Thrombozytenaggregationshemmer und Hemmer der plasmatischen Gerinnungsfaktoren

Diplomarbeit Thrombozytenaggregationshemmer und Hemmer der plasmatischen Gerinnungsfaktoren eingereicht von Dr. med. univ. Reinhold Fellner zur Er...
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Diplomarbeit

Thrombozytenaggregationshemmer und Hemmer der plasmatischen Gerinnungsfaktoren

eingereicht von

Dr. med. univ. Reinhold Fellner

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Zahnheilkunde (Dr. med. dent.)

an der

Medizinischen Universität Graz

ausgeführt am

Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie Unter der Anleitung von

Univ. Prof. Dr. med. Josef Donnerer

Graz, am 26.07.2016

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die benutzten Quellen wörtlich und inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Graz, am 26.07.2016

Dr. med. univ. Reinhold Fellner eh

I

Danksagung An diesem Punkt ist es an der Zeit all jenen zu danken, die mich während der letzten drei Jahre begleitet haben. Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. Donnerer für das Bereitstellen des Themas der Diplomarbeit und der freundlichen Hilfsbereitschaft, die er mir während der Verfassung dieser Arbeit entgegenbrachte. Mein besonderer Dank gilt meiner Mutter, ohne die ich nicht wäre wo ich heute bin, meinen Geschwistern die mir immer mit Rat und Tat zur Seite standen, meiner geliebten Frau, die meine Entscheidung zum Zahnstudium unterstützt hat und mich durch die letzten drei Jahre getragen hat. Zu guter Letzt meiner kleinen Tochter, die auch die düsterste Wolke vertreiben kann.

II

Abbildungsverzeichnis ABBILDUNG 2.1 ABLAUF DER THROMBOZYTENAKTIVIERUNG UND –AGGREGATION .................................... 3 (QUELLE: SCHMIDT THEWS, PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN, S. 428) ....................................................... 3 ABBILDUNG 2.2 SCHEMA DER BLUTGERINNUUNG; EXTRINSISCHER UND INTRINSISCHER W EG ................... 4 (QUELLE: SCHMIDT THEWS, PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN, S. 432) ....................................................... 4 ABBILDUNG 3.1 STRUKTURFORMEL ACETYLSALICYLSÄURE (QUELLE: W IKIPEDIA) .................................... 6 ABBILDUNG 3.2 STRUKTURFORMEL CLOPIDOGREL (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................ 9 ABBILDUNG 3.3 STRUKTURFORMEL PRASUGREL (QUELLE: W IKIPEDIA).................................................. 11 ABBILDUNG 3.4 STRUKTURFORMEL TICLOPIDIN (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................... 13 ABBILDUNG 3.5 STRUKTURFORMEL TICAGRELOR (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................. 14 ABBILDUNG 3.6 STRUKTURFORMEL EPTIFIBATID (QUELLE: W IKIPEDIA) .................................................. 17 ABBILDUNG 3.7 STRUKTURFORMEL TIROFIBAN (QUELLE: WIKIPEDIA) .................................................... 18 ABBILDUNG 3.8 STRUKTURFORMEL DIPYRIDAMOL (QUELLE: CHEMAXON, MARVINJS) ........................... 20 ABBILDUNG 3.9 STRUKTURFORMEL CILOSTAZOL (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................. 21 ABBILDUNG 3.10 DARSTELLUNG EINES TEILS DER STRUKTUR VON HEPARIN (QUELLE: W IKIPEDIA) ......... 22 ABBILDUNG 3.11 STRUKTURFORMEL FONDAPARINUX (QUELLE: W IKIPEDIA) .......................................... 26 ABBILDUNG 3.12 STRUKTURFORMEL DABIGATRAN ETEXILATE (QUELLE: W IKIPEDIA) ............................. 28 ABBILDUNG 3.13 STRUKTURFORMEL ARGATROBAN (QUELLE: W IKIPEDIA) ............................................ 30 ABBILDUNG 3.14 STRUKTURFORMEL BIVALIRUDIN (QUELLE: W IKIPEDIA) ............................................... 31 ABBILDUNG 3.15 STRUKTURFORMEL RIVAROXABAN (QUELLE: W IKIPEDIA) ............................................ 32 ABBILDUNG 3.16 STRUKTURFORMEL APIXABAN (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................... 34 ABBILDUNG 3.17 STRUKTURFORMEL EDOXABAN (QUELLE: W IKIPEDIA) ................................................. 35 ABBILDUNG 3.18 STRUKTURFORMEL W ARFARIN (QUELLE: W IKIPEDIA) .................................................. 36 ABBILDUNG 3.19 STRUKTURFORMEL PHENPROCOUMON (QUELLE: W IKIPEDIA) ...................................... 37 ABBILDUNG 3.20 STRUKTURFORMEL ACENOCOUMARON (QUELLE: W IKIPEDIA) ...................................... 37 ABBILDUNG 4.1 GRAZER GERINNUNGSKONZEPET TEIL1 (HTTP://WWW.OCMR.AT/SITES/DEFAULT/FILES/GERINNUNGSKONZEPT2014.PDF, MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON OA. DR. STEPHAN ACHAM).......................................................................... 40 ABBILDUNG 4.2 GRAZER GERINNUNGSKONZEPT TEIL 2 (HTTP://WWW.OCMR.AT/SITES/DEFAULT/FILES/GERINNUNGSKONZEPT2014.PDF, MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON OA. DR. STEPHAN ACHAM).......................................................................... 41 ABBILDUNG 4.3 GRAZER GERINNUNGSKONZEPT TEIL 3 (HTTP://WWW.OCMR.AT/SITES/DEFAULT/FILES/GERINNUNGSKONZEPT2014.PDF, MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON OA. DR. STEPHAN ACHAM).......................................................................... 41

III

Tabellenverzeichnis TABELLE 1 BLUTGERINNUNGSFAKTOREN (ANGEPASST VON SCHMIDT THEWS, PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN, S.430) ................................................................................................................... 42 TABELLE 2 SUBSTRATE DES CYTOCHROM P450 (ANGEPASST VON QUELLE: HTTP://MEDICINE.IUPUI.EDU/CLINPHARM/DDIS/MAIN-TABLE)

.......................................................... 43

TABELLE 3 INHIBITOREN DES CYTOCHROM P450 (ANGEPASST VON QUELLE: HTTP://MEDICINE.IUPUI.EDU/CLINPHARM/DDIS/MAIN-TABLE)

.......................................................... 43

TABELLE 4 INDUKTOREN DES CYTOCHROM P450 (ANGEPASST VON QUELLE: HTTP://MEDICINE.IUPUI.EDU/CLINPHARM/DDIS/MAIN-TABLE)

.......................................................... 44

TABELLE 5 ZULASSUNGEN VON GERINNUNGSHEMMENDEN MEDIKAMENTEN IN ÖSTERREICH (QUELLE: AUSTRIA CODEX WEB) .............................................................................................................. 45

IV

Abkürzungsverzeichnis ACS

Akutes Koronarsyndrom

COX-1

Cyclooxygenasehemmer 1

EMA

European Medicines Agency

HIT

Heparin-induzierte Thrombozytopenie

INR

International Normalized Ratio

i.v.

Intravenös

NSTEMI

Nicht- ST-Hebungsinfarkt

OAK

Orale Antikoagulantien

PAVK

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

PCI

Perkutane Koronarangiographie

PTCA

Perkutane transluminale coronare Angiographie

s.c.

Subkutan

STEMI

ST-Hebungsinfarkt

TIA

Transiente ischämische Attacke

vWF

von-Willebrand-Faktor

V

Zusammenfassung Hintergrund: Durch die Zunahme von Wohlstandserkrankungen kommt es immer häufiger zur Anwendung von Medikamenten, welche die Aggregation von Thrombozyten oder die Blutgerinnung hemmen. Aufgrund der Vielzahl neuer Gerinnungshemmer wird es umso wichtiger, deren genaue pharmakologische Wirkungsweise zu kennen, insbesondere um Indikationen in der primären und sekundären Prävention richtig zu stellen und Komplikationen zu vermeiden. Methode: Die Diplomarbeit wurde auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse aus verschiedenen Literaturquellen erarbeitet. Es wird ein Überblick über die Physiologie

der

Blutgerinnung

geschaffen.

Durch

Beschreibung

der

Pharmakodynamik, Nebenwirkungen und Kontraindikationen werden die einzelnen Wirkstoffe dargestellt. Resultat: Es werden die Vorteile im Einsatz der einzelnen Medikamente sowie Nebenwirkungen

und

gerinnungshemmendes

Kontraindikationen Medikament

abgesetzt

aufgezeigt. werden

muss,

Wenn so

ein können

Schemata, wie zum Beispiel das „Grazer Gerinnungskonzept“, herangezogen werden. Die Analyse der eingearbeiteten Studiendaten ermöglicht den Vergleich einzelner Präparate sowie die Ableitung von Präferenzen. Schlüsselwörter:

Hämostase,

Thrombozytenaggregationshemmer,

Antikoagulantien

VI

Abstract Background: Due to the increase of diseases of affluence the use of drugs that inhibit the aggregation of platelets or clotting becomes more and more common. Because of the existence of many new anticoagulants, it is crucial to be aware of their precise pharmacological effects, in particular to provide indications in the primary and secondary prevention properly and to avoid complications. Methods: The thesis was developed based on scientific findings in various sources of literature. The thesis provides an overview of the physiology of blood clotting. By way of describing the pharmacodynamics, side effects and contraindications, the individual anticoagulants and antiplatelet drugs are presented. Results: The advantages of using certain drugs are demonstrated as well as their side effects and contraindications. In the event an anticoagulant must be discontinued, existing schemes, such as the "Grazer Gerinnungskonzept", may be used. The analysis of the scientific data allows the comparison of different anticoagulant and antiplatelet drugs and the development of guidelines. Keywords: hemostasis, antiplatelet drugs, anticoagulants

VII

Inhaltsverzeichnis Eidesstattliche Erklärung .......................................................................................................... I Danksagung .................................................................................................................................. II Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................ III Tabellenverzeichnis ................................................................................................................. IV Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................................V Zusammenfassung .................................................................................................................... VI Abstract ....................................................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. VIII 1

Einleitung .............................................................................................................................. 1 1.1

2

3

Methodik .................................................................................................................................... 1

Die Hämostase ..................................................................................................................... 2 2.1

Primäre Hämostase ................................................................................................................ 2

2.2

Sekundäre Hämostase ........................................................................................................... 4

Pharmakologie .................................................................................................................... 6 3.1

Thrombozytenaggregationshemmer ............................................................................... 6

3.1.1

Acetylsalicylsäure..............................................................................................................................6

3.1.2

Thienopyridine ...................................................................................................................................8

3.1.2.1

Clopidogrel ...................................................................................................................................................9

3.1.2.2

Prasugrel .................................................................................................................................................... 11

3.1.2.3

Ticlopidin ................................................................................................................................................... 13

3.1.3

Cyclopentyltriazolopyrimidine ................................................................................................. 14

3.1.3.1

3.1.4

Ticagrelor .................................................................................................................................................. 14

Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten ....................................................................................... 15

3.1.4.1

Abciximab .................................................................................................................................................. 16

3.1.4.2

Eptifibatid .................................................................................................................................................. 17

3.1.4.3

Tirofiban..................................................................................................................................................... 18

3.1.5

Dipyridamol ...................................................................................................................................... 20

3.1.6

Cilostazol ............................................................................................................................................ 21

3.2

Antikoagulantien .................................................................................................................. 22

VIII

3.2.1

Heparine und Heparinoide ......................................................................................................... 22

3.2.1.1

Unfraktioniertes Heparin .................................................................................................................... 22

3.2.1.2

Niedermolekulare Heparine ............................................................................................................... 25

3.2.1.3

Fondaparinux ........................................................................................................................................... 26

3.2.1.4

Danaparoid ............................................................................................................................................... 27

3.2.2

Direkte Thrombininhibitoren ................................................................................................... 28

3.2.2.1

Dabigatran ................................................................................................................................................ 28

3.2.2.2

Argatroban ................................................................................................................................................ 30

3.2.2.3

Hirudine ...................................................................................................................................................... 31

3.2.3

Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren .................................................................................................. 32

3.2.3.1

Rivaroxaban.............................................................................................................................................. 32

3.2.3.2

Apixaban .................................................................................................................................................... 34

3.2.3.3

Edoxaban ................................................................................................................................................... 35

3.2.4

Cumarine ............................................................................................................................................ 36

4

Conclusio............................................................................................................................. 39

5

Anhang ................................................................................................................................. 42 5.1

Anhang 1: Blutgerinnungsfaktoren ............................................................................... 42

5.2

Anhang 2: Cytochrom P450 Interaktionstabelle ...................................................... 42

5.2.1

Substrate ............................................................................................................................................ 43

5.2.2

Inhibitoren ........................................................................................................................................ 43

5.2.3

Induktoren......................................................................................................................................... 44

5.3

Anhang 3: Zulassungen in Österreich ........................................................................... 45

Literaturverzeichnis................................................................................................................ 46

IX

1 Einleitung Kardiovaskuläre Ereignisse sind die führende Todesursache weltweit. Durch koronare Herzerkrankungen und cerebrovaskuläre Erkrankungen, sowie deren Komplikationen, wie Myokardinfarkt und ischämische Insulte werden Gehirn und Herz geschädigt. Verantwortlich ist eine Behinderung des Blutflusses durch Ablagerungen, welche zu einer Minderperfusion der betroffenen Organe führen. Ein Großteil der Todesfälle durch kardiovaskuläre Erkrankungen könnte durch Reduktion

der

Risikofaktoren

wie

Rauchen,

ungesunde

Ernährung,

Alkoholkonsum und mangelnde Bewegung verhindert werden. Auch Thrombosen in den tiefen Beinvenen und venöse Embolien, mesenteriale Ischämien oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit gehören zu diesen Erkrankungen. Um diese Erkrankungen zu behandeln werden unterschiedliche gerinnungshemmende Medikamente eingesetzt. Zum Einsatz kommen Hemmer der primären und/oder sekundären Hämostase. In den letzten Jahren sind einige neue Medikamente hinzugekommen. Auch finden diese Medikamente Einsatz in der Prophylaxe von Erkrankungen, wie zum Beispiel beim Vorhofflimmern. Für den Patienten/ Patientin

ist

die

berücksichtigen

Wahl

sind

des

dabei

passenden

Medikaments

Einnahmemodalitäten,

entscheidend.

Kontraindikationen

Zu und

Nebenwirkungen (1). Benötigen Patienten/Patientinnen zum Beispiel einen chirurgischen Eingriff und nehmen zeitgleich gerinnungshemmende Medikamente ein, so ist entscheidend ob ein gerinnungshemmendes Medikament, abhängig vom Blutungsrisiko, abgesetzt werden muss oder nicht. In einigen Fällen muss eine Umstellung der Medikation erfolgen.

1.1 Methodik Im Rahmen des oralchirurgischen Praktikums wurde ich auf die Problematik im Zusammenhang

mit

gerinnungshemmenden

Medikamenten

aufmerksam.

Aufgrund der vielen unterschiedlichen am Markt befindlichen Medikamente war es 1

notwendig sich mit der Materie intensiv auseinander zu setzten. Literaturrecherche sowohl in Lehr- und Fachbüchern als auch online (Fachinformationen, Guidelines) stellte den Beginn meiner Arbeit dar. In der medizinischen Datenbank PubMed beschränkte

sich

die

Suche

auf

Thrombozytenaggregationshemmer

folgende

Begriffe

(antiplatelet

drug),

und

Stichwörter:

Antikoagulanzien

(anticoagulant), sowie die jeweiligen Wirkstoffnamen.

2 Die Hämostase vgl. (2),(3),(4) Der Organismus benötigt eine funktionierende Blutgerinnung, da ansonsten kleine Verletzungen bereits zu lebensbedrohlichen Blutungen führen können. Die Blutgerinnung wird in zwei Hauptphasen eingeteilt. Es handelt sich hierbei um die primäre Hämostase (= Verschluss durch einen Thrombozytenthrombus) und die sekundäre Hämostase (= Thrombusstabilisierung durch Fibrinogen). Diese Vorgänge sind miteinander gekoppelt. Eine Unterscheidung beider Vorgänge ist jedoch für das Verständnis der Pathopysiologie wichtig. Hierzu gehört auch die wichtige Unterscheidung von weißen und roten Thromben sowie deren Entstehung.

Rote

Thromben

(erythrozytenreich)

entstehen

im

venösen

Gefäßsystem durch Stase. Weiße Thromben (fibrinreich) wiederum entstehen wandständig

im

arteriellen

System

in

welchem

die

Thrombozyten

ausschlaggebend sind. Aus diesem Grund kommen für venöse Thromben Antikoagulantien (= Hemmung des Gerinnungssystems) zum Einsatz und für arterielle Thromben die Thrombozytenaggregationshemmer.

2.1 Primäre Hämostase Kommt es im Organismus zu einer Gefäßverletzung so haften Thrombozyten an den Bindegewebsfasern der Wunde an. Diese Thrombozytenadhäsion gelingt durch den von-Willebrand-Faktor (vWF). Es handelt sich hierbei um ein Glykoprotein, welches in Thrombozyten und im subendothelialen Gewebe zu 2

finden ist. Gemeinsam mit einer stattfindenden Vasokonstriktion kommt es zu einem Verschluss durch einen Thrombozytenpfropf. Um eine stabile Anheftung der Thrombozyten an die subendotheliale Matrix und später auch an die bereits adhärenten Thromben zu ermöglichen, muß durch verschiedene Faktoren (lösliche Mediatoren- Adenosindiphosphat, Thromboxan, Thrombin; Bestandteile der extrazellulären Matrix und mechanische Faktoren - Scherstress) das Glykoprotein

IIb/IIIa

Adenosindiphosphat

aktiviert und

werden. Thromboxan

Die

löslichen A2

sind

Mediatoren wichtige

Verstärkungsmechanismen der Thrombozytenfunktion. Durch Interaktion zwischen Fibinogen und Glykoprotein IIb/IIIa kommt es schlußendlich zur irreversiblen Thrombozytenaggregation.

Abbildung 2.1 Ablauf der Thrombozytenaktivierung und –aggregation (Quelle: Schmidt Thews, Physiologie des Menschen, S. 428)

3

2.2 Sekundäre Hämostase Bei der sekundären Hämostase wird durch einen roten Abscheidungsthrombus die verletzte

Gefäßstelle fest verschlossen. Dabei unterscheidet man einen

extrinsischen und einen intrinsischen Weg.

Abbildung 2.2 Schema der Blutgerinnuung; extrinsischer und intrinsischer Weg (Quelle: Schmidt Thews, Physiologie des Menschen, S. 432)

Verbindet sich das aus den Gewebszellen freigesetzte Thromboplastin mit dem Gerinnungsfaktor VII, so wird der extrinische Mechanismus gestartet. Mit Hilfe von Ca2+-Ionen kann nun der aktivierte Faktor VII den Faktor X aktivieren. Beim intrinischen Mechanismus wird durch Kontakt von Faktor XII mit negativ geladenen Oberflächen eine Kaskade in Gang gesetzt, in der Faktor XI und IX

4

aktiviert werden. Ein Enzymkomplex, gebildet durch Faktor IXa mit Plättchenfaktor 3 und Ca2+-Ionen, führt zur Aktivierung von Faktor X. Beschleunigt werden kann diese Reaktion durch den Faktor VIIIa. Es wird heute davon ausgegangen, dass die Bildung von Thrombin durch eine Startphase, eine Verarbeitungsphase und eine Propagationsphase erfolgt. Kommt es zu einer Verletzung des Gefäßendothels, so wird die Startphase durch den im Blut frei zirkulierenden Faktor VIIa, welcher an das Gewebsthromboplastin (=Tissue Factor) bindet, ausgelöst. Dieser Tissue Factor ist in der Adventitia der Gefäßwand lokalisiert. Er kommt aber auch im zirkulierenden Blut vor. Die Aktivierung von Faktor X und die Bildung einer kleinen Menge Thrombin (= Faktor IIa) wird durch diese Bindung von Tissue Factor und Faktor VIIa (=extrinsische

Tenase)

ausgelöst.

Auf

diesen

Prozess

folgt

die

Verarbeitungsphase, in der es durch das Thrombin zu einer Aktivierung der Thrombozyten kommt und sich ein Ca2+-abhängiger Multi-Enzym-KofaktorSubstrat-Komplex (=intrinsische Tenase) an der Oberfläche der Thrombozyten entwickelt. Die letzte Phase ist die Propagationsphase. In dieser wird ausreichend Thrombin für ein Gerinnsel gebildet. Aus löslichem Fibrinogen werden, mit Hilfe von Thrombin, die Fibrinopeptide A und B abgespalten. So ist es möglich durch einen mehrstufigen Prozess mit Hilfe von Faktor XIIIa dieses Fibrinogen zu stabilen quervernetzten Fibrinsträngen umzuwandeln. Die gesamte Blutgerinnung unterliegt einer intrinsischen Kontrolle, damit es zu keiner überschießenden Thrombusbildung kommt. Erreicht kann dies werden einerseits durch endogene Inhibitoren der Gerinnung wie zum Beispiel Protein C, Antithrombin und tissue factor

pathway

inhibition.

Andererseits

werden

die

plasmatischen

Gerinnungsfaktoren als inaktive Vorstufe gebildet und somit nur lokal aktiviert.

5

3 Pharmakologie vgl. (3),(4)

3.1 Thrombozytenaggregationshemmer Aufgrund der Häufigkeit von thrombembolischen Erkrankungen, besonders in den westlichen

Industrieländern,

wird

die

Prophylaxe

und

Therapie

dieser

Erkrankungen immer wichtiger. Bei arteriellen Thromben sind die Thrombozytenaggregationshemmer in der Prophylaxe von besonderer Bedeutung. Unter den Thrombozytenaggregationshemmern stehen zwei Gruppen zur Verfügung. Die COX-Inhibitoren und die ADP(P2Y12)-Rezeptor-Antagonisten. Bei diesen

beiden

Gruppen

wird

nur

ein

Verstärkungsmechanismus

der

Thrombozytenhemmung blockiert und die anderen Verstärkungswege, sowie auch die primäre Aktivierung sind nicht betroffen. Zu

den

Thrombozytenaggregationshemmern

zählen

auch

die

GPIIb/IIIa-

Antagonisten, welche die Ligandenbindung hemmen. Diese Substanzen sind spezifischen

Indikationen

vorbehalten,

wie

zum

Beispiel

dem

akuten

Koronarsyndrom (ACS). Sie wirken extrathrombozytär. Somit hemmen sie die Thrombozytenaggregation komplett.

3.1.1 Acetylsalicylsäure Acetylsalicylsäure ist einer der am häufigsten verordneten Thrombozytenaggregationshemmer.

Der

pharmakodynamische Effekt beruht vor allem auf

der

irreversiblen

Hemmung

der

Cyclooxygenase 1 (COX-1). Der Mechanismus Abbildung

3.1

Strukturformel

dahinter ist die Übertragung der Acetylgruppe

Acetylsalicylsäure (Quelle: Wikipedia)

6

der Acetylsalicylsäure auf den Serinrest

530

der COX-1. Dies ist irreversibel und es

wird dadurch verhindert, dass die Arachidonsäure im aktiven Zentrum binden kann. Thrombozyten sind für eine Neusynthese nicht in der Lage, da sie ihren Kern verloren haben. Somit kann eine Thrombozytenaggregation erst wieder mit neuen Thrombozyten erfolgen. Die Hemmung hält die Lebensdauer der Thrombozyten (8 Tage) an. Der Einsatz zur Verhinderung von thrombotischen Ereignissen erfolgt in niedriger Dosierung. Die systemische Bioverfügbarkeit von Acetylsalicylsäure nach oraler Einnahme liegt bei 70%. Der hemmende Effekt beginnt bereits in der Pfortader. Der Einsatz von Acetylsalicylsäure erfolgt beim ACS. Nach Myokardinfarkt, interventionellen Eingriffen, arteriellen gefäßchirurgischen Eingriffen, als auch nach

zerebralen

Ereignissen

kommt

die

Acetylsalicylsäure

als

Sekundärprophylaxe zum Einsatz. Durch mehrere Studien konnte die Wirksamkeit von Acetylsalicylsäure bestätigt werden. In den Studien zur primären Prävention konnte gezeigt werden, dass Acetylsalicylsäure zu einer signifikanten Reduktion von schweren vaskulären Ereignissen führt (12%). Ebenso ergaben die Daten insgesamt eine Reduktion des allgemeinen Insultrisikos. Die Gefahr für hämorrhagische Insulte war jedoch erhöht. Bei den Studien zur sekundären Prävention konnte ebenfalls eine Reduktion des vaskulären Risikos gesehen werden (6,7%). Das Insultrisiko war reduziert und das Risiko für hämorrhagische Insulte war nicht wesentlich erhöht (5). Bei der CURRENT-OASIS 7 Studie wurden die

Dosierungen

von

Clopidogrel

und

Acetylsalicylsäure

verglichen

bei

Patienten/Patientinnen mit ACS, welche eine perkutane Koronarangiographie (PCI) bekamen. Die Patienten/Patientinnen in der Clopidogrelgruppe erhielten entweder die doppelte Dosis Clopidogrel oder eine Standarddosierung. In der Acetylsalicylsäuregruppe entweder eine höhere Dosierung (300-325mg pro Tag) oder eine niedrige Dosierung (75-100mg pro Tag). Es konnte in beiden Gruppen eine Reduktion der Stentthrombosierung gesehen werden, sowie eine Reduktion des kombinierten Endpunktes der Studie (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall). Überraschend war dass in beiden Gruppen kein erhöhtes Blutungsrisiko trotz doppelter Dosierung war (6). Im Rahmen der CLAIR-Studie konnte bewiesen werden, dass die Kombination von

Clopidogrel

und

Acetylsalicylsäure

7

gegenüber

alleiniger

Gabe

von

Acetylsalicylsäure einen Vorteil bei Patienten/Patientinnen mit Karotisstenose oder Stenosen in den zerebralen Gefäßen zeigte (7). Gastrointestinale

Nebenwirkungen,

welche

durch

die

Prostaglandinsynthesehemmung verursacht werden, können durch spezielle Galeniken, welche magensaftresistent sind, verbessert werden (zum Beispiel Aspirin protect). Nach einigen Tagen kann auch durch Gabe von niedrigen Dosierungen bereits eine Hemmung der Thrombozytenaggregation von 90% erreicht werden. Dabei würde eine Dosis von 30mg/Tag schon ausreichen. Um jedoch eine sichere Hemmung zu erreichen hat sich eine Dosierung von 100300mg/Tag bewährt. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören gastrointestinale Beschwerden

wie

Sodbrennen

und

Übelkeit,

sowie

Reizulzera

und

Mikroblutungen. Verlängerung der Blutungszeit und auch Nierenschäden (bei chronischem

Gebrauch)

können

auftreten.

Im

letzten

Drittel

einer

Schwangerschaft sollte Acetylsalicylsäure nicht mehr gegeben werden. Es kann durch die Hemmung von COX-1 zu einem vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli kommen, die Geburt kann verzögert werden und es kann auch zu einem erhöhten Blutverlust bei der Geburt kommen. Speziell bei Atopikern kann eine Überempfindlichkeitsreaktion auftreten, dies können Hautreaktionen oder auch Asthmaanfälle sein. Während der Einnahme von Acetylsalicylsäure und Antikoagulantien, Fibrinolytika oder anderen Thrombozytenaggregationshemmern steigt das Risiko einer Blutung. Die Wirkung von Acetylsalicylsäure kann vermindert werden, wenn eine gleichzeitige Gabe anderer COX-Hemmer wie zum Beispiel Ibuprofen oder auch Pyrazol-Analgetika erfolgt.

3.1.2 Thienopyridine In

diese

Gruppe

gehören

Clopidogrel, Prasugrel und

Ticlopidin.

Diese

sogenannten „Pro-Drugs“ werden hepatisch aktiviert und hemmen irreversible den ADP(P2Y12)-Rezeptor der Thrombozyten. Die Hemmung umfasst die gesamte Thrombozytenlebensdauer.

8

3.1.2.1 Clopidogrel Durch Oxidation über das Cytochrom P-450 System (vor allem CYP3A4 und CYP2C19) wird nach

Verabreichung

dieses

Prodrugs

und

anschließender Hydrolyse der aktive Metabolit freigesetzt. Dabei werden nur ca. 15% aktiviert, Abbildung

3.2

Strukturformel

Clopidogrel (Quelle: Wikipedia)

erklärt

sich,

dass

der Rest wird durch die hepatischen Esterasen zu unwirksamen Metaboliten umgewandelt. Daraus

Medikamente,

welche

über

dieselben

Cytochrome

verstoffwechselt werden einen Einfluss auf die Bioaktivität von Clopidogrel haben können. Zu erwähnen wären dabei vor allem Antidepressiva. Bereits nach 4-6 Tagen kommt es nach der Gabe einer Erhaltungsdosis zu einer irreversiblen Hemmung. Ein schnellerer Wirkungseintritt kann durch die Gabe einer sogenannten „loading dose“ erreicht werden. Die Substanz erreicht seine Eliminationshalbwertszeit nach acht Stunden. Die Dosierung zur Prävention liegt bei 75mg/Tag. Eingesetzt wird es bei Myokardinfarkt, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) und ischämischen zerebralen Insulten. In speziellen Fällen kann man es auch bei Vorhofflimmern einsetzen. Eine Aufsättigungsdosis mit 300-600mg wird bei Patienten/Patientinnen mit ACS verabreicht. Danach wird ebenfalls mit 75mg/Tag eine Erhaltungsdosis fortgeführt. Durch die PCI-CURE Studie wurde eine Subgruppe der CURE Studie untersucht. Dabei wurden jene Patienten/Patientinnen herangezogen, welche eine PCI erhielten (n=2.658). Anhand der Daten konnte gezeigt werden, dass in der Clopidogrelgruppe im Vergleich mit der Aspiringruppe weniger Myokardinfarkte und Zustände von refraktärer Angina pectoris auftraten. Es konnte bewiesen werden, dass bereits der frühzeitige Einsatz von Clopidogrel eine Risikoreduktion von 31% ergibt (8). In der

CAPRI-Studie

wurden

19.185

Patienten/Patientinnen

untersucht.

Einschlusskriterien waren kurz zurückliegender Myokardinfarkt, ischämischer Insult

oder

symptomatische

periphere

arterielle

Gefäßerkrankung.

Die

Patienten/Patientinnen erhielten entweder 75mg Clopidogrel pro Tag oder 325mg Aspirin pro Tag. Im Vergleich mit Aspirin konnte das Risiko an einem vaskulären Tod, Myokardinfarkt und ischämischen Insult um 8,7% gesenkt werden. Aus

9

dieser Studie ergab sich ein Vorteil bei der Gabe von Clopidogrel bei Patienten/Patientinnen mit artherosklerotischen Veränderungen (9)(10). Durch die CURRENT-OASIS 7 Studie wurde unter anderem die Gabe der Standarddosis (Loadingdose 300mg an Tag 1, danach 75mg von Tag 8-30) und eine intensivierte Dosis (Loadingdose 600mg an Tag 1, danach 150mg täglich für 6

Tage,

anschließend

75mg

von

Tag

8-30)

verglichen.

Als

primärer

Studienendpunkt wurde Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursachen, Myokardinfarkt oder Schlaganfall innerhalb von 30 Tagen gewählt. Sekundäre Studienendpunkte waren das Auftreten von Blutungen oder von Stent-Thrombosen nach dem perkutanen Koronareingriff. Bezüglich des primären Studienendpunktes konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Dosierungen gesehen werden. Er trat bei 4,2% der Patienten/Patientinnen mit intensivierter Dosierung auf und bei 4,4% der Patienten/Patientinnen mit Standarddosierung. Komplikationen mit schweren Blutungen traten in der intensivierten Gruppe bei 2,5% auf, in der Standardgruppe bei 2%. Jedoch konnte eine signifikante Reduktion der Stent-Thrombosen bei den 17.263 Patienten/Patientinnen gesehen werden die eine intensivierte Dosierung erhielten (6). Weiters konnte anhand der CHARISMA Studie bestätigt werden, dass in der sekundären Prävention der Einsatz von dualer Plättchenhemmung mit Clopidogrel einen deutlichen Vorteil bringt. An dieser Studie nahmen weltweit 15.603 Patienten/Patientinnen teil Das Alter der Patienten/Patientinnen war ab 45 Jahren gewählt und es handelte sich um vaskuläre Hochrisikopatienten/patientinnen. Alle Teilnehmer erhielten über 28 Monate niedrig dosiertes ASS und die Hälfte der Patienten/Patientinnen zusätzlich Clopidogrel. Die andere Hälfte erhielt ein Placebo. Aus dieser Studie ging ebenfalls hervor, dass eine duale Plättchenhemmung bei Patienten/Patientinnen mit asymptomatischem Risikoprofil zur Primärprävention nicht geeignet ist. Es kam bei diesen Patienten/Patientinnen zu

erhöhten

Blutungskomplikationen

und

zu

einer

signifikant

erhöhten

kardiovaskulären Mortalität. Zu beachten ist, dass 80% der Patienten/Patientinnen an

Diabetes

erkrankt

waren

und

diese

anders

reagieren

als

andere

Risikopatienten/-patientinnen (11). Als unerwünschte Nebenwirkungen werden Blutungen angegeben, vor allem bei Kombinationen mit Medikamenten, welche die Hämostase beeinflussen. Auch

10

kann es zu Veränderungen des Blutbildes kommen, im Sinne einer Leukopenie. Seltener werden gastrointestinale Nebenwirkungen angegeben.

3.1.2.2 Prasugrel Auch bei dieser Substanz kommt es zu einer Verstoffwechselung über das Cytochrom P-450 System (CYP3A4, CYP2B6, CYP2C9, CYP2C19). Ebenso wie bei Clopidogrel wird der aktive Metabolit über die irreversible Bindung an den P2Y12-Rezeptor der Thrombozyten gebildet. Die Bioaktivität ist jedoch höher als bei Clopidogrel. Bereits 15 Minuten nach der oralen Gabe einer Aufsättigungsdosis von Prasugrel tritt die Thrombozytenaggretionshemmung Abbildung

3.3

Strukturformel

Prasugrel (Quelle: Wikipedia)

ein. Die maximale Plasmakonzentration wird nach 30 Minuten erreicht (12). Die Elimination erfolgt zum größten

Teil

über

die

Nieren.

Auch

die

interindividuelle Wirkungsvariabilität ist deutlich geringer als bei Clopidogrel. Auch bei Prasugrel werden die Thrombozyten irreversibel für ihre gesamte Lebensdauer gehemmt. Beim ACS kann Prasugrel kombiniert mit Acetylsalicylsäure gegeben werden. Die Anfangsdosis sollte 60mg/Tag betragen und die Erhaltungsdosis dann mit 10mg/Tag gewählt werden. Das Blutungsrisiko wird im Vergleich zu Clopidogrel höher beschrieben. Bei Patienten/Patientinnen, welche über 75 Jahre alt sind oder weniger als 60kg wiegen, muss eine Dosisreduktion vorgenommen werden. Die Erhaltungsdosis liegt dann bei 5mg/Tag. Im Rahmen der JUMBO TIMI-26-Studie wurde Prasugrel mit Clopidogrel bei Patienten/Patientinnen, welche eine PCI erhielten, verglichen. Es wurden bei dieser randomisierten doppelblinden Phase IIStudie

904

Patienten/Patientinnen

untersucht.

Ziel

der

Studie

war

die

Dosisfindung und Bestätigung der Sicherheit von Prasugrel im Rahmen der PCI. Als Dosis wurden gewählt: Initialdosis mit 40mg und Erhaltungdosis mit 7,5mg und Initialdosis mit 60mg und Erhaltungsdosis 10 oder 15mg. Bei Clopidogrel wurde

11

die Standarddosis von initial 300mg und als Erhaltungsdosis 75mg gewählt. Blutungsereignisse nach 30 Tagen wurden als primärer Endpunkt angenommen. Insgesamt traten während dieser Studie nur wenige Blutungskomplikationen in beiden Gruppen auf (12)(13). Diese Studie wurde herangezogen für die Phase-IIIStudie TRITON-TIMI-38, welche die Zulassungsstudie von Prasugrel war. Es wurden 13.608 Patienten/Patientinnen mit akuten Koronarsyndrom (instabile Angina pectoris, Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und ST-Hebungsinfarkt (STEMI) und notweniger PCI in diese Studie eingeschlossen. Die Dosis bei Prasugrel wurde mit initial 60mg und als Erhaltungsdosis 10mg, bei Clopidogrel mit initial 300mg und als Erhaltungsdosis von 75mg gewählt. Beobachtet wurden die Patienten/Patientinnen in einem Zeitraum von 15 Monaten. Zusätzlich erhielten die Patienten/Patientinnen jeweils 75-325mg Acetylsalicylsäure. Es konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass Prasugrel zur Prävention von ischämischen Ereignissen bei Patienten/Patientinnen mit akutem Koronarsyndrom gegenüber Clopidogrel der Vorzug zu geben ist. Nach Gabe einer Initialdosis Prasugrel mit 60mg

tritt

eine

schnellere,

konsistentere

und

größere

Hemmung

der

Thrombozytenaggregation ein als bei der Gabe von Clopidogrel. Dadurch ergibt sich eine besondere Indikation für Patienten/Patientinnen, bei denen eine Vorbehandlung nicht möglich ist. Durch diese Studie konnte gezeigt werden, dass Prasugrel eine gute Alternative bei Patienten/Patientinnen mit STEMI und PCI darstellt (12)(14). Im Rahmen der OPTIMUS-3 Studie wurde veranschaulicht, dass Prasugrel eine bessere Prophylaxe bei Patienten/Patientinnen mit ACS und Diabetes mellitus ist, als eine doppelte Dosierung von Clopidogrel (15). Dies untermauern die Ergebnisse aus der TRITON-TIMI-38 Studie in welcher ebenfalls die Untergruppe der Patienten/Patientinnen (n= 3.146) mit Diabetes mellitus herausgearbeitet wurde und ein deutlicher Vorteil bei Patienten/Patientinnen behandelt mit Prasugrel gefunden werden konnte. Jedoch zeigte sich ein höheres Risiko für schwere Blutungen (TIMI major bleeding = thrombolysis in myocardial infarction major bleeding) (16). Wird bei Patienten/Patientinnen mit ACS keine PCI sondern

ein

konservatives

Behandlungskonzept

durchgeführt,

kann

kein

Unterschied zwischen der Gabe von Prasugrel und Clopidogrel festgestellt werden. Dies wurde im Rahmen der TRILOGY ACS Studie bewiesen (17).

12

3.1.2.3 Ticlopidin Diese Substanz zeigt eine starke Ähnlichkeit mit Clopidogrel. Nach Applikation wird es ebenfalls über das Abbildung

3.4

Strukturformel

Ticlopidin

(Quelle:

Wikipedia)

Cytochrom

P450-System

(CYP3A4) metabolisiert und somit in seine aktive Form umgewandelt. Auch hier kommt es zu einer

irreversiblen Bindung an den P2Y12-Rezeptor. Der Einsatz dieser Substanz erfolgt vor allem bei Patienten/Patientinnen mit Hämodialyse und Shuntkomplikationen, sowie zur Prophylaxe von Insulten, wenn Acetylsalicylsäure aufgrund von Unverträglichkeiten

nicht

eingesetzt

werden

kann.

Der

empfohlene

Dosierungsbereich wird mit 250-500mg angegeben. Beschrieben werden gastrointestinale Nebenwirkungen, Blutungen sowie Blutbildveränderungen und vor

allem

Thrombo-

und

Leukopenien

bzw.

Agranulozytose.

Auch

Hautveränderungen wie Urtikaria wurden beobachtet. Zusätzlich kann es noch zu einer Störung der Leberfunktion kommen. Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist die gefährlichste Nebenwirkung. In der CATS Studie wurden 1.072 Patienten/Patientinnen nach einem thrombembolischen Insult untersucht. Die eine Gruppe erhielt zweimal täglich 250mg Ticlopidine, die andere Gruppe ein Placebo. Es konnte eine Risikoreduktion von 30,2% bezüglich Myokardinfarkte, Insult oder vaskulärer

Tod

gesehen

werden.

Als

Nebenwirkungen

wurden

in

der

Ticlopidingruppe Neutropenie, Flush und Diarrhoe festgestellt (18). Anhand von 60 Fällen wurde ein Zusammenhang mit der Einnahme von Ticlopidin und dem Auftreten von thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura dokumentiert. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der strengen Monitorisierung der Thrombozyten nach Beginn einer Therapie mit Ticlopidin (19).

13

3.1.3 Cyclopentyltriazolopyrimidine

3.1.3.1 Ticagrelor Der

Vertreter

dieser

reversibler

ist

ein

P2Y12-ADP-Rezeptor-

Antagonist. Bindung

Gruppe

Aufgrund an

die

der

fehlenden

ADP-Bindungsstelle

handelt es sich bei Ticagrelor um einen nicht-kompetitiven Inhibitor. Auch diese Abbildung

3.5

Strukturformel

Ticagrelor

(Quelle: Wikipedia)

Substanz wird über das Cytochrom P450System (CYP3A4) der Leber aktiviert. Von Seiten der chemischen Struktur besteht

eine deutliche Ähnlichkeit mit Adenosin. Ticagrelor hat einen schnellen Wirkungseintritt. Durch das CYP3A4-System wird Ticagrelor nach oraler Aufnahme zu seinem aktiven Metaboliten umgewandelt. Zusätzlich besteht eine hohe Bindung an Plasmaeiweiß. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 8 Stunden und ist zum größten Teil hepatisch. Das Einsatzgebiet ist vor allem beim ACS und STEMI. Eine Kombination mit Acetylsalicylsäure wird empfohlen. Die Tagesdosis wird mit 2x90mg angegeben. Wie bei allen Thrombozytenaggregationshemmern kann es zu einer verlängerten Blutungszeit kommen. Jedoch werden auch Dyspnoe und Bradykardien beobachtet, deren genaue Ursache nicht bekannt ist. Zu achten ist zusätzlich auf Präparate welche auf das CYP3A4 wirken. Als Kontraindikationen

werden

akute

Blutungen,

Leberfunktionsstörungen

und

relevante Blutungsanamnesen genannt. Ebenfalls wichtig ist bei Kombination von Ticagrelor und eines Statins, dass die Konzentration des verwendeten Präparates (zum Beispiel von Simvastatin Lovastatin) steigt. Aufgrund des Umstandes dass Ticagrelor ein Glykoprotein-Inhibitor ist, sollten bei gleichzeitiger Gabe von Glykoprotein-abhängigen Psychopharmaka, die Konzentrationen genau kontrolliert werden. Bei

der

PLATO

Studie

wurde

Ticagrelor

und

Clopidogrel

bei

Patienten/Patientinnen mit ACS verglichen. Als primärer Endpunkt wurden Insult,

14

Myokardinfarkt und vaskulärer Tod gewählt. Nach der Analyse von 18.624 Patienten/Patientinnen konnte eine deutliche Risikoreduktion bezüglich des primären Endpunktes von Ticagrelor von 9,8% gegenüber Clopidogrel gesehen werden. Die Blutungskomplikationen waren in der Ticagrelorgruppe nicht häufiger als in der Clopidogrelgruppe (20). Im Rahmen der PEGASUS-TIMI 54 wurden Patienten/Patientinnen untersucht welche über 50 Jahre alt waren, vor 1-3 Jahren eine Myokardinfarkt hatten und mindestens einen zusätzlichen Risikofaktor (Diabetes mellitus, Alter>65 Jahre, chronische Niereninsuffizienz, neuerlicher Myokardinfarkt,

mehrfache

Koronararteriengefäßerkrankung)

hatten.

Die

Patienten/Patientinnen wurden in 3 Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhielt Acetylsalicylsäure und 90mg Ticagrelor zweimal täglich, die andere Gruppe Acetylsalicylsäure und 60mg Ticagrelor zweimal täglich oder Acetylsalicylsäure und Placebo. Die Beobachtung dauerte im Durchschnitt 33 Monate. Als primärer Endpunkt wurden Myokardinfarkt, Insult und kardialer Herztod gewählt. Es konnte eine signifikante Reduktion des Risikos bezogen auf den primären Endpunkt in beiden Ticagrelorgruppen gesehen werden. Jedoch kamen mehr schwere Blutungen in den beiden Ticagrelorgruppen vor als in der Placebogruppe (20)(21).

3.1.4 Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten In diese Substanzgruppe gehören Abciximab, Eptifibatid und Tirofiban. Um zu einer stabilen Thrombozytenaggregation zu kommen bindet aktiviertes Glykoprotein-IIb/IIIa an Fibrinogen oder an von Willebrand Faktor. Die Vertreter dieser Substanzgruppe führen ab einer Bindung von ca. 80% an den Rezeptoren zu einer Hemmung der Thrombozytenaggregation. Das besondere ist die Blockierung der gemeinsamen Endstrecke der Thrombozytenaggregation, jedoch völlig unabhängig vom auslösenden Agens. In klinischen Beobachtungen zeigt sich die Kombination dieser Subtanzgruppe mit Acetylsalicylsäure beim akuten Koronarsyndrom und bei perakuter Koronarangiographie als gut wirksam.

15

3.1.4.1 Abciximab Bei dieser Substanz handelt es sich um ein Fab-Fragment des chimären monoklonalen Antikörpers 7E3. Es kommt dabei zu einer pseudoreversiblen Bindung. Neben der Bindung an Thrombozyten (ca. 50%), kommt es auch zu einer Bindung an anderen Integrinen. Die Wirkungsweise dort ist derzeit nicht bekannt. Nach parenteraler Applikation beträgt die initiale Plasmahalbwertszeit 10 Minuten,

die

sekundäre

Plasmahalbwertszeit

30

Minuten.

Mit

einer

eingeschränkten Thrombozytenaggregation ist nach ca. 24 Stunden zu rechnen. Das besondere ist, dass der Wirkstoff ca. 1 Woche nachweisbar ist, weil die Thrombozyten den Wirkstoff auch wieder freisetzen können. Bei einer PCI wird 10-60 Minuten davor ein intravenöser Bolus gegeben, mit der Dosierung 0,25mg/kg. Danach verabreicht man eine Dauerinfusion mit der Dosierung 0,125g/kg/min für 12 Stunden. Bei ca. 2% der Patienten/Patientinnen kommt es unter Gabe von Abciximab zu einer Thrombozytopenie. Aufgrund dieser Nebenwirkung sind regelmäßige Thrombozytenkontrollen nach 2-4 Stunden sowie nach 24 Stunden notwendig. Bei regelmäßiger Gabe dieser Substanz kann es zu einer Überempfindlichkeitsreaktion kommen, weil sich humane antichimäre Antikörper (HACA) bilden können. Nicht angewandt werden darf diese Substanz bei positiver Blutungsanamnese, sowie erst kürzlich zurückliegenden operativen Eingriffen und zerebralen Insulten. Vor allem an der femoralen Punktionsstelle kann es zu Blutungskomplikationen kommen. In einer Studie bezüglich der Anwendung von Abciximab konnte der Nachweis erbracht werden, dass das Risiko für Komplikationen bei Eingriffen mit koronarem Stenting deutlich geringer war, wenn die Patienten/Patientinnen Abciximab erhielten. In dieser Studie wurden insgesamt 2.399 Patienten/Patientinnen untersucht, welche eine ischämische Herzerkrankung und entsprechende koronararterielle Veränderungen aufwiesen. Diese Patienten/Patientinnen wurden in drei Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe erhielt ein Stenting und ein Placebo. Die andere Gruppe erhielt ein Stenting und Abciximab. In der dritten Gruppe wurde eine Ballondilatation durchgeführt und diese Patienten/Patientinnen erhielten ebenfalls Abciximab. Alle Patienten/Patientinnen erhielten Heparin, Aspirin und pharmakologische Standardtherapie. Der primäre Endpunkt war eine

16

Kombination aus Tod, Myokardinfarkt oder die Notwendigkeit einer raschen Revaskularisation innerhalb der ersten 30 Tage. In der Placebogruppe wurde bei 8,3% der Patienten/Patientinnen der primäre Endpunkt erreicht. In der Gruppe mit Stenting und der Gabe von Abciximab wurde der primäre Endpunkt mit 5,3% angegeben. In der Gruppe mit Ballondilatation und Gabe von Abciximab wurde bei 6,9% der primäre Endpunkt erreicht. Schwere Blutungskomplikationen traten in der Placebogruppe bei 2,2%, in der Gruppe mit Stenting und Abciximab bei 1,5% und in der Gruppe mit Ballondilatation und Abciximab bei 1,4% auf (22). In einer weiteren Studie wurde bei Patienten/Patientinnen mit instabiler Angina pectoris die Anwendung von Abciximab vor, während und nach der perkutanen transluminalen coronaren Angiographie (PTCA) untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten/Patientinnen

welche

Abciximab erhielten im Vergleich mit der

Placebogruppe ein deutlich geringeres Risiko für thrombotische Komplikationen hatten. Eine Verbesserung der Langzeitprognose bezüglich Myokardinfarkt konnte nicht gesehen werden (23). Durch die EPILOG Studie konnte bestätigt werden, dass die Gabe von Abciximab und niedrig dosiertem, gewichtsadaptierten Heparin das Risiko für ischämische Komplikationen bei Patienten/Patientinnen mit PTCA Revaskularisierung senkt. Die Häufigkeit für das Auftreten von schweren Blutungskomplikationen war nicht erhöht (24).

3.1.4.2 Eptifibatid Bei dieser Substanz handelt es sich um ein zyklisches Heptapeptid, dessen Struktur auf einer KGD(Lys-Gly-Asp)-Sequenz

des

Schlangengifts

Barburin beruht. Die Hemmung ist kompetetiv. Beim

akuten

Verabreichung Abbildung

3.6

Strukturformel

Eptifibatid (Quelle: Wikipedia)

Koronarsyndrom dieser

Substanz

erfolgt

die

intravenös,

beginnend mit einer Bolusgabe von 180g/kg. Anschließend wird eine Dauerinfusion in der Dosierung 2,0g/kg/min für 72 Stunden verabreicht.

Die Wirkdauer wird mit 6-12 Stunden angegeben. Ähnlich wie bei Abciximab sind

17

sowohl akute Blutungen bzw. eine positive Blutungsanamnese als auch kürzlich zurückliegende operative Eingriffe und zerebrale Insulte eine Kontraindikation. Eine schwere Niereninsuffizienz stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar. Blutungskomplikationen werden als Nebenwirkung angegeben. Durch die ESPRIT Studie konnte die Wirksamkeit dieser Substanz gegenüber einem Placebo nachgewiesen werden. Es handelte sich dabei um eine multizentrische Studie. Es wurden 2.064 Patienten/Patientinnen untersucht. Bereits nach 48 Stunden konnte eine deutliche Reduktion des Risikos für Myokardinfarkt

und

plötzlichen

Herztod

gesehen

werden

(25).

Ähnliche

Ergebnisse wurden auch in der IMPACT II Studie gesehen. An dieser Studie nahmen 4.010 Patienten/Patientinnen teil. Es zeigte sich ein deutlicher Vorteil in der Gabe von Integrilin bei Patienten/Patientinnen mit PCI Behandlung im Vergleich mit einer Placebo Gruppe (26). In einer weiteren Studie wurde die Gabe von Eptifibatid bei Patienten/Patientinnen mit einem NSTEMI vor einer PCI im Vergleich mit einer Placebogruppe untersucht. Auch hier konnte ein deutlicher Vorteil in der Gabe von Eptifibatid gesehen werden (27).

3.1.4.3 Tirofiban Bei dieser Substanz handelt es

sich

um

einen

nichtpeptidischen, niedermolekularen Abbildung 3.7 Strukturformel Tirofiban (Quelle: Wikipedia)

IIb/IIIa Substanz

Hemmer. wird

GPDiese ebenfalls

intravenös verabreicht. Die ersten 30 Minuten in einer Dosierung von 0,4g/kg/min, danach mit einer Erhaltungsdosis von 0,1g/kg/min. Die Dauer der Behandlung beträgt mindestens 28 Stunden, darf jedoch nicht mehr als 108 Stunden betragen. Auch bei dieser Substanz sind akute Blutungen, positive Blutungsanamnese, sowie kürzlich zurückliegende operative Eingriffe und zerebrale Insulte Kontraindikationen. Bei schwerer Niereninsuffizienz sollte eine

18

Dosisreduktion

vorgenommen

werden.

Als

Nebenwirkung

werden

Blutungskomplikationen angegeben. Die PRISM-PLUS Studie inkludierte 1.915 Patienten/Patientinnen, welche sich einer Koronarangiographie oder Angioplastie unterzogen. Diese erhielten entweder

Tirofiban,

Patienten/Patientinnen

Heparin ohne

oder

Tirofiban

Kontraindikationen

plus

wurde

Heparin.

Allen

Aspirin verabreicht.

Aufgrund steigender Mortalitätsraten musste die Gruppe welche nur Tirofiban erhielt,

frühzeitig

beendet

werden.

Als

Studienendpunkt

wurde

Tod,

Myokardinfarkt und Ischämien innerhalb von 7 Tagen gewählt. Es konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Tirofiban und Heparin einen deutlichen Vorteil ergab. Zusammengefasst kann man sagen, dass die Gabe von Aspirin, Heparin und Tirofiban

eine

niedrigere

Inzidenz

für

ischämische

Ereignisse

bei

Patienten/Patientinnen mit akutem Koronarsyndrom ergab (28). Durch die RESTORE Studie konnte Effizienz von Tirofiban bei Patienten/Patientinnen, welche sich einer Angioplasie unterzogen, gesehen werden. Jedoch nach 30 Tagen

kann

kein

signifikanter

Vorteil

mehr

gesehen

werden.

Die

Blutungskomplikationen waren nicht wesentlich höher als in der Placebogruppe (29). In der publizierten ACUTE I Studie wurde Tirofiban mit Enoxaparin kombiniert. Vermehrte Komplikationen konnten nicht gesehen werden. Gesehen wurde allerdings eine stärkere Plättchenaggregation (30). Durch die ACUTE II Studie konnte gezeigt werden, dass die Kombination von Tirofiban und Enoxaparin sicherer ist als die Kombination von Tirofiban und unfraktioniertem Heparin (31).

19

3.1.5 Dipyridamol Bei Dipyridamol kommt es zu einer Hemmung der Phosphodiesterase in den Thrombozyten. Daraus resultiert eine Anreicherung von cAMP. Es wurde ursprünglich als Medikament zur Koronartherapie entwickelt. Die Resorption ist langsam und die Plasmahalbwertszeit wird mit 10 Stunden angegeben. Abbildung 3.8 Strukturformel Dipyridamol

(Quelle:

Ein Glucuronid ist der Hauptmetabolit dieser Substanz. Die Elimination erfolgt biliär. Einsatz findet diese Substanz bei transitorische ischämische Attacken

ChemAxon, MarvinJS)

(TIAs), zur Sekundärprophylaxe nach ischämischen Insulten. Gemeinsam mit 25 mg Acetylsalicylsäure wird Dipyridamol unter dem Handelsnamen Asasantin vertrieben. Die empfohlene Dosierung wird mit 2mal täglich

200mg

angegeben.

Als

unerwünschte

Nebenwirkungen

werden

Benommenheit, Muskelschmerzen, Hitzewallungen, Hypotonie, Tachykardie, sowie Verschlechterung der koronaren Herzerkrankungen angegeben. Ebenfalls können unerwünschte Wirkungen von Acetylsalicylsäure auftreten. Bereits in der ESPS-2 Studie wurde der Einsatz von Dipyridamol getestet. In dieser Studie verglich man die Sicherheit und Effizienz beim Einsatz von niedrig dosiertem Aspirin, Dipyridamol oder die Kombination beider Substanzen sowie eine Placebogruppe im Rahmen der sekundären Schlaganfallprophylaxe. Es zeigte

sich

in

allen

drei

Versuchsgruppen

eine

Verbesserung

des

Schlaganfallrisikos und des kombinierten Endpunktes aus Schlaganfall oder Gesamtsterblichkeit (32). Die Studie ist jedoch kritisch zu sehen, da die Gabe von 50mg

Acetylsalicylsäure

bezogen

auf

die

Hemmung

der

Thrombozytenaggregation vor allem im Rahmen der Schlaganfallprophylaxe als nicht sicher zu sehen ist (33). Im Rahmen der ESPRIT Studie konnte die Wirksamkeit von Dipyridamol kombiniert

mit

ASS

zur

sekundären

Schlaganfallprophylaxe

bei

Patienten/Patientinnen mit arteriellem Schlaganfall bewiesen werden. In den Studiendaten zeigte sich eine deutliche Reduktion (24% Senkung) bezogen auf den primären Endpunkt. Der primäre Endpunkt wurde gewählt als nicht fataler

20

Schlaganfall, nicht fataler Myokardinfarkt, schwere Blutung oder vaskulär bedingter Tod (34).

3.1.6 Cilostazol Durch Hemmung der PhosphodiesteraseIII

kommt

es

neben

abhängigen

einer

cAMP-

Thrombozyten

-

aggregationshemmung,

auch

zu

vasodilatatorischen Wirkungen. Der aktive Abbildung

3.9

Strukturformel

Cilostazol

(Quelle: Wikipedia)

Metabolit dieser Substanz ist DehydroCilostazol. Die Elimination erfolgt über das Cytochromsystem

(CYP3A4,

CYP2C19

und CYP1A2). Bei Claudicatio intermittens ohne Ruheschmerz und ohne Nekrose kommt diese Substanz zum Einsatz. Die Gabe erfolgt zweimal täglich entweder 30 Minuten vor oder 2 Stunden nach dem Frühstück und Abendessen, in einer Dosierung

von

jeweils

Nebenwirkungen

100mg.

angegeben.

Kopfschmerzen

Aufgrund

der

werden

als

Elimination

häufigste über

das

Cytochromsystem ist besondere Vorsicht bei anderen Substanzen gegeben, welche über dieselben CYP-Systeme verstoffwechselt werden. Die einzige Langzeitstudie (CASTLE) ist nur bedingt zu sehen, da es nach 36 Monaten eine hohe Abbruchssrate der Studienteilnehmer gab. Es wurden bei dieser Studie anfänglich

1.899

Patienten/Patientinnen

mit

peripherer

arterieller

Verschlußkrankheit ausgewählt. Die eine Gruppe erhielt Cilostazol, die andere Gruppe ein Placebo. Das Ziel dieser Studie war die Mortalität unter Cilostazol zu untersuchen. Aufgrund der hohen Abbruchsrate (>60%) und der geringen Mortalität während der Studie wurde das primäre Endziel der Studie gerade erreicht (35).

21

3.2 Antikoagulantien Antikoagulantien werden zur Prophylaxe und Therapie thrombembolischer Erkrankungen eingesetzt. Auch bei extrakorporalen Kreisläufen und Dialyse, sowie

bei

Blutkonserven

kommen

Antikaogulantien

zum

Einsatz.

Man

unterscheidet direkte Antikoagulantien, welche mit den Gerinnungsfaktoren direkt wirken und indirekte Antikoagulantien, denen eine Hemmung der Biosynthese der Gerinnungsfaktoren zu Grunde liegt. Bei allen Antikoagulantien ist die Hemmung der Bildung und Wirkung von Thrombin (Faktor IIa) das Ziel. Um diese Hemmung zu erreichen können verschiedene Faktoren der Gerinnungshemmung beeinflusst werden.

3.2.1 Heparine und Heparinoide Eine

zentrale

Rolle

spielt

das

Antithrombin.

Es

hemmt

sowohl

die

Thrombinwirkung, als auch den Faktor Xa. Heparine können die hemmende Wirkung von Antithrombin um das 1000-fache steigern.

Abbildung 3.10 Darstellung eines Teils der Struktur von Heparin (Quelle: Wikipedia)

3.2.1.1 Unfraktioniertes Heparin Im menschlichen Körper findet man Heparin in Mastzellen und basophilen Granulozyten. Die Leber, die Lunge und die Darmmukosa enthalten viele Mastzellen. Wird Heparin parenteral zugeführt, so kommt es zur Hemmung an verschiedenen Stellen des Gerinnungssystems. Eine zentrale Rolle spielt die 22

Aktivierung von Antithrombin, wodurch es zur antikoagulatorischen Wirkung von Heparin kommt. Unfraktioniertes Heparin ist eine Mischung aus negativ geladenen Glykosaminoglycanen.

Voraussetzung

ist

ein

Wechsel

zwischen

einem

Aminozucker (D-Glucosamin) und einer Uronsäure (D- Uronsäure oder LIduronsäure). Unfraktioniertes Heparin wird aus Rinderlungen oder Schweinedarm gewonnen. Damit eine Hemmung von Thrombin erfolgen kann, muss das Heparin zwei

Voraussetzungen

erfüllen.

Einerseits

benötigt

es

eine

spezifische

Pentasaccharidsequenz. Dies wird für die Bindung und Aktivierung des Antithrombins benötigt. Andererseits muss die Größe des Heparins mindestens 18 Zuckereinheiten umfassen, damit eine Bindung an das sogenannte Exosite-2 des Thrombins möglich ist. Allein durch die Aktivierung von Antithrombin kommt es zur Hemmung des Faktor Xa. Eine Bindung ist nicht erforderlich. Zusätzlich können Heparine die Freisetzung von Tissue Factor Pathway Inhibitor und Tissue Plasminogen

Activator

aus

Endothelzellen

ermöglichen.

Auch

kann

Lipoproteinlipase aus den Endothelzellen freigesetzt werden und somit die Triglyceridkonzentration im Blutplasma verringern. Durch die Bindung an verschiedene Wachstumsfaktoren kann die Proliferation von Zellen verhindert werden. Die hemmende Wirkung von Heparin auf Osteoblasten, kann die Entstehung einer Osteoporose begünstigen. Zum Einsatz kommen unfraktionierte Heparine in der Prophylaxe und Therapie von venösen und arteriellen thrombembolischen Erkrankungen. Eine Überwachung der Dosierung erfolgt über die

Bestimmung

der

aktivierten

partiellen

Thromboplastinzeit.

Die

Verabreichungsform ist s.c oder i.v. Findet die Verabreichung s.c statt so ist die Bioverfügbarkeit gering. Heparin wird nach enzymatischer Spaltung in der Leber über die Nieren ausgeschieden und die Eliminationshalbwertszeit ist variabel (zwischen 90-120min). Heparin ist nicht plazentagängig. Mit Protaminsulfat steht ein wirksames Antidot zur Verfügung. Jedoch kann es bei der Verabreichung zu einer anaphylaktischen Reaktion kommen. Als Nebenwirkung wird ein erhöhtes Blutungsrisiko angegeben, vor allem wenn eine Kombination mit einer anderen Substanz, welche die Blutgerinnung beeinflusst, verabreicht wird. Eine weitere Nebenwirkung

ist

die

heparininduzierte

Thrombozytopenie

(HIT).

Man

unterscheidet zwei Formen. Die HIT-1 ist nicht lebensbedrohlich, jedoch häufiger als die HIT-2, welche lebensbedrohlich ist. Bei der HIT-2 wird eine Häufigkeit bei

23

unfraktioniertem Heparin mit 1-3% bei hohen Dosen angegeben. Bei einem prophylaktischen Einsatz von Heparin liegt die Häufigkeit bei 0,1-1%. Die HIT-1 wird mit einer Häufigkeit von 5-10% angegeben. Ein weiterer Unterschied von HIT1 und HIT-2 liegt im Manifestationszeitpunkt. Die HIT-1 tritt üblicher Weise in den ersten Tagen der Therapie auf. Die HIT-2 für gewöhnlich in der zweiten Therapiewoche. Kommt es während der Therapie mit Heparin zu einer Reduktion der Thrombozytenzahl