Und das Leben ist siegreich. Ein Kommentar zu den Kapiteln 18 - 33 des Johannesbuches der Mandäer: Der Traktat über Johannes den Täufer.
Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg vorgelegt von Gabriele Mayer aus Mannheim Heidelberg 1996
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Meinen Eltern
Gott hat mich erlöst, daß ich nicht hinfahre zu den Toten, sondern mein Leben das Licht sieht. Hiob 33, 28
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Inhaltsverzeichnis Titelblatt Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Vorwort Einleitung
Seite 1 3 4 6 7
Prolegomena: Forschungsüberblick
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Kapitel I:
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Kommentar zu den Kapiteln 18 - 33 des Johannesbuches der Mandäer A Zur Entstehung des Johannesbuches B Gesamtüberblick über das Johannesbuch C Die Kapitel 18 - 33: Der Aufbau des Traktats über Johannes den Täufer D Kommentar zu den einzelnen Kapiteln: Kapitel 18 Kapitel 19 Kapitel 20 Kapitel 21 Kapitel 22 Kapitel 23 Kapitel 24 Kapitel 25 Kapitel 26 Kapitel 27 Kapitel 28 Kapitel 29 Kapitel 30 Kapitel 31 Kapitel 32 Kapitel 33
16 22 23 28 63 72 79 88 96 103 112 122 130 135 158 166 180 196 210
Kapitel II: Exkurse A Zu den Riten der Mandäer B Zu Alter und Herkunft der Mandäer
221 221 246
Kapitel IV: Zusammenfassung und Nachwort
249
Literaturverzeichnis
250
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Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen der mandäischen Quellen ATS
CP G
GL GR J
Lidzbarski, Ginza Lidzbarski, Johannesbuch Lidzbarski, Qolasta Qol
Drower (Hg.), The Thousand and Twelve Questions. Berlin: Veröffentlichungen d. Inst. f. Orientforsch. d. Dt. Akad. d. Wiss., 1. Auflage 1960; abgekürzt nach dem mandäischen Titel "Alp Trisar Suialia" Drower (Hg.), The Canonical Prayerbook of the Mandaeans translated with Notes. Leiden: E. J. Brill, 1. Auflage 1959 Lidzbarski (Hg.), Ginza - Der Schatz oder Das große Buch der Mandäer. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht / Leipzig: J. C. Hinrichs´sche Buchhandlung, 1. Auflage 1925 Linker Ginza Rechter Ginza Lidzbarski (Hg.), Das Johannesbuch der Mandäer. Gießen: Verlag von Alfred Töpelmann (vormals J. Ricker), 1. Auflage 1915 / Unveränderter Nachdruck beim Verlag Walter de Gruyter, Berlin, 1966 Übersetzung des Ginza durch Lidzbarski, s.o. Übersetzung des Johannesbuches durch Lidzbarski, s.o. Lidzbarski, Mandäische Liturgien, s.u. Lidzbarski (Hg.), Mandäische Liturgien. Berlin: Weidmann´sche Buchhandlung, 1. Auflage 1920 / Unveränderter Neudruck bei Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970
Abkürzungen der häufig gebrauchten Sekundärliteratur und Hilfsmittel Brandt, MR
Beilagen. Brandt, MS
Brandt, Die mandäische Religion. Eine Erforschung der Religion der Mandäer, in theologischer, religiöser, philosophischer und kultureller Hinsicht dargestellt. Mit kritischen Anmerkungen und Nachweisen und 13 Amsterdam: Philo Press, 1973. Neudruck der Ausgabe Leipzig, Utrecht 1889 Brandt, Mandäische Schriften. Aus der großen Sammlung Heiliger Bücher Genza oder Sidra Rabba übersetzt und erläutert mit kritischen Anmerkungen und Nachweisen. Amsterdam: Philo Press, 1973. Neudruck der Ausgabe Göttingen 1893
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Brockelmann Dalman
Dict.. Drower, MII 1. Even-Shoshan Handbook Jennings
Rudolph, Mandäer I + II
Sokoloff
Karl Brockelmann, Lexikon Syriacum. Hildesheim: Georg Olms Verlagsbuchhandlung, 1968 Dalman, Gustav H., Aramäisch-Neuhebräisches Handwörterbuch zu Targum, Talmud und Midrasch. Mit Lexikon der Abbreviaturen von G. H. Händler und einem Verzeichnis der Mischna-Abschnitte. Hildesheim: Georg Olms Verlagsbuchhandlung, 1967 Drower / Macuch (Hg.), A Mandaic Dictionary. Oxford: At The Clarendon Press, 1963 Drower, The Mandaeans of Iraq and Iran. Their cults, customs, magic legends, and folklore. Leiden: E. J. Brill, Auflage 1962 Hamilon hehadash, 7 Bde, Jerusalem: 1982ff Macuch, Handbook of classical and modern Mandaic. Berlin: Walter de Gruyter, 1. Auflage 1965 Jennings, William, Lexikon to the Syriac NT (Peshitta) with copious References, Dictions, Names and some various readings found in the Curetonian, Sinaitic Palimpsest and other MSS, revised by Ulric Gantillon, M.A., Oxford: At the Clarendon Press 1926 Rudolph, Die Mandäer. Bd I Prolegomena: Das Mandäerproblem, Bd II Der Kult. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1. Auflage 1960 bzw. 1961, FRLANT Bd 74 + 75 Sokoloff, A Dictionary of Jewish Palestinian and Aramaic the Byzantine Period, Bar Ilan: University Press, 1990
Für die biblischen Bücher und die zwischentestamentliche Literatur sowie Pseudepigraphen werden die herkömmlichen Abkürzungen gebraucht. Dies gilt auch für Abkürzungen von Lexika und Zeitschriften.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde innerhalb der letzten vier Jahre an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angefertigt. Während dieser vier Jahre war ich drei Jahre als Stipendiat Mitglied des Graduiertenkollehs "Religion und Normativität" an der Universität in Heidelberg. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Klaus Berger, der mich schon seit längerer Zeit in meinen Studien förderte und ermutigte. Er war es schließlich auch, der meinen Blick und mein Interesse auf die mandäischen Texte lenkte. Danken möchte ich ferner dem Graduiertenkolleg "Religion und Normativität" an der Universität Heidelberg für fachliche und finanzielle Unterstützung. In den letzten vier Jahren, in denen ich mich meiner Dissertation widmete, wurde mir von vielen Seiten Hilfe zuteil. Danken möchte ich daher all jenen, die micht stets unterstützt haben und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Stellvertretend für die vielen möchte ich hier Herrn Prof. Dr. Hofmeister, Herrn Prof. Dr. Theißen, Herrn Prof. Dr. Aharon Agus von der Hochschule für Jüdische Studien und Herrn Dr. Werner Arnold von der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften im Fachbereich Semitistik meinen Dank aussprechen. Großer Dank gilt weiterhin Herrn Pfarrer Karl Günther, der mir stets freundlich und kompetent mit seinen vielfältigen Sprachkenntnissen zur Seite stand. Nicht zuletzt gilt mein Dank allen Verwandten und Freunden, die mir geholfen und mich ermutigt haben, besonders den beiden Menschen, denen ich so viel verdanke, daß ich es nie wieder zurückgeben kann und denen deshalb auch diese Arbeit gewidmet ist: meinen Eltern.
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Einleitung Es gibt in der Religionsgeschichte wohl kaum eine Religionsgemeinschaft, deren Ursprung und Entwicklung so umstritten und bis heute so unerklärlich ist wie diejenige der Mandäer. Genauso rätselhaft wirken die Texte und Riten der Mandäer zunächst auf den Betrachter. Mandäer leben auch heute noch in verschiedenen Gebieten, hauptsächlich im Südiran und im angrenzenden Irak. Eines ihrer Zentren ist Baghdad. Die neuesten Nachrichten über die dort lebenden Mandäer verdanken wir einem Angehörigen dieser Religionsgemeinschaft, Sabih Alsohairy1. Seine Angaben sollen hier die veralteten Daten, die bei Lady Drower zu finden sind2, ersetzen. Alsohairy berichtet von Schätzungen der Anzahl von heute lebenden Mandäern im Irak, nach denen ihre Zahl zwischen 12000 und 15000 betragen soll3; er selbst schätzt die Anzahl der Mandäer auf ungefähr 300004. Durch die wirtschaftliche Lage bedingt, verschwanden oft auch die traditionellen Berufe der Mandäer wie z. B. Silber- bzw. Goldschmied und Bootsbauer. Heute sollen sich auch viele Lehrer und Akademiker unter ihnen befinden5. Die Bedeutung der mandäischen Texte für die Religionsgeschichte wurde früh erkannt und vor allem durch Rudolf Bultmann hervorgehoben6. Seitdem entbrannte ein heftiger Streit über die Herkunft und das Alter der mandäischen Religion7. Mit den mandäischen Texten selbst setzten sich jedoch nur wenige Forscher auseinander, was wohl auch an der Schwierigkeit der Sprache der Mandäer gelegen haben mag. Die vorliegende Arbeit ist deshalb ein neuer Versuch, einen mandäischen Text, nämlich den Traktat über Johannes den Täufer aus dem Johannesbuch der Mandäer, besser verständlich zu machen. Dabei gehe ich von der These aus, daß die Mandäer keineswegs "schwache Denker"8 waren, wie man früher des öfteren vermutete. Die Texte sollen in ihrer Endgestalt, so wie sie uns vorliegen, ernstgenommen werden. Dabei hat jeder Satz und jedes Wort einen Sinn, auch 1Sabih
Alsohairy, Die irakischen Mandäer in der Gegenwart. Disseration, Hamburg 1975 Drower, MII 3Alsohairy, op. cit. S. 7 4ebd. 5ebd. S, 9 - 11 6zunächst in einem Aufsatz "Die Bedeutung der neuerschlossenen mandäischen und manichäischen Quellen für das Verständnis des Johannesevangeliums", ZNW 24 (1925), S. 100 - 146; danach in seinem Kommentar zum Johannesevangelium, zuerst im Jahr 1941 7vgl. hierzu den Forschungüberblick 8vgl. Lidzbarski, Johannesbuch S. XV 2vgl.
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wenn wir ihn nicht sofort verstehen. Das bedeutet nicht, daß Andere schlecht nachgedacht haben, sondern nur, daß wir noch nicht alles verstanden haben. Diese Arbeit ist also ein Versuch, einen mandäischen Text besser als bisher zu verstehen. Zum Verständnis der mandäischen Texte bediente ich mich allen Methoden der historischkritischen Exegese, insbesondere des religionsgeschichtlichen Vergleiches. In der Forschung existieren verschiedene Definitionen von Religionsgeschichte, die einander zum Teil widersprechen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle meine Definition von Religionsgeschichte sowie die Voraussetzungen und Methoden, derer ich mich beim religionsgeschichtlichen Vergleich bedienen werde, kurz erläutern. "Religionsgeschichte ist die klassische Bezeichnung einer wissenschaftlichen Disziplin, deren Aufgabe es ist, (fremde) Religionen darzustellen; "allgemeine Religionsgeschichte" stellt die Summe dieser Bemühungen dar, welche eine Gesamtdarstellung der Religionen versucht." 9. Ich möchte mich zunächst der engeren Definition von Religionsgeschichte anschließen. Nach meiner Definition unterscheidet sich Religionsgeschichte von der vergleichenden Religionswissenschaft dadurch, daß sie sich sowohl zeitlich als auch räumlich einschränkt und nicht den Anspruch vertritt, eine "Gesamtdarstellung der Religionen" versuchen zu wollen. Der religionsgeschichtliche Vergleich ist nur ein Ausschnitt aus der gesamten Religionsgeschichte, deren Darstellung Aufgabe der Religionswissenschaft ist. Dieser Ausschnitt ist in seiner räumlichen und zeitlichen Eingrenzung bewußt auszuwählen und zu begründen. Die religionsgeschichtliche Erforschung des NT in der religionsgeschichtlichen Schule durch H. Gunkel, W. Bousset und H. Greßmann z. B. war mit einer spezifischen Zielsetzung verbunden: "religionsgeschichtlich" bedeutete hier die Einschränkung auf die eigene, in diesem Fall die christliche Religion10. Darüber hinaus sollte "die inhaltliche Erhabenheit des Urchristentums über alle formell heidnischen Erscheinungen" aufgewiesen11 oder "mit neuen Mitteln die universale Kraft und Bedeutung der christlichen Religion" 12 dargestellt werden. Diese Zielsetzung verfolge ich in meiner Arbeit nicht. Verständlicherweise tritt im Vergleich von Religionen das Spezifische einer Religion zutage.Doch müssen das Unterscheidende und das Verbindende, Verschiedenheiten und Ähnlichkeiten gleichermaßen zur Sprache kommen. Die Religionsgeschichte hat nach meiner Definition keine apologetische, sondern eine erklärende Funktion. In der Methodik des religionsgeschichtlichen Vergleichs sind nun sowohl textinterne wie textexterne Merkmale zu beachten: Als Textinterne Merkmale möchte ich Eigenschaften des Textes selbst bezeichnen. Hier ist zunächst die Frage der Textgattung wichtig. Der Vergleich von Texten der gleichen Gattung ist aussagekräftiger als der von Texten unterschiedlicher Gattungen und deshalb in seinem Wert auch höher anzusetzen. Generell kann man Texte unter zwei Aspekten betrachten: Unter Kategorien, die den Kontrast zum Vergleichstext betonen und seine Andersartgikeit herausarbeiten, und unter Kategorien, die die Ähnlichkeit der verglichenen Texte deutlich machen13. Innerhalb dieser Kategorien kann man zahlreiche Unterkategorien unterscheiden, so 9vgl.
F. Stolz, Grundzüge der Religionswissenschaft. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1988, S. 186. Kleine Vandenhoeck-Reihe, 1527 10vgl. K. Müller, Die religionsgeschichtliche Methode. Erwägungen zu ihrem Verständnis und zur Praxis ihrer Vollzüge an neutestamentlichen Texten, in: BZ 29, 1985, S. 169 11so H. Gunkel, vgl. K. Berger, Exegese des Neuen Testaments: neue Wege zur Auslegung. Heidelberg: Quelle und Meyer, 2. Auflage 1984, S. 169; UTB 658 12so W. Bousset, vgl. K. Berger, op. cit., S. 187 13vgl. K. Berger / C. Colpe, Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament. Göttingen und Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987, § 3, S. 19ff; Reihe Texte zum Neuen Testament, Das Neue Testament Deutsch Textreihe, hg. von G. Friedrich und J. Roloff, Bd 1
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z. B. für die Kategorie des Kontrasts Metamorphosen von Texten, ihre Rezeption mit entgegengesetzter Tendenz, Entlehnung mit Verfremdung oder der beabsichtigte Kontrast; für die Kategorie der Ähnlichkeit Texte, von denen einer den anderen voraussetzt, auf ihn Bezug nimmt, mit ihm auf gemeinsame Traditionen zurückgeht oder nur entfernte Ähnlichkeit aufweist14. Diese Kategorien schließen einander nicht unbedingt aus. Im Vergleich ist ferner zu prüfen, wieviele Elemente eines Textes mit denen eines anderen übereinstimmen. Je mehr Elemente übereinstimmen, von einzelnen Namensnennungen bis hin zur Gesamthandlung, desto wichtiger ist der zu vergleichende Text. Als textexterne Merkmale sind vor allem Zeit, Ort und Möglichkeit der Vermittlung wichtig. Zu vergleichen sind innerhalb der Religionsgeschichte nach meiner Definition zunächst Texte, die aus ähnlichen Zeiten stammen. Ähnliche Texte müssen hier jedoch nicht notwendig literarisch voneinander abhängig sein. Gemeinsame mündliche Traditionen oder auch gemeinsame schriftliche Quellen können ebenfalls Übereinstimmungen erklären. Es muß ferner der Ort der Entstehung des Textes in Betracht gezogen werden. Beim Vergleich ähnlicher Texte aus einem begrenzten Zeitraum, die dazu in geographischer Nähe zueinander entstanden sind, wird man am ehesten auf gemeinsame Traditionen schließen können. Je weiter die Texte auseinanderrücken, desto wichtiger ist die Frage nach einer möglichen Vermittlung des Gedankengutes. Zur Erforschung der mandäischen Texte dienen vor allem die Vergleiche mit spätjüdischen, christlichen (orthodoxen und heute häretisch genannten) und islamischen Texten. Kenntnisse von der zoroastrischen Religion und von gnostischen Schriften sind ebenfalls vonnöten. Die zum Vergleich herangezogenen Texte erscheinen so stets in ihrem historischen Kontext. Es werden auch nur Texte zum Vergleich hinzugezogen, wenn sie frappierende Ähnlichkeit zu den mandäischen Texten haben, ihnen direkt widersprechen oder in irgendeiner Weise zu ihrer Erklärung dienen können. Die Zusammenstellungen von Parallelstellen erheben deshalb in der vorliegenden Arbeit keinen Anspruch auf Vollkommenheit. Eine Zusammenstellung von ähnlichen Texten ohne Erklärung wäre nicht nur wenig hilfreich15, sondern würde wegen der Fülle des Materials auch den Rahmen einer Dissertation sprengen. Am besten werden mandäische Texte oft durch andere ebenfalls mandäische Schriften erklärt. Deshalb steht diese Erklärungsmethode oft im Vordergrund. Oberstes Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die kommentierten mandäischen Texte verständlich zu machen. Dies kann nur geschehen, wenn man sie in ihrer Tradition beläßt und sie hin und wieder, wenn dies hilfreich ist, mit Texten anderer Religionen vergleicht. Religionsgeschichte, wie ich sie in dieser Arbeit betreibe, ist der Vergleich von Texten verschiedener Zeiten und Herkunft mit Berücksichtigung ihres historischen Kontextes und dem Versuch der Erklärung von Ähnlichkeiten und Kontrasten. So soll sie dem Ziel dienen, mandäische Texte zu erklären.
14vgl.
ebd., dort ausgeführt und erläutert die ähnliche Stellungnahme in Bezug auf das Christentum von K. Müller. op. cit.: "...ebensowenig kann es erstrebenswert oder statthaft erscheinen, die Aufmerksamkeit mit Vorzug analogen Erscheinungen im näheren oder weiteren Umfeld des Urchristentums zuzuwenden, um derart in die Gefielde einer "parallelomanen" Religionsphänomenologie hinüberzugleiten." ebd. S. 169
15vgl.
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Prolegomena Forschungsüberblick I Zu Entdeckung und Edition der mandäischen Quellen Die erste Beschreibung mandäischer Schriften, wenn auch nicht deren Edition, fand bereits im Jahre 1660 durch den Maroniten Abraham Acchellensis statt. In diesem Jahr erschien der zweite Teil seines Werkes "De origine nominis Papae" bei der Congregation de prop. fide in Rom16. Auf den Seiten 310 - 336 handelt er über sogenannte "Sabaei" und beschreibt drei Bücher von ihnen: den Ginza, den er "Liber Adami" nennt, das Johannesbuch und das Asfar malwashe. Dieser ersten Beschreibung, die von verschiedenen Angaben über die Anzahl und Wohnorte der Mandäer sowie über ihre Religion begleitet wurden (s. u. unter Abschnitt III Zur Sekundärliteratur), folgte im Jahre 1816 die erste Ausgabe des Ginza (pers. "Schatz") oder Sidra Rabba durch den schwedischen Gelehrten Matthias Norberg. Er betrachtete die mandäische Sprache als verderbtes, schlechtes Syroaramäisch, "korrigierte" den Text und gab ihn in syrischen Buchstaben mit einer lateinischen Übersetzung wieder17. Durch die syrische Bearbeitung ist dieser Text weitgehend unbrauchbar, erkannte Norberg doch nicht die Eigenständigkeit der mandäischen Sprache und Schrift. Diese wurde erst später entdeckt und in der Ginza-Ausgabe von H. Petermann auch berücksichtigt18. Auf dessen Ausgabe, im Jahre 1867 erschienen, stützen sich die weitgehend die zur Zeit vorliegenden Transskriptionen und Übersetzungen des Ginza, wobei man zur Bearbeitung des Rechten Ginza, der im ersten Band wiedergegeben ist, dringend auch den zweiten Band benötigt, der neben dem Linken Ginza auch Corrigenda und Varianten enthält. Eine Übersetzung des Textes strebte Petermann, der auf seinen Reisen im Orient die 16vgl.
Brandt, MR, S. 5 handelt sich um die von Petermann mit B bezeichnete Pariser Handschrift des Ginza. Sie erschien unter folgendem Titel: Codex Nasaraeus, Liber Adami appellatus, syriacae transscriptus, loco vocalium ubi vicem literarum gutturalium praestiterint his substitutis, latineque redditus; 3 Teile, Hafniae ap. F. Brummer, Londoni Gotharum, 1815 - 1816 18H. Petermann (Hg.), Thesaurus s. Liber magnus vulgo "Liber Adami" appellatus opus Mandaeorum summi ponderis, 2 Bde, Lipsiae: T. O. Weigel, 1867 17Es
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mandäische Sprache erlernt hatte, zwar an, veröffentlichte sie aber nicht19. Der Edition des Ginza folgte im gleichen Jahr die des Qolasta durch Julius Euting20. Genaue Übersetzungen aus dem Ginza gab erstmals Wilhelm Brandt im Jahre 1893 heraus21. Neben der sogenannten "Hochliteratur" der Mandäer22 wurden nun auch deren Zaubertexte auf Tonschalen und Bleitafeln entdeckt und ediert. Pognon veröffentlichte im Jahre 1892 und in den Jahren !898/99 als erster eine Sammlung solcher Texte, denen er ein mandäisches Glossar beigab23. Ihm folgten in der Edition dieser Art mandäischer Texte Lidzbarski (1902)24 , James A. Montgomery (1913)25, C. R. Driver (1930)26, C. H. Gordon (1937)27 und Lady Drower. Von den "Diwanen" der Mandäer wurde der erste im Jahre 1904 durch J. Euting veröffentlicht. Im Jahre 1921 beschrieb Lidzbarski in einer Edition mandäische Legenden auf characenischen Münzen aus Südbabylonien28. Jahrzehnte später edierte Lady Drower (1879 - 1972) einen zweiten Diwan29 und im Jahre 1953 einen weiteren sowie die Legende des Haran Gawaitha. Neben diesen kleineren Texteditionen tritt die Arbeit Mark Lidzbarskis (1868 - 1928) an den großen Werken der mandäischen Religion hervor. Er schuf eine kritische Herausgabe des Johannesbuches der Mandäer im Jahre 190530 und des Qolasta im Jahre 1920, wobei bei letzterem der mandäische Text in hebräischen Buchstaben wiedergegeben ist31. Im Jahr 1925 folgte die vollständige Übersetzung des Ginza32. Danach folgte eine Pause in der Edition mandäischer Texte. Eine kritische Edition des Ginza liegt - trotz Vorbereitungen derselben durch Kurt Rudolph33 - bis heute nicht vor. Viele unveröffentlichte Handschriften liegen noch in der Bodleian Library in Oxford. J. J. Buckley edierte im Jahre 1993 aus diesen den Diwan Malkuta