Treatment of Childhood and Adolescent Anorexia Nervosa A Comparison of a Day treatment and an Inpatient Treatment Setting

1 Treatment of Childhood and Adolescent Anorexia Nervosa – A Comparison of a Day treatment and an Inpatient Treatment Setting Ein Wirksamkeitsvergle...
Author: Miriam Günther
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Treatment of Childhood and Adolescent Anorexia Nervosa – A Comparison of a Day treatment and an Inpatient Treatment Setting

Ein Wirksamkeitsvergleich eines teilund eines vollstationären Behandlungsansatzes von Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Nicht-Unterlegensheitsstudie

Version 4.0 vom 16.01.2008

Die Informationen in diesem Protokoll sind vertraulich zu behandeln. Sie dienen zur Information des Prüfers, seiner Mitarbeiter, der Ethikkommission und der Patienten im Rahmen der Aufklärung.

Autoren des Prüfplans: Prof. Dr. B. Herpertz-Dahlmann PD Dr. K. Holtkamp Dipl.-Psych. R. Schwarte Dipl.-Psych. A. Scherag

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Verantwortliche Personen Leiter der klinischen Prüfung und Mitglied der Studienleitung Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Klinikum der RWTH Aachen Neuenhofer Weg 21, 52074 Aachen Tel.: 0241-80 88737 / Fax: 0241-80 82544 e-Mail: [email protected] weitere Mitglieder der Studienleitung (Principal investigators) Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Köln Robert-Koch-Str. 10; 50931 Köln Tel: 0201-7227 465 / Fax: 0201-7227 302 Prof. Dr. Christoph Wewetzer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Krankenhaus Holweide Neufelder Str. 32; 51067 Köln Tel.: 0221-8907 0 / Fax: 0221-8907 2525 Dr. Bodo Müller Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie St. Marien-Hospital gem. GmbH Hospitalstraße 44; 52353 Düren Tel.: 02421-805 6711 / Fax: 02421-805 6725 Prof. Dr. Eberhard Schulz Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter Universitätsklinikum Freiburg; Albert Ludwigs-Universität Freiburg Hauptstr. 8; 79104 Freiburg i. Br. Tel.: 0761-270 6555 / Fax: 07 61-270 6949 Prof. Dr. Andreas Warnke Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Julius-Maximilians-Universität Würzburg Füchsleinstr. 15; 97080 Würzburg Telefon: 0931 - 201 78000 / Fax: 0931 - 201 78040 Im Rahmen dieses Protokoll werden die Begriffe „Prüfarzt/Prüfärztin“, „verantwortlicher Arzt/Ärztin“, „verantwortlicher Therapeut/Therapeutin“ sowie „verantwortlicher Psychologe/Psychologin“ synonym verwendet!

3

Verantwortliche Biometrie Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie der Universität Marburg (Leitung Prof. Dr. Schäfer) Philipps-Universität Marburg Bunsenstr. 3 35037 Marburg Verantwortlich: André Scherag, Tel: 06421 / 28-65066; Fax: 06421 / 28-68921 e-Mail: [email protected]

Datenmanagement und Randomisation Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) (Leitung Frau Carmen SchadeBrittinger) Robert Koch Strasse 5 35037 Marburg Tel: 06421 - 286 6509; Fax: 06421 - 286 6517

Meldung schwerwiegender und unerwarteter unerwünschter Ereignisse an: Dr. med. K. Holtkamp oder Dipl.-Psych. R. Schwarte Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Klinikum der RWTH Aachen Neuenhofer Weg 21, 52074 Aachen Tel.: 0241-80 89964 oder 0241-8089254 / Fax: 0241-80 82544 und 0241-80 33 89964 e-Mail: [email protected] oder [email protected]

Bei Fragen zum Studienablauf kontaktieren Sie bitte: Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie in Aachen (montags bis freitags 8:00 bis 16:45 h) Tel: 0241-80 89964 oder 0241-8089254 / 0241-8035052 Fax: 0241-80 82544 oder 0241-80 33 89964

4

1. Inhaltsverzeichnis 1. INHALTSVERZEICHNIS

4

2. ZUSAMMENFASSUNG

6

3. ABKÜRZUNGEN; ABBILDUNGEN UND TABELLEN

10

4. ZIELSETZUNG DER STUDIE 4.1. AUSGANGSSITUATION UND ALLGEMEINES ZUR ZIELSETZUNG 4.2. HAUPTZIEL DER STUDIE 4.3. NEBENZIEL DER STUDIE

11 11 12 12

5. ZU DOKUMENTIERENDE VARIABLEN 5.1. ZIELGRÖSSEN 5.2. DESKRIPTIVE VARIABLEN 5.3. ERHEBUNGSPROZEDUREN

14 14 21 22

6. STUDIENDESIGN 6.1. STUDIENDESIGN 6.2. ORGANISATIONSSTRUKTUR 6.3. AUSWAHL DER PRÜFZENTREN 6.4. BEHANDLUNGSARTEN 6.5. VERBLINDUNG UND RANDOMISIERUNG

25 25 25 25 25 26

7. PATIENTENPOPULATION 7.1. FALLZAHL 7.2. EINSCHLUSSKRITERIEN 7.3. AUSSCHLUSSKRITERIEN 7.4. INDIVIDUELLE ABBRUCHKRITERIEN 7.5. KRITERIEN FÜR DEN ABBRUCH DER TAGESKLINISCHEN BEHANDLUNG

28 28 28 28 29

8. BEHANDLUNGSBAUSTEINE 8.1. GEWICHTSMANAGEMENT 8.2. KALORIENZUFUHR UND –VERBRAUCH 8.3. ERNÄHRUNGSTHERAPIE 8.4. PSYCHOTHERAPEUTISCHE ARBEIT MIT DEN PATIENTINNEN 8.5. ELTERNARBEIT 8.6. SONSTIGE THERAPEUTISCHE GRUPPEN 8.7. VORBEREITUNG AUF DIE ENTLASSUNG 8.8. AMBULANTE ANSCHLUSS-BEHANDLUNG

31 31 32 33 35 36 37 38 38

29

5

9. STUDIENABLAUF FÜR EINE PATIENTIN 9.1. ABLAUF FÜR EINE PATIENTIN IM ÜBERBLICK 9.2. ÜBERBLICK ÜBER DIE ZU ERHEBENDEN DATEN

40 40 42

10. BEURTEILUNG DER PATIENTIENSICHERHEIT 10.1. UNERWÜNSCHTE EREIGNISSE (UE und SUE) 10.2. ERHEBUNG UND BERICHTSPROZEDUREN

50 50 51

11. STUDIENDAUER UND –ABLAUF

52

12. STATISTISCHE FORMULIERUNG DER FRAGESTELLUNG, STATISTISCHE AUSWERTUNG UND FALLZAHLPLANUNG 12.1. STATISTISCHE HYPOTHESE 12.2. STATISTISCHE AUSWERTUNG 12.3. FALLZAHLPLANUNG 12.4. ABBRUCH DER STUDIE 12.5. DEFINITION UND UMGANG MIT DROP-OUTS 12.6. MONITORING

53 53 53 54 54 55 55

13.

13.1. 13.2. 13.3. 13.4. 13.5. 13.6.

ETHISCHE UND RECHTLICHE ASPEKTE PATIENTENAUFKLÄRUNG UND EINVERSTÄNDNISERKLÄRUNG STUDIENPROTOKOLL AMENDMENTS VOTEN DER IECS ZUM STUDIENPROTOKOLL FORTLAUFENDE INFORMATIONEN FÜR DIE ETHIK-KOMMISSION (IEC) VERSICHERUNGEN DATENSICHERHEIT

56 56 56 56 56 57 57

14. DOKUMENTATION UND DATAMANAGEMENT

58

15. UNTERSCHRIFTEN

59

16. LITERATUR

62

17. ANHANG 17.1. DEKLARATION DES WELTÄRZTEBUNDES VON HELSINKI 17.2. PATIENTENAUFKLÄRUNG, PATIENTENEINVERSTÄNDNISUND DATENSCHUTZERKLÄRUNG

66 66 70

6

2. ZUSAMMENFASSUNG

2.1.

Zielsetzung der Studie

Ziel der Studie „Treatment of childhood and adolescent Anorexia Nervosa – Day treatment vs. Inpatient treatment (ANDI)“ ist der Vergleich zweier Behandlungssettings zur Behandlung der Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter. Überprüft wird die langfristige Wirksamkeit eines teilstationären Behandlungssettings mit ambulanter Nachsorge im Vergleich zu einem vollstationären Behandlungssetting mit ambulanter Nachsorge, wobei der Nachweis von Nicht-Unterlegenheit das Ziel ist. In beiden Settings erfolgt vor der differentiellen Behandlung in gleicher Weise eine vollstationäre Stabilisierungsphase von 3 Wochen. Die Studie wird finanziert vom BMBF.

2.2.

Zielkriterien

Als primäre abhängige Variable fungiert die Differenz der BMI-Werte zwischen den beiden Gruppen zu 2 Messzeitpunkten: bei Aufnahme sowie ein Jahr nach Aufnahme. Als zusätzliches Kriterium (siehe Punkt 12) wurde eine Begrenzung für Wechsler von teil- zu vollstationärem Setting eingeführt. Wenn diese Grenze überschritten wird, muss über einen vorzeitigen Abbruch der Studie mit Annahme der Nullhypothese entschieden werden. Als sekundäre, deskriptive, abhängige Variablen werden die Häufigkeit von stationären Aufenthalten über den gesamten Beobachtungszeitraum von 52 Wochen ab Aufnahme erhoben. Ferner dienen zur Beschreibung des Verlaufs der Psychopathologie der Patientinnen Fragebögen- sowie strukturierte Interview-Daten zur Essstörung sowie Komorbidität. Zusätzlich werden als Moderator- bzw. Mediatorvariablen mit Hilfe von Fragebögen das Belastungsniveau der Eltern sowie das Ausmaß der Expressed Emotions in der Familie erhoben. Der Verlauf der somatischen Symptome der Anorexia Nervosa wird anhand des Gewichtsverlaufes, des Morgan-Russel-Kriteriums sowie anhand der Hormonwerte (Blutentnahmen) bestimmt.

2.3.

Studiendesign

Multizentrische, randomisierte, kontrollierte, zweiarmige Nicht-Unterlegensheitsstudie im Parallel-Gruppen-Design zum Vergleich von zwei Therapiesettings. Studiendauer: 02/2007 bis 01/2010.

2.4.

Ein- und Ausschlusskriterien

Einschlusskriterien  

weibliche Patientinnen 11 ≤ Alter ≤ 18 Jahren

7

   

Vorliegen einer AN nach den Kriterien der DSM-IV (zum Zeitpunkt des Einschlusses) erstmalige stationäre Aufnahme für länger als 2 Wochen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Behandlung einer Essstörungssymptomatik Vorliegen der schriftlichen Einverständniserklärung der Patientin und der Eltern Fahrzeit von der Klinik zum Wohnort zumutbar/ Anreise möglich

Ausschlusskriterien     

Kinder und Jugendliche, die zum Untersuchungszeitpunkt komorbid an einem psychotischen Störungsbild leiden die Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erfüllen schweren Alkohol- oder Substanzabusus betreiben oder schwerwiegende selbstverletzende Verhaltensweisen zeigen stationärer Aufenthalt aufgrund einer Anorexia vor aktueller Aufnahme, d.h. Ausschluss von Patientinnen, bei denen ein chronischer Verlauf vorliegt nicht ausreichende Deutschkenntnisse bei Patientinnen oder Eltern

2.5.

Fallzahl

Benötigt werden wenigstens 85 Patienten pro Behandlungsarm, rekrutiert in 6 über das Bundesgebiet verteilten Kliniken.

2.6.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt in beiden Behandlungsarmen nach einem bewährten Behandlungskonzept. Zu diesem gehören jeweils folgende Behandlungsbausteine: 1. Gewichtsmanagement mit regelmäßigen Wiegeterminen und Gewichtsstufenplänen. 2. Regelung von Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch mit Planessen, gegebenenfalls hochkalorischen Trinkpäckchen und Sondennahrung sowie festgelegten Ruhezeiten und Bewegungsausmaß. 3. Ernährungstherapie mit Ernährungsberatung, gegebenenfalls Modellessen, geregeltem Training des Auswärtsessens, Kochgruppe, selber Portionieren üben sowie freie Mahlzeiten. 4. Psychotherapeutische Arbeit mit den Patientinnen mit Einzeltherapie sowie essstörungsspezifischen Gruppen, d.h. Psychoedukation, Ernährungsgruppe und Psychotherapiegruppe. 5. Elternarbeit mit Eltern bzw. Familiengesprächen, der ElternPsychoedukationsgruppe sowie Familienessen. 6. Weitere therapeutische Gruppen, d.h. Ergotherapie, Entspannung, soziale Kompetenzgruppe. 7. Vorbereitende Maßnahmen auf die Entlassung in Form von Belastungserprobungen, gegebenenfalls der Organisation ambulanter Jugendhilfemaßnahmen sowie einem Wiederaufnahmevertrag.

8

Diese Behandlungsbausteine werden in beiden Behandlungsarmen gleichermaßen angewandt. Die therapeutische Behandlung unterscheiden sich jedoch im Setting: Während die vollstationäre Therapie 24 Stunden täglich umfasst, ist die tagesklinische Behandlung auf 8 bis 9 Stunden an Werktagen beschränkt.

2.7.

Behandlungsdauer und Zeitablauf

Die Dauer der Behandlung setzt sich zusammen aus einer dreiwöchigen Phase körperlicher Stabilisierung, einer Behandlungsphase bis zum Erreichen des Zielgewichts (20. bis 25. Altersperzentile) sowie ambulanter Weiterbehandlung bis ein Jahr nach Aufnahme. Insgesamt umfasst die beobachtete Behandlungsphase insgesamt 52 Wochen für jede einzelne Patientin. Das Verhältnis stationärer, bzw. teilstationärer Behandlung zu ambulanter Behandlung ist dabei abhängig vom Zeitpunkt des Erreichens des Zielgewichts. Bei Rückfällen im ambulanten Setting erfolgt eine erneute Aufnahme in vollstationäres Setting.

2.8.

Sicherheit

Zur Sicherung des Behandlungserfolges der Patientinnen im teilstationären Behandlungsarm wurden Kriterien für den Abbruch der tagesklinischen Behandlung festgelegt. Bei Über- bzw. Unterschreiten eines gesetzten Grenzwertes für verschiedene medizinische Parameter sowie Gewichtsverlauf entscheidet der verantwortliche Therapeut/Arzt über einen möglichen Wechsel zur vollstationären Behandlung. Wird die tagesklinische Behandlung einer Patientin abgebrochen, so wird die Behandlung konventionell vollstationär weitergeführt. Dieser Wechsel sowie seine Begründung sind der Studienleitung und dem KKS Marburg mitzuteilen und zu dokumentieren. Zudem sind selbstverständlich sowohl die Patientin als auch die Angehörigen zu informieren.

2.9.

Studiendauer und –ablauf

Die geplante Studiendauer beträgt insgesamt drei Jahre (voraussichtlich Februar 2007 bis Januar 2010). Bereits vorab werden in einer Vorphase Details zu Datenerhebung und Therapiebausteinen geklärt und mit den teilnehmenden Teams in den jeweiligen Kliniken koordiniert.

2.10.

Statistische Methoden

Die statistische Analyse der primären abhängigen Variable, der Differenzen der BMI (Aufnahme und 52 Wochen nach Aufnahme) zwischen den beiden Gruppen, erfolgt mittels einseitigem t-test auf einem Signifikanzniveau von 2.5%. Weiter werden die o. g. weiteren deskriptiven Variablen mittels explorativer, multivariater Analysen bezüglich möglicher konfundierender Variablen und Risikofaktoren ausgewertet. Details sind im SAP sowie unter Punkt 12 beschrieben.

9

Das Data-Management erfolgt durch das Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) Marburg, die statistische Planung und Analyse durch das Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie (IMBE) der Universität Marburg.

2.11.

Ethische und rechtliche Aspekte

Die Konzeption und der Ablauf der Studie richten sich nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, der Deklaration von Helsinki einschließlich der Revisionen von Tokio, 1975, Hong Kong, 1989 und Somerset West, 1996.

2.12.

Dokumentation und Datenmanagement

Die Weitergabe von Ergebnissen erfolgt ausschließlich mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten der Probandinnen. Hierüber werden alle Erziehungsberechtigten und die Probandinnen in der Probandenaufklärung und Einwilligungserklärung (s. Anhang) informiert. Die während dieser Studie erhoben Daten werden in anonymisierter Form gespeichert und niedergeschrieben. In den Unterlagen taucht der Name der Probanden nicht auf, lediglich eine verschlüsselte Codierung. Eine Identifizierung ist einem Außenstehenden nicht möglich. Die ärztliche und psychologische Schweigepflicht bleiben in jedem Fall gewahrt. Nach Abschluss der Auswertung werden die Unterlagen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend archiviert.

10

3. ABKÜRZUNGEN ; ABBILDUNGEN UND TABELLEN

3.1. AN BDI BMBF BSI CRF CRO CY-BOCS EDI-II EE FFB GCP GPA IEC ILK IMBE ISAB KKS SAP SB SCAS-D SCL90-R SIAB SOP SUE TB UE WOMAC

3.2.

Abkürzungen Anorexia Nervosa Becks Depressions Inventar Bundesministerium für Bildung und Forschung Brief Symptom Inventory Case Report Form Clinical Research Organisation / Monitoringzentrum Children`s-Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-Scale Eating Disorder Inventory-II Expressed Emotions Familienfragebogen Good Clinical Practice Global Patient Assessment Independent Ethics Committee / Ethik-Komitee Inventar zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie Independent scientific advisory board Koordinierungszentrum für Klinische Studien Statistischer Analyse Plan stationärer Behandlungsarm Spencer`s-Children-Anxiety-Scale Symptome-Checklist strukturiertes klinisches Interview für anorektische und bulimische Patienten Standard Operating Procedures schwerwiegende unerwünschte Ereignisse teilstationärer Behandlungsarm unerwünschte Ereignisse Western Ontario and McMaster University Osteoarthritis Index

Abbildungen und Tabellen

Abb. 1: Ablauf der Studie für eine Patientin

S. 40

Tab. 1: Variablen mit Erhebungszeitpunkt Tab. 2: zeitnah an das KKS zu kommunizierenden Variablen während der stationären Erhebungsphase Tab. 3: zeitnah an das KKS zu kommunizierenden Variablen während der ambulanten Erhebungsphase Tab 4: Meilensteine der geplanten Studie

S. 15 S. 24 S. 24 S. 52

11

4. ZIELSETZUNG DER STUDIE

4.1.

Ausgangssituation und allgemeines zur Zielsetzung

Die geplante Studie ist die erste klinische Multizenter-Studie zum Vergleich von Langzeiteffekten zweier unterschiedlicher Behandlungssettings für die nicht-chronische Anorexia Nervosa (AN) im Kindes- und Jugendalter. Verglichen wird die Wirksamkeit eines tagesklinischen Behandlungsprogramms im Vergleich zur üblichen vollstationären Behandlung wenn in beiden Armen eine 3-wöchige, vollstationäre Stabilisierung vor der differentiellen Behandlung zunächst erfolgt und wenn sich an beide Arme eine ambulante Nachbetreuung anschließt. Finanziert wird die Studie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Essstörung Anorexia nervosa (AN) ist eine typische Erkrankung des Jugend- und frühen Erwachsenenalters. Bei der AN liegt der Erkrankungsgipfel zwischen 14 und 16 Jahren. Bis zu einem Viertel aller stationären Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leidet an AN. Etwa 50% von ihnen erleiden im Verlauf der Erkrankung Rückfälle und benötigen damit wiederholt stationäre Behandlungen. Aufgrund des hohen individuellen Leidensdruckes und der hohen Kosten der oft langwierigen stationären Behandlung der Pubertätsmagersucht, ist die empirische Überprüfung von alternativen und eventuell kostengünstigeren Behandlungsstrategien dringend erforderlich. In einer Pilot-Studie aus England (Gowers, 2000) ergaben sich Hinweise darauf, dass eine tagesklinische Behandlung bei der jugendlichen AN zu einer verringerten Rückfallrate führen könnte. Es wird vermutet, dass durch den teilweisen Verbleib der Patientinnen in den alltäglichen Beziehungsgefügen von Familie und Freundeskreis das Wiedererlernen einer geregelten und ausreichenden Nahrungsaufnahme im Alltag schneller und besser gelingt als im Rahmen einer vollstationären Behandlung. Zudem werden hierdurch möglicherweise soziale Kompetenz und Selbstwertgefühl der Patientinnen stabilisiert und somit wichtige Faktoren für einen Rückfall verringert. In der vorliegenden Studie soll die Nicht-Unterlegenheit eines tagesklinischen Behandlungssettings mit anschließender ambulanter Nachsorge im Vergleich zum derzeit üblichen Setting stationärer Behandlung mit ambulanter Nachsorge bezogen auf die Wirksamkeit überprüft werden. Es handelt sich somit um eine „Non-inferiority“-Studie gemäß EMEA(2005). Das Hauptzielkriterium ist die BMI-Differenz der Patientin bei Aufnahme sowie 52 Wochen danach. Zusätzlich wurde die Anzahl der möglichen Wechsel vom teil- in den vollstationären Studienarm limitiert, da andernfalls beide Studienarme im wesentlich als vollstationäres Setting anzusehen sind. Sollten zu viele Wechsel vom teil- in den vollstationären Arm beobachtet werden so erfolgt der Schluss, dass auch weiterhin ein vollstationäres Behandlungssetting für die nicht-chronische Anorexia Nervosa (AN) im Kindes- und Jugendalter angemessen erscheint. Zusätzlich werden anhand zahlreicher psychometrischer Verfahren das psychopathologische Zustandsbild sowie dessen Veränderung erhoben. Die Behandlung der AN in beiden Armen findet im Rahmen der Studie nach einem bewährten Behandlungskonzept statt, dessen Wirksamkeit in zahlreichen Vorstudien

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belegt wurde. Die Antragsteller beschäftigen sich seit Jahren mit der Erforschung und der Behandlung der Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter. Eine katamnestische 10-Jahres-follow-up-Studie zum Verlauf und zu Behandlungsergebnissen der AN und komorbiden Störungen konnte die Wirksamkeit des Behandlungskonzeptes nachweisen (Herpertz-Dahlmann et al., 2001). Zwei kleinere, offene, unkontrollierte Untersuchungen eines 6-Monats- und eines 1-Jahresfollow-ups waren im Einklang mit diesen Resultaten (Holtkamp et al. 2005b, Holtkamp et al. 2004).

4.2.

Hauptziel der Studie

Hauptziel der Studie ist die Beurteilung der Wirksamkeit eines teilstationären verglichen mit der eines vollstationären Behandlungssettings bei nicht-chronisch verlaufender adoleszenter Anorexia nervosa. In beiden Armen erfolgt vor der differentiellen Behandlung eine 3-wöchige vollstationäre Stabilisierung sowie im Anschluss an die differentielle Behandlung eine ambulante Nachsorge. In der Studie soll die non-inferiority-Hypothese, d.h. die Nicht-Unterlegenheit des tagesklinischen gegenüber dem vollstationären Behandlungssetting in der Langzeitwirkung auf die mittlere BMI Veränderung überprüft werden. Unter Punkt 5 sind die im Verlauf der Studie erhobenen abhängigen Variablen näher erläutert.

4.3.

Nebenziel der Studie

Eine explorative Nebenfragestellung, die mit Hilfe der zusätzlich erhobenen Studienvariablen beantwortet werden soll, ist, ob sich die Wirkung der beiden Behandlungssettings in Abhängigkeit unterschiedlicher Eingangsbedingungen unterscheidet. Ziel ist Hinweise für eine differenzielle Indikationsstellung für das jeweilige Behandlungssetting zu sammeln. Um die Ausgangssituation der jeweiligen Patientin möglichst umfassend beschreiben zu können, werden zu Behandlungsbeginn potentiell relevante Variablen bei den einzelnen Studienpatientinnen erhoben. So könnte sich im Verlauf die Gruppe der Patientinnen, für die eine tagesklinische Behandlung möglich oder indiziert ist, von der potentiell auftretenden Gruppe derer, für die eine solche Behandlung contraindiziert ist, unterscheiden. In Studie 7 des EDNET-Verbundes (Principal Investigator Fr. Dr. C. Jacobi) sollen Mediator- und Moderatorvariablen weiterführend im Hinblick auf diese Fragestellungen analysiert werden. Hier sollen in die Auswertung eingehen:  Alter  Schweregrad der Erkrankung (BMI bei Aufnahme)  Ausmaß an bestehender und vorangegangener Angststörung, insb. sozialer Phobie (SCAS-D, SPAIK und Kiddie-SADS)  Ausmaß an komorbid bestehender und vorangegangener Zwangssymptomatik (CY-BOCS und Kiddie-SADS)  Ausmaß an komorbid bestehender und vorangegangener Depressionssymptomatik (BDI-II und Kiddie-SADS)

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   

Vorliegen von sonstige Komorbiditäten in der Krankenanamnese (Kiddie-SADS) Dauer und bisheriger Verlauf der Essstörung Expressed Emotions (FFB) Psychopathologie und Belastung der Eltern (psychiatrische Erkrankungen in der Vorgeschichte, BDI-II, BSI) Auch diese Variablen sind unter Punkt 5 näher erläutert.

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5. ZU DOKUMENTIERENDE VARIABLEN

5.1.

Zielgrößen

Tabelle 1 stellt die zu erhebenden Variablen mit Erhebungszeitpunkten dar. Im Folgenden werden sie näher erläutert. Bezugspunkt (0-Punkt) ist für alle folgenden Angaben und Tabellen der Zeitpunkt der Aufnahme. Der Zeitpunkt des eigentlichen Einschlusses der Patientin in die Studie erfolgt jedoch erst in Woche 2 nach Aufnahme, also mit der Anmeldung der Patientin zur Randomisation. Mit der Randomisation in Woche 2 erfolgt auch die Zuweisung zu einem Behandlungsarm. Die differenzielle Behandlung in den beiden zu vergleichenden Settings startet eine Woche nach Randomisation, d.h. 3 Wochen nach Aufnahme. Bei einem Rückfall im ambulanten Setting (beispielsweise bei einem erneuten Gewichtsabfall bis unterhalb der 10. Altersperzentile) erfolgen eine stationäre Wiederaufnahme und damit die Erhebung aller Variablen des Aufnahmesettings. Ab da wird lediglich der Gewichtsverlauf der Studienpatientin weiterverfolgt. Alle Fragebogen und Interviewverfahren sind in der Forschung gängige, ausreichend valide und reliable Instrumente. Um die Diagnostik unabhängig vom Behandler zu erheben, sind die Interviews NICHT vom jeweiligen Bezugstherapeuten zu erheben. Die jeweiligen Variablen sind möglichst innerhalb der jeweiligen Messzeitpunkts-Woche durchzuführen. Dies gilt insbesondere für die Fragebögen und die essstörungsbezogenen Interviews. Alle erhobenen Daten gehen als Summenwerte in die vom KKS Marburg geführte Datenbank ein. Aus diesem Grund sind die wöchentlichen Protokollbögen als Original nach Marburg zu senden (der Durchschlag verbleibt in der jeweiligen kooperierenden Klinik). Zusätzlich werden die essstörungsspezifischen Instrumente auf Einzel-ItemEbene in einer von der Studienleitung in Aachen geführten Datenbank aufbereitet. Hierfür sind die Fragebögen in Kopie nach Aachen zu senden (das Original verbleibt in der kooperierenden Klinik) oder aber die Daten werden in einer in Absprache erstellten Excel-Tabelle direkt elektronisch nach Aachen transferiert. 5.1.1. Gewicht/ BMI/ Altersperzentile Das Hauptzielkriterium der Studie ist die Differenz in den BMI-Werten bei Aufnahme auf Station und 1Jahr danach. Ein Anstieg des BMI ist nach den deutschen und britischen Leitlinien ein Hauptziel der Behandlung bei AN und stellt so ein geläufiges, leicht objektivierbares Kriterium dar. Des Weiteren stellt das Gewichtskriterium einen obligatorischen Bestandteil der Diagnosestellung einer AN dar. Das Gewichtskriterium ist gemäß beider Klassifikationsschemata (IDC-10 und DSM-IV) erfüllt, wenn ein Gewicht von 85% oder weniger des zu erwartenden mittleren Gewichtes der Altersgruppe vorliegt. Für beide Geschlechter entspricht dieses Kriterium BMI-Werten zwischen der fünften und zehnten Altersperzentile (Hebebrand et al., 1996). In der ICD-10, aber auch im DSM IV, wird zusätzlich auf einen BMI-Schwellenwert von 17,5 kg/m² verwiesen. Dieser BMI entspricht bei Mädchen und Jungen im Altersbereich von 10-12 Jahren in etwa der 50. Perzentile, im Altersbereich von 18-20 der fünften Perzentile bei Frauen und einem

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Gewicht deutlich unterhalb der dritten Altersperzentile bei Männern. Das ICD-10 Kriterium ist somit starr und lässt sich nicht auf verschiedene Altersstufen und beide Geschlechter übertragen, ohne dass es zu systematischen Fehlern kommt. Als Alternative zu den genannten Gewichtskriterien erfolgt die Anwendung der 10. BMIAltersperzentile, so dass der BMI als allgemein üblicher Index zur Beurteilung des für die Körperhöhe adjustierten Gewichts und die Entwicklungsabhängigkeit dieses Indices berücksichtigt werden kann. Über BMI-Perzentilen ist zudem die epidemiologische Einordnung des Schweregrads einer Kachexie bei einer individuellen Patientin evident; gelegentlich erfolgt auch eine Differenzierung des Scheregrades mittels „standard deviation scores“ für den BMI (BMI-SDS). Im Rahmen der Studie erfolgt die Berechnung des BMI sowie der Altersperzentilen über die Website http://www.mybmi.de. Der BMI und die Altersperzentile werden jeweils aktuell berechnet. Die Körpergröße wird jeweils zur Aufnahme, Entlassung sowie in der 15., 34. und 52. Woche gemessen. Da im Jugendalter die Körpergröße nicht sinkt, gilt zur Berechnung des aktuellen BMIs jeweils die größte bis dato gemessene Körpergröße auf cm gerundet. Tabelle 1: Variablen mit Erhebungszeitpunkt Variable

in AufWoche nahme

1

X

2= Randomisati on Einschluss X

3

4

5

...

14

15

Ende diff. Behandlung =Entlassung

34

52

X

X

X

X

X

Gewicht; BMI; Perzentile

X

X

X

X

X

Blutwerte (Hormone)

X

X

X

X

X

Patientinnen-

EDI-II

X

X

X

X

X

Fragebögen

BDI-II

X

X

X

X

SCAS-D

X

X

X

X

SPAIK

X

X

X

X

BSI für Patienten

X

X

X

X

ILK für Patienten

X

Patientinnen-

SIAB

X

X

X

Interviews

SIAB-Diagn.

X

X X

X X

X

X

Av. MorganRussell Interview K + E Kiddie- SADS

X

X

X

X

X

Eltern

BSI für Eltern

X

X

X

X

X

X

BDI-II für Eltern

X

X

X

X

X

X

FFB für Eltern

X

X

X

X

X

X

ILK für Eltern

X

X

X

CY-BOCS

X

jeweils whd. in 7. und 11. Woche

X

Rückfälle: Klinikaufenthalte Kliniktage bis Zielgewicht

X

X

5.1.2. Blutwerte (Hormone) Der Hormonstatus stellt ein weiteres geläufiges Kriterium zur Beurteilung des Schweregrades und des Verlaufes der AN dar. Dies gilt nicht zuletzt, da das Ausbleiben

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der Menstruation (Amenorrhoe) ein Leitsymptome und Kriterium zur Diagnosestellung ist. Im Rahmen der Studie werden bei Aufnahme, beim 15-Wochen-follow-up, bei Entlassung oder im Falle eines Studienabbruchs, nach 34 Wochen sowie beim 1Jahres-follow-up jeweils ausreichend Blutproben abgenommen und aufbereitet werden, dass im weiteren Verlauf folgende 8 Hormonwerte ausgewertet werden können:  Leptin  löslicher Leptinrezeptor  IGF-1  LH  FSH  Östradiol  TSH  T3  T4 Um eine möglichst große Reliabilität bei der Analyse der Blutproben zu gewährleisten, sollen alle Blutanalysen zentral im Labor der Studienzentrale in Aachen erfolgen. Die Blutproben sollen in Form von Serum (Zentrifugation bei 3500 Umdrehungen für 15 Minuten) in insgesamt 12 Eppendorf-Hütchen von 500 Mikrolitern gelagert werden. Die Lagerung soll je nach gegebener Kühlmöglichkeit bei -20 Grad Celsius, möglichst jedoch bei – 80 Grad Celsius erfolgen. Der Transport erfolgt vierteljährlich über eine Transportfirma nach Essen und Aachen. 5.1.3. Genetik/ Epigenetik Im Rahmen der BMBF-finanzierten Forschungskooperation (EDNET-Verbund) gibt es für die Probanden die Möglichkeit, an Studien zur Genetik und der Epigenetik der Anorexie teilzunehmen. In den Einverständniserklärungen muss dies durch Ankreuzen bestätigt werden. Auch für Patientinnen, die für die Teilnahme an der ANDI-Studie zu weit von der jeweiligen Klinik entfernt wohnen, gibt es die Möglichkeit, an diesen Studien teilzunehmen (s. gesonderte Einverständniserklärung). Für die Teilnahme an diesen Studien werden pro Blutabnahme-Messzeitpunkt (s. 5.1.2.) 2x 10ml-EDTA-Röhrchen Blut zusätzlich abgenommen und bei -80 Grad Celsius tiefgekühlt gelagert. Der Transport erfolgt vierteljährlich tiefgekühlt nach Essen. 5.1.4. Variablen zum Verlauf der Essstörung Zur Erfassung des Verlaufs der Symptomatik der AN wird zum einen zu den unterschiedlichen Messzeitpunkten das Vorliegen der Diagnosekriterien geprüft. Dies erfolgt bei Aufnahme, beim 15-Wochen-follow-up, bei Entlassung oder im Falle eines Studienabbruchs, bei den 34-Wochen sowie beim 52-Wochen-follow-ups. Die Diagnosestellung erfolgt zum einen über die Diagnosekriterien des SIAB, zum anderen über die mittels Average Morgan-Russell-Kriterium erhobenen Aspekte. Zusätzlich wird der Schweregrad der vorliegenden Psychopathologie erhoben. Dies erfolgt sowohl über den SIAB als auch über den EDI II als Selbstauskunft.

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5.1.4.1. Average Morgan-Russell-Kriterium Das Average Morgan-Russell-Kriterium ist ein seit 1988 gängiges Kriterium zur Beurteilung der Psychopathologie bei AN (Morgan und Hayward, 1988). Es besteht aus einer Skala mit insgesamt 14 Fragen, die sich auf fünf Unterskalen beziehen. Hierbei wird gesundes Verhalten auf einer Skala von null bis zu zwölf Punkten bewertet. Im Gegensatz zum General Outcome-Score (s.u.) berücksichtigen der Average-OutcomeScore damit folgende Aspekte:  Essverhalten  Menstruation  psychischer Status  Sexualität  soziale und ökonomische Situation Die Kombination von SIAB-EX und "Morgan-Russell Outcome Assessment Schedule" erlaubt die Berechnung sowohl von General Outcome als auch Average Outcome, auch in der modifizierten Form nach Ratnasuriya (1991). 5.1.4.2. EDI-II Der EDI II (Eating Disorder Inventory II; Garner et al, 1991) ist ein Selbstauskunftsinstrumentarium einsetzbar ab 12 Jahre bestehend aus 91 Items. Anhand dieser Items werden elf Skalen-Scores berechnet. Diese beschreiben folgende für die Anorexia und Bulimia nervosa relevanten Einstellungen und Verhaltensweisen.  Drang nach Schlanksein  bulimische Verhaltensweisen  Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper  Ineffektivität  Perfektionismus  zwischenmenschliches Misstrauen  interozeptives Bewusstsein  Reifungsängste  Askese  Impulsregulation  soziale Unsicherheit. 5.1.4.3. SIAB Das SIAB (Strukturiertes Inventar für anorektische und bulimische Essstörungen, Fichter & Quadflieg, 1999) ist ein strukturiertes klinisches Interview. Es erlaubt zum einen die psychiatrische Diagnose von Essstörungen gemäß DSM-IV und ICD-10. Zusätzlich erfasst es einen großen Bereich essstörungsbezogener Psychopathologie sowie Informationen über Entstehung und Verlauf der Erkrankung. In seiner Gesamtform besteht es aus 87 Fragestellungen, wobei sich 55 direkt auf die Symptome einer Essstörung oder das Essverhalten beziehen. Der Rest bezieht sich auf mögliche Komorbidität. Im Rahmen der Studie soll bei Aufnahme, bei Entlassung bzw. bei Studienabbruch, beim 15-Wochen-follow-up sowie beim 1-Jahres-follow-Up der vollständige Fragebogen durchgeführt werden. Genutzt werden soll hierbei jeweils die

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im Manual des SIAB im Anhang ausgearbeitete Jugendversion. Da es sich bei der untersuchten Population um Ersterkrankungen handelt, wird bei Aufnahme bis auf wenige Items nur der aktuelle Zustand erhoben. Im Verlauf wird jeweils die Veränderung seit dem letzten Messzeitpunkt erfasst. Entsprechend modifizierte Interviewleitfäden liegen den Diagnostikern in den kooperierenden Kliniken vor. Beim 34-Wochen-follow-up soll sich auf die Items zur Diagnosestellung beschränkt werden. Dies sind insgesamt 26 Items (Items 1, 2, 7, 8, 9, 10, 12, 16, 17, 19, 21a, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 60 und 75). Als strukturiertes Interview ist das SIAB von Experten durchzuführen. Um eine möglichst hohe Interrater-Raliabilität zu gewährleisten, findet vor Beginn der Studie eine zentrale Schulung der Interviewer statt. 5.1.5. Variablen zu Komorbiditäten Zwei Gründe sprechen dafür, bei den Studienpatientinnen die Komorbidität zu erheben: Erstens gelten das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, Abhängigkeitserkrankungen und psychotische Erkrankungen als Ausschlusskriterien und müssen daher ohnehin standardisiert diagnostiziert werden. Dies erfolgt mit dem Kiddie-SADS bei Aufnahme. Magersüchtige Patientinnen weisen zweitens in hohem Maße zusätzliche psychiatrische Erkrankungen auf. Hierbei muss unterschieden werden zwischen solchen, die als Begleiterscheinung des Starvationszustandes eher vorübergehend auftreten und psychischen Störungen, die vor, während und nach einer AN die Kriterien einer eigenständigen Erkrankung erfüllen. Bis zu 70% der Erkrankten erfüllen die Kriterien für eine Zwangserkrankung. Sie treten oft unabhängig von der Magersucht auf, werden aber durch den Starvationszustand verstärkt. Auch Angsterkrankungen sind bei bis zu 80% der Patientinnen zu finden. Depressive Verstimmungen mit niedrigem Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit sowie Schlafund Konzentrationsstörungen sind typische Begleitsymptome der AN im akuten Krankheitszustand. Bei bis zu 60% aller Patienten sind die Kriterien einer Major Depressive Disorder nach DSM-III-R erfüllt. Aufgrund der großen Häufung von Komorbidität bei der AN, wird diese im Rahmen der Studie auch quantitativ und im Verlauf erhoben, die depressive Komponenten anhand des BDI-II, Zwänge anhand der CY-BOCS und Ängste anhand des SCAS-D sowie des SPAIK.

5.1.5.1. BDI-II = Becks Depressionsinventar Beim BDI-II (Becks-Depressions-Inventar; Beck et al, 2006) handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren zum Screening für depressive Symptomatik bei Jugendlichen und Erwachsenen. Zu 21 Symptomen der Depression werden jeweils vier Aussagen vorgegeben, von denen diejenige auszuwählen ist, die den Beurteiler am besten beschreibt. Das Verfahren ist anwendbar bei Jugendlichen ab 13 Jahren, sodass jüngere Studienpatientinnen bezüglich dieses Kriteriums nicht in die Auswertung mit eingehen können.

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5.1.5.2. CY-BOCS = Childrens Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale Bei der CY-BOCS (Children`s-Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-Scale, Steinhausen, 1993) handelt es sich um ein strukturiertes Interview, bei dem Zwangsgedanken und Zwangshandlungen systematisch abgefragt und hinsichtlich ihrer Inhalte sowie fünf weiteren Aspekten. Hierdurch entsteht jeweils ein Score für Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, der zu einem Gesamtscore addiert werden kann. Neben den Inhalten vorliegender Zwänge werden erhoben:  Zeitdauer  Beeinträchtigung durch die Zwänge  Leidensdruck  Resistenz  Grad der Kontrolle. Wie das SIAB ist die CY-BOCS als Interview von erfahrenen Interviewern durchzuführen. 5.1.5.3. SCAS-D Die SCAS-D (Spencer`s-Children-Anxiety-Scale, Spence, 1998, Essau et al, 2002) erhebt Angstsymptomatik bezüglich Inhalten und Schweregrad. Sie erfasst über insgesamt 38 Items folgende sechs Unterskalen:  Trennungsangst  soziale Phobie  Zwänge  Panikstörung  generalisierte Ängste  spezifische Phobien. 5.1.5.4. SPAIK Das SPAIK (Sozialphobie und –angstinventar für Kinder) gibt 26 Situationen vor, die somatische, kognitive und Verhaltensaspekte der Sozialphobie im Kindes- und Jugendalter in einer großen Bandbreite repräsentieren. Bei 16 Situationen bzw. Items werden mehrere (bis zu vier) Unteraspekte (Interaktionssituationen, Leistungssituationen, kognitive und somatische Symptome, Interaktionsperonen bekannt/ unbekannt/ Erwachsene) erfasst. Die Beantwortung erfolgt auf einer dreistufigen Likert-Skala. Beim SPAIK handelt es sich um die deutschsprachige Adaptation der "Social Anxiety Inventory for Children (SPAI-C)" von Beidel et al. Die Konstruktion des Inventars erfolgte vor dem Hintergrund der internationalen Diagnosekriterien. 5.1.5.5. Kiddie-SADS Das Kiddie-SADS (Delmo et al, 2000) ist ein halbstrukturiertes diagnostisches Interview, das für die Erfassung gegenwärtiger und zurückliegender Episoden psychischer Störungen bei Kindern und Heranwachsenden nach DSM-IV entwickelt wurde. Für die Symptomerfassung werden Eltern und Patienten jeweils vorformulierte fakultative Fragen und obligatorisch zu erfassende Symptomkriterien vorgegeben. Das Kiddie-

20

SADS erfasst alle in den gängigen Diagnoseklassifikationen vorgegebenen Störungsbilder. Hierbei wird jeweils unterschieden zwischen der derzeitigen Diagnose, medikamentös behandelten Störungen, zurückliegenden Krankheitsphasen sowie Verlauf. Es besteht aus einer einleitenden und strukturierten Befragung, einem diagnostischen Screening-Interview, der Checkliste diagnostischer Erweiterungsinterviews und den bei Bejahung der entsprechenden Fragen durchzuführenden Erweiterungsinterviews. Wie das SIAB ist die Kiddie-SADS als halbstrukturiertes Interview von Experten durchzuführen. Um eine möglichst hohe Interrater-Raliabilität zu gewährleisten, werden alle Anwender im Januar von Prof. M. Fichter und Mitarbeitern trainiert. 5.1.5.6. BSI Das Brief Symptom Inventory (BSI, nach Derogatis, 1993 und Franke, 2000), eine Kurzform der SCL-90-R, ist ein Instrument zur Erfassung subjektiver Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome. Ausgewertet ermöglichen die 53 Items Aussagen zur Symptombelastung, die zu neun Skalen und drei globalen Kennwerten analog zur SCL-90-R - zusammengefasst werden. Die Items sind sprachlich einfach formuliert und vermeiden psychopathologische Fachausdrücke, soweit sie nicht Einzug in die Umgangssprache gehalten haben. 5.1.6. Parameter zum Befinden der Eltern sowie der Lebensqualität Da die AN die intrafamiliäre Kommunikation deutlich verändert, ist die Belastung aller Beteiligten erhöht. Daher sind auch allgemeine Instrumente zur Erhebung von Befinden der Eltern und der Patientinnen zur Beurteilung des Verlaufs vonnöten. Dies gilt insbesondere, da davon ausgegangen wird, dass sich die Entwicklung der familiären Strukturen bei stationärer versus teilstationäre Behandlung voneinander unterscheiden. Des Weiteren ist es möglich, dass das vor Aufnahme bestehende Belastungsniveau ein prognostischer Faktor für einen möglichen Erfolg einer tagesklinischen Behandlung darstellt. Erhoben werden bei der geplanten Studie mit dem BSI und dem BDI-II für die Eltern einerseits Aspekte der Belastung der Eltern. Mit dem FFB wird das Ausmaß an EE und damit die intrafamiliäre Kommunikation erfasst. Schließlich soll mit dem ILK die Lebensqualität der Patientinnen in ihrem Umfeld beschreiben werden. 5.1.6.1. BSI Der BSI (Brief Symptome Inventory, Derogatis, 1993 und Franke, 2000) erfasst auf 53 Items Probleme und Beschwerden, die in Belastungssituationen auftreten können (s. 5.1.4.6.). 5.1.6.2. BDI-II Der BDI-II (Brief Depressive Inventory, Beck, 2006) erfasst, ebenso wie bei den Patientinnen (s. o.) das Ausmaß an Depressivität bei den Eltern. 5.1.6.3.

FFB

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Der FFB (Familienfragebogen, Wiedemann et al. 2002) erfasst auf insgesamt 20 Items das Ausmaß der Expressed Emotions auf den beiden Skalen  Kritik  Emotionale Überinvolviertheit. Verwendet wird die validierte deutsche Übersetzung von Wiedemann et al. (2002). 5.1.6.4. ILK Eltern- und Patientenbögen Der ILK (Inventar zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen; Mattejat und Remschmidt, 1998) erfasst das Wohlbefinden, die Zufriedenheit von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren. Dies geschieht bezüglich folgender Bereiche:  Schule  Familie  Freunde  Alleinsein (Interessen und Freizeitgestaltung)  Gesundheit  Nerven und Laune. Zusätzlich werden beim ILK erhoben:  die Belastungen durch eine aktuell vorliegende Krankheit, im Fall der Studie die Anorexia nervosa,  die Belastung durch diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei der Behandlung der Anorexia nervosa erhoben. Insgesamt umfasst der Fragebogen 11 Items sowie eine zusätzliche Schätzung wie viele Stunden am Tag mit welchen Aktivitäten zugebracht werden. Im Rahmen der Studie geht der ILK sowohl als Selbstbeurteilungsbogen (Kinderbogen) als auch als Fremdbeurteilungsverfahren (Elternbogen) ein. 5.1.7. Variablen zur Inanspruchnahme des Gesundheitssystems aufgrund der Essstörung Eine weitere Zielgröße zur Abwägung der therapeutischen Interventionen sowie des Krankheitsverlaufs ist die Menge an Inanspruchnahme des Gesundheitssystems aufgrund der vorliegenden Essstörung. Im Rahmen der Studie werden hierbei die Menge der benötigten Kliniktage bis zum Erreichen des minimalen Zielgewichtes (20. Altersperzentile) sowie bis zur Entlassung erhoben. Im weiteren Verlauf werden durch Rückfälle notwendig gemachte zusätzliche Klinikaufenthalte erhoben. 5.1.7.1. Kliniktage bis Zielgewicht Eine Variable, die bei der Entlassung erhoben wird, ist die Anzahl benötigter Kliniktage bis zum Erreichen des minimalen Zielgewichtes (20. Altersperzentile) bzw. bis zur Entlassung. Da auch bei bestehendem Zielgewicht weiterführende Belastungserprobungen erfolgen können, ist dies nicht zwangsläufig mit dem Tag der Entlassung gleichzusetzen. Der Tag der Entlassung selbst ist im Rahmen der Studie ebenfalls dokumentiert. Demnach lässt sich als zusätzliches Kriterium die Differenz zwischen Kliniktagen bis zur Entlassung und Kliniktagen bis zum Zielgewicht berechnen. Dies könnte ein Maß darstellen, das Hinweise enthält, ob etwa eine umfassende

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Belastungserprobung nach Erreichen des Zielgewichtes die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, positiv beeinflusst. 5.1.7.2. Rückfälle: Klinikaufenthalte Im Verlauf der ambulanten Behandlung wird regelmäßig dokumentiert, ob durch eine massive Gewichtsabnahme nach dem Entlasszeitpunkt das vertraglich abgesprochene Wiederaufnahmegewicht erreicht oder unterschritten wurde. In diesem Falle würde medizinisch von einem Rückfall gesprochen. Dieser würde einen zusätzlichen stationären Aufenthalt notwendig machen. Beim 1-Jahres-follow-up werden die Menge der bis dahin nach erster Entlassung wieder notwendig gewordenen Klinikaufenthalte einschließlich jeweils Tage pro Aufenthalt in der Klinik dokumentiert.

5.2.

Deskriptive Variablen

Bei Aufnahme sind als deskriptive Variablen zur Beschreibung der Patientin, ihres Störungsbildes sowie ihrer Anamnese zusätzlich zu den o. g. erhobenen Daten zu dokumentieren:  Geburtsdatum (TT/MM/JJJJ)  Komorbidität (Diagnose-Schlüssel ICD-10)  Vorerkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10)  Geburtsjahr der Mutter (JJJJ)  Geburtsjahr des Vaters (JJJJ)  Leben zusammen/ getrennt/ verstorben (z/ g/ v)  außergewöhnliche Belastungen (Tod eines geliebten Menschen, Behinderungen/ schwere Krankheiten im familiären Umfeld o. ä.) liegt vor/ liegt nicht vor  Geschwister (jeweils Geburtsjahr und Geschwisterstatus, hier: leibliche Geschwister/ Halb-/ Adoptiv-/ Stief-Geschwister (JJJJ + l/ h/ a/ s))  Familiäre Belastung i. S. psychiatrischer Erkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10)  Anzahl der Schwangerschaften der leiblichen Mutter bis zur und einschließlich der mit der Patientin (Anzahl)  Geburtszeitpunkt (Schwangerschaftswoche)  Geburtsmodus (sp./ S/ vag. OP)  Geburtsgewicht (Gramm)  Geburtsgröße (cm)  Apgar-Index (x von 10)  Fehlbildung (ja/ Nein)  Schulischer Verlauf (regelgerecht/ vorgestuft/ zurückgestuft (r/ v/ z))  Sek. Amenorrhoe (seit MM/JJJJ)  Tanner-Status PB (X)  Erste gezielter intendierter Gewichtsverlust, der zur Anorexie geführt hat (MM/JJJJ) + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg)

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Falls keine gezielte Gewichtsabnahme: Zeitpunkt, ab dem nicht mehr zugenommen wurde + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg)  Ambulante Vorbehandlungen (Anzahl der vorherigen ambulanten Behandlungstermine). Bei der Erhebung ist zur Erhöhung der Reliabilität zu beachten, dass die Daten möglichst präzise und sicher, anamnestische Daten ohne Anwesenheit der Patientin erhoben werden. Des Weiteren ist bezüglich des behandelnden Therapeuten bei Aufnahme folgendes zu erfassen:  Therapeutenausbildungsstand (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut)  Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren) Zu Beginn der ambulanten Phase ist bezüglich des behandelnden Therapeuten zu dokumentieren  Therapeutenberuf (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut)  Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren) Außerdem ist zu Beginn der ambulanten Phase das Wiederaufnahmegewicht aus dem Wiederaufnahmevertrag festzuhalten.

5.3.

Erhebungsprozeduren

Verantwortlich für die Erhebung der Wirksamkeitsparameter und der deskriptiven Variablen ist der jeweils behandelnde Therapeut (Prüfarzt). Alle erhobenen Variablen werden im CRF zeitnah dokumentiert und an das KKS geleitet. Das KKS Marburg erstellt Queries für fehlerhafte oder inkonsistente CRFs. Sollte es wiederholt zu Qualitätsmängeln kommen, informiert das KKS die Studienleitung. Das zeitnahe Erfassen von bestimmten Variablen ist in der vorliegenden Studie von besonderer Wichtigkeit, da Gewicht, Blutwerte, Fragebogendaten und das Vorliegen von SUE und UE unbedingt in der entsprechenden Erhebungswoche erhoben und kommuniziert werden müssen. Die Erhebung Rater-abhängiger Variablen, insb. der Interviews, sollte nach Möglichkeit verblindet erfolgen. Jedes einzelne Zentrum überprüft ihre jeweiligen Möglichkeiten einer verblindeten Diagnostik und spricht diese mit der Studienleitung und dem Monitor ab. Sollte eine verblindete Erhebung nicht möglich sein, so sollte die Erhebung jedoch keinesfalls vom jeweils zuständigen Therapeuten durchgeführt werden. Des Weiteren sollte der Interviewer der Studienpatientin Schweigepflicht bezüglich der Inhalte des Interviews zusichern, um so eine möglichst valide Erhebung zu ermöglichen. Tabelle 2 zeigt die unbedingt zeitnah zu kommunizierenden Variablen während der stationären Erhebungsphase, Tabelle 3 verdeutlicht dies für die ambulante Erhebungsphase. Daten, die nicht in den zugehörigen Zeitfenstern erhoben wurden, werden als fehlende Werte beurteilt. Ein Nacherheben oder Interpolieren ist nicht zulässig! Anschließend sind alle in den CRFs zu erhebenden Daten nochmals als Stichpunkte aufgelistet. Detaillierte Informationen zu den Variablen finden sich unter Punkt 5.1. und 5.1. sowie unter Punkt 9.

24 Tabelle 2: Variablen, deren Ausprägung sich zeitlich verändern sollte und die daher nur in den vorgegebenen Zeitfenstern erfasst werden dürfen

Stationäre Phase MZ Einmal wöchentlich

Aufnahme

Übergang in Arme + 7 Wochen + 11 Wochen + 15 Wochen

Entlassung

Variable Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Kcal Medikamente/ Psychopharmaka (jeweils Wirkstoff und Dosis) Therapietermine (s. Punkt 9) Unerwünschte Ereignisse (s. Punkt 10.) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Hormonwerte: Blutabnahme Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern) Anamnestische Daten Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Scores von Fragebögen (Eltern) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Scores von Fragebögen (Eltern) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Hormonwerte: Blutabnahme Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern) Hormonwerte: Blutabnahme

Tabelle 3: Variablen, deren Ausprägung sich zeitlich verändern sollte und die daher nur in den vorgegebenen Zeitfenstern erfasst werden dürfen

Ambulante Phase AV Pro Sitzung

+ 34 Wochen + 52 Wochen

Variable Termin mit Dauer; wenn Termin ausgefallen dokumentieren, Grund (stationäre wegen Rückfall/ anderweitig erkrankt/ Termin aus sonstigen Gründen nicht wahrgenommen) wenn 2x ausgefallen - ggf. Studienleitung informieren Therapietermine (s. Punkt 9) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Wiederaufnahmekriterium erfüllt? (ja/ nein); Wiederaufnahme erfolgt? (ja/ nein) - ggf. Studienleitung informieren Aktueller Menstruationsstatus (regelmäßige / unregelmäßige/ keine Menstruation) Medikamente/ Psychopharmaka (jeweils Wirkstoff und Dosis) Ernährungsberatung (hat stattgefunden ja/ nein) Gruppentherapie (hat stattgefunden ja/ nein) Eltern-/ Familiengespräche (hat stattgefunden je/ nein) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Hormonwerte: Blutabnahme Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern) Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile) Hormonwerte: Blutabnahme Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern) Menge an Krankenhausaufenthalte nach Entlassung (Rückfälle)

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6. STUDIENDESIGN

6.1.

Studiendesign

Bei der geplanten Therapiestudie handelt es sich um eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte, Nicht-Unterlegensheitsstudie mit zwei parallelen Armen.

6.2.

Organisationsstruktur

Organisationseinheiten für die Studie sind:  Das Independent scientific advisory board berät die Studienleitungen z.B. im Falle eines möglichen vorzeitigen Studienabbruchs (in Anlehnung an einIndependent safety and data monitoring board gemäß ICH-GCP) wahr. Das ISAB tagt mindestens einmal im Jahr.  Die Studienleitung (steering committee) in Aachen nimmt die Aufgaben des principle investigators nach GCP wahr. Sie trifft ihre Entscheidungen in Absprache mit der/dem verantwortlichen Biometrikerin/Biometriker.  Die regionale Studienzentrale in Aachen übernimmt die Aufgaben: Studienplanung, Erstellung des Prüfarztordners mit allen studienrelevanten Dokumenten.  Die Prüfzentren (insgesamt 6 Kliniken) führen die Rekrutierung und Behandlung der Patienten sowie die für die Studie notwendige Dokumentation in den vom KKS erstellten, zertifizierten CRFs durch.  Die Randomisierung erfolgt zentral über das KKS Marburg.

6.3.

Auswahl der Prüfzentren

Die Auswahl der kooperierenden Kliniken (Prüfzentren) erfolgte aufgrund der großen Übereinstimmung der stationären Behandlungskonzepte für AN im Vorfeld der Studie. Alle teilnehmenden Kliniken verfügen über langjährige Erfahrung mit den unter Punkt 8 aufgeführten Behandlungsbausteinen. Vor Beginn der Studie wurde wiederholt die Kongruenz der Behandlungskonzepte überprüft und gegebene Unterschiede möglichst angenähert. Allen beteiligten Prüfzentren ist es möglich, die unten aufgeführten Bausteine ausnahmslos wie vorgegeben durchzuführen.

6.4.

Behandlungsarten

Verglichen werden ein vollstationäres und ein teilstationäres Behandlungskonzept (mit Behandlung an Werktagen für 8 - 9 Stunden (etwa in der Zeit von 8.00 bis 16.30). In beiden Behandlungsarmen werden die unter Punkt 8 aufgeführten Bausteine verwendet. In beiden Gruppen erfolgt vor der differentiellen Behandlung eine 3-wöchige stationäre Stabilisierung; anschließend erfolgt in beiden Armen eine ambulante Nachsorge. Die Behandlungsarme unterscheiden sich nicht in den grundsätzlichen therapeutischen

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Ansätzen oder Angeboten. Ein Unterschied zwischen beiden Settings besteht unter anderem in der Dauer der Anwesenheit der Patientinnen in der Klinik und den damit verbundenen Unterschieden. Im tagesklinischen Studienarm kann mehr Zeit mit Familie und Freunden verbracht werden kann, Essen muss zum Teil außerhalb der Klinik aufgenommen werden, es kann keine Vollsondierung stattfinden und es kann keine durchgängige Kontrolle bezüglich des Kalorienverbrauchs (Bewegungsausmaß und – dauer) erfolgen.

6.5.

Verblindung, Randomisierung und Ablauf der Randomisation

Weder die behandelnden Therapeutinnen und Therapeuten noch die Patientinnen sind bezüglich der Studienarmzuteilung verblindet. Das Hauptzielkriterium gemäß 5.1.1 (Gewicht/ BMI/ Altersperzentile 52 Wochen nach Aufnahme) wird von unabhängigen Beurteilern erhoben, die bezüglich des Behandlungsarms verblindet sind. Der Ablauf der Randomisation gestaltet sich folgendermaßen: Zunächst werden die Ein- und Ausschlusskriterien während der ersten zwei Wochen des stationären Aufenthaltes vor der Randomisation überprüft. Sind die Einschlusskriterien erfüllt, so erfolgt eine ausführliche Aufklärung der Patientin und ihrer Eltern, und es wird die schriftliche Einverständniserklärung von Eltern und Patientin eingeholt. Anschließend kann die Patientin der Randomisationszentrale (KKS Marburg) gemeldet werden. Zur Randomisierung muss neben der Dokumentation der Überprüfung der Aufnahmekriterien die schriftliche Einverständniserklärung (nach vollständiger Aufklärung) dokumentiert sein. Zusätzlich muss für die zu randomisierende Patientin der BMI bei Aufnahme (für die Differenzbildung – siehe Hauptzielkriterium in 5.1.1), der aktuelle BMI sowie ihre Ausprägungen in den prognostischen Faktoren („BMI bei Aufnahme“ (< 15.5 , ≥ 15.5) und Alter (< 14 , ≥ 14) und das anfragende Zentrum dokumentiert und an das KKS Marburg übermittelt werden. Das zugehörige, ausgefüllte und unterschriebene Formblatt zur Randomisation wird von den berechtigten Prüfärzten/-ärztinnen oder Therapeuten an das KKS Marburg gefaxt. Die Randomisierung erfolgt zentral über die Randomisationszentrale im KKS Marburg, welche die Randomisationsergebnisse an die Prüfzentren per Fax sendet. Das Formblatt zur Randomisation kann in den folgenden Zeiten an das KKS Marburg gefaxt werden: Montag - Donnerstag: 8.00 Uhr - 16.00 Uhr; Freitag: 8.00 Uhr - 14.00 Uhr Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) Philipps-Universität Marburg Robert-Koch-Str. 5 35037 Marburg Fax: 0 6421 - 28 66517 (66516)

Die Übermittlung des Randomisationsergebnisses an das Prüfzentrum gilt als Definition des Zeitpunktes des Einschlusses der Patientin in die Studie. Der ambulant nachbetreuende Therapeut/Therapeutin der Patientin wird vom zugeordneten stationären Therapeuten über das Studienvorhaben und den Einschluss informiert. Es

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ist abzuklären, ob die/der ambulante Therapeutin/Therapeutin bereit ist, das Studienvorhaben über die gesamte Beobachtungszeit zu unterstützen; andernfalls ist ein anderer Therapeut zu benennen. Das Randomisationsergebnis wird der Patientin und ihren Eltern unmittelbar mitgeteilt. Nach einer weiteren Woche wird dann die stationäre oder teilstationäre Behandlung eingeleitet. Die Randomisierung erfolgt in Anlehnung an das „Dynamic Balanced Design“ (Signorini et al., 1993). Der Randomisationsalgorithmus ermöglicht eine Zuweisung zu den beiden Armen unter den Randbedingungen einzuhaltender Balancen für die sich aus den prognostischen Faktoren ergebenden Strata.

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7. PATIENTENPOPULATION

7.1.

Fallzahl

Die Studienpatientinnen werden von den Prüfzentren aus deren Klientel mit Anorexia Nervosa rekrutiert. Es ist den Prüfzentren freigestellt, zusätzliche Patienten für die Studie anzuwerben. Alle Patientinnen mit AN, die während der Rekrutierungsperiode der Studie ein Prüfzentrum aufsuchen, sollen bezüglich der Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie befragt und - bei Interesse - auf Studieneignung überprüft werden (siehe Ein/ Ausschlusskriterien). Patientinnen, die nach diesen Kriterien studiengeeignet sind, werden über die Studie, deren Möglichkeiten und Risiken aufgeklärt. Besteht nach der Aufklärung die Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie, ist eine Einwilligungserklärung von Patientin und Erziehungsberechtigten zu unterschreiben (siehe Anhang). Ausgehend von einer Drop-out-Rate von 30% (worst-case) werden wenigstens 85 Patienten pro Behandlungsarm benötigt. Diese werden in 6 über das Bundesgebiet verteilten Kliniken rekrutiert. An der Studie sind jedoch nur 5 Prüfzentren im engeren Sinn beteiligt, da die Klinik in Düren nur teilstationäre Behandlungen abwickeln kann und zu diesem Zweck Patientinnen aus Aachen und Köln aufnehmen kann. Somit sollen von jedem Prüfzentrum 34 Patientinnen mit AN eingebracht werden. Das bedeutet für den Zeitraum von 3 Jahren eine Zahl von 10-12 Patientinnen jährlich. Details zur Fallzahlplanung siehe 12.

7.2.

Einschlusskriterien

Einschlusskriterien für die Teilnahme an der Studie sind:  weibliche Patientinnen  11 ≤ Alter ≤ 18 Jahren zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns  Vorliegen einer AN nach den Kriterien der DSM-IV (zum Zeitpunkt des Einschlusses) gemäß SIAB  erstmalige stationäre Aufnahme für länger als 2 Wochen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Behandlung einer Essstörungssymptomatik  Vorliegen der schriftlichen Einverständniserklärung der Patientin und der Eltern  Fahrzeit von der Klinik zum Wohnort zumutbar / Anreise möglich

7.3.

Ausschlusskriterien

Von der Untersuchung ausgeschlossen sind folgende Kinder und Jugendliche:  Komorbidität eines psychotischen Störungsbildes leiden (nach Kiddie-SADS)  Komorbidität einer Persönlichkeitsstörung (nach Kiddie-SADS)  Komorbidität von schwerem Alkohol- oder Substanzabusus (nach Kiddie-SADS)  schwerwiegende selbstverletzende Verhaltensweisen  nicht ausreichendes Deutschverständnis bei Eltern oder Patientin  IQ

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