Transitional Justice und Entwicklung in Afrika

Transitional Justice und Entwicklung in Afrika Susanne Buckley-Zistel / Friederike Mieth / Julia Viebach, Philipps-Universität Marburg Vor allem in d...
Author: Frieder Weber
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Transitional Justice und Entwicklung in Afrika Susanne Buckley-Zistel / Friederike Mieth / Julia Viebach, Philipps-Universität Marburg

Vor allem in den 1990er Jahren fand ein Großteil der innerstaatlichen Gewaltkonflikte auf dem afrikanischen Kontinent statt. Nach deren Beendigung wird vielerorts das oft extreme Ausmaß der Gewalt durch Wahrheitskommissionen, Tribunale oder vermeintlich traditionelle Mechanismen aufgearbeitet. Dies wird gemeinhin unter dem Begriff Transitional Justice (TJ) diskutiert und formt den Gegenstand dieses Beitrags. Vor dem Hintergrund extremer Armut in vielen Teilen Afrikas gehen wir der Frage nach, in welchem Maße Entwicklungsaspekte in gewaltsamen Konflikten eine Rolle spielen, ob und wie ihre Aufarbeitung Gegenstand von Transitional Justice Maßnahmen ist und ob sich hieraus Schlüsse für die Notwendigkeit einer Inklusion in zukünftige TJ Maßnahmen ableiten lassen. Die Verknüpfung von TJ und Entwicklung durchläuft gegenwärtig eine Konjunktur. In den Worten von Juan E. Méndez, emeritierter Präsident des International Center for Transitional Justice, ergibt sich der Zusammenhang wie folgt: Proponents of justice for atrocities cannot ignore the requirement of development for the whole country, nor expect that such requirements can be postponed until a later date while they settle accounts with the perpetrators. The holistic approach to justice pays attention to all different forms of victimization from the recent past; it should not limit itself to giving satisfaction to the direct victims of murder, imprisonment or torture.1 Auch Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit widmen sich vermehrt dem Nexus. So misst das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit dem Thema besondere Bedeutung bei,2 die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Zivile Friedensdienst implementieren schon seit län-

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Keynote Speech of Juan E. Méndez at the FriEnt Panel Discussion on Justice and Development after War and Violent Conflict, Berlin, 28.1.2010 (http://www.frient. de, abgerufen 1.3.2010) Zum Beispiel durch die FriEnt Konferenz: New Horizons. Linking Development Cooperation and Transitional Justice for Sustainable Peace. 27.-28.01. 2010, Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Berlin.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH gerem Projekte in diesem Bereich. Dies trifft gleichermaßen auf andere Geber zu. Ein unlängst durchgeführtes Forschungsprojekt stellte heraus, dass „notions such as development co-operation have been reformulated in legal terms“ und dass zum Beispiel im Zeitraum von 1995-2005 fünf Prozent der Entwicklungsgelder für Ruanda und Guatemala für Transitional Justice Maßnahmen vorgesehen waren.3 Im Kontext dieses Artikels verstehen wir Entwicklung sowohl im engeren Sinn als wirtschaftliches Wachstum als auch im weiteren Sinn als die Verbesserung von Lebenschancen. Unser Ziel ist, die Relevanz der Verknüpfung von Transitional Justice und Entwicklung anhand dreier Fallbeispiele mit sehr unterschiedlichen Formen und Ausprägungen von Gewalt – Südafrika, Ruanda, Sierra Leone – zu analysieren und Schlüsse bezüglich des Nexus abzuleiten. Dazu weren zunächst im folgenden Abschnitt das Konzept Transitional Justice sowie seine Berührungspunkte mit Entwicklungsaspekten anhand aktueller Literatur kurz dargestellt, um eine Folie zu erstellen, vor der die Fallstudien beleuchtet werden. Dem schließt sich in einem weiteren Schritt die Analyse der Fälle, ihrer Gewaltformen und deren Folgen sowie deren Aufarbeitung durch TJ Maßnahmen an, wobei für jeden Fall herausgearbeitet wird, ob und wie der Nexus von TJ und Entwicklung relevant ist. Das abschließende Fazit widmet sich dann einer kritischen Evaluierung der Fragestellung, ob und wie die Verknüpfung von TJ und Entwicklung sinnvoll erscheint und wo sie an ihre Grenzen stößt. Vorweg sei an dieser Stelle angemerkt, dass wir nicht für eine Inklusion per se plädieren, sondern der gegenwärtigen Tendenz mit Vorsicht begegnen. Da man aufgrund der wachsenden Popularität des Konzepts TJ inzwischen von einem ‚Mantra‘ sprechen kann,4 möchten wir dieser hegemonialen Tendenz mit Skepsis begegnen.

Transitional Justice und Entwicklung Das Konzept der Transitional Justice erlebt seit den 1990er Jahren einen bedeutsamen Aufschwung. Es beruht auf der Annahme, dass die Phase des Übergangs – also der Transition – von einer gewaltvollen hin zu einer friedlichen Gesellschaftsform eng mit dem Schaffen von Gerechtigkeit verbunden ist, wobei diese nicht nur im strafrechtlichen Sinne verstanden wird.5 Eine enge Definition wird von Ruti Teitel angeboten, gemäß derer es sich um „a conception of justice associated with periods of political change characterized by legal re3 4 5

Oomen 2005, S. 890. Hazan 2007. Siehe zum Beispiel Elster 2004 und Roht-Arriaza / Mariezcurrena 2006.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA sponses to confront the wrongdoings of repressive predecessor regimes“ handelt.6 Im Gegensatz dazu schlägt Roht-Arriaza eine weitere Definition vor: At its broadest [TJ] involves anything that a society devises to deal with a legacy of conflict and/or widespread human rights violations, from changes in criminal codes to those in high school textbooks, from creation of memorials, museums and days of mourning, to police and court reform, to tackling the distributional inequities that underlie conflict.7 Gemein ist beiden Definitionen das Argument, dass es nach gewaltsamen Konflikten oder Diktaturen der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, also eines klaren Bruchs mit geschehenem Unrecht, bedarf, um zukünftige Gewalt zu verhindern.8 Gegenwärtig werden folgende Ziele unter dem Begriff zusammengefasst: Aufdeckung der Wahrheit über Verbrechen, Identifizierung und zur Rechenschaft Ziehen der Verantwortlichen, Herstellung der Würde von Opfern, Ermutigung zur Aussöhnung und friedlichen Koexistenz sowie die Prävention zukünftiger Straftaten. Um diese Ziele zu erreichen, verfügt Transitional Justice über eine Vielzahl von Maßnahmen zur Aufarbeitung einer gewaltsamen Vergangenheit, wie die Rechtsprechung durch internationale, hybride und nationale Kriegstribunale, Wahrheitskommissionen, Reparationen für Opfer von Menschenrechtsvergehen, einschließlich Kompensation, Rehabilitation und symbolischer Wiedergutmachung, Reform von Institutionen wie Polizei, Militär und Judikative und die Entlassung von korruptem und kriminellem Personal sowie die Konstruktion von Gedenkstätten und Museen, um an die gewaltsame Vergangenheit zu erinnern. Bedeutend ist, dass diese Maßnahmen entsprechend der kontextuellen Bedürfnisse nach Krieg oder Diktatur kombiniert werden können. Welche Verbindung besteht nun zwischen Transitional Justice und Entwicklung? Vorab muss angemerkt werden, dass die Erforschung dieses Nexus äußerst aktuell und bisher nur mit bruchstückhaften Argumenten versehen ist.9 Zur Schließung dieser Forschungslücke beizutragen ist Ziel dieses Artikels. Im Folgenden sollen daher eine Reihe von Fragen aus der Literatur destilliert werden, die die Verbindung zwischen Transitional Justice und Entwicklung hervorheben, die es unter Umständen nach dem Ende von massiver Gewalt zu

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Teitel 2003, S. 9. Roht-Arriaza 2006, S. 2. Für einen sehr guten Überblick siehe auch Kayser-Whande/Schell-Faucon 2009. Siehe zum Beispiel die jüngst erschienene Publikation von de Greif und Duthie (2009) und den Sonderband des International Journals of Transitional Justice im Jahre 2008.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH berücksichtigen gilt und die als Folien für die Analyse der Fallstudien genutzt werden. Diese können sowohl strafrechtlicher als aus struktureller Natur sein. Zunächst fällt auf, dass eine Vielzahl von gewaltsamen, vor allem innerstaatlichen Konflikten in Afrika und darüber hinaus in armen, so genannten unterentwickelten Ländern stattfinden.10 Gemäß Jane Alexander bezieht sich Armut nicht nur auf ökonomische Missstände, sondern auch auf Vulnerabilität und Machtlosigkeit,11 die oft Indiz für die Marginalisierung und Diskriminierung eines Teils der Bevölkerung durch die Regierung seien. Dies manifestiert sich häufig in dürftiger wirtschaftlicher Entwicklung, schlechter Behausung, unzureichenden Bildungsstätten und Gesundheitsdiensten sowie in einer limitierten Repräsentation bei nationalen Angelegenheiten. In Fällen, in denen Marginalisierung bewusst eingesetzt wird, kann von struktureller Gewalt gesprochen werden. Diese wiederum ist häufig Ursache für Unmut unter der ausgegrenzten Bevölkerung(sgruppe) und kann zu Anwendung von Gewalt und damit zu einem gewaltsamen Konflikt führen. Folgt man dieser Argumentation, kann daher behauptet werden, dass ungleiche Entwicklung eine Ursache von gewaltsamen Konflikten sein kann. Vor diesem Hintergrund, argumentiert Rama Mani, drängt sich die Frage auf, ob nach dem Konflikt, die mit der strukturellen Gewalt einhergehende Verteilungsungerechtigkeit durch Transitional Justice Maßnahmen aufgearbeitet werden sollte.12 Wenn unzureichende Entwicklung und Armut als eine Ursache von Konflikten betrachtet werden können, so sind sie oft auch eine Folge, denn die Ausübung von Gewalt zerstört Infrastrukturen, Bauten und Landschaften. Mehr noch, gewaltsame Konflikte zerstören soziale Beziehungen und Vertrauen – vor allem in staatliche Strukturen –, die nicht nur für das persönliche Wohlbefinden, sondern auch für die Zusammenarbeit an einer friedlichen Zukunft des Landes von Bedeutung sind. Um dies voran zu treiben und nicht wieder der Gewalt zu verfallen, argumentiert Alexander, ist es daher notwendig, neben Sicherheit auch politische und soziale Stabilität zu fördern.13 Wie oben dargestellt, ist dies ein erklärtes Ziel von Transitional Justice und soll durch Maßnahmen wie Strafverfolgung und Wahrheitsfindung erreicht werden.14 Es stellt sich daher die Frage, ob und wie Transitional Justice diese Aufgabe erfüllen kann und welche Maßnahmen am geeignetsten scheinen.

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De Greiff 2009, S. 29-30. Alexander 2003, S. 47. Mani 2002. Alexander 2003, S. 48. Duthie 2008, S. 299.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA Ein weiterer Nexus von Transitional Justice und Entwicklung ist die Verfolgung von Straftaten, die direkt mit Entwicklung in Verbindung stehen.15 Diese werden, im Kontrast zu politischen Rechten und Bürgerrechten (die herkömmlich Gegenstand von Strafverfolgung sind) als wirtschaftliche, soziale und kulturelle (WSK-)Rechte bezeichnet. Obgleich Menschenrechte im Allgemeinen als unteilbar gelten, werden diese zwei Elemente häufig getrennt betrachtet: Politische Rechte und Bürgerrechte werden oft als ‚negative Obligationen‘ behandelt, wie zum Beispiel das Verbot von Folter, während WSK-Rechte, wie Bildung, als positive und kostspielige Verpflichtungen behandelt werden, die rechtlich nicht einforderbar sind.16 Das schlägt sich auch im internationalen Recht nieder, welches den Grundstein für viele TJ Maßnahmen – insbesondere Strafgerichtsprozesse – liefert. Hier werden politische Rechte und Bürgerrechte als Grundfreiheiten betrachtet, während WSK-Rechte wie Ansprüche behandelt werden, die vom jeweiligen Staat und den zur Verfügung stehenden Ressourcen abhängig sind.17 Für Louise Arbour sind (gewaltsame) Konflikte, wie in Südafrika, Guatemala oder Darfur, jedoch Beispiele dafür, dass diese Rechte vor und während Konflikten und ihrer Aufarbeitung nicht so einfach zu trennen sind, denn hier war der Verstoß gegen WSK-Rechte eine strategische und systematische Methode der Kriegsführung.18 Es drängt sich also die Frage auf, ob diese Vergehen gezielt durch TJ Maßnahmen adressiert werden müssen. Im Folgenden werden wir die bis hierhin aufgeführten Fragen bezüglich des Nexus Transitional Justice und Entwicklung – strukturelle Gewalt als Konfliktursache, verbesserte politische Stabilität und Sicherheit, sowie die Ahndung von WSK-Rechten – anhand dreier Nachkriegsgesellschaften diskutieren und der Frage nachgehen, ob und in welchem Maße Entwicklungsaspekte eine Rolle in den Konflikten spielen und ob sie bei der Aufarbeitung der Vergangenheit berücksichtigt werden beziehungsweise werden sollten. Unsere Untersuchung konzentriert sich ausschließlich auf national ausgerichtete und internationale Maßnahmen, die zur Vermeidung von Generalisierungen auf drei sehr unterschiedlichen Fällen beruhen, die sowohl hinsichtlich der Ursachen sowie des Ausmaßes und der Dynamik der Konflikte variieren. Während in Südafrika Gewalt vertikal von oben nach unten ausgeführt wurde und vor allem auch struktureller Natur war, fand die Gewalt in dem Völkermord beziehungsweise den Kriegen in Ruanda und Sierra Leone horizontal zwischen Bürgern statt.

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Duthie 2008, S. 304. GTZ 2009, S. 8. Arbour 2006, S. 11. Arbour 2006, S. 9.

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Südafrika Das Apartheid-System Südafrikas (1948-1990) beruhte auf einer rechtlich durchgesetzten Segregation der ‚Rassen‘ des Landes. Der institutionalisierte Rassismus entledigte die schwarze Bevölkerung sowohl ihrer politischen Rechte und Bürgerrechte als auch ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, zum Beispiel durch die Einrichtung von getrennten öffentlichen Institutionen wie Schulen und Gesundheitszentren, die den Standards der Weißen weit unterlegen waren. Jeglicher Widerstand innerhalb des Landes wurde mit Polizeigewalt niedergeschlagen und Verhaftungen, Folter und außergerichtliche Hinrichtungen sowie sexualisierte Gewalt waren üblich. Oppositionelle Gruppen wie der African National Congress (ANC) waren verboten und Meinungsfreiheit limitiert. Im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu Ausschreitungen und Kämpfen zwischen Polizei und Demonstranten sowie zu Folter und extralegalen Hinrichtungen vonseiten der Sicherheitskräfte beziehungsweise zu Anschlägen vonseiten der Befreiungsbewegungen. Dass Anfang der 1990er das Apartheidsregime gewaltfrei durch intensive Verhandlungen zu Ende ging, war für alle Beobachter und Beobachterinnen ein kleines Wunder. Um nach den ersten freien Wahlen 1994 die prekäre Situation im Lande nicht zu gefährden, wurde die Truth and Reconciliation Commission (TRC, 1995-2002)19 mit dem Ziel ins Leben gerufen, politisch motivierte Verbrechen während der Apartheid-Ära zu untersuchen und zu nationaler Versöhnung beizutragen. Dies bezog sich sowohl auf die Verbrechen des Staates und seiner Sicherheitskräfte als auch auf die der Befreiungsbewegungen. Im Falle eines vollen Schuldeingeständnisses war die TRC in der Lage, Tätern Straffreiheit zu gewähren. Apartheid und ihre Folgen Rassentrennung ist eine Politik, die gezielt Teile der Bevölkerung ausgrenzt, marginalisiert und diskriminiert. Rechtlich in den Staat verankert basiert sie auf der Superiorität einer Identitätsgruppe – Weiße im Fall Südafrikas –, die sich als herrschende Rasse postulieren und die vermeidlich Unterlegenen nicht nur ihrer politischen und bürgerlichen Rechte entledigen und ihren Zugang zu öffentlichen Gütern und Leistungen restriktieren, sondern diese auch gezielt ausbeuten. In Südafrika manifestierte sich dies unter anderem im beschränkten Zugang zu Bildungseinrichtungen und dem Gesundheitswesen, inadäquaten Wohnzuständen, Ausbeutung billiger Arbeitskräfte, Wanderarbeit und damit 19

Gemäß ihrem ursprünglichen Mandat hätte die TRC bereits 1996 abgeschlossen werden sollen, wurde allerdings aufgrund ihres hohen Arbeitsaufwands bis 2002 verlängert.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA einhergehender zerrütteter Familien- und Gemeindebeziehungen. Die ab 1948 regierende National Party formalisierte und erweiterte die Segregationspolitik, die weniger formell bereits während des Kolonialismus existierte.20 So wurde die Bevölkerung gemäß ihrer ‚Rasse‘ in ‚schwarz‘,‘ weiß‘, ‚farbig‘ und ‚gelb‘ unterteilt. Ab 1958 wurde Schwarzen ihre Staatsbürgerschaft entzogen und zu Bürgern eines der zehn Homelands, so genannte Bantustans, degradiert, in die sie oft zwangsumgesiedelt wurden. Zudem stützte sich Apartheid auf umfassende Ausbeutungs- und Gewaltverhältnisse auf den Farmen der Weißen, die Normen und Herrschaftspraktiken wie Auspeitschen junger Farmarbeiter und Vergewaltigung von Farmarbeiterinnen etablierten, so dass physische Gewalt an Individuen einen elementaren Grundstein bildete.21 Nach langen Verhandlungen sowie nationalem und internationalem Druck fand das Apartheidsregime Anfang der 1990er Jahre ein Ende. Da die Rassentrennungspolitik zur extremen Verarmung der schwarzen Bevölkerung geführt hatte, war die Hoffnung groß, dass sich ihre desolate Situation verbessern würde. Dies ist bis dato nur mäßig und punktuell geschehen und führt zu Frustration unter denen, die von der Freiheit nicht materiell profitieren.22 Zusätzlich zum Versäumnis, soziale Ungerechtigkeit und WSK-Rechte im Aufarbeitungsprozess zu thematisieren, wie im Folgenden beschrieben, hat die Wirtschaftspolitik des neuen Südafrikas einen negativen Einfluss auf gerechte Verteilung. Es wird argumentiert, dass „the results of this policy made victims of apartheid into victims of neoliberalism“.23 Auch Reparationen führten nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der ärmsten schwarzen Bevölkerungsschichten. Das Beispiel des Opferverbands Khulumani Support Group, dessen Mitglieder bei einem Bundesbezirksgericht in New York eine Sammelklage wegen Beihilfe zu schweren Menschenrechtsverbrechen gegen Unternehmen erhoben, die vom rassistischen Apartheidregime ökonomisch profitiert haben, steht hier stellvertretend für die Bemühung vieler, zu ihrem Recht zu kommen.24 Des Weiteren empfahl die TRC zwar, dass der Privatsektor eine einmalige Zahlung von einem Prozent seines Börsenwerts als Entschädigung für das Ausnutzen von billigen Lohnkräften entrichte, konnte dies aber nicht durchsetzen.25 Nichtsdestotrotz wurde ein privatwirtschaftlicher Business Trust eingerichtet, der besonders 20 21 22 23 24

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Schäfer i.E.. Schäfer i.E.. Saul 2001, S. 455. Siehe auch Miller 2008, S. 284. Laplante 2008, S. 338. Dies inkludiert auch die deutschen Unternehmen Rheinmetall und Daimler. http:// www.medico.de. Roth-Arriaza / Orlovsky 2009, S. 201.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH verarmte Gemeinden finanziell unterstützt, ohne dies jedoch als Reparationen zu bezeichnen. Transitional Justice in Südafrika Neben anderen Transitional Justice Mechanismen war die TRC zweifelsohne Südafrikas prominenteste und umfangreichste Maßnahme und setzte weltweit den Ton für nachfolgende Aufarbeitungsbemühungen. In ihrer Amtszeit hörte die Kommission ungefähr 21.000 Zeugen an, wovon 2.000 öffentlich aussagten.26 Insgesamt wurden 7.112 Anträge auf Amnestie gestellt, wovon 846 angenommen und 5.392 abgelehnt wurden; alle übrigen wurden zurückgezogen. Der 3.500 Seiten umfassenden Abschlussberichts widmet sich dem strukturellen und historischen Hintergrund der Gewalt, beschreibt Einzelfälle, regionale Trends sowie das weitere institutionelle und soziale Umfeld der Apartheid. Er schließt mit einer Reihe von Empfehlungen für die neue Regierung und das neue Südafrika, einschließlich detaillierter Empfehlungen bezüglich eines Reparationsprogrammes, wie finanzielle, symbolische und gemeinschaftliche Wiedergutmachung, Reformation der Gesellschaft und des politischen Systems unter Einbeziehung von Glaubensgruppen, der Wirtschaft, des Justizapparats, der Gefängnisse, der Streitkräfte, des Gesundheitswesens sowie der Medien und Bildungsstäten im Versöhnungsprozess. Letztlich empfiehlt die Kommission, dass in Fällen der abgelehnten Amnestie Strafverfolgung vollzogen werden sollte.27 Vor allem die körperliche Gewalt an Individuen wurde zum zentralen Gegenstand der Transitional Justice durch die TRC. Obgleich ihr Statut kontextuelle Untersuchungen über Ursprung und Dynamiken von Apartheid ermöglichte, widmete sich die Kommission recht schnell nur einem Gegenstand: massiven Menschenrechtsverletzungen, die als physische Misshandlung definiert wurden.28 Dieser Fokus auf politische und Bürgerrechte exkludierte Aspekte, wie soziale Gerechtigkeit, ökonomische Verteilung und einen systematischen Prozess der Delegitimierung der Apartheid. In anderen Worten, die TRC reduzierte Apartheid von einer Beziehung zwischen dem Staat und gesellschaftlichen Gruppen zu einer, zwischen Staat und Individuen.29 Doch war gerade die Diskriminierung von ganzen Gruppen ein entscheidendes Merkmal der Rassentrennung, die bei der Aufarbeitung entsprechend berücksichtigt werden muss. Durch die Limitierung auf individuelle Gewaltverbrechen in der Arbeit der TRC wurde versäumt, strukturelle Gewalt an und ökonomische Diskrimi26 27 28 29

USIP, Truth Commission: South Africa. www.usip.org. USIP, Truth Commission: South Africa. www.usip.org. Miller 2008, S. 277. Mamdani 1997, S. 33-34.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA nierung von Gruppen sowie rassenabhängige Privilegien als zentrale Elemente der Apartheid zu beleuchten; weder strukturelle Gewalt noch WSK-Rechte waren Gegenstand der Verfahren. Die TRC nahm zwar Bezug auf die Verantwortung des Kolonialismus und die sekretorische Politik der National Party – und die Kommission widmete einen Tag Anhörungen für die Rolle der Wirtschaft –, doch erlaubte Zeitmangel und der begrenzte Fokus der TRC auf individuelle Rechte keine grundlegende Aufarbeitung dieser gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte. Nichtsdestotrotz beinhaltet der Abschlussbericht ein Kapitel zu Arbeitsverhältnissen und der Ausbeutung von Billiglohnkräften.30 Landfragen klammerte die TRC bewusst aus.31 Transitional Justice und Entwicklung in Südafrika Zusammenfassend lässt sich argumentieren, dass der politische Kompromiss im fragilen Südafrika nach denWahlen von 1994 sowie das Postulat nationaler Versöhnung und Demokratisierung Bestrebungen unterminierten, soziale und ökonomische Ungleichheit gezielt aufzuarbeiten. Mit Abschluss der TRC kam das Kapitel Vergangenheitsarbeit auf der nationalen Ebene offiziell zum Ende, so dass die langjährigen Strukturen von Diskriminierung und Marginalisierung und die damit einhergehende mangelnde Entwicklung im Umfeld vieler schwarzer Südafrikaner unberücksichtigt und damit unverändert bleiben. Um zu den eingangs aufgeworfenen Fragen bezüglich der Verknüpfung von Transitional Justice und Entwicklung zurückzukommen, lässt sich für Südafrika festhalten, dass die Rassentrennung zu extremen Entwicklungsdefiziten unter den ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen führte und ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte stark beschnitt. Diese zentrale Funktion von Apartheid – neben der Ahndung von politischen und Bürgerrechten – nicht zum Gegenstand der TRC zu machen kann als signifikantes Defizit der Institution gewertet werden. Eng damit verknüpft ist die Frage der Konfliktursachen, die deutliche Merkmale struktureller Gewalt und der vorsätzlichen Marginalisierung einer Bevölkerungsschicht aufweisen. Hier versäumte die Transitional Justice Maßnahme TRC ‚Justice‘ zu schaffen. Der Stand von Entwicklung und Sicherheit 16 Jahre nach Ende der Apartheid, um auf die dritte Frage einzugehen, ist nach wie vor für große, vor allem schwarze Teile der Bevölkerung betrübend. Hier ist jedoch nicht das ehemalige Regime zur Verantwortung zu ziehen, da sich die Machtverhältnisse im Lande des ANCs gewandelt haben, sondern die Demokratisierungs- und Liberalisierungspolitik der gegenwärtigen Regierung. Obgleich Gewalt nur noch gelegentlich rassistisch motiviert ist, verfügt Südafrika heute über eine der höchsten kriminellen 30 31

Harwell / Le Billon 2009, S. 302. Huggins 2009, S. 306.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH Gewaltraten weltweit, was die Frage aufwirft, wohin sich die ‚Transition‘ der Transitional Justice bewegt hat.

Ruanda Mit dem Einmarsch der Tutsi geführten Rwandan Patriotic Front (RPF) in Ruanda im Jahre 1990 begann ein Bürgerkrieg zwischen Exil-Tutsi und der ruandischen Regierungsarmee, der nach vier Jahren in einen Völkermord mündete. Ab April 1994 wurden innerhalb von nur 100 Tagen nach gemäßigten Schätzungen 800.000 Tutsi und moderate Hutu ermordet. Die RPF beendete schließlich sowohl den Bürgerkrieg als auch den Genozid militärisch. Angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen während des Völkermords wurden in Ruanda weitreichende Maßnahmen im Bereich von Transitional Justice eingeleitet. Insbesondere das International Criminal Tribunal for Rwanda (ICTR), mit Sitz im tansanischen Arusha, und die lokalen Dorftribunale Gacaca stechen hervor, die im Kontext dieses Artikels analysiert werden sollen. Neben diesen prominenten TJ-Maßnahmen wurden weiterhin zahlreiche kleinere Projekte im Rahmen von Traumabearbeitung, Opferhilfen und Erinnerungsstätten durchgeführt sowie eine Nationale Einheits- und Versöhnungskommission eingerichtet.32 Der Völkermord und seine Folgen Der Genozid in Ruanda war das Ergebnis eines langen sozialen und politischen Prozesses der Politisierung ethnischer Zugehörigkeit. Während der Kolonialisierung durch Deutschland und Belgien, und der durch sie eingeführten indirekten Regierung, wurden Tutsi systematisch und strukturell bevorzugt. Bereits vor der Ankunft der kolonialen Mächte gab es horizontale Ungleichheiten zwischen Hutu und Tutsi, basierend auf Landbesitz und Feudalismus, obgleich umstritten ist, ob alle Tutsi oder nur die damals herrschende Tutsi-Monarchie davon profitierten.33 Nichtsdestotrotz führte die privilegierte Stellung von Tutsi bezüglich Macht- und Landverteilung im Jahre 1959 zur so genannten ‚Sozialen Revolution‘ (in der sich Hutu gegen die Dominanz der Tutsi und der kolonialen Herrscher auflehnten), zum ersten Pogrom gegen Tutsi und der Flucht vieler in die Diaspora sowie zu einer Umkehrung der Machtverhältnisse

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Neben dem ICTR und den Gacaca Tribunalen könnte auch die Nationale Einheitund Versöhnungskommission im Rahmen dieses Artikels berücksichtigt werden. Wir haben uns dagegen entschieden, da die Kommission in erster Linie Nationsbildung und keine Aufarbeitung betreibt. Siehe Buckley-Zistel 2006. Prunier 1995, S. 6; Uvin 1998, S. 13; Pottier 2002, S. 13-14.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA zugunsten der Hutu, die sich erst durch die Beendigung des Völkermords 1994 wieder wandeln sollte. Die folgende erste Hutu-Republik (1962-1973) unter Gregoire Kayibanda legte Ethnizität als wesentliches Systemmerkmal fest und Diskriminierung von Tutsi war weit verbreitet. Mit der zweiten Hutu-Republik (1973-1993) unter Juvénal Habyarimana wurden die ethnischen Hierarchien zumindest bis Anfang der 1990er Jahre relativiert, wenn auch nicht aufgehoben, und durch ein Quotensystem ersetzt. Erst im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs ab Mitte der 1980er Jahre und des Einmarsches der sich aus Diasporavertretern rekurrierenden Tutsi-Rebellenarmee 1990 sowie des von außen aufgezwungenen Demokratisierungs- und Liberalisierungsprozesses Anfang der 1990er Jahre wurde Ethnizität wieder zum zentralen Faktor für die Mobilisierung der Bevölkerung und später Gegenstand der Legitimationsrhetorik des Genozids. Im Vorfeld des Völkermords und im Zuge des Bürgerkrieges wurde die Angst vor einer erneuten Dominanz der Tutsi und der Ausbeutung der Hutu im Falle eines Sieges der einmarschierten Tutsi-Milizen seitens der Regierung bei der Bevölkerung geschürt.34 Der Rekurs auf vergangene, politische, soziale und ökonomische Marginalisierung der Hutu stellte somit ein geeignetes Propagandainstrument für die Ausrottung der Tutsi dar, obgleich Hutu bis dato über 30 Jahre lang von dem System in Ruanda profitierten hatten. Landknappheit, Armut und Deprivation lieferten einen fruchtbaren Boden für die Mobilisierung der Bevölkerung entlang ethnischer Linien und wurden dahin gehend von der politischen Elite manipuliert.35 Obgleich der Genozid im Kontext gravierender Armut stattfand, bildete die Aussicht auf Aneignung von Besitz und Boden nur einen bedingten Anreiz für die Beteiligung an den Massakern.36 Wenn sich Hutu nach den Massakern das Land ihrer Nachbarn aneigneten, war weniger ‚Beute‘ ein Beweggrund, sondern das Nutzen einer opportunen Gelegenheit. So wurde die Aussicht auf Landgewinn durch die Ermordung von Nachbarn von Obrigkeiten bewusst als Lockmittel für die Beteiligung an den Tötungen eingesetzt.37 Zudem wurden politische Führer auf der Kommunalebene oftmals mit Land für ihre „Arbeit“, ein Euphemismus für Töten, belohnt.38 Doch belegen viele Studien, dass vor allem interner Gruppenzwang, Gehorsam gegenüber den Obrigkeiten sowie

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Musahara / Huggins 2005, S. 276. Uvin 2001, S. 79-81; Mamdani 2001. Straus 2008, S. 136-139. De Forges 2002, S. 236-239. Musahara / Huggins 2005, S. 253-256.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH Angst vor dem Einmarsch der RPF Menschen zum Töten von Tutsi bewogen haben.39 Als Folge der Gewalterfahrung des Genozids hat Ruanda mit einer tiefer sozialen Spaltung und Misstrauen zu kämpfen. Auch Landknappheit und Armut haben sich nach dem Völkermord weiter verschlimmert. Durch die Rückkehr großer Teile der Tutsi-Diaspora, die im Zuge der ‚Sozialen Revolution‘ das Land verlassen hatte, sowie der Rückkehr der vor den Tutsi-Milizen geflohenen Hutu – unter ihnen viele, die an Tötungen während des Völkermords beteiligt waren – ist Landbesitz zu einem virulenten Problem in der ruandischen Gesellschaft geworden.40 Obgleich Landverteilung und Erbrecht vor allem innerhalb von Familien zu Konflikten führt, nimmt es in Ruanda auch eine ethnische Dimension an, etwa durch die Privilegierung der ‚Opfergruppe‘ und Diasporarückkehrer, also der Tutsi, durch die Regierung im Rahmen des Verdörflichungs- und Umsiedlungsprogrammes Imidugudu.41 Weiterhin befinden sich signifikante Teile des Landes in Händen einer kleinen politischen und ökonomischen (Tutsi-)Elite, womit die diskriminierende Landpolitik weiter betrieben und Nahrungsunsicherheit sowie Armut aufseiten der armen ländlichen Bevölkerung verstärkt wird.42 So ist denn auch Umfragen zufolge rund die Hälfte aller Gewaltformen im postgenozidalen Ruanda mit Armut verbunden, obgleich sich diese nicht entlang ethnischer Linien messen lässt. Nichtsdestotrotz betont die Nationale Einheits- und Versöhnungskommission, dass „poverty stands finally to an obstacle to the unity and reconciliation of the Rwandans [...]”.43 Transitional Justice in Ruanda Im heutigen Ruanda und im Großteil der Literatur wird der Völkermord hauptsächlich unter Rekurs auf Ethnizität erklärt und Fragen bezüglich Entwicklungsaspekte, zum Beispiel Land- und Ressourcenverteilung, werden strikt von der Aufarbeitung der Vergangenheit getrennt. Dies schlägt sich auch in der Ausrichtung der Transitional Justice Maßnahmen nieder. So adressiert der ICTR gemäß Konventionen im Völkerrecht, und ähnlich andere internationale Strafgerichtshöfe, keine WSK-Rechte, sondern konzentriert sich auf Vergehen von Individuen an politischen und bürgerlichen Rechten. Bis März dieses Jahres hat der ICTR rund 50 Fälle abgeschlossen, 24 befinden sich noch im Verfahren und zwei weitere Prozesse werden voraussichtlich noch dieses Jahr 39 40 41 42 43

Straus 2008, S. 136-239, S. 149, S. 155; Hatzfeld 2004. Wyss 2006, S. 14-15; Pottier 2004, S. 186-189. Human Rights Watch 2001; Miller 2007, S. 27. Wyss 2006, 17-18. NURC 2008, S. 131.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA beginnen.44 Gemäß der Beendigungsstrategie des Tribunals soll die gesamte Arbeit bis Ende dieses Jahres abgeschlossen werden; dies ist aber angesichts der noch zahlreichen zu behandelnden Fälle äußerst unwahrscheinlich.45 Es ist zudem anzumerken, dass der ICTR ausgesprochen teuer ist und sich die Frage aufdrängt, ob die internationalen Mittel keine bessere Verwertung im extrem verarmten Ruanda gefunden hätten.46 Seit seiner Gründung 1994 haben Geberländer rund 1.1 Billionen Dollar in den ICTR investiert.47 Im Gegensatz dazu widmen sich die Gacaca-Gericht ökonomischen Verbrechen während des Genozids, wenn auch nur am Rande. Die Dorfgerichte wurden 2002 auf Basis von in der ruandischen Kultur etablierten Schlichtungsmechanismen eingerichtet, mit dem Ziel, Gefängnisse und nationale Gerichte zu entlasten, da diese vor der schier unmöglichen Aufgabe standen, Tausende von Fällen zu verhandeln.48 Zudem sollen sie zur Wahrheitsfindung sowie langfristig zur nationalen Aussöhnung beitragen.49 Mit dem Gacaca-Gesetz von 2001 wurde erlassen, dass nur Täter bestimmter Kategorien – das heißt bei den Vergehen Mord und Eigentumsdelikt – in die Gerichtsbarkeit der Gacaca-Gerichte fallen, während sich Anführer und Drahtzieher vor nationalen Gerichten verantworten müssen. Eigentumsdelikte, die während des Genozids verübt wurden, werden demnach explizit geahndet. Die Gacaca-Gerichte stellen Listen von Opfern zusammen, die materielle Verluste zu beklagen haben oder durch körperliche Verletzungen an der Ausübung ökonomischer Tätigkeiten gehindert sind.50 Im Rahmen der Gacaca-Urteile werden somit Reparationszahlungen eingebunden, die sich hier nicht in Form von Finanz-, sondern von Arbeitsleistung auf dem Feld oder für die Gemeinschaft materialisieren.51 Kritisch an dieser Form von Kompensation ist allerdings, dass für die Haushalte der Täter Arbeitskraft verloren geht, was ökonomische Folgen mit sich bringt. Dies trifft in gleichem Maße auf das Wirken der Gacaca-Gerichte zu, die ei44 45 46 47 48 49 50

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ICTR 2010. UN Sicherheitsrat 2009. Des Forges / Longman 2006, S. 54; De Greiff 2009, S. 30. De Greiff 2009, S. 64. Karekezi / Nshimiyimana / Mutamba 2004, S. 72; Buckley-Zistel 2005, S.116. National Service of Gacaca Jurisdictions 2010. § 40 Organic Law setting up “Gacaca Jurisdictions” and organising prosecutions for offences constituting the crime of genocide and other crimes against humanity, committed between October 1, 1990 and December 31, 1994 . §16 Organic Law establishing the organization, competence and functioning of Gacaca courts charged with prosecuting and trying of the perpetrators of the crime of genocide and other crimes against humanity, committed between October 1, 1990 and December 31, 1994.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH gentlich die Zahl der Inhaftierten reduzieren sollten, diese allerdings deutlich erhöhten, wodurch noch mehr Hutu-Haushalte ohne Arbeitskraft auskommen müssen.52 Was die ruandische Regierung betrifft, so hat diese es bisher abgelehnt, selbst Reparationszahlungen an Opfer zu leisten, da sie sich als Befreier ansieht und nicht für die Verbrechen des Vorgängerregimes einstehen möchte. Transitional Justice und Entwicklung in Ruanda Bezogen auf die eingangs aufgeworfenen Fragen lässt sich für Ruanda konstatieren, dass strukturelle Gewalt keine direkte Konfliktursache des Völkermords war. Zwar wurde in den Hetzkampagnen im Vorfeld des Völkermords Diskriminierung und Ausgrenzung der Hutu vonseiten der Tutsi propagiert und entsprechend Angst geschürt, doch hatten die Hutu bis dato seit über 30 Jahren die Politik des Landes bestimmt und über weite Zeiträume Tutsi marginalisiert. Ähnlich verhält es sich auch mit dem zweiten Aspekt: Da Eigentumsdelikte als WSK-Verbrechen eher eine Begleiterscheinung der Gewalt als eine systematische Strategie des Völkermords waren, ist ihre Ahndung von geringer Relevanz für den Transitional Justice Prozess. In den Gacaca-Gerichten werden diese zwar beachtet, spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Letztlich ist zu fragen, inwiefern mithilfe der TJ Maßnahmen das Ziel der nationalen Versöhnung erreicht und dem stärkeren Vertrauen in politische Institutionen Vorschub geleistet werden konnte, wie eingangs als Grundbedingung für eine sich verbessernde Entwicklung aufgeführt.53 In der Tat ist die direkte Wirkung der Maßnahmen, und hier vor allem der Gacaca-Gerichte, eher kontraproduktiv, da sie das Vermächtnis des Völkermords vor allem auf ländlicher Ebene wieder an die Oberfläche bringen, alte Wunden öffnen und es im Rahmen der Anhörungen sogar wieder zu ersten Gewalttaten an Tutsi kam.54 Anstelle von verbesserter Sicherheit führt dies vielerorts zum Gegenteil und bedingt, dass das Vertrauen in Staat und Institutionen als Garanten für zukünftige Entwicklung eher mäßig bleibt.55

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Buckley-Zistel 2005, S. 121. Zur Kitik an den Gacaca-Gerichten vgl. ausführlicher unter anderem Karekenzi / Nshimiyimana / Mutamba 2006. Buckley-Zistel 2005, S. 9. Dies kann allerdings nicht losgelöst von der gegenwärtigen politischen Situation des Landes betrachtet werden, was jedoch den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.

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Sierra Leone Der Bürgerkrieg in Sierra Leone brach im Jahre 1991 mit der Invasion von der Revolutionary United Front in den Osten des Landes aus. Die folgenden 11 Jahre waren gezeichnet von Phasen intensiver Gewalt gegen die Bevölkerung, ausgeübt von verschiedenen Konfliktparteien, inklusive der Sierra Leonischen Armee. Dabei wurden etwa 50,000 Menschen getötet und mehr als die Hälfte der Bürger zeitweise vertrieben. Neben Tötungen verstümmelten die Kampfgruppen Zivilisten durch das Abtrennen von Gliedmaßen; Rekrutierungen von Kindersoldaten und -soldatinnen sowie sexualisierte Gewalt ergänzten das Bild. Die zwei prominentesten Transitional Justice Institutionen in Sierra Leone waren die Sierra Leone Truth and Reconiciliation Commission (SLTRC), welche in den Jahren 2003 und 2004 landesweite Anhörungen durchführte, und das Special Court for Sierra Leone (SCSL), ein hybrides Tribunal, was von 2002 bis 2009 operierte und insgesamt 13 Anklagen erhob. Die Mandate beider Institutionen berücksichtigten explizit sozio-ökonomische Aspekte. So war ein Ziel der SLTRC die vollständige Wahrheit über die Kriegsursachen aufzudecken und auch ökonomische Aspekte der Kriegführung zu beleuchten,56 während das Mandat des SCSL den Tatbestand ‚Plünderung’ ebenso wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit umfasste.57 Sierra Leone unterscheidet sich daher von den anderen beiden Fällen dieses Artikels, da hier soziale und ökonomische Aspekte des Krieges im Rahmen von TJ direkt und gezielt geahndet wurden.58 Der Krieg und seine Folgen Der Krieg in Sierra Leone begann, als die Rebellen der Revolutionary United Front (RUF) 1991 aus Liberia in den Osten des Landes vordrangen und Dörfer in ihre Gewalt brachten. Ihr Ziel war es, eine Regierung zu stürzen, die sich an Ressourcen bereicherte und der Bevölkerung jede wirtschaftliche Entwicklung entsagte. Tatsächlich hatte die damalige Regierungspartei die Wirtschaft des Landes in ein patrimonialistisches System umgewandelt, in dem wenige Privilegierte Zugang zu den Reichtümern des Landes hatten. Öffentliche Institutionen, wie Schulen und Krankenhäuser wurden vernachlässigt, bis sie funktionsunfähig waren, und auch die Infrastruktur verwahrloste beträchtlich.

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Truth and Reconciliation Commission of Sierra Leone 2004a, S. 37. Statute of the Special Court for Sierra Leone, Art. 3, siehe auch Carranza 2008, S. 325. Duthie 2008, S. 301-304.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH Doch die Leidtragende des Konflikts sollte die Bevölkerung werden. Kurz nach Beginn des Krieges wandten sich die RUF Truppen brutal gegen Zivilisten, plünderten und zerstörten Häuser und zwangsrekrutierten Kinder und Jugendliche. Im Verlauf des Krieges wurden die Übergriffe brutaler; Menschen wurden die Arme, Hände oder Finger amputiert oder sie wurden erschossen. Gegen die Rebellen kämpfte eine unterbezahlte und von Korruption geschwächte Armee, später auch die Civil Defense Force (CDF), die sich aus Männern, die zuvor die Dörfer verteidigten, sowie Ex-Rebellen unter der Anleitung der Armee organisiert hatte. Sowohl die Sierra Leonische Armee als auch die CDF Truppen übten nach einiger Zeit die gleichen Grausamkeiten wie die RUF aus, so dass Bürger nicht mehr zwischen den verschiedenen Gruppen unterscheiden konnten. Die Rebellen sowie die Armee splitteten sich im Verlauf des Krieges in rivalisierende Gruppen und führten zu einem Kriegsbild, das aus einer Vielzahl von Kampftruppen zusammengesetzt war, die selten gegeneinander kämpften, sondern sich regelmäßig an der Bevölkerung vergingen. Nach einer besonders brutalen Attacke der Rebellen auf Freetown wurden britische und UN Friedenstruppen eingesetzt, bis es schließlich im Jahr 2002 zu einem Friedensvertrag kam. Die Ursachen des Krieges in Sierra Leone zu benennen ist ein schwieriges Unterfangen. Von einigen, vor allem in der Zeit kurz nach dem Friedensvertrag, wurde er als Ressourcenkrieg bezeichnet, da es sich bei den meisten direkten Kämpfen zwischen den Konfliktparteien um die Eroberung bodenschatzreicher Gebiete handelte. So argumentierte beispielsweise der Hauptankläger des SCSL, David Crane (2002-2005), dass Diamanten die eigentliche Ursache des Krieges seien.59 Doch diese einfache Erklärung verdeckt die wahren Probleme der Vorkriegszeit, was sich in Argumenten einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen über die möglichen Ursachen des Krieges widerspiegelt.60 Auch der Bericht der Wahrheitskommission konstatiert: “The nature of the conflict is better understood in terms of its complexities and ambiguities than through the lens of any single, defining cause of ill intent”.61 Am stärksten hervorzuheben wären hier erstens die heruntergekommene Wirtschaft und Infrastruktur des Landes durch jahrelange Vernachlässigung der Regierung; zweitens die de facto Alleinherrschaft einer kleine Elite (die sich aus Politikern und oft ausländischen Unternehmern zusammensetzte) über die Ressourcen des Landes; 59

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„This civil war wasn’t caused by a political vision or for religious reasons or for ethnic reasons – not that that excuses war crimes or crimes against humanity. This was done for pure greed. This was done to control a commodity, and that commodity was diamonds.” www.pbs.org 2003. Vgl. unter anderem Keen 2005; Reno 2003; Fanthorpe 2001; Richards 1996. Truth and Reconciliation Commission of Sierra Leone 2004c, S. 466.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA drittens eine Politik, die durch Patronage und Korruption sowie Intoleranz gegenüber oppositionellen Bewegungen charakterisiert war; und schließlich eine ausgegrenzte Jugend, vor allem junge Männer, die keine Perspektiven mehr sah. Diese Auflistung soll keineswegs vollständig wirken, sondern das komplexe Gefüge vor dem Krieg hervorheben.62 Die Situation in Sierra Leone hat sich nach dem Ende des Bürgerkriegs zwar stabilisiert, doch bleibt ein wirtschaftlicher Aufschwung aus. Einige Infrastrukturen wurden aufgebaut; die ohnehin schwache Wirtschaft wird jedoch durch Korruption, Vetternwirtschaft, politische Machtkämpfe und Schmuggel weiter behindert. Dies hat eine hohe Arbeitslosigkeit zur Folge, welche von der Bevölkerung und auch den Ex-Kombattanten als gravierendes Problem für die Zukunft des Landes gesehen wird.63 Transitional Justice in Sierra Leone Wie eingangs bereits erwähnt, beschäftigen sich die zwei prominentesten Transitional Justice Maßnahmen in Sierra Leone direkt mit sozio-ökonomischen Ursachen und Folgen des Krieges, nicht zuletzt weil sie von den Erfahrungen mit ähnlichen Maßnahmen in anderen Nachkriegskontexten profitierten. So dokumentiert der SLTRC Bericht explizit ökonomische Verbrechen, vor allem Diebstahl und Zerstören von Besitz sowie Raub.64 Des Weiteren spricht sich die Kommission für Reparationszahlungen an „Amputierte“ vonseiten der Regierung aus, da sie nicht mehr für sich selbst sorgen können. In der Konfliktanalyse des Abschlussberichts wird konkret die Rolle von Ressourcen im Krieg aufgezeigt, wie der (illegale) Handel mit Mineralressourcen, insbesondere Diamanten, der RUF und der Armee ein Einkommen bot. Jedoch distanziert sich die SLTRC von der Annahme, der Krieg sei aufgrund von Ressourcen entstanden oder habe sich nur aufgrund ihrer Ausbeutung verlängert. Eher noch wird die Rolle der Ressourcen für die unrechtmäßige Bereicherung früherer Regierungen hervorgehoben, die dieses Klima durch Schmuggel und Korruption noch förderten.65 Die Wahrheitskommission SLTRC hat zwar in vielerlei Hinsicht aus den Fehlern anderer Transitional Justice Maßnahmen gelernt, ihr wurde aber von der Bevölkerung wenig Wirkung zugeschrieben. So hinterließen die SLTRC Anhörungen vielerorts ein unzufriedenes Gefühl, da viele Betroffene sich materielle Hilfe versprochen hatten, was sich häufig in Kommentaren während 62 63 64 65

Keen 2005; Reno 2003; Fanthorpe 2001; Richards 1996. International Crisis Group 2008. Truth and Reconciliation Commission of Sierra Leone 2004c, S. 489-491. Truth and Reconciliation Commission of Sierra Leone 2004d, S. 4-21; siehe auch International Justice Tribune 2004.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH der Vernehmungen ausdrückte, dass “Aussprechen” nichts nütze, wenn es keine ökonomische Verbesserung mit sich brächte.66 Das Mandat des Tribunals SCSL umfasst ausdrücklich die Verurteilung des Tatbestandes der Plünderung. Dies bezieht sich vor allem auf den illegalen Schmuggel mit Diamanten, den die RUF, aber auch Teile der Armee während des Krieges betrieben haben. Die Aufnahme des ökonomischen Tatbestandes und somit die direkte Adressierung ökonomischer Aspekte im TJ Prozess ist hier sowohl relevant als auch sinnvoll. Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass neben den wenigen Verurteilungen von Einzelpersonen, die durch das SCSL ausgesprochen wurden, eine strukturelle Änderung stattfinden muss, wenn sich die sozio-ökonomischen Bedingungen, die den Krieg begünstigten, bessern sollen. Denn wie soll man den „Diebstahl“, der den einzelnen Kriegsteilnehmern angehaftet werden kann, vergleichen mit der konstanten, jahrzehntelangen und auch nach dem Krieg fortgeführten „Beraubung“ der Sierra Leoner durch die Elite?67 Die Arbeit des SCSL war, trotz der oben genannten positiven Komponente, in vieler Hinsicht problematisch und erschien der Bevölkerung willkürlich. Ähnlich internationalen Strafgerichtshöfen beschränkte sich das Gericht nur auf die Personen, die hauptverantwortlich für die gröbsten Verstöße gegen die Menschenrechte waren.68 So wurden fünf Anführer der RUF, zwei der CDF, und vier des Armed Forces Revolutionary Council69 sowie Charles Taylor angeklagt. Für die Bevölkerung war diese Selektion schwerlich nachzuvollziehen und so zeigten sich einige empört, dass Samuel Hinga Norman, der Kommandoführer der CDF Truppen, angeklagt wurde. Zwar war bekannt, dass auch diese Gruppen Verbrechen ausgeübt hatten, doch sympathisierten viele mit den CDF, die aus einem “noblen Grund” entstanden seien.70 Ferner wunderten sich viele, dass Hinga Norman angeklagt wurde, während Ahmad Tejan Kabbah (damals amtierender Präsident) sich nicht vor Gericht verantworten musste, wusste er doch von den Verbrechen, die diese Truppen begangen hatten.

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Kelsall 2005, S. 371; siehe auch Shaw 2007, S. 198, 205. Keen 2005, S. 8-35; International Crisis Group 2008. Statute of the Special Court for Sierra Leone, 2002, Art.1. Im Jahr 1997 putschten sich Mitglieder der Armee an die Macht und luden die RUF ein, mit ihnen zu regieren.. Dieses Bündnis nannte sich Armed Forces Revolutionary Council, wurde aber 1998 militärisch besiegt. www.irinnews.org 2004.

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA Transitional Justice und Entwicklung in Sierra Leone Da Sierra Leone, verglichen mit Südafrika und Ruanda, entwicklungsbezogene Aspekte direkt in den Prozess der Transitional Justice einbezog, stellt sich an dieser Stelle die Frage, mit welcher Wirkung dies geschah. Hat die Inklusion das Potenzial, zu struktureller, politischer und wirtschaftlicher Veränderung sowie zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beizutragen? Gemäß des SLTRC Berichts ist die Antwort eher negativ: “Corruption remains rampant and there is still no culture of tolerance in political discourse” und “the Commission did not perceive any sense of urgency among public officials to respond to the myriad of challenges facing the country”.71 Ähnlich beobachtet die International Crisis Group, dass die Nachkriegsregierungen große Schwierigkeiten bei der Eindämmung von Korruption hätten und sich politische Rivalitäten und Vetternwirtschaft nur noch verschlimmere.72 Zudem würde der Schmuggel von Diamanten durch die politischen Eliten weiterhin betrieben. Auch die Zahlung von Reparationen an Verwundete, Amputierte und vergewaltigte Frauen bleibt ungewiss.73 Obgleich es im Rahmen dieses Artikels nicht möglich ist, zu untersuchen, inwieweit die sierra-leonische Regierung den einzelnen Empfehlungen des Abschlussberichtes nachgegangen ist, wird deutlich, dass eine strukturelle Veränderung der Wirtschaft und Politik nicht stattgefunden hat. Obwohl die beiden Institutionen in Sierra Leone sozio-ökonomische Aspekte in die Transitional Justice Prozesse auf eine – ihre Mittel berücksichtigend – sinnvolle Weise einbezogen haben, zeigt dieser Fall die Grenzen von Transitional Justice. Die direkte Adressierung der sozio-ökonomischen Dimension des Konfliktes durch die analytische und umfassende Aufklärung des Konfliktes im SLTRC Abschlussbericht einerseits und der Einbezug ökonomischer Verbrechen im SCSL andererseits ist als positiv zu werten. Allerdings ändert diese Tatsache nicht, dass die TJ Institutionen skeptisch von der Bevölkerung betrachtet wurden und den Empfehlungen der TRC nicht in einem erkennbaren Maß nachgekommen. Letzteres ist vor allem durch fehlenden politischen Willen zu erklären, von welchem noch stets der „Erfolg“ der SLTRC abhängig ist. Schlussendlich hat sich an den strukturellen, sozio-ökonomischen Bedingungen, die den Konflikt begünstigten, wenig geändert, womit für viele Sierra Leoner der Mehrwert der TJ Maßnahmen von geringer Bedeutung ist.

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Truth and Reconciliation Commission of Sierra Leone 2004b, S.8 International Crisis Group 2008. International Justice Tribune 2004.

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Fazit: Transitional Justice und Entwicklung? Dieser Artikel hat gezeigt, ob und wie entwicklungsrelevante und sozio-ökonomische Aspekte in verschiedenen TJ Maßnahmen in drei Nachkriegsgesellschaften bearbeitet werden. Er ging der Frage nach, ob es sinnvoll ist, diese Aspekte in Transitional Justice einzubinden beziehungsweise sie anzusprechen. Die Analysen der Länder Südafrika, Ruanda und Sierra Leone haben verdeutlicht, dass dies von einer Vielzahl an Faktoren abhängt. Zu nennen sind hier vor allem Form und Verlauf des Konfliktes, der historische Kontext und die Motivation der Konfliktparteien sowie begünstigende wirtschaftliche Faktoren und Ressourcen, deren Ausbeutung für Konfliktparteien lukrativ werden kann. Gemäß dieser Aspekte ist die Aufarbeitung von struktureller Gewalt und Vergehen an WSK-Rechten in Südafrika und Sierra Leone von hoher Bedeutung, in Ruanda jedoch nicht. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Transitional Justice Institutionen über verschiedene Möglichkeiten, sozio-ökonomische Verbrechen zu adressieren oder hervorzuheben, verfügen. Zum einen können, je nach Art des Konfliktes, individuelle Verbrechen wie zum Beispiel Diebstahl oder Zerstörung von Eigentum gerichtlich verurteilt werden. Ruben Carranza hebt hervor, dass die Verfolgung ökonomischer Verbrechen schon allein daher sinnvoll scheint, da Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen ökonomischer Natur häufig miteinander verbunden sind beziehungsweise von denselben Personen zu verantworten sind.74 Dies zeigt sich im Falle des Sierra-Leonischen Tribunals, das ökonomische Verbrechen neben Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Tatbestand anführt. Ebenso hält die Wahrheitskommission in Sierra Leone fest, dass einzelnen Personen auch ökonomisch geschadet wurde, etwa durch Zerstörung von Häusern und Feldern und Raub von Eigentum. Traditionell inspirierte Tribunale, wie die Gacaca-Gerichte in Rwanda, können redistributiv wirken, indem sie den verursachten ökonomischen Schaden der Opfer durch einen Arbeitsdienst der Täter zu kompensieren versuchen. Zum anderen können die Institutionen, und hier im Besonderen Wahrheitskommissionen, auf die vielfältigen Ebenen eines Konflikts aufmerksam machen und idealerweise zum Handeln auffordern. So hat die südafrikanische TRC, obgleich sie letztlich nur politische Rechte und Bürgerrecht untersuchte, versucht, in einzelnen Sitzungen auf den strukturellen Charakter der Apartheid aufmerksamen zu machen. Ferner analysierte die Wahrheitskommission in Sierra Leone die Rolle von Unterentwicklung, Korruption und speziellen patrimonialistischen Strukturen vor dem Ausbruch des Krieges. Aus dieser

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TRANSITIONAL JUSTICE UND ENTWICKLUNG IN AFRIKA Perspektive beleuchtet ihr Bericht auch die Ursachen des Konfliktes sowie mögliche Motivationen der Konfliktparteien und kommt zu einem differenzierten Bild, welches strukturelle Probleme offen darlegt und der gegenwärtigen Regierung Handlung abverlangt. Während wir uns bisher auf drei Aspekte des Nexus TJ und Entwicklung konzentriert haben – strukturelle Gewalt, WSK-Recht sowie Sicherheit und Vertrauen –, die sich mit den direkten Folgen von Verbrechen und deren Aufarbeitung beschäftigen, möchten wir uns zum Schluss einem weiteren Argument widmen, das die Umverteilung von Wohlstand durch TJ propagiert. Hier ist TJ weniger eine Maßnahme der Vergangenheitsarbeit und des sozialen und politischen Wandels, sondern Motor von ökonomischem ‚Fortschritt‘. Denn, so argumentiert Zinaida Miller, a present without redistribution or a future inability to overcome longstanding national inequality would dilute the purposes and possible achievements of transitional justice institutions.75 Dies beruht auf der Annahme, dass Entwicklungsaspekte, wie die zukünftige Umverteilung von Land oder andere Formen des wirtschaftlichen Wandels, nicht von der Aufarbeitung der Vergangenheit getrennt werden können, da sie auch immer Gegenstand von politischen oder ethnischen Konfliktursachen seien. In den Worten Millers, „it suggests that inequality is a question of time or development rather than the entrenched ideology of elites“.76 Sie spricht sich daher für die Notwendigkeit aus, die Suche nach Gerechtigkeit nach extremer Gewalt mit Verteilungsgerechtigkeit zu verknüpfen. Diese Forderung ist kaum überraschend, impliziert der Begriff Transitional Justice nicht zuletzt eine Vorstellung von Fortschritt und Wandel, durch die repressive Ordnungen durch Demokratie und Marktwirtschaft abgelöst werden sollen.77 So argumentiert Christopher Colvin, beide Konzepte seien staatszentriert und betrachten die Nation als Wirkungsebene, die in Form von social engineering zu einer liberalen Gesellschaftsform gewandelt werden soll; zudem zeichneten sie sich durch ihre externe (sowohl im Sinn von international als auch von außerhalb der betroffenen Gemeinden), technokratische und topdown Form sowie ihren Projektcharakter aus.78 Trotz dieser Parallelen gäbe es jedoch signifikante Differenzen, die zu beachten seien. So richte sich TJ in erste Linie gegen kriminelle Vergehen und obgleich kollektive Belange in Er-

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Miller 2008, S. 267. Miller 2008, S. 268. Buckley-Zistel / Oettler 2010, i.E. Colvin 2008 S. 7, S. 10.

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SUSANNE BUCKLEY-ZISTEL / FRIEDERIKE MIETH / JULIA VIEBACH wägung gezogen werden, sei ihre Ausrichtung in erster Linie individuell.79 Des Weiteren seien die Gegenstände von Aufarbeitung in erster Linie Gewaltereignisse und nicht -strukturen. Im Gegensatz dazu sei Entwicklung zukunftsorientiert, bezöge sich auf kollektive, strukturelle Aspekte und verfolge das Ziel, die materielle und weniger die rechtliche und soziale Welt zu verändern.80 Ist es also sinnvoll, ökonomische Umverteilung unter der Überschrift Transitional Justice zu verhandeln? Hier möchten wir um Vorsicht bitten. Sowohl Transitional Justice als auch Entwicklungsförderung sind externe Interventionen in die Konstitution einer Gesellschaft (oder Gemeinschaft) und möchten diese nachhaltig prägen. Nichtsdestotrotz entsprechen sie nicht immer den Gegebenheiten und Bedürfnissen der Zielgruppe – und beziehen diese nur selten oder unzureichend in Planungsprozesse ein. Da sie in erster Linie ‚westlich‘ geprägte, liberale Konstrukte sind, ist zu überdenken, ob die ihnen zugrundeliegenden Normen dem lokalen Kontext gerecht werden. Obgleich diese Frage sich generell bei dem Konzept Transitional Justice (sowie Entwicklung) stellt und gestellt werden sollte, ist die Verknüpfung von TJ mit sozio-ökonomischen Entwicklungszielen ein noch tieferer Eingriff in die Strukturen einer Gesellschaft. Abschließend möchten wir daher die eingangs aufgeworfene Frage beantworten, indem wir uns für die Inklusion der Aufarbeitung von struktureller Gewalt und WSK-Verbrechen, das heißt den direkten Gewaltverbrechen und deren Aufarbeitung, aussprechen, sofern sie im Kontext eines Konfliktes relevant und im Rahmen der TJ-Maßnahmen möglich sind. Vor der Erweiterung des Konzepts hin zum Motor für sozio-ökonomischen Wandel möchten wir jedoch abraten.

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