sowie beim Deckendurchgang der Kaltwasserzuleitung, an deren Außenseite sich Kondensat bildet, das längerfristig Schäden an der Deckenkonstruktion verursachen kann. Die Fenster wurden bereits weitgehend gegen neue Holzfenster mit Isolierverglasung ausgetauscht, die aber nicht dem aktuellen Neubaustandard entsprechen. Stark erneuerungsbedürftige Fenster und Außentüren sind noch in der Burgküche im Erdgeschoß des Burgmauerflügels (G) bzw. des westlichen Bergfrieds (F), im Untergeschoß des Palas (F4, E) und in der Kapelle (C) vorhanden. Die bleiverglasten Rundbogenfenster mit Einscheibenverglasung in Metallrahmen in der Apsis und neben dem Triumphbogen der Kapelle bieten nur einen minimalen Wärmeschutz und sind extrem undicht. 2.2.5.2

Baukonstruktive Mängel

Baukonstruktive Mängel wurden durch die Instandhaltungsmaßnahmen der letzten beiden Jahrzehnte schon überwiegend beseitigt, soweit sie nicht konstruktionsbedingt unvermeidbar sind. Konstruktive Mängel sind darüber hinaus im Bereich der Sanitärräume vorhanden, da diese häufig - entsprechend dem auch heute noch überwiegendem Verständnis bzw. Ideal - zum einen ringsum wandhoch gefliest und zum anderen meist nicht mit einer Flächenabdichtung unterhalb der Fliesen versehen wurden. Die Problematik ist auf Burg Rieneck aber bereits seit einiger Zeit bekannt, weshalb bei den letzten Umbaumaßnahmen von Sanitärräumen bereits Flächenabdichtungen zur Anwendung kamen. 2.2.5.3

Bauschäden

Die vorhandenen Bauschäden halten sich - von der oben beschriebenen Schimmelproblematik abgesehen - in engen Grenzen. Teilweise noch durch entsprechende Verfärbungen erkennbare Undichtigkeiten wurden inklusive der Folgeschäden bereits im Zuge der abgeschlossenen Generalsanierung beseitigt. Aktuell schadhaft ist der Terrassendielenbelag auf dem Balkon vor dem westlichen Bergfried (F) im Obergeschoss (+1). Die Dielen sind teilweise bereits eingebrochen. Ein weiterer Bauschaden liegt in der Deckenkonstruktion über dem Kapellenraum 0.20 vor. Die abgehängte Holzdecke zeigte Risse und eine zunehmende Durchbiegung. Soweit dies durch eine punktuelle Öffnung der Unterdecke und Bohrungen von oben erkennbar war, handelt es sich bei der Zwischendecke um eine Holzbalkenkonstruktion mit Holzstaken, die beidseitig mit Strohlehm verstrichen wurden. Stellenweise hat sich die untere Hälfte der Lehmfüllungen gelöst und ist auf die hölzerne Unterdecke gestürzt wodurch diese, nur mit Nägeln in der Tragkonstruktion befestigt, nach unten gedrückt wurde. Es bestand akute Einsturzgefahr. Um die Decke nicht abbrechen und somit den historischen Zustand verändern zu müssen, wurde die Unterdecke in Absprache mit dem Statiker mit geeigneten Schrauben wieder fest im Untergrund fixiert, allerdings ohne die abgestürzten Lehmteile zuvor entfernen zu können. - 26 -

Bild 12 Abgestürzte Deckenfüllung in der Unterdecke der Kapelle, AB Haase

Eine im Januar 2012 festgestellte undichte Nahwärmeleitung im Burghof, zwischen Torhaus und Saalbau wurde im August 2012 ausgetauscht und dabei zugleich besser gedämmt.

2.2.6

Energetische Ausgangssituation

Die Gebäude von Burg Rieneck verfügen über keine oder nur geringe zusätzliche Wärmedämmung. Die starken Außenwände der historischen Bauteile aus Sandsteinmauerwerk bieten jedoch eine große Speichermasse, wodurch kurzzeitige Temperaturschwankungen weitgehend ohne Auswirkung bleiben und die jahreszeitlichen Temperaturunterschiede erst zeitlich versetzt im Innern spürbar werden. Die für ein Baudenkmal ungewöhnlich intensive Nutzung nahezu aller Gebäudeteile, einschließlich der Dach- und Untergeschosse, erhöht die Anforderungen an den nachhaltigen Umgang mit Energie, bietet jedoch auch die nötigen Voraussetzungen für eine gute Auslastung der Anlagen und einen wirtschaftlichen Betrieb des Gebäudekomplexes. Problematisch ist die unterschiedlich starke Belegung im Jahresverlauf, die zwangsläufig mit dem Betrieb einer Freizeit- und Bildungseinrichtung für Kinder und Jugendliche einhergeht. Dies kann jedoch durch die Aufteilung in verschiedene, auch getrennt voneinander nutzbare Baukörper und die bewährte Praxis, nur die gerade in Nutzung stehenden Räumlichkeiten auf Aufenthaltsraumtemperatur zu heizen, kompensiert werden. Der tatsächliche Endenergiebedarf für Heizung 2

und Trinkwarmwasser liegt mit ca. 410.000 kWh/a bzw. 145 kWh/(m a) deutlich unter dem rechnerisch nach DIN 18599 ermittelten Wert von insgesamt ca. 1.540.000 kWh. Das entspricht einem Bedarf von - 27 -

544 kWh/(m²*a). Dies zeigt, dass historische Bausubstanz in energetischer Hinsicht keineswegs um so viel schlechter ist, als jüngere Gebäude, obwohl dies die normierten Rechenwerte suggerieren. Zudem wird das Potential einer, entsprechend dem Bedarf durch gezieltes Reduzieren bzw. Erhöhen der Heizwärme mit Verstand manuell betriebenen Heizungsanlage deutlich. Große Lüftungswärmeverluste entstehen durch die Fensterlüftung unter den besonderen Bedingungen eines Freizeitheims für Kinder und Jugendliche. Es kommt relativ häufig zu lange aufstehenden Fenstern, auch bei laufender Heizung. Dies geschieht teils aus mangelndem Problembewusstsein, teils aber auch wegen der Notwendigkeit bei voller Raumbelegung für ausreichend frische Luft sorgen bzw. die Luftfeuchte in Sanitärräumen reduzieren zu müssen. Die beiden Heizräume befinden sich im Untergeschoß des Torhauses (E) und damit in der äußersten Südwestecke des Gebäudekomplexes. Die Haustechnik stammt noch weitgehend aus den 1970er Jahren und ist entsprechend veraltet. Speziell für die Regelung gibt es vermutlich keine Ersatzteile mehr. Die Burg wird mit einer zentralen Ölheizung, bestehend aus zwei Öl-Gebläse-Kesseln mit einer Leistung von je 165 kW Baujahr 1989 beheizt. Die Vorlauftemperatur wird über einen Außenfühler auf der Nordseite geregelt. Am Stangenverteiler mit 6 Heizkreisen wird die ankommende Temperatur durch 3-Wege-Vertile in den Steigleitungen heruntergemischt. Für die Trinkwarmwasserbereitung der Gebäudeteile C bis G stehen zwei Pufferspeicher mit jeweils 750 l Nenninhalt aus dem Jahr 1989 zur Verfügung, die aufgrund ihrer Größe ständig auf 60°C gehalten werden müssen, um eine Legionellenfreiheit zu gewährleisten. Ein dritter Pufferspeicher der gleichen Größe steht als Reserve im Heizraum bereit, ist allerdings nicht angeschlossen. Die Druckhaltungsanlage stammt aus dem gleichen Baujahr. Die Verteilungsnetze für Heizung und Warmwasser sind sehr weitläufig und die Leitungen nur zum Teil nach heutigem Standard isoliert. Sie liegen zum Teil in den unbeheizten Spitzböden. Der Saalbau (A+B) wird über eine Nahwärmeleitung mit Wärmetauscher bei einer Auslegungstemperatur von 90°C im Vorlauf und 70°C im Rücklauf versorgt. Sekundärseitig liegen die Auslegungstemperaturen bei 70°C im Vorlauf und 50°C im Rücklauf. Der Heizungsverteiler bedient zwei Heizkreise. In den Steigleitungen wird die Vorlauftemperatur durch 3Wege-Ventile heruntergemischt. Der Saalbau besitzt einen eigenen Pufferspeicher für die Trinkwarmwasserbereitung mit einer Nennkapazität von 400 l. Damit gilt dieser Puffer als Großspeicher und muss nach den DVGW-Richtlinien ständig in der oberen Zone auf mindestens 60°C gehalten werden, um eine Legionellenfreiheit zu gewährleisten. Die Kapelle wird durch langgestreckte, schmale Plattenheizkörper (Radiatoren) an beiden Längsseiten in Sitzhöhe beheizt, die nur kurzzeitig bei Nutzung der Kapelle mit 70° Vorlauftemperatur aufgeheizt werden und dann überwiegend Strahlungswärme abgeben. Nachteilig an diesem System ist vor allem die ungleiche Verteilung der Wärme im Raum. Die überwiegende Anzahl der Räume wird konventionell mit Radiatoren, Platten- oder Kompaktheizkörpern unterschiedlicher Bauart und Alters erwärmt. Moderne Flächenheizungen mit geringer Vorlauftemperatur sind nicht vorhanden.

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Bild 13 Heizraum -1.07, AB Haase

Der Ölverbrauch beträgt derzeit durchschnittlich ca. 41.000 l/a. Derzeit wird Netzstrom aus regenerativen Energien bezogen. Eine direkte Nutzung der Solarenergie findet noch nicht statt. Der Stromverbrauch liegt derzeit bei 70.000 kWh/a. Dies entspricht für Strom und Heizöl einem CO2-Ausstoß von etwa 170 t/a. 3

Der Wasserverbrauch beträgt jährlich ca. 4.100 m . Zur Versorgung mit Grauwasser wurde eine Regenwasserzisterne hergestellt. Hierdurch wird fast die Hälfte des Gesamtwasserverbrauchs abgedeckt. Es 3

verbleibt ein Trinkwasserverbrauch von ca. 2400 m /a.

2.3 2.3.1

Aufgabenstellung Anlass

Ausschlaggebender Anlass, um für Burg Rieneck ein Konzept zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung aufzustellen, war die finanzielle Belastung durch die aktuell hohen Betriebskosten (Energieund Personalkosten), verbunden mit der sicheren Aussicht auf weiter steigende Preise. Darüber hinaus besteht der Wunsch mit in der Vergangenheit erwirtschafteten Rücklagen eine nachhaltige bauliche und energetische Sanierung durchzuführen, mit deren Hilfe die Einrichtung langfristig erhalten und wirtschaftlich betrieben werden kann. Dies soll auf zukunftsweisende Art unter Verzicht auf fossile Energieträgergeschehen, um auch der Vorbildfunktion der Pfadfinder in Sachen Umweltschutz gerecht zu werden.

- 29 -

Ein weiterer Anlass waren die immer wieder auftretenden Probleme mit Schimmelbefall, die letztlich ein gesundheitliches Risiko darstellen und ohne Beseitigung der bauphysikalischen Ursachen nicht abzustellen sind. 2.3.2

Zielsetzung

Ziel des Vorhabens ist es, Burg Rieneck baulich, sicherheitstechnisch und energetisch so zu sanieren, dass ihr Betrieb langfristig wirtschaftlich sichergestellt werden kann und höchsten Ansprüchen an Nachhaltigkeit und Umweltgerechtigkeit gerecht wird. Dabei sollen in beispielhafter Weise die Erfordernisse zur energetischen Sanierung mit den Belangen der Denkmalpflege in Einklang gebracht werden, um die Burg auch als Baudenkmal dauerhaft erhalten zu können. Die Umsetzung dieser Ziele soll nicht nur durch den Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Biomasse, sondern möglichst weitgehend durch die Nutzung natürlich vorhandener Umgebungswärme und solarer Energie sowie eine Speicherung der gewonnenen Energieüberschüsse bis zum Bedarfszeitpunkt erreicht werden. Über die baulichen und haustechnischen Maßnahmen hinaus soll eine Art „Gebrauchsanweisung“ für den Betrieb und die Benutzung der Burg und ein Lastenheft für zukünftige Instandsetzungsmaßnahmen entwickelt werden, in die gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen einfließen. Die angestrebten beispielhaften Lösungen sollen zudem als Anschauungsmaterial in der Bildungsarbeit der Burg verwendet werden und als Musterlösung für die Anwendung bei ähnlichen Ausgangssituationen, z.B. bei den häufig in Baudenkmalen untergebrachten Einrichtungen des Jugendherbergswerkes oder von Landschulheimen dienen können.

2.3.3

Maßnahmen

Ein konventionelles Vorgehen bei der energetischen Sanierung von Burg Rieneck, also primär die Reduzierung des Energieverbrauchs durch das nachträgliche Anbringen von Wärmedämmung, verbietet sich aufgrund der Denkmaleigenschaft des Gebäudekomplexes und der gestalterischen Prämissen der historischen Bausubstanz von selbst. Das äußere Erscheinungsbild der Burg und z. T. auch das Gebäudeinnere dürfen nur sehr eingeschränkt verändert werden. Eine komplette Wärmedämmung nach aktuellen Ansprüchen ist zudem finanziell nicht realisierbar und auch hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation - im Unterschied zu den Standardlösungen für die Nachbesserungen im jüngeren Wohnungsbau - nicht sinnvoll. Verbesserungen der Dämmung sind überall dort, wo bauphysikalische Mängel konkret zu Bauschäden und/oder Gesundheitsrisiken führen, erforderlich. Darüber hinaus sollen vorhandene Schwachstellen oder Mängel beseitigt und die neuen Umbauten bzw. Ergänzungsbauten zeitgemäß gedämmt werden. Das nicht nutzbare Potential der Nachdämmung muss durch eine intensive Nutzung von Solarenergie und Umgebungswärme in Verbindung mit effizientem Speicher, Heizungs- und Lüftungstechnik kompensiert werden. Dies kann nur durch eine geschickte Nutzung aller zur Verfügung stehenden Energiequellen und der natürlichen und topographischen Situation gelingen, zumal selbstverständlich auch die Solarenergienutzung nicht zu einer optischen Beeinträchtigung des Baudenkmals führen darf. Schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ist bei der Konzeption zudem auf einen möglichst einfachen, robusten und mit geringen Anschaffungs- wie Folgekosten behafteten Aufbau der Gesamtanlage und ihrer Einzelteile zu achten und ein wenig störanfälliger, von Laien steuerbarer Betrieb anzustreben. - 30 -

2.4 2.4.1

Vorhabensdurchführung Sichten und Auswerten der Bestandsunterlagen

Neben der Sichtung und Bearbeitung vorhandener Bestandspläne (s. 2.4.3. Digitalisierung, Korrektur und Ergänzung vorhandener Bestandspläne) und der bauhistorischen Untersuchung (s. Anhang 2 Baualterspläne/Anhang 3 Bauhistorische Erhebung) konnten ergänzend einzelne historische Fotografien und Prospekte gesichtet und in die Bestandserfassung einbezogen werden. Darüber hinaus wurden die früheren Genehmigungsunterlagen - soweit zugänglich - eingesehen und ausgewertet.

2.4.2

Erstellen eines Codierungsschemas

Um eine eindeutige Zuordnung von Räumen, Raum- und Bauteilen zu gewährleisten, war die Erstellung und Anwendung eines Codierungsschemas für den Gebäudekomplex erforderlich. Die Burg wurde nach Bauteilen untergliedert. Diese wurden sowohl hinsichtlich ihrer baugeschichtlichen Entstehung, als auch ihrer baulichen Eigenheiten definiert Für eine schnellere Übersicht wurden die Bauteile zusätzlich mit Großbuchstaben gekennzeichnet: A

Saalbau

B

Treppenhaus Saalbau

C

Kapelle

D

Ostflügel

Zeichnung 2 Bauteilschema, AB Haase

E

Torhaus und Palas

F

westlicher Bergfried

G

Burgmauerflügel

H

nördlicher Bergfried - 31 -

Der vertikale Aufbau der Burg wurde durchgehend in Geschosse aufgeteilt: Kellergeschoss, Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss, Spitzboden, 4. - 6. Turmgeschoss. Alle Geschosse unterhalb der Bezugsebene erhalten ein vorgestelltes Minus (z.B. -1). Die Bezugsebene, hier der Innenhof, ist als Erdgeschoss definiert und wird mit 0 bezeichnet. Die Räume wurden geschossweise durchlaufend nummeriert. Die Nummerierung beginnt an den Eingängen und läuft dann im Uhrzeigersinn gemäß dem Erschließungsweg fort. Die Raumnummer gibt vorgestellt das Geschoss an und dann, durch Punkt getrennt, die individuelle, zweistellige Raumnummer. So ist Raum E 0.01 beispielsweise der Treppenraum (01) im Erdgeschoß (0) des Torhauses (E). Innerhalb der Räume wurde weiter differenziert, um auch dort die Lage, z.B. von Bauschäden exakt angeben zu können. Die Wände wurden, beim Zugang beginnend, im Uhrzeigersinn umlaufend mit kleinen Buchstaben bezeichnet. Die Fenster- und Türnummerierung beginnt im untersten Geschoss und setzt sich fortlaufend im Uhrzeigersinn über alle Geschosse fort. F steht für Öffnungen in der Fassade, T für Öffnungen in Innenwänden.

2.4.3

Digitalisierung, Korrektur und Ergänzung vorhandener Bestandspläne

Historische Abbildungen wurden im Rahmen der Baualtersuntersuchung analysiert. Sie konnten aber nicht als Grundlage für die Erstellung aktueller Bestandspläne verwendet werden. Maßstäbliche historische Pläne sind nur von der Umbaumaßnahme 1929/30 vorhanden. Diese dienten aber bereits als Basis für spätere Umbaupläne und waren somit auch nur in bauhistorischer Hinsicht zu untersuchen. Jüngere Baupläne sind nur aus drei Planungsphasen vorhanden: 1.

Vorprojekt für eine Instandsetzung des nördlichen Bergfrieds, Architekt Dietrich Kühn, Frankfurt a. Main, September 1960

2.

Um- und Ausbauprojekt Burg Rieneck, Architekten Grellmann und Leitl, Kaiserstr. 33, Würzburg, Oktober 1983/März 1985/Oktober 1988-Juli 1989

3.

Umbau Saalgebäude, Archimed Architekten und Ingenieure, Arlbostr. 8, Erding, Mai 2002

Diese Pläne wurden gescannt und anschließend mit CAD zu neuen Bestandsplänen nachgezeichnet. Dabei konnten bereits Abweichungen, neuere Zustände, offensichtliche Fehler etc. korrigiert werden. Die Pläne aus den drei genannten früheren Projektphasen sind keine Bestandspläne im eigentlichen Sinn. Es handelt sich um Umbaupläne, aus denen aufgrund der Darstellungsweise zum Teil nur eingeschränkt ablesbar ist, was tatsächlich Bestand und was Neuplanung war. Die damalige Grundlage der alten Umbaupläne waren zudem offenbar keine Aufmaße, sondern Übernahmen aus älteren Plänen und nur oberflächliche Teilaufmaße. Insbesondere im Bereich der Kapelle und des westlichen Verbindungsflügel gab es erhebliche Abweichungen von der Realität und/oder Lücken, die für eine weitere Bearbeitung nicht hinzunehmen waren. Daher wurde der Burgmauerflügel (G) mit den im Erd- und Obergeschoss angrenzenden Räumen bzw. Anschlüssen im westlichen Bergfried (F) und die Kapelle (C) in einem lasergestützten Handaufmaß unter Berücksichtigung stärkerer Verformungen aufgemessen (Genauigkeitsstufe III). Das Ergebnis erfüllt nicht die Anforderungen an eine komplette verformungsgerechte Bauaufnahme, ist aber für den Zweck hinreichend genau.

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Zeichnung 3 Digitalisierter/vektorisierter Grundriss vor neuem Teilaufmaß, AB Haase

Zeichnung 4 Überarbeiteter Grundriss Erdgeschoss, AB Haase

2.4.4

Erstellung eines Raumbuchs

Das Raumbuch umfasst alle Räume der Burg. Sie wurden, nach Wänden, Boden und Decke gegliedert, mit ihren konstruktiven Eigenheiten aufgenommen und beschrieben. Die Textbeschreibung wird durch eine Fotodokumentation ergänzt. Die Aufnahmen sind jeweils durch die Wandnummer eindeutig zuzuordnen. Auf diese Weise ist dem Nutzer eine Identifikation der beschriebenen Wand ohne Plan, ausschließlich anhand des Raumbuchs, möglich. Damit ist ein Grundgerüst erstellt, das es bereits erleichtert, z.B. Instandsetzungsmaßnahmen zu planen oder Bedarfsermittlungen durchzuführen. Dieser Rahmen - 33 -

kann und sollte im Laufe der Zeit weiter differenziert und gepflegt werden. So entsteht nach und nach ein Instrument, in dem alle erforderlichen Kenntnisse über einen Raum und in Summe über die ganze Burg aufgeführt sind und anhand dessen gerade Probleme im Zusammenhang mit früheren Bauzuständen oder Reparaturen wesentlich besser und einfacher gelöst werden können.

2.4.5

Erstellung eines Baualtersplans

Um den besonderen Planungsanforderungen des historischen Gebäudes gerecht zu werden, wurde ein Baualtersplan erstellt. Durch die Klärung der Entstehungsgeschichte und -abfolge sowie der denkmalspezifischen Werte und Eigenschaften der einzelnen Bauteile des über einen langen Zeitraum gewachsenen und immer wieder veränderten Baukomplexes werden einerseits die Bereiche deutlich, die einem vorrangigen Schutz mit möglichst geringer Veränderung unterliegen müssen und andererseits jene, die Raum für die erforderlichen Anpassungen an die aktuellen energetischen und architektonischen Anforderungen bieten. Die Bauforschung ist somit eine wesentliche Grundlage und Voraussetzung für einen angemessenen und nachhaltigen Umgang mit dem historischen Gebäude.

Zeichnung 5 Befunduntersuchung Erdgeschoss, AB Haase

2.4.6

Baukonstruktive und bauphysikalische Erkundung

Die baukonstruktiv-technische und bauphysikalische Erkundung des Bauwerks erfolgte vor Ort zunächst durch Inaugenscheinnahme und das Einholen von Informationen über frühere Baumaßnahmen, Veränderungen, verdeckte Bauteile bzw. Bauteilaufbauten etc. Während der kalten Jahreszeit (Februar 2012) wurden Thermografieaufnahmen des gesamten Gebäudekomplexes gemacht. Gleichzeitig wurden im gesamten Burgkomplex an signifikanten Stellen Datenlogger angebracht, mit denen die Temperatur und Luftfeuchte aufgezeichnet wird. An ausgesuchten Stellen wurden Bauteilöffnungen und/oder Endosko- 34 -

pieuntersuchungen durchgeführt, um Bauteilaufbauten zu erkunden und eventuelle Bauschäden festzustellen. Burgmauerflügel (G)/westlicher Bergfried (F): Ein erster Schwerpunkt der Untersuchungen war die Küche und die darüber liegende Zwischendecke im westlichen Verbindungsflügel und im westlichen Bergfried. Hier war durch den hohen Anfall feuchtwarmer Abluft mit Schäden zu rechnen. Tatsächlich konnten in den über der Küche gelegenen Büros von Burgleiter und Küchenleitung nachgiebige Stellen im Parkettboden bei Tür T50 bzw. T51 und im Deckenanschluss in Küchenraum 0.05 Rückstände von Feuchteschäden gefunden werden. Letztere haben sich jedoch als Restspuren eines älteren und sofort nach Auftreten behobenen Wasserschadens im darüber liegenden Sanitärraum herausgestellt, die in keinem Zusammenhang mit der Bauphysik der Küche stehen. Die Bauteilöffnung der Unterdecke über dem Küchenraum 0.05 durch eine vorhandene Revisionsöffnung ergab, dass es sich um eine abgehängte Gipskartondecke mit einer Abhänghöhe von ca. 30 cm handelt. Die Zwischendecke ist ein massives Stahlbetonbauteil aus der Umbauphase VII von 1929/30. Offensichtliche Bauschäden waren nicht zu erkennen. Auf eine Öffnung der Zwischendecke im westlichen Verbindungsflügel über der Küche wurde verzichtet, da ohnehin Umbaumaßnahmen im Bereich Küche und Verwaltung vorgesehen sind. Im 6. Turmgeschoss ist an allen Fugendichtungen der Fenster starker Schimmelbefall. Eine Bohrung im besonders stark verstockten Bereich des Parkettfußbodens der Teeküche 6.04 ergab, dass das Massivparkett in Teer verklebt wurde und sich darunter eine massive Zwischendecke befindet. Schäden an der Deckenkonstruktion sind nicht anzunehmen. An der Holzbalkendecke über den Räumen 6.03 und 6.04 konnten keine Schäden festgestellt werden. Westflügel (E): Im Palas wurde die Decke über dem Speisesaal 0.04 näher untersucht. Die sichtbare Holzbalkendecke inklusive der massiven Stützpfeiler mit Kopfbändern und Sattelhölzern, Wandkonsolen und Randschwellen ist eine Unterdeckenkonstruktion und nicht die tatsächliche tragende Zwischendecke. Die Felder zwischen den Balken der Unterdecke sind mit einer akustisch wirksamen Schaumstoffplatte und darüber 10 cm Mineralwolledämmung gefüllt. Über der Unterdeckenkonstruktion befindet sich bis zur eigentlichen Holzbalkendecke noch ein ca. 30 cm hoher Hohlraum. Im Winkel zwischen dem Torhaus und dem Ostflügel (D) befand sich früher ein gewendelter Treppenaufgang mit Überbau und benachbartem erkerartigem Vorbau aus einer Fachwerkkonstruktion. Die vermauerten Wandöffnungen in Wand 1.02c wurden bei der thermografischen Erkundung aufgefunden. Die Stahlbetondecke über dem Heizraum -1.07 wird von unten durch die Abwärme der Heizkessel stark aufgeheizt. Es wurden Oberflächentemperaturen an der Unterseite der Stahlbetondecke von 30° C gemessen. Der Fußboden im darüber liegenden Programmbüro 0.02 weist immer noch eine Oberflächentemperatur von 24° C auf, was zeitweise zu unbehaglichen Raumklimaverhältnissen führt. Von einer Untersuchung der Decken unter den Sanitärräumen wurde abgesehen, da diese nicht zerstörungsfrei durchführbar gewesen wäre.

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Bild 14 Unterdecke und Stützpfeiler im Speisesaal, AB Haase

Ostflügel (D): Der Boden des laubengangartigen Flurs 1.02 auf der Hofseite des Ostflügels grenzt an die Außenluft. Es handelt sich noch um die historische Holzbalkenkonstruktion mit Fehlboden und Sandfüllung. Die Wärmeverluste durch dieses ungedämmte Bauteil sind in den Thermografieaufnahmen deutlich zu sehen. Besonders stark sind die Verluste im Bereich des Wand-Boden-Anschlusses. Die Zwischendecke über Raum 0.18 wurde abgehängt. In dem darüber liegenden Raum 1.24 befanden sich früher Sanitärräume. Aufgrund eines langandauernden Wasserschadens musste zu einem früheren Zeitpunkt ein hölzerner Tragbalken ausgewechselt werden. Die Decke wurde anschließend wiederhergestellt. Nach Auskunft von Zeitzeugen befindet sich unterhalb der eigentlichen Zimmerdecke bis zur Unterdecke über 0.18 ein Hohlraum von 0,8 m bis 1,0 m Höhe. Von einer Untersuchung der Decken unter den Sanitärräumen wurde abgesehen, da diese nicht zerstörungsfrei durchführbar gewesen wäre. Kapelle (C): Die Decke über dem Kapellenraum 0.20 wurde schon wegen des eingetretenen Bauschadens (s.o.) näher untersucht. Die Ursache des Schadens an der Unterdecke konnte geklärt und anschließend behoben werden. Das Aufmaß und eine Bauteilöffnung an vier Probestellen ergaben, dass es sich bei der Deckenkonstruktion offenbar um ein Hängewerk handelt. Die zentrale Hängesäule wird über der obersten Geschossdecke von einer Zange getragen und hält einen Tragbalken, der mittig in Längsrichtung über den gesamten Kapellenraum spannt. Unterhalb dieses Längstragbalkens, liegen die eigentlichen Deckenbalken in Querrichtung. Darunter befindet sich die hölzerne Unterdecke. Der Fußboden in der Wohnung über der Kapelle besteht aus einer doppelten Spanplattenlage mit ca. 5 cm Stärke und einem Linoleumbelag. Die Spanplatten müssen wegen des darunter befindlichen, etwa 14 cm hohen Hohlraums von einer Hilfskonstruktion getragen werden, die aber nicht näher zu klären war. - 36 -

Der von außen erkennbare polygonale Baukörper über der Apsis der Kapelle hat keinen Zugang. In der Thermografieaufnahme wird die verputzte Fachwerkkonstruktion des feldseitigen Kapellengiebels sichtbar. Dies kann als Entscheidungsgrundlage für Gestaltungsvorschläge bei späteren Instandhaltungsmaßnahmen dienen.

Bild 15 Thermografieaufnahme der Ostseite der Kapelle, AB Haase

Saalbau (A/B): Der Saalbau entspricht insgesamt, trotz der erst 2002/2003 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, nicht den aktuellen Anforderungen der novellierten EnergieEinsparverordnung (EnEV 2009). Darüber hinaus, wurden durch die Thermografie aber auch einige besondere Schwachpunkte sichtbar gemacht. Diese liegen überwiegend im Bereich des Treppenhauses. Die Holz-Glas-Elemente und die ungedämmten, die Außenhaut durchdringenden Betonpfeiler stellen sowohl konstruktiv, als auch hinsichtlich der Einbauqualität, besondere Schwachpunkte dar. Sie wurden zum Teil zwischenzeitlich durch neue HolzGlas-Elemente ersetzt. Die weiterhin ungedämmten Betonpfeiler und die Fehlstellen in der Dachdämmung müssen noch nachgebessert werden. In allen Bauteilen werden durch die Thermografieaufnahmen Schwachpunkte, wie undichte Fenster und Türen, ungedämmte Heizkörpernischen und Heizungsleitungen unter Putz, etc. sichtbar, die gezielt nachgebessert werden können. Die Auswertung der Datenlogger bestätigt das Ergebnis der vorangegangenen Untersuchungen. Darüber hinaus konnten noch Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Heizungs- bzw. Lüftungsverhalten gewonnen werden, aufgrund derer Empfehlungen für den weiteren Betrieb gemacht werden können. Gerade die Ergebnisse der Raumklimamessung in Raum 1.13 der Verwaltung bestätigen die anhand der Thermografie aufgedeckten Schwachstellen und Problemzonen im Obergeschoss des Burgmauerflügels und decken sich mit den Aussagen des dort beschäftigten Personals über zu hohe Temperaturen im Sommer und Kälte/Zugerscheinungen im Winter. Nur anhand der Begutachtung der Baukonstruktion und unter Berücksichtigung des geringen Alters wäre die Beurteilung sicherlich nicht der Realität angemessen negativ ausgefallen. Durch die extrem undichten Türen und Fenster und infolgedessen sehr kalten Sockelbereiche und Fußbodenflächen in Verbindung mit ebenfalls schlechten Außenwänden und Mängeln in der Deckendämmung entstehen kalt abstrahlende Hüllflächen und - 37 -

Bild 16 Thermografieaufnahme Raum 1.14 (Burgleitung), AB Haase

Grafik 1 Datenlogger-Auswertung Raum 1.13, AB Haase

Zuglufterscheinungen, die den Aufenthalt in den Räumen unbehaglich machen. Es wurde offensichtlich versucht diesen Mangel durch starkes Aufheizen der Raumlufttemperatur (bis zu 26°C) zu kompensieren, was aber nur sehr begrenzt Erfolg haben kann und sehr viel Energie kostet. Im Absenkbetrieb fällt die Raumtemperatur wiederum zu stark ab, was einen unnötigen Energieaufwand beim erneuten Hochheizen verursacht. Im Sommer machen sich die baukonstruktiven Mängel umgekehrt durch zu hohe Temperaturen bemerkbar, so dass Kühlgeräte mit hohem Stromverbrauch eingesetzt werden müssen, um eine notdürftig akzeptable Arbeitsumgebung zu erreichen. In der Wohnung der Freiwilligendienstler oberhalb der Kapelle (Datenlogger Raum 2.25) fallen zunächst die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht auf. Sie belegen deutlich die Problematik - 38 -

der ungedämmten Wände und nicht bzw. unzureichend gedämmten Decken und Dachschrägen. Selbst durch bedenklich hohe Heizkörper-Oberflächentemperaturen (70°C) lässt sich weder ein behagliches Raumklima erreichen, noch der starke Schimmelbefall verhindern. Im Treppenhaus des westlichen Bergfrieds (Datenlogger Raum 3.09) bleibt die Raumtemperatur bedingt durch die hohen Speichermassen relativ gleichmäßig, bzw. steigt im Jahresverlauf nur langsam und kontinuierlich an und fällt ebenso wieder ab. Eindeutig zu hoch ist, im Verhältnis zur Raumtemperatur, die Luftfeuchtigkeit. Dies ist auf den Abzug sehr feuchter Luft aus der Küche durch das Turmtreppenhaus zurückzuführen.

2.4.7

Energiebedarfsberechnung und Ermittlung von Einsparpotentialen

Neben der Untersuchung und Analyse des baulichen Zustands von Burg Rieneck wurden die vorhandenen energetischen Verhältnisse ermittelt und ausgewertet. Erst die Kombination beider Komponenten bietet eine fundierte Grundlage zur Entwicklung eines energetischen Sanierungskonzeptes. Zuerst wurde die Energiebilanz des Gebäudekomplexes gemäß den geltenden gesetzlichen Vorschriften der EnEV 2009 nach DIN 18599 mit den Randbedingungen des öffentlich-rechtlichen Nachweises berechnet. Da es sich um Bestandsgebäude handelt, mussten zunächst aufwändig die der Berechnung zugrundliegenden Parameter (Flächen- und Rauminhalte, Beschaffenheit der Hüllflächen, Fensterflächenanteil, solare Gewinne etc.) ermittelt werden. Angewendet wurde das Referenzgebäudeverfahren, das seit der letzten Novellierung der EnEV im Jahre 2009 auch für Wohngebäude vorgeschrieben ist. Im Ergebnis darf der Jahres-Primärenergiebedarf eines bestehenden Wohngebäudes bei der Sanierung den Wert des Referenzgebäudes um nicht mehr als 40% überschreiten. Gleiches gilt für den Höchstwert des spezifischen, also auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlust des Bestandsgebäudes. Die Berechnung ergab für das Referenzgebäude einen Primärenergiebedarf von ca. 715.000 kWh/a. Inklusive der zulässigen 40-prozentigen Überschreitung dürfte Qp also nicht höher sein, als ca. 1.001.000 kWh/a. Ermittelt wurde für Burg Rieneck im derzeitigen Zustand aber ein Primärenergiebedarf von ca. 1.770.000 kWh/a. Damit verbraucht der Gebäudekomplex rechnerisch etwa doppelt so viel Energie, wie von der EnEV vorgesehen ist. Diesem, für sich gesehen, vernichtenden Ergebnis für die Bewertung von Burg Rieneck in energetischer Hinsicht, stehen die realen, über einen Zeitraum von 14 Jahren belegten Verbrauchsdaten der Burg entgegen. Hierdurch wird ein tatsächlicher Energiebedarf von lediglich ca. 410.000 kWh für Heizung (ca. 318.600 kWh/a) und Bereitung von Trinkwarmwasser (ca. 91.400 kWh/a) belegt. Dieser Wert liegt weit unter dem rechnerisch nach DIN 18599 ermittelten Endenergiebedarf Heizung Qh,e und Trinkwarmwasser Qw,e von ca. 1.431.000 kWh/a. Es zeigt sich damit, dass die nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren gewonnenen Werte extrem von den tatsächlichen Energieverbräuchen abweichen. Sie sind also sowohl für eine reale Beurteilung, als auch für die Ermittlung des tatsächlichen Einsparpotentials bei der energetischen Sanierung von historischer Bausubstanz praktisch unbrauchbar. Um die tatsächlichen Energieeinsparpotentiale entsprechend der Zielformulierung des Vorhabens ermitteln und abwägen zu können, wurde daher auf eine Berechnung des Heizwärmebedarfes Ht, der sich aus den Transmissions- und Lüftungswärmeverlusten abzüglich der solaren und internen Wärmegewinne ergibt, zurückgegriffen. Der ermittelte Heizwärmebedarf je Bauteil wurde mit den Gradtagszahlen multipliziert (Heizperiode 225 d/a; Heizgrenztemperatur 12°C). Dieser moderat gewählte Wert soll die große Temperatur-Trägheit der - 39 -

Konstruktion und das tiefe Absenken der Raumtemperatur außerhalb der Nutzungszeit abbilden. In der Summe ergab dies einen Heizwärmebedarf für den Bestand von ca. 565.000 kWh/a anstatt 1.065.000 KWh/a in der Berechnung nach DIN 18599. Dieser Wert liegt zwar immer noch höher, als der gemessene Verbrauchswert, ist aber wesentlich realistischer. Bei einer Annahme eines Anteils von 23 % für die Trinkwarmwassererzeugung ergibt sich ein Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasser im Bestand von ca. 700.000 kWh/a. Da für die Ermittlung des Heizwärmebedarfs alle Bauteile mit ihren Einzelkomponenten erfasst wurden, konnten in Folge leicht die Auswirkungen von einzelnen Veränderungen und somit die tatsächlichen Energieeinsparpotentiale von Nachdämmmaßnahmen hinsichtlich ihrer Effizienz überprüft und gewertet werden. Besonders intensiv wurde das Energieeinsparpotential in den Fenster-/Heizkörpernischen untersucht. Mit einem Simulationsprogramm für Wärmebrückenberechnungen wurde die Geometrie der Heizkörpernischen abgebildet, zunächst mit den Standard-Randbedingungen für Raumbeheizung versehen. Vergleichend wurde statt dem normalen Innenputz (d = 3 cm) ein Perlite-Dämmputz (λ = 0,077 W/(m²K)) eingegeben und berechnet. Dieser wurde in der Heizkörpernische mit 6 cm, in den Fensterlaibungen von 6 cm (am Fenster) auslaufend auf 3 cm angenommen. Als dritte Variante wurde ein Aerogel-Dämmputz (λ = 0,03 W/(m²K)) eingesetzt. Ergänzend wurde noch eine weitere Variante mit 12 cm starken Dämmstoff mit λ = 0,025 W/(m²K) als Dämmung hinter dem Heizkörper berechnet, dessen Einsatz geringfügige Umbauarbeiten hinsichtlich der Heizkörperanbringung mit sich bringen würde. Bild 17 Schema der Konvektion in einer Heizkörpernische

Die Standard-Randbedingungen wurden modifiziert, um den Einfluss von realistisch erhöhten Temperaturen an der Fensterscheibe und hinter dem Heizkörper zu berücksichtigen. Zwischen Heizkörper und Wand wurde eine Durchschnittstemperatur von 45°C, resultierend aus der maximalen Vorlauftemperatur

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im Winter (70°C) im oberen Teil des Heizkörpers und einer Absenktemperatur während der NichtNutzungszeiten oder in der Übergangszeit der Heizperiode, angenommen. In den Randbereichen neben dem Heizkörper und an den ersten 20 cm der Laibung wurde eine Temperatur von 30°C angenommen. Für die Bereiche hinter dem Heizkörper und zu Beginn der Laibung wurde der Wärmeübergangswiderstand von 0,13 W/(m²K) für Innenräume auf 0,04 W/(m²K) reduziert, um den erhöhten Luftgeschwindigkeiten durch Konvektion am Heizköper Rechnung zu tragen. Für die Heizperiode wurde ein Wert von 225 Heiztagen mit einer Heizgrenztemperatur von 12°C (~ Bauten, nach Wärmeschutzverordnung 1984) statt 15°C angenommen. Der relativ günstige Wert (kurze Heizperiode) soll die große Speicherkapazität des dicken Mauerwerks wiederspiegeln. Aus dem Vergleich der Varianten lassen sich der Einflussbereich und die Temperaturdifferenz auf der Wandaußenseite um die Heizkörpernische ablesen. Es ergibt sich für die Heizkörpernische eine Erhöhung des Wärmestroms gegenüber den Standardwerten um den Faktor 2,6. Die Nachdämmung hinter den Heizkörpern in den Heizkörpernischen hat entsprechend eine überproportional große Bedeutung. Durch den Einsatz von Folien zur Reflektion der Wärmestrahlung lässt sich der Effekt weiter verbessern. Das gleiche Verfahren wurde für den Fensterbereich über der Heizkörpernische verwendet. Die Standard-Randbedingungen wurden entsprechend modifiziert, um den durchschnittlichen Wärmestrom während der Heizperiode darzustellen. An der Scheibe wurde eine durchschnittliche Raumlufttemperatur von 30°C angenommen. Hierbei wurden die höheren Werte direkt über der Fensterbank und die geringeren in Fenstermitte berücksichtigt. Die Übergangsbeiwerte von 0,13 W/(m²K) auf 0,04 W/(m²K) reduziert, da durch den ständigen Luftstrom an der Scheibe der Wärmeübergang von der Raumluft auf die Fensterscheibe verstärkt stattfindet und die wärmedämmende (stehende) Luftschicht immer wieder durch die nachströmende Luft verdrängt wird. Der durchschnittliche Wärmestrom während der Heizperiode wurde ermittelt und mit dem Wärmestrom bei Standard-Randbedingungen verglichen. Hieraus ergibt sich, dass real etwa 1,6 mal so viel Wärme durch das Fenster verloren geht, als bei Norm-Temperaturen von 20°C Raumtemperatur und einer mittleren Außentemperatur von 5°C.

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Bild 18 Bestand (altes Fenster mit ungedämmter Laibung)

Bild 19 neues Fenster mit Aerogel-Dämmung in der Laibung und thermischer Trennung

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2.4.8

Umsetzbarkeit von Wärmedämmmaßnahmen

Wärmedämmung von außen an Wandflächen muss in Hinblick auf den Erhalt der historischen Fassadengestaltung ausgeschlossen werden. Innendämmung ist mit geeigneten offenporigen mineralischen Dämmplatten, die das in der Wand ausfallende Kondensat schadensfrei aufnehmen, möglich, sofern die systembedingten Einbau- und Beschichtungsrestriktionen eingehalten werden. Berücksichtigt werden müssen aber die hieraus folgende Verkleinerung der Räume und die teilweise notwendigen Anschlussverbesserungen an den Innenwand, Decken- und Bodenanschlüssen. Gerade in kleinen Sanitärräumen ist das System deshalb ohne erhebliche funktionale Einschränkungen (z.B. Reduzierung von Räumen durch Zusammenlegung) nicht umsetzbar und stößt auch in den maximal ausgenutzten Herbergszimmern schnell an Grenzen. Hinzu kommen die hohen Kosten, die mit einer großflächigen Anwendung von Innendämmung verbunden wären. Innendämmungen, die systembedingt auf eine hundertprozentige Dampfsperre angewiesen sind, müssen unter realen Bau- und Betriebsbedingungen ohnehin abgelehnt werden, da eine längerfristige Schadensfreiheit nicht garantiert und dadurch bedingt erhebliche Folgeschäden an der Gebäudesubstanz nicht ausgeschlossen werden können. Bei starken Mauerwerkswänden mit hohem Wärmespeicherpotential ist die Anwendung von Innendämmung auch noch aus einem anderen Grund zu hinterfragen: Die Innendämmung verhindert auch eine Erwärmung der Wände als Speichermasse und damit die Nutzung dieses vorhandenen Potentials. Der Saalbau bietet jedoch gute Möglichkeiten für eine Nachbesserung der Wärmedämmung und unterliegt keinen großen Restriktionen seitens der Denkmalpflege. Erhebliche Verbesserungen können auch im Zuge des Umbaus des Burgmauerflügels erfolgen.

2.4.9

Brandschutz

In der Vergangenheit wurde kein umfassendes Brandschutzkonzept für die Gesamtheit von Burg Rieneck erstellt. Es wurden - wie üblich und vorgeschrieben - lediglich im Bereich von Umbaumaßnahmen behördliche Auflagen gemacht und umgesetzt. Eine Brandmeldeanlage (BMA) ist bisher nicht vorhanden. Ein sog. „Hausalarmsystem“, mit der Erstalarmierung durch eine natürliche Person rund um die Uhr ist eingerichtet worden.

Hinsichtlich des Brandschutzes gliedert sich die Burg in sechs Brandabschnitte: 1.

Saalbau (A) und Treppenhaus Saalbau (B)

2.

Kapelle (C)

3.

Ostflügel (D) und Torhaus (E)

4.

Palas (E) und westlicher Bergfried (F)

5.

Burgmauerflügel (G)

6.

nördlicher Bergfried (H)

In sich sind die Abschnitte durch Öffnungen miteinander verbunden. Punktuelle Nachbesserungen der Übergänge sind anzuraten. - 43 -

Zeichnung 6 Aufteilung in Brandabschnitte, AB Haase

Die Burg ist von außen durch die Feuerwehr anfahrbar. Der Burghof hingegen ist wegen der engen, steilen und abknickenden Tordurchfahrt nicht mit Löschfahrzeugen zu erreichen. Vor dem Burgtor ist ein Hydrant vorhanden, der eine Ankopplung an die Steigleitungen in den Treppenhäusern ermöglicht. Im Burghof ist eine mobile stationäre Rettungsleiter angebracht. Sie ist insbesondere zum Anleitern der Fensteröffnung von Raum 2.20 über der Kapelle erforderlich, da die Wohnung der Freiwilligendienstler über der Kapelle nicht über einen zweiten baulichen Rettungsweg verfügt. Stellflächen zum Anleitern müssen neben dem Hofraum vor der Kapelle auch vor der Ostseite des südöstlichen Verbindungstrakts (D) und der Südseite des Torhauses (E) freigehalten werden. Empfehlenswert wäre das Vorhalten einer zweiten Rettungsleiter im Rondellgarten vor Bauteil D, die an beiden angrenzenden Fassadenabschnitten bei Bedarf zum Einsatz kommen könnte. Ergänzend ist zudem die Ausstattung von Räumen ohne baulichen zweiten Rettungsweg mit frei zugänglichen, zusammenlegbaren Rettungsleitern mit Abstandhaltern, die eine Flucht über den zweiten Rettungsweg auch ohne Hilfe von außen ermöglichen, sinnvoll. Hinsichtlich der Treppen und notwendigen Treppenräume sollten auch ohne zwingende Notwendigkeit zur weiteren Verbesserung der Sicherheit einige Ergänzungsmaßnahmen ausgeführt werden. Die Holztreppen können brandschutztechnisch durch Verkleidungen aufgewertet werden. Soweit ein vorschriftsmäßiger zweiter Rettungsweg vorhanden ist, kann die Notwendigkeit aber in Frage gestellt werden. Brennbare Wandbekleidungen könnten durch eine Beschichtung feuerhemmend ausgestattet werden. Möglich wäre - zusätzlich zu den vorhandenen Außenfenstern - die Ausstattung der Treppenhäuser mit Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), die eine Entrauchung der Treppenräume und eine Eindämmung der Wärmeentwicklung sicherstellen. Der vom Treppenraum 1.21 abgehende Flur 1.21 sollte durch eine rauchdichte, selbstschließende Tür T30 abgetrennt werden, auch wenn es sich nicht um einen im Brandschutzsinn notwendigen Flur handeln sollte. Nasssteigleitungen sind im Brandabschnitt AB,

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Trockensteigleitungen in den übrigen Brandabschnitten vorhanden. Feuerlöscher werden ebenfalls in geeigneter Anzahl und Verteilung vorgehalten. Eine Blitzschutzanlage ist nur beim Saalbau (A/B) vorhanden. Aufgrund der exponierten Lage der Burg, die denkmalgeschützte Bausubstanz und die Funktion als Beherbergungsstätte ist eine Vervollständigung des Blitzschutzes anzuraten.

2.4.10 Maßnahmen zur energetischen Sanierung 2.4.10.1 Energieeinsparung durch Dämmmaßnahmen Mit Hilfe der bauteilspezifischen Berechnung des Heizwärmebedarfes Ht wurden die Verbrauchsanteile an Heizenergie ermittelt und mögliche Dämmmaßnahmen im gleichen Maßstab bewertet. Ergebnis war, dass es sinnvoll ist, geringere Mittel durch aufwändige und teure Nachdämmmaßnahmen zu binden und mehr in innovative Haustechnik und die Nutzung regenerativer Energien zu investieren, um die Ziele der energetischen Sanierung zu erreichen. Gute Ergebnisse können durch die Nachdämmung des Saalbaus (A) und die Dämmung des Burgmauerflügels sowie der Wohnung über der Kapelle im Zuge der ohnehin erforderlichen Umbaumaßnahmen erreicht werden (Synergieeffekte). Großangelegte Dämmmaßnahmen in den historischen Bauteilen entfallen im Sinne des Denkmalschutzes. Erhebliche Verbesserungen sind aber zeitnah durch gezielte Einzelmaßnahmen zu erzielen: Im Treppenhaus des Saalbaus (B) hingegen konnten die Energieverluste durch die schlechten und undichten Fenster-/Türelemente im Erdgeschoß bereits durch zwischenzeitlich eingebaute neue Elemente reduziert werden, wie eine wiederholte Überprüfung durch Thermografieaufnahmen belegt. Verstärkt wurden hierdurch allerdings auch die ohnehin negativen Auswirkungen des ungedämmten Betonpfeilers. Hier sollte aus energetischen Gründen, aber auch zur Vermeidung sonst folgender Bauschäden nachgedämmt werden. Gleiches gilt in geringerem Maße für die Stürze über den Fassadenelementen. Empfehlenswert wäre auch eine Sanierung der ermittelten Fehlstellen und Verbesserung der Dämmung des Treppenhausdaches (1.62). Unterhalb des Laubengangs 1.02 und über der Tordurchfahrt im Erdgeschoss des Torhauses (E) kann bei gleichzeitiger Verbesserung der Anschlusssituation Boden/Wand die Wärmedämmung von unten leicht verbessert werden. Im Kapellenraum 0.20 könnten durch eine Innendämmung des Bogenfeldes über dem Portal und eine Verbesserung der Bleiverglasungen ebenfalls mit geringen Mitteln Verbesserungen erreicht werden.

Die abgehängte Decke über der Hausmeisterwerkstatt 0.18 im südöstlichen Verbindungstrakt (D) ist sehr kalt. Vermutlich steht der Raum über der Abhängung mit der Außenluft in Verbindung. Durch die, auf die abgehängte Decke aufgelegte Wärmedämmung aus Mineralfaser, kann sich der Luftraum oberhalb nicht erwärmen, weshalb die Decke eine unangenehm abstrahlende, kalte Oberfläche hat. Sinnvoll wäre es, die abgehängte Decke zu entfernen. Maßnahmen: Die Nachdämmung von Fensternischen mit Heizkörpern, inklusive der seitlichen Laibungen mit geringen Dämmstärken ist ohne dazu erforderliche Modifikation der Heizkörper oder Heizungsleitungen möglich. - 45 -

Einsparpotential mit Perlite-Dämmputz 0,077 W/(m²K) oder Aerogel-Dämmputz 0,03 W/(m²K) oder 12 Dämmung mitder WLG 025 Durch diecm Nachdämmung Heizkörpernischen ergeben sich folgende Einsparpotentiale bei einer Vollbei Vollbeheizung auf 20°C beheizung: Bauteil C D E F+G Summe

Einsparpotential Einsparpotential Einsparpotential Perlite-Dämmputz Aerogel-Dämmputz WLG 025 ca. 2.000 kWh/a ca. 2.500 kWh/a ca. 2.700 kWh/a ca. 13.500 kWh/a ca. 17.800 kWh/a ca. 20.100 kWh/a ca. 32.300 kWh/a ca. 41.000 kWh/a ca. 48.400 kWh/a ca. 13.500 kWh/a ca. 19.000 kWh/a ca. 21.600 kWh/a ca. 61.300 kWh/a ca. 80.300 kWh/a ca. 92.800 kWh/a

Folgende zusätzliche Einsparungen können durch einen Fenstertausch durch die Berücksichtigung der höheren Temperaturen über den Heizkörpern erreicht werden: Bauteil

Einsparpotential

C

ca. 800 kWh/a

D

ca. 4.400 kWh/a

E

ca. 5.600 kWh/a

F+G

ca. 3.500 kWh/a

Summe

ca. 14.300 kWh/a

Effektive Einsparung durch den Vergleich mit dem tatsächlichen Verbrauch:

Summe aus beiden Effekten

Perlite-Dämmputz Aerogel-Dämmputz WLG 025 ca. 52.500 kWh/a ca. 65.700 kWh/a ca. 77.600 kWh/a

Die Effizienz der unproblematisch umsetzbaren Nachdämmung der beheizten Fensternischen entspricht etwa demjenigen einer vollständigen Innendämmung der restlichen Wandflächen mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten und nachteiligen Effekten.

Kritischer als die Nachdämmung der Fensternischen ist die nachträgliche Abdichtung undichter Fugen an Fenstern und Türen. Hier ist individuell zu entscheiden, je nachdem, wie stark die konkreten Wärmeverluste tatsächlich sind, welche Auswirkungen auf die Lüftungssituation entstehen und wie stark die angrenzenden Wandflächen durch die Maßnahme beeinträchtigt werden bzw. welche Folgekosten für die Wiederherstellung der Oberflächen ausgelöst werden. Alternativ wäre auch eine Erneuerung wenigstens eines Teils der Fenster unter Umsetzung aktueller Dämmwerte denkbar. Im westlichen Bergfried (F) sollte wegen der extremen Begleiterscheinungen (Eiszapfen an der Tür im Innern) wenigstens die Eingangstür vom Hof F43 gegen eine besser gedämmte und dicht eingebaute Tür ausgetauscht werden.

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Bild 20 Eiszapfen an Tür F43 innen. AB Haase

2.4.10.2 Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung Die Möglichkeiten der Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung sind auf Burg Rieneck relativ gering. Wärmerückgewinnung aus der Abluft scheitert in den meisten Bereichen des Gebäudekomplexes daran, dass entweder keine Lüftungsanlage, oder nur eine Abluftanlage ohne Zuluftkanäle vorhanden ist. Empfehlenswert ist eine Nutzung der Abwärme im Bereich der Küche und des angrenzenden Speisesaals, sowie der Verwaltungsräume, da hier ohnehin eine neue Lüftungsanlage eingebaut werden und der erforderliche Um- und Anbau nach Stand der Technik luftdicht ausgeführt werden muss, was wiederum eine mechanische Luftzufuhr bedingt. Hier können Synergieeffekte aus der Abwärme der neu zu schaffenden Kühlräume und der Abluft genutzt werden. Durch die Ergänzung des üblichen KreuzstromWärmetauschers mit einer nachgeschalteten Wärmepumpe kann bis zu 98 % der Wärme zurückgewonnen werden. Möglich wäre auch ein Umbau der Lüftungsanlage im Saalbau, der eine Wärmerückgewinnung zulässt. 2.4.10.3 Energieeinsparung durch Solarenergienutzung - Variante 1 Burg Rieneck bietet durch die freie Lage auf einer Bergkuppe und die lange Nord-Süd-Erstreckung optimale Flächen für die Installation von Absorbern für eine umfassende Nutzung von Solarenergie. Einschränkend wirkt sich die Einstufung der Burg als Baudenkmal aus. Grundsätzlich darf aus diesem Grund das frei einsehbare äußere Erscheinungsbild nicht durch Kollektoren oder PV-Anlagen beeinträchtigt werden. Dies reduziert die Anbringungsmöglichkeiten drastisch. Glücklicherweise befindet sich aber am Fuß der heutigen Burgmauer eine Terrasse mit unverschattetem Terrain, an dessen südlichem Ende die Gewächshäuser/Schuppen der ehem. Gärtnerei der Burg stehen. Geeignete Aufstellflächen bietet auch die nördliche Fortsetzung des Höhenrückens mit dem Zeltplatz. - 47 -

Bild 21 Blick von der ehem. Gärtnerei nach Norden, AB Haase

Zur Versorgung des Niedertemperatur-Heizkreislaufes bieten sich Einfachabsorber (Niedertemperaturkollektoren) als Rohrbündel-Absorber aus Kunststoff an, die selbst geringe Erträge effizient umwandeln können. Mangels störender Reflektionen sind sie auch besser mit der Denkmalpflege zu vereinbaren. Die Absorber können entweder direkt entwärmt werden oder über einen Eisspeicher einspeisen. Grundsätzlich

von

der

thermischen

Solarenergienutzung

zur

Raumheizung

und

Trinkwarm-

wasserbereitung ist die Photovoltaik (PV) zu unterscheiden, mit deren Hilfe Solarenergie in elektrischen Strom umgewandelt wird. Der Strom kann entweder direkt oder indirekt, z.B. über elektrisch betriebenen Wärmepumpen verwendet werden. Der Stromverbrauch von Burg Rieneck wird durch den Betrieb von Wärmepumpen für die Nutzung thermischer Solarenergie und Umweltwärme erheblich steigen. Erstrebenswert ist deshalb schon aus Kostengründen eine möglichst weitgehende Deckung des Eigenbedarfs an Strom durch örtliche Solarenergienutzung. Eine große, nutzbare Fläche steht im Bereich der ehemaligen Gärtnerei zur Verfügung. Eine optische Beeinträchtigung der Burg kann so vermieden werden. Eine Speicherung des produzierten Stroms kann erst sinnvoll werden, wenn die Preise für die notwendigen Batterien und die Ladetechnik deutlich sinken und falls die Menge des produzierten Stroms den Eigenbedarf tatsächlich in nennenswerter Höhe überschreitet. Letzteres ist aber nicht zu erwarten.

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2.4.10.4 Möglichkeiten zur Energiespeicherung Das grundsätzliche Problem der Nutzung von Solarenergie zur Deckung des Heizwärmebedarfes liegt darin, dass die Zeiträume in denen große Mengen von Energie gewonnen werden kann und die Zeiträume, in denen die Energie benötigt wird, nicht deckungsgleich sind. Deshalb war es in der Vergangenheit nur in den Übergangszeiten (Frühling/Herbst), über die Deckung eines hohen Anteils des Energiebedarfs für die Trinkwarmwassererwärmung hinaus möglich, auch größere Anteile des Heizwärmebedarfs durch Solarenergienutzung zu decken. Hochgedämmte, großvolumige Warmwasserspeicher zur Speicherung der solaren Wärmeenergie sind wegen des großen Platzbedarfs und der extrem hohen Investitionskosten nicht empfehlenswert. Ein sehr gutes Speichervermögen bei relativ geringen Herstellungs- und Betriebskosten bieten stattdessen Eisspeicher, weshalb die Variante 1 der zukünftigen Energieversorgung von Burg Rieneck diese Variante des Eisspeichers untersucht. Ein Eisspeicher ist ein wassergefüllter Erdtank aus Beton, der die Wärmeenergie aus den Absorbern aufnimmt. Durch das niedrige Temperaturniveau des Speichermediums (-5°C bis +20°C) können auch niedertemperaturige solare Gewinne genutzt werden. Auf eine teure Dämmung des Speichers und der Verbindungsleitungen kann wegen des umgebenden, im Jahresmittel 8°C warmen Erdreichs verzichtet werden. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass durch das Erdreich sogar eher Energie gewonnen als verloren wird, da die Speichertemperaturen in der Regel niedriger sind als die Temperatur des umgebenden Erdreichs. Bei Bedarf kann die gespeicherte Wärmeenergie mit Hilfe einer hocheffizienten Sole/Wasser-Wärmepumpe dem Speichermedium wieder entzogen werden. Durch den Übergang von 0°C warmem Wasser zu 0°C warmem Eis entsteht Kristallisationswärme. Die enthaltene Energie des Phasenwechsels von Eis zu Wasser entspricht dem Wärmeinhalt eines Warmwasserspeichers, der von 81°C auf 1°C abgekühlt wird. In den Übergangszeiten genügt eine Niedertemperatur-Wärmepumpe, um die geforderte Vorlauftemperatur zu erreichen. Bei höherem Bedarf durch niedrigere Außentemperaturen ist eine zweite Wärmepumpe für die Hochtemperatur im alten Heizungssystem erforderlich. 3

Ausreichend Fläche und eine geeignete Bodenbeschaffenheit für die Unterbringung eines 500 m großen Eisspeichers ist im größeren Hofbereich des Mitarbeiterwohnhauses (Schloßberg 1a) vorhanden. Eine am vorgesehenen Bauplatz des Eisspeichers vorgenommene Baugrunderkundung ergab überwiegend leicht abbaubares, aufgeschüttetes Erdreich und nur wenig, aber schweren Fels im unteren Bereich an den Rändern. Die bisher nur für die TWW-Versorgung ausgelegte Zahl und Größe an vorhandenen Pufferspeichern ist für die zukünftige Erwärmung der Heizkreisläufe und des Trinkwarmwassers zu klein. Eine Vergrößerung ist schwierig, da die Kellerräume niedrig und beengt sind. So konnten bereits die vorhandenen Pufferspeicher in Raum -1.08 im Torhaus damals nur durch einen Abbruch der Kellerdecke und der Fahrbahn in der (einzigen) Tordurchfahrt eingebracht werden. Empfohlen wird daher die Unterbringung eines zusätzlichen Schichtenspeichers in einer neuen Heizzentrale außerhalb der historischen Gebäude. Diese neue Heizzentrale darf aber aus denkmalpflegerischen Gründen die historischen Gebäude optisch nicht beeinträchtigen und muss dennoch um Wärmeverluste zu vermeiden in der Nähe sowohl des Wärmeerzeugers, als auch der Verbraucher angeordnet sein.

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Bild 22 Heizungsraum -1.08 mit erneuerter und abgestützter Kellerdecke, AB Haase

2.4.10.5 Energieeinsparung durch Gewässerentwärmung - Variante 2 Eine zweite, alternative Variante zur Deckung des Energiebedarfs von Burg Rieneck besteht in der Entwärmung des Flusses Sinn mit Hilfe einer Wärmepumpe. Es handelt sich um ein Gewässer 1. Ordnung das östlich unterhalb des Schloßbergs an Burg Rieneck vorbeifließt. Das zuständige Wasserwirtschaftsamt hatte vorab keine grundsätzlichen Einwendungen. Eine günstige Entnahmestelle bietet ein ehemaliges Klärbecken im Uferbereich der Sinn unterhalb des Rathauses. Für eine Förderung der notwendigen Wärmepumpen über das Marktanreizprogramm (MAP) der Bundesregierung müssen die Wärmepumpen in Bestandsgebäuden untergebracht werden, die vor 2009 errichtet wurden. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass eine Förderung nur dann bewilligt wird, wenn die Wärmepumpen in den bestehenden Gebäuden der Burg bzw. der Mühle untergebracht werden und keine neuen Betriebsgebäude dafür errichtet werden. Problematisch ist die Leitungsführung zur Burg, da durch eine Untersuchung der vorhandenen Abwasserkanalisation deren sehr kostengünstige Mitverwendung wegen zu geringer Kanalquerschnitte ausgeschlossen werden musste. Erforderlich ist eine Wärmepumpe an der Entnahmestelle, die nur einen geringen Temperaturhub erreicht, damit die Leitungsverluste bis zur Burg minimiert werden und eine weitere Wärmepumpe in der Heizzentrale der Burg, um die für den Heizkreislauf notwendige hohe Temperatur zu erzeugen. Die mittlere Wassertemperatur liegt während der Heizperiode bei ca. 5°C. Durch die Nutzung der Gewässerwärme, die das ganze Jahr zur Verfügung steht, könnte auf den Eisspeicher verzichtet und so eine geringere Investitionssumme erreicht werden. Weiter verbessert werden könnte die Wirtschaftlichkeit der Gewässerentwärmung, wenn die erzeugte Wärmeenergie nicht nur von - 50 -

Grafik 2 Wassertemperaturen der Sinn im Jahr 2012, Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg

der Burg, sondern auch von benachbarten kommunalen Einrichtungen, z.B. dem Rathaus, der Feuerwehr und der Kirche genutzt werden würde. Eine kurzfristige Übereinkunft mit der Gemeinde zur gemeinsamen Umweltwärmenutzung konnte jedoch nicht erreicht werden. Hierdurch ist eine wirtschaftliche Umsetzung nicht möglich. 2.4.10.6 Energieeinsparung durch Einsatz effizienter Energietechnik Problematisch sind für eine effiziente Nutzung der Umweltenergie die im alten Heizungssystem erforderlichen hohen Vorlauftemperaturen von 90/70°C (Auslegungstemperatur bei -16°C an der Übergabestelle zum Saalbau). Dieser Wärmetauscher sollte vergrößert werden, so dass die Vorlauftemperatur auf 70°C gesenkt werden kann. Durch einen Betrieb mit niedrigen Vorlauftemperaturen in Verbindung mit Flächenheizungssystemen im Saalbau und im Burgmauerflügel, könnte eine weitere Effizienzsteigerung erreicht werden. Durch den Einsatz hocheffizienter Pumpen für die Heizungs- und Solarkreisläufe kann Strom in spürbarem Umfang eingespart werden. Dies trifft gerade auf eine umfangreiche Anlage mit mehreren Komponenten und großen Leitungslängen, wie sie auf Burg Rieneck erforderlich ist, zu.

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Bei den in beiden eventuellen Varianten zum Einsatz kommenden elektrisch betriebenen Wärmepumpen muss auf eine hohe Effizienz geachtet werden, damit der Stromverbrauch möglichst weitgehend über die Erträge der Photovoltaik-Anlage gedeckt werden kann. Grundsätzlich ist auf eine möglichst hohe Jahresarbeitszahl (JAZ) bzw. einen entsprechenden, für die Berechnung der JAZ erforderlichen COP-Wert zu achten. Dies ist mit den vorhandenen hohen Vorlauftemperaturen nicht realisierbar. Mit Hilfe von dezentralen Frischwasserstationen für die Trinkwarmwasserbereitung und die Ausnutzung des jahreszeitlich unterschiedlichen Wärmebedarfs kann der Wärmepumpenbetrieb in einen Hoch- und einen Niedertemperaturbereich unterteilt und damit effizienter gestaltet werden. Allerdings können Frischwasserstationen bei Berücksichtigung der Legionellenproblematik nur dort eingebaut werden, wo die Leitungswege kurz sind und alle TWW-Zapfstellen müssten erneuert werden. Dies würde jedoch umfangreiche Umbaumaßnahmen verursachen, daher scheidet diese Version ebenso aus. Grundsätzlich sinnvoll und Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln, ist ein hydraulischer Abgleich und eine gebäudebezogene Anpassung der Heizkurve der Heizungsanlage. 2.4.10.7 Biomasseheizung zur Deckung des Hochtemperaturbedarfs Zur Deckung des Energiebedarfs des Hochtemperatur-Heizkreislaufs, der nicht wirtschaftlich durch Solarenergie, Wärmerückgewinnung und Kristallisationswärme bzw. Gewässerentwärmung gedeckt werden kann, ist ein zusätzlicher Verbrennungskessel benötigt. Aufgrund der Vorgaben soll als Energieträger Biomasse verwendet werden, damit eine CO2-neutrale Verbrennung gewährleistet werden kann. Auf dem Markt werden ausgereifte Heizungssysteme für die Verbrennung von Holzhackschnitzeln und Holzpellets in größerer Zahl angeboten. Holzhackschnitzelheizungen sind aufwändig, platzintensiv und mit hohen Investitionen verbunden. Sie kommen aufgrund der höheren Anlagenpreise, der hohen Wartungskosten sowie der schwierigen Anlieferung und Lagerung des Brennstoffs nicht in Frage. Holzpellets sind in der Herstellung energieintensiver als Hackschnitzel und entsprechend teurer. Der Brennstoffpreis liegt aber immer noch stabil unter den vergleichbaren Kosten für Erdöl. Die Versorgungssituation ist sichergestellt. Wichtig zur Erzielung günstiger Einkaufspreise ist aber ein möglichst großes Lager, um Mehrkosten für Anfahrten zu sparen und Mehrmengenrabatte nutzen zu können. Moderne Holzpelletkessel zeichnen sich durch einen sehr hohen Kesselwirkungsgrad und geringe Staub3

Emissionen (max. 50 mg/m ) aus. Der Betrieb (Zündung, Brennstoffzufuhr, Reinigungseinrichtung mit Aschenkomprimierung) ist weitgehend automatisiert. Hierdurch sind die Wartungskosten geringer als bei Hackschnitzel. Als Standort für eine neue Heizzentrale käme der Bereich der ehemaligen Gärtnerei in Frage. Er wäre gut per LKW anfahrbar und somit für die regelmäßigen Brennstofflieferungen ohne Störung des Burgbetriebs geeignet. Problematisch wäre aber die große Leitungslänge bis zum ehem. Heizungsraum im Torhaus bei hohen Vorlauftemperaturen. Die Platzverhältnisse sind bedingt durch die Feuerwehrumfahrt aber begrenzt und werden durch den vorhandenen Bedarf an überdachter Lagerfläche weiter eingeschränkt. Hinzu kommt die Notwendigkeit eines bzw. je nach Kesselvariante zweier Schornsteine, die aufgrund der umgebenden Bebauung eine große Höhe haben müssten und entsprechend negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Burg hätten. Eine Alternative wäre die Anordnung der Heizzentrale in einem neuen Gebäude unterhalb des Torhauses. Hierdurch könnten ebenfalls die Umbaukosten und der Mehraufwand für den außerordentlich schwierigen Einbau eines Schichtenspeichers im Torhaus vermieden und das Programmbüro am be- 52 -

währten Platz belassen werden. Zudem wäre es möglich, die nicht mehr benötigten unterirdischen Heiz3

öltanks vor dem Torhaus (30 m ) als Pelletlager umzurüsten, oder zumindest an gleicher Stelle mit relativ geringen Kosten ein neues unterirdisches Lager anzulegen. Nachteilig wäre, dass ein neues Gebäude in der Vorburg errichtet werden müsste, das zwar durchaus denkmalgerecht in das Gesamterscheinungsbild eingefügt werden könnte, dieses aber dennoch nachhaltig verändern würde. Die günstigste Variante wäre der Einbau der Holzpelletkessel in dem vorhandenen Heizraum im Torhaus. Allerdings sind die Platzverhältnisse dort sehr beengt. Realisierbar wäre die Unterbringung von zwei Holzpelletkesseln à 100 kW mit Saugförderung und Tagesbehälter. Der vorhandene Schornstein könnte weiterverwendet werden. Vor dem Torhaus, zwischen Auffahrt und Vorburgmauer, könnte im Bereich der vorhandenen, unsicheren Treppe zum Außengelände unterirdisch ein zusätzlicher Technikraum zur Unterbringung der Wärmepumpe und des Schichtenspeichers hergestellt werden, der optisch nicht in Erscheinung tritt. Das Pelletlager könnte wiederum anstelle der ehemaligen Öltanks unterirdisch untergebracht werden. Die Treppe und der Zugang zum Außengelände müsste neu zwischen Technikraum und Pelletlager integriert werden. Notwendig ist ein unterirdischer Durchbruch zwischen dem alten Heizraum und dem vorgelagerten neuen Technikraum für die Leitungsführung und den Aus- bzw. Einbau der Heizungskomponenten. Hierdurch kann zugleich ein nutzungsfreundlicherer Zugang zum Heizraum geschaffen werden. 2.4.10.8 Kraft-Wärme-Kopplung Da die regenerative Stromerzeugung vor Ort allein mit Photovoltaik nicht ausreicht, um einen akzeptablen Anteil an eigenproduziertem Strom zu erreichen und so die Kosten für zugekauften Strom auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, wäre es empfehlenswert, zusätzlich mit einem Blockheizkraftwerk Strom zu produzieren (Kraft-Wärme-Kopplung). Die gleichzeitig zum Strom erzeugte Wärme des BHKW würde auch den Grundbedarf der hochtemperaturigen Wärmeerzeugung decken. Grundsätzlich kann ein BHKW mit jedem Brennstoff betrieben werden. Holzpellet-BHKWs stehen aktuell leider noch nicht in verlässlicher Technik und mit geeigneter Leistung zur Verfügung. Notgedrungen müsste also an dieser Stelle noch auf Flüssiggas und damit auf einen fossilen Energieträger zurückgegriffen werden. Ein Flüssiggastank für den Betrieb ist bereits vorhanden. Eine bauliche Kombination mit der neuen Heizzentrale wäre denkbar. Der Einsatz fossiler und damit endlicher Brennstoffe wird jedoch nicht gewünscht. 2.4.10.9 Stromerzeugung aus Wasserkraftnutzung Die verminderten Erträge der solaren Stromerzeugung im Winterhalbjahr könnten alternativ zur KraftWärme-Kopplung mit Gasbetrieb auch regenerativ durch Wasserkraftnutzung kompensiert werden. Gerade in der Zeit mit der geringsten Sonneneinstrahlung führen die kleineren Fließgewässer das meiste Wasser. Dies könnte durch den Zuerwerb einer leerstehenden ehem. Wassermühle im Altstadtbereich von Rieneck am Fließenbach erfolgen. Das Gewässer führt zwar insbesondere im Sommer relativ wenig Wasser, weist aber an dieser Stelle einen hohen Wasserfall auf und wäre entsprechend sehr gut für den Betrieb eines oberschlächtigen Wasserrads geeignet. Der Wasserbau ist, abgesehen von den unmittelbar der Mühle zugeordneten Bauteilen, weitgehend intakt, wodurch die Kosten einer Revitalisierung überschaubar blieben. Die Wiederherstellung des Gebäudes wäre in das Gesamtkonzept der Burg zu integrieren und würde auch eine Aufwertung des städtebaulichen Umfelds bedeuten. Eine Integration in das

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Gesamtkonzept wäre demnach aus mehrfachem Grund empfehlenswert. Eine kurzfristige Umsetzung dieses Bausteins ist aber aus finanziellen und besitzrechtlichen Gründen nicht zu erwarten. 2.4.10.10 Variante 3, die umgesetzt werden soll Das Ingenieurbüro Helfrich, Projektierungsgesellschaft mbH, wurde nachträglich eingeschaltet, um eine Vorprojektierung der Heiztechnik inkl. Kostenvergleiche durchzuführen. Eine alleinige Versorgung mit einer Pelletheizung wurde nicht als zielführend erachtet, da es lediglich ein Brennstoffwechsel zw. Öl zu Holzpellets wäre und keine solare Einbindung stattfände.

Die jetzt entwickelte Lösung sieht vor, dass die VL-Temperatur für den Heizbereich der Bestandsburg möglichst abgesenkt wird, was in den Übergangszeiten in größerem Umfang möglich ist. Als Energiequelle aus der Umwelt werden großflächige Hybrik-Solarkollektoren verwendet, die wiederum geeignet sind mit Wärmepumpen entwärmt zu werden. Die WP selbst können 2 unterschiedliche Zieltemperaturen bedienen und zwar ca. 45-50°C für den Heizbereich und mittels WP mit CO2 als Kältemittel und entsprechend höherem Vorlauf durch die Kollektoren eine Zieltemperatur von ca. 70°C bei einem COP von ca. 3,8. Diese hohe Temperatur ist für das Trinkwasser / Warmwasser und der damit verbundenen Legionellenprophylaxe notwendig.

Die Innovation besteht hierin, dass durch die sogenannten Hybridkollektoren, die bis zu Temperaturen gegen 0°C Wärme aufnehmen, die mittels WP nutzbar gemacht wird. Die bisherige Verwendung von Solarkollektoren im Thermiebereich nutzen jeweils nur die im Gebäude direkt verwendbare Zieltemperatur; z. B. 50°C zur WW-Bereitung. Die darunter befindlichen Temperaturebenen werden in den meisten Anwendungen nicht genutzt. Die Hybridkollektoren sind sowohl luftdurchströmt, als auch durch eine Glasabdeckung und Wärmetauscher auf der Rückseite des Kollektors dazu geeignet, sowohl Wärme aus der durchströmenden Luft (z. B. Nachts oder bedeckter Himmel - aber Plustemperaturen) als auch Strahlung zu sammeln und als Energiequelle für die WP zu dienen. Diese Lösung hat den Vorteil, dass z. B. keine Erdsonden für die WP gebaut werden müssen und bei hohen Strahlungserträgen und damit höheren Kollektortemperaturen die WP gar nicht arbeiten muss, sondern eine Direktverwendung erfolgt. Dadurch hebt sich dieses System deutlich von den üblichen Luft-Wasser-WP ab. Der Hybridkollektor ist ein großflächiger Wärmetauscher im Gegensatz zu „Hochleistungstauschern im Kleinformat“ in den üblichen Luft-WP. Hier drin liegt der deutliche Unterschied zu der herkömmlichen Technik. Diese verfolgt immer noch den Weg, mit möglichst kleinen außerordentlich leistungsstarken Geräten, wie z. B. Brennwertkessel oder Kompaktwärmetauschern Temperaturen auf kleinen Raum zu übertragen. Bei Nutzung von Umweltenergien ist jedoch eine möglichst große, meist auch einfache Wärmetauscher-Kontaktfläche zur Umwelt notwendig. D. h. ein einfacher Flachkollektor oder evtl. Rohrbündel-Absorber, der jedoch kondensatfrei entwärmt werden kann (da er z. B. gezielt mit Luft durchströmt wird), ist in der Jahresausbeute in Verbindung mit einer WP bedeutend leistungsfähiger, als ein „Hochleistungskollektor“, der jedoch nicht mit einer WP entwärmt werden kann. Außerdem liefert er Energie auch in der wichtigen Winterzeit, die genügend frostfreie Tage, aber zu geringe Einstrahlung aufweist, bei gleichzeitig hohem Heizbedarf.

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Der Grund liegt darin, dass eine große Anzahl der herkömmlichen Kollektoren eine hohe Leistungszahl besitzt, die im Sommer nicht genutzt werden kann, aber im Winter nicht die gewünschte Zieltemperatur bereitstellt und daher nicht in das Wärmesystem eingebunden wird. Es ist daher sehr wichtig, dieses System WP in Verbindung mit einem Hybridkollektor intensiv zu nutzen und zu vermessen, da in Zukunft das Gesamtsystem WP, Kollektor, Speichertechnik in Verbindung mit Eigenstrom aus PV sehr viele Heizprobleme ohne Verbrennungsvorgänge lösen kann. Es ist daher notwendig, die ingenieurmäßigen, technischen Möglichkeiten mit vorhandenen Komponenten in einem hochsensiblen Denkmal derart einzusetzen, dass die Denkmalverträglichkeit gezeigt wird und gleichzeitig ein Großteil der Energie auf dem eigenen Grundstück gewonnen wird, ohne dabei Grundwasser, Gestaltung oder die Atmosphäre durch CO 2-Emissionen zu belasten. Wünschenswert wäre eine Vollversorgung durch PV angetriebene WP-Systeme. Dies scheitert jedoch an der dazu notwendigen voluminösen Speichertechnik und den Kosten. Aus diesem Grunde ist in Rieneck geplant, den Spitzenbedarf durch Holzpelletkessel abzudecken. Da Holzpellets ein Abfallprodukt der Holzwirtschaft ist, eine relativ einfache Lagerlogistik besitzt, bei der durchaus ein Jahresbedarf in einem überschaubaren Lagerraum untergebracht werden kann, wurden diese als Spitzenkessel vorgesehen. Die Verwendung von Holzhackschnitzel scheidet bei der Burg Rieneck deshalb aus, da die Fördertechnik und der Lagerbereich sehr aufwendig wären und auch im Winter mehrmalige Nachlieferungen notwendig wären, die u. U. durch den steilen Zufahrtsweg nicht immer sicher gewährleistet werden könnten.

In Zukunft soll der bestehende Ölkessel abgebaut werden und völlig entfallen. Ebenso werden die derzeitigen erdverlegten Öltanks stillgelegt, gereinigt und verfüllt. Die derzeitigen Pufferspeicher werden ausgebaut. Der Heizraum erhält durch Herausbrechen einer Fensterbrüstung einen ebenen Zugang von außen und wird in Zukunft als Verteilerraum innerhalb der Burg benutzt mit Wärmezuführung aus der neu zu errichtenden, im Burggraben geplanten, Heizzentrale. Um dauerhaft den Kostenanstieg für Energie zu dämpfen bzw. „flach“ zu halten, muss möglichst viel Umweltenergie in Verbindung mit Endenergieeinsparung kombiniert werden. Da an der denkmalgeschützten Burg die Endenergieeinsparung aus gestalterischen, aber auch technischen Gründen eingeschränkt sind, können hier nur Maßnahmen realisiert werden, die zu den jeweiligen Gebäuden angemessen passen. In unserem Falle der Bereich Fenster / Fensternischen / Heizkörper und teilweise Dach.

Im vorliegenden Projekt hat die Voruntersuchung ergeben, dass ca. 30% des bisherigen Verbrauches durch Dämmmaßnahmen erreicht werden können. Weitere 30-40% werden durch die Kombination Kollektor / WP / PV gedeckt; d. h. 60-70% der Brennstoffkosten werden durch Einsparung bzw. Einbindung Umweltenergie vermieden. Lediglich die 30-40% verbleibende Restenergie unterliegt zu bezahlender Energiekosten. Es ist daher sehr interessant, durch eine höhere Investition diese Verbrauchskostenminderung dauerhaft zu erkaufen, da langfristig diese Investition eine Rentierlichkeit erreicht, während Verbrauchskosten bei Nichtdämmung und Deckung durch 100% Fremdenergie ständig neu anfallen würden. In der Langzeitbetrachtung ist daher die Investition sehr sinnvoll, reduziert sofort die Schadstoffbelastungen der Umwelt und bindet Finanzmittel in der Region.

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Ein wichtiger Aspekt ist jedoch der Vorbildcharakter für die umgebenden Gemeinden, dem Bereich der Denkmalpflege und vor allen Dingen den meist jugendlichen Besuchern der Pfadfinderburg. Wie bereits in dem Vorprojekt beschrieben, soll eine dementsprechende Öffentlichkeitsarbeit im Internet, durch Vorträge, aber auch vor Ort durch z. B. Bildübertragung aus dem Heizraum mit Datenzugang über einen zentral aufgestellten Monitor betrieben werden.

Einsparung durch Dämmung Sonnenenergie Wärmepumpenstrom Holzpellets

Grafik 3 Vergleich des Energieverbrauchs (AB Haase)

vergleich jährliche Energiekosten €250.000,00 €200.000,00 €150.000,00 €100.000,00 €50.000,00 €1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Öl-Kessel im Bestand

nach Sanierung mit regenerativen Energien

Grafik 4 Vergleich der jährlichen Energiekosten (AB Haase)

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Für Heizöl wurden 70ct/Liter und eine Preissteigerung von 7%/a angenommen. Für den Strom der Wärmepumpe 22ct/kWh bei einer Preissteigerung von 4%/a und für die Holzpellet eine Preis von 4,5ct/kWh mit einer Preissteigerung von 4%/a.

Vergleich aufsummierte Energiekosten €3.500.000,00 €3.000.000,00 €2.500.000,00 €2.000.000,00 €1.500.000,00 €1.000.000,00 €500.000,00 €1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Öl-Kessel im Bestand

nach Sanierung mit regenerativen Energien

Grafik 5 Vergleich der aufsummierten Energiekosten (AB Haase)

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Die Wärmeversorgung der Liegenschaft wird über zwei neue Pelletkessel (2x100 kW thermische Leistung), zwei Luft-Wasser Wärmepumpen (2x23 kW thermische Leistung), eine CO2-Wärmepumpe (59 kW thermische Leistung) sowie eine thermische Solaranlage mit ca. 160 m² realisiert. Zur Abdeckung des Warmwasserbedarfes im Sommer dient die thermische Solaranlage, die Wärmebereitstellung in den Übergangsmonaten wird über die Wärmepumpen (Luft-Wasser Wärmepumpe und CO2 Wärmepumpe sichergestellt. In den Wintermonaten wird über die Pelletskessel die Liegenschaft mit Wärme versorgt. Die Altanlage (Ölkesselanlage) wird demontiert und fachgerecht entsorgt. Die neue Wärmeerzeugung wird in einer neuen Heizzentrale auf dem Grundstück außerhalb der Burgmauer im Bereich der „Alten Gärtnerei“ errichtet. Der bestehende Heizraum, die MSR-Technik sowie die vorhandene Verteilungstechnik werden ertüchtigt und ggf. überholt. Eine neue Gebäudeleittechnik mit Leitrechner wird zusätzlich installiert.

Zeichnung 7 Heizhaus im Burggraben, südlicher Bereich - Vorkonzept Ingenieurbüro Helfrich

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Jahresdauerlinie

Grafik 6 Jahresdauerlinie (IB Helfrich)

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Zeichnung 8 Übersichtsplan, unmaßstäblich (AB Haase)

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Zeichnung 9 Erdgeschoss (AB Haase) - 61 -

Zeichnung 10 Obergeschoss (AB Haase) - 62 -

2.4.11 Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen Der dringende Umbau- und Modernisierungsbedarf lässt sich im Wesentlichen auf zwei Bereiche beschränken: den westlichen Verbindungsflügel inklusive der angrenzenden Küchenräume im westlichen Bergfried und dem Speisesaal im Palas sowie die Wohnung der Freiwilligendienstler oberhalb der Kapelle. Beide Bereiche waren von der letzten Generalsanierung ausgenommen worden und haben einen erheblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarf sowie funktionale und räumliche Mängel. Dabei wird die grundsätzliche Nutzung/funktionale Zuordnung innerhalb des Gesamtfunktionsschemas nicht in Frage gestellt. Die Wohnung der Freiwilligendienstler oberhalb der Kapelle besteht derzeit aus einem Mittelflur ohne direkte natürliche Belichtung und Belüftung, einem gemeinschaftlichen Wohnzimmer auf der Hofseite, das zugleich als Fluchtweg zum Anleitern im Brandfall dient und nicht abgeschlossen werden darf, drei Zimmern, einem ebenfalls unbelichteten und unbelüfteten Nebenflur, zwei Duschbädern mit WC sowie einem Duschbad und einem separaten WC. Die erheblichen Defizite hinsichtlich der Wärmedämmung und die in Folge auftretenden Bauschäden, insbesondere ein starker Schimmelbefall wurden bereits beschrieben (s.o.). Eine Nachdämmung mit mindestens aktuellem Standard ist hier also dringend erforderlich.

Bild 23 Nebenflur 2.24 in der Wohnung über der Kapelle, AB Haase

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Zeichnung 11 Entwurfsskizze für die Dienstwohnungen über der Kapelle (AB Haase)

Gleichzeitig könnte aber auch eine Steigerung der Aufenthaltsqualität umgesetzt werden, die den geänderten Rahmenbedingungen nach Abschaffung des Zivildienstes und der geringeren Anzahl von Freiwilligendienstlern gerecht werden würde. Die vorhandenen Zimmer sind stark ungleich in ihrer Größe, was eine problematische Ungleichbehandlung darstellt. Die kombinierten Duschbäder/WC’s sind extrem beengt und können nicht die Anforderungen der DIN 18022 an Abstands- und Bewegungsflächen erfüllen. Relativ viel Fläche wird für den Nebenflur bzw. den nur als Verkehrsfläche nutzbaren Eingangsbereich von Zimmer 2.23 verbraucht. Durch eine Reduktion der Sanitärbereiche auf zwei Duschbäder mit WC - 64 -

könnten diese großzügiger und besser nutzbar gestaltet werden. Zugleich könnte durch den Wegfall der Nebenflurbereiche die Aufteilung der Zimmer gleichwertiger erfolgen und der Mittelflur durch eine Aufweitung attraktiviert werden. Mit einer Einbeziehung der bislang nicht zugänglichen und damit nicht nutzbaren Trempelzonen in den Stauraum würde eine weitere Entspannung der Raumsituation einhergehen. Die Burgküche hat, neben dem großen Modernisierungsbedarf, vor allem ein räumliches Problem. Der zur Verfügung stehende Platz, insbesondere für Lagerzwecke, ist nicht ausreichend. Zudem sind die Flächen auf zwei Bauteile (F und G) und zwei Ebenen (-1 und 0) verteilt. Bedingt durch die sehr schmale und langgestreckte Form des westlichen Verbindungsflügels (G) können die Räume nur als Durchgangsräume hintereinander geschaltet werden, was die tatsächliche Nutzfläche zusätzlich einschränkt. Eine Optimierung der Küche durch eine Verbesserung der Funktionsabläufe ist nicht mehr möglich. Da die Küche gleichzeitig einen sehr schlechten Wärmedämmstandard aufweist, Bauschäden im Bereich der Zwischendecke zur Verwaltung eingetreten sind und eine Erneuerung der Lüftung nicht nur aus hygienischen Gründen und zur Verhinderung von Bauschäden dringend erforderlich, sondern auch mit guten Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung verbunden ist, bietet sich eine flächenmäßige Vergrößerung der Küche an, zumal auch die darüber befindliche Verwaltung zusätzliche Flächen benötigt. Selbstverständ lich kann eine Um- bzw. Anbaumaßnahme innerhalb des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes nur in

Bild 24 Küchenraum 0.06, AB Haase

enger Abstimmung mit der Denkmalpflege erfolgen. Erleichtert wird eine Veränderung aber dadurch, dass es sich bei Bauteil G um ein relativ junges Gebäude von 1930 handelt, das zwischenzeitlich bereits zweimal umgebaut wurde. Unveränderlicher Ausgangspunkt jeder Planung kann nur die erhaltene mittelalterliche Burgmauer auf der Außenseite des Erdgeschosses und stellenweise auch des Obergeschosses sowie die vorhandene - 65 -

Raumstruktur im westlichen Bergfried sein. Entsprechend kann eine Erweiterung auch nur in Richtung des Burghofs erfolgen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Übergänge bzw. Abstände zu den angrenzenden beiden Bergfrieden zu richten sein. Zu beachten sind neben den Belangen der Denkmalpflege und den betrieblichen und hygienischen Anforderungen an eine Großküche aber auch die Anforderungen an den Brandschutz. Dies ist insbesondere beim Übergang von Bauteil G zu Bauteil F, der als Brandabschnitt ausgebildet werden soll, ein Problem, da sich die Küche über beide Bauteile erstreckt und auch die Essensausgabe zum Speisesaal im Erdgeschoss des Palas ein Fixum ist. Die Trennung muss zwischen G und F erfolgen, da das Treppenhaus im westlichen Bergfried von den Funktionsabläufen noch zu dem Brandabschnitt E-F gehört. Um die Funktionsabläufe innerhalb der Küche nicht zu stören kann sie aber nur in Form einer automatisch im Brandfall schließenden Brandschutztür T90 ausgeführt werden. Ein großer Problempunkt in der derzeitigen Küche ist, dass sich ein Teil des Trockenlagers im Untergeschoss befindet, wodurch die Tür zwischen Küche und Treppenhaus oft geöffnet werden muss. Dies ist nicht nur eine Erschwernis der Arbeitsabläufe, da die Vorräte arbeitsaufwändig erst in den Keller hinunter und dann bei Bedarf wieder nach oben getragen werden müssen und es bei zwei getrennten Lagern schwieriger ist, den Überblick über den Bestand und die allgemeine Ordnung zu halten, sondern durch die abziehende feuchtwarme Küchenluft auch eine Bauschadensursache (s.o.).

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Zeichnung 12 Entwurfsskizzen Umbau des Burgmauerflügels, AB Haase

Bei der Neukonzeption sollte vor allem darauf geachtet werden, dass sich alle Lager- und Verarbeitungsräume in der Erdgeschoßebene (0) befinden. Die Personaltoilette und die Umkleide könnte hingegen ohne Schwierigkeiten auch im Untergeschoss (-1) untergebracht werden. Die Probleme mit dem Abzug von Feuchtigkeit aus der Küche in angrenzende Räume können mit einer neuen Lüftungsanlage schon durch die Erzeugung eines geringen Unterdrucks verhindert werden. Die dreifache Erschließung der vorhandenen Küche ist unnötig und führt lediglich zu einer schlechteren Übersicht, unbrauchbaren Vorräumen und einer Erhöhung des Verkehrsflächenanteils. Notwendig sind ein Lagerzugang für die Anlieferung von außen und ein Personalzugang. Letzterer muss zwangsläufig wegen der Anbindung an den Gewölbekeller und die Personalräume über das Treppenhaus des westlichen Bergfrieds führen. Die Erschließung der Verwaltungsräume kann - wie bisher - über das Treppenhaus des westlichen Bergfrieds erfolgen. Die vorhandene Doppelerschließung über die Außentreppe, deren Zugang praktisch an der gleichen Stelle mündet, ist überflüssig. Notwendig wäre stattdessen eine zweite Außenerschließung am anderen Ende des westlichen Verbindungsflügels (G), der zugleich zweiter Rettungsweg wäre und mit dem auf halber Höhe befindlichen Aufgang zum nördlichen Bergfried kombiniert werden könnte. Eine Einbeziehung des Speisesaals 0.04 im Erdgeschoss des Palas in das Lüftungs- und Wärmerückgewinnungskonzept macht eine Überarbeitung der dortigen Raumdecke erforderlich. Die vorhandene Decke ist trotz ihrer massiven Holzbalkendeckenoptik und den darauf abgestimmten Pfeilerummantelungen eine tiefer gesetzte Unterdecke. Die Deckenfüllungen sind als Akustikdecke ausgeführt, was in einem Speisesaal durchaus sinnvoll ist. Leider wurde die Akustikfunktion durch eine nachträgliche ungeeignete Beschichtung an etwa der Hälfte der Fläche weitgehend behindert. Zu prüfen wäre im Zuge eines Ausbaus der Deckenfüllungen zur Verlegung der Lüftungsleitungen unterhalb der eigentlichen tragenden Raumdecke, ob ein Abbruch der Unterdecke sinnvoll wäre oder neue Akustikelemente in die alte Unterdecken- 67 -

konstruktion eingebaut werden sollten. Für die Raumproportionen und das Raumklima wäre eine Entfernung der Unterdecke positiv. Eine gute Raumakustik könnte auch durch einzelne, abgehängte Kombielemente für Akustik und Beleuchtung und eventuell ergänzend einzelne Wandfelder sichergestellt werden.

2.4.12 Kosten Die Variante Eisspeicher und Entwärmung des Flusswassers der Sinn wurden kostenmäßig nicht weiter untersucht, da beide Varianten aus anderen Gründen ausscheiden.

Das IB Helfrich hat jedoch für 3 weitere Varianten Kosten verglichen - hierbei ergibt sich folgendes Ergebnis: 1. Bestehender Ölkessel wird ersetzt, es wird davon ausgegangen, dass die Öltankanlage unverändert weiter benutzt werden kann, der Kamin lediglich saniert wird, eine neue Steuerungstechnik eingebaut wird und ansonsten die Heiztechnik belassen wird, jedoch die Rohrleitungen im Heizraum gedämmt werden und alle Maßnahmen im bestehenden Heizraum ohne große baulichen Veränderungen bestehen bleiben. Keine Solaranlage eingebunden wird. Diese Lösung verursacht einen Investitionsbetrag von ca. 184.000 €. Die jährlichen Verbrauchskosten, Stand 2014, betragen dann aktuell inkl. betriebsgedingter Kosten ca. 59.000 €. Ölkosten sind als zukünftig steigende Kosten hierbei anzunehmen. Die CO 2-Emission würde beim jetzigen Stand von ca. 147 t/a auf ca. 123 t/a reduziert. Weiterhin ist in den nächsten Jahren mit Nachbesserungen im Öllagerbereich zu rechnen bzw. mit Auflagen bzgl. der Verbrennung von fossiler Energie.

2. Ölkessel wird durch zwei Pelletkessel ersetzt. Es ist ein Heizgebäude mit Lager hierfür zu errichten, die Pelletsaustragung und Förderanlage einzubauen; eine neue Rohrleitungsverbindung zum neuen Kesselhaus zu schaffen; eine Pufferspeicheranlage mit 6.000 l; eine neue Kaminanlage; Steuerungstechnik sowie eine thermische Solaranlage mit 80 m² zu errichten. Der Investitionsaufwand beträgt ca. 382.000 €. Die jährlichen Verbrauchskosten inkl. betriebsbedingte Kosten betragen ca. 39.000 €/a. Insgesamt kann eine Förderung von insgesamt 25.200 € in Anspruch genommen werden. Hoher Anteil von Brennstoffkosten, die sich in Zukunft verteuern werden. Die CO2-Emission beträgt ca. 10 t/a. 3. Favorisierte Lösung: Solaranlage mit Wärmepumpentechnik, 160 m² Solarthermieanlage, Luft-WasserWärmepumpe, Pufferspeicher, Neubau Heizzentrale, Wasser-Wasser-CO2-Wärmepumpe, Strom für WP z.T. aus eigener PV-Anlage bzw. regenerativem Strom - Investitionskosten ca. 522.000 €, Energiekosten inkl. betriebsbedingter Kosten ca. 36.400 €/a. Beantrage Förderungen ca. 184.000 € - CO2-Emission beträgt ca. 3 t/a.

Die 3. Lösung entspricht den Wünschen des Bauherrn; sie hat zwar die höchste Investitionssumme aber auch entsprechende Innovationen im Bereich Solarthermie in Verbindungmit Wärmepumpen und hat den niedrigsten Brennstoffverbrauch pro Jahr. Dadurch auch den geringsten CO 2-Ausstoß an biogenen CO2.

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Weiterhin ist der geringste Brennstoffkostenanstieg dadurch zu erwarten, dass der höchsten Anteil an kostenloser Solarenergie integriert wird.

2.4.13 Fördermöglichkeiten Da es sich bei Burg Rieneck um ein in die Denkmalliste eingetragenes Einzeldenkmal handelt, kommt für eine Förderung zunächst eine Beteiligung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Betracht. Da jedoch keine restauratorischen Arbeiten vorgesehen sind, sondern vorrangig energetische Maßnahmen, aber auch Teilabbruch im Bereich Küche und Büro mit Neuerrichtung, sind dies keine zuschusstechnisch relevanten Kosten, die nach dem Denkmalschutzgesetz bezuschusst werden könnten. Es ist daher höchstens mit geringen Mitteln für Teilbereiche zu rechnen. Die DBU wird dem gestiegenen Anspruch und der wirtschaftlichen Notwendigkeit zur Energieeffizienz durch die Reduktion des Energieverbrauchs und einer möglichst weitgehenden Nutzung regenerativer Energien auch zum nachhaltigen Schutz und Erhalt von Denkmalen mit dem Förderbereich „Umwelt und Kulturgüter“ gerecht und fördert deshalb das Modellprojekt Burg Rieneck, das die Belange der Denkmalpflege, die Anforderungen an den sicheren Betrieb eines Freizeitheims mit hoher Besucherfrequenz und die Ziele des Umweltschutzes miteinander in Einklang bringen will. Seit April 2012 bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), als staatliche Förderbank, das neue Programm „KfW-Effizienzhaus Denkmal“ zur Förderung von Baudenkmalen und sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz an. Besonders hervorzuheben ist, dass die KfW zwar primär, aber nicht ausschließlich die eingetragenen Einzeldenkmale zur Förderung berücksichtigt, sondern auch sonstige besonders erhaltenswerte Bausubstanz, was den realen Bedingungen für den Erhalt der überwiegenden Anzahl von Gebäuden, die nicht als Einzeldenkmal unter Schutz stehen, aber dennoch denkmalwürdig oder zumindest ortsbild- und/oder landschaftsprägend sind, Rechnung trägt. Bedauerlicherweise werden nur private Wohngebäude gefördert. Das Problem bei der energetischen Sanierung aller anderen Baudenkmale (Verwaltungsgebäude, kommerzieller Wohnungsbau, … oder hier konkret Beherberungsbetriebe) bleibt ohne erkennbaren Grund unbeantwortet. Der Freistaat Bayern hat 2012 zur Förderung des Ausbaus der Stromnetze und der erneuerbaren Energien vor dem Hintergrund des Atomausstiegs das bayerische Förderprogramm „BayINVENT - Innovative Energietechnologie und Energieeffizienz“ aufgelegt. Gefördert wird die Erforschung, Entwicklung und Anwendung neuer Energietechnologien und der erneuerbaren Energien. Antragsberechtigt sind aber nur wirtschaftlich tätige Unternehmen und öffentliche Träger. Förderfähig wäre demnach ein Projekt zur Gewässerentwärmung der Sinn in Kooperation mit der Stadt Rieneck, das über die alleinige Versorgung der Burg Rieneck hinausgeht. Da diese Lösung nicht umgesetzt werden kann, entfällt diese Fördermöglichkeit. Für die Umsetzung der Maßnahmen zur energetischen Sanierung können darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit zusätzlich spezielle Förderungen für einzelne Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Bedauerlicherweise sind Förderprogramme in Deutschland in der Regel nur von kurzer Dauer und unterliegen durch die Vorgaben der Politik einem permanenten und zum Teil äußerst kurzfristigen Wechsel. Deshalb ist es - wie bei den unverbindlichen Mitteln der Denkmalpflege - kaum möglich diese Fördergelder von vornherein verbindlich in einen zwangsläufig länger andauernden Planungsprozess bzw. das damit zusammenhängende Finanzierungskonzept einzubauen. Dies erschwert die Finanzierung - 69 -

und damit die Umsetzung gerade von innovativen und dem Erhalt der Kulturlandschaft dienenden Sanierungsprojekten ungemein. Derzeit (seit 15.08.2012) gibt es aus dem Marktanreizprogramm (MAP) zur Förderung der Erneuerbaren Energien der Bundesregierung Zuschüsse für Holzpelletheizungen und thermische Solaranlagen. Bewilligungsbehörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Fördervoraussetzung ist, dass die Anlagen hohen aktuellen Ansprüchen gerecht werden. Für Pelletanlagen gibt es eine Basisförderung die bei einer Kombination mit einem neuen Pufferspeicher erhöht wird. Ein Bonus ist für die Kombination mit einer thermischen Solaranlage vorgesehen. Thermische Solaranlagen selbst werden mit einem Mindestbetrag bzw. einem Zuschuss pro Quadratmeter Kollektorfläche gefördert. Ergänzend bietet 2

die KfW zinsgünstige Darlehen mit Tilgungserlass für Solaranlagen >40 m und Biomasseheizungen >100 kW. Das Programm Energieoptimiertes Bauen (EnoB) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie fördert Pilotanwendungen für die konsequente Gebäudesanierung. Es unterstützt Forschung und Entwicklung von innovativen Technologien, Systemen und Konzepten und deren Prüfung auf Praxistauglichkeit. Hierbei werden höhere Anforderungen gestellt, als in Burg Rieneck erfüllbar sind. Daher entfällt diese Fördermöglichkeit. Gefördert werden über das BAFA auch effiziente Wärmepumpen in Bestandsgebäuden für die Raumbeheizung und Warmwasserbereitung von Wohngebäuden, für die Raumbeheizung von Nichtwohngebäuden und die Bereitstellung von Wärme für Wärmenetze. Dies würde für Burg Rieneck zutreffen. Allerdings müssen die Wärmepumpen in Bestandsgebäuden untergebracht sein. Gefördert werden außerdem nur Wärmepumpen mit einem hohen Energieeffizienz-Standard, also Geräte, die den erforderlichen MindestCOP-Wert gemäß „Euroblume“ vorweisen können. Sie sind in einer Liste des BAFA aufgeführt. Für manche Programme bestehen Kumulierungsverbote. Wegen der ständig wechselnden Programme und Bedingungen ist aber auch in diesem Punkt eine kurzfristige Information erforderlich. Lang- oder mittelfristige Ausblicke sind nicht möglich.

2.4.14 Öffentlichkeitsarbeit Das Modellvorhaben Burg Rieneck bietet, über die übliche und im Projektumfang enthaltene Präsentation der beispielhaften Arbeitsergebnisse in Form einer Schautafel, optimale Voraussetzungen für die Kommunikation der entwickelten Musterlösung durch die Integration in das Programm des Bildungs- und Erholungswerks Burg Rieneck e.V. Nachhaltiges Leben und Handeln sowie die Achtung und Bewahrung von Natur und Umwelt sind seit jeher zentrale Inhalte der internationalen Pfadfinderbewegung und damit natürlich auch des Verbandes Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP), in deren Besitz sich Burg Rieneck befindet. Vermittelt werden sollen diese Werte insbesondere durch die Methode des „learning by doing“. Es ist davon auszugehen, dass den zahlreichen Gruppenleitern und Begleitern, die im Jahresverlauf die Burg Rieneck besuchen bzw. dort Freizeiten organisieren und betreuen, eine bedeutende Multiplikatorenrolle zukommt. Die praktische und zum Teil auch unmittelbar erfahrbare Anwendung der Verfahren vor Ort macht es aber auch den an den Freizeiten teilnehmenden Kindern und Jugendlichen leicht, den Umstand zu verinnerlichen, dass auch historische Gebäude nachhaltig und ressourcenschonend er- und

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unterhalten werden können und diese praktische Erkenntnis an ihre Heimatorte und in ihre Familien mitzunehmen.

2.5

Fazit

Gebäude die vor dem Inkrafttreten der 1. Wärmeschutzverordnung 1978 errichtet wurden, machen, laut Statistik der dena, derzeit 71 % des Gebäudebestandes in Deutschland aus. Diese Zahl sagt zunächst nichts über die energetische Qualität der Bauwerke aus, zumal der Anteil bereits sanierter Gebäude innerhalb der Gruppe nicht beziffert ist. Dennoch wird allgemein darauf verwiesen, dass der große Altbaubestand ein Hauptproblem für die Bemühungen um eine Reduzierung des Energieverbrauchs darstellt. Tatsächlich wird sich an dem Anteil auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Lediglich ca. 0,1 % der vorhandenen Wohngebäude werden jährlich abgerissen. Hinzu kommt, dass immerhin etwa 29 % des Gebäudebestands vor 1949 gebaut wurde und tendenziell von Bedeutung für das Erscheinungsbild von Orten und Landschaft ist. Es ist weder wünschenswert, noch in einer freiheitlichen Gesellschaft praktikabel durch Zwangsmaßnahmen oder sehr starken Druck eine Bereinigung dieser Situation anzustreben. Unabhängig von einer formalen Unterschutzstellung durch die staatliche Denkmalpflege sollte der historische Gebäudebestand als Wert verstanden werden, den es zu pflegen und erhalten gilt. Dies ist aber nicht nur in kultureller und gestalterischer Hinsicht wichtig, sondern hat auch aus ökologischer Sicht durchaus seine Berechtigung. Regelmäßig wird vergessen, dass für einen Neubau, selbst wenn dieser in energetischer Hinsicht mustergültig ist, erst einmal sehr viel Energie aufgewendet werden muss. Es sollte also gründlich abgewogen werden, ob und wann ein Abriss und Neubau tatsächlich sinnvoll ist. Dennoch kann und darf das Alter eines Bauwerks und auch nicht prinzipiell seine Unterschutzstellung als Denkmal als Vorwand dazu dienen, einfach nichts zu tun und hohe Energieverbräuche als unveränderlich hinzunehmen. Dies gilt allein schon aus Kostengründen: Werden in Zukunft die Energiekosten für den Betrieb eines Bauwerks zu hoch, kann es auf Dauer nicht mehr genutzt werden. Die Betriebskosten könnten also bald zu einer ernsten Gefahr für den Erhalt des Denkmalbestands und des historischen baulichen Erbes in Deutschland werden. Simple Standardlösungen werden dem Problem nicht gerecht. Ein rigoroses Dekretieren maximaler Verbrauchswerte und minimaler Bauteilqualitäten durch den Gesetzgeber ist für den historischen Baubestand nicht praktikabel. Ein einfaches Einpacken mit dicken Schichten von Wärmedämmung würde häufig den gleichen Gestaltwertverlust bewirken, wie ein Abriss. Dennoch gehen die aktuellen Vorschriften in diese Richtung. Das vorliegende Konzept für eine nachhaltige Erneuerung und Bewirtschaftung des Kulturdenkmals Burg Rieneck ist - gerade vor diesem Hintergrund - kein abgehobenes Experiment, um zu zeigen, was unter Einsatz des technisch Machbaren und ohne Rücksicht auf die Kosten maximal realisierbar wäre. Es ist eine anwendungsorientierte Untersuchung, auf welche Weise mit vertretbaren Kosten und trotzdem denkmalverträglich, ein historisches Bauwerk energetisch saniert und somit zukunftssicher gemacht werden kann. Ein erstes und grundlegendes Fazit ist, dass jedes historische Gebäude aufgrund seiner Lage, Konstruktion, Nutzung und Entstehungsgeschichte ein Unikat ist und deshalb auch individuell analysiert werden muss, um gute Lösungen entwickeln zu können. Eine zweite grundlegende und durchaus brisante Er-

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kenntnis ist, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Nachweise (DIN 18599) für die Bewertung des Energiebedarfs von historischen Gebäuden mit ihren konstruktiven Eigenheiten und spezifischen Nutzerangewohnheiten kaum brauchbar sind. Dies ist wegen der Verbindlichkeit der Anwendung und den entsprechenden Rechtsfolgen ein ernstes Problem. Das Beispiel von Burg Rieneck zeigt deutlich, dass historische Baukonstruktionen in energetischer Hinsicht keineswegs so schlecht zu beurteilen sind, wie dies die normierten Nachweisverfahren unterstellen. Die positiven Eigenschaften dieser Konstruktionen, wie z.B. große Speichermassen durch dicke Wände mit hoher Dichte, gutes Raumklima durch offenporige, diffusionsoffene Materialien, geringere Lüftungswärmeverluste bei Räumen mit großem Luftvolumen etc. werden bislang nicht berücksichtigt. Dabei wird gerade auf die Bedeutung des sommerlichen Wärmeschutzes durch Speichermassen seit vielen Jahren in Fachkreisen immer wieder hingewiesen. Gleichermaßen wird anhand der Untersuchung deutlich, wie groß tatsächlich der Einfluss des Nutzers/Bedieners auf den realen Energieverbrauch eines Gebäudes, unabhängig von dessen Dämmwerten oder technischen Anlagen ist. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig hier eine Bewusstseinsbildung und Schulung der Öffentlichkeit ist. Burg Rieneck kommt als Bildungszentrum in dieser Hinsicht eine große Bedeutung zu. Eine Automatisierung der Heizungs- und Lüftungsregelung ist derzeit noch mit sehr hohen Kosten und fragwürdiger Effizienz verbunden. Eine manuelle Regelung setzt andererseits kompetente Nutzer/Bediener voraus. Es ist also auch in diesem Punkt individuell abzuwägen, um eine optimale Lösung zu erreichen. Weiter konnte aufgezeigt werden, dass eine relevante Reduzierung des Energieverbrauchs von historischen Gebäuden auch ohne generelle, massive Nachdämmung aller Hüllflächen erreicht werden kann, indem auf der Grundlage einer genauen Untersuchung einzelne besonders gravierende Schwachpunkte herausgearbeitet und dann gezielt beseitigt werden.

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Grafik 7 Energieeinsparung durch Nachdämmung (AB Haase)

Allein durch die Nachdämmmaßnahmen (Bauteile C-G) könnten in Summe ca. 136.000 kWh/a eingespart werden. Weitere ca. 40.000 kWh/a könnten durch eine Verbesserung des Saalbaus erreicht werden. Dies bedeutet bereits eine Reduzierung des Energieverbrauchs um etwa 43 %. Zusätzlich ca. 5 % der Heizenergie kann durch Wärmerückgewinnung im Zuge eines Umbaus der Küche eingespart werden. Dies gilt nur, wenn die Burg nach der Sanierung mit dem gleichen Komfort betrieben wird, wie vor der Sanierung. Das heißt, dass trotz einer vollautomatischen Heizungs-Regelung die Heizkörper wie bisher händisch auf eine sehr niedrige Temperatur außerhalb der Nutzungszeiten eingestellt würden. Die Ziele der energetischen Sanierung insgesamt können aber allein durch Nachdämmung des Bestandes in einem wirtschaftlich und architektonisch rechtfertigbaren Rahmen nicht gedeckt werden. Für die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur energetischen Sanierung muss berücksichtigt werden, dass sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis immer dann deutlich verbessert, wenn mehrere Vorhaben bzw. Nutzwerte miteinander kombiniert werden können. Teure Nachdämmungen werden schnell wesentlich wirtschaftlicher, wenn ohnehin Baumaßnahmen zur Bauschadensbehebung oder aus funktionalen Gründen erforderlich sind. Effizientes Arbeiten und ein kostensparendes Vorgehen in dieser Weise setzt aber langfristige und ganzheitlich durchdachte Planungen voraus. Die neue Heizungstechnik kann auch erst dann installiert werden, wenn die baulichen Voraussetzungen (Dämmung etc.) geschaffen wurden. Es sollte daher zukünftig weit mehr als heute üblich werden, Planungen nicht ausschließlich für konkrete, unmittelbare Bauvorhaben durchführen zu lassen, sondern im Sinn der Nachhaltigkeit gerade auch für längere Zeiträume. Allerdings müssen derartige Planungen auch offen und flexibel genug sein, um die - 73 -

schnell fortschreitende technische Entwicklung integrieren zu können und sie dürfen in gestalterischer Hinsicht kein zu enges Korsett schaffen. Durch eine Umsetzung des Konzepts zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung in der empfohlenen Variante können selbst dann, wenn eine Hüllensanierung des Saalbaus vorerst nicht stattfinden, auf dem aktuellen Preisniveau ca. 15.000 Euro/a an Energiekosten eingespart werden. Gleichzeitig würde sich der CO2-Ausstoß von bisher ca. 124 t/a um 97 t/a auf nur noch 27 t/a reduzieren. Für die CO2-Bilanz wurde für den Stromanteil der deutsche Strommix angenommen, um einer Vergleichbarkeit mit anderen Gebäuden zu gewährleisten. Tatsächlich wird regenerativ erzeugter Strom eingekauft und somit kein CO2 ausgestoßen. Dabei ist die Kostenersparnis und CO2-Reduzierung aus der Eigenstromverwendung der PV-Anlage nicht berücksichtigt. Die CO2-Emission beträgt dann in der vorgesehenen Lösung ca. 3 t/a. Unter der Annahme einer Vollbeheizung während der Nutzungszeiten und einer vollautomatischen Regelung, die eine Nachtabsenkung vorsieht wird jedoch während der Nichtnutzungszeit die Heizung soweit wie möglich zurückgefahren. Dementsprechend wurden die Berechnungen durchgeführt.

Ein positiver Aspekt, der bei der Untersuchung von Burg Rieneck herausgearbeitet werden konnte, ist, dass durch eine kontinuierliche Instandhaltung und Pflege von Gebäuden die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung von Bauschäden und baulichen Mängeln im Rahmen gehalten bzw. auf verträgliche Weise über längere Zeiträume verteilt werden können. Längere Instandhaltungsstaus sollten unbedingt vermieden werden, da sie zu einer maßgeblichen Kostensteigerung und zu - gerade im Denkmalbereich - möglichst zu vermeidenden Verlusten an Originalsubstanz führen. Die verschiedenen, für Burg Rieneck vorgeschlagenen Lösungen zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, ein Baudenkmal mit vertretbaren Mittel und denkmalgerecht so zu modernisieren, dass der Energieverbrauch mit vertretbarem Aufwand weitgehend aus regenerativen Quellen gedeckt wird. Die Untersuchung der verschiedenen Lösungsansätze und -komponenten macht deutlich, dass es hierbei keine in allen Fällen optimale Variante gibt, sondern nur auf der Basis einer individuellen Prüfung eine begründete Entscheidung zu treffen ist.

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Quelle 3:

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Quelle 5:

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Quelle 6:

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Quelle 7:

Raumbuch, AB Haase

Quelle 8:

Thermografieberichte, AB Haase

Quelle 9:

1. Auswertung der Datenlogger, AB Haase

Quelle 10:

Befundpläne, AB Haase

Quelle 11:

Bericht der baukonstruktiv-technischen Erkundung, AB Haase

Quelle 12:

Betrachtung des Brandschutzes, AB Haase

Quelle 13:

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Quelle 14:

Berechnung nach DIN 18599 für A/B, AB Haase

Quelle 15:

Berechnung nach DIN 18599 für C-G, AB Haase

Quelle 16:

Abschätzung Heizwärmebedarf, AB Haase

Quelle 17:

Baugrunduntersuchung, GMP

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