Abgegeben am: 13.09.2014
Katrin Jörger Büchelbach 15 77887 Sasbachwalden
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„Um Gottes Willen ?!“Wo bleibt die Reform? Ist die Rolle der Frau in der katholischen Kirche noch zeitgemäß? Katrin Jörger Schuljahr 2013/2014 Heimschule Lender, Sasbach – Betreuende Lehrerin: Frau Schmitt
Die folgende wissenschaftliche Arbeit wurde im Rahmen des Wettbewerbs ´ Christentum und Kultur ` verfasst. Die Veranstalter sind die evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg.
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitende Worte 2. Einführung in die Ordnung der katholischen Kirche 2.1. Zuweisung der Aufgaben und Tätigkeiten 2.2. Briefe Paulus 2.3. Ordinatio Sacerdotalis 2.4. Christliche Erziehung 3. Maria und die Frauen 4. Patriarchat vs. Matriarchat
5. Christliche Wegweiser 5.1. Die Sprache der Männerkirche 5.2. „Vater unser“ 5.3. Definition, Manipulation 6. Dogma oder altbewährte Tradition 6.1. Sehnsucht nach Freiheit 6.2. Das Zweite Vatikanische Konzil 6.3. Memorandum 2011 6.4. Der Mensch - Abbild Gottes 6.5. In Christi 6.6. Totgeschwiegen?! 7. Um Gottes Willen ?! 7.1. Eine Welt voller Widersprüche 7.2. Kurzer Einblick in die evangelische Kirche 7.3. Ansätze und Notwendigkeit von Reformen 7.4. Ausblick zum Weg der Kirche in der modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts 8. Abschließende Worte 9. Nachwort 10. Literatur- und Quellenverzeichnis 10.1. Literaturverzeichnis 10.2. Internetadressen 11. Eidesstattliche Erklärung
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Würde als Frau Es hat sich so ergeben, Gott, ich lebe einzeln. Es muß Zu-Fall sein, mir in die Hand gegeben. Mich schmückt kein Ehering. Kein Mann verleiht mir als Begleiter Würde, und Kinder sitzen nicht Auf meinem Schoß. Danke für meinen Beruf. Oft bin ich erschöpft und oft zufrieden. Ich sehe und suche im Arbeiten Sinn und in der Freundschaft mit Menschen und dir. Göttliches Du, immer noch warte ich auf dein gutes Wort aus dem Munde der Kirche, daß meine Würde als Frau, die allein verantwortlich lebt, ruht in meiner Person; daß sich der Sinn erfüllt, unabhängig von Ehe, Mutterschaft oder Ordensleben. Schöpferin Liebe, befreie die kirchlichen Männer vom Irrtum, ihnen allein offenbare sich, wie und wann wir Frauen dem Leben dienen, wie und wann unser Wesen sich treu und beglückend findet; Amen.1
Christa Peikert-Flaspöhler
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Peikert-Flaspöhler, Christa: Du träumst in mir, mein Gott – Frauen beten, Limburg – Kevelaer (Topos plus Verlagsgemeinschaft: Lahn – Verlag) 2000, S.42.
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1. Einleitende Worte Die Zeiten, in denen Männern gesellschaftlich eine größere Bedeutung als Frauen zuteilwurde, sind vorbei. Das weibliche Geschlecht freut sich im 21. Jahrhundert in etlichen Bereichen über Gleichberechtigung. Emanzipation ist das Stichwort, das die Gesellschaft bewegt. In den sechziger Jahren kam es zu einer großen Frauenbewegung, welche sich aufgrund der langjährigen Unterdrückung der Frauen und der daraus resultierenden Unzufriedenheit entwickelte. Damit einher ging eine immer stärkere Aufweichung des traditionellen Rollenbildes. Viele Frauen beschränken sich längst nicht mehr nur auf Haushalt und Familie. Eine Vielzahl von ihnen treibt auch ihre berufliche Karriere voran. Unterstützung erhalten sie dabei ebenfalls vonseiten der Politik. Erst kürzlich wurde im Rahmen der Regierungsbildung die Einführung einer Frauenquote in Unternehmen diskutiert und verabschiedet. Doch diese Entwicklung gilt nicht ausnahmslos für alle Lebensbereiche. So kennt die Kirche ihre eigenen Vorschriften. Hier sind die Rollen von Frau und Mann seit Jahrhunderten unverändert. Das gilt insbesondere für Christen in der katholischen Kirche. Hier dreht sich der Konflikt hauptsächlich um die Ordination, also Einweihung in ein kirchliches Amt, welche den Frauen bislang verwehrt bleibt. Schon über Jahrhunderte hinweg werden die Frauen innerhalb der katholischen Kirche minder bewertet bzw. gar ausgeschlossen. Ich wollte dieses Thema in Form einer wissenschaftlichen Arbeit erörtern und der von der evangelischen und katholischen Kirche organisierte Wettbewerb ´Christentum und Kultur ` gab dazu den Anlass. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Analyse verschiedener Quellen und Texte auf der Suche nach Aussagen und Beschreibungen, um mit deren Hilfe Antworten zu erhalten. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die katholische Kirche in ihrer Ordnung und ihrem Verhalten Frauen gegenüber noch zeitgemäß erscheint und ob möglicherweise Reformen notwendig sind. Ich möchte erwähnen, dass im Verlauf der Arbeit mit der Bezeichnung ´die Kirche` speziell die kirchlichen Funktionsträger zu verstehen sind, da nicht alle Männer in der katholischen Kirche gleich denken bzw. handeln. Man muss zudem auch unterscheiden zwischen der Haltung der Kirche in der Gemeinde und der Kirche ´von oben`. Den Anreiz, die Arbeit auf die Rolle der Frau zu spezialisieren, gaben sowohl öffentlich kundgegebene Meinungen und Stellungnahmen zu diesem mittlerweile weitläufig diskutierten Thema, als auch Gespräche mit Freunden, Verwandten und Lehrern. Gerade in unserer heutigen Zeit ist die Gleichberechtigung ein wichtiger Aspekt, da sowohl in Beruf als auch Politik und anderen gesellschaftlichen Bereichen Reformen und Gesetze verabschiedet wurden, um den Frauen ihre ihnen zustehende Freiheit und Würde zu Teil werden zu lassen. Denn schaut man nur einmal genauer hin, muss man mit Erschrecken feststellen, dass fast ausschließlich nur Männer vor dem Altar zu sehen sind, während die Frauen vor ihnen in der Kirche sitzen. Ihre Anwesenheit genügt, da ihre Meinung nicht von großer Bedeutung zu sein scheint. Doch steht mal wieder ein Anlass zur Festlichkeit bevor, sind es die „kirchlichen Hausfrauendienste“2 wie Kirche reinigen und Kaffee und Kuchen zubereiten 3, die plötzlich gefragt sind Dafür sind die, ´dem Mann untergeordneten` Frauen ausreichend. Dienstleis2
Stapenhorst, Lucie: Entschuldige, Paulus, jetzt rede ich! Frauenprotest gegen die Männerkirche, Olten (Walter-Verlag AG), 1990, S.17. 3 Vgl. ebd.
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tend und still schweigend in den Bänken verteilt, das ist wohl das Bild, das die Männer von ihren doch so hoch gepriesenen Frauen zu pflegen scheinen. Doch welche Rolle haben Frauen tatsächlich in der katholischen Kirche? Und was sind die Gründe dafür, dass katholische Männer gegenüber Frauen noch immer privilegiert sind? Auf diese Fragen soll die vorliegende wissenschaftliche Arbeit Antworten geben.
2. Einführung in die Ordnung der katholischen Kirche 2.2 Zuweisung der Aufgaben und Tätigkeiten Betrachtet man unsere katholische Kirche in ihrem Dasein und Handeln, stellt man fest, dass diese fast ausschließlich nur von Männern regiert wird. Dennoch ist zu erwähnen, dass die Kirche in vielen Bereichen wesentlich von Frauen gestützt und getragen wird. Ohne das Engagement und die wohlwollende Unterstützung der Frauen würde die katholische Institution möglicherweise an verschiedenen Stellen Mängel aufweisen, bzw. möglicherweise nach einiger Zeit gar zusammenbrechen. Ich möchte hier nur einige Berufe und Dienste erwähnen: Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Theologinnen, Ministrantinnen, Mesnerinnen, Tischmütter zur Kommunionvorbereitung, Kirchenmusikerinnen, Dienste in der caritativen Arbeit (häusliche Pflege, Hospiz-Dienst ). Und wer vermittelt den Kindern den christlichen Glauben in den ersten Lebensjahren? Trotzdem wird den Frauen der Zugang zu den wichtigsten Ämtern und Entscheidungsfunktionen untersagt. Die Frauen werden „vor die Tür der autoritären Kirche“ 4 gesetzt. Sie werden „von den Männern zu einer rechtlosen Randgruppe degradiert.“5 Vor allem wird keine Frau zu einem höheren Dienst oder Amt zugelassen. Neben ihrer dienstleistenden Funktion sind Frauen auch in den Gottesdiensten von großer Bedeutung. In einer Zeit, in der die Kirche schon jährlich mit immer mehr Kirchenaustritten zu kämpfen hat, sind es die Frauen, die die Kirchenbänke noch durch ihre regelmäßigen Besuche füllen und dies nur zu häufig auch ohne ihre männlichen Begleiter an der Seite. 6 Dieses Verhalten zeugt von ihrer Stärke im Glauben an Gott. Obwohl man als Frau weder eine Ansprache noch eine Antwort erhält7, sind es die Frauen, die nach enttäuschenden Erlebnissen und Prägungen in die Kirche kommen und engagiert für die Männerkirche arbeiten. Trotz dieser jahrhundertealten Unterdrückung kommen sie „in Scharen in die Kirche.“8 Doch was sind die Motive für diese Haltung? Treue, Tradition oder Unterwerfung? Die Benachteiligung der Frau wird häufig verharmlost als „traditionelle Rollenverteilung“ 9 dargestellt. Gerade dieses Denken und Festhalten an den traditionellen Rollenklischees ist eines der größten „Hindernisse auf dem Weg zur Gleichberechtigung.“ 10 „Die Sache Christi ist durch die Jahrhunderte hindurch eine Sache von Männern gewesen.“ 11 Als Folge dieser Dis-
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Eichler, Peter: Eugen Drewermann und Jaques Gaillot- Der Traum von Menschlichkeit, München (Kösel), 1997,S.18 . 5 Von Padberg, Lutz: Evangelium und Gesellschaft, Band 5 :Feminismus – eine ideologische und theologische Herausforderung, Wuppertal, (Verlag und Schriftenmission der evangelischen Gesellschaft für Deutschland), 1985, S.12. 6 Vgl. Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.17. 7 Vgl. ebd. S.33. 8 Ebd., S.65. 9 Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.79. 10 Stapenhorst, Lucie, Frauenproteste, S.71. 11 Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.108.
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kriminierung von Frauen kam es zu einer „wachsenden Entfremdung von Mann und Frau.“ 12 Dabei verlangt „die Botschaft des Evangeliums selbst […] den Abbau von jeder Ungleichheit und jeder Benachteiligung aufgrund des Geschlechts.“ 13 Man betet „um Frieden und Gerechtigkeit“14, um „Einsicht der Regierenden“15, nicht aber um den Wegfall von Unterdrückung und Ausgrenzung. Seit langer Zeit spricht man von einem „beschämenden Defizit [an] Menschenrechte[n] in der Kirche“16, denn hier scheint diese noch „weit entfernt von der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Eines der wichtigsten Dokumente scheint die Erklärung der deutschen Bischofskonferenz zu sein, welche am 21. September 1981 veröffentlicht wurde. Hinsichtlich der Frauenbewegung waren gerade „die Frauen, Frauengruppen und Frauenverbände, die sich, vom Evangelium geleitet, aus christlicher Verantwortung für die Belange der Frau einsetzten“ 17 sehr bedeutend. „Das II. Vatikanische Konzil, Päpste, Bischöfe, Bischofskonferenzen und Synoden haben sich daher zunehmend mit den Fragen der Stellung der Frau in der Gesellschaft befaßt.“18 Auch sie erkennen, dass es gerade hierbei um „die kritische Auseinandersetzung mit einer überwiegend von Männern geprägten Gesellschaft“ und den „Abbau jeder Form von Diskriminierung“ geht, da immer noch große Defizite bezüglich der gesamten Tradition und Rollenverteilung bestehen. 19 Kaum zu glauben, dass die Frauen stets warten und beten, das Wohl und die Freiheit der Armen fordern, während man ihnen in der katholischen Kirche keine Mitsprache gewährt.20 „Um [die] Befreiung [terrorisierter Länder, diskriminierter Rassen und ausgebeuteter Armen] wird fleißig gekämpft “ 21, jedoch nicht gegen die Unterdrückung unserer Frauen! Dabei ist unsere heutige Gesellschaft wohl soweit, Diskriminierung wahrzunehmen und dagegen vorzugehen und zu handeln, was sich beispielsweise deutlich an den zahlreichen Hilfsprojekten für Dritte-Welt-Länder bestätigen lässt.22 Bereits in vielen Bereichen wurden verändernde und bedeutende Maßnahmen getroffen, um Frauen sowohl in Beruf, Politik, als auch im gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt zu behandeln und zu integrieren. Warum also kann die Kirche diese immer fortschreitende Bewegung und Entwicklung so einfach ignorieren? Schon vor Jahrtausenden wurden im alten Israel „die […] Regeln des menschlichen Zusammenlebens […] in den zehn Geboten zusammengefasst. “ 23 „Die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ 24 wurden bereits durch die Aufklärung während der Französischen Revolution umgesetzt. Die revolutionären Gedanken und Versuche 12
Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.184. Seibel, W., Die Stellung der Frau in der Kirche, in: http://www.stimmen-derzeit.de/zeitschrift/archiv/beitrag_details?k_beitrag=2660526&k_produkt=2694114; Zugriff vom 09.03.14, 15.38. 14 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.58. 15 Ebd. 16 Haag, Herbert: Den Christen die Freiheit- Erfahrungen du widerspenstige Hoffnungen, Freiburg (Herder), 1995, S.71. 17 Die deutschen Bischöfe, Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft; in : http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse/DBK_1130.pdf; Zugriff vom 13.08.14, 10.40, S.6. 18 Ebd. 19 Ebd. 20 Vgl. Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.57. 21 Ebd., S.56. 22 Ebd., S.86. 23 Haag, Herbert, Den Christen die Freiheit, S.77. 24 Ebd., S.71. 13
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legten den Grundstein für die „Besinnung auf die Menschenrechte.“ 25 Noch heute sind unsere Vorstellungen und Erwartungen von diesen Gedanken geprägt, was sich gerade in Artikel 3 des Grundgesetzt auszeichnet. Das Grundrecht zur Gleichheit vor dem Gesetz besagt, dass alle Männer und Frauen gleichberechtigt sind, und niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden darf.26 Neben dem seit dem Jahr 1949 geltenden Grundgesetz, gibt es seit dem 4. November 1950 die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten`, auch bekannt als ´die Straßburger Menschenrechtskonvention`. Um Mitglied des Europarats zu werden, ist die Unterzeichnung dieser Konvention ein grundlegende Verpflichtung und Bedingung. 27 Bemerkenswert hierbei scheint die Tatsache, dass „der Vatikan […] bis heute nicht Mitglied des Europarats [ist]“ 28, da er die hierfür zu grundegelegte Bedingung, die Unterzeichnung der Menschenrechtskonvention, nicht erfüllen kann bzw. will. Das hieße nämlich die Grenzen überschreiten und „alte[] Barrieren im Kopf“ zu überwinden.29 Die katholische Kirche ist dafür bekannt, an alten Traditionen festzuhalten wohingegen die evangelische Kirche schon ihre Reformen um zu setzten versucht. Die Treue und das Bewahren der Tradition mag man der Kirche nicht vorwerfen, im Gegenteil, manchmal ist diese Haltung sogar wichtig um eine Institution wie diese, über all die Jahrhunderte hinweg aufrecht zu erhalten. So ist es zum Beispiel wichtig, dass sich der Ablauf der katholischen Messe auf der ganzen Welt nicht verändert hat und so bis heute von allen Gläubigen in allen Teilen der Welt mit verfolgt werden kann. Ist die NichtZulassung der Frauen zur Ordination nun als Tradition zu betrachten? Wenn ja, wäre es nicht an der Zeit eine Tradition wie diese an die heutige gesellschaftlichen Strukturen anzupassen? Vielen erscheint unverständlich, dass gerade der höchste Vertreter der katholischen Kirche Papst Johannes Paul II im Jahr 1983 die Unterbindung jeglicher Bestrebungen und Bewegungen hinsichtlich der Frauenordination forderte30 , wobei sein Hauptargument sich auf die alleinige Anwesenheit der Männer beim letzten Abendmahl stütze. Aus diesem Grund hätten nur sie „von Christus die Vollmacht zur Freiheit der Eucharistie empfangen.“ 31 Papst Johannes Paul II verstärkte abermals die Ausgrenzung der Frauen aus der Kirche indem er die Bitte, Frauen zum Diakonat zuzulassen, „mit Schweigen beantwortete.“32 Es ist gerade diese Haltung, die die Frauen nicht verstehen wollen, da sie keinen Grund sehen, nicht zur Ordination zugelassen zu werden. Für sie scheint es als ob „der Text […] unverändert nach wie vor in geheiligter Tradition so gelesen [wird]“33, so wie es den Funktionsträgern der katholischen Kirche gefällt. So schrieb Thomas von Aquin34 vor mehr als sieben Jahrhunderten: „Der wesentliche Wert der Frau liegt in ihrer Gebärfähigkeit und ihrem hauswirtschaftlichen Nut25
Haag, Herbert, Den Christen die Freiheit., S.73. Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Landesverfassung Baden-Württemberg, (Landtag Baden-Württemberg), 2010, S.14. 27 Haag, Herbert, Den Christen die Freiheit, S.74 f. 28 Ebd. 29 Eichler, Peter, Der Traum von Menschlichkeit, S.63. 30 Vgl. Haag, Herbert, Den Christen die Freiheit, S.30. 31 Ebd. 32 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.124. 33 Ebd., S.11. 34 Thomas von Aquin: Kirchenlehrer, *um 1225, † 1274, am 18. Juli 1323 von Papst Johannes XXII. Heiliggesprochen, für ihn waren Glaube und Vernunft von großer Bedeutung um schließlich zur Wahrheit zu gelangen. Man findet von ihm viele Aussagen bezüglich der Unterordnung der Frau unter dem Mann. vgl.: http://www.heiligenlexikon.de/BiographienT/Thomas_von_Aquin.htm; Zugriff vom: 29.08.2014, 12.30. 26
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zen.“35 Im Gegensatz zu unserer Gesellschaft hält die Kirche weiterhin an diesen jahrhundertealten Lehren fest. Für viele hat es den Anschein als würden die Konzilsväter „stehen […] wie ein Fels“, da „ihr heftiges Reden nicht mehr zeitbedingt“ ist. 36 Dabei mag es einfach nur daran liegen, dass „Veränderungen […] von Ängsten begleitet [sind]“ 37, welche jedoch eigentlich nicht gefürchtet werden, sondern als neue Chancen und Wege wahrgenommen werden sollen. Das Problem hierbei liegt in der Machtverteilung innerhalb der katholischen Kirche, da die gesamte Macht den Männern obliegt, indem sie ihnen ´angeblich` zugeschrieben wurde und nun, wo sie in ihren Händen liegt auch gut überwacht und behütet wird. 38 Es lohnt sich nun einmal genauer nach möglichen Gründen für diese Missstände im biblischen Verständnis zu suchen.
2.2.Briefe Paulus Wenn man heute nach Ursachen und grundlegenden Worten für offene Glaubens-Fragen oder Probleme bezüglich unserer Kirche sucht, so findet man fast immer einer Antwort in der Heiligen Schrift, der Bibel. So gab es unter den vielen Aposteln auch einige, die schon zu der Zeit Jesu mit der Rolle der Frau beschäftigten, bzw. auslösende und prägende Aussagen trafen und diese festschrieben. Besonders die Briefe des Apostel Paulus geben uns wichtige Informationen, bzw. Anlass zur Kritik an der damaligen Sicht der Dinge in Bezug auf das Frauenbild. Im Laufe der Zeit stellte man eine „allmähliche Distanzierung von der hohen Bewertung der Frau, [die] durch falsche oder missverständliche Auslegung bestimmter Bibelworte gefördert [wurde].“39 Der Apostel Paulus betont in seinen Briefen ganz besonders sowohl die „Unterordnung der Frau unter dem Mann“, als auch die Beschränkung ihrer Tätigkeiten auf „Kindererziehung und Heimarbeit.“40 So sprach Paulus: „Doch im Herrn gibt es weder die Frau ohne den Mann noch den Mann ohne die Frau [, d]enn wie die Frau vom Mann stammt, so kommt der Mann durch die Frau zur Welt; alles aber stammt von Gott.“41 Hinsichtlich der Ordnung im Gottesdienst, lässt sich ihm zusprechen, dass „Christus das Haupt des Mannes ist, der Mann das Haupt der Frau und Gott das Haupt Christi“42, nicht aber dass die Frau dem Mann untergeordnet ist. Wie kam Paulus darauf, dem Mann jegliche Privilegien unbegründet zuzuschreiben und dafür der Frau ihre Selbständigkeit zu nehmen? Zwar heißt es, Eva wurde aus der Rippe Adams geschaffen, jedoch lässt diese Behauptung alleine noch keine Vorherrschaftlichen Züge bestimmen. Zudem meint Paulus, der „Mann wurde auch nicht für die Frau geschaffen, sondern die Frau für den Mann.“43 Insgesamt scheint sich Paulus selbst nicht ganz schlüssig über seine Aussagen bezüglich der Herkunft, Stellung und Berufung jeweils von Mann und Frau zu sein. Die wenigen Zitate genügen, um die leicht widersprüchlich und paradox erscheinenden Erzählungen Paulus zu erkennen.44 So auch die Aussage: „Zwar wurde 35
Ebitsch, S., Gleichstellung: Kariere in der Kirche ist Männersache, in: http://www.zeit.de/2009/38/CKirche-Frauen, Zugriff vom: 01.09.14, 9.15. 36 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.13. 37 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.9. 38 Ebd., S.86f. 39 Von Padberg, Lutz: Evangelium und Gesellschaft, Band 5 :Feminismus – eine ideologische und theologische Herausforderung, Wuppertal, (Verlag und Schriftenmission der evangelischen Gesellschaft für Deutschland), 1985, S.32. 40 Ebd. 41 Bibel, 1.Kor. 11,11; 11,12 42 Ebd., 1. Kor. 11, 3 43 Ebd. , 1.Kor. 11,9 44 Ebd. , 1.Kor. 11, 13
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die Frau aus dem Mann geschaffen; aber der Mann wird von der Frau geboren. Und beide kommen von Gott, der alles geschaffen hat.“ Nun kann man sich fragen, aus welchen Gründen sich Paulus dazu berufen fühlte, die Rolle der Frau in jeglicher Weise zu bestimmen. Zwar beruft er sich auf einige, bereits oben genannte, Grundaussagen, welche mehrmals in der Heiligen Schrift vertreten werden, jedoch scheint deren Deutung so zu Recht gelegt zu werden, dass die Frau in allen Fällen ihre unter dem Mann untergeordnete Stellung erhält.
2.3 Ordinatio Sacerdotalis Da die Rolle der Frau in der katholischen Kirche vor allem in den letzten Jahren immer häufiger diskutiert und kritisiert wurde, hatte es Papst Johannes Paul II zu seiner Regierungszeit nicht gerade leicht. Immer wieder kam es zu Debatten, Aufständen und Schreiben bezüglich dieses Themas. Als Antwort auf jene Fragen und Kommentare verfasste Johannes Paul II das apostolische Schreiben ´Ordinatio Sacerdotalis `, welches ihm dabei diente, seine Argumente zu bekräftigen und zu veröffentlichen.45 Am Anfang des Schreibens führte er das Traditionsargument an, welches besagt, dass von Beginn an nur Männern die Priesterweihe vorbehalten war, da Jesus Christus in seiner Vorbild-Position nur männliche Apostel wählte und man diesen Vorbehalt gemäß der Heiligen Schrift übernehmen sollte, was den Ausschluss der Frauen in jedem Fall rechtfertige.46 An zweiter Stelle schließt er aus, dass sich Jesu zur damaligen Zeit aus kulturellen und gesellschaftlichen Gründen für Männer entschied, bzw. sich auf sie beschränkt hat: „Wenn Christus nur Männer zu seinen Aposteln berief, tat er das völlig frei und unabhängig. Er tat es mit derselben Freiheit, mit der er in seinem Gesamtverhalten die Würde und Berufung der Frau betonte, ohne sich nach den herrschenden Sitten…zu richten.“47 In der dritten Grundaussage führt Johannes Paul II an, dass die Frauen in der katholischen Kirche nicht diskriminiert sind, denn für ihn „zeigt die Tatsache, daß Maria, die Mutter Gottes und Mutter der Kirche, [weder] den eigentlichen Sendungsauftrag der Apostel [noch] das Priesteramt erhalten hat, mit aller Klarheit, dass die Nichtzulassung der Frau zur Priesterweihe keine Minderung ihrer Würde und keine Diskriminierung ihr gegenüber bedeuten kann.“48Dennoch erkennt der Papst die Notwendigkeit und unersetzliche Rolle der Frau in der katholischen Kirche, denn seiner Meinung nach müssten „die christlichen Frauen sich der Größe ihrer Sendung voll bewußt werden; ihre Aufgabe ist heutzutage von höchster Bedeutung sowohl für die Erneuerung und Vermenschlichung der Gesellschaft als auch dafür daß die Gläubigen das wahre Antlitz der Kirche wieder neu entdecken.“49 Mit der vierten Grundaussage zeugt er von der Tatsache, „daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“50 Für viele scheinen diese Aussagen nicht sachgemäß, da es sich um eine wenig differenzierte Betrachtung und Sicht der Dinge handelt. Als Haupt-Kritikpunkt wird gerne der unbeachte45
Vgl. Haag, Herbert, Den Christen die Freiheit, S.30. Vgl. Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Ordinatio Sacerdotalis, in: http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jpii_apl_22051994_ordinatio-sacerdotalis_ge.html; Zugriff vom 12.08.14, 9.50. 47 Ebd. 48 Ebd. 49 Ebd. 50 Vgl. Ebd. 46
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te geschichtliche Kontext genannt. Angeblich hatte die Zahl ´Zwölf `eine symbolische Funktion für Jesu, da sie sich auf das Zwölf- Stämme-Volk der Zwölf Söhne Jakobs beziehen soll, um die Botschaft an das gesamte Volk richten zu können 51, denn nur so schien ihm die Vermittlung seiner Botschaft sicher und nachvollziehbar für das damalige Volk. Die auf das männliche Wesen beschränkte Besetzung lässt sich durch das zur damaligen Zeit geltende Zeugnisrecht , sprich Verkündungsrecht erklären, welches den Frauen in der Öffentlichkeit das Reden untersagte und sie somit als potentielle offizielle Verkünder ausschloss. 52
2.4. Christliche Erziehung Wie in fast allen Bereichen des Lebens, werden wir oft durch Erzählungen und deren unterschiedliche Auslegungen oder Bewertungen geprägt und häufig auch voreingenommen und verschlossen gegenüber anderen Möglichkeiten. So obliegt es den Pfarrern, Priestern und Bischöfen, Religionslehrern und anderen Theologen, vor allem jedoch den Müttern, uns zu belehren und somit unser Denken zu lenken und unsere Haltung zu prägen. Schon im Kindesalter wird die Geschichte des Sündenfalls, mit Eva und Adam im Paradies erzählt. Selten nur lernt man, den Sündenfall aus verschiedenen Haltungen und Sichtweisen zu betrachten und zu bewerten, obwohl er sich für mehrere Deutungen zu eignen scheint. Als „feministische Darstellung dessen, was ´der Fall ` ist“, liegt die Behauptung zugrunde, dass „der Frau die Schuld am Verlust des Paradieses“ 53 zugeschrieben wurde. Aus dieser Sicht handelt es sich um eine Geschichte, die „die Erfahrung des Machtmissbrauches durch den Mann“ 54erzählt und verarbeitet. So vermittelt der Sündenfall unabhängig von seinen unterschiedlichen Deutungen ein negatives Frauenbild am Beispiel von Eva in ihrer Rolle als Frau.
3. Maria und die Frauen Neben der besonders negativen Darstellung Evas findet man noch viele weitere von Frauen besetzen Rollen in der Bibel. Vor allem Maria, die Mutter Jesu, hat eine ganz besondere Stellung in der Bibel bzw. in der gesamten katholischen Kirche. Sie gilt häufig als „Gegenspielerin der ungehorsamen, ungläubigen, todbringenden Jungfrau Eva“, welche „nach der Meinung der Kirchenväter [ebenfalls] nur eine Jungfrau sein [konnte], gehorsam, gläubig, Leben bringend.“ 55 Da sie durch ihren Gehorsam im Gegensatz zu Eva heilbringend war, zeichnete sich ihr Bild durch ihre Reinheit und Makellosigkeit aus, was uns im Gesamten zwei völlig unterschiedliche Extreme von Frauengestalten vorgibt. 56 Papst Johannes Paul II war „bekannt als glühender Marienverehrer“57. Sie fungiert in unserer Kirche „ als Leitfigur der Werte der Jungfräulichkeit und der Mütterlichkeit“ 58, was es dem Volk, bzw. den Frauen besonders erschwert, sich mit ihr zu identifizieren, da sie als Mutter Gottes, bzw. Mutter Jesu Christi unserem Denken nach keine jungfräulichen Werte vertreten kann. Somit erscheint vielen der aus dem Gottesdienst bekannte Satz: „geboren aus der Jungfrau Maria“ in sich 51
Kraus, G., Frauenordination. Ein drängendes Desiderat in der katholischen Kirche, in: http://www.stimmen-der-zeit.de/zeitschrift/ausgabe/details?k_beitrag=3184310&query_start=1; Zu griff vom 09.03.14, 16.09. 52 Ebd. 53 Orth, Gottfried: Vom Garten Eden aus. Schöpfung in Gefahr? Arbeitsmaterial Religion- Sekundar stufe 2, Frankfurt (Verlag Moritz Diesterweg), S.52. 54 Ebd., S.53. 55 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.126. 56 Ebd., S.134. 57 Ebd., S.124. 58 Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.48.
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unschlüssig bzw. einfach paradox. Auch Johannes Paul II. sprach von der Bedeutsamkeit der Verehrung Marias in Bezug auf die kritische Rolle der Frau in der katholischen Kirche. 59 Generell lassen sich drei Mariendogmen finden, wobei das erste und auch eines der wichtigsten, das der Jungfrauengeburt ist. Das Dogma besagt, dass Jesu Christi nicht von einem Mann, sondern von Maria und dem Heiligen Geist gezeugt wurde, weshalb man heute besonders die Jungfräulichkeit Marias betont. Papst Pius IX ließ 1854 ein weiteres Dogma verkünden, welches von der reinen und unbefleckten Empfängnis Marias zeugen soll. Zudem ist Maria in der Rolle als Mutter Gottes von der Erbsünde befreit. 60 Das noch heute im August gefeierte Fest Maria Himmelfahrt erinnert an das dritte Dogma, „das der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel.“61 Die verschiedenen Mariendogmen haben bis heute ihre Spuren hinterlassen, besser gesagt, die Rolle der Frau in der katholischen Kirche geprägt und bestimmt. Die durch die Jungfrau Maria vertretenen Charakterzüge wie keusch, demütig, fromm, und gehorsam, zogen ihre Folgen und Auswirkungen auf das Leben der Frauen in der katholischen Kirche mit sich, da dieses von Maria verkörperte Idealbild von keiner Frau erfüllt werden kann. Von all den unterwürfigen Eigenschaften Marias leitete die katholische Kirche zudem die Unselbständigkeit und Abhängigkeit der Frauen ab, womit sie bis heute andauernd den Ausschluss der Frauen Ämtern und Funktionen begründet. Gerade die Jungfrau Maria wurde in ihrer Vorbildfunktion für die Frauen der katholischen Kirche zum Verhängnis. Die Frauen erhielten so ihre auf niedere Dienstleitungen beschränkte Rolle innerhalb der katholischen Kirche. 62 Wie kann Maria, die Mutter Gottes, [...] die Mutter und erste Jüngerin Jesu, […] die neue Eva, die unbefleckte Empfängnis, […] die Himmelskönigin und die reine Magd des Herrn, nicht zu vergessen die Schmerzensmutter, Mater dolorosa, die Trösterin der Betrübten und Schutzpatronin der Gläubigen […], nur dafür verantwortlich sein, dass den Frauen in der katholischen Kirche über Jahrhunderte hinweg das Recht und die Freiheit zur Mitsprache und Zulassung zur Ordination verwahrt bleiben?! Wie ist es möglich, dass Maria trotz ihrer so gepriesenen und vorbildlichen Funktion ausschlaggebend ist für die bis heute vorliegende Benachteiligung der Frauen? Zwar findet man neben Maria noch weitere weibliche Rollenträger in der Heiligen Schrift, jedoch wurde keine von ihnen so verehrt und geschätzt wie die Jungfrau Maria.
4. Patriarchat vs. Matriarchat Die zwei Begriffe Patriarchat und Matriarchat mögen einem anfangs fremd erscheinen, jedoch werden sie heutzutage noch sehr häufig in der Theologie und Soziologie verwendet. Patriarchat bezeichnet eine „Gesellschaftsordnung, bei der der Mann eine bevorzugte Stellung im Staat und Familie innehat und bei der in Erbfolge und sozialer Stellung die männliche Linie ausschlaggebend ist.“63 Im Gegensatz hierzu verwendet man den Wortlaut ähnlichen Begriff Matriarchat um eine „Gesellschaftsordnung [zu beschreiben], bei der die Frau eine 59
Wojtyla, Karol: Johannes Paul II – Die Schwelle der Hoffnung überschreiten, Hrsg. Von Vittorio Messori -1. Auflage – Hamburg (Hoffmann und Campe), 1994 (33: Frauen), S.241 f. 60 Kaufmann, S., Mariendogmen und Frauenbild, in: http://www.planetwissen.de/kultur_medien/religion/maria/frauenbild.jsp; Zugriff vom 27.08.14, 11.15. 61 Ebd. 62 Ebd. 63 Duden, http://www.duden.de/rechtschreibung/Patriarchat; Zugriff vom: 02.06.14, 18.00; s.v. (Patriarchat)
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bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat und bei der in Erbfolge und sozialer Stellung die weibliche Linie ausschlaggebend ist.“64 Lutz von Padberg definiert Patriarchat als ein von „Vater abgeleitetes [] Kunstwort“, welches die „überragende Stellung der Männer“ und „die Herrschaft des Mannes über der Frau“ zum Ausdruck bringt. Lucie Stapenhorst spricht von einer „kirchlichen Favorisierung des Mannes“ und einer gleichzeitigen „kirchlichen Herabsetzung der Frau“, die durch den „allmächtigen göttlichen Mann“ als „irdischer männlicher Vertreter“ verdeutlicht wird. 65 Diese Verdeutlichung der Rollen- und Autoritätsverhältnisse wird der katholischen Kirche häufig als unzulässige und veraltete Haltung und Einstellung vorgeworfen, da hierbei sowohl Respekt, Akzeptanz als auch Wahrnehmung fehlen, um sich als Frau als gleichwertiges Geschöpf Gottes zu fühlen. Aus diesem Grund wird das „“66 betrachtet. Hierbei sollte man erwähnen, dass sowohl das Christentum, als auch alle anderen Weltreligionen patriarchalisch geprägt sind. „Alle Denkmäler der Welt, alle Orden, alle Titel, alle gehobenen Positionen gehören den Männern“; Männer bestimm[en] [und] verfügen über Menschen“; der „Mann als Maßstab“67. Doch wie kann es sein, dass die Männer unser Leben, unsere Welt beherrschen? Muss man um Mensch zu sein etwa ein Mann sein? Diese ausschließlich von Männern regierte Welt, bzw. katholische Kirche ähnelt „eine[r] solidarische[n] Machtstruktur“ 68 und scheint eine Form der Unterdrückung zu sein, indem man den Frauen in dieser allein von Männern propagierten Welt keinen Platz einräumt, sondern sie im Gegenteil aus der Gemeinschaft ausschließt und ihnen deutlich eine minderwertige Stellung vermittelt. Dabei sind es doch gerade die Frauen, die durch ihre Fruchtbarkeit, die Fähigkeit besitzen, Nachkommen zu gebären, Menschenleben zu erschaffen und dieses zu ernähren?! Wie kann es sein, dass eine solch bedeutende Gruppe an Rand gestoßen wird und bei jeglichen Entscheidungen außer Acht gelassen wird? Man kann vermuten, dass 69. Diese Einseitigkeit zeigt sich auch dadurch, dass Gott fast nur männlich gedacht wird, was möglicherweise auch auf sein Personalpronomen zurückzuführen ist. Dies jedoch wird im Folgenden Abschnitt bei näherer Betrachtung der Sprache weiter erläutert.
5. Christliche Wegweiser 5.1 Die Sprache der Männerkirche Ausschlaggebend für die Verstärkung der patriarchalen Haltung und Grundeinstellung ist die Tatsache, dass „“70 Gerade die Wichtigkeit der Sprache wird einem erst bei näherer Betrachtung bewusst. Vor allem wenn es um die Rollenverteilung der Geschlechter, um Patriarchate und Matriarchate geht, sind Sprache und Grammatik von größerer Bedeutung als man zu glauben wagt, da die dadurch vorgegebenen Linien und Strukturen sich in unse64
Duden, http://www.duden.de/rechtschreibung/Matriarchat, Zugriff vom: 02.06.14, 18.05; s.v. (Matriarchat) 65 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.56. 66 Ebd., S.78. 67 Ebd., S.62 ff. 68 Ebd., S.29. 69 Ebd., S.20. 70 Ebd., S.113.
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rem Bewusstsein und somit auch unseren Gedanken einprägen und äußern. So kann man die Wörter, Namen und Begriffe, die innerhalb der katholischen Kirche verwendet werden genauer betrachten und analysieren um weitere mögliche Gründe für die bewusste bzw. unbewusste Unterordnung der Frau zu finden. Beschäftigt man sich einmal näher mit diesem Thema, bemerkt man schon nach kurzer Zeit, dass sich „das kirchliche Vokabular […] auf die männlichen Bezeichnungen wie [beschränkt]“71. An diesem Punkt stellt man sich doch die Frage ob das Wort Bruder einfach als übergreifende Bezeichnung für Brüder und Schwestern verwendet wird, oder ob man tatsächlich „Schwestern [als] weibliche Brüder“ bezeichnet? 72 Oder aber muss man fürchten ob das Wort nicht schon aus der Sprache der katholischen Kirche genommen bzw. verbannt wurde? 73 Dass sich die Menschen mit solchen Fragen beschäftigen, soll kein Wunder sein, denn das Wort scheint für viele in der katholischen Kirche ein Fremdwort zu sein.74 Als Frau ist es nicht unüblich das Gefühl zu verspüren, dass „Gott […] über unsere Köpfe hinweg mit den Söhnen und Brüdern in der Männerkirche [redet]“, indem „Männer [als] Offenbarungsempfänger“ fungieren.75 Die gegenseitige Unterordnung wird auch in der Heiligen Schrift im fünften Epheserbrief als besonderes Verhältnis beschrieben. Hierbei wird das Verhältnis vom Mann zur Frau mit dem Verhältnis von Christi zur Kirche gleichgesetzt, „denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist“. 76 Man versteht somit Christus als Bräutigam und die Kirche als seine Braut. Die Betonung der Gegenseitigkeit wird jedoch dadurch aus dem Gleichgewicht gebracht, dass „jeder […] seine Frau [so lieben muß] wie sich selbst, [während] die Frau aber […] den Mann [achten soll].“77 Zwar werden hier sowohl Mann und Frau auf positive Weise dargestellt, jedoch dringt die strenge Unterordnung und erwartete Achtung und Gehorsam durch. Liest man religiöse Bücher und Texte, so hat man das Gefühl, als würden die Begriffe und völlig identisch verwendet, wobei die Männer als „Gottes Ansprechpartner und Beauftragter“ gesehen bzw. verehrt werden. 78 Dabei steht gerade die Frau im Gegensatz zum Mann für Friede, Leben und Kultur, indem man sie als „Gebärende, Urproduzentin, Nährende, Mutter der Zivilisation“ 79 bezeichnet. Der Mann hingegen steht oftmals als Vertreter für „Jäger, Fischer, Ausbeuter der Natur, Krieg“ 80 Wie kann es also sein, dass die Frau trotz ihres positiven Eindrucks und Rufs eine solche bedeutungslose Funktion in der Kirche hat, gar völlig ignoriert wird? Die Frau verliert nicht nur an Bedeutung und Respekt, sie wird nur selten angesprochen und so gut wie nie erhört oder beachtet. In der Kirche verkündet man seit Jahren „den männlichen Gott, den Vater, den Sohn, den Geist“81, jedoch nie die Mutter, Tochter, Schwester oder Frau. Hierbei ist auch die androzentrische Redeweise der Bibel erwähnenswert, da nur von einem „heilige[n] Vater“
71
Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest , S.13. Vgl. ebd. S.113. 73 Vgl. ebd., S.32. 74 Ebd., S.123. 75 Vgl. ebd., S.70. 76 Bibel, Eph.5, 23. 77 Bibel, Eph.5, 33. 78 Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.75. 79 Ebd. S.42. 80 Ebd. 81 Ebd. S.70. 72
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oder „Himmlische[n] Vater“ gesprochen wird.82 Gerade eine solche Haltung verstärkt den Ausschluss der Frauen, was auch heutzutage noch an der durch bestimmte Titel entstehenden Distanz zu erkennen ist. Titel wie „Pfarr-Herr, Hochwürden, Exzellenz, Eminenz, Eure Heiligkeit!“83 Es sind diese Titel, die das reine Machtstreben und das Beharren auf dem stillen Gehorsam nur verdeutlichen bzw. bestätigen. Man kann sagen, dass „unsere Identität, wer und was wir sind, wie andere uns sehen, […] zu einem großen Teil davon bestimmt [wird], welchen Namen man uns gibt und mit welchen Wörtern wir bezeichnet werden.“ So macht man es sich in der Kirche leicht, indem die Frauen weder erwähnt noch angesprochen werden, und falls doch, wird ihnen dabei ihre untergeordnete Position eindeutig vermittelt. So gilt die Sprache als primäre „Schöpferische Kraft der Person-Werdung“84, da sie die Wirklichkeit nicht nur beschreibt, sondern schafft.85 Generell lässt sich oft eine gewisse Spannung bzw. „Spaltung zwischen dem Wort und der Realität“86 verspüren.
5.2 „Vater unser“ Das „Vaterunser“, ein Gebet, welches rund 2,3 Milliarden Christen aus der ganzen Welt verbindet scheint die Lehre Jesu in nur wenigen Zeilen zusammenzufassen. Es gibt den Grundstein für „das gesamte Wertesystem des europäischen Abendlandes.“ 87 Gerade das Vaterunser zeugt, wie viele andere Botschaften und Texte auch, von der eindeutigen Bevorzugung des Mannes, während die Frau untergeordnet, bzw. gar außer Acht gelassen wird. Schon der Titel genügt, um die willentliche Botschaft der katholischen Kirche darzustellen und zu vermitteln. Der Heilige Vater steht an oberster Stelle und wird hoch gepriesen. „Jesus Christus selbst soll das Vaterunser [vor rund zweitausend Jahren] seinen Jüngern gelehrt haben.“ 88 Ein Gebet, das mit Jesu verbinden und dessen zeitlose Lehren durch unsere ständig sich wandelnde Gesellschaft führen soll. „Es ist Christus, der uns so beten lehrt und es uns erlaubt, ja befiehlt, Gott den Allerhöchsten, unseren Vater zu nennen.“ 89 Die Ursache für die Bezeichnung Gottes als Vater, mag hauptsächlich auf zwei Punkte zurück zu führen sein. Zum einen weil Gott als Ursprung des Lebens und Schöpfer der Erde zu sehen ist, zum anderen weil er in seiner Besorgnis und Fürsorge das Bild einer Mutter verkörpert. 90 Die Allmacht Gottes und seine Autorität in der Vaterrolle nimmt dem Menschen jegliche Selbständigkeit und belegt ihn mit blinder Gehorsam, denn ´sein Wille geschehe`. Nun lassen sich an dieser Stelle leicht Vergleiche zu den Männern in den Diözesen ziehen, da diese die Vaterrolle einnahmen und aus diesem Grund den Gehorsam des Menschen und dessen Unterwerfung fordern. Für sie bestand von Anfang an kein Zweifel daran, dass sie als männliche Wesen automatisch als Vertreter und Diener Gottes berufen wurden. Nur die Frauen werden, wie be-
82
Vgl. Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.40. Ebd, S.141. 84 Ebd., S. 33. 85 Vgl. ebd., S.83. 86 Fuchs, Ottmar: Dableiben oder Weggehen? Christen im Konflikt mit der Kirche, München (Kösel), 1989, S.10. 87 Bayerischer Rundfunk, ARD-Alpha, Vaterunser – Weit mehr als nur ein Gebet, in: http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/vaterunser/vaterunser100.html, Zugriff vom 09.03.14, 16.15. 88 Ebd. 89 Bommer, Josef: Einübung ins Christliche- Gedanken für den Alltag, Band 369 Freiburg (Herder Bücherei), 1970, S.29. 90 Vgl. Bibel, Jes.66, 2; 66,13 83
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reits im Vaterunser, den Lehren Jesu, weder erwähnt noch berücksichtigt. Sie werden aufgrund ihres Geschlechts von Anfang an als potentielle Verkünder ausgeschlossen. Nicht unvorstellbar ist die Möglichkeit, dass auf der Übersetzungsebene Fehler gemacht wurden, indem man etwa den Begriff mit gleichsetzte. Doch wie viel ging bei den Übersetzungen tatsächlich verloren? Und wie viel wurde willentlich umgedeutet und interpretiert?
5.3. Definition, Manipulation Die christliche Erziehung prägt und belehrt uns schon von früh an. Man spürt und erfährt, dass „das, was zählt, männlich ist“ und dass es üblich ist, dass „am Altar nur Männer […] hantieren.“91 So beschreibt Lucie Stapenhorst die Lage in der katholischen Kirche, während auch Simone de Beauvoir92 davon überzeugt ist, dass „“93 Wie bereits im obigen Punkt näher erläutert, ist in der Heiligen Schrift selten von Frauen die Rede und wenn, dann nur von nebensächlichen Objekten, die für ihre Schönheit gepriesen werden. Der transzendente Gott wird in seiner Vaterrolle gepriesen und geehrt, während der Frau keinerlei Bedeutung zu geschrieben wird. Man spricht nur von drei göttlichen Personen, welche alle männlich sind. Wie im obigen Punkt 5.2 zu sehen, heißt es: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. So scheint es eine von Gott gewollte Rollenverteilung zu geben, welche für alle als nicht hinterfragbar gesehen wird. Gerade diese Vorstellung verstärkt die Bedeutungslosigkeit der Frau. Vor allem die Religionsbücher scheinen Männerzentriert verfasst zu sein, da im bisherigen Verständnis die Frau mit Adjektiven wie passiv, machtlos, minderwertig und dienstleistend verbunden wird, indem sie generell als das schwächere Geschlecht verstanden wird. 94 Ihrem untergeordneten Bild steht das übliche Verständnis der Männer entgegen, da diese für aktive, mächtige und selbstsichere Art bekannt sind. 95 Die Schulbücher haben eine große Bedeutung indem sie die typische Rollenverteilung und Unterordnung der Frau als üblich vermitteln. Gerade wenn man im Kindheitsalter von einer solchen Machtverteilung konfrontiert wird, ist man nicht in der Lage, diese kritisch zu hinterfragen, jedoch lässt man sich davon für den Rest seines Lebens prägen und im schlimmsten Fall auch in seiner Grundeinstellung manipulieren. Denn ist man einmal geprägt von einer solchen patriarchalen Struktur wie man sie in der katholischen Kirche vorfindet, versteht man diese unzulässigen Zustände als selbstverständlich und natürlich. Vor allem dieses „einfach – nicht – zur Kenntnis – Nehmen ist eine subtile Art von Diskriminierung“, welche im Gegensatz zur direkten und offenen Form viel schwerer zu ergreifen und schließlich zu bekämpfen ist. 96 Man kann sagen, dass man egal ob männlicher oder weiblicher Anhänger der katholischen Kirche, jegliche Betrachtungen aus einem rein männlichen Blickwinkel erfährt, da bisher im91
Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.14. Simone de Beauvoir: franz. Schriftstellerin, Philosophin und Feministin, engagiert in der Frauenbewegung, beschäftigte sich mit dem Leben der Frau im Patriarchat, hierzu ein erfolgreiches Werk: ´Das andere Geschlecht` (1949), in: http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/simone-de-beauvoir; Zugriff vom 01.09.14,10.20. 93 Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.88. 94 Vgl. Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.71ff. 95 Vgl., ebd. 96 Ebd. S. 83. 92
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mer nur das männliche Geschlecht über uns nachdachte und uns sowohl in unserem Verhalten als auch unser Wesen bestimmte.97 Genau an dieser Stelle lässt sich an de Beauvoirs Gedanken anknüpfen, denn sie meint, dass „“98
6. Dogma oder altbewährte Tradition? Der Gedanke, dass das Geschlecht der Frau nicht natürlich, sondern kulturbedingt sei, lässt schließlich noch viele Fragen bezüglich der Ursache dieser immer wieder kritisch hinterfragten Rolle der Frau in der katholischen Kirche offen. Zwar gibt Punkt 5.3 einige mögliche Gründe für die starke und einseitige Prägung der Katholiken hinsichtlich dieses Themas, jedoch ist es genau an diesem Punkt nötig, die wirklichen Gründe zu erforschen um schließlich herauszufinden, ob es sich tatsächlich um eine Dogma oder doch nur eine altbewährte Tradition handelt.
6.1 Sehnsucht nach Freiheit Grundsätzlich lässt sich das Problem der katholischen Frauen als Mangel an Freiheit und Mitsprache beschreiben, welcher sich in einer Sehnsucht nach Anerkennung, Respekt und Gleichberechtigung zu äußern scheint. Heutzutage spricht man häufig von der feministischen Theologie, welche „die Übertragung von Forderungen und Ansichten des Feminismus auf das Gebiet der Theologie“ behandelt. 99 Beim Feminismus geht es alleine um die geschlechtsspezifische Benachteiligung von Menschen. Schon in der römischen Antike kam die erste Sehnsucht nach Freiheit auf, da zu einer ethischen Grundkonstante der damaligen Zeit die Unterordnung der Frau gehörte. Abgesehen von Hausarbeit und Erziehung hatten die Frauen keinerlei Entscheidungsbefugnisse. Die römische Kaiserzeit wiederum weist in der Geschichte eine aufkommende und immer fortschreitende Gleichberechtigung auf, indem man die Frauen am Berufsleben teilhaben ließ und somit ein Stückchen mehr in den Alltag integrierte. Der Höhepunkt der römischen Kaiserzeit zeigte sich in der durch die fortgeschrittene Emanzipation ermöglichte Freizügigkeit der Frau. Dieses Zugeständnis jedoch führte schnell zu einer Objekt-artigen Stellung der Frau indem sie als Lustobjekt, bzw. „Genußobjekt“ 100fungierte. Generell hatte die Frau auch im Judentum eine minderwertige Stellung, denn sie wurde in vielerlei Hinsicht geringer geschätzt und bewertet als der Mann. „In der Gemeindepraxis der ersten nachchristlichen Jahrhunderte gelang es nicht, der Frau die ihr von der Schöpfung her zukommende Stellung zu bewahren.“101 Immer mehr Frauen versuchten Anteil und Mitsprache zu erlangen. Diese direkte Haltung der Frauen führte schließlich zu einem gegenteiligen Ergebnis, da sie zunehmend aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen wurden, indem man sie wieder zurückzudrängen versuchte. Zusätzlich sind auch die Worte der Heiligen Schrift mitverantwortlich für die allmähliche Ausgrenzung und minderwertige Bewertung der Frau, wobei gerade die Briefe Paulus eine besondere Bedeutung tragen (Siehe 2.2: „Briefe Paulus“). Die Betonung der dem Mann unter97
Vgl. Stapenhorst, Lucie, Frauenprotest, S.109, S.124. Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.88. 99 Ebd., S.20. 100 Wojtyla, Karol: Johannes Paul II. , S.241 f. 101 Von Padberg, Lutz, Feminismus. S.32 98
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geordneten Frau führte immer mehr zu einem Gefühl von Sehnsucht bei den Frauen, der Sehnsucht nach Freiheit und Gleichberechtigung. In der Zeit vom Mittelalter bis zur Neuzeit war die kirchliche Lehre ausschlaggebend für die gesellschaftliche Einstellung und Haltung gegenüber der Frau, welche weiterhin als minderwertig und unterwürfig betrachtet wurde. Auch zur Zeit der Christianisierung hielt man weiterhin an der negativen Bewertung der Frau fest, jedoch waren nun zum ersten Mal bedeutende Veränderungen zu spüren und zu verfolgen. Es kam zu einer vermehrten Gründung von Frauenklöstern, welche auch Frauen den Weg zur Bildung ermöglichten, da sie dort als Marias Ebenbild galten und deshalb auch in ihrer symbolischen Bedeutung für Erlösung gepriesen wurden. Klöster waren die einzigen Auswegmöglichkeiten, die den Frauen alternativ zur Zwangsheirat geboten wurden. Die Neuzeit weist kaum Veränderungen gegenüber dem Mittelalter auf, denn nur in seltenen Fällen traf man auf wirklich selbständige und verantwortliche Frauen, sowohl in der Gesellschaft als auch der Politik. 102 Mit der Reformation verstand man den Glauben plötzlich neu, denn „jeder Mensch war Gott als seinem Schöpfer verantwortlich, Mann und Frau bedurften in gleicher Weise der Erlösung Christus.“103 Zwar versuchte man sich von nun an, an den spezifischen männlichen und weiblichen Fähigkeiten zu orientieren, jedoch hielt man weiterhin an dem Bild der minderwertigen Frau fest. Ende des 18. Jahrhunderts bestimmte das Landrecht der preußischen Staaten den Ehemann als gerichtlicher Vormund der Frau. Somit wurde den Frauen abermals jegliche erhoffte Form von Mitsprache und Freiheit genommen. Im 19. und auch frühen 20. Jahrhundert kam es zu einer großen Frauenbewegung, wobei die Frauen vor allem um Bildung, politische Rechte und die Möglichkeit zur freien Entfaltung kämpften. Ausschlaggebend war zum einen die Industrialisierung, welche den Bedeutungsverlust der Familie und Hausarbeit mit sich brachte. Neben der allgemeinen wirtschaftlichen Lage veränderte sich auch das Menschenbild. Mit der Aufklärung und Schlagworten der französischen Revolution wie Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit kam es später dann auch zu verschiedenen Erklärungen der Menschenrechte. Die Frauen forderten weiterhin Gleichberechtigung und Verantwortung, was sich 1847 in einer Frauenbewegung zeigte. Bis zum 20. Jahrhundert galten die Frauen weiterhin als minderwertig, was ihre Situation immer unerträglicher machte. Schließlich gelang es der Frauenbewegung erst um die Jahrhundertwende einige Erfolge in Bezug auf die Bildung mitzuerleben. 1918 wurde mit der Weimarer Verfassung endlich das erste allgemeine, aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt. Auch in der katholischen Kirche waren erste Veränderungen wahrzunehmen, da die Mutter und Jungfrau Maria an Bedeutung gewann. Dennoch war die Kirche weiterhin von der patriarchalen Ordnung geprägt und bestimmt. Die Frauenbewegung fand im Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt, während sie im Zweiten Weltkrieg durch die Diktatur und Verpflichtung der Frauen zum Dienst zerstört wurde. Die Nachkriegsgesellschaft wurde dann im Jahr 1949 mit Hilfe der im Grundgesetzt verankerten Grundrechte erzogen und geprägt. So wurde sowohl die Gleichberechtigung von Mann und Frau als auch die Gleichheit vor dem Gesetzt festgeschrieben.104 Diese durch das Gesetzt festgelegten Bestimmungen erfüllten endlich die Forderungen und Wünsche der Frauenbewegung. Spricht man heute jedoch von Feminismus, so findet man kaum Ähnlichkeit mit der Frauenbewegung von damals. Im Laufe der Zeit wurde der Körper der Frau immer mehr als Ware betrachtet, und die Frau somit zum Sexualobjekt der Männer. Mit der Hippie-Zeit auch eine Welle der Proteste gegen jegliche bürgerliche Normen über das Land, was auch die christlichen Normen und Werte verdrängte und um102
Vgl. Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.38ff. Ebd., S.40. 104 Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Landesverfassung Baden-Württemberg, (Landtag Baden-Württemberg), 2010, S.14. 103
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deutete.105 Einige Zeit später kam die Feministische Theologie auf, welche ihren Ursprung in den USA hat. Ziel der Feministischen Theologie ist es, die patriarchalen Strukturen sowohl in Gesellschaft als auch Kirche zu beseitigen. Zu einer verstärkten Diskussion führte Mary Daly 106 mit der Veröffentlichung ihres Buches ´Kirche, Frau und Sexus`, wobei sie eindeutig „die Kulturfeindlichkeit des Christentums und die Frauenfeindlichkeit besonders der katholischen Kirche lebhaft [anprangert].“ 107 Denn genau die Frage nach der Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche gab Anlass zur Kritik. Nicht nur in der BRD, sondern weltweit wurde dieses Thema diskutiert. 108 Im Jahr 1983 wurde dann ein neues kirchliches Gesetzbuch für das Kirchenrecht in der katholischen Kirche veröffentlicht.109 Mit Hilfe dieser schriftlichen Ausführung wurde ein Großteil der Diskriminierungen gegenüber Frauen beseitigt, jedoch regelt es weiterhin die Nichtzulassung der Frauen zum Priestertum, Lektor, Akolythen und Diakonat. 110 Der aus dem Griechischen stammende Name des Gesetzbuchs ´Codex Iuris Canonici `, auch abgekürzt als CIC, lässt sich als ´Kodex des kanonischen Rechtes `übersetzen. Die 1983 geschriebene Fassung gilt bis heute als aktuell und wurde von Papst Johannes Paul II. promulgiert. Zwar werden in dem in sieben Bücher gegliederten CIC allgemeine Normen mit Definitionen und Vorschriften, Rechte und Pflichte der Gläubigen, Aufgaben und Rechte des Papstes als auch Bestimmungen hinsichtlich Verwaltung, Strafe und Verkündigung geregelt, jedoch findet man in keinem Artikel eine genau definierte Aussage über die Nichtzulassung der Frauen zu den höheren kirchlichen Ämtern. 111
6.2 Das Zweite Vatikanische Konzil Die weltweite Diskussion über die Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche fand hauptsächlich auch im Rahmen des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Zeit vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 statt. Es wurde von Papst Johannes XXIII. einberufen und im Jahr 1963 von Papst Paul VI fortgesetzt. Geplant war von Anfang an ein Konzil, das die Kirche unserer Gegenwart anpassen sollte, was Papst Johannes XXIII. mit dem Begriff „Aggiornamento“ (´Heutigwerden`) beschrieb. In der Theologie des Konzils wurde abermals festgelegt, dass der biblische Ansatz weiterhin Bezugspunkt des Glaubens sein wird. 112 Zudem wurde formuliert, dass „die Kirchenväter [als] privilegierte Zeugen der Tradition [gelten], welche das biblische Zeugnis interpretieren.“113 Generell ging es beim Zweiten Vatikanischen Konzil um folgende Fragestellungen: „Wie kann die katholische Kirche ihre Botschaft unter den Rahmenbedingungen der modernen Welt und des weltanschaulichen Pluralismus angemessen verkünden? Wie kann eine Reform der Liturgie und wie eine solche der Priester-
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Vgl. Von Padberg, Lutz, Feminismus S.40ff. Mary Daly: bekannte, amerikanische, feministische Theologin und Autorin, *1928, † 2010, ´Kirche, Frau und Sexus`(1970), erschien zuerst amerikanisch ´The Church and the Second Sex`(1968), in: http://www.nytimes.com/2010/01/07/education/07daly.html?_r=0; Zugriff vom: 3.09.2014, 11.00. 107 Vgl. Von Padberg, Lutz, Feminismus, S.40ff., S.77. 108 Vgl. Ebd., S.77ff. 109 Katholiken, Grotesk verschoben, in: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14022394.html; Der Spiegel Nr. 4, 1983, Zugriff vom 09.09.2014, 18.00. 110 Seibel, W., Die Stellung der Frau in der Kirche, in: http://www.stimmen-derzeit.de/zeitschrift/archiv/beitrag_details?k_beitrag=2660526&k_produkt=2694114; Zugriff vom 09.03.14,15.38 111 Vgl. in: http://www.codex-iuris-canonici.de; Zugriff vom 29.08.14, 9.40. 112 Vgl. in: http://de.wikipedia.org/wiki/Zweites_Vatikanisches_Konzil; Zugriff vom 12.08.14, 9.10. 113 Ebd. 106
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ausbildung aussehen? Wie ist es um die Einheit der Christen, die Ökumene, bestellt und auf welche Weise lässt sich eine Aussöhnung von Kirche und Judentum herbeiführen?“ 114 Doch wo bleiben die Reformen und die vorgenommen Veränderungen hinsichtlich der Anpassung an unsere gegenwärtige Gesellschaft? Wo bleiben die Reformen hinsichtlich der Rolle der Frau in der Kirche? Neben den bisher enttäuschenden Ergebnisse erscheint die Tatsache, dass bei der dritten Session, welche vom 14. September bis zum 21. November stattfand, erstmals auch weibliche Auditoren, hauptsächlich Ordens-Oberinnen, teilnahmen, bemerkenswert. Das Zweite Vatikanische Konzil wurde am 8. Dezember 1965 mit einer feierlichen Messe beendet ohne weitere Reformen und Vornehmen zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche verabschiedet zu haben.115
6.3 Memorandum 2011 Bei näherer Betrachtung des Zweiten Vatikanischen Konzils, lassen sich keine eindeutigen Aussagen über die Ursache für die bis heute andauernde Situation und minderwertige Rolle der Frau in der katholischen Kirche machen. „Ein notwendiger Aufbruch“ lautete möglicherweise gerade aus diesem Grund eine Aufrufaktion, welche im Februar 2011 von Theologen und anderen Anhängern der katholischen Kirche überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum gestartet wurde. Mit der Unterzeichnung des Memorandum forderten sie gemeinsam neue und bessere demokratische Strukturen. Dazu gehörten unter anderem Forderungen, wie die Abschaffung des Zölibats, der Respekt und die Akzeptanz von individuellen und besonderen Lebensformen, oder aber auch die Zulassung der Frauen in kirchlichen Ämtern. Zudem wurde allgemein eine modernere, zukunftsorientierte und der Gegenwart angepasste Haltung gewünscht.116 Die Reaktionen von Seiten der Kirche, speziell „unter den deutschen Bischöfen und Kardinälen waren insgesamt verhalten und uneinheitlich.“117 Natürlich kam auch eindeutige negative Kritik gegen die Forderungen des Memorandums auf, da diese angeblich zu pauschal seien und die Kirche verallgemeinert in verschiedenen nicht zusammenhängenden Punkten kritisieren. Der religiöse Hintergrund bliebe völlig unbeachtet. Im Gegensatz zu den kritischen Reaktionen, kamen sowohl Großverbände, Lehrer, Professoren, Priester, als auch Jugendliche und weitere Anhänger dem Memorandum mit wohlwollender Unterstützung entgegen. Es wurden offene Diskussionsprozesse veranstaltet, oder aber auch weitere Unterschriftenlisten im Netz und sozialen Netzwerken veröffentlicht. Robert Zollitsch reagierte zwar verständnisvoll, wies jedoch auch einige Vorwürfe und Behauptungen zurück, da ihm generell das religiöse Element zu fehlen schien. 118Auch der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz verkündete seine generelle Bereitschaft zum Dialog, jedoch war er der Überzeugung, dass das Memorandum in einigen Punkten „in Spannung zu theologischen Überzeugungen
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Deutsche Bischofskonferenz, Zweites Vatikanisches Konzil – Ein halbes Jahrhundert alt, aber nicht veraltet, in: http://www.dbk.de/themen/zweites-vatikanisches-konzil/; Zugriff vom 12.08.14, 11.10. 115 Ebd. 116 Vgl., http://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_2011:_Ein_notwendiger_Aufbruch (28.08.14, 9.00). 117 Vgl., http://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_2011:_Ein_notwendiger_Aufbruch (28.08.14, 9.00). 118 Vgl., ebd.
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und kirchlichen Festlegungen [stünden, und] die entsprechenden Themen [deshalb] dringend eine weitere Klärung [verlangen].“119
6.4 Der Mensch – Abbild Gottes Sucht man weiter nach Gründen für die Zulassung der Frauen zur Ordination, so findet man wie 2.4 bereits beschrieben mögliche Ansätze in der Schöpfungsgeschichte. „Das tiefste Fundament für die gleichwertige Würde von Mann und Frau liegt in der gemeinsamen Gottesabbildlichkeit.“120 „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“121 Schon alleine dieser Satz genügt, um die gleichrangigen Stellung von Adam und Eva, bzw. Mann und Frau zu bezeugen. Bei jeglichen Fragen und Problem sind wir Christen dazu berufen, nach einer Antwort in der Heilligen Schrift zu suchen, da sie den Grundstein unseres Glaubens legte. So kann man sich nun wieder die Frage stellen, wie es dennoch sein kann, dass die Frau von Anfang an benachteiligt behandelt wurde, obwohl sie nach den Worten der Genesis-Erzählung durch ihr gleichwertiges Abbild Gottes an gleicher Würde verdient. Natürlich sind sowohl körperliche als auch geschlechtsspezifische Unterschiede aufzuweisen, jedoch sind gerade die verschiedenen Geschlechter da, um sich zu ergänzen. Man spricht hierbei von einer komplementären Zusammenarbeit und dem Wirken von Mann und Frau, da es letztendlich nur um die Gemeinsamkeit und Gemeinschaft geht. Genau diese Einschätzung des Abbild Gottes und gleichzeitig der von Gott gewollten Unterschiede, lassen sich auf das Leben innerhalb der Kirche mit ihren Diensten und Ämtern übertragen. 122 Warum also kam es zu einer solchen Situation wie wir sie heute kennen? Wurde die Unterordnung der Frau zu einer Zeit bestimmt und traditionell weitergeführt? Wenn ja, wann und wo wurde sie von wem festgelegt? Findet man doch noch Hinweise auf ein Dogma der katholischen Kirche, welches den Frauen jegliche Rechte und Freiheiten nimmt? Der Begriff Dogma stammt aus dem Altgriechischen und wird allgemein als ´Lehransatz` oder speziell in der katholischen Kirche als „eine von Gott ´geoffenbarte Wahrheit` “ verstanden.123 Im Christlichen Glauben zählen nur vier zu den allgemein anerkannten Dogmen: „das Apostolische Glaubensbekenntnis, die Dreieinigkeit, das Nicänische Glaubensbekenntnis und Maria als ´Gottesgebärerin`“124 Die katholische Kirche hat ihre eigenen Regeln, denn für sie zählen weitere sieben Dogmen. Hierzu gehören unter anderem: „die Unbefleckte Empfängnis Mariens, die Unfehlbarkeit des Papstes und die leibliche Aufnahme Mariens in
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Deutsche Bischofskonferenz, Pressemeldung: Erklärung zum Memorandum „Kirche 2011: Ein not wendiger Aufbruch“, http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=1770&cHash=19617cb521a22f4192a1399619d10dc9; Zugriff vom 28.08.14, 9.15, Nr. 014. 120 Kraus, G., Frauenordination. Ein drängendes Desiderat in der katholischen Kirche, in: http://www.stimmen- der-zeit.de/zeitschrift/ausgabe/details?k_beitrag=3184310&query_start=6; Zugriff vom 09.03.14, 15.25, S.6. 121 Bibel, Gen 1,27. 122 Kraus, G., Frauenordination. Ein drängendes Desiderat in der katholischen Kirche, in: http://www.stimmen- der-zeit.de/zeitschrift/ausgabe/details?k_beitrag=3184310&query_start=6; Zugriff vom 09.03.14, 15.25, S.6. 123 Biallowons, M., Die Dogmen – Das müssen Katholiken glauben, in: http://www.liborius.de/glauben/glauben-archiv/glaubensfragen/die-dogmen.html; Zugriff vom 27.08.14, 10.00. 124 Ebd.
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den Himmel“.125 Es wird erkennbar, dass es kein spezifisches Dogma gibt, das die Unterordnung der Frau unter dem Mann wahrhaftig und gültig festschreibt.
6.5 In Christi Ausgehend vom Mensch als Abbild Gottes, womit Gott sowohl Männer als auch Frauen in sein Handeln einbezog und mit gleicher Würde und Gleichwertigkeit belegte, ging der Apostel Paulus noch einen Schritt weiter: „Es gibt nicht mehr […] Mann und Frau; denn ihr alle seid >>einer