Thermodynamik und Statistik. Technische Universität Clausthal SS 1987 SS 1999

Thermodynamik und Statistik Technische Universit¨at Clausthal SS 1987 – SS 1999 W. Lu ¨cke 3 Vorwort In der Vorlesung Thermodynamik und Statistik ...
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Thermodynamik und Statistik

Technische Universit¨at Clausthal SS 1987 – SS 1999 W. Lu ¨cke

3

Vorwort In der Vorlesung Thermodynamik und Statistik geht es um die Beschreibung thermodynamischer Gleichgewichtszust¨ande und in diesem Sinne eigentlich nur um Gleichgewichts-Thermodynamik. Die Art und Weise, wie thermodynamisches Gleichgewicht zustande kommt, wird nicht untersucht. Trotzdem l¨aßt sich folgende zentrale Aussage der Thermodynamik (aus plausiblen Grundannahmen) ableiten: Ein adiabatischer thermodynamischen Prozeß – ganz gleich, welche Art von Zwischenzust¨anden das System dabei durchl¨auft – ist nicht realisierbar, wenn die Entropie des Anfangszustandes gr¨oßer als die des Endzustandes ist. W¨ahrend diese Aussage f¨ ur quasistation¨are Prozesse trivial ist, liegt ihre eigentliche Bedeutung in ihrer Anwendbarkeit auf irreversible Prozesse. Dies macht verst¨andlich, daß sich thermodynamische Gleichgewichtszust¨ande stets durch (zu gegebenen Randbedingungen) gr¨oßtm¨ogliche Entropie auszeichnen. Leider fehlt die Zeit, um auch Transportprozesse und damit verbundenen Ph¨anomene abzuhandeln. Warnung: ¨ • Die Ubungsaufgaben sind als wesentlicher Bestandteil der Vorlesung anzusehen. • Das vorliegende Skript ist nicht zum Selbststudium gedacht. Literaturempfehlung: (Fermi, 1956) (Planck, 1954) (Huang, 1964) (Kubo, 1968)

4

Inhaltsverzeichnis I

Klassische Gleichgewichts-Thermodynamik

7

1 Allgemeiner Formalismus 9 1.1 Grundbeziehungen der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1.1 Gegenstand der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1.2 Begriff der W¨armemenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1.3 W¨armekraftmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1.4 Kelvinsche Temperatur-Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Einfachste thermodynamische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.2.1 Modell-Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.2.2 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.2.3 Thermodynamische Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.2.4 Irreversible Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.3 Komplizierte thermodynamische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.3.1 Thermodynamische Prozesse geschlossener Systeme . . . . . . 32 1.3.2 Absolute Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1.3.3 Thermodynamisches Gleichgewicht geschlossener Systeme . . . 35 1.3.4 Thermodynamisches Gleichgewicht bei festen ¨außeren Bedingungen 37 1.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2 Anwendungsbeispiele 2.1 Heterogene Systeme . . . . . . . . . . . 2.1.1 Aggregatzust¨ande . . . . . . . . 2.1.2 Mehrkomponentige Systeme mit 2.2 Gas-Reaktionen . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Massenwirkungsgesetz . . . . . 2.2.2 Prinzip von Le Chatelier . . . . 2.3 Verd¨ unnte L¨osungen . . . . . . . . . . 2.3.1 Grundannahmen . . . . . . . . 2.3.2 Osmotischer Druck . . . . . . . 2.3.3 Dampfdruckerniedrigung . . . .

5

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . beliebig vielen Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . .

43 43 43 46 47 47 50 52 52 54 55

6

II

INHALTSVERZEICHNIS

Statistische (Quanten-) Mechanik

3 Allgemeiner Formalismus 3.1 Quantenmechanische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Zustandsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Plancks Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Die mikrokanonische Gesamtheit . . . . . . . . . 3.1.4 Das Gibbssche Paradoxon . . . . . . . . . . . . . 3.2 Die kanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Herleitung aus der mikrokanonischen Gesamtheit 3.2.2 Konsistenzbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die großkanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Herleitung aus der kanonischen Gesamtheit . . . . 3.3.2 Konsistenzbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57 . . . . . . . . . . . .

4 Anwendungen der Statistischen Mechanik 4.1 Ideale Fermi-Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Allgemeine Grundbeziehungen . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Freies Elektronengas im thermodynamischen Limes 4.1.3 N¨aherungsweise Auswertung . . . . . . . . . . . . . 4.2 Ideale Bose-Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Allgemeiner Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Quantisierung des elektromagnetischen Feldes . . . 4.2.3 Hohlraumstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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59 59 59 63 65 67 70 70 73 75 75 79 81

. . . . . . . .

83 83 83 84 86 91 91 92 96

¨ A Ubungsaufgaben

101

B L¨ osungsvorschl¨ age

119

Literaturverzeichnis

149

Index

151

Teil I Klassische Gleichgewichts-Thermodynamik

7

Kapitel 1 Allgemeiner Formalismus 1.1

Grundbeziehungen der Thermodynamik

1.1.1

Gegenstand der Thermodynamik

Die klassische Thermodynamik besch¨aftigt sich grunds¨atzlich mit makroskopischen Systemen. Als makroskopisches System bezeichnet man eine (der physikalischen Realit¨at und Fragestellung angemessene) Idealisierung eines physikalischen Systems als Kontinuum, dessen charakteristische Eigenschaften sich (von idealisierten Grenzfl¨achen abgesehen) nur u ¨ber makroskopische Raum-Zeit-Distanzen wesentlich a¨ndern. Das tats¨achliche physikalische System S kann man dadurch identifizieren, daß man zu jedem Zeitpunkt t das (makroskopische) Raumgebiet GS (t) angibt, innerhalb dessen sich alle Substanz des Systems und sonst nichts befindet. Vorteil einer makroskopischen Theorie:1

¨ direkte Uberpr¨ ufbarkeit.

Ein (makroskopisches) System S heißt geschlossen, wenn zu keinem Zeitpunkt chemische Substanz hinzukommt, abgezogen oder ausgetauscht wird. Andernfalls nennt man das System offen. S heißt homogen, falls seine charakteristischen Kontinuumseigenschaften nicht vom Ort (innerhalb GS (t) zum Zeitpunkt t) abh¨angen. Unter einer Phase (von S) versteht man ein maximales, homogenes, makroskopisches Teilsystem von S. Wenn S aus mehreren (endlich vielen) Phasen besteht, nennt man S heterogen (Beispiel: H2 O). Unter dem (momentanen) Zustand von S versteht man die Menge aller (momentan gem¨aß Modell) zuzuordnenden Eigenschaften. Den Zustand nennt man sta¨ tion¨ ar , wenn er sich im Laufe der Zeit nicht ¨andert. Andert sich der Zustand Version vom 7. M¨ arz 2009

1

Eine mikroskopische Theorie liefert daf¨ ur u.U. ein ‘tieferes’ Verst¨andnis.

9

10

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

w¨ahrend des Zeitintervalls [t1 , t2 ], so sagt man, S durchlaufe (w¨ahrend dieses Zeitintervalls) einen Prozeß. Stimmen die Zust¨ande zu Anfangs- und Endzeitpunkt u ¨berein, so spricht man von einem Kreisprozeß. Man sagt, zwei Systeme S1 ,S2 in gegebenen station¨ aren Zust¨anden (nicht unbedingt TDGZ’s) befinden sich miteinander im thermischen Gleichgewicht,2 falls sich an Teilsystemen von S1 und S2 nicht dadurch Zustands¨anderungen bewirken lassen, daß man sie lediglich in rein thermischen Kontakt3 bringt. Man sagt, ein System in einem station¨aren Zustand habe eine einheitliche Temperatur , wenn es sich mit sich selbst im thermischen Gleichgewicht befindet.4 Man sagt von zwei Systemen in station¨aren Zust¨anden einheitlicher Temperatur, daß sie gleiche Temperatur haben, wenn sie sich miteinander im thermischen Gleichgewicht befinden. Diesen Sprachgebrauch rechtfertigt: Axiom 1 (0. Hauptsatz der Thermodynamik) Seien S1 , S2 , S3 Systeme in station¨aren Zust¨anden einheitlicher Temperatur. Wenn sich sowohl S1 und S2 als auch S2 und S3 miteinander im thermischen Gleichgewicht befinden, dann befinden sich auch S1 und S3 miteinander im thermischen Gleichgewicht.

Die Thermodynamik basiert auf folgender Beobachtung: Teilsysteme vollst¨ andig isolierter makroskopischer Systeme gehen mit der Zeit stets in station¨are Zust¨ande u ¨ber. Station¨are Zust¨ande dieser Art bezeichnet man als thermodynamische Gleichgewichtszust¨ ande (TDGZ’s) (Beispiel: Gas im isolierten Beh¨alter). Man sagt, S befinde sich im Gebiet G ⊂ GS lokal im thermodynamischen Gleichgewicht, wenn sich das in G befindliche Teilsystem (gedanklich) zu einem makroskopischen System S ′ erg¨anzen l¨aßt, das sich in einem TDGZ befindet. Unter einem Temperatur-Zustand sei stets ein thermodynamischer Gleichgewichtszustand einheitlicher Temperatur verstanden. Thermodynamische Gr¨ oßen sind solche makroskopischen Zustandsgr¨oßen, die makroskopische Systeme in Temperatur-Zust¨anden (dem Modell entsprechend) charakterisieren.5 Ein thermodynamischer Prozeß ist ein Prozeß, bei dem die Zust¨ande zu Anfangs- und Endzeitpunkt Temperatur-Zust¨ande sind. Ein thermodynamischer Prozeß heißt quasi-statisch, wenn er so abl¨auft, daß zu jedem Zeitpunkt ein Temperatur-Zustand existiert, von dem sich der tats¨achliche Zustand nicht wesentlich unterscheidet. Version vom 7. M¨ arz 2009

2

Thermisches Gleichgewicht impliziert nicht thermodynamisches Gleichgewicht (z.B. sind Druck-Dichte-Variationen im Gas auch bei einheitlicher Temperatur m¨oglich). 3 Der Begriff des rein thermischen Kontaktes wird in Abschnitt 1.1.2 erkl¨art. 4 Praktische M¨ oglichkeiten, das zu u ufen, ergeben sich aus dem 0. Hauptsatz. ¨berpr¨ 5 Auf die u ¨bliche Unterscheidung von inneren und ¨außeren Zustandsgr¨oßen wollen wir verzichten.

1.1. GRUNDBEZIEHUNGEN DER THERMODYNAMIK

11

Hauptgegenstand der (Gleichgewichts-)Thermodynamik: 1. Relationen zwischen den thermodynamischen Parametern. ¨ 2. Anderung der thermodynamischen Parameter bei quasi-statischen Prozessen. 3. Energie-Austausch und -Umwandlung (W¨arme!) bei thermodynamischen Prozessen.

Abschließende Bemerkung: Im u ¨brigen spielt auch die Geometrie des makroskopischen Systems meist keine wesentliche Rolle. Typische Ausnahme: elastische Materialien.

1.1.2

Begriff der W¨ armemenge

Die Einwirkung zweier (makroskopischer) Systeme aufeinander (im Sinne einer Zustands¨anderung) wird direkt genannt, wenn Systeme, die diese Einwirkung vermitteln (z.B. geeignete Zwischenw¨ande), aus den Modellbetrachtungen ganz ausgeschlossen werden k¨onnen – da sie im wesentlichen nur die Art des Kontaktes bestimmen (und in entspr. Bilanzgleichungen vernachl¨assigt werden k¨onnen). Man nennt zwei (makroskopische) Systeme S1 , S2 gegeneinander mechanisch isoliert, wenn die Systeme nirgendwo direkt aneinander makroskopische Arbeit (aufgrund mechanischer oder elektrodynamischer Kr¨afte) verrichten. Man nennt sie gegeneinander chemisch isoliert, wenn sie untereinander in keiner Weise direkt chemische Substanz verlagern. Man sagt, zwischen S1 und S2 bestehe rein thermischer Kontakt, wenn die Systeme direkt aufeinander einwirken, obwohl sie gegeneinander mechanisch und chemisch isoliert sind (Beispiel: Gasthermometer). Erfahrungsgem¨aß existieren Materialien (z.B. Asbest), die thermischen Kontakt weitgehend verhindern. Falls S1 und S2 mithilfe solcher Materialien gegeneinander (hinreichend) abgeschirmt sind, sagt man, die Systeme seien gegeneinander (weitgehend) thermisch isoliert. Man sagt, zwischen zwei Systemen bestehe rein mechanischer Kontakt, wenn sie direkt aufeinander einwirken, obwohl sie gegeneinander thermisch und chemisch isoliert sind. Erfahrungsgem¨aß gilt:

12

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS Axiom 2 (1. Hauptsatz der Thermodynamik) Systemen in Temperatur-Zust¨anden l¨aßt sich eine Zustandsgr¨oße, die sog. innere Energie U , zuordnen , die formal den Charakter einer zwar umverteilbaren, in ihrer Gesamtheit jedoch erhaltenen Substanz hat und folgender Bedingung gen¨ ugt: Der Anteil ∆U an innerer Energie, der einem System S1 durch (direkten) rein mechanischen Kontakt von einem System S2 zugef¨ uhrt wird, ist stets gleich der makroskopischen Arbeit ∆A, die S2 aufgrund dieses Kontaktes an S1 verrichtet: ∆U = ∆A bei rein mechanischem Kontakt. F¨ ur direkte Einwirkung von S1 auf S2 bezeichnet man def

∆Q = ∆U − ∆A bei gegenseitiger chemischer Isolierung

(1.1)

uhrt wird (wobei als die W¨ armemenge,6 die S1 bei dieser Einwirkung von S2 zugef¨ ∆A wieder die makroskopische Arbeit bezeichnet, die S1 an S2 verrichtet). Vor 1824 wurde die W¨armemenge als eine Art Fl¨ ussigkeit verstanden, da sie sich hinsichtlich rein thermischer Kontakte sonst isolierter Systeme entsprechend verh¨alt: S P ¡@PPP ¡ PP @ ¡ @ P S1 S2 S3 . . . S ³n ³ ³ @ ¡ ³ ¡ ³ @ @¡ ³³

Die von S auf S ′ u ¨bertragene W¨armemenge ist – bei festgelegten Anfangs- und Endzust¨anden von S, S ′ – unabh¨angig von Art und Anzahl der Zwischentr¨ager S1 , S2 , . . .

S′

In diesem Sinne f¨ uhrte man f¨ ur die W¨armemenge eine eigene Einheit, die sog. Kalorie (cal) ein: def

1 cal =

½

diejenige W¨armemenge, die n¨otig ist, um 1g Wasser unter Normaldruck von 14◦ C auf 15◦ C zu erw¨armen

(1.2)

Sei C1 ein thermodynamischer Prozeß des Systems S, der durch rein thermischen Kontakt zustande kommt, und sei ∆Q1 die S w¨ahrend dieses Prozesses zugef¨ uhrte W¨armemenge. Dann ist es durchaus m¨oglich, daß ein zweiter Prozeß existiert, der Version vom 7. M¨ arz 2009

6

Diese Definition ist von der konkreten Wahl f¨ ur U unabh¨angig, wenn sich – wie in der Praxis stets der Fall – je zwei Temperatur-Zust¨ande eines geschlossenen Systems durch rein mechanische Kontakte mit der Umgebung aus einunddemselben Temperatur-Zustand (niedrigerer innerer Energie) herstellen lassen.

13

1.1. GRUNDBEZIEHUNGEN DER THERMODYNAMIK

durch rein mechanischen Kontakt zustande kommt und trotzdem gleichen Anfangsund Endzustand hat wie C1 . In solchen Situationen gilt stets: ∆Q1 ∆A2 ≈ 4, 185 . Ws cal In diesem Sinne also: cal = b 4, 185Ws . (1.3)

(Beispiel: Erw¨armung eines Wasserbeh¨alters einmal durch ein Reibungssystem, zum anderen durch einen Tauchsieder.) Abschließende Bemerkung: Der 1. Hauptsatz verbietet ein Perpetuum Mobile 1. Art, d.h. ein (geschlossenes) System, das mit seiner Umgebung in rein mechanischem Kontakt steht und dabei im Mittel positive Arbeit leistet.

1.1.3

W¨ armekraftmaschinen

Unter einem W¨ armespeicher versteht man ein (makroskopisches) System einheitlicher Temperatur, das seinen Zustand durch rein thermischen Kontakt nicht wesentlich ¨andert.7 Als (thermodynamische) Maschine, die zwischen zwei W¨armespeichern S1 , S2 arbeitet, bezeichnet man ein (geschlossenes) System M, das bei Aufhebung sonst vollst¨andiger Isolierung durch folgende 3 Kontakte eine (im wesentlichen) rein periodische Zustands¨anderung erf¨ahrt:

S2

↓Q2

Â

M

Á

S1

¿ W



R

À

↓Q1

1. Rein thermischer Kontakt mit einem W¨armespeicher S2 , dem M w¨ahrend jeder Periode die W¨armemenge Q2 > 0 entzieht. 2. Rein mechanischer Kontakt mit einem System R, dem M w¨ahrend jeder Periode die ‘frei verf¨ ugbare mechanische Energie’ W ≥ 0 zuf¨ uhrt. 3. Rein thermischer Kontakt mit einem W¨armespeicher S1 , dem M w¨ahrend jeder Periode die W¨armemenge Q1 ≥ 0 zuf¨ uhrt.8

Nach dem 1. Hauptsatz muß dabei W + Q1 − Q2 = 0 Version vom 7. M¨ arz 2009

7

Z.B. aufgrund eines geeigneten Durchflutungssystems. 8 Die Bedingung Q1 ≥ 0 w¨ urde auch automatisch aus dem 2. Hauptsatz folgen.

(1.4)

14

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

gelten. Erfahrungsgem¨aß gilt außerdem:9 Axiom 3 (2. Hauptsatz der Thermodynamik) Sei M eine Maschine, die zwischen den W¨armespeichern S1 , S2 arbeitet. Dann haben entweder S1 und S2 gleiche Temperatur oder S2 gibt bei rein thermischem Kontakt mit S1 stets W¨arme ab.10 Als Wirkungsgrad einer Maschine bezeichnet man den Quotienten def

η =

W Q2 − Q1 Q1 = =1− ∈ [0, 1) . Q2 Q2 Q2

(1.5)

Unter einer Carnot-Maschine versteht man eine idealisierte Maschine, die zwischen zwei W¨armespeichern S1 , S2 arbeitet und folgenden drei Bedingungen gen¨ ugt: (C1) 0 < η < 1 . (C2) Die Arbeitsweise der Maschine ¨andert sich nicht, wenn man die W¨armespeicher gegen solche gleicher Temperatur austauscht. (C3) M l¨aßt sich auch so als W¨armepumpe (K¨ uhlmaschine) PM betreiben, daß PM periodisch arbeitend: 1. S2 die W¨armemenge Q2 > 0 zuf¨ uhrt,

2. S1 die W¨armemenge Q1 > 0 entzieht,

3. R die mechanische Energie W < 0 entzieht. Seien S1 , S2 W¨armespeicher. Dann schreiben wir S1 ≺ S2 , falls eine CarnotMaschine (als Grenzfall realer Maschinen) existiert, die zwischen S1 und S2 arbeitet. Satz 1.1.1 (Carnot) Der Wirkungsgrad η einer Maschine M, die zwischen den W¨armespeichern S1 ≺ S2 unterschiedlicher Temperatur arbeitet, kann nicht gr¨oßer als der Wirkungsgrad η ′ einer Carnot-Maschine M′ sein, die zwischen S1 und S2 arbeitet.11 Beweisskizze: Im Falle η > η ′ sollte sich folgendermaßen ein Widerspruch zu den Haupts¨atzen ergeben: Version vom 7. M¨ arz 2009

9

Die hier gew¨ ahlte Formulierung vermeidet die vorzeitige Verwendung des Begriffs ‘h¨ohere Temperatur’. 10 ¨ 4 Bzgl. ¨ aquivalenter Formulierungen siehe Ubungsaufgabe 11 Eine Maschine mit Wirkungsgrad 1 (d.h. Q1 = 0) w¨are ein sog. Perpetuum Mobile 2. Art.

15

1.1. GRUNDBEZIEHUNGEN DER THERMODYNAMIK

↓ N Q2

¾ N W −N ′ W ′

←−

M

½

S2



↑N

»¾ N ′W ′

−→

PM′

¼½

↓ N Q1

S1



Q′2

Wenn man NN′ − W W ≥ 0 hinreichend klein w¨ahlt, gilt nach Gleichung (1.5)

»

N ′ Q′2 − N Q2 =

NW N ′W ′ − > 0, ′ η η

und somit nach Gleichung (1.4) (1. Haupt¼satz!) N ′ Q′1 − N Q1 > 0 ,

↑N ′ Q′1

im Widerspruch zum 2. Hauptsatz.

Folgerung 1.1.2 Der Wirkungsgrad η(S1 , S2 ) einer Carnot-Maschine, die zwischen den W¨armespeichern S1 ≺ S2 arbeitet, h¨angt einzig und allein von der Temperatur der Speicher S1 , S2 ab.

1.1.4

Kelvinsche Temperatur-Skala

Zur Einf¨ uhrung der sog. absoluten thermodynamischen Temperatur-Skala ben¨otigen wir eine Reihe von Arbeitshypothesen:12 Arbeitshypothese 1 ¾ ½ S1 ≺ S2 S1 ≺ S3 =⇒ 1 − η(S1 , S2 ) = (1 − η(S1 , S3 ))(1 − η(S3 , S2 )) S3 ≺ S2 Version vom 7. M¨ arz 2009

12

Wenn man voraussetzt, daß zwischen je zwei W¨armespeichern unterschiedlicher Temperatur (in entsprechender Anordnung) eine Carnot-Maschine arbeiten kann, gen¨ ugt Arbeitshypothese 1. Ohne diese Voraussetzung sind auch die Arbeitshypothesen 2–5 notwendig, um die Hauptaussage ¨ ist. Tats¨achlich ist aufgrund der von Satz 1.1.3 sicherzustellen, daß ∼ eine Aquivalenzrelation M¨oglichkeit ‘negativer’ Temperaturen (siehe Aufgabe 23) entsprechende Vorsicht geboten.

16

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS Plausibilit¨ atsbetrachtung:

S2

↓ Q2

¾

M3,2

½ S3

↓ Q3 ↓ Q3

¾

M1,3

½ S1

» W2



¼

Q1 Q2 Qj Qk

»

= =

Q3 1 (Q Q3 )( Q2 ) 1 − η(Sj , Sk )

W1



¼

↓ Q1

Arbeitshypothese 2   S3 ≺ S1   S1 ≺ S2 1 − η(S3 , S2 ) S3 ≺ S2 =⇒   1 − η(S1 , S2 ) = η(S3 , S1 ) ≺ η(S3 , S2 ) 1 − η(S3 , S1 ) Plausibilit¨ atsbetrachtung:

S2

S1

W′

←−

↓ Q1

¾

M3,1

½

↓ Q3

↑ Q2

»¾ W

−→

P3,2

¼½ −→ S3

↑ Q3

» ¼

Q1 Q2

=

Qj Qk

=

Á 3 3 (Q ) (Q Q2 Q1 )

1 − η(Sj , Sk )

1.1. GRUNDBEZIEHUNGEN DER THERMODYNAMIK

17

Arbeitshypothese 3   S1 ≺ S3   S1 ≺ S2 1 − η(S1 , S3 ) S2 ≺ S3 =⇒   1 − η(S1 , S2 ) = η(S2 , S3 ) ≺ η(S1 , S3 ) 1 − η(S2 , S3 ) Plausibilit¨ atsbetrachtung:

↓ Q3

W′

←−

¾

M1,3

½

S3 ←−

↑ Q3

»¾

P2,3

W

−→

¼½ S2

S1

↑ Q2

» ¼

Q1 Q2

=

Qj Qk

=

Á 1 2 (Q ) (Q Q3 Q3 )

1 − η(Sj , Sk )

↓ Q1

Arbeitshypothese 4  ½ S1 ≺ S3  Es existiert eine Maschine mit WirkungsS2 ≺ S3 =⇒ grad 0, die zwischen S1 und S2 arbeitet.  η(S2 , S3 ) = η(S1 , S3 ) Plausibilit¨ atsbetrachtung: Entsprechend derjenigen zu Arbeitshypothese 3.

Arbeitshypothese 5  ½ S3 ≺ S1  Es existiert eine Maschine mit WirkungsS3 ≺ S2 =⇒ grad 0, die zwischen S1 und S2 arbeitet.  η(S3 , S1 ) = η(S3 , S2 )

18

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS Plausibilit¨ atsbetrachtung: Entsprechend derjenigen zu Arbeitshypothese 2.

Die Schreibweise S1 ∼ S2 soll stets besagen, daß mindestens eine der folgenden drei Aussagen richtig ist: (T1) S1 und S2 haben gleiche Temperatur. (T2) S1 ≺ S2 .

(T3) S2 ≺ S1 .

Aus dem 2. Hauptsatz ergibt sich damit aufgrund o.a. Arbeitshypothesen13 folgender ¨ Satz 1.1.3 ∼ ist eine Aquivalenzrelation und im Falle S1 ∼ S2 gilt stets genau eine der Aussagen (T1) – (T3). ¨ Beweis als Ubungsvorschlag. Mit der (offensichtlich konsistenten) Definition14 ½ 1 − 1/(1 − η(S1 , S2 )) , falls S1 ≺ S2 def η(S2 , S1 ) = 0, falls S1 und S2 gleiche Temperatur haben ergibt sich S1 ∼ S2

=⇒

1 − η(S1 , S2 ) =

und daraus mit Arbeitshypothese 1:

1 1 − η(S2 , S1 )

(1.6)

Folgerung 1.1.4 Seien S1 , S2 , S3 W¨armespeicher mit S1 ∼ S2 ∼ S3 . Dann gilt 1 − η(S1 , S2 ) =

1 − η(S1 , S3 ) . 1 − η(S2 , S3 )

Beweis: Wenn die drei Temperaturen der Speicher nicht paarweise verschieden sind, folgt die Behauptung sofort aus (1.6). Im Falle S1 ≺ S3 ≺ S2 folgt die Behauptung direkt aus Arbeitshypothese 1 und (1.6) (angewandt auf η(S2 , S3 ) statt η(S2 , S1 )). Die restlichen F¨alle unterscheiden sich von letzterem nur durch Permutation der Indizes. Nach (1.6) bleibt aber die nachzuweisende Gleichung stets g¨ ultig, wenn man die Indizes 1,2 vertauscht oder alle drei Indizes zyklisch permutiert. Unter den Voraussetzungen dieser Folgerung haben also S1 und S2 dann und nur dann gleiche Temperatur, wenn η(S1 , S3 ) = η(S2 , S3 ) gilt. Daher ist die Temperatur von Version vom 7. M¨ arz 2009

13

Man beachte Fußnote 12. 14 F¨ ur S1 ≺ S2 stimmt η(S2 , S1 ) mit dem (negativen) Wirkungsgrad einer als W¨armepumpe zwischen S2 als ‘unterem’ und S1 als ‘oberem’ W¨armespeicher betriebenen Carnot-Maschine u ¨berein.

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

19

def

S ∈ [S3 ] = {S ′ : S ′ ∼ S3 } bei fest vorgegebenem S3 , T (S3 ) eindeutig durch den Parameter def

T (S) = (1 − η(S, S3 ))T (S3 )

(1.7)

festgelegt und gem. ob. Folgerung gilt unabh¨ angig von der Wahl fu ¨ r S3 , T (S3 ): η(S1 , S2 ) = 1 −

T (S1 ) T (S2 ) − T (S1 ) = . T (S2 ) T (S2 )

(1.8)

Der Wirkungsgrad einer Carnot-Maschine stimmt also mit der relativen absoluten Temperaturdifferenz der entspr. W¨armespeicher u ¨berein, und ist damit zur Messung von Temperaturunterschieden im Bereich extrem niedriger T -Werte bestens geeignet! ur den Die sog. Kelvinsche Temperatur-Skala ist durch den gem¨aß (1.7) f¨ Spezialfall S3 im thermischen Gleichgewicht mit H2 O im 3-Phasen-Zustand , def T (S3 ) = 273, 16 K

(1.9)

definierten Temperatur-Parameter T gegeben. ¨ Sie erfaßt nat¨ urlich nur die Temperatur derjenigen W¨armespeicher, die zur Aquivalenzklasse von S3 geh¨oren. In diesem Sinne zeigt die Erfahrung, daß man {T (S)/K : S ∼ S3 } = (0, +∞)

(1.10)

annehmen kann. Wir wollen uns im folgenden stets auf diesen erfahrungsgem¨aß stabilen Temperaturbereich beschr¨anken. Der Wert T (S3 ) = 273, 16 K wurde gew¨ahlt, damit der Temperaturunterschied zwischen Gefrier- und Siedepunkt des Wassers unter Normaldruck 100 K betr¨agt.

1.2 1.2.1

Einfachste thermodynamische Systeme Modell-Beschreibung

Die einfachsten thermodynamischen Systeme sind geschlossene Systeme, deren Temperatur-Zust¨ande Z sich 1-1-deutig den Punkten im offenen 1. Quadranten einer T -V -Ebene so zuordnen lassen, daß benachbarte Punkte ann¨ahernd gleichen Zust¨anden entsprechen:15 Version vom 7. M¨ arz 2009

15

V muß nicht immer das Volumen des Systems, sondern k¨onnte z.B. auch die Auslenkung einer Feder sein.

20

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Anmerkung: W¨ahrend Temperatur T und Gesamtvolumen V die Temperatur-Zust¨ande geschlossener Systeme chemisch reiner Substanzen ‘gew¨ohnlich’ eindeutig charakterisieren, ist das weder f¨ ur das ParameterPaar (Druck,Volumen) noch f¨ ur das Parameter-Paar (Temperatur,Druck) der Fall: Wasser von 4◦ C unter Normaldruck dehnt sich sowohl bei Erw¨armung als auch bei Abk¨ uhlung aus, so daß zu gegebenem Druck und Volumen zwei Temperaturwerte existieren k¨onnen. Falls Temperatur und Druck Werte annehmen, f¨ ur die H2 O sowohl in der Dampf- als auch in der Fl¨ ussigkeitsphase existieren kann, ¨andert sich der Druck nicht, wenn man bei konstanter Temperatur das Volumen - vergr¨oßert (es entsteht lediglich mehr Dampf).

6 qZ

T

V

Quasistatische Prozesse sind dann solche Prozesse, die einfachen Bahnkurven C = {(T (t), V (t)) : t ∈ [t1 , t2 ]} in der T -V -Ebene entsprechen. Wir betrachten hier nur solche Systeme, f¨ ur die zu jeder einfachen Bahnkurve auch tats¨achlich ein entsprechender quasistatischen Prozeß existiert.16 Die w¨ahrend eines quasistatischen Prozesses C am System geleistete makroskopische Arbeit ∆A sei von der Form17

∆A =

Z

C

A(T, V ) · d | {z =dA

µ

T V



}

def

=

Z

t2

t1

def

mit A(T, V ) =

A(T (t), V (t)) · µ

0 −P (T, V )



µ

d T (t) dt d V (t) dt



dt

(1.11)

,

wobei die genaue (hinreichend gutartige) Zuordnung T, V −→ P (T, V ) (thermische Zustandsgleichung ) vom jeweiligen System abh¨angt. Anmerkungen: • In den Anwendungen ist P i.d. Regel der Druck — also direkt meßbar. Version vom 7. M¨ arz 2009

16

Ein quasistatischer Prozeß ist in der Regel nur dann realisierbar, wenn er hinreichend langsam abl¨auft. 17 Dadurch ist die Menge der zugelassenen mechanischen Kontakte nat¨ urlich stark eingeschr¨ankt!

21

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME • Um die Schreibweise nicht zu umst¨andlich zu gestalten, verwenden wir ‘Vektoren’ mit Komponenten unterschiedlicher physikalischer Dimension. • Auf einer Menge vom Maße Null i.d. T -V -Ebene d¨ urfen partielle Ableitungen von P durchaus Unstetigkeiten aufweisen. Ebenso richtet sich die genaue Zuordnung der inneren Energie U T, V −→ U (T, V )

(kalorische Zustandsgleichung ) nach dem jeweiligen System. Sie legt gem¨aß 1. Hauptsatz die w¨ahrend eines quasistatischen Prozesses C dem System zugef¨ uhrte W¨armemenge ∆Q fest:18 µ ¶ Z T ∆Q = ∆U − ∆A = Q(T, V ) · d (1.12) V C | {z } def

mit Q(T, V ) =

µ

=dQ

∂ U (T, V ∂T

) ∂ U (T, V ) + P (T, V ) ∂V



.

Einen quasistatischen Prozeß C = {(T (t), V (t)) : t ∈ [t1 , t2 ]} nennt man isochor :19

falls

d V dt

adiabatisch:

falls20

d Q(t) dt

=0

isotherm:

falls

d T (t) dt

f¨ ur alle t ∈ [t1 , t2 ]

=0

f¨ ur alle t ∈ [t1 , t2 ]

isobar :

falls

(T (t), V (t)) = 0

f¨ ur alle t ∈ [t1 , t2 ]

d P dt

(t) = 0

f¨ ur alle t ∈ [t1 , t2 ]

Wir betrachten nur solche Systeme, f¨ ur die ∂ U (T, V ) > 0 ∂T

(1.13)

gilt.21 Dann folgt mit (1.12): Version vom 7. M¨ arz 2009

18

Das Vektorfeld A + Q ist als Gradient von U nat¨ urlich konservativ. Dagegen sind aber die Einzelfelder A, Q i.d. Regel nicht konservativ. 19 Durch isochore Prozesse wird also am System keine mechanische Arbeit verrichtet (dA(t) = 0). 20 Pr¨azise formuliert: ¶ µ d T (t) = 0. Q(T (t), V (t)) · dt V (t) 21 Sonst ließe sich durch wechselnden rein thermischen Kontakt mit einem solchen System W¨arme von einem k¨ alteren in einen w¨ armeren W¨armespeicher transportieren — im Widerspruch zum 2. Hauptsatz.

22

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

C adiabatisch ⇐⇒

  

C = {(T (V ), V ) : V ∈ [V1 , V2 ]}

∂ U (T, V )|T =T (V ) + P (T (V ), V ) dT (V ) ∂V  = −  ∂ dV U (T, V )|T =T (V ) ∂T

(1.14)

(f¨ ur hinreichend gutartige Zustandsgleichungen). Zu geg. (T, V ) existiert also stets nur eine Adiabate durch diesen Punkt d.h. eine Linie maximaler Ausdehnung im offenen 1. Quadranten der T -V -Ebene, l¨angs derer nur adiabatische Prozesse ablaufen k¨onnen.

1.2.2

Entropie

Unter einem Carnot-Prozeß. versteht man einen quasistatischen Kreisprozeß C, der sich aus zwei isothermen Prozessen C1R, C2 und zwei adiabatischen Prozessen C↑ , C↓ so zusammensetzt, daß die Ungleichung C dA < 0 gilt: 6

C2

T2

C = C1 + C↑ + C2 + C↓

C↑

C↓ ¾

T1

C1 -

V Seine Bedeutung beruht auf folgender Arbeitshypothese: Arbeitshypothese 6 Carnot-Maschine mit

Zu jedem Carnot-Prozeß C existiert eine

Q2 = +

Z

dQ,

T (S2 ) = T2 .

dQ,

T (S1 ) = T1

C2

und Q1 = −

Z

C1

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

23

Plausibilit¨ atsbetrachtung: T2 Asbest-Schieber

Arbeitssubstanz

¾

Asbest-Schieber

T1

Aus (1.8) und (1.5) folgt die sog. Clausiussche Gleichung Q2 Q1 = f¨ ur Carnot-Maschinen T1 T2 und somit gem¨aß Arbeitshypothese 6: µ ¶ Z T = 0 f¨ ur Carnot-Prozesse, S(T, V ) · d V C | {z }

(1.15)

(1.16)

= T1 dQ

1 Q(T, V ) . T Wir nennen einen Punkt (T0 , V0 ) (des offenen 1. Quadranten der T -V -Ebene) normal , falls P und U in einer Umgebung von (T0 , V0 ) 2-mal stetig differenzierbar sind und den Bedingungen22 def

wobei S(T, V ) =

(N1) (N2)

∂ P (T, V0 )|T =T0 6= 0 , ∂T ∂ P (T0 , V0 ) + ∂V U (T0 , V )|V =V0

6= 0

gen¨ ugen. Lemma 1.2.1 Zu jedem normalen Punkt (T0 , V0 ) existiert eine offene Umgebung O mit folgenden Eigenschaften: 1. Es existiert ein (hinreichend gutartiges, lokales) Koordinatensystem f¨ ur O , dessen Koordinatenlinien stets auf Isothermen oder Adiabaten liegen. 2. Der (entsprechend orientierte) Rand jedes von vier unterschiedlichen Koordinatenlinien begrenzten Fl¨achenst¨ ucks F ⊂ O stellt einen Carnot-Prozeß dar. Version vom 7. M¨ arz 2009

22

Nur dann, wenn (N1) und (N2) ¨ aquivalent sind, kann S konservativ sein (siehe Satz 1.2.4).

24

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Beweisskizze: Nach (N2) und (1.14) laufen die Adiabaten aus jeder hinreichend kleinen Umgebung O von (T0 , V0 ) heraus, mit von Null verschiedener Steigung und ohne sich zu ber¨ uhren. Also sind die Adiabaten zusammen mit den Isothermen zur Koordinatisierung von O geeignet. Damit die erw¨ahnten Kreisprozesse CarnotProzesse sind (η > 0), m¨ ussen die Bilder der zugeh¨origen orientierten Fl¨achenst¨ ucke F in der P -V -Ebene nichtverschwindenden Fl¨acheninhalt haben. Das folgt aber f¨ ur hinreichend kleines O aus (N1), wonach eine Umgebung (T1 , t2 )×(V1 , V2 ) von (T0 , V0 ) mit folgender Eigenschaft existiert: F¨ ur jeweils festes V ∈ (V1 , V2 ) ist die Abbildung 23 T 7→ P (T, V ) u ber (T , T ) r¨ u ckeindeutig. ¨ 1 2 Folgerung 1.2.2 Zu jedem normalen Punkt (T0 , V0 ) existiert eine Umgebung, innerhalb derer S(T, V ) konservativ ist (sofern das Modell dem 2. Hauptsatz nicht widerspricht). Wir nennen ein System S der in 1.2.1 betrachteten Art schlicht, falls es folgenden drei Bedingungen gen¨ ugt: (S1) S(T, V ) ist u ¨ berall (im offenen 1. Quadranten der T -V -Ebene) stetig. (S2) Jedes einfache Fl¨achenst¨ uck F (im offenen 1. Quadranten der T -V -Ebene) l¨aßt sich so in einfache Fl¨achenst¨ ucke F1 , . . . , Fn zerlegen, daß im Inneren der Fj nur normale Punkte liegen. (S3) S widerspricht nicht dem 2. Hauptsatz. Folgerung 1.2.3 Wenn S schlicht ist, dann existiert eine Zustandsgr¨oße S(T, V ), die sog. Entropie, die die Bedingung µ ¶ Z 1 T S(T (t2 ), V (t2 )) − S(T (t1 ), V (t1 )) = Q(T, V ) · d V C T f¨ ur jeden quasi-statischen Prozeß C = {(T (t), V (t) : t ∈ [t1 , t2 ]} erf¨ ullt und dadurch bis auf eine additive Konstante festgelegt ist. Satz 1.2.4 Seien P und U in dem offenen Gebiet O 2-mal stetig differenzierbar. Dann ist S in O genau dann konservativ, wenn ∂ ∂V

∂ U (T, V ) + P (T, V ) = T ∂T P (T, V )

f¨ ur alle (T, V ) ∈ O gilt. Version vom 7. M¨ arz 2009

23

Die Bilder der Randkurven ∂F in der P -V -Ebene sind also doppelpunktfrei und deshalb tragen alle Fl¨achenanteile mit gleichem Vorzeichen zum Gesamtfl¨acheninhalt bei.

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME Beweis:

Aus

1 1 Q = S = (1.12) T (1.16) T

µ

∂ ∂V

∂ U ∂T

U +P

25



(als unabh¨angige Variablen sind T, V gew¨ahlt) folgt µ µ ¶ ¶ ∂ 1 ∂ ∂ 1 ∂ S konservativ ⇐⇒ U = ( U + P) ∂V T ∂T ∂T T ∂V {z } {z” } | | “ 2 1 ∂2 ∂ ∂ 1 1 ∂ = T ∂V ∂T U = T ∂T ∂V U + ∂T P − 2 ( ∂V U +P ) T

und somit die Behauptung. Anmerkungen:

1. F¨ ur ein schlichtes System mit P (T, V ) = T g(V ) folgt also U = U (T ). 2. F¨ ur ein schlichtes System haben nach (1.14) Adiabate und Isother∂ P (T, V ) = 0 (nicht normal!) gleiche Tangenme in Punkten mit ∂T ten. Als (geschlossenes) ideales Gas bezeichnet man ein (nur angen¨ahert lokal realisierbares) schlichtes thermodynamisches System, dessen innere Energie U nur von T abh¨angt und das dem sog. Boyle-Mariotteschen Gesetz P V = f (T ) f¨ ur geeignetes f gen¨ ugt.24 Folgerung 1.2.5 F¨ ur ideale Gase ist das Produkt von Druck und Volumen stets proportional zum Parameter T der absoluten Temperatur-Skala. Beweis:

F¨ ur festes V gilt d ∂ f (T ) = V P (T, V ) dT ∂T

und damit dank 1.2.4:

∂ ∂V

U (T, V ) = 0 und Boyle-Mariotteschem Gesetz nach Satz T

d f (T ) = f (T ) . dT

Daraus folgt ln

f (T1 ) T1 = ln f (T2 ) T2

und damit die Behauptung. Version vom 7. M¨ arz 2009

24

Auf die u ¨bliche Zusatzforderung CV =const. sei zun¨achst verzichtet.

26

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS Anmerkungen: 1. Die Proportionalit¨atskonstante unterliegt keiner Einschr¨ankung. 2. Daß U f¨ ur hinreichend verd¨ unnte Gase i.w. nur von T abh¨angt, best¨atigt das sog. Joulesche Expansionsexperiment (siehe 1.2.4). ur die Messung der absoluten 3. Folgerung 1.2.5 bildet die Grundlage f¨ Temperatur mithilfe von Gas-Thermometern in entspr. Temperaturbereichen.

Aus der Definition der Entropie S folgt gem¨aß (1.12) (siehe Beweis von Satz 1.2.4): ∂ 1 S(T, V ) = CV (T, V ) > 0 , (1.17) ∂T T (1.13) def

wobei: CV (T, V ) =

∂ U (T, V ) W¨ armekapazit¨ at bei konstantem Volumen , ∂T ∂ ∂ S(T, V ) = P (T, V ) . ∂V S. 1.2.4 ∂T

1.2.3

(1.18)

Thermodynamische Potentiale

Seien f, q1 , . . . , qn thermodynamische Gr¨oßen. Dann seien bei Verwendung der Schreibweise f (q1 , . . . , qn ) stets folgende beiden Bedingungen vorausgesetzt: 1. Die q1 , . . . , qn sind unabh¨angig voneinander (haben also insbesondere paarweise unterschiedliche physikalische Dimension).25 2. Wenn die q1 , . . . , qn festgelegt sind, so ist auch f festgelegt und hat den Wert f (q1 , . . . , qn ). Anmerkung: Wenn q1′ , . . . , qn′ ein anderer Satz unabh¨angiger thermodynamischer Gr¨oßen ist, der die q1 , . . . , qn eindeutig festlegt, gilt also obiger Konvention entsprechend: f (q1′ , . . . , qn′ ) = f (q1 (q1′ , . . . , qn′ ), . . . , qn (q1′ , . . . , qn′ )) . Insbesondere gilt z.B. f (q1 , . . . , qn ) = f (qπ(1) , . . . , qπ(n) ) f¨ ur jede Permutation π von (1, . . . , n). Die Verwendung unterschiedlicher Funktionssymbole (zur Festlegung der unabh¨angigen Variablen) ist aufgrund der physikalischen Dimension der Argumente u ussig. ¨berfl¨ Version vom 7. M¨ arz 2009

25

F¨ ur die hier zun¨ achst nur betrachteten einfachsten thermodynamischen Systeme ist also n = 2.

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

27

F¨ ur hinreichend gutartige f (q1 , . . . , qn ) definieren wir die Operationen (∂q1 )q2 , . . . ,qn durch: def ∂ f (q1 , . . . , qn ) . (∂q1 )q2 , . . . ,qn f = ∂q1 Entsprechend obiger Anmerkung gilt dann z.B. def

(∂q2 )q1 ,q3 , . . . ,qn f =

∂ f (q1 , . . . , qn ) . ∂q2

F¨ ur Produkte partiell abgeleiteter Gr¨oßen ist auch die u ¨bliche Schreibweise def

(∂q1 f )q2 , . . . ,qn = (∂q1 )q2 , . . . ,qn f n¨ utzlich. Falls A1 , . . . , An , B1 , . . . , Bn thermodynamische Gr¨oßen sind, dann ist mit n X

Aj dBj = 0

(1.19)

j=1

stets gemeint, daß (wenigstens lokal) f¨ ur jeden quasistatischen Prozeß C = {(T (t), V (t)) : t ∈ [t1 , t2 ]} die Gleichung n X

Aj (T (t), V (t))

j=1

d Bj (T (t), V (t)) = 0 dt

f¨ ur alle t ∈ [t1 , t2 ]

gilt. P Unabh¨angig von (1.19) bezeichnet man einen Ausdruck der Form nj=1 Aj dBj als Differential . Insbesondere bezeichnet man dBj (bzw. im Falle (1.19), Aj ≡ 1 P auch − k6=j Ak dBk ) als das vollst¨ andige Differential von Bj , wenn letzteres eine Zustandsgr¨oße ist. W¨ahrend dQ = T dS und dA = −P dV keine vollst¨andigen Differentiale sind, ist ihre Summe das vollst¨andige Differential der inneren Energie U : dU = T dS − P dV .

(1.20)

(∂S U )V = T , (∂V U )S = −P ,

(1.21) (1.22)

Hieraus folgt insbesondere

weshalb man U zweckm¨aßiger durch die Variablen S, V statt durch T, V ausdr¨ uckt:26 Version vom 7. M¨ arz 2009

26

Man geht davon aus, daß U (S, V ) i.d. Regel konvex ist (vgl. Folgerung 1.3.4).

28

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

U als Funktion U (S, V ) seiner sog. natu ¨rlichen Variablen S, V legt bereits P (S, V ) und somit das gesamte (dem Modell entsprechende) thermodynamische Verhalten des Systems hinsichtlich quasistatischer Prozesse fest.27 Da S im Gegensatz zu T nicht direkt meßbar ist, geht man noch zweckm¨aßiger zur Legendre-Transformierten −F (T, V ) von U (S, V ) hinsichtlich S u ¨ber: def

F (T, V ) = U (S(T, V ), V ) − T S(T, V )

freie Energie .

(1.23)

Anmerkung: Siehe z.B. Satz 3.1.2 von (L¨ ucke, mech). Man beachte, daß nach (1.21) und (1.17) die Voraussetzung (∂S )V (∂S U )V > 0 f¨ ur die Legendre-Transformation erf¨ ullt ist.

Das vollst¨andige Differential von F ist28 dF = −SdT − P dV .

(1.24)

(∂T F )V = −S , (∂V F )T = −P .

(1.25) (1.26)

Daraus folgt insbesondere

Daran sieht man direkt, daß auch die freie Energie F als Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen T, V das gesamte (dem Modell entsprechende) thermodynamische Verhalten des Systems hinsichtlich quasistatischer Prozesse bestimmt. Anmerkung: Nach (1.24) und (1.11) stimmt bei isothermen quasista¨ tischen Prozessen die Anderung von F mit der am System verrichteten makroskopischen Arbeit ∆A u ¨berein. Ausgehend von der Annahme, daß κS

def

=

=

(1.22)

1 adiabatische Kompressibilit¨ at − (∂P V )S V 1 1 V (∂V )S (∂V )S U

(1.27)

stets positiv ist, ist auch die Legendre-Transformation von U (S, V ) hinsichtlich V m¨oglich: def

H(S, P ) = U (S, V (S, P )) +

P |{z}

V (S, P )

Enthalpie .

(1.28)

=−(∂V U )S Version vom 7. M¨ arz 2009

27

Als Funktion von T, V dagegen legt U den Druck noch nicht fest (vgl. Anmerkung 1 zu Satz 1.2.4). 28 Gem¨ aß d(T S) = SdT + T dS und (1.20).

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

29

Analog zu (1.24-1.26) folgt:29 dH = T dS +V dP . |{z}

(1.29)

(∂S H)P = T , (∂P H)S = V .

(1.30) (1.31)

dQ

F¨ ur Zustandsbereiche, f¨ ur die das Paar P, T einen vollst¨andigen Satz thermodynamischer Parameter darstellt, sind die Definitionen def

CP = (∂T H)P

W¨ armekapazit¨ at bei konstantem Druck

(1.32)

und

1 (∂T V )P V erlaubt, und mit (1.29) folgt def

α=

dS = CP

CP dV dT = T αT V

isobarer Ausdehnungskoeffizient

(1.33)

f¨ ur isobare quasistatische Prozesse mit α 6= 0 .

Da mit (1.17) und def

β =

1 (∂T P )V P

isochorer Spannungskoeffizient

(1.34)

aus (1.20) analog dS = CV

CV dP dT = T βT P

f¨ ur isochore quasistatische Prozesse mit β 6= 0

folgt, gilt also: dS =

CP dV CV dP + βT P αT V

f¨ ur quasistatische Prozesse mit α, β 6= 0 .

(1.35)

¨ Uber einfachen Gebieten, in denen (∂V P )T u ¨berall positiv und damit30 κT

def

=

=

(1.26)

−1 isotherme Kompressibilit¨ at V (∂V P )T 1 1 V (∂V )T (∂V )T F

(1.36)

Version vom 7. M¨ arz 2009

¨ Nach (1.29) stimmt bei isobaren quasistatischen Prozessen die Anderung von H mit der dem System zugef¨ uhrten W¨ armemenge ∆Q u berein (H ist also experimentell leicht bestimmbar). ¨ 30 Da P, T i.a. kein vollst¨ andiger Satz thermodynamischer Parameter ist (vgl. Anmerkung zu Beginn von 1.2.1), ist (∂P V )T i.a. nicht definiert, wohl aber (∂V P )T . 29

30

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

erkl¨art ist, ist auch die Legendre-Transformation von F (T, V ) hinsichtlich V m¨oglich:31 def

G(T, P ) = F (T, V (T, P )) + P V

Gibbssches Potential .

(1.37)

Analog zu (1.24)–(1.26) folgt: dG = −SdT + V dP ,

(1.38)

(∂T G)P = −S , (∂P G)T = V .

(1.39) (1.40)

Die Relationen (1.20)–(1.22), (1.24)–(1.26), (1.29)–(1.31) und (1.38)–(1.40) lassen sich bequem in folgendem Diagramm zusammenfassen: V

F

T

@ I @

µ ¡ ¡ @ ¡ U G @ ¡ ¡ @ @ ¡

S

H

P

Zu beiden Seiten des jeweiligen Potentials stehen seine nat¨ urlichen Variablen, die durch Pfeile mit dem ǫ-fachen des zugeordneten ‘kanonisch konjugierten Impulses’ verbunden sind. Dabei ist ½ +1, falls der Pfeil von der nat¨ url. Variablen wegzeigt ǫ= −1, falls der Pfeil zu der nat¨ url. Variablen hinzeigt.

Abschließende Bemerkung: Auch die Entropie in Abh¨angigkeit der zu ihr urde das thermodynamische geh¨origen nat¨ urlichen Variablen U, V (beachte (1.13)) w¨ Verhalten vollst¨andig beschreiben:32 dS =

1.2.4

1 P dU + dV . T T

(1.41)

Irreversible Prozesse

Da bei quasistatischen Prozessen per Definition dS = dQ gilt, ist klar, daß sich T die Entropie bei quasistatischen adiabatischen Prozessen nicht ¨andert. Aber nicht zu jedem adiabatischen thermodynamischen Prozeß33 existiert ein quasistatischer adiabatischer Prozeß mit gleichem Anfangs- und gleichem Endzustand, wie z.B. das Joulesche Expansionsexperiment f¨ ur ein ideales Gas zeigt: Version vom 7. M¨ arz 2009

31

Man kann −G(T, P ) auch als (lokale) Legendre-Transformierte von U (S, V ) bzgl. beider Variablen auffassen. 32 Bzgl. der zugeh¨ origen Legendre-Transformationen siehe z.B.(Kubo, 1968, §§ 3.1 und 3.2) ¨ oder Ubungsaufgabe 10. 33 Man beachte, daß sich das System lediglich zu Beginn und zum Ende des Prozesses in einem Temperatur-Zustand befinden muß.

1.2. EINFACHSTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

31

Innerhalb einer H¨alfte einer vollst¨andig isolierten Doppel-Kammer be¨ finde sich ein ideales Gas, das durch eine kleine Offnung in die zun¨achst evakuierte zweite Kammerh¨alfte str¨ome. Nach (asymptotischer) Wiederherstellung thermodynamischen Gleichgewichts muß das System die gleiche (absolute) Temperatur wie im Ausgangszustand haben, da sich die innere Energie aufgrund der Isolation nicht ¨andern kann.34 Da sich die resultierende Zustands¨anderung des Gases somit auch auf quasistatischem Wege durch isotherme Expansion erreichen l¨aßt, muß die Entropie des Endzustandes gr¨oßer als die des Endzustandes sein.35 Durch einen adiabatischen quasistatischen Prozeß l¨aßt sich diese Zustands¨anderung somit nicht erreichen. Ein (nicht notwendig quasistatischer) thermodynamischer Prozeß P werde als reproduzierbar bezeichnet, wenn sich auf dem Wege st¨ uckweise entweder isothermer oder adiabatischer quasistatischer Prozesse die Ausgangssituation wiederherstellen und P (zeitlich verschoben) erneut in Gang setzen l¨aßt. Arbeitshypothese 7 F¨ ur einen reproduzierbaren thermodynamischen Prozeß eines thermisch isolierten Systems der in 1.2.1 betrachteten Art mit Anfangszustand Zin und Endzustand Zout gilt stets: S(Zin ) ≤ S(Zout ) .

Plausibilit¨ atsbetrachtung:36 6

Tout

Z′

Zout

¾

P

dS = 0

Im Falle S(Zin ) > S(Zout ) sollte sich ein Perpetuum Mobile 2. Art (Maschine mit Q1 = 0) zu Q2 = Tout · (S(Z ′ ) − S(Zout )) > 0 (wegen S(Z ′ ) = S(Zin ))

Zin -

konstruieren lassen.

V

Version vom 7. M¨ arz 2009

34

Und f¨ ur ein ideales Gas ist die innere Energie ja eine streng monoton wachsende Funktion der Temperatur. 35 ur quasistatische Prozesse. Wegen (∂V S)T = T1 (∂V U )T + PT f¨ (1.41) 36 Der Fall komplizierterer R¨ uckf¨ uhrung wird (mithilfe von (1.15)) allgemeiner in 1.3.1 behandelt.

32

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Folgerung 1.2.6 F¨ ur reproduzierbare thermodynamische Prozesse thermisch isolierter Systeme gilt (entspr. (1.23)) stets: ¾ Tout = Tin =⇒ Fout ≤ Fin . Uout = Uin Anmerkungen: Die Voraussetzungen f¨ ur Folgerung 1.2.6 sind z.B. f¨ ur das Joulesche Expansionsexperiment erf¨ ullt. Sei P ein thermodynamischer Prozeß, den S bei festgelegten direkten Kontakten durchl¨auft. Dann nennt man P bzgl. dieser Kontakte reversibel , wenn die entsprechende Zustands¨anderung von S gemeinsam mit den Zustands¨anderungen der direkten Kontaktsysteme auch in umgekehrter Zeitfolge ablaufen kann. Folgerung 1.2.7 Thermodynamische Prozesse thermisch isolierter Systeme, bei denen sich die Entropie ¨andert, ‘sollten’ grunds¨atzlich (hinsichtlich welcher Kontakte auch immer) nicht reversibel sein.

1.3

Beliebig komplizierte thermodynamische Systeme

1.3.1

Allgemeine thermodynamische Prozesse geschlossener Systeme

Satz 1.3.1 (Clausius) Ein (beliebig kompliziertes) geschlossenes System S durchlaufe einen (reproduzierbaren) Kreisprozeß, w¨ahrend dessen es W¨arme nur mit W¨armespeichern Sj gegebener Temperatur Tj austauscht (j = 1, . . . , n). Dann gilt n X ∆Qj j=1

Tj

≤ 0,

wobei ∆Qj jeweils die W¨armemenge bezeichnet, die S im Endeffekt dem W¨armespeicher Sj entzieht. Plausibilit¨ atsbetrachtung:

33

1.3. KOMPLIZIERTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME S0 ? ∆Q1 TT01 º· ∆W1 ¾ M1 ¹¸ ? ∆Q1 S1 ? ∆Q1

... ... ... ... ...

∆Qn TTn0 ? º· Mn - ∆Wn ¹¸ ∆Qn ?

Nach dem 2. Hauptsatz sollte n X

Sn ∆Qn ?

j=1

∆Qj

T0 ≤0 Tj

gelten.

S

Anmerkung: F¨ ur quasi-statische Prozesse h¨angt ∆Q (im Gegensatz zu den Tj ) nicht von den genaueren Prozeßbedingungen (Kontakten) ab. Daher l¨aßt sich die Ungleichung n X ∆Qj ≤0 Tj j=1 nat¨ urlich verletzen, indem man entsprechende Tj einsetzt. Mit W¨armespeichern solcher Temperaturen ist dann aber der Kreisprozeß von S nicht realisierbar.37

Diese Anmerkung gilt entspr. f¨ ur die folgenden Betrachtungen. Arbeitshypothese 8 Sei S ein geschlossenes System, das w¨ahrend des Zeitintervalls [t1 , t2 ] den (reproduzierbaren) Kreisprozeß P durchlaufe, wobei die Umgebung von S zum Zeitpunkt t jeweils die einheitliche Temperatur Te (t) habe. dann gilt Z t2 d Q(t) dt dt ≤ 0 , Te (t) t1 wobei Q(t) − Q(t1 ) die von S w¨ahrend des Zeitintervalls [t1 , t2 ] aufgenommene W¨armemenge bezeichnet.

Plausibilit¨ atsbetrachtung: Man approximiere P durch Kreisprozesse der im Satz von Clausius betrachteten Art. Version vom 7. M¨ arz 2009

37

F¨ ur ∆Qj > 0 ist Tj nach unten beschr¨ankt, f¨ ur ∆Qj < 0 nach oben.

34

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Folgerung 1.3.2 Sei S ein geschlossenes System, das einmal einen reversiblen Prozeß C, zum anderen einen (nicht notwendig reversiblen) reproduzierbaren Prozeß P durchlaufe. Falls sowohl die Anfangs- als auch die Endzust¨ande beider Prozesse u ¨bereinstimmen, gilt Z Z dQ dQ ≤ , P Te C Te wobei Te die jeweilige Temperatur der Umgebung bezeichnet.

Beweis:

Da C reversibel ist, gilt entsprechend Arbeitshypothese 8 Z Z Z Z Z dQ dQ dQ dQ dQ = + = − 0≥ P Te −C Te P Te C Te P+(−C) Te

und somit die Behauptung.

1.3.2

Absolute Entropie

Da sich (wenn u ¨berhaupt) quasi-statische Prozesse (idealisiert) stets so realisieren lassen, daß die Temperatur Te der Umgebung beliebig genau mit der Temperatur T des Systems selbst u ¨bereinstimmt, ergibt sich aus Folgerung 1.3.2 unmittelbar die Existenz einer Zustandsgr¨oße S mit: Z dQ f¨ ur jeden realisierbaren quasi-statischen Prozeß C S(Zout ) − S(Zin ) = C T (1.42) 38 ¨ Durch (1.42) ist S(Z) jedoch nur auf jeder Aquivalenzklasse def

[Z] = {Z ′ : Es existiert ein quasi-statischer Prozeß C mit Zin = Z, Zout = Z ′ }

bis auf eine additive Konstante festgelegt. F¨ ur Anwendungen ist die Abh¨angigkeit ¨ dieser Konstante von der Aquivalenzklasse h¨aufig relevant. Diesbez¨ uglich gilt laut 39 Nernst und Planck erfahrungsgem¨aß: Axiom 4 (3. Hauptsatz der Thermodynamik) Sei S ein (beliebig kompliziertes) geschlossenes System. Dann existiert eine Zustandsgr¨oße S, die sog. absolute Entropie, die durch (1.42) und folgende Bedingung eindeutig festgelegt ist: F¨ ur jede Folge {Zν }ν∈Z+ von Temperatur-Zust¨anden von S, f¨ ur die die entspr. Substanzdichten nirgends gegen Null konvergieren, gilt ν→∞

ν→∞

T (Zν ) −→ 0 =⇒ S(Zν ) −→ 0 . Version vom 7. M¨ arz 2009

38

Z.B. Zust¨ ande, die durch schnelle chemische Reaktionen (Explosion) entstehen, lassen sich in der Regel nicht auf quasistatischem Wege erreichen. 39 Zur quantenmechanischen Begr¨ undung siehe Satz 3.2.1.

1.3. KOMPLIZIERTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

35

Anmerkung: Z.B. folgt aus dem 3. Hauptsatz f¨ ur Systeme der in 1.2.1 betrachteten Art, daß auch ν→∞

ν→∞

T (Zν ) −→ 0 =⇒ CV (Zν ) −→ 0 gilt, da nach (1.17) und (1.42): S(T, V ) − S(T0 , V ) =

Z

T

T0

CV (T ′ , V ) ′ dT . T′

Die u ur (geschlossene) ideale Gase ist ¨bliche Annahme CV = const. > 0 f¨ also –falls auf die gesamte Kelvin-Skala bezogen– mit dem 3. Hauptsatz unvereinbar. Im folgenden sei unter Entropie stets die absolute Entropie verstanden. Als Entropie eines offenen Systems S im Temperatur-Zustand Z definiert man die (absolute) Entropie S(Z) desjenigen geschlossenen Systems, das sich aus S durch chemische Isolation im Zustand Z ergibt.40 Damit ist f¨ ur ein beliebiges System S im Temperatur-Zustand Z auch die freie Energie def F (Z) = U (Z) − T (Z)S(Z) (1.43)

definiert, wobei U (Z) die innere Energie gem¨aß 1. Hauptsatz bezeichnet.

¨ Warnung: Nur f¨ ur geschlossene Systeme stimmt die Anderung von F bei isothermen, quasi-statischen Prozessen allgemein mit der am System verrichteten makroskopischen Arbeit ∆A u ¨berein.

1.3.3

Thermodynamisches Gleichgewicht geschlossener Systeme

Wir sagen, ein System S befinde sich in einem bestimmten thermodynamischen Zustand Z, wenn es sich aus (nicht notwendig geschlossenen) Teilsystemen S1 , . . . , Sn zusammensetzt, deren makroskopische Zust¨ande Z1 , . . . , Zn alle Temperatur-Zust¨ande sind. In diesem Falle definiert man die innere Energie U , die Entropie S und die freie Energie F von S konsistent als extensive (d.h. additive) Gr¨oßen: def Pn U (Z) = ν=1 U (Zν ) , def Pn S(Z) = ν=1 S(Zν ) , def Pn F (Z) = ν=1 F (Zν ) . Version vom 7. M¨ arz 2009

40

Wobei mechanische und thermische Kontakte weiterhin zugelassen sind.

36

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS Anmerkungen: 1. Uν resp. Sν resp. Fν bezeichnet jeweils die innere Energie resp. Entropie resp. freie Energie von Sν . 2. Es wird stillschweigend vorausgesetzt, daß o.a. Definition von der genauen Art der Zerlegung von S in Teilsysteme S1 , . . . , Sn unabh¨angig ist. Die Normierungskonstanten extensiver Gr¨oßen f¨ ur die i.a. offenen Teilsysteme Sν m¨ ussen dazu aufeinander abgestimmt sein! Speziell f¨ ur die Entropie l¨ost der 3. Hauptsatz dieses Problem (siehe Aufgabe 18). 3. Als intensiv bezeichnet man diejenigen Gr¨oßen, die sich dem Gesamtsystem nur dann global zuordnen lassen, wenn sie f¨ ur alle Teilsysteme gleich sind.

Im folgenden seien nur noch solche Prozesse betrachtet, bei denen Anfangs- und Endzustand thermodynamische Zust¨ande (nicht unbedingt Temperatur-Zust¨ande) sind. Arbeitshypothese 9 Sei S ein geschlossenes System, das den realisierbaren (nicht unbedingt thermodynamischen) Prozeß P bei einheitlicher Umgebungstemperatur Te durchlaufe. Dann gilt in der Bezeichnungsweise von Folgerung 1.3.2: Z dQ ≤ S(Zout ) − S(Zin ) . P Te Plausibilit¨ atsbetrachtung: F¨ ur reproduzierbare Prozesse P , f¨ ur die sich Anfangs- und Endzustand durch einen reversiblen quasi-statischen Prozeß verbinden lassen, ergibt sich die Behauptung direkt41 aus Folgerung 1.3.2 und Gleichung (1.42). Außerdem best¨atigt sich der behauptete Sachverhalt in allen Spezialf¨allen allgemeinerer Prozesse. Z.B. gilt f¨ ur W¨ armeleitung42 zweier Teilsysteme S1 , S2 von S: ¶ µ dQ1 dQ2 1 1 dS = dS1 + dS2 = dQ1 > 0 . + = − T1 T2 T1 T2 Anmerkungen: 1. Arbeitshypothese 9 wird in der Literatur zwar oft als 2. Hauptsatz angesprochen, geht aber tats¨achlich weit dar¨ uber hinaus. Version vom 7. M¨ arz 2009

41

C l¨aßt sich stets so einrichten, daß Umgebungs- und System-Temperatur zu jedem ProzeßZeitpunkt beliebig genau u ¨bereinstimmen. 42 ¨ Diffusion (chemischer Kontakt) innerhalb eines geschlossenen Systems wird in den Ubungen abgehandelt.

1.3. KOMPLIZIERTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

37

2. Im Falle konstanter Temperatur T = Te folgt mit (1.23) und (1.1): ∆F ≤ ∆A ¨ st¨ utzen Motiviert durch Arbeitshypothese 9 (bzw. statistische Uberlegungen) sich thermodynamische Berechnungen in der Regel auf die Annahme folgender Gleichgewichtsbedingung : Arbeitshypothese 10 Wird ein System S isoliert, so stellt sich im Endeffekt stets ein stabiler43 thermodynamischer Gleichgewichtszustand Z ein, der die Bedingung S(Z ′ ) ≤ S(Z) f¨ ur alle thermodynamischen Zust¨ande Z ′ von S erf¨ ullt, die mit den Anfangs- und konkreten Isolationsbedingungen vertr¨aglich sind.

Anmerkungen: 1. Die Anfangs- und Isolationsbedingungen fixieren insbesondere U (Z ′ ) und (f¨ ur die in 1.2.1 betrachteten Systeme) in der Regel auch V (Z ′ ) (Gegenbeispiel: Joulesches Expansionsexperiment). 2. Es k¨onnen sich u. U. zwischenzeitlich stabile Zust¨ande Z einstellen, die die Bedingung S(Z ′ ) ≤ S(Z) nur f¨ ur solche Z ′ erf¨ ullen, die sich nicht ‘zu sehr’ von Z unterscheiden (relatives Entropie -Maximum). Solche Gleichgewichtszust¨ande nennt man metastabil . (Beispiele: unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit, u ¨bers¨attigter Dampf) 3. Schließlich gibt es noch labile Gleichgewichtszust¨ande, f¨ ur die die Entropie nicht einmal ein lokales Maximum, sondern lediglich einen Extremwert (evtl. sogar ein Minimum) annimmt und die deshalb ¨außerst schwierig realisierbar sind. (Beispiel: Tropfen in Dampf; siehe Aufgabe 15.)

1.3.4

Thermodynamisches Gleichgewicht bei festen ¨ außeren Bedingungen

Um konkreter zu sein, wollen wir nur solche (nicht notwendig geschlossene) Systeme S betrachten, die sich aus Teilsystemen Sν (ν = 1, . . . , n) zusammensetzen, f¨ ur die jeweils44 S, V, M 1 , . . . , M f Version vom 7. M¨ arz 2009

43

Im Falle absolut stabilen Gleichgewichts sollte sogar S(Z ′ ) < S(Z) gelten. 44 Die oberen Indizes sollten nicht mit Exponenten verwechselt werden.

38

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

die nat¨ urlichen Variablen der inneren Energie im Sinne von 1.2.3 sind:45 dUν = dQν + dAν + dZν f¨ ur quasi-statische Prozesse Cν von Sν ,

(1.44)

wobei: dQν dAν dZν mit:

def

= Tν dSν = −Pν dVν def Pf j j = j=1 µν dMν def

Differential f¨ ur W¨armezufuhr Differential f¨ ur ‘mechanische’ Energiezufuhr Differential f¨ ur chemische Energiezufuhr



def

= (∂Sν Uν )Vν ,Mν1 ,...,Mνf

Temperatur



def

µjν

= −(∂Vν Uν )Sν ,Mν1 ,...,Mνf

Druck

def

= (∂Mνj Uν )Sν ,Vν ,Mν1 ,...,

j

Mν , |{z}

...,Mνf

chemische Potentiale 46

weglassen

Das Gesamtsystem S sei nur dann geschlossen, wenn n X

Mνj = const. f¨ ur j = 1, . . . , f

ν=1

gilt. Falls S sogar isoliert ist, gilt zus¨atzlich n X

Uν = const.

ν=1

und (Standard-Zusatzannahme):

n X

Vν = const.

ν=1

Seien nun Z = (Z1 , . . . , Zn ) und Z ′ = (Z ′ 1 , . . . , Z ′ n ) thermodynamische Zust¨ande von S, die beide mit gegebenen Anfangs- und Isolationsbedingungen vertr¨aglich seien. Außerdem existiere ein (nicht tats¨achlich ablaufender) quasi-statischer Prozeß Cn von Sn mit Anfangszustand Zn und Endzustand Z ′ n , w¨ahrend dessen sich Tn , Pn und die µ1n , . . . , µfn nicht wesentlich ¨andern. Dann folgt mit (1.44), falls S isoliert ist: Tn ∆Sn = ∆Qn = ∆Un − ∆An − ∆Zn Pn−1 P Pn−1 Pn−1 ∆Vν + fj=1 µjn ν=1 ∆Mνj . = − ν=1 ∆Uν − Pn ν=1 (1.45) Version vom 7. M¨ arz 2009

45

Die Zus¨ atze dZν in (1.44) gegen¨ uber (1.1) sind n¨otig, weil die Sν nicht mehr als geschlossen vorausgesetzt sind. 46 In der Quantenstatistik sind die chemischen Potentiale durch T, V und die entsprechende (mittlere) Teilchenzahl gem¨ aß (3.41) festgelegt.

1.3. KOMPLIZIERTE THERMODYNAMISCHE SYSTEME

39

Dies f¨ uhrt auf folgende Arbeitshypothese 11 Sei S ein System der oben beschriebenen Art, das sich im Zustand Z mit der Umgebung mit der Temperatur Te , dem Druck Pe und den chemischen Potentialen µje im stabilen Gleichgewicht befinde. Dann gilt f¨ ur alle anderen mit eventuellen Isolationsbedingungen vertr¨aglichen thermodynamischen Zust¨ande Z ′ von S: 0 ≤ Te (S(Z) − S(Z ′ )) − (U (Z) − U (Z ′ )) − Pe (V (Z) − V (Z ′ )) P + fj=1 µje (M j (Z) − M j (Z ′ )) . Plausibilit¨ atsbetrachtung: Man denke sich S aus Teilsystemen S1 , . . . , Sn−1 zusammengesetzt und ersetze die Umgebung durch ein weiteres System Sn , mit dem zusammen S ein isoliertes System bilde. Dabei denke man sich Sn so groß, daß sich die Ausgangswerte Te , Pe , µje durch Einstellung des Gleichgewichts nicht wesentlich ¨andern, und benutze (1.45) im Zusammenhang mit Arbeitshypothese 10. Falls zu den Isolationsbedingungen, die zur Ableitung von Arbeitshypothese 11 benutzt wurden, keine weiteren hinzukommen,47 dann erkennt man durch TaylorEntwicklung von U leicht:48 Im Gleichgewicht mit der Umgebung muß das System einheitliche Temperatur, einheitlichen Druck und einheitliche chemische Potentiale haben, und die entsprechenden Werte m¨ ussen mit denjenigen der Umgebung u ¨bereinstimmen. Aus Arbeitshypothese 11 ergibt sich dementsprechend49 die Folgerung 1.3.3 Sei S ein geschlossenes System o.a. Art. Dann nimmt das 50 Gibbssche Potential def G = U − TS + PV

bzgl. aller thermodynamischen Zust¨ande einheitlicher Temperatur T und einheitlichen Drucks P , die mit eventuellen Isolationsbedingungen vertr¨aglich sind, im therVersion vom 7. M¨ arz 2009

47

Wenn, wie z.B. in 2.2.1 und 2.3.2, Einschr¨ankungen der Teilvolumina hinzukommen, dann sind die Dr¨ ucke der Einzelsystem i.a. unterschiedlich. 48 Man erinnere sich an die physikalische Bedeutung der ersten Ableitungen von U nach den nat¨ urlichen Variablen. 49 Wir gehen also davon aus daß Druck und Temperatur f¨ ur System und (unmittelbare) Umgebung u bereinstimmen. ¨ 50 Siehe Gleichung (1.37).

40

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS

modynamischen Gleichgewicht einen Extremwert (im stabilen Gleichgewicht ein Minimum) an. Außerdem ergibt sich durch Taylor-Entwicklung von U aus Arbeitshypothese 11: Folgerung 1.3.4 Zustands

Falls die innere Energie U in einer Umgebung des TemperaturZ = (S, V, M 1 , . . . , M f )

von S hinreichend regul¨ar ist, gilt 0 ≤ (x∂S + y∂V +

f X

z j ∂M j )2 U (S, V, M 1 , . . . , M f )

j=1

f¨ ur alle x, y, z 1 , . . . , z f (entspr. phys. Dimension). Entsprechend gilt ′

0 ≥ (x ∂U + y∂V +

f X

z j ∂M j )2 S(U, V, M 1 , . . . , M f )

j=1

f¨ ur alle x′ , y, z 1 , . . . , z f (entspr. phys. Dimension), wenn die Entropie S eine hinreichend regul¨are Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen U, V, M 1 , . . . , M f ist.

1.4

Zusammenfassung

0. Hauptsatz: Die Relation thermischen Gleichgewichts ist transitiv (‘gleiche Temperatur’). 1. Hauptsatz: Es existiert eine (extensive) Zustandsgr¨oße innere Energie U mit def

∆U = ∆A = am System verrichtete ‘mechanische’ Arbeit bei rein ‘mechanischem’ Kontakt. Damit ist die Definition def

dem System zugef¨ uhrte W¨ armemenge ∆Q = ∆U − ∆A

41

1.4. ZUSAMMENFASSUNG f¨ ur geschlossene Systeme erlaubt. Wirkungsgrad η einer W¨armekraftmaschine: def

η =

pro Zyklus an Umgebung geleistete ‘mechanische’ Arbeit W , pro Zyklus dem W¨ armespeicher S2 entzogene W¨armemenge Q2

W ≥ 0 < Q2 . 2. Hauptsatz: Eine W¨armekraftmaschine kann nur dem w¨armeren der beiden W¨armespeicher (positive) Energie (als W¨arme) entziehen. Carnot-Maschine: W¨armekraftmaschine, die auch als W¨armepumpe betrieben werden kann (bei gleichen Kontakten). Absolute Temperatur T : T (k¨alterer Speicher) . T (w¨armerer Speicher) T (H2 O im 3-Phasen-Zustand) = 273, 16 K (Kelvin) .

Wirkungsgrad einer Carnot-Maschine = 1 −

Entropie S : Durch ½ T ∆Q f¨ ur isotherme quasistatische Prozesse ∆S = 0 f¨ ur adiabatische quasistatische Prozesse

f¨ ur gechlossene Systeme bis auf eine additive Konstante S0 festgelegte, extensive Zustandsgr¨oße. 3. Hauptsatz: S0 so w¨ahlbar, daß lim S(T, V ) = 0 f¨ ur geschlossene Systeme .

T →+0

Maxwellsche Relationen (P = ‘Druck’): V

F @ I @

U ¡

S

T µ ¡ ¡

@ ¡ @ ¡ ¡ @

H

G @

P

(∂V U )S = −P , (∂V F )T = −P , (∂T G)P = −S , (∂P H)S = +V ,

(∂S U )V (∂T F )V (∂P U )T (∂S H)P

= +T , = −S , = +V , = +T .

42

KAPITEL 1. ALLGEMEINER FORMALISMUS F : freie Energie , G : Gibbssches Potential , F : Enthalpie .

F¨ ur reproduzierbare (nicht notwendig quasistatische Prozesse) gilt stets S(Zin ) ≤ S(Zout ) bei thermischer Isolation . Chemische Potentiale: def

µj = (∂M j U )S,V,M 1 ,...,

j

M , |{z}

...,M f

weglassen

(M j : additive Mengenparameter). Gleichgewichtsbedingung:

Bzgl. aller mit gegebenen Nebenbedingungen vertr¨aglichen Temperaturzust¨ande ist X Te S − U − Pe V + µje M j maximal j

(Te , Pe , µje : entsprechende (intensive) Zustandsgr¨oßen der unmittelbaren Umgebung). T = Te bei thermischem Kontakt mit der Umgebung , P = Pe bei ‘mechanischem’ Kontakt mit der Umgebung , µj = µje bei entspr. chemischem Kontakt mit der Umgebung .

Kapitel 2 Anwendungsbeispiele 2.1 2.1.1

Heterogene Systeme 1-komponentige Systeme in verschiedenen Aggregatzust¨ anden

Die (thermische) Zustandsgleichung f¨ ur ein sog. Van-der-Waals-Gas ist von der Form a (P + 2 )(V − b) = ρT V und seine Isothermen sind im P -V -Diagramm etwa von folgender Form:1

P6

q

T = Tc

-

V Version vom 7. M¨ arz 2009

1

H¨ohere Linien entsprechen h¨ oherer Temperatur.

43

44

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

Die Isothermen mit Minima2 beschreiben instabile Zust¨ande und sind daher durch die sog. Maxwell-Konstruktion zu korrigieren: 6

|F1 | = |F2 | F2

P (T ) F1

T =const.

V1 (T )

V2 (T )

-

Begru ¨ ndung fu ¨ r F1 = F2 : Wenn man annimmt, daß ein reversibler Kreisprozeß (wenn auch nur sehr schwer) realisierbar ist,3 der die Fl¨achen F1 und F2 berandet, dann muß daf¨ ur I I 1 0 = dS = dQ T und somit 0=

I

dU =

I

(dQ + dA) =

I

dA = |F1 | − |F2 |

gelten. Diese Konstruktion entspricht folgendem, f¨ ur 1-komponentige Systeme typischem, Verhalten: • Bei konstanter Temperatur T ist das System f¨ ur V > V2 (T ) homogen und befindet sich im gasf¨ormigen Aggregatzustand. Bei V = V2 (T ) erreicht das System den sog. S¨ attigungsdampfdruck P (T ), der sich bei weiterer Verringerung von V zun¨achst nicht ¨andert. Version vom 7. M¨ arz 2009

2

Man beachte, daß die Kompressibilit¨at rechts eines Minimums negativ w¨are. 3 F¨ ur die Einzelfl¨ achen Fj w¨ are eine solche Annahme dagegen unsinnig, weil die Gleichgewichtsverh¨altnisse am Ber¨ uhrungspunkt beider Fl¨achen ganz unterschiedlich sind (1-phasig/2-phasig), je nachdem, auf welchem Wege man die entsprechenden Werte f¨ ur P und T erreicht.

45

2.1. HETEROGENE SYSTEME

¨ • Weiteren Druckanstieg verhindert das System dabei durch Ubergang in einen heterogenen Zustand, indem ein Teil des Gases kondensiert; d.h. in den fl¨ ussigen Aggregatzustand u ¨bergeht. • Wenn schließlich bei V = V1 (T ) alles Gas kondensiert ist, ist das System wieder homogen, jetzt aber vollst¨andig im fl¨ ussigen Aggregatzustand. Die Kompressibilit¨at ist nun wesentlich geringer, das (−1)-fache der Steigung der Isothermen im P -V -Diagramm entsprechend steiler. Im Phasen¨ ubergangsbereich besteht das System also aus zwei Teilsystemen: S1 : Fl¨ ussigkeit ,

S2 : Dampf (Gas) .

Mit Mν bezeichnen wir die Substanzmenge (z.B. im Falle von Wasser und Wasserdampf die Menge an H2 O .) von Sν , f¨ ur ν = 1, 2 . Dann gilt entspr. Folgerung 1.3.3 4 die Gleichgewichtsbedingung: G1 (T, P (T ), M1 ) + G2 (T, P (T ), M2 ) bei festem T minimal , def

wobei: Gν = Gibbssches Potential von Sν . Der Geschlossenheit entspricht die Nebenbedingung: def

M = M1 + M2 = const. Partielle Differentiation nach M1 (wobei M2 gem¨aß Nebenbedingung als Funktion von M1 aufzufassen ist) liefert also 0 = ∂M1 G1 (T, P (T ), M1 ) − ∂M2 G2 (T, P (T ), M2 ) . Partielle Differentiation dieser Gleichung nach T ergibt n ³ ´o n o dP (T ) 0 = (∂M1 )T,P (∂T )P,M1 G1 + (∂P )T,M G1 − 2 statt 1 | {z } dT | {z 1 } |P =P (T ) |P =P (T ) =−S1

=V1

und damit die sog. Clausius-Clapeyronsche Gleichung: λ(T ) dP (T ) = , dT (v2 (T ) − v1 (T )) T

(2.1)

Version vom 7. M¨ arz 2009

4

Aufgrund der Homogenit¨ at der Phasen sowie der Extensivit¨at des Gibbsschen Potentials ist Gν (P, T, Mν ) = gν (P, T )Mν f¨ ur ν = 1, 2 , wobei gν das spezifische Gibbssche Potential von Sν bezeichnet. g1 – f¨ ur sich allein betrachtet – ist bis auf eine additive Konstante festgelegt. Addiert man jedoch f¨ ur konsistent normierte g1 , g2 zu g1 eine Konstante a (zu G1 also die Funktion aM1 ), so muß man zu g2 dieselbe Konstante addieren, um die Konsistenz der Normierung zu erhalten (vgl. Anmerkung 2 vor Arbeitshypothese 9 in Abschnitt 1.3.3). Nur dadurch beschr¨ankt sich die Freiheit bzgl. der Definition von G = G1 + G2 , wie f¨ ur ein geschlossenes System erforderlich, auf die Addition einer Konstanten (n¨ amlich aM ).

46

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

wobei: def

λ=

def

³ ´ (∂M2 )T,P S2 − (∂M1 )T,P S1

| P =P (T )

T

vj = (∂Mj )T,P Vj

latente spezifische Umwandlungsw¨ arme , spezifisches Volumen von Sj .

Anmerkungen: 1. Gleichung (2.1) findet nat¨ urlich auch f¨ ur Schmelz- und Sublimationsprozesse Anwendung. 2. In obiger Ableitung wurde aber stillschweigend vorausgesetzt, daß die Phasen homogen sind und z.B. ihre Geometrie keine Rolle spielt. 3. Zur Beschreibung von Tr¨opfchenbildung (metastabile Zust¨ande) sind diese Annahmen zu korrigieren, weil dann Oberfl¨achenspannung und Tr¨opfchenradius eine wichtige Rolle spielen (Aufgabe 15).

2.1.2

Mehrkomponentige Systeme mit beliebig vielen Phasen

Betrachtet sei ein aus Phasen S1 , . . . , Sn im Sinne von Abschnitt 1.3.4 zusammengesetztes geschlossenes System S einheitlicher Temperatur T und einheitlichen Drucks P . Daf¨ ur gilt gem¨aß Folgerung 1.3.3 die Gleichgewichtsbedingung: G=

n X

Gν minimal.

ν=1

Aus der Geschlossenheit von S ergeben sich f¨ ur die Massen Mνj der j-ten Komponente von Sν die Nebenbedingungen: n X

Mνj = const. f¨ ur j = 1, . . . , f .

ν=1

j Durch Variation von Mνj und Mν+1 unter Beachtung der entsprechenden Nebenbedingung ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung f 1 , . . . , Mν+1 ) ∂Mνj Gν (T, P, Mν1 , . . . , Mνf ) = ∂M j Gν+1 (T, P, Mν+1 ν+1

f¨ ur ν = 1, . . . , n − 1 und j = 1, . . . , f . In der Regel sind diese (n − 1)f Funktionengleichungen, wenn man nun auch T und P als Variable ansieht, voneinander unabh¨angig.

47

2.2. GAS-REAKTIONEN

Die Zahl der unabh¨angigen Parameter, die n¨otig ist, um die Beschaffenheit (nicht die Volumina) aller Phasen S1 , . . . , Sn zu charakterisieren, bezeichnet man als Grad der Variabilit¨ at von S. F¨ u r die Beschaffenheit der Phase sind – neben T und P – nur die Verh¨altnisse Mν1 Mνf −1 5 , . . . , M f von Belang. Insgesamt reichen also 2 + (f − 1)n Parameter, von Mν2 ν denen sich jedoch (n − 1)f mithilfe der Gleichgewichtsbedingungen als Funktionen der u ¨brigen (2 + (f − 1)n) − (n − 1)f = 2 + f − n darstellen lassen. Daraus ergibt sich die sog. Gibbssche Phasenregel: Ein f -komponentiges, aus n Phasen zusammengesetztes Gleichgewichtssystem hat in der Regel6 einen Grad der Variabilit¨at 2 + f − n . Diese Regel erkl¨art z. B., warum H2 O im 3-Phasen-Zustand eine ganz bestimmte Temperatur7 (und ganz bestimmten Druck) haben muß:

6 Das Gesamtsystem besteht aus n = 3 Teilsystemen (Eis, Wasser, Dampf) mit f = 1 Komponenten (n¨amlich H2 O). Der Grad der Variabilit¨at ist also 0; d.h. Druck und Temperatur liegen fest.

Wasser Eis

P3

Dampf -

T3

2.2 2.2.1

Gas-Reaktionen Massenwirkungsgesetz

Sei S eine in einem großen Gasbeh¨alter konstanten Volumens V und konstanter Temperatur T befindliche Mischung (nahezu) idealer Gase unterschiedlicher Sorten Version vom 7. M¨ arz 2009

5

Die Angabe von Mν1 w¨ urde z. B. nur das Volumen von Sν festlegen. Da die ∂Mνj G aufgrund der Homogenit¨at der Phasen mit den chemischen Potentialen µjν u ¨bereinstimmen (Aufgabe 14), sollten die abgeleiteten (n−1)f Funktionengleichung auch Gleichgewicht garantieren. Sonst w¨ are der Grad der Variabilit¨at kleiner. Rein mathematisch betrachtet w¨are ¢2 ¡ ¢2 ¡ z.B. der Fall µ2 (P, T, M21 , M22 ) = µ1 (P, T, M11 , M12 )+ M11 − A + M12 − B denkbar. Dann w¨are die eine Bedingung µ2 (P, T, M21 , M22 ) = µ1 (P, T, M11 , M12 ) ¨aquivalent zu den zwei Bedingungen M11 = A , M12 = B und der Grad der Variabilit¨at entsprechend kleiner. Solche F¨alle sollten jedoch in der Praxis nicht auftreten. 7 Diejenige des Tripelpunktes, die zur Definition der Kelvin-Skala diente. 6

48

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

A1 , . . . , Af , f¨ ur die u.a. die Reaktionen ν1− A1 + . . . + νf− Af ⇋ ν1+ A1 + . . . + νf+ Af

(2.2)

m¨oglich seien. Dabei trete Aj jeweils h¨ochstens auf einer Seite effektiv auf: νj− νj+ = 0 f¨ ur j = 1, . . . f . Mit

(2.3)

def

νj = νj+ − νj−

gilt also νj−

=

½

−νj 0

falls νj < 0 , sonst ,

νj+ =

n

+νj 0

falls νj > 0 , sonst .

(2.4)

Beispiel8 (Planck, 1954, §§245–248): f = 4, (A1 , . . . , A4 ) = (HJ, H2 , J2 , J) ,  ur 2HJ ⇋ H2 + J2 ,  (−2, 1, 1, 0) f¨ (ν1 , . . . , ν4 ) = (0, 0, −1, 2) f¨ ur J2 ⇋ 2J ,  (−2, 1, 0, 2) f¨ ur 2HJ ⇋ H2 + 2J .

Nun werde folgendes Gedankenexperiment an einem erweiterten System Sb (Van’t Hoffscher Reaktionskasten) durchgef¨ uhrt: -

ν1− A1 q q q

-

ν1+ A1 Zin (S)

νf− Af

q q q quasistatisch,isotherm q q q -

Zout (S)

-

q q q

νf+ Af

-

S enthalte nur ideale Gase unterschiedlicher Sorten A1 , . . . , Af . Der j-te Zusatzzylinder sei jeweils mit S durch eine nur f¨ ur Aj durchl¨assige Membran9 verbunden. Der Druck im j-ten Zylinder stimmt dann im Gleichgewicht jeweils mit nj def P Partialdruck von Aj in S , (2.5) Pj = 1 n + . . . + nf Version vom 7. M¨ arz 2009

8

F¨ ur die Reaktion 2HJ ⇋ H2 + 2J ergeben sich die νj jeweils durch Addition derjenigen f¨ ur die Reaktionen 2HJ ⇋ H2 + J2 und J2 ⇋ 2J . Die Massenwirkungskonstante Qf ³ vj (T,P j ) ´νj K(T ) = f¨ ur die erste Reaktion stimmt deshalb konsistenterweise mit dem j=1 v0 (2.10) Produkt der Massenwirkungskonstanten der beiden letztgenannten Reaktionen u ¨berein. 9 Z.B. heiße Platinfolie f¨ ur Wasserstoff.

49

2.2. GAS-REAKTIONEN def

nj P

wobei:

= Zahl der Mole von Aj in S , def = Druck von S .

u ¨berein. Da der Prozeß quasistatisch und isotherm ist, gilt10 b = △A(S) b . △F (S)

(2.6)

¨ Die resultierende Anderung der Gasmenge im j-ten Zylinder betrage jeweils νj Mole. j Da die P w¨ahrend des gesamten Prozesses i.w. konstant bleiben,11 gilt dann: P b △A(S) = − fj=1 P j νj v j (T, P j ) P = −RT fj=1 νj , (2.7) Gase ideal

RT molares Volumen von Aj Pj R = universelle Gaskonstante .

wobei: v j

def

=

Unter der plausiblen Annahme, daß Anfangs- und Endzustand von S gleich sind, gilt f X b = νj f j (T, P j ) (2.8) △F (S) j=1

12

mit:

vj T + R ln + aj ) f j = cjV T + wj −T (cjV ln | {z } T0 v0 | {z } =uj

molare freie Energie von Aj , (2.9)

=sj

wobei:

def

cjV = molare W¨armekapazit¨at von Aj bei konstantem Volumen .

Aus Gleichungen (2.6)–(2.9) folgt13 durch elementare Rechnung das sog. Massenwirkungsgesetz: 14 ¶ν f µ j Y v (T, P j ) j

+

j=1

v0

¶ν f µ j Y v (T, P j ) j



= K(T )

j=1

v0

(2.10) ,

Version vom 7. M¨ arz 2009

Man kann ja die Zusatzzylinder einzeln nacheinander komprimieren bzw. expandieren und Sb dabei jeweils als System der in Abschnitt 1.2 betrachteten Art behandeln. 11 Man nehme S hinreichend groß an. 12 Die Entropien gem¨ aß Folgerung 1.2.3 ergeben sich durch elementare Integration (siehe Aufgabe 11, wo allerdings mit U (T ) = CV T gerechnet wurde.) unter Beachtung der idealen Gasgleichung und Gleichung (1.12). Hinsichtlich der inneren Energien ist die Konstanz der W¨armekapazit¨aten cjV vorausgesetzt. Die Konstanten T0 , v0 k¨onnen bei entsprechender Kompensation durch die Normierungskonstanten aj (aber auch nur dann) beliebig ge¨andert werden. Qf ³ j ´−νj b b S) 13 . ergibt 1 = K(T ) j=1 vv0 Exponentiation von 0 = ∆F (S)−∆A( RT 10

50

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

mit

µ

wobei:

¶B µ ¶ T D K(T ) = C exp T0 T ³P ´ def f j j C = exp (R + c − a )ν /R , j V j=1 P def B = − R1 fj=1 νj cjV , P def D = R1 fj=1 νj wj .

(2.11)

Anmerkung: Eine alternative Ableitung15 dieses Ergebnisses beruht auf der Annahme, daß das mechanisch und chemisch isolierte Gasgemisch vorgegebener Temperatur diejenigen Konzentrationsverh¨altnisse annimmt, f¨ ur die die freie Energie minimal ist. Das entspricht zwar bei oberfl¨achlicher Betrachtung Arbeitshypothese 11, aber das Gasgemisch unterscheidet sich von den dort angesprochenen Systemen auf zweierlei Weise: 1. Die chemische Isolationsbedingung (Geschlossenheit) ist aufgrund der Reaktionsm¨oglichkeiten komplizierter. 2. Die Teilgase entsprechen nicht r¨aumlich getrennten Teilsystemen. Man beachte, daß f¨ ur die konkrete Bestimmung der Massenwirkungskonstanten K(T ) die Normierungskonstanten aj der absoluten molaren Entropie und wj der molaren inneren Energie weitgehend bekannt sein m¨ ussen.16

2.2.2

Prinzip von Le Chatelier

Der Einfachheit halber sei angenommen, daß nur eine einzige der Reaktionen (2.2) (in beide Richtungen) m¨oglich sei. Aufgrund der Geschlossenheit von S gen¨ ugen j dann die Gleichgewichts-Molzahlen n bei konstantem Volumen V der Beziehung nj (T ) = nj (T0 ) + νj τ (T, T0 ) f¨ ur j = 1, . . . , f mit einer geeigneten Funktion τ , die positiv ist, falls sich das Reaktionsgleichgewicht ¨ bei der Temperatur-Anderung T0 → T mehr auf die rechte Seite von (2.2) verlagert. j j Mit v = V /n folgt daraus f Y (v j )νj = V ν1 +...+νf τˆ(T ) , j=1

Version vom 7. M¨ arz 2009

14

Man beachte, daß 1/v j jeweils die Konzentration von Aj darstellt. Damit ist (2.10) auch aus streutheoretischer Sicht durchaus plausibel. 15 Vgl. (Fermi, 1956, Abschnitt 23). 16 Zur experimentellen Bestimmung von aj siehe Aufgabe 18. In der Quantenstatistik wird ohnehin die absolute Entropie als Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen U, V, . . . berechnet, wobei U so normiert ist, daß limT →+0 U (T ) = 0 (siehe Teil II).

51

2.2. GAS-REAKTIONEN

wobei:

f Y ¡ j ¢−ν n (T0 ) + νj τ (T, T0 ) j . τˆ(T ) = def

j=1

Mit

µ

d ln τˆ(T ) dT



|T =T0

f X (νj )2 (∂T τ (T, T0 ))|T =T =− 0 nj (T0 ) j=1

ergibt sich somit: Qf j νj f¨allt (bzw. w¨achst), wenn sich bei konstantem V das Rej=1 (v ) aktionsgleichgewicht mehr auf die rechte (bzw. linke) Seite von (2.2) verlagert. Andererseits folgt aus (2.11): d q(T ) ln K(T ) = , dT RT 2 wobei:

(2.12)

P def q(T ) = R (BT − D) = − fj=1 νj (cjV T + wj ) ( Reaktionsw¨ arme f¨ ur − − 1 f = ν1 A + . . . + νf A → ν1+ A1 + . . . + νf+ Af bei konstantem Volumen .

Mit obigem Ergebnis folgt daraus: Bei Temperaturerh¨ohung (und konstantem Volumen) verlagert sich das Reaktionsgleichgewicht mehr auf die rechte resp. linke Seite von (2.2), falls die Reaktion von links nach rechts endotherm (d.h. q(T ) < 0) resp. exotherm (d.h. q(T ) > 0) verl¨auft. Diese Aussage (die u ¨ber die Aussage CV > 0 hinausgeht) ist Teil17 des folgenden allgemeing¨ ultigen Prinzips: Prinzip von Le Chatelier: Wenn sich die Umgebungsbedingungen eines thermodynamischen Systems S ¨andern, so ¨andert sich der Gleichge¨ wichtszustand von S in einer Weise, die der Anderung der intensiven Umgebungsparameter entgegenwirkt. Version vom 7. M¨ arz 2009

17

Siehe auch Aufgabe 17.

52

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

2.3 2.3.1

Verdu osungen ¨ nnte L¨ Grundannahmen

Als (reaktionsfreie) verdu osung bezeichnet man ein homogenes System ¨nnte L¨ S der in (1.44) (als S1 ) betrachteten Art, in dem die erste Komponente (L¨ osungsmittel in beliebigem Aggregatzustand) alle u oste Stoffe) bei weitem ¨brigen (gel¨ u ¨berwiegt: nj ≪ n1 f¨ ur j = 1, . . . , f , (2.13) wobei:

def

nj = Zahl der Mole der j-ten Komponente .

F¨ ur die Variablen M j w¨ahlt man zweckm¨aßig die Molzahlen nj . Extensive Gr¨oßen E von S sind dann aufgrund der Homogenit¨at18 stets von der Form nf n2 E(T, P, n1 , . . . , nf ) = n1 eˆ(T, P, 1 , . . . , 1 ) , n n mit n2 nf def n2 nf eˆ(T, P, 1 , . . . , 1 ) = E(T, P, 1, 1 , . . . , 1 ) . n n n n 2 f Falls die ersten Ableitungen von E nach den n , . . . n an der Stelle n1 = 1, n2 = . . . = nf = 0 stetig sind, folgt somit wegen (2.13) in guter N¨aherung E≈ mit def

eˆj (T, P ) =

(

f X

nj eˆj (T, P )

j=1

e¡ˆ(T, P, 0, . . . , 0) ¢ ∂ξj eˆ(T, P, ξ 2 , . . . , ξ f ) |

ξ2 =...=ξf =0

f¨ ur j = 1 , f¨ ur j > 1 .

Daher geht die Theorie verd¨ unnter L¨osungen von der entsprechenden Form U=

f X

nj uˆj (T, P )

(2.14)

j=1

der inneren Energie U und der entsprechenden Form V =

f X

nj vˆj (T, P )

(2.15)

j=1

des (Gesamt-) Volumens V aus. F¨ ur die Entropie S w¨are eine entsprechende Annahme nicht sinnvoll. Das erkennt man an der f¨ ur hohe Temperaturen und niedrige Version vom 7. M¨ arz 2009

18

Z.B. Oberfl¨ acheneffekte seien vernachl¨assigt!

¨ ¨ 2.3. VERDUNNTE LOSUNGEN

53

Dr¨ ucke19 guten (bereits in (2.9) benutzten) N¨aherung S=

f X

n

j=1

j

µ

cjV

T ln( ) + R ln T0

µ

RT P j v0



+a

j



(2.16)

aus der Divergenz der Ableitungen µ ¶ ´ ³ n1 + . . . + nf j RT j = ∂nj n ln ∂nj n ln P j v0 nj 1 f n + ... + n nj = ln + −1 nj n1 + . . . + nf f¨ ur nj → 0. Nach (2.14) und (2.15) sollte die Entropie jedoch i.w. von der Form20 S=

f X

nj sˆj (T, P ) + C(n1 , . . . , nf )

(2.17)

j=1

sein. Begru ¨ ndung:

Nach (1.41) folgt aus (2.14) und (2.15) dS =

f X j=1

nj

dˆ uj + P dˆ vj T

ur beliebige Wahl der n1 , . . . , nf f¨ ur konstante21 n1 , . . . , nf . Da dS f¨ ein vollst¨andiges Differential ist, gilt dasselbe (unter der Einschr¨ankung dˆ uj + P dˆ vj . Daraus folgt (2.17) durch Wegintegra(2.13)) i.w. f¨ ur alle T tion.

Nun sei angenommen,22 daß sich (vom zu untersuchenden Bereich ausgehend) quasistatisch unter Beibehaltung der Homogenit¨at bei konstanten nj die Temperatur so erh¨ohen und gleichzeitig der Druck so erniedrigen l¨aßt, daß schließlich eine Mischung nahezu idealer Gase vorliegt. Dann gelten f¨ ur entsprechende T -P -Werte die Version vom 7. M¨ arz 2009

def

j

n Wenn also i.w. ein Gemisch (i.w.) idealer Gase mit den Partialdr¨ ucken P j = n1 +...+n f P vorliegt. 20 Tats¨achlich ist f¨ ur die u ¨blichen Anwendungen (siehe z.B. 2.3.1 und 2.3.2) C(n1 , . . . , nf ) der wesentliche Term. 21 In (1.41) war ja ein geschlossenes System vorausgesetzt. 22 Diese etwas unrealistische Annahme ist z.B. in (Planck, 1954, Seite 228 unten) ausf¨ uhrlicher diskutiert. 19

54

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

Gleichungen (2.16) und (2.17) gemeinsam und somit bei entsprechender Normierung der sˆj : ´ ³ ´´ ³ ³ Pf RT RT 1 f j ln P j v0 − ln P v0 C(n , . . . , n ) = j=1 n Pf nj = −R j=1 nj ln n1 +...+n f Pf nj j −R j=1 n ln n1 . ≈ (2.13) S ist also gem¨aß (2.17) von der Form S=

f X

n

j=1

j

µ

nj sˆ (T, P ) − R ln 1 n j



(2.18)

Die Gleichungen (2.14),(2.15) und (2.18) bilden die Grundlage der Theorie verdu osungen . ¨nnter L¨

2.3.2

Osmotischer Druck

Zwei flu unnte L¨osungen S1 , S2 der in 2.3.1 betrachteten Art seien durch ¨ ssige, verd¨ eine nur f¨ ur das L¨osungsmittel (1. Komponente) durchl¨assige Membran getrennt. S2 bestehe nur aus L¨osungsmittel: nj2 = 0 f¨ ur j = 2, . . . , f . Verschiebt man bei konstantem Gesamtvolumen V1 + V2 und konstanter einheitlicher Temperatur die Membran hinreichend langsam, so durchl¨auft das aus S1 und S2 zusammengesetzte geschlossene System einen reversiblen Prozeß, f¨ ur den entsprechend der 2. Anmerkung zu Arbeitshypothese 9 △F = △A

(2.19)

gelten muß.23 Gem¨aß (2.14), (2.15), (2.18) und (1.43) gilt Fν (T, Pν , n1ν , . . . , nfν )

=

f X j=1

mit

njν

µ

j

n fˆj (T, Pν ) + RT ln 1ν nν



def fˆj (T, P ) = uˆj (T, P ) − T sˆj (T, P ) .

Falls S1 und S2 hinreichend groß sind, bleiben P1 und P2 w¨ahrend des Prozesses (i.w.) konstant. Wegen def △n = △n12 = −△n11 , △nj1 = nj2 = 0 f¨ ur j = 2, . . . , f

Version vom 7. M¨ arz 2009

23

Man vergleiche mit Abschnitt 2.2.1, Gleichung (2.6).

¨ ¨ 2.3. VERDUNNTE LOSUNGEN

55

gilt somit (i.w.) f ´ X ¡ ¢ 1 1 ˆ ˆ nj1 ln(n11 − △n) − ln n11 . △F = △n f (T, P2 ) − f (T, P1 ) − RT

³

j=2

Da andererseits (i.w.) △A = −P1 △V1 − P2 △V2 = (P1 − P2 )△V2 = (P1 − P2 )v 1 (T, P2 )△n gilt, folgt mit (2.19) im Grenzfall △n → 0 f¨ ur den sog. osmotischen Druck P1 − P2 : RT (n21 + . . . + nf1 ) fˆ1 (T, P2 ) − fˆ1 (T, P1 ) + . (2.20) P1 − P2 = n11 vˆ1 (T, P2 ) vˆ1 (T, P2 ) F¨ ur flu unnte L¨osungen sind die uˆj , sˆj und damit die fˆj vom Druck nahe¨ ssige, verd¨ zu unabh¨angig (vgl. (Fermi, 1956, Fußnote auf Seite 117)). Da außerdem f¨ ur reaktionsfreie, fl¨ ussige, verd¨ unnte L¨osungen das Volumen von der Menge der gel¨osten Stoffe i.w. unabh¨angig ist (vgl. (Planck, 1954, §253)), folgt aus (2.20): P1 − P2 ≈ (n21 + . . . + nf1 )

RT . V1

(2.21)

F¨ ur fl¨ ussige verd¨ unnte L¨osungen entspricht also der osmotische Druck der Vorstellung, daß sich die gel¨ osten Stoffe im L¨osungsmittel nahezu wie ideale Gase verhalten!

2.3.3

Dampfdruckerniedrigung

Betrachtet sei ein geschlossenes System S, das sich im Sinne von Abschnitt 1.3.4 aus zwei Teilsystemen S1 und S2 zusammensetze: S1 : S2 :

fl¨ ussige, 2-komponentige, verd¨ unnte L¨osung , verdampftes reines L¨osungsmittel .

Der gel¨oste Stoffe (2. Komponente) sei (i.w.) nicht fl¨ uchtig und gehe mit dem L¨osungsmittel keine Reaktion ein: n21 = const. ,

n22 = 0 ,

n11 + n12 = const. Die Gleichgewichtsbedingung f¨ ur konstante einheitliche Temperatur T und konstanten einheitlichen Druck P lautet gem¨aß Folgerung 1.3.3: Ggesamt = G1 (T, P, n11 , n21 ) + G2 (T, P, n12 , n22 )

minimal .

56

KAPITEL 2. ANWENDUNGSBEISPIELE

Da nach (1.12) und (2.18) ³ ´ n2 G1 (T, P, n11 , n21 ) = n11 gˆ11 (T, P ) + n21 gˆ12 (T, P ) + RT ln n11 , 1 G2 (T, P, n12 , 0) = n21 gˆ21 (T, P ) gilt, folgt aus den Gleichgewichts- und Nebenbedingungen durch Variation von n11 : gˆ11 (T, P ) − gˆ21 (T, P ) = RT

n21 . n11

(2.22)

Setzt man in (2.22) f¨ ur P den S¨attigungsdampfdruck P (T, n11 , n12 , n21 ) ein, so ergibt sich durch partielle Ableitung nach n21

und somit

¢ RT ∂P (T, n11 , n12 , n21 ) ¡ 1 1 (∂ ) (ˆ g − g ˆ ) = P T 1 2 | 1 2 P =P (T,n1 n11 ∂n21 1 ,n2 ,n1 ) P (n21 ) wobei:

def

− P (0) ≈

n21

dP (n21 ) RT n21 = , dn21 v1 − v2 n11

(2.23)

vν = (∂P )T gν1 = molares Volumen von Sν f¨ ur n21 = 0 .

Wegen v1 < v2 erniedrigt sich also der Dampfdruck durch Erh¨ohung der Konzentration des gel¨osten Stoffes.24

Version vom 7. M¨ arz 2009

24

F¨ ur nichtfl¨ uchtige L¨ osungsmittel l¨ aßt sich das mithilfe des osmotischen Druckes sehr anschaulich nachvollziehen; siehe (Huang, 1964, Band I, Abb. 2.14).

Teil II Statistische (Quanten-) Mechanik

57

Kapitel 3 Allgemeiner Formalismus 3.1 3.1.1

Quantenmechanische Grundlagen Zustandsbeschreibung

Die (bzgl. der Menge aller betrachteten Observablen) reinen Zust¨ande 1 eines quandef tenmechanischen Systems S lassen sich stets 1-1-deutig Teilr¨aumen ZΨ = {λΨ : λ ∈ C} eines geeigneten komplexen Hilbert-Raumes HS , des sog. Zustandsraumes zuordnen.2 Verabredung II.1 Wir werden (von der sog. großkanonischen Gesamtheit abgesehen) nur den Fall betrachten, daß alle 1-dim. Teilr¨aume von HS reinen Zust¨anden entsprechen (konventionelle Quantenmechanik). Damit sind Superauswahlregeln und damit m¨ogliche Effekte wie z.B. spontane Symmetriebrechung aus den Betrachtungen vorerst ausgeschlossen.3 Man sagt, das System S befinde sich mit Sicherheit im Zustand4 Ψin , falls es zu einer Gesamtheit (gleichartiger Systeme) geh¨ort, die so pr¨apariert ist, daß jedes EinVersion vom 7. M¨ arz 2009

1

Sei A die betrachtete Observablenmenge. Die Zust¨ande bzgl. A entsprechen dann linearen ˆ ≥ 0 ∀ Aˆ ∈ A . Abbildungen ω : A −→ R , die normiert (d.h. ω(ˆ1) = 1) und positiv sind: ω(Aˆ∗ A) Zust¨ande, die sich (i.a. nicht eindeutig) in der Form ω = λω1 + (1 − λ)ω2 , λ ∈ (0, 1) , mit unterschiedlichen Zust¨ anden ω1 , ω2 darstellen lassen, nennt man gemischt. Als rein bezeichnet man einen Zustand, falls er nicht gemischt ist. Experimentell realisierbare Zust¨ande sind in aller Regel gemischt (siehe auch Fußnote 8). 2 Ein komplexer Hilbertraum H ist ein komplexer Vektorraum mit innerem Produkt h.|.i , bzgl. dessen H vollst¨ andig ist, d.h.: def

kΨν − Ψµ k = =⇒ 3 4

p

hΨν − Ψµ | Ψν − Ψµ i

ν,µ→∞

−→ 0

ν→∞

Es existiert ein Ψ ∈ H mit kΨ − Ψµ k −→ 0 .

Siehe diesbez¨ uglich (L¨ ucke, qft). Gemeint ist eigentlich ZΨin .

59

60

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

¨ zelsystem der Gesamtheit bei optimaler Uberpr¨ ufung im Zustand Ψin vorgefunden wird. Eigent¨ umlich f¨ ur die Quantenmechanik ist, daß selbst dann, wenn Ψin mit Si¨ cherheit vorliegt, bei optimaler Uberpr¨ ufung der (etwas unangemessenen) Frage, ob i.a.

denn Ψout vorliege, f¨ ur einen Bruchteil wΨin (Ψot ) 6= 0 der Mitglieder der Gesamtheit die Antwort ‘ja’ resultiert: wΨin (Ψout ) =

kPˆΨout Ψin k2 kΨin k2

¨ Ubergangswahrscheinlichkeit f¨ ur ZΨin → ZΨout ,

¯ ¯ ED ¯ Ψout Ψout ¯ ˆ Projektor auf ZΨout , PΨout = ¯ kΨout k kΨout k ¯ ¯ D Ψout ¯ Ψout PˆΨout Φ = f¨ ur alle Φ ∈ HS . Φi kΨ kΨout k ¯ out k

(3.1)

def

wobei: d.h.:

Modellvorstellung: einem Teilstrahl Ψin strahl PˆΨout Ψin der -

Ψin

ZΨout ?

¨ Bei o.a. Uberpr¨ ufung der Intensit¨at kΨin k2 Intensit¨at kPˆΨout Ψin k2 -

PˆΨout Ψin

wird aus der Teilausgeblendet:

Ausgangsintensit¨at w = Eingangsintensit¨at

aktiver Filter

Die folgenden beiden Gleichungen sind ¨aquivalent zu (3.1): ¯ ¿ À Ψin ¯¯ ˆ Ψin wΨin (Ψout ) = , PΨ kΨin k ¯ out kΨin k ¯ ¿ ¯ À ¯2 ¯ ¯ ¯ Ψin Ψ out ¯ . ¯ wΨin (Ψout ) = ¯¯ ¯ kΨout k ¯ kΨin k {z } | ¨ Ubergangsamptitude

(3.2) (3.3)

F¨ ur hinreichend gutartige lineare Operatoren (lineare Abbildungen von H) in H ist die Definition ∞ E X def ˆ ˆ tr(A) = hΨν | AΨν , (3.4) ν=1

wobei:

{Ψν }ν maximales Orthonormalsystem ,

der sog. Spur (englisch: trace) von der speziellen Wahl der Ψν unabh¨angig und es ˆ beschr¨ankt ist): gilt (zumindest, wenn B ˆ = tr(B ˆ A) ˆ . tr(AˆB)

(3.5)

3.1. QUANTENMECHANISCHE GRUNDLAGEN

61

Anmerkung: Beides ube des EinP∞ erkennt man formal leicht durch geeignete Einsch¨ heitsoperators ˆ 1 = µ=1 |Ψµ i hΨµ | . Bzgl. mathematischer Details siehe Abschn. 3.1.3 von (L¨ ucke, fuan).

ˆ ur hinreichend gutartige Ψ, A) Aus (3.5) folgt (f¨ ¯ À ¿ ¯ Ψ Ψ ˆ = ¯ Aˆ tr(PˆΨ A) kΨk ¯ kΨk

(3.6)

und daraus mit (3.2):

wΨin (Ψout ) = tr(PˆΨin PˆΨout ) . = wΨout (Ψin )

(3.7)

In der nichtrelativistischen Quantenmechanik, die hier — von den in 4.2.3 behandelten Photonen abgesehen — ausschließlich verwendet werden soll, kann man sich auf das sog. Schr¨ odinger-Bild beschr¨anken, in dem 1-dim. Teilr¨aume ZΨ von H lediglich Momentanzust¨ande charakterisieren, wobei die Interpretationsvorschriften unabh¨angig vom jeweiligen Zeitpunkt sind. Sei z.B. A eine physikalische Gr¨oße, die (nicht explizit zeitabh¨angig ist und) prinzipiell nur die unterschiedlichen diskreten Werte a1 , . . . , aN annehmen kann. Der Zustand ZΨaν , in dem A den exakten Wert aν hat, sei jeweils eindeutig. Dann ist nach (3.7) wΨ(t) (A = aν ) = tr(PˆΨ(t) PˆΨaν ) die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, daß bei idealer Messung am Zustand ZΨ(t) der Wert aν festgestellt wird. Daraus folgt f¨ ur den Erwartungswert ωΨ(t) (A) von A im 5 Momentan‘zustand’ Ψ(t) ˆ , ωΨ(t) (A) = tr(PˆΨ(t) A) (3.8) wobei def Aˆ =

N X

aν PˆΨaν

ν=1

die sog. Spektraldarstellung der A entspr. Observablen Aˆ ist. Anmerkung: ucke, fuan). (L¨

Bzgl. der allgemeinen Spektraldarstellung siehe Abschn. 3.2.3 von

Wenn man z.B. nicht genau sagen kann, welcher der paarweise orthogonalen Zust¨ande ZΨ1 (t) , ZΨ2 (t) , . . . momentan ‘vorliegt’, sondern nur die entpr. Wahrscheinlichkeiten λ1 (t), λ2 (t), . . . daf¨ ur6 kennt, dann gilt: ˆ , ω ˆ (A) = tr(Tˆ(t)A) (3.9) T (t)

Version vom 7. M¨ arz 2009

5

Beachte (3.6). 6 Die λν (t) sind zeitlich konstant, falls die Ψν (t) L¨osungen der Schr¨ odinger-Gleichung ˙ ν (t) = HΨ ˆ ν (t) sind. i~Ψ

62

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

wobei def Tˆ(t) =

N X

λν (t)PˆΨν (t)

ν=1

den sog. statistischen Operator des Momentanzustands bezeichnet.7 Ein (Momentan-) Zustand, dessen statistischer Operator (englisch: density matrix ) nicht Projektor auf einen 1-dim. Teilraum von HS ist, ist gemischt.8 Anmerkungen: 1. F¨ ur den statistischen Operator Tˆ gilt stets Tˆ = Tˆ∗ , Tˆ ≥ 0 und tr(Tˆ) = 1. 2. Nach (3.6) und (3.5) ist Tˆ durch die Erwartungswerte (3.9) stets eindeutig festgelegt. urlich auch f¨ ur allgemeinere Aˆ = Aˆ∗ , sofern der Erwar3. (3.9) gilt nat¨ tungswert von A im Tˆ(t) entspr. Zustand existiert. Die Zeitentwicklung des statistischen Operators ist durch die Observable der ˆ im Schr¨ Energie, den sog. Hamilton-Operator H(t) odinger-Bild, formal gem¨aß der sog. von Neumann-Gleichung i~

d ˆ def ˆ ˆ ˆ T (t) = [H(t), Tˆ(t)]− = H(t) Tˆ(t) − Tˆ(t)H(t) dt

(3.10)

bestimmt, die sich im Falle Tˆ(t) = PˆΨt , kΨ(t)k = 1 aus der Schr¨ odingerGleichung ˆ Ψt i~∂t Ψt = H(t) ergibt. Anmerkung: Bzgl. mathematischer Details siehe Erl¨auterung zu Gleichung (2.15) in (L¨ ucke, fuan).

ˆ zeitunabh¨angig Verabredung II.2 Im folgenden sei nur der Fall betrachtet, daß H ist (¨außere Felder zeitunabh¨angig, falls vorhanden). Version vom 7. M¨ arz 2009

F¨ ur einen Spurklasseoperator schreiben wir i.a. Tˆ , wenn die Spur 1 ist, ρˆ sonst. Z.B. kann man sich eine Tˆ(t) entsprechende Gesamtheit aus den PˆΨν (t) entsprechenden Gesamtheiten mit den relativen Anteilen λν (t) zusammengesetzt (gemischt) denken. Die Zerlegung def PN Tˆ(t) = ν=1 λν (t)PˆΨν (t) des statistischen Operators f¨ ur gemischte Zust¨ande ist jedoch i.a. weder mathematisch eindeutig, noch ist eine M¨oglichkeit der Zerlegung physikalisch ausgezeichnet (wie man am Beispiel partieller Zust¨ ande zusammengesetzter korrelierter Systeme sieht). 7

8

63

3.1. QUANTENMECHANISCHE GRUNDLAGEN

ˆ ist (3.10) (mathematisch entsprechend pr¨azisiert) ¨aquiF¨ ur zeitunabh¨angiges H valent zu i ˆ i ˆ Tˆ(t) = e− ~ Ht Tˆ(0) e+ ~ Ht . Von fundamentaler Bedeutung f¨ ur die (Anwendungen auf die) Thermodynamik ist folgender Sachverhalt: Sei S ein (realistisches, quantenmechanisches) System endlicher Ausdehnung. Dann lassen sich nur diskrete Energiewerte E0 < E1 < E2 < . . . f¨ ur S feststellen und die Dimensionen der zugeh¨origen Eigenr¨aume def ˆ = Eν Ψ} Hν = {Ψ ∈ HS : HΨ

(3.11)

sind endlich.9

3.1.2

Plancks Ansatz

Nach Teil I der Vorlesung kommt es f¨ ur die Gleichgewichts -Thermodynamik i.w. nur darauf an, die absolute Entropie S(Z) f¨ ur makroskopische Systeme in TemperaturZust¨anden zu bestimmen, die durch die entspr. nat¨ urlichen Variablen U, V, . . . etc. (vgl. Aufgabe 10) charakterisiert sind. Insofern l¨ost die folgende Hypothese grunds¨atzlich das Problem der R¨ uckf¨ uhrung der Thermodynamik auf die mikroskopische quantenmechanische Beschreibung ((Planck, 1923, Seiten 119 - 123)). Plancksche Hypothese: F¨ ur die absolute Entropie S(Z) eines Systems S endlicher Ausdehnung unendlich vieler Freiheitsgrade gilt – bei hinreichend detaillierter quantenmechanischer Beschreibung von S – im Rahmen makroskopischer Meßgenauigkeit S(Z) = k ln Ω(Z) , wobei k > 0 die sog. Boltzmann-Konstante und Ω(Z) die Dimension des Teilraums von HS ist, der von all denjenigen Eigenvektoren Ψ des Hamilton-Operators aufgespannt wird, deren zugeordnete Zust¨ande ZΨ i.w. der durch Z charakterisierten makroskopischen Situation entsprechen. Version vom 7. M¨ arz 2009

9

F¨ ur ein Photonengas im Kasten mit den zwar mathematisch bequemen, aber physikalisch unrealistischen, periodischen Randbedingungen ist der Eigenraum zum Energie-Eigenwert 0 allerdings unendlich-dimensional. Bei entsprechender Behandlung mithilfe der großkanonischen Gesamtheit stellt das jedoch kein Problem dar.

64

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Plausibilit¨ atsbetrachtung: Bei adiabatischer quasistatischer Volumen¨anderung sollte sich Ω nicht a¨ndern, sondern sich nur die Energieniveaus Eν verschieben.10 Außerdem sollte Ω sowohl bei isochorer quasistatischer (W¨arme-) Energiezufuhr (am geschlossenen System) wie auch bei normalem Zusammensetzen von Systemen wachsen. Mit anderen Worten: Es ist plausibel, daß Ω immer genau dann w¨achst (bzw. f¨allt), wenn das f¨ ur die Entropie der Fall ist. Das f¨ uhrt auf folgende Vermutung: Es existiert eine universelle Funktion f mit f (S(Z)) = ln (Ω(Z)) ,

(3.12)

die stetig und monoton wachsend ist. Falls S aus zwei isolierten Teilsystemen S1 , S2 zusammengesetzt ist, gilt S = S1 + S2

Ω = Ω1 Ω2

und somit aufgrund der (vermuteten) Universalit¨at von f : f (S1 + S2 ) = f (S1 ) + f (S2 ) . Sei S0 ein beliebiger, positiver Entropiewert. Da die absolute Entropie beliebige positive Werte (entspr. phys. Dimension) annehmen kann, folgt somit µ µ ¶¶ µ ¶ l l lf (S0 ) = f (lS0 ) = f j S0 S0 = jf j j f¨ ur beliebige l, j ∈ N , d.h. f (λS0 ) = λS0 /k

def

mit k = S0 /f (S0 )

f¨ ur beliebige positiv rationale λ und somit aufgrund der Stetigkeit von f f¨ ur beliebiges λ > 0 . Da f nur f¨ ur positives k monoton wachsend sein kann, folgt also mit (3.12) tats¨achlich: S = k ln Ω , k > 0 . Anmerkungen: Version vom 7. M¨ arz 2009

10

Bei hinreichend langsamer Volumen¨anderung — ohne sonstige Einwirkung (Gedankenexperiment!) — ist die Wechselwirkung mit der Umgebung (jedenfalls bei nicht entartetem Energiespektrum) zu gering, um einen Quantensprung zu erm¨oglichen. In diesem Sinne bezeichnet man in der ˆ Ψ(t) = E(t) Ψ(t) charakterisierte N¨aherungsl¨osung Quantenmechanik die durch die Forderung H(t) ˆ Ψ(t) der Schr¨ odinger-Gleichung zu mit der Zeit ‘langsam’ variierendem H(t) gew¨ohnlich als adiabatische N¨ aherung.

65

3.1. QUANTENMECHANISCHE GRUNDLAGEN 1. Die eigentliche Rechtfertigung f¨ ur die Plancksche Hypothese liegt in ihrem praktischen Erfolg. . 2. Die experimentelle Erfahrung zeigt: k ≈ 1, 4 · 10−16 erg K

3. Die konkrete Anwendbarkeit der Planckschen Hypothese beruht wesentlich darauf, daß Ω(Z) nur sehr grob abgesch¨atzt zu werden braucht: Z.B. ¨andert sich S nur um k ln(e1000 ) ≈ 1, 4·10−13 erg , wenn K 11 1000 man f¨ ur Ω den e -fachen Wert einsetzt.

3.1.3

Die mikrokanonische Gesamtheit

ur unterschiedliSei S ein mikroskopisches System endlicher Ausdehnung,12 das nur f¨ che Werte der inneren Energie U betrachtet werde; die u urlichen Variablen ¨brigen nat¨ ˆ sei der Hamilton-Operator einer entspreder Entropie seien konstant gehalten. H chend detaillierten quantenmechanischen Beschreibung von S. Gesucht ist nun Ω(Z(U, V, . . .)) in (nicht zu) grober N¨aherung. Dabei erheben sich folgende beiden Fragen: 1. Wie l¨aßt sich der Temperaturzustand Z(U, V, . . .) quantenmechanisch beschreiben? 2. Welche reinen Zust¨ande entsprechen hinsichtlich makroskopischer Beobachtungen i.w. Z(U, V, . . .) ?

Sei Pˆν jeweils der Projektor auf den Eigenraum HS im Sinne von (3.11). Sei weiterhin △ eine mikroskopisch hinreichend große, aber makroskopisch vernachl¨assigbare Energieunsch¨arfe. Dann gen¨ ugt der zeitunabh¨ angige statistische Operator13 def △ TˆU,V,... =

ρˆ△ U,V,... tr(ρ△ U,V,... )

, wobei:

def ρˆ△ U,V,... =

ˆ H ˆ − (U − ∆)) = θ(U − H)θ(

∞ X

Pˆν ,

ν=0

Eν ∈[U −△,U ]

(3.13) der Bewegungsgleichung (3.10) und die durch ihn charakterisierte sog. mikrokanonische Gesamtheit besitzt f¨ ur alle heutzutage bekannten (relevanten) Modelle im normalen Temperaturbereich folgende Eigenschaften: Version vom 7. M¨ arz 2009

11

Die Entropie von einem Mol H2 unter Normalbedingungen betr¨agt dagegen etwa Ws +7 erg 30 cal K ≈ 30 · 4, 185 K = 125, 55 · 10 K (siehe z.B. (Zeise, 1954, S. 53)). (1.3) 12 I. A. wird das System durch ein geeignetes Potential auf ein endliches Volumen beschr¨ankt. 13 ˆ Man kann auch ρˆ△ U,V,... = χ[U −△,U ] (H) schreiben, wobei χ[U −△,U ] die charakteristische Funktion des Intervalls [U − △, U ] bezeichnet.

66

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS 1. Solange △ nicht zu klein gew¨ahlt wird, ist der genaue Wert unwesentlich, da die Zahl der reinen Zust¨ande genauer Energie ≤ U mit U lawinenartig anw¨achst (siehe dazu Aufgabe 21). 2. F¨ ur alle relevanten makroskopischen Zustandsgr¨oßen ist der Erwartungswert endlich und die Streuung dieser Gr¨oße klein im Vergleich zu ihrem Erwartungswert (Gesetz der großen Zahlen).

Aus diesen Eigenschaften folgt, daß praktisch alle reinen Zust¨ande mit genauer △ Energie ≤ U der durch TˆU,V,... gegebenen makroskopischen Situation entsprechen14 Mit anderen Worten: Unter allen makroskopischen Zust¨anden des isolierten Systems (fest vorgegebe∞ ner innerer Energie) charakterisiert TˆU,V,... denjenigen mit maximalem Ω, d.h. gem¨aß Planckscher Hypothese denjenigen gr¨oßtm¨oglicher Entropie. Daher: Auch der zur mikrokanonischen Gesamtheit geh¨orige Makrozustand stimmt (i.w.) mit dem thermodynamischen Gleichgewichtszustand (entsprechender ˆ u innerer Energie U ≈ ωTˆ∞ (H)) ¨berein. U,V,...

‘Anschauliche’ Formulierung: Die Vorstellung, daß im thermodynamischen Gleichgewicht stets ein reiner quantenmechanischer Zustand genauer Energie vorliege, jedoch aufgrund unvermeidlicher ‘Fluktuationen’ jeder reine Zustand mit genauer Energie zwischen U − △ und U mit gleicher a priori Wahrscheinlichkeit, steht nicht im Widerspruch zur tats¨achlichen makroskopischen Situation.15 ¨ Aus obiger Uberlegung folgt unmittelbar: ∞ ³ ´ X ˆ Ω(Z(U, V, . . .)) = tr θ(U − H(V, . . .)) = dim(Hν ) . i.w.

(3.14)

ν=0

Eν ≤U

Mit (3.14) und der Planckschen Formel S mikr. (Z) = k ln Ω(Z)

(3.15)

ist damit die Bestimmung der Entropie als Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen U, V, . . . zur¨ uckgef¨ uhrt auf die Summation der Entartungsgrade der Eigenwerte Eν ≤ ˆ V,... einer geeigneten quantenmechanischen BeschreiU des Hamilton-Operators H bung des Systems. Abschließende Bemerkungen: Version vom 7. M¨ arz 2009

14

Sonst k¨ onnten die makroskopischen Zustandsgr¨oßen nicht alle praktisch genaue Werte haben. 15 Man beachte jedoch Fußnote 8.

67

3.1. QUANTENMECHANISCHE GRUNDLAGEN 1. F¨ ur homogene System sollte konsistenterweise der sog. thermodynamische Limes 1 S(αU, αV, . . .) α→∞ α lim

existieren, f¨ ur den man sich haupts¨achlich interessiert. 2. In der klassischen Statistik tritt an die Stelle der Zustandssumme Ω – von einem unwesentlichen Vorfaktor abgesehen – das entsprechende Phasenraumvolumen. Allerdings ergibt sich dann – selbst nach Einf¨ uhrung des Boltzmann-Faktors (vgl. 3.1.4) – i.a. ein Widerspruch zum 3. Hauptsatz, weil das Phasenraumvolumen beliebig klein werden kann.

3.1.4

Das Gibbssche Paradoxon

S bestehe aus N unterscheidbaren Teilchen gleicher Masse m ohne innere Freiheitsgrade,16 deren einzige Wechselwirkung darin bestehe, daß sie an den W¨anden eines W¨ urfels der Kantenl¨ange L, in dem sie sich befinden, ideal reflektiert werden. Es ist also ¶2 N µ 1 X ~ ˆ H= (3.16) ∇ xν 2m ν=1 i und, bei geeigneter Wahl des Koordinatensystems,

HS = L2 ([0, L]3N , dx1 , . . . , dxN ) .

(3.17)

Dabei m¨ ussen die Energie-Eigenfunktionen folgende Randbedingungen erf¨ ullen: ΨE (x1 , . . . , xN ) = 0 , falls xjν ∈ {0, L} f¨ ur geeignete ν, j .

(3.18)

Das folgende ist also ein maximales (noch nicht normiertes) orthogonales System von Energie-Eigenfunktionen: {Ψn1 ,...nN }njν >0 , wobei: ˆ n1 ,...n = HΨ N

def

Ψn1 ,...nN (x1 , . . . xN ) =

sin(njν π

ν=1 j=1

N X |p(nν )|2 ν=1

N Y 3 Y

2m

def

Ψn1 ,...nN , mit: p(n) =

xjν ), L

nπ~ . L

Anmerkung: Die Vollst¨ andigkeit ergibt sich aus der Theorie der Fourier-Reihen; siehe Abschn. 6.2.1 von (L¨ ucke, ein). Version vom 7. M¨ arz 2009

16

F¨ ur Gase von Teilchen’ mit inneren Freiheitsgraden rechnet man besser mit der kanonischen Gesamtheit. Siehe dazu (Landau und Lifschitz, 1966b, §§47–51).

68

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Es gilt also

X

Ω(U, V, N ) =

1

3 00

(p1 )2 +...+(pN )2 ≤2mU

R

dp1 · · · dpN

(p1 )2 +...+(pN )2 ≤2mU

= (2π~)−3N

R

2 (p1 )2 +...+(pN ) ≤2mU j qν ∈[0,L]

dp1 · · · dpN dp1 · · · dpN dq1 · · · dqN .

Resultat: Die quantenmechanische Zustandszahl Ω(U, V, N ) ergibt sich (angen¨ahert), indem man das entsprechende klassische Phasenraumvolumen durch (2π~)3N dividiert.17

Der Inhalt einer 3N -dimensionalen Kugel mit dem Radius Z



2mU ist

3

3 2 π 2N dp1 · · · dpN = (2mU ) 2 N 3 3N Γ( 2 N ) (p1 )2 +...+(pN )2 ≤2mU

und somit

3

2 π 2N Ω(U, V, N ) ≈ 3N Γ( 23 N )

µ

3 V (2mU ) 2 3 (2π~)

¶N

.

(3.19)

(3.20)

Beweis von (3.19): Der Inhalt def

|Bn (r)| =

Z

(ξ1 )2 +...+(ξn )2 ≤r 2

dξ1 · · · dξn

einer n-dimensionalen Kugel Bn (r) vom Radius r ist offensichtlich proportional zu rn : |Bn (r)| = Cn rn . Version vom 7. M¨ arz 2009

17

Vergleiche 2. abschließende Bemerkung zu 3.1.3.

69

3.1. QUANTENMECHANISCHE GRUNDLAGEN Cn ergibt sich gem¨ aß18 π

n/2

=

n Z Y

2

e−ξ dξ

ν=1 Z 2 2 = e−((ξ1 ) +...+(ξn ) ) dξ1 · · · dξn Z ∞ 2 d |Bn (r)| dr e−r = dr r=0 Z ∞ 2 rn−1 e−r dr = n Cn

zu

=

n Cn 2

=

n 2

r=0 ∞

Z

Cn Γ

2 π n/2 ¡ ¢. n Γ n2

sn/2−1 e−s ds

s=0

³

¡n¢ 2

n 2

=

Cn

¡n 2

´ ¢ − 1 ! f¨ ur gerades n

Aufgrund der f¨ ur komplexe z g¨ ultigen Stirlingschen Formel ,19 µ ¶ √ 1 1 (z−1/2) ln z−z −3 |arg z| < π =⇒ Γ(z) = e 2π 1 + + + O(z ) , (3.21) 12 z 288 z 2 ur großes N (und U ) mit wachsender relativer Genauigkeit: gilt also nach (3.15) f¨ Ã µ ¶ 23 ! 3 4 πm U + Nk . S(U, V, N ) = N k ln V (3.22) 2 3 (2π~) N 2 Eine direkte Konsequenz ist: Gibbssches Paradoxon: F¨ ur die Entropie gem¨aß (3.22) existiert der thermodynamische Limes nicht! Die Ursache ist leicht ersichtlich: Denkt man sich ein Gas unterscheidbarer Teilchen aus zwei zueinander offenen Teilsystemen zusammengesetzt, so gilt nicht i.w. Ω = Ω1 Ω2 , sondern deutlich Ω > Ω1 Ω2 , also eine wesentliche Verletzung der Extensivit¨at. Wenn man dagegen (nach Gibbs, ad hoc) Ω in (3.15) durch 1 Ω(U, V, N ) N!

ΩB (U, V, N ) =

(3.23)

Version vom 7. M¨ arz 2009

18

Die erste Gleichung ergibt sich gem¨aß sµZ ¶ µZ Z +∞ +∞ −ξ 2 e−ξ2 dξ e dξ = −∞

−∞

+∞

−∞

(Landau-Integral). 19 Siehe z.B. (Naas und Schmid, 1967, S. 647).

−η 2

e





=

sZ



r=0

Z



ϕ=0

r e−r2 dr dϕ =

√ π.

70

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

ersetzt, so ergibt sich f¨ ur die Entropie i.w.20 die homogene Funktion à µ à ¶ 3 !! 4 πm U 2 V 5 + ln SB (U, V, N ) = N k . 2 N 3 (2π~)2 N

(3.24)

Das (Modell-) System, das durch die sog. Sackur-Tetrode-Gleichung (3.24) beschrieben wird, nennt man Boltzmann-Gas. Gase gleichartiger ‘Teilchen’ ohne innere Freiheitsgrade verhalten sich u ¨ber weite Temperaturbereiche nahezu wie ein 21 Boltzmann-Gas. Klassisch ist das nicht verst¨andlich, wohl aber quantenmechanisch: Bei nicht zu niedrigen Temperaturen ‘befindet sich’ praktisch jedes der N ‘Teilchen’ in einem anderen Zustand. Die relevanten reinen N -TeilchenZust¨ande genauer Energie lassen sich daher i.w. zu Familien von jeweils N ! paarweise othogonalen Zust¨anden zusammenfassen, die sich jeweils nur durch Permutation der Teilchen unterscheiden. (3.20) gibt i.w. die Zahl dieser Familien multipliziert mit N ! an. In der Quantenmechanik sind aber ‘Teilchen’ einheitlicher Sorte als nicht unterscheidbar zu behandeln, d.h. die Zustandsvektoren in HS m¨ ussen eine entsprechende Permutationssymmetrie haben (siehe Kapitel 4). Deshalb ist aus jeder der (f¨ ur hohe Temperaturen) relevanten N !-elementigen Zustandsfamilien i.w. nur jeweils ein Zustand quantenmechanisch zul¨assig.

3.2 3.2.1

Die kanonische Gesamtheit Herleitung aus der mikrokanonischen Gesamtheit

S bestehe aus N ′ v¨ollig gleichartigen, nicht miteinander wechselwirkenden Systemen S1 , . . . , SN ′ , die jeweils gleiches festes Volumen V1 , gleiche feste Teilchenzahl N1 usw. haben. Gesucht ist die sog. kanonische Gesamtheit 22 von S1 zu U1 , V1 , N1 , d.h. der partielle Zustand von S1 f¨ ur die mikrokanonische Gesamtheit von S zu ′ ′ ′ U = N U1 , V = N V1 , N = N N im Grenzfall N ′ → ∞ bei konstantem U1 : Zu vorgegebenen Werten V1 , N1 , . . . f¨ ur S1 sei {Ψµ }µ∈Z+ ein MONS (maximales Orthonormalsystem) von HS1 mit: ˆ S1 Ψµ = Eµ Ψµ , E0 ≤ E1 ≤ E2 ≤ . . . . H Version vom 7. M¨ arz 2009

q ¡ ¢ z z In der nach (3.21) f¨ ur große N gerechtfertigten N¨aherung Γ(z) ≈ 2π . z e k 21 Es handelt sich um ein ideales Gas mit CV = 3N 2 (siehe Aufgaben 11 und 22b)). 22 Im thermodynamischen Limes liefern kanonische und mikrokanonische Gesamtheit gleiche thermodynamische Potentiale. 20

71

3.2. DIE KANONISCHE GESAMTHEIT Damit ist ein MONS von HS mit

ª © Ψµ1 ⊗ . . . ⊗ ΨµN ′ µ1 ,...,µ Ã N′ X

ˆ S Ψµ1 ⊗ . . . ⊗ Ψµ ′ = H N

Eµν

ν=1

!

N ′ ∈Z+

Ψµ1 ⊗ . . . ⊗ ΨµN ′ .

Die entsprechende mikrokanonische Gesamtheit wird also gem¨aß (3.13) durch den statistischen Operator ρˆ TˆN∞′ U1 ,N ′ V1 ,... = , tr(ˆ ρ) X def PˆΨµ1 ⊗...⊗ΨµN ′ , wobei: ρˆ = µ1 ,...,µN ′ ∈Z+ ′ ν=1 Eµν ≤N U1

PN ′

ur Observable Aˆ1 von S1 im Sinne von (3.9) charakterisiert.23 Da f¨

tr(PˆΨµ1 ⊗...⊗ΨµN ′ Aˆ1 ⊗ ˆ1 ⊗ . . . ⊗ ˆ1) = hΨµ1 ⊗ . . . ⊗ ΨµN ′ |(Aˆ1 ⊗ ˆ1 ⊗ . . . ⊗ ˆ1)Ψµ1 ⊗ . . . ⊗ ΨµN ′ i (2.1.5) Q ′ = hΨµ1 |Aˆ1 Ψµ1 i N ν=2 hΨµν |Ψµν i | {z } =1

= tr(PˆΨµ1 Aˆ1 )

(2.1.5)

gilt, charakterisiert folglich ′ Tˆ(N ) =

wobei:

ˆ ′) ρ(N , ˆ ′)) tr(ρ(N X

ˆ ′) = ρ(N

def

PˆΨµ1 ,

µ1 ,...,µN ′ ∈Z+ ′ ν=1 Eµν ≤N U1

PN ′

den zugeh¨origen partiellen Zustand von S1 . Der entsprechende statistische Operator ist also ∞ X ′ ′) Tˆ(N ) = λ(N PˆΨµ , (3.25) µ µ=0

wobei

(N ′ )

λµ Version vom 7. M¨ arz 2009

23

µ2 ,...,µN ′ ∈Z+ PN ′ ′ ν=2 Eµν ≤N U1

def Eµ +

= P

X

µ1 ,...,µN ′ ∈Z+ PN ′ ′ ν=1 Eµν ≤N U1

1

1

,

Daß die quantenmechanische Energie-Wahrscheinlichkeitsverteilung f¨ ur makroskopisches S1 tats¨achlich eng um U1 herum konzentriert ist, wird am Schluß von 3.2.2 und in Aufgabe 24 gezeigt.

72

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

und geht f¨ ur N ′ → ∞ u ¨ber in def TˆUkan = 1 ,V1 ,N1 ,...

∞ ³ X µ=0

wobei: (N ′ )

k ln λµ



  k ln  

=

PN ′

=

(3.14),(3.15)

´ (N ′ ) PˆΨµ , lim λ µ ′

N →∞



X

µ2 ,...,µN ′ ∈Z+ Eµν ≤N ′ U1 −Eµ

ν=2



    1 − k ln   



X

µ1 ,...,µN ′ ∈Z+ ′ ν=1 Eµν ≤N U1

PN ′

  1 

Sˆ (N ′ U1 − Eµ , (N ′ − 1)V1 , . . .) − S mik (N ′ U1 , N ′ V1 , . . .) .

Dabei bezeichnet S mik die Entropie von S und Sˆ die Entropie des aus S2 , . . . , SN ′ zusammengesetzten Systems. Wenn S1 die Entropie von S1 bezeichnet, folgt somit aufgrund der Extensivit¨at der Entropie:24 ′

) k ln λ(N = (N ′ − 1)S1 (U1 + µ

U1 − Eµ , V1 , . . .) − N ′ S1 (U1 , V1 , . . .) . N′ − 1

Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung gilt f¨ ur geeignetes E ′ mit |E ′ | ≤ µ | UN1 −E ′ −1 | (und hinreichend gutartiges S1 ) S1 (U1 +

U1 − Eµ U1 − Eµ , V , . . .) = S (U , V , . . .) + ∂U S1 (U, V1 , . . .) |U =U +E′ . 1 1 1 1 1 N′ − 1 N′ − 1 | {z } =

(

Damit ergibt sich

E

− kTµ



) lim λ(N =e µ ′

1

N →∞

und somit folgendes Resultat:

|e

mik (U ,V ,...) U1 /T1 −S1 1 1 k

{z

µ-unabh¨angig

1

1.41) T1 (U,V1 ,...)

}

(3.26)

Der partielle Zustand von S1 entspricht (i.w.) dem statistischen Operator def kan TˆT,V,N,... =

wobei:

def ρˆkan T,V,N,... =

ρˆkan T,V,N,... , tr(ˆ ρkan T,V,N,... ) ˆ

H − kT

e

=

∞ X



e

Eµ (V,N,...) kT

(3.27) PˆΨµ ,

µ=0

f¨ ur T = T1 (U1 , V1 , . . .), V = V1 , . . . . Version vom 7. M¨ arz 2009

24

Streng genommen ist die Entropie erst im thermodynamischen Limes extensiv. Falls letzterer existiert, konvergiert der daraus resultierende relative Fehler aber mit wachsender ‘Gr¨oße’ von S1 gegen Null.

73

3.2. DIE KANONISCHE GESAMTHEIT Der statistische Operator (3.27) beschreibt also die kanonische Gesamtheit. Auch der zur kanonischen Gesamtheit geh¨orige Makrozustand stimmt mit einem thermodynamischen Gleichgewichtszustand u ¨berein.

Wegen tr(Tˆ(N ) ) = 1 ergibt sich aus (3.26) und (3.25) gem¨aß (1.43) die freie Energie def F kan (T, V, N, . . .) = −kT ln Z(T, V, N, . . .) (3.28) ′

mit der sog. kanonische Zustandssumme (englisch: partition function) ∞ ³ Hˆ ´ X Eµ (V,N,...) − kT . = e− kT Z(T, V, N, . . .) = tr e def

(3.29)

µ=0

Warnung: Man beachte, daß hier µ ein MONS von Energie-Eigenzust¨anden indiziert. Im Gegensatz zu (3.11) (f¨ ur die mikrokanonische Gesamtheit benutzt) kann hier also Eν = Eµ f¨ ur ν 6= µ gelten!

3.2.2

Konsistenzbetrachtungen

Auch die (3.28) gem¨aß (1.25) zugeordnete Entropie def

S kan (T, V, N, . . .) = ∂T (kT ln Z(T, V, N, . . .))

(3.30)

h¨angt (im Gegensatz zu F und U ) tats¨achlich nicht von der willk¨ urlichen Wahl des Energie-Nullpunktes ab. An die Stelle des 3. Hauptsatzes tritt in der Quantenmechanik genau genommen der folgende Satz 3.2.1 Falls die Zustandssumme (3.29) f¨ ur alle T > 0 existiert, ist die Defi25 nition (3.30) erlaubt und damit gilt: lim S kan (T, V, N, . . .) = k ln(Entartungsgrad des Grundzust. zu geg. V, N, . . .) .

T →0

Version vom 7. M¨ arz 2009

25

Der thermodynamische Limes der rechten Seite ist — dank quantenmechanischer Permutationssymmetrie — in aller Regel (falls existent) Null.

74

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS Beweisskizze:

Nach (3.30) und (3.29) ist S = k ln

̰ X

E − kTµ

e

µ=0

!

E P∞ − µ 1 µ=0 Eµ e kT + . T P∞ e− EkTµ

(3.31)

µ=0

Mit n sei der Entartungsgrad des Grundzustandes bezeichnet, d.h.: E0 = E1 = . . . = En−1 < Eµ

∀µ ≥ n.

Wenn man außerdem (ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit) E0 = 0 voraussetzt, ergibt sich aus (3.31) ³

n −E kT

S = k ln n + e

und damit die Behauptung.

∞ X µ=n

E −E − µkT n

e

| {z } mit T fallend

´

E n En P∞ − µ−E kT E e e− kT µ µ=0 + T n + P∞ e− EkTµ µ=n

Frage zum Verst¨ andnis: Wie erkl¨art sich der Widerspruch zur Sackur-Tetrodeur T → 0 (nach Aufgabe 22b) ¨aquivalent zu U → 0) Gleichung (3.24), derzufolge S f¨ divergiert? Antwort: Bei der Herleitung wurde nicht exakt abgez¨ahlt, sondern das entsprechende Phasenraumvolumen durch die Dichte der Eigenzust¨ande dividiert. F¨ ur U → 0 ist diese N¨ aherung unsinnig, weil man dadurch f¨ ur Ω beliebig kleine Werte erh¨alt.

Daß die kanonische Gesamtheit eine formal konsistentere Beschreibung der mikroskopischen quantenmechanischen Situation als die mikrokanonische Gesamtheit liefert, zeigt der folgende26 Satz 3.2.2 Die (jetzt nicht notwendig gleichartigen) nicht miteinander wechselwirkenden Systeme S1 , . . . , SN ′ jeweils fester Teilchenzahl befinden sich alle im Zustand ihrer kanonischen Gesamtheit zur einheitlichen Temperatur T , falls dasselbe f¨ ur das aus S1 , . . . , SN ′ (ohne zus¨atzliche Wechselwirkung) zusammengesetzte System gilt. Beweis fu ¨ r N ′ = 2 : Als Zustandsraum dient das Tensor-Produkt der Zustandsr¨aume f¨ ur die Teilsysteme: HS = HS1 ⊗ HS2 . Version vom 7. M¨ arz 2009

26

Die Umkehrung von Satz 3.2.2 gilt nur dann, wenn man verlangt, daß der quantenmechanische Zustand von S das Produkt der partiellen Zust¨ande der Teilsysteme S1 , . . . , SN ′ ist (keine Korrelationen der Teilsysteme untereinander).

75

3.3. DIE GROSSKANONISCHE GESAMTHEIT

Aufgrund der fehlenden Wechselwirkung der Teilsysteme miteinander gilt außerdem (in offensichtlicher Bezeichnungsweise) ˆ =H ˆ 1 ⊗ ˆ1 + ˆ1 ⊗ H ˆ2 . H Damit folgt ³

´ tr TˆSkan (Aˆ1 ⊗ Aˆ2 ) =

„ « ˆ H ˆ1 ⊗A ˆ2 ) tr e− kT (A ˆ H

tr(e− kT ) −

tr (e

= = und somit die Behauptung.

ˆ H 1 kT

ˆ H

ˆ1 )⊗(e− kT2 A ˆ2 ) A ˆ H 1

Q2

!

ˆ H 2

tr(e− kT ⊗e− kT )

j=1

tr(TˆSkan Aˆj ) j

Die (3.28) gem¨aß (1.23) zugeordnete innere Energie ist nach (3.30) (und ProduktRegel der Differentiation): U kan = kT 2 ∂T ln Z(T, V, N, . . .) .

(3.32)

Nach (3.29) gilt also U kan (T, V, N, . . .) = und somit nach (3.27) U

kan

P∞

Eµ (V,N,...)

− kT µ=0 Eµ e P∞ − Eµ (V,N,...) kT µ=0 e

³ ´ kan ˆ ˆ (T, V, N, . . .) = tr TT,V,N,... H ,

(3.33)

im Einklang mit der quantenmechanischen Vorschrift (3.9).

Abschließende Bemerkung: In der kanonischen Gesamtheit ist die Energie-Wahrscheinlichkeitsverteilung zwar unbeschr¨ankt, aber im thermodynamischen Limes konvergiert die relative Energieunsch¨arfe gegen Null.27

3.3 3.3.1

Die großkanonische Gesamtheit Herleitung aus der kanonischen Gesamtheit

S bestehe aus N ′ v¨ollig gleichartigen, nicht miteinander wechselwirkenden Systemen S1 , . . . , SN ′ , die jeweils festes Volumen V1 usw. haben. Nun sei aber nur die Version vom 7. M¨ arz 2009

27

Siehe Aufgabe 24.

76

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Teilchenzahl28 N ′ N¯1 von S, nicht dagegen die Verteilung auf die S1 , . . . , SN ′ fixiert. HS1 besitze ein MONS {ΨN,j }N,j∈Z+ aus Vektoren, die reinen Zust¨anden genauer Energie und genauer Teilchenzahl entsprechen;29 d.h.: ˆ N,j = EN,j ΨN,j , HΨ ˆ ΨN,j = N ΨN,j , N ˆ H ˆ N

wobei:

def

= Observable der Energie von S1 , = Observable der Teilchenzahl von S1 .

def

Gesucht ist die sog. großkanonische Gesamtheit 30 von S1 zu T, V1 , N¯1 , d.h. der partielle Zustand von S1 f¨ ur die kanonische Gesamtheit von S zu T, V = N ′ V1 , N = ′ ¯ ′ N N1 im Grenzfall N → ∞ bei konstantem N¯1 : n o ˆˆ ˆˆ ˆ Seien H, N , ΨN,j , EˆN,j die entsprechenden Gr¨oßen f¨ ur das aus S2 , . . . , SN ′ ˆ F¨ zusammengesetzte System S. ur hinreichend gutartige Observable Aˆ von S1 gilt dann: ωTˆkan ′

T,N V1 ,N ′ N¯1 ,...

(Aˆ ⊗ ˆˆ1)

=

(3.9),(3.27)

=

ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ 1+ˆ 1⊗H H⊗ ˆ ˆ ˆ kT A⊗ 1) ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ H⊗ 1+ 1⊗ H − kT ) tr(e

tr(e−

(3.4)

P

ˆ ,ˆ N,j,N j∈Z+

ˆ =N ′ N¯1 N +N

ˆ

H − kT

hΨN,j | e

ˆ N,j AΨ

E

ˆ E ˆ ,ˆ N j

e− kT ZS (T,N ′ V1 ,...)

.

Der statistische Operator des partiellen Zustandes von S1 ist also im Limes N ′ → ∞ X E def (N ′ ) − N,j ˆ gr kT P = ( lim d )e TˆT,V (3.34) ΨN,j , N 1 ,µ(T,V1 ,...) wobei:

(N ′ ) def dN =

½

N,j∈Z+

N ‘→∞

ZSˆ(T,(N ′ −1)V1 ,N ′ N¯1 −N,...) ZS (T,N ′ V1 ,N ′ N¯1 ,...)

0 Mit (3.28) folgt daraus aufgrund der Extensivit¨at31 in 3.2.1): (N ′ )

kT ln dN

= = N ′ →∞

−→

¯1 falls N ≤ N ′ N sonst . der Freien Energie (¨ahnlich wie

−Fˆ (T, (N ′ − 1)V1 , N ′ N¯1 − N, . . .) + F kan (T, N ′ V1 , N ′ N¯1 , . . .) ¯ , . . .) + N ′ F1 (T, V1 , N¯1 , . . .) −(N ′ − 1)F1 (T, V1 , N¯1 + NN1′−N −1 ¯ (N − N¯1 )∂N1 F1 (T, V1 , N1 , . . .)| ¯ + F1 (T, V1 , N1 , . . .) . N1 =N1

Version vom 7. M¨ arz 2009

¯1 positiv ganzzahlig vorgegeben. Man beachte jedoch Fußnote 32. Hier sei N Linearkombination von Vektoren unterschiedlicher Teilchenzahl entsprechen — zumindest im Falle geladener Teilchen — allerdings gemischten Zust¨anden. 30 Im thermodynamischen Limes liefern auch großkanonische und kanonische Gesamtheit gleiche thermodynamische Potentiale. W¨ ahrend aber die statistischen Operatoren der mikrokanonischen und der kanonischen Gesamtheit im gleichen Zustandsraum wirken, ist der quantenmechanische Zustandsraum der großkanonischen Gesamtheit wesentlich erweitert (um alle Teilchenzahlen zuzulassen). 31 Fußnote 24 gilt hier entsprechend. 28

29

77

3.3. DIE GROSSKANONISCHE GESAMTHEIT Da nach (1.43) und (1.44) in Verallgemeinerung von (1.24) jetzt32 ¯ + ... dF = −S dT − P dV + µ dN

(3.35)

¯1 , . . .) = ∂N1 F (T, V1 , N ¯1 , . . .)| ¯ gilt, folgt somit33 und somit µ(T, V1 , N N1 =N1 (N ′ )

lim dN ′

N →∞

=e

N µ(T,...) kT

Resultat:

F (T,...)−N¯1 µ(T,...)

kT e| {z } . unabh¨angig von N

(3.36)

Der partielle Zustand von S1 entspricht (i.w.) dem statistischen Operator ρˆgr T,V,µ,... tr(ˆ ρgr T,V,µ,... ) N µ−EN,j ˆ ˆ P µ N − H def = e kT = N,j∈Z+ e kT PˆΨN,j

def gr TˆT,V,µ,... =

wobei:

ρˆgr T,V,µ,...

(3.37)

f¨ ur V = V1 , µ = µ(T, V1 , N¯1 , . . .), . . . .

gr Der statistische Operator TˆT,V,µ,... beschreibt also bei geeigneter Wahl von µ die großkanonische Gesamtheit.

Die Bedingung tr(Tˆ) = 1 ist nach (3.34) und (3.36) ¨aquivalent zu ! Ã ∞ X N µ−EN,j F −N¯1 µ e kT . e kT 1=

(3.38)

N,j=0

Die freie Energie als Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen ist daher f¨ ur die großkanonische Gesamtheit durch def

¯ (T, V, µ, . . .), . . .) = µ N ¯ (T, V, µ, . . .) − kT ln Z gr (T, V, µ, . . .) F gr (T, V, N

(3.39)

zu definieren, wobei def

Z gr (T, V, µ, . . .) = tr(ˆ ρgr T,V,µ,... ) =

X

e

N µ−EN,j (V,...) kT

(3.40)

N,j∈Z+

die sog. großkanonische Zustandssumme (englisch: grand partition function) und gr ¯ (T, V, µ, . . .) def ˆ ) = kT ∂µ ln Z gr (T, V, µ, . . .) N = tr(TˆT,V,µ,... N

(3.41)

Version vom 7. M¨ arz 2009

¯ ist nicht diskret, da sie nur dem (von T, V und µ, . . . abh¨angigen) quantenmeDie Variable N chanischen Erwartungswert der Teilchenzahl entspricht (siehe (3.41)). 33 Im Sinne von Fußnote 24. 32

78

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

den Erwartungswert f¨ ur die Teilchenzahl bezeichnet.34 F¨ ur den ‘Druck’ P ergibt sich P

=

(3.35)

− (∂V F )T,N¯

¯ (∂V µ)T,N¯ + kT (∂V )T,µ ln Z gr + kT (∂V µ)T,N¯ (∂µ )T,V ln Z gr −N = | {z } (3.39) =

(

3.41)

¯ N kT

und somit P (T, V, µ, . . .) = kT ∂V ln Z gr (T, V, µ, . . .) .

(3.42)

Daraus ergibt sich schließlich f¨ ur homogene Systeme35 P (T, V, µ) V = kT ln Z gr (T, V, µ) im thermodynamischen Limes .

(3.43)

Die genaue Bedeutung von (3.43) ist: 1 1 P (T, λV, µ) V = kT lim ln Z gr (T, λV, µ) . λ→+∞ λ λ→+∞ λ lim

Der Formalismus l¨aßt sich leicht verallgemeinern. Z.B. ergibt sich f¨ ur Teilchen mehrerer Sorten 1, . . . , f F gr (T, V, µ1 , . . . , µf ) ³ ´ ¯1 (T, V, µ1 , . . . , µf ) + . . . µf N ¯f (T, V, µ1 , . . . , µf ) − kT ln Z gr (T, V, µ1 , . . . , µf ) = µ1 N

mit

def

gr

µ

Z (T, V, µ1 , . . . , µf ) = tr e und

ˆ ˆ ˆ +...µ N µ1 N 1 f f −H(V ) kT



¯j (T, V, µ1 , . . . , µf ) = kT ∂µ ln Z gr (T, V, µ1 , . . . , µf ) f¨ N ur j = 1, . . . , f . j

Version vom 7. M¨ arz 2009

³ ´ gr ˆ = N¯1 ist, erkennt Daß (im thermodynamischen Limes) tats¨achlich tr TˆT,V N ¯ 1 ,µ(T,V1 ,N1 ,...) man durch Differentiation von (3.38) nach µ unter Beachtung von ¡ ¢ ∂µ F T, V, N¯1 (T, V, µ, . . .), . . . = µ ∂µ N¯1 (T, V, µ, . . .) (3.35) 34

und (3.37).

1 ln Z gr (T, λV, µ) der thermodynamische Limes von λ ln Z gr (T, V, µ) und f¨ ur diesen Grenzfall gilt: ¡ ¢ ln Z gr (T, V, µ) = ∂λ λ ln Z gr (T, V, µ) = (∂λ ln Z gr (T, λV, µ))|λ=1 = V (∂V )T,µ ln Z gr (T, V, µ) . 35

In den Variablen T, V, µ ist

lim

λ→+∞

79

3.3. DIE GROSSKANONISCHE GESAMTHEIT

3.3.2

Konsistenzbetrachtungen

Aus (3.35), (3.39) und (3.41) folgt S gr (T, V, µ, . . .) = ∂T (kT ln Z gr (T, V, µ, . . .)) .

(3.44)

Beweis: S

=

(3.35)

−(∂T F )V,N¯ ,...

¯ (∂T µ)V,N¯ ,... + ∂T (kT ln Z gr (T, V, µ, . . .)) = −N ¯ ,...) |µ=µ(T,V,N (3.39) +(∂T µ)V,N¯ ,... kT ∂µ ln Z gr (T, V, µ, . . .)|µ=µ(T,V,N¯ ,...) . | {z } =

(

3.41)

¯ N

ˆ durch H ˆ + µ0 N ˆ + e0 ˆ1 und Da sich ln Z gr (T, V, µ, . . .) nicht ¨andert, wenn man H gleichzeitig µ durch µ+µ0 ersetzt, wobei µ0 und e0 beliebige konstante Energiewerte ur die Entropie. sind, gilt dasselbe nach (3.44) f¨ Entsprechend Satz 3.2.1 gilt nun Satz 3.3.1 Falls die großkanonische Zustandssumme (3.40) f¨ ur alle T > 0 exi36 stiert, sind die Definitionen (3.39), (3.39) erlaubt und damit gilt: limT →0 S gr (T, V, µ, . . .) ˆ def ˆ − µN ˆ) . = k ln(Entartungsgrad des niedrigsten Eigenwertes von K =H ˆ einen niedrigsten Eigenwert hat Beweis: Z gr kann nur konvergieren, wenn K ˆ ˆ K H und dessen Entartung endlich ist. Wegen Z gr = tr(e− kT ), Z = tr(e− kT ) folgt daher ˆ anstelle von H. ˆ die Behauptung durch Anwendung von Satz 3.2.1 auf K Analog zu Satz 3.2.2 gilt Satz 3.3.2 Die (jetzt nicht notwendig gleichartigen) nicht miteinander wechselwirkenden, zueinander offenen Systeme S1 , . . . SN ′ befinden sich alle im Zustand ihrer großkanonischen Gesamtheit zu einheitlicher Temperatur T und einheitlichem chemischem Potential µ, falls dasselbe f¨ ur das aus S1 , . . . SN ′ (ohne zus¨atzliche Wechselwirkung) zusammengesetzte System gilt. Version vom 7. M¨ arz 2009

36

I.a. darf daf¨ ur µ nicht zu groß sein, wenn das System nicht nur aus Fermionen besteht.

80

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS Das mittlere Schwankungsquadrat f¨ ur die Teilchenzahl ist nach (3.41): ³ ´ ¡ ¢ def gr ˆ2 − N ¯ (T, V, µ, . . .) 2 (△N )2 = tr TˆT,V,µ,... N ¯ )T,V,... . = kT (∂µ N

(3.45)

Im thermodynamischen Limes gilt andererseits37 ¯ )T,V,... = N ¯ 2 κT (∂µ N V

(3.46)

und somit konsistenterweise κT ≥ 0

sowie (f¨ ur κT < ∞):

△N 38 ¯ → 0 im thermodynamischen Limes . N Beweisskizze zu (3.46):

Im thermodynamischen Limes gilt

¯ ) = ∂λ F (T, λV, λN ¯ )| F (T, V, N λ=1 ¯ (∂N¯ F )T,V = V (∂V F )T,N¯ + N und folglich Somit gilt

(3.47)

¡ ¢ ¯ (∂N¯ )2 F (T, V, N ¯) . (∂N¯ F )T,V = V ∂V ∂N¯ + ∂N¯ + N

¯ 2 (∂N¯ )2 F N

=

=

(3.47)

¯) (−V ∂V + V ∂V V ∂V ) F (T, V, N

=

¯) V 2 (∂V )2 F (T, V, N

=

−V 2 (∂V P )T,N¯ .

(3.35)

Da nach (3.35)

¯ V ∂V ∂N¯ F (T, V, N ¯) −N

¯) (∂N¯ µ)T,V = (∂N¯ )2 F (T, V, N

gilt, folgt also ¯ )T,V = (∂µ N

¯2 N 1 =− 2 (∂N¯ µ)T,V V (∂V P )T,V

und daraus mit (1.36) die Behauptung.

Wie man aus (3.41)/(3.40) leicht erkennt, ist zu gegebenen T, V die Funktion ¯ (T, V, µ) f¨ f (µ) = N ur jedes endliche System tats¨achlich u ¨ber jedem offenen µgr Intervall differenzierbar, u ¨ber dem Z (T, V, µ) konvergiert. Mit (3.46) folgt daraus: Version vom 7. M¨ arz 2009

def

37

Es sei an die Definition (1.36) erinnert: κT =

38

Gemeint ist hier:

−1 . V (∂V P )T

V = λV0 , N = λN0 , λ → +∞

(V0 , N0 fest) .

81

3.4. ZUSAMMENFASSUNG

Ein κT = ∞ entsprechender Phasen¨ ubergang ist — zumindest bei Beschreibung durch die großkanonische Gesamtheit — nur f¨ ur unendliche Systeme (d.h. im thermodynamischen Limes) m¨oglich!

3.4

Zusammenfassung

Zun¨achst werden die quantenmechanischen Systeme stets auf ein endliches Raumgebiet vom Volumen V beschr¨ankt, damit das Energiespektrum des Hamiltonˆ diskret ist. In der Regel interessiert man sich nur f¨ Operators H ur solche Systeme, f¨ ur die der thermodynamische Limes existiert. Dieser Grenz¨ ubergang, der die makroskopische Gleichgewichtsthermodynamik homogener Systeme beschreibt, ist von der genauen Wahl der Randbedingungen unabh¨angig. Zur mikroskopischen Beschreibung des thermodynamischen Gleichgewichts verwendet man in der Regel entweder die mikrokanonische oder die kanonische oder die großkanonische Gesamtheit. Im thermodynamischen Limes liefern alle drei Gesamtheiten (f¨ ur nichtrelativistische Systeme) die gleichen Ergebnisse, so daß man f¨ ur die Berechnung thermodynamischer Gr¨oßen homogener Systeme die jeweils zweckm¨aßigste Gesamtheit verwenden kann.

Die mikrokanonische Gesamtheit Statistischer Operator: △ TˆU,V,... =

ρˆ△ U,V,... tr(ρ△ U,V,... )

;

ˆ ρˆ△ U,V,... = χ[U −∆,U ] (H) .

(3.13)

Zustandssumme:39 Ω△ (U, V ) = tr(ρ△ U,V,... ) . Absolute Entropie: S mikr. (U, V ) = k ln Ω∞ (U, V ) . Thermodynamischer Limes: 1 mikr. S (λU, λV ) . λ→+∞ λ

S(U, V ) = lim

Version vom 7. M¨ arz 2009

39

F¨ ur ‘normale’ Systeme (T > 0) kann man △ = +∞ verwenden: Ω = Ω∞ .

(3.14)

82

KAPITEL 3. ALLGEMEINER FORMALISMUS

Die kanonische Gesamtheit Statistischer Operator: kan TˆT,V,N =

ρˆkan T,V,N , tr(ˆ ρkan T,V,N )

ˆ H

− kT . ρˆkan T,V,N = e

(3.27)

Zustandssumme: Z(T, V, N ) = tr(ˆ ρkan T,V,N ) .

(3.29)

F kan (T, V, N ) = −kT ln Z(T, V, N ) .

(3.28)

Freie Energie:

Thermodynamischer Limes: 1 F (T, λV, λN ) . λ→+∞ λ

F (T, V, N ) = lim

Die großkanonische Gesamtheit Statistischer Operator:40 gr TˆT,V,µ,... =

Zustandssumme:

ρˆgr T,V,µ , tr(ˆ ρgr T,V,µ )

ρˆgr T,V,µ = e

ˆ −H ˆ µN kT

.

(3.37)

Z gr (T, V, µ) = tr(ˆ ρgr T,V,µ ) .

(3.40)

F gr (T, V, µ) = µ N gr (T, V, µ) − kT ln Z gr (T, V, µ) ,

(3.39)

N gr (T, V, µ) = kT ∂µ ln Z gr (T, V, µ) .

(3.41)

Freie Energie:

Thermodynamischer Limes:41 1 gr F (T, λV, µ) , λ→+∞ λ 1 gr N (T, λV, µ) . N (T, V, µ) = lim λ→+∞ λ F (T, V, µ) = lim

Version vom 7. M¨ arz 2009

40

Der quantenmechanische Zustandsraum der großkanonischen Gesamtheit ist nat¨ urlich wesentlich gr¨oßer als der der kanonischen und mikrokanonischen Gesamtheit. 41 Um die freie Energie als Funktion ihrer nat¨ urlichen Variablen T, V und N zu erhalten, ist f¨ ur jeweils feste T, V die Umkehrfunktion von N (T, V, µ) bzgl. µ zu bestimmen.

Kapitel 4 Anwendungen der Statistischen Mechanik 4.1 4.1.1

Ideale Fermi-Gase Allgemeine Grundbeziehungen

S bestehe aus gleichartigen Fermionen variabler Anzahl, die nicht miteinander (1) ur den 1-Teilchen-Raum HS mit: wechselwirken. {Ψα }α∈Z+ sei ein MONS f¨ ˆ (1) Ψα = Eα Ψα ; E0 ≤ E1 ≤ . . . , H S wobei:1 Mit der Definition

ˆ (1) def H S = 1-Teilchen-Hamilton-Operator von S .

def Ψaα1 ,...,αN =

ist

©

½

1 √1 N!

f¨ ur N = 0 , P π∈SN sgnπΨαπ1 ⊗ . . . ⊗ ΨαπN sonst .

Ψaα1 ,...,αN : N, α1 , . . . , αN ∈ Z+ , α1 < α2 < . . . < αN

ein MONS von HS mit

ˆ S Ψaα ,...,α = H 1 N

N X

ª

Eαν Ψaα1 ,...,αN .

ν=1

Nach (3.37) gilt also2 ρˆgr T,µ,S =

X

e

µN −

PN ν=1 Eαν kT

N,α1 ,...,αN ∈Z+

α1 0 analytisch und polynomial beschr¨ankt. Dann gilt ¯Z ¯ Z ln z Z ∞ 2ν+1 ∞ ¯ ∞ ¯ (2ν+1) X g(x) g (ln z) ξ ¯ ¯ lim z 1−ǫ ¯ dx − g(x) dx − 2 dξ ¯ ξ z→+∞ ¯ 0 ex−ln z + 1 (2ν + 1)! 0 e + 1 ¯ 0 ν=0 = 0 f¨ ur alle ǫ > 0 . Beweisskizze: F¨ ur z > 0 gilt R ∞ g(ln z+ξ) R ∞ g(x) dx = dξ − ln z 0 1+ex−ln z 1+eξ ξ=x−ln z R ln z g(ln z−ξ) R∞ z+ξ) = dξ + 0 g(ln dξ 0 1+e−ξ 1+eξ ´ ³ R∞ R ln z z+ξ) = g(ln z − ξ) 1 − 1+e1 +ξ dξ + 0 g(ln dξ 0 1+eξ R ln z R ln z2 g(ln z+ξ)−g(ln z−ξ) dξ + o(z ǫ−1 ) . = g(ln z − ξ) dξ + 0 0 1+eξ

Durch Taylor-Entwicklung12 folgt hieraus die Behauptung. Version vom 7. M¨ arz 2009

9

10

Allgemein ist die Taylor-Entwicklung der inversen Funktion gegeben durch ¡ ¢ h′′ h−1 (y0 ) y 2 y 1 −1 −1 − h (y0 + y) = h (y0 ) + ′ −1 h (h (y0 )) 1! (h′ (h−1 (y0 )))3 2! ¡ ¡ ¢¢2 ¡ ¢ ¡ ¢ 3 h′′ h−1 (y0 ) − h′ h−1 (y0 ) h′′′ h−1 (y0 ) y 3 + + ... . 5 3! (h′ (h−1 (y0 ))) ¯) µ(T ,V,N

klein sein. Nach (4.6) muß dann ja auch z = e kT 11 ¨ Entsprechend Ubungsaufgabe 22, b) und d). 12 Da g(x + iy) nur f¨ ur x > 0 analytisch vorausgesetzt wurde, integrieren wir nur bis ln z2 statt ln z .

88

KAPITEL 4. ANWENDUNGEN DER STATISTISCHEN MECHANIK

Mit13 Z



0

ξ 2ν+1 dξ = 1 + eξ

Z



ξ

2ν+1 −ξ

e

0

∞ X

(−1)µ e−µξ dξ

µ=0

−2ν−1

= (1 − 2 wobei def

ζ(x) =

∞ X

) (2ν + 1)! ζ(2ν + 2) ,

(4.15)

j −x

j=1

die Riemannsche ζ-Funktion bezeichnet, f¨ ur die insbesondere14 π4 π6 π2 , ζ(4) = , ζ(6) = 6 90 945 gilt, ergibt sich aus Lemma 4.1.1 f¨ ur Z ∞ Z ∞ √ y 4 x2 2 √ dy f 3 (z) = √ dx = 2 2 y=x2 π 0 z −1 ex + 1 π 0 ey−ln z + 1 (4.6) ζ(2) =

folgende asymptotische Entwicklung15 fu ¨ r z → ∞: ¶ µ 3 π2 4 − 12 2 (ln z) + . . . . f 3 (z) ≈ √ (ln z) + 2 8 3 π

(4.16)

(4.17)

Entsprechende Behandlung von f 5 (z)

=

y=x2

2

= =

part. Int.

Z ∞ 2 √ √ y ln(1 + z e−y ) dy π 0 µ ¶ Z ∞ 4 d 3 −y √ y 2 dy ln(1 + z e ) dy 3 π 0 Z ∞ 3 4 y2 √ dy 3 π 0 ey−ln z + 1

(4.18)

Version vom 7. M¨ arz 2009

13

Man beachte, daß

∞ X

j −x =

j=1

j gerade

und somit

∞ X j=1

j ungerade

14

j −x −

∞ X j=1

∞ X j=1

j gerade

(2j)−x = 2−x

∞ X

j −x

j=1

∞ ¡ ¢X j −x = 1 − 21−x j −x . j=1

Siehe z.B. (Jahnke et al., 1960). Vgl. auch Ableitung von (4.49) in Abschnitt 4.2.3. Bei asymptotischer Entwicklung muß die unendliche Reihe nicht konvergieren, aber die Teilsummen m¨ ussen die ‘entwickelte’ Funktion im entspr. Grenz¨ ubergang ‘schnell’ approximieren. Z.B. stellt die Taylor-Entwicklung einer unendlich oft differenzierbaren, aber nicht analytischen, Funktion eine asymptotische Entwicklung dieser Funktion f¨ ur den Grenzfall dar, daß ihr Argument gegen die Stelle strebt, um die entwickelt wird. 15

89

4.1. IDEALE FERMI-GASE liefert folgende asymptotische Entwicklung fu ¨ r z → +∞: ¶ µ 1 5 5 2 8 f 5 (z) ≈ √ (ln z) 2 + π (ln z) 2 + . . . . 2 8 15 π

(4.19)

Mit der Definition ~2 ǫF = 2m def

µ

¯ ¶3 N 3π V 2

2

(≈ 7 eV f¨ ur Kupfer)

(4.20)

der sog. Fermi-Energie des Elektronengases folgt aus (4.6) und (4.17) durch einfaches Einsetzen ! 23 Ã µ ¶3 µ ¶1 π 2 kT 2 kT 2 − ... µ ≈ ǫF 1 − 8 ǫF µ und somit16 µ ≈ ǫF wobei

Ã

π2 1− 12

µ

kT ǫF

¶2 !

f¨ ur T ≪ TF ,

(4.21)

¡ ¢ ǫF ≈ 104 K f¨ ur Kupfer k die sog. Fermi-Temperatur bezeichnet. Mit (4.2) folgt daraus def

TF =

¯α N

≈ T →0

−→

1

f¨ ur T ≪ TF +1 1 f¨ ur Eα < ǫF 0 f¨ ur Eα > ǫF .

Eα −ǫF kT

e ½

(4.22)

Am absoluten Nullpunkt sind also – im Einklang mit dem Pauli-Prinzip17 – die niedrigsten Energiezust¨ande bis zur Fermi-Grenzenergie ǫF mit je einem Elektron ¯α etwa folgenden Verlauf: besetzt. F¨ ur 0 < T ≪ TF hat N Version vom 7. M¨ arz 2009 2

Wegen (1 − x) 3 ≈ 1 − 23 x. 17 Man beachte:

16

Z ¯ N = 2

|n|0

¯ ) def dn ⇐⇒ R = R(N =

µ ¯ ¶ 31 3N , π

1 2m

µ

¯ ) ¶2 π~2 R(N = ǫF . L

90

KAPITEL 4. ANWENDUNGEN DER STATISTISCHEN MECHANIK

¯

Nα 6 kT

←→ T = 0 ¡ ¡ ª

1

¢®¢

T >0 -

ǫF



Gleichung (4.21) l¨aßt sich z.B. dazu verwenden, die Elektronenemission aus Gl¨ uhkathoden (Richardson-Effekt) zu berechnen (siehe z.B. (Sommerfeld, 1965, §39. D.)). F¨ ur die Zustandsgleichung ergibt sich P

= (4.5) ≈

(4.19)

¡

¢ 23

m 2π~2

5

µ

(kT ) 2 f 5 (e kT ) 2 µ ¶ 32 ³ ´ 2 2m 5 5 2 2 + µ (πkT ) + . . . 8 15π 2 ~2 | {z }

2

=

(

4.20)

3 ¯ −2 2 N ǫ 5 V F

und damit nach (4.21):18 ¯ 2N ǫF P ≈ 5V

Ã

1+

5 2 π 12

µ

kT ǫF

¶2 !

f¨ ur T ≪ TF .

(4.23)

Selbst am absoluten Nullpunkt hat also das Elektronengas noch einen nicht verschwindenden Druck (≈ 3, 8 · 105 Atm f¨ ur Kupfer).19 F¨ ur die innere Energie ergibt sich (vgl. (4.2)) U=

X α



e

µ−Eα kT

1+e

µ−Eα kT

Version vom 7. M¨ arz 2009 5

Wegen (1 − x) 2 ≈ 1 − 52 x . 19 Man spricht in diesem Zusammenhang von statistischer Abstoßung.

18

91

4.2. IDEALE BOSE-GASE und somit analog (4.5) im thermodynamischen Limes Z ∞ µ 2 2kT 4 e kT −x U 4 √ = x µ 2 dx V λ3 π 0 1 + e kT −x Z ∞ 3 kT 4 y2 √ = dy µ y=x2 λ3 π 0 ey− kT + 1 µ 3kT = f 5 (e kT ) 3 2 λ (4.18) 3 = P; 2 (4.5) d.h.:

3 U = PV . 2 Mit (4.23) folgt daraus im Einklang mit dem 3. Hauptsatz CV ≈ N k

4.2 4.2.1

π 2 kT 2 ǫF

f¨ ur T ≪ TF .

(4.24)

(4.25)

Ideale Bose-Gase Allgemeiner Formalismus

S bestehe aus gleichartigen Bosonen variabler Anzahl, die nicht miteinander wech(1) ur den 1-Teilchen-Raum HS mit: selwirken. {Ψα }α∈Z+ sei ein MONS f¨ ˆ (1) Ψα = Eα Ψα ; E0 ≤ E1 ≤ . . . , H S wobei: Nach (3.37) gilt also

ˆ (1) def H S = 1-Teilchen-Hamilton-Operator von S .

ρˆgr T,µ,S =

X

e

P∞ α=0 Nα (µ−Eα ) kT

N0 ,N1 ,...∈Z+

Pˆ|N0 ,N1 ,...is

(4.26)

Nα =0 f¨ ur hinr. große α

und nach (3.40):20 ZSgr (T, µ) =

Y

α∈Z+

(4.27) ist nur im Falle e

 

µ−E0 kT

X

Nα ∈Z+

0 , CV = ∂T das der idealen Gasgleichung PV = const. T gen¨ ugt. a) Man zeige mithilfe von Satz 1.2.4 der Vorlesung, daß die innere Energie aufgrund der idealen Gasgleichung nur von der absoluten Temperatur abh¨angt (ideales Gas): U = U (T ) . b) Man berechne den Wirkungsgrad η einer Maschine M , die S optimal so als Arbeitssubstanz benutzt, daß S w¨ahrend jeder Arbeitsperiode einen Kreisprozeß durchl¨auft, der sich aus je zwei isothermen Prozessen zu den Temperaturen T1 < T2 und zwei isochoren Prozessen zu den Volumina V1 < V2 zusammensetzt (Stirling-Prozeß). Version vom 7. M¨ arz 2009

1

Hinweis: Man beachte Aufgabe 5b) und zeige mithilfe von Gleichung (1.14) der Vorlesung, R nur von Anfangs- und Endtemperatur abh¨angt, wenn C ein (zusammmenh¨angendes) daß C dV V Teilst¨ uck einer Adiabaten ist.

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

104

c) Man zeige, daß η kleiner ist, als der Wirkungsgrad einer Carnot-Maschine, und begr¨ unde, wieso das m¨oglich ist, obwohl sich der Stirling-Prozeß mithilfe geeigneter Kontakte umkehren l¨aßt. d) Wie h¨angt η qualitativ von CV ab? e) Man vergleiche die Arbeit, die die unter b) beschriebene Maschine leisten kann, qualitativ mit der Arbeit, die eine Maschine leisten kann, bei der S (wie in Abschnitt 1.2.2 der Vorlesung beschrieben) als Arbeitssubstanz einen CarnotProzeß durchl¨auft, der innerhalb des Gebietes (T1 , T2 ) × (V1 , V2 ) liegt. Aufgabe 8 (Materialgr¨ oßen) Gegeben sei ein System S der in Abschnitt 1.2.1 der Vorlesung betrachteten Art. a) Man zeige , daß f¨ ur die W¨armekapazit¨aten def

CP = (∂T H)P ,

def

CV = (∂T U )V

die Beziehung gilt.

CP − CV = (P + (∂V U )T ) (∂T V )P

b) Mithilfe von Satz 1.2.4 der Vorlesung zeige man, daß CP − CV = T V P α β gilt, wobei

1 (∂T V )P V den isobaren Ausdehnungskoeffizienten und def

α=

1 (∂T P )V P den isochoren Spannungskoeffizienten bezeichnet. def

β =

c) Unter der Voraussetzung, daß jede der drei Gr¨oßen T, V, P eine hinreichend gutartige Funktion der u ¨brigen ist, zeige man, daß die isotherme Kompressibilit¨at 1 κT = − (∂P V )T V (im Falle β 6= 0) durch α κT = βP 2 gegeben ist. Version vom 7. M¨ arz 2009

2

³ ´ Hinweis: Man untersuche (∂T )V0 V P (V0 , T ), T .

105 d) Mithilfe der Gleichung (1.35) der Vorlesung zeige man, daß (im Falle α 6= 0 6= β) die adiabatische Kompressibilit¨at κS = −

1 (∂P V )S V

durch κS = κT

CV < κT CP

gegeben ist. e) F¨ ur (geschlossene) ideale Gase zeige man: α=β=

1 , T

CP − CV = const.

Aufgabe 9 (Konkavit¨ at der Entropie) Gegeben sei ein System S der in Abschnitt 1.2.1 der Vorlesung betrachteten Art, f¨ ur das auch das Paar (U, P ) ein vollst¨andiger Satz thermodynamischer Parameter sei. a) Man gebe physikalische Plausibilit¨atserkl¨arungen f¨ ur die Ungleichungen 1 def κU = − (∂P V )U > κS > 0 V und

1 def = V (∂V T )U ≥ 0 . αU

b) Man zeige (f¨ ur normale Punkte im Zustandsraum): (∂U )V (∂U )V S =

−1 , T 2 CV

(∂V )U (∂V )U S = −

1 P 1 1 − . κU V T αU V T 2

c) Man zeige, daß eine symmetrische, reelle 2 × 2-Matrix M die Bedingung µ ¶ x 6= 0 =⇒ M11 x2 + (M12 + M21 ) xy + M22 y 2 < 0 y (f¨ ur reelle x, y entsprechender physikalischer Dimension) genau dann erf¨ ullt, wenn ihre Spur negativ und ihre Determinante positiv ist. d) Man zeige, daß (f¨ ur normale Punkte im Zustandsraum) auch die Gleichungen µ ¶ µ ¶ 1 P 1 (∂V )U = (∂V )U (∂U )V S = (∂U )V (∂V )U S = ∂U ∂( 1 ) T T T T V V und (∂V )U (∂V )U S = gelten.

µ

P ∂V T



T

µ

1 + ∂V T

¶ µ U

P ∂( 1 ) T T



V

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

106

e) F¨ ur endliche, positive κT , κU und nichtnegatives 1/αU zeige man: µ ¶ ³ ´2 x 6= 0 =⇒ x(∂V )U + y(∂U )V S < 0 y (f¨ ur reelle x, y entsprechender physikalischer Dimension). Aufgabe 10 (Legendre-Transformation) Gegeben sei wieder ein System S der in Abschnitt 1.2.1 der Vorlesung betrachteten Art. Man zeige unter den Voraussetzungen von Aufgabe 9e): a) Mit der Massieu-Funktion def

Ψ=−

F , T

der Planck-Funktion def

Φ=−

G T

und

U −G T gilt das folgende – im Sinne von Abschnitt 1.2.3 zu interpretierende – Diagramm: def

η =

Ψ

V @

1 T

µ ¡ ¡ @ ¡ Φ S @ ¡ ¡ @ @ ¡ R @

U b) Es gilt

η

P T

Zu beiden Seiten des jeweiligen Potentials stehen seine nat¨ urlichen Variablen, die durch Pfeile mit dem ǫ-fachen der zugeh¨origen partiellen Ableitung verbunden sind. Dabei ist ½ +1, falls der Pfeil zur partiellen Ableitung hinzeigt ǫ= −1, falls der Pfeil von der partiellen Ableitung wegzeigt.

µ ¶ 1 V dΦ = −H d − dP T T

und deshalb ist auch das Paar (1/T, P ) als Satz nat¨ urlicher Variabler von Φ verwendbar. c) Auch Φ als Funktion von 1/T und P legt sowohl die thermische als auch die kalorische Zustandsgleichung fest.

107 Aufgabe 11 (Entropie des idealen Gases) Gegeben sei ein (abgeschlossenes) ideales Gas S mit konstanter W¨armekapazit¨at CV und limT →+0 U (T ) = 0 . Man zeige, daß die Entropie von S bis auf eine additive Konstante durch µ ¶ µ ¶ PV U V S(U, V ) = CV ln + , (U0 , V0 ) beliebig , ln U0 T V0 gegeben ist,3 und u ufe die Ergebnisse von Aufgabe 9 konkret an diesem Bei¨berpr¨ spiel. Aufgabe 12 (Joule-Thomson Effekt) Gegeben sei ein (hinreichend gutartiges) thermodynamisches System der in Abschnitt 1.2 der Vorlesung betrachteten Art. a) Man beweise die Gleichungen4 (∂P H)T = V − T (∂T V )P und5 (∂P T )H =

T (∂T V )P − V CP

Joule-Thomson-Koeffizient .

b) F¨ ur den Spezialfall (P +

a )(V − b) = ρT , V2

abρ > 0, ,

(Van-der-Waals-Gas) zeige man, daß der Joule-Thomson-Koeffizient genau dann positiv ist, wenn die Ungleichung µ ¶2 2a V − b T < ρb V gilt6 und diskutiere den Grenz¨ ubergang zum idealen Gas. Version vom 7. M¨ arz 2009

3

Hier gilt also U (V, S) = exp

Ã

S−

PV T

CV

ln( VV0 )

!

U0 ,

PV = const. , T

im Einklang mit U (T ) = CV T und den Gleichungen (1.21)/(1.22) der Vorlesung. 4 Man beachte die Gleichungen (1.30)/(1.31) sowie (1.39)/(1.40) der Vorlesung und verwende (∂T )P (∂P )T = (∂P )T (∂T )P . 5 Man beachte, daß (∂T H)P (∂H P )T (∂P T )H = −1 gilt, wenn jede der Gr¨oßen T, H, P eine hinreichend gutartige Funktion der beiden anderen ist. 6 Man wende zun¨ achst den Operator (∂T )P auf die van-der-Waals-Gleichung an.

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

108

Aufgabe 13 (Joule-Thomson-Experiment) Ein Gas (geschlossenes System der in Abschnitt 1.2 der Vorlesung betrachteten Art) werde mit dem konstanten Druck P1 langsam und adiabatisch durch eine por¨ose Wand gedr¨ uckt, und (w¨ahrend des gesamten Prozesses) auf deren Gegenseite unter dem konstanten Druck P2 < P1 gehalten. Man zeige: a) Die Enthalpie des Gases ¨andert sich bei diesem Prozeß nicht, obwohl Gleichung (1.29) der Vorlesung hier nicht anwendbar ist. b) Man zeige, daß der Prozeß, den das Gas durchl¨auft, irreversibel im Sinne von Folgerung 1.2.7 der Vorlesung ist.7 c) Man diskutiere die Temperatur¨anderung eines ohne Enthalpie¨anderung expandierenden van-der-Waals-Gases (M¨oglichkeit von Verfl¨ ussigungsanlagen) in Abh¨angigkeit seines Joule-Thomson-Koeffizienten und im Vergleich zu einem idealen Gas. d) Man zeige, daß f¨ ur van-der-Waals-Gase stets (∂P T )S =

T (∂T V )P >0 CP

gilt und vergleiche die Temperatur¨anderung bei (reversibler) quasistatischer adiabatischer Druckerniedrigung mit derjenigen entsprechend c). Aufgabe 14 (Chemische Potentiale) Gegeben sei ein Teil-System Sν der in Abschnitt 1.3.4 der Vorlesung betrachteten Art. a) Man zeige, daß f¨ ur sein Gibbssches Potential Gν = Uν − Sν Tν + Pν Vν stets (∂Mνj Gν )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

Mνj

|{z}

,...,Mνf

= µjν

f¨ ur j = 1, . . . , f

weglassen

im Sinne von Gleichung (1.44) der Vorlesung gilt. b) Man diskutiere, unter welchen Umst¨anden Gν eine homogene Funktion der Massen Mν1 , . . . , Mνf sein, d.h. Gν (Pν , Tν , λMν1 , . . . , λMνf ) = λ Gν (Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf ) f¨ ur λ > 0 gelten sollte. Version vom 7. M¨ arz 2009

7

Man untersuche dazu (∂P S)H unter Beachtung der 2. Fußnote zu Aufgabe 12a) sowie der Gleichungen (1.30) und (1.31) der Vorlesung.

109 c) Man zeige, daß im Falle entsprechender Homogenit¨at die Duhem-GibbsRelation f X Mνj dµjν 0 = Sν dTν − Vν dPν + j=1

gilt.8

Aufgabe 15 (Oberfl¨ acheneffekt bei Kondensation) F¨ ur die innere Energie eines Wassertropfen der Temperatur T und Masse M sollte unter dem Außendruck P n¨aherungsweise UTropfen (P, T, M ) = uWasser (Pi , T ) M + URand (P, T, M ) gelten, wobei: def

uWasser = spezifische innere Energie von Wasser ohne Oberfl¨acheneffekte , def Pi = Druck im Inneren des Tropfens , def URand = Energie der gespannten Oberfl¨ache . Dabei behandelt man die Tropfenoberfl¨ache als unendlich d¨ unn (keine W¨armekapazit¨at) und das Tropfeninnere als homogen. Weiterhin seien Oberfl¨achenspannung γ und Massendichte ρ n¨aherungsweise als konstant und uWasser (Pi , T ) ≈ uWasser (P, T ) (geringe Kompressibilit¨at von Wasser) angenommen. a) Man zeige, daß dann das Gibbssche Potential des Tropfens durch GTropfen (P, T, M ) = gWasser (P, T ) M + 4πγ r2 (P, T, M ) gegeben ist, wobei gWasser das spezifische Gibbssche Potential von Wasser (ohne Oberfl¨acheneffekte) und r den Tropfenradius bezeichnet. b) Man zeige, daß im thermodynamischen Gleichgewicht mit Dampf des Druckes P und der Temperatur T entsprechend o.a. N¨aherung der Radius r(P, T ) des (nun realistisch als offenes System betrachteten) Tropfens durch def

gDampf (P, T ) = spezifisches Gibbssches Potential des Dampfes 2γ = gWasser (P, T ) + + g0 ρ r(P, T ) gegeben ist, wenn man die Konstante g0 in Abh¨angigkeit von der Normierung von gDampf und gWasser richtig w¨ahlt. Version vom 7. M¨ arz 2009

8

Man zeige zun¨ achst Gν =

Pf

j=1

Mνj µjν und untersuche dGν .

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

110

c) Man zeige, daß sich durch Differentiation dieser Gleichgewichtsbedingung nach dem Dampfdruck bei konstanter Temperatur9 die N¨aherungsgleichung (∂P r)T = −

RT ρ r2 , mP 2γ

def

m = Molekulargewicht des Wassers

ergibt, wenn man f¨ ur den Dampf die ideale Gasgleichung P m vDampf = R T als hinreichend genau und das spezifische Volumen vDampf des Dampfes als groß gegen¨ uber demjenigen des Wassers ansieht. d) Man zeige, daß gem¨aß c) f¨ ur den Gleichgewichtsdampfdruck Pr (T ) eines Tropfens mit dem Radius r bei der Temperatur T die Beziehung µ ¶ Pr (T ) 2mγ 1 = exp P∞ (T ) RT ρ r (in entsprechender N¨aherung) gilt und diskutiere die Konsequenzen des Ergebnisses f¨ ur Kondensationsvorg¨ange. Aufgabe 16 (Reziprozit¨ atss¨ atze) Sei S ein System der in Abschnitt 1.2.1 der Vorlesung betrachteten Art. Man zeige f¨ ur quasistatische Prozesse die G¨ ultigkeit folgender Aussagen: a) Wenn W¨armezufuhr bei konstantem Volumen zu Druckerh¨ohung f¨ uhrt, dann10 f¨ uhrt adiabatische Ausdehnung zu Temperatursenkung. b) Wenn W¨armezufuhr bei konstantem Druck zu Volumenvergr¨oßerung f¨ uhrt, dann11 f¨ uhrt adiabatische Druckerh¨ohung zu Temperaturerh¨ohung. c) Wenn Temperaturerh¨ohung bei konstantem Druck zu Volumenverringerung f¨ uhrt (wie z.B. bei Eis), dann f¨ uhrt isotherme Druckerh¨ohung zu W¨armeaufnahme. Außerdem ist dann die Positivit¨at der (endlich vorausgesetzten) isothermen Kompressibilit¨at κT ¨aquivalent zur Negativit¨at des isochoren Spannungskoeffizienten β . d) Der isochore Spannungskoeffizient ist genau dann positiv, wenn das System bei isothermer Expansion W¨arme aufnimmt. Version vom 7. M¨ arz 2009

9

Man zeige zun¨ achst, daß f¨ ur Wasser und Dampf (∂P g)T jeweils mit dem spezifischen Volumen vu bereinstimmt. ¨ 10 Man verwende (∂S )V (∂V )S = (∂V )S (∂S )V und erinnere sich an die partiellen Ableitungen erster Ordnung der inneren Energie nach ihren nat¨ urlichen Variablen. 11 Man erinnere sich an das Differential der Enthalpie.

111 Aufgabe 17 (Prinzip von Le Chatelier) F¨ ur das in Abschnitt 2.2.1 der Vorlesung betrachtete System, dessen Volumen nun allerdings nicht fixiert sei, begr¨ unde12 und diskutiere man folgende Aussage: Bei isothermer Expansion verlagert sich das Reaktionsgleichgewicht Pf mehr auf die rechte resp. linke Seite von Gleichung (2.2) der Vorlesung, wenn j=1 νj > 0 resp. Pf j=1 νj < 0 gilt. Aufgabe 18 (Bestimmung der chemischen Konstanten) Betrachtet sei ein Gleichgewichtssystem S der in Abschnitt 2.1.1 der Vorlesung betrachteten Art, das aus einer fl¨ ussigen Phase S1 und einer dampff¨ormigen Phase S2 bestehe. a) Unter der Voraussetzung, daß die Temperatur von S1 bei konstantem Druck bis zum absoluten Nullpunkt abgesenkt werden kann, zeige man, daß das molare Gibbssche Potential von S1 durch Z T 1 cP (P, T ′ ) ′ 1 1 g (P, T ) = h (P, T ) − T dT T′ 0 gegeben ist13 , wenn h1 seine molare Enthalpie und c1P seine molare W¨armekapazit¨at bei konstantem Druck bezeichnet. b) Man zeige, daß das molare Gibbssche Potential von S2 , als ideales Gas betrachtet, von der Form µ ¶ T P def RT0 2 2 2 2 2 g = w − T cP ln − R ln + a − cP , P0 = , T0 P0 v0 ist,14 wobei a2 die sog. chemische Konstante von S2 entsprechend Gleichung (2.9) der Vorlesung ist. c) Man leite f¨ ur die molare Verdampfungsw¨arme die Gleichung λ(P, T ) = c2P T + w2 − h1 (P, T ) ab. d) Man zeige, daß somit – aufgrund der Gleichgewichtsbedingung – f¨ ur den S¨attigungsdampfdruck P (T ) die Gleichung ³ ´ Z T 1 λ P (T ), T T P (T ) cP (P, T ′ ) ′ 2 2 cP ln − R ln +a = + dT T0 P0 T T′ 0 Version vom 7. M¨ arz 2009

12

Man gehe wie in Abschnitt S1.2.2.b der Vorlesung vor und beachte die Unabh¨angigkeit der Massenwirkungskonstanten von V . 13 Man bestimme zun¨ achst die absolute Entropie aus c1P mithilfe des 3. Hauptsatzes. 14 Man gehe von Gleichung (2.9) der Vorlesung aus und beachte das Ergebnis von Aufgabe 8d).

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

112

gilt und die chemische Konstante daher f¨ ur hinreichend kleine Temperaturen, bei denen die Eigenschaften eines idealen Gases f¨ ur S2 noch hinreichend g¨ ultig sind, angen¨ahert durch ³ ´ λ P (T ), T P (T ) T + R ln − c2P ln a2 ≈ T P0 T0 gegeben ist. Aufgabe 19 (Statistischer Operator fu ¨ r Spin- 12 -Systeme) Betrachtet sei eine einzige Sorte quantenmechanischer ‘Teilchen’ mit ‘Spin 21 ’. Wenn man sich nur f¨ ur den Spin-Freiheitsgrad interessiert, kann man als Zustandsraum HS den Raum C2 der komplexen 2er-Vektoren mit dem u ¨blichen Skalarprodukt w¨ahlen. Die (Vektor-) Observable des Spins ist dann bekanntlich

wobei:

def ~ ˆs = σ 2 ¶ ¶ µ ¶ µ µ 1 0 0 −i 0 1 3 def 2 def 1 def ; , σ = , σ = σ = 0 −1 i 0 1 0

Pauli-Matrizen .

Sei TˆSpin der statistische Operator, der im Sinne von Gleichung (3.9) der Vorlesung zu einem vorgegebenen Zeitpunkt den momentanen Spin-Zustand einer entspr. Gesamtheit beschreibt. Man zeige: a) Es existiert genau ein x ∈ R3 mit TˆSpin

1 = Tˆx = 2 def

õ

1 0 0 1



+

3 X j=1

j

x σ

j

!

.

b) F¨ ur den sog. Polarisationsgrad |x| des Tˆx entsprechenden Zustandes gilt |x| ≤ 1 und |x| = 1

⇐⇒

Tˆx entspricht einem reinen Zustand .

c) F¨ ur beliebige ϑ ∈ [0, 2π] , ϕ ∈ [0, 2π) gilt Tˆeϑ,ϕ Ψeϑ,ϕ = Ψeϑ,ϕ ,

und mit eϑ,ϕ

Tˆeϑ,ϕ Ψ−eϑ,ϕ = 0

~ (eϑ,ϕ · ˆs) Ψeϑ,ϕ = ± Ψeϑ,ϕ , 2   ¶ µ −i ϕ sin ϑ cos ϕ e 2 cos ϑ2 def   ϕ . , Ψeϑ,ϕ = = sin ϑ sin ϕ e+i 2 sin ϑ2 cos ϑ

113 d) F¨ ur beliebiges x ∈ R3 mit |x| ≤ 1 gilt ³ ´ ~ Tr Tˆx ˆs = x 2 und

¶ µ |x| + 1 ˆ |x| + 1 ˆ ˆ x + x . Tx = T|x| T− |x| 1− 2 2

e) F¨ ur beliebige ϑ ∈ [0, 2π] , ϕ ∈ [0, 2π) gilt −i ϕ σ 3 −i ϑ σ2 2 2

Ψeϑ,ϕ = e

e

µ ¶ 1 . 0

Aufgabe 20 (Lemma von Pfeil) Gegeben sei ein beliebiger Satz endlich viedef ler15 Fragen Q1 , . . . , Qn . Man definiere eine Abbildung f : {Q1 , . . . , Qn } −→ E = n {0, 1} durch def f (Qν ) = {E = (E1 , . . . , En ) ∈ E : Eν = +1}

und zeige:

a) Zu jedem Satz von Wahrscheinlichkeiten Wν daf¨ ur, auf die Frage Qν die Antwort ‘ja’ zu bekommen, existiert eine Gesamtheit Ψ , deren Individuen je eine ‘Eigenschaft’ E ∈ E so zugeordnet ist, daß die relative Anzahl der Individuen von Ψ mit E ∈ f (Qν ) jeweils Wν ist (f¨ ur ν = 1, . . . , n).16 b) Falls Q2 die Negation der Frage Q1 und also konsistenterweise W2 = 1 − W1 ist, dann stimmt die relative Anzahl der Individuen mit E ∈ f (Q1 ) f¨ ur Gesamtheiten gem. a) mit der relativen Anzahl der Individuen mit E ∈ E \ f (Q2 ) u ¨berein, obwohl E \ f (Q2 ) 6= f (Q1 ) . Man diskutiere die Bedeutung solcher M¨oglichkeiten f¨ ur die Interpretation der Quantenmechanik. Aufgabe 21 (Thermodynamischer Limes fu ¨ r das Boltzmann-Gas) Sei ǫ ein beliebig vorgegebener positiver Energiewert. Man zeige mithilfe der Stirlingschen Formel ¢ k ¡ ∆ lim ln Ω (λ U, λ L3 , λ N ) = SB (U, L3 , N ) ∀ ∆ > ǫ λ→+∞ λ Version vom 7. M¨ arz 2009

15

Die Beschr¨ ankung auf endlich viele Fragen dient lediglich der technischen Vereinfachung. Man zeige zun¨ achst, daß es konsistent Qnist, den Individuen mit der ‘Eigenschaft’ E = (E1 , . . . , EN ) jeweils die relative H¨ aufigkeit ν=1 λν (Eν ) zuzuordnen, wobei: 16

def

λν (1) = Wν ,

def

λν (0) = 1 − Wν .

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

114 f¨ ur def

Ω∆ (U, L3 , N ) =

1 N!

X

3 0 0 in guter N¨aherung µ

ln 1 + e

µ−Ej (p) kT



dp ,

p2 1 |q| ~ + (j + ) B. 2m 2 mc

¯ , µ → −∞ c) Man zeige, daß f¨ ur T → ∞ , bei fester mittlerer Teilchenzahl N 24 gelten muß und daher f¨ ur hohe Temperaturen ωL ln Z (T, V, µ, B) ≈ 2π~ gr

Z

∞ +∞ X

−∞

j=0

e

µ−Ej (p) kT

¯ ≈ ln Z gr (T, V, µ, B) dp , N

gilt. d) Man werte Integration und Summation in c) aus und zeige durch Betrachtung des Grenzfalles B → 0 , daß f¨ ur hohe Temperaturen das Curiesche Gesetz ¯) ¡ ¢ C(V, N χ T, V, µ(T, V, N¯ ) = kT

gilt, wobei die sog. Curie-Konstante in diesem Falle ¯ µ q~ ¶2 1 N def ¯) = − C(V, N 3 V 2mc ist.25

Version vom 7. M¨ arz 2009

24

Man beachte Gleichung (3.41) der Vorlesung. 25 F¨ ur ein Elektronengas wird die Curie-‘Konstante’ positiv, wenn man den Elektronenspin s q s mit ber¨ ucksichtigt (Paramagnetismus). und das entsprechende magnetische Moment 2 2mc

118

¨ ANHANG A. UBUNGSAUFGABEN

Anhang B L¨ osungsvorschl¨ age Zu Aufgabe 1: Aus (T − T1 ) C1 = ∆Q1

=

1. Hauptsatz

−∆Q2 = −(T − T2 ) C2

folgt T =

C2 (T2 − T1 ) C1 (T2 − T1 ) C1 T1 + C2 T2 = T1 + = T2 − . C1 + C2 C1 + C2 C1 + C2

Zu Aufgabe 2: Der thermische Kontakt ist als rein ‘mechanisch’ anzusehen, da weder chemischer noch thermischer Kontakt besteht. Die ‘mechanische’ Leistung, die d (−V M) gegeben das magnetische Feld H am Eisenkern verrichtet, ist durch H · dt ucke, edyn)), wobei H das ¨außere Magnetfeld und M (siehe Abschn. 3.2.2 von (L¨ die magnetische Dipoldichte des Eisenkerns bezeichnet. Mit M = Me , ergibt sich def

W = −V

Z

t2

t1

µ

H=He

¶ d H · M dt = V F , dt

wenn F den Fl¨acheninhalt der Hysteresisschleife (M-H-Diagramm) bezeichnet, die w¨ahrend des Zeitintervalls [t1 , t2 ] einmal durchlaufen wird. N W ist die Arbeit, die gem¨aß 1. Hauptsatz w¨ahrend des gesamten Prozesses im Eisenkern vollst¨andig in W¨arme umgesetzt wird. Die Temperatur¨anderung des Eisenkerns ist demnach ∆T = W/C = N V F/C . Zu Aufgabe 3: Die Formel f¨ ur 1/ˆ η folgt direkt aus η=

W , Q2

η′ =

W′ , Q′2 119

ηˆ =

W + W′ . Q2 + Q′2

120

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

F¨ ur W = W ′ addieren sich die Kehrwerte der Wirkungsgrade zum Kehrwert von ηˆ/2 – in Analogie zu Widerst¨anden in Parallelschaltung (U = b W, R= b η, I = b Q2 ). F¨ ur ′ ′ ′ W/W → ∞ geht ηˆ in η u ¨ber (M dominiert M ). Einsetzen von W = ηQ2 , W = Q′2 ′ ′ ′ 2 η Q2 in die Formel f¨ ur η liefert ηˆ = Q2Q+Q ˆ = (η + η ′ )/2 f¨ ur ′ η + Q +Q′ η und somit η 2 2 2 ′ ′ Q2 = Q2 (2ˆ η entspricht dann der Parallelschaltung der ‘Widerst¨ande’ η und η ). Bei gleicher mittlerer Energiezufuhr f¨ ur beide Maschinen stimmt also der Wirkungsgrad der Kombinationsmaschine mit dem Mittelwert der Einzelwirkungsgrade u ¨berein. Zu Aufgabe 4a): Im Falle η = 1 k¨onnte man auf den unteren W¨armespeicher verzichten (bzw. denselben in die Maschine integrieren) und um einen Apparat erweitern, der W vollst¨andig in W¨arme umwandelt, die er einem ‘w¨armeren’ W¨armespeicher S3 zuf¨ uhrt. Auf diese Weise erg¨abe sich eine Maschine M′ , die zwischen S2′ = S3 und S1′ = S2 arbeitet. Die Kelvin’sche Aussage folgt also aus dem 2. Hauptsatz (sogar bereits aus der Clausiusschen Aussage). W¨are der 2. Hauptsatz ung¨ ultig, k¨onnte man eine entsprechende Maschine zu einem Perpetuum Mobile 2. Art erg¨anzen, indem man zus¨atzlich zwischen beiden Speichern eine normale Maschine laufen l¨aßt, die die vom Perpetuum Mobile 2. Art ‘hochgepumpte’ W¨armemenge vollst¨andig verbraucht (und evtl. teilweise an den anderen W¨armespeicher ableitet). Die Kelvin’sche Aussage k¨onnte also nicht richtig sein, wenn der 2. Hauptsatz falsch w¨are. Zu Aufgabe 4b): Indem man die Maschine erg¨anzt durch einen Apparat, der W vollst¨andig in W¨arme umwandelt, die er dem oberen W¨armespeicher S2 zuf¨ uhrt, ergibt sich im Falle η < 1 eine Maschine mit W = 0 , die zwischen denselben W¨armespeichern arbeitet. Im Falle η = 1 w¨are der 2. Hauptsatz ohnehin verletzt, wie unter a) gezeigt. Zu Aufgabe 5: Allgemein gilt Z ³ ´ (∂T F ) dT + (∂V F ) dV ∆F = | {z } =−P Z = (∂T F ) dT + ∆A . F¨ ur isotherme Prozesse (dT = 0) folgt daraus direkt die Behauptung a). Im Falle U = U (T ) ¨andert sich U bei isothermen Prozessen nicht, woraus ∆Q = −∆A = −∆F folgt; d.h. die Zunahme an freier Energie stimmt – bei konstanter innerer Energie – mit der W¨armemenge u ¨berein, die isotherm an die Umgebung abgegeben wird. Zu Aufgabe 6: Aus Gleichung (1.14) folgt f¨ ur Adiabaten {(T (V ), V ) : V ∈ [V1 , V2 ]}

121 zun¨achst

P dT = d dV U dT

und somit

Z

V2

V1

dV = V

Z

T (V2 ) d U (T ) dT

f (T )

T (V1 )

dT .

Im Sinne der Skizze von 1.2.2 gilt also Z Z dV dV =− C↓ V C↑ V und deshalb

Z

dV =− V

Z

dV , V

C1

Da gem¨aß Aufgabe 5 Q2 = f (T2 )

C2

Z

C1

dV V

Q1 = −f (T1 )

Z

C1

dV V

gilt, folgt daraus die Behauptung a). Mit Gleichung (1.7) der Vorlesung folgt daraus f (T1 ) T1 = f (T2 ) T2 und somit auch die Behauptung b). Zu Aufgabe 7a): Aufgrund der idealen Gasgleichung gilt ¡ ¢ T (∂T )V P = T (∂T )V const. T V = T const. V = P. Mit Satz 1.2.4 folgt daraus (∂V )T U = 0 . Zu Aufgabe 7b): Die Substanz nimmt w¨ahrend der isothermen Expansion die W¨armemenge Q2,1 aus dem w¨armeren Speicher auf, die aufgrund der Konstanz von U gem¨aß 1. Hauptsatz mit der Arbeit u ¨bereinstimmt, die das System an seiner Umgebung verrichtet: Z V2 dV Q2,1 = const. T . V V1

Außerdem nimmt es w¨ahrend der isochoren Erw¨armung die W¨armemenge Q2,2 = CV (T2 − T1 )

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

122

aus dem w¨armeren Speicher auf. Es gilt also Z V2 dV + CV (T2 − T1 ) . Q2 = const. T2 V V1 Analog ergibt sich f¨ ur die an den k¨alteren W¨armespeicher abgegebene W¨armemenge: Z V2 dV Q1 = const. T1 + CV (T2 − T1 ) . V V1 Der Wirkungsgrad der Stirling-Maschine ist also η=

T2 − T1 , T2 + ∆

def

∆=

CV (T2 − T1 ) . RV const. V12 dV V

Zu Aufgabe 7c): Wegen ∆ > 0 gilt η < η(S1 , S2 ) = (1.8)

T2 − T1 . T2

Tats¨achlich ist die Maschine nicht reversibel da zur Umkehrung der isochoren Teilprozesse die Speicher vertauscht werden m¨ ußten. Zu Aufgabe 7d): Der Wirkungsgrad f¨allt mit wachsender W¨armekapazit¨at. Zu Aufgabe 7e): Die Arbeit, die eine entsprechende Carnot-Maschine w¨ahrend eines Umlaufs verrichten kann, ist kleiner, weil der entsprechende Carnot-Prozeß in der P -V -Ebene nur eine Teilfl¨ache im Vergleich zu Stirling-Maschine uml¨auft. def

Zu Aufgabe 8a): Aus H = U + P V folgt gem¨aß verallgemeinerter Kettenregel CP =

(∂ ) U | T{zP }

+P (∂T )P V

=(∂T )V U +(∂T )P V (∂V )T U

und daraus die Behauptung.

Zu Aufgabe 8b): Nach Satz 1.2.4 der Vorlesung folgt weiter CP − CV = (T (∂T )V P ) (∂T )P V und damit aufgrund der Definitionen von α und β die Behauptung. Zu Aufgabe 8c): Aus ³ ´ V P (V0 , T ), T = V0

∀T > 0

123 folgt gem¨aß verallgemeinerter Kettenregel (siehe Gleichung 4.10 von (L¨ ucke, ein)) 0 = ((∂T )V0 P ) ((∂P )T V )P =P (V0 ,T ) + ((∂T )P V )P =P (V0 ,T ) f¨ ur beliebiges V0 . Mit den Definitionen der Materialkonstanten folgt daraus die Behauptung. ur α 6= 0 6= β Zu Aufgabe 8d): Aus Gleichung (1.35) der Vorlesung folgt f¨ (∂P )S V = −V

CV α , CP βP

da CP gem¨aß b) und Gleichung (1.13) der Vorlesung stets positiv ist. Mit c) und der Definition von κS folgt daraus die Behauptung. Zu Aufgabe 8e): Aus PV = const. T folgt α=β=

const. = 1/T VP

und daraus mit b) CP − CV =

VP = const. T

Zu Aufgabe 9a): Daß sich das Volumen bei adiabatischer Kompression verkleinert, also κS > 0 , ist wohl physikalisch direkt plausibel. Dadurch erh¨oht sich aber nach dem 1. Hauptsatz die innere Energie. Um die innere Energie konstant zu halten, muß man also zus¨atzlich zu einer Druckerh¨ohung W¨arme ableiten. Dadurch sollte sich das Volumen noch mehr verringern. Wenn (∂V T )U = − (∂U T )V (∂V U )T = − (∂V U )T /CV negativ w¨are, w¨ urde sich die innere Energie U bei isothermer Expansion – also (im Falle P > 0) dadurch, daß man es Arbeit verrichten l¨aßt – erh¨ohen. Ein solches Verhalten w¨are sehr merkw¨ urdig, wenn auch prinzipiell wohl nicht ausschließbar. Zu Aufgabe 9b): Z.B. aus Gleichung (1.23) der Vorlesung ergibt sich (∂U S)V = 1/T . Mit (∂U

1 )V T

= (∂U T )V

Kettenr.

−1 −1 = 2 2 T T (∂T U )V

folgt daraus (∂U )V (∂U )V S =

−1 . T 2 CV

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

124 Entsprechend folgt

(∂V )U (∂V )U S = −

1 P 1 1 − κU V T αU V T 2

aus

P T

(∂V S)U = und (∂V

P 1 )U = (∂V P )U +P T Produktr. T | {z } =1/(∂P V )U

1 (∂V )U T } | {z

−1 = 2 Kettenr. T

mit den Definitionen f¨ ur κU und 1/αU .

(∂V T )U

Zu Aufgabe 9c): Zu jeder symmetrischen, reellen 2 × 2-Matrix M existieren eine unit¨are Matrix U und reelle Zahlen M1 , m2 (ihre Eigenwerte) mit µ ¶ m1 0 −1 U MU = . 0 m2 Aus und

¡ ¢ ¡ ¢ 0 > tr(M ) = tr M U U −1 = tr U −1 M U = m1 + m2 ¡ ¢ 0 < Det M = Det U −1 M U = m1 m2

folgt

m 1 < 0 > m2 und daraus µ

x′ y′



Angewandt auf





6= 0 =⇒ (x , y ) U µ

−1

x′ y′

ergibt sich daraus die Behauptung.



MU

µ

=U

−1

x′ y′



2

2

= m 1 x′ + m 1 y ′ < 0 .

µ ¶ x y

Zu Aufgabe 9d): In b) wurde bereits (∂U )V S = T1 gezeigt, woraus µ ¶ 1 (∂V )U (∂U )V S = ∂V T U unmittelbar folgt. Entsprechend folgt (∂U )V (∂V )U S =

µ

P ∂U T



V

125 und mit (∂U )V

=

Kettenr.

daraus (∂U )V (∂V )U S = Mit

µ

µ

1 ∂U T

1 ∂U T



V

³

¶ µ V

∂1

1 (∂V )U = (∂V ) 1 + ∂V T verallg. Kettenr. T

folgt außerdem (∂V )U (∂V )U S =

P ∂V T



= U

µ

P ∂V T



T

V

P ∂( 1 ) T T

µ

µ

T

´



¶ ³ U

.

V

∂1 T

´

V

¶ µ ¶ µ 1 P ∂( 1 ) + ∂V . T T T U V

Zu Aufgabe 9e): Nach c) gen¨ ugt der Nachweis, daß ¶ µ (∂V )U (∂V )U S (∂U )V (∂V )U S M= (∂V )U (∂U )V S (∂U )V (∂U )V S negative Spur und positive Determinante hat. Daß die Spur negativ ist, folgt direkt aus b). Mit µ ¶ 1 (∂U )V (∂U )V S = ∂U T V folgt andererseits aus d): ¶ µ ¶ ¶ µ µ 1 P P ∂U = ∂V (∂U )V (∂U )V S . Det (M ) = ∂V T T T V T T Mit

µ

P ∂V T



T

=−

1 T κT

und a) folgt daraus unter den gegebenen Voraussetzungen1 Det (M ) > 0 . Zu Aufgabe 10a): Bzgl. S ist die Interpretation des angegebenen Diagramms durch Gleichung (1.41) der Vorlesung gegeben, die die beiden bereits zur L¨osung von Aufgabe 9 benutzten Aussagen (∂U S)V =

1 , T

(∂V S)U =

P T

zusammenfaßt. Version vom 7. M¨ arz 2009

1

Im Phasen¨ ubergangsbereich f¨ ur Dampf und Wasser ist allerdings 1/κT = 0 .

(∗)

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

126

Gem¨aß Aufgabe 9e) ist ihre Legendre-Transformation (siehe z.B. Satz 3.1.2 von (L¨ ucke, mech)) sowohl hinsichtlich U oder V als auch hinsichtlich beider Variablen gleichzeitig m¨oglich. Die Legendre-Transformation hinsichtlich U ist durch def

−Ψ = U (∂U S)V − S

=

(∗),(1.23)

F/T

gegeben und f¨ ur ihre nat¨ urlichen Variablen 1/T, V gilt ´ ³ P ∂ 1 Ψ = −U , (∂V Ψ) 1 = (∂V S)U = , T T (∗) T V was durch die Interpretation dΨ = −U d

P 1 + dV T T

des angegebenen Diagramms hinsichtlich Ψ zusammengefaßt wird. Entsprechend ist die Legendre-Transformation hinsichtlich V durch −η = V (∂V S)U = V (∗)

P G−U −S = T T (1.37),(1.23)

gegeben und f¨ ur ihre nat¨ urlichen Variablen U, P/T gilt ´ ³ 1 = V , −(∂U η)V = −(∂U S)V = − , − ∂P η T (∗) T U zusammengefaßt durch die Interpretation dη = −V d

1 P + dU T T

des Diagramms bzgl. η . Die von S Legendre-Transformation hinsichtlich des Tupels (U, V ) schließlich ist durch µ ¶ U VP U def · grad S(U, V ) − S = + −Φ = G/T −S = V (∗) T T (1.37),(1.23) gegeben und f¨ ur ihre nat¨ urlichen Variablen 1/T, P/T gilt µ ¶ µ ¶ 1 P U grad Φ , =− , V T T zusammengefaßt durch die Interpretation dΦ = −U d

1 P −V d T T

(∗∗)

127 des Diagramms bzgl. Φ . Zu Aufgabe 10b): Wir betrachten einen (normalen) Zustandsbereich, in dem jeweils zwei der Gr¨oßen T, V, P die dritte eindeutig bestimmen. Nach (**) und Gleichung (1.28) der Vorlesung gilt ¶ µ 1 1 P dΦ = −H d + V P d − d . T T T Mit d folgt daraus

Das ist ¨aquivalent zu

P T

1 1 dP + P d Produktr. T T =

µ ¶ V 1 − dP . dΦ = −H d T T ³ ´ ∂1Φ = H ,

V . T P Mithilfe von (∂P Φ) 1 kann man also V aus 1/T und P berechnen. Die thermische T Zustandsgleichung ist dadurch festgelegt. Wenn man aber den Zusammenhang zwischen V , 1/T und P bestimmt hat, kann man (im Prinzip) auch ³ ´ U = H − PV = ∂1 Φ − PV T P (1.28) T

(∂P Φ) 1 = T

als Funktion von T und V – also die kalorische Zustandsgleichung – mithilfe (der enstpr. Ableitung) von Φ bestimmen. Zu Aufgabe 11: Wenn U nur von T abh¨angt und (∂T U )V = CV konstant ist, dann muß auch U − CV T konstant sein. Mit limT →+0 U (T ) = 0 folgt daraus U = CV T und somit gem¨aß Gleichung (1.41) der Vorlesung dS = CV

P V dV dU + . U T V

Da auch P V /T als konstant vorausgesetzt ist, folgt daraus S − S0

Z

Z dU ′ P V V dV ′ = CV + ′ T V0 V ′ U0 U PV = CV ln(U/U0 ) + ln(V /V0 ) , T U

wobei der Zustand (U0 , V0 ) und die dazu geh¨orige Entropie def

S0 = S(U0 , V0 )

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

128

beliebig gew¨ahlt werden k¨onnen. Daraus folgt unmittelbar die Behauptung f¨ ur S .2 Damit gilt im Einklang mit Aufgabe 9: κU 1 αU (∂U )2V S (∂V )2U S

=

U =CV T

= = = = =

(∂V )U (∂U )V S (∂U )V (∂V )U S

− V1 (∂P V )T =

1 Gasgl. P

V (∂V T )U = 0 , ¡ CV ¢ ∂U U V = − CUV2 , (∂V PT )U = T1 (∂V P )U = − κ1U (∂V CUV )U = 0 , (∂U PT )V = 0 . µ

const. V (∂V P )S = − 1 + CV aus

und damit

=



(∂V P V )S = const. (∂V T )S

Produktr.

V T

Gasgl.

Außerdem folgt

P + V (∂V P )S

> 0,

Gasgl.

−1 1 κS = = V (∂V P )S P

µ

const. 1+ CV



P

=

(1.14),U =CV T

−const.

P CV

∈ (0, κU ) .

Zu Aufgabe 12a): Zun¨achst gilt (∂P H)T

= =

∂P H (P, S(P, T )) (∂P H)S + (∂S H)P (∂P S)T

=

V + T (∂P S)T

(1.39)

=

V − T (∂P )T (∂T )P G

= = (1.40)

V − T (∂T )P (∂P )T G V − T (∂T V )P .

verallg. Kettenr. (1.30)/(1.31)

Weiterhin gilt (∂P T )H = − Fußn.

(∂P H)T (∂T H)P

=

s.o., Def. CP

T (∂T V )P − V . CP

Zu Aufgabe 12b): Anwendung von (∂T )P ) auf die van-der-Waals-Gleichung liefert µ ¶ a 2ab P − 2 + 3 (∂T V )P = ρ . V V Version vom 7. M¨ arz 2009

2

Auf die Problematik von limT →+0 S (U (T, V ), V ) im Hinblick auf den 3. Hauptsatz soll hier nicht eingegangen werden.

129 Nach a) gilt (∂P T )H > 0 also genau dann, wenn µ ¶ a 2ab Tρ> P− 2 + 3 V V V

(∗)

gilt. Aufgrund der van-der-Waals-Gleichung P =

a ρT − 2 V −b V

ist das gleichbedeutend mit ρT

µ

1 1 − V V −b



>−

2a 2ab + 3 V2 V

d.h. (im angenommenen Falle ρ b 6= 0) mit µ ¶2 2a V − b T < . ρb V

(∗∗)

F¨ ur ideale Gase gilt (*) stets mit ‘=’ statt ‘>’ , d.h. der Joule-Thomson-Koeffizient ist stets Null. Der Grenz¨ ubergang a, b → +0 zum idealen Gas darf deshalb nur so durchgef¨ uhrt werden, daß auch (**) zu einer Gleichung wird. Zu Aufgabe 13a): Der Anfangszustand (noch kein Gas durch die por¨ose Wand gedr¨ uckt) sei Z1 , der Endzustand (das gesamte Gas durch die por¨ose Wand gedr¨ uckt) Z2 . Nach dem 1. Hauptsatz gilt dann U (Z2 ) − U (Z1 ) = P1 V (Z1 ) − P2 V (Z2 ) . Mit H(Zj ) = U (Zj ) + Pj V (Zj ) (1.28) folgt daraus H(Z2 ) − H(Z1 ) = 0 . Zu Aufgabe 13b): Entsprechend Fußnote gilt (∂P S)H =

−1 V = − < 0. (∂S H)P (∂H P )S (1.30),(1.31) T

Der Endzustand hat also gr¨oßere Entropie, der Prozeß somit gem¨aß Folgerung 1.2.7 der Vorlesung nicht reversibel. Zu Aufgabe 13c): Wenn ein Van-der-Waals-Gas bei gegebenem (hohem) Druck schon hinreichend vorgek¨ uhlt ist, ist sein Joule-Thomson-Koeffizient gem¨aß

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

130

Aufgabe 12 positiv, d.h. es k¨ uhlt sich entspr. a) weiter ab, wenn man es durch eine Drossel austreten l¨aßt. Das wird beim sog. Linde-Verfahren (siehe z.B. H. Vogel, Gerthsen Physik , S. 271) zur Gasverfl¨ ussigung ausgenutzt. Zu Aufgabe 13d): Aus V

= (∂P H)T + (∂T H)P (∂P T )S | {z }

(1.31)

=

(

folgt

(∂P T )S =

1.32)

CP

V − (∂P H)T CP

und daraus nach Aufgabe 12a) T (∂T V )P . CP

(∂P T )S =

Daß die (f¨ ur jedes Gas zu erwartende) Ungleichung (∂T V )P > 0 aus der van-der-Waals-Gleichung folgt, ist leicht zu sehen. . . . Zu Aufgabe 14a): Entsprechend den Erl¨auterungen zu Gleichung (1.44) der Vorlesung gilt (∂Mνj U )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

,...,Mνf

j

Mν |{z}

weglassen

= (∂Mνj U )Sν ,Vν ,Mν1 ,...,

,...,Mνf

j

Mν |{z}

weglassen

+ (∂Sν U )Vν ,,Mν1 ,...,Mνf (∂Mνj Sν )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

,...,Mνf

j

Mν |{z}

weglassen

+ (∂Vν U )Sν ,Mν1 ,...,Mνf (∂Mνj Vν )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

j

Mν |{z}

weglassen

=

µjν + Tν (∂Mνj Sν )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

j

Mν |{z}

,...,Mνf

weglassen

− Pν (∂Mνj Vν )Pν ,Tν ,Mν1 ,...,

j

Mν |{z}

,...,Mνf

.

weglassen

Mit folgt daraus die Behauptung.

Gν = Uν − Sν Tν + Pν Vν

,...,Mνf

131 Zu Aufgabe 14b): Zun¨achst einmal sollte das System aus einer einzigen Phase bestehen, damit Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf das Gibbssche Potential u ¨berhaupt eindeutig beschreiben. Außerdem sollten Geometrie (Elastizit¨at,Elektromagnetismus) und Oberfl¨acheneffekte (siehe Aufgabe 15) keine wesentliche Rolle spielen. Zu Aufgabe 14c): Durch Differentiation der Gleichung aus b) nach λ ergibt sich f X Mνj (∂Mνj Gν )Pν ,Tν ,Mν1 ,..., Mνj ,...,Mνf = Gν (Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf ) |{z} j=1 weglassen

und daraus mit a)

Gν (Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf )

=

f X

Mνj µjν (Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf ) .

j=1

Damit erhalten wir f X ¡

Mνj

dµjν

+

µjν

dMνj

j=1

¢

= dGν

Vν dPν − Sν dTν + = (1.38),(1.44)

f X

µjν dMνj ,

j=1

woraus die Duhem-Gibbs-Relation folgt.3 Zu Aufgabe 15a): Da die Entropie der Oberfl¨ache vernachl¨assigt werden und uWasser (Pi , T ) mit uWasser (P, T ) identifiziert werden soll, gilt GTropfen (P, T, M ) = gWasser (P, T ) M + URand (P, T, M ) .

(∗)

Die Oberfl¨achenspannung γ ist die Kraft pro Randl¨ange, die notwendig ist, um ein herausgeschnittenes Fl¨achenst¨ uck gespannt zu halten. Die Arbeit die zu leisten ist, um den Inhalt eines solchen Fl¨achenst¨ ucks um ∆|F| zu a¨ndern ist daher ∆A = γ ∆|F| . Die aus der Oberfl¨achenspannung γ resultierende potentielle Energie der Oberfl¨ache einer Kugel vom Radius r ist also – bei sinnvoller Normierung – durch γ 4πr2 gegeben.4 Daraus folgt mit (*) die abzuleitende Gleichung. Version vom 7. M¨ arz 2009

3

Warnung: Aus f X j=1

Mνj µjν (Pν , Tν , Mν1 , . . . , Mνf ) =

f X j=1

Mνj µjν (Pν , Tν , λ Mν1 , . . . , λ Mνf ) ∀ λ > 0

kann man nicht schließen, daß die µjν von den Mν1 , . . . , Mνf v¨ollig unabh¨angig seien. Vielmehr h¨ angen die chemischen Potentiale von Sν i.a. nichttrivial von den Quotienten Mν1 /Mν2 , . . . , Mνf −1 /Mνf ab. 4 Das entspricht auch dem zur Aufrechterhaltung der Oberfl¨achenspannung notwendigen inneren ¨ Uberdruck 2γ/R .

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

132

Zu Aufgabe 15b): Nach Folgerung 1.3.3 nimmt M im thermodynamischen Gleichgewicht des geschlossenen Systems Wasserdampf + Tropfen5 einen Wert an, f¨ ur den GDampf (P, T, Mges − M ) + GTropfen (P, T, M ) = gDampf (P, T ) (Mges − M ) + g0 M + gWasser (P, T ) M + 4πγ r2 (M ) a)

(zu geg. P, T ) minimal ist. Es muß also −gDampf + g0 + gWasser (P, T ) + 4πγ gelten. Aus

(∗∗)

4 M = ρ πr3 3

folgt andererseits

und somit

d r2 =0 dM

r=

µ

d r2 3 2 = dM 4πρ 3

µ

3M 4πρ

3M 4πρ

Mit (**) folgt daraus die Behauptung.

¶1/3

¶−1/3

=

1 . 2πρr

Zu Aufgabe 15c): Wenn das Gibbssche Potential G — wie bei Wasser und Dampf — homogen von der Masse M abh¨angt, also von der Form G(P, T, M ) = g(P, T ) M ist, dann gilt (∂P g)T =

1 V (∂P G)T,M = = v. M M

Dementsprechend liefert Anwendung von (∂P )T auf die in b) angegebene Gleichgewichtsbedingung 2γ vDampf = vWasser − 2 (∂P r)T ρr und somit ρ r2 ρ r2 (∂P r)T = (vWasser − vDampf ) ≈ − vDampf . 2γ 2γ Aus der idealen Gasgleichung folgt andererseits vDampf ≈

RT mP

und damit die abzuleitende N¨aherungsgleichung f¨ ur (∂P r)T . Version vom 7. M¨ arz 2009

5

Man sieht u urde, wenn man mehr ¨brigens leicht, daß sich der gleiche Tropfenradius ergeben w¨ als einen Tropfen in das geschlossene System einbeziehen w¨ urde.

133 Zu Aufgabe 15d): Aus c) folgt zun¨achst ∂r Pr (T ) 2mγ 1 =− Pr (T ) RT ρ r2 und daraus durch Integration u ¨ber r von r1 bis r2 ¶ µ ¶ µ 2mγ 1 1 Pr2 (T ) = . ln − Pr1 (T ) RT ρ r2 r1 Indem man r2 = r setzt und r1 gegen +∞ gehen l¨aßt, ergibt sich daraus durch Exponentiation die angegebene Gleichung. Man erkennt daraus folgendes (f¨ ur festes T ): • Der S¨attigungsdampfdruck Pr (T ) eines Tr¨opfchens vom Radius r ist h¨oher als der S¨attigungsdampfdruck P∞ (T ) von Wasser (ohne Oberfl¨acheneffekt). • F¨ ur zu große Tr¨opfchen ist der tats¨achliche Dampfdruck gr¨oßer als der S¨attigungsdampfdruck der Tr¨opfchen; d.h. die Tr¨opfchen werden noch gr¨oßer. • F¨ ur zu kleine Tr¨opfchen ist der tats¨achliche Dampfdruck kleiner als der S¨attigungsdampfdruck der Tr¨opfchen; d.h. die Tr¨opfchen werden noch kleiner. • Das Gleichgewicht von Tr¨opfchen und Dampf ist also labil. • Wenn nur u attigter Dampf vorliegt,6 dann m¨ ussen zun¨achst hinrei¨bers¨ chend große Wassertropfen gebildet werden, um den Kondensationsvorgang einzuleiten. Der Gleichgewichtszustand u ¨bers¨attigten Dampfes ist also metastabil. Zu Aufgabe 16a): Es ist (∂U P )V > 0 =⇒ (∂V T )S < 0 zu zeigen, was gem¨aß (∂V T )S = = = = =

(∂V )S (∂S U )V (∂S )V (∂V U )S −(∂S P )V −(∂U P )V (∂S U )V −(∂U P )V T

folgt. Version vom 7. M¨ arz 2009

6

D.h. wenn der tats¨ achliche Dampfdruck h¨oher ist als der S¨attigungsdampfdruck von Wasser.

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

134

Zu Aufgabe 16b): Entsprechend (1.29) ist hier (∂H V )P > 0 =⇒ (∂P T )S > 0 zu zeigen, was gem¨aß (∂P T )S = = = = =

(∂P )S (∂S H)P (∂S )P (∂P H)S (∂S V )P (∂H V )V (∂S H)P (∂H V )P T

folgt. Zu Aufgabe 16c): Hier ist zun¨achst (∂T V )P < 0 =⇒ (∂P S)T > 0 zu zeigen, was gem¨aß (∂P S)T = (∂P )T (∂T G)P = −(∂T )P (∂P G)T = −(∂T V )P

folgt. Daß außerdem7

α < 0 =⇒ (κT ⇐⇒ β < 0)

gilt, folgt unmittelbar aus der in Aufgabe 8c) hergeleiteten Beziehung α κT = . βP Zu Aufgabe 16d): Hier ist (∂T P )V > 0 ⇐⇒ (∂V S)T > 0 zu zeigen. Tats¨achlich gilt sogar (∂T P )V

= −(∂T )V (∂V )T F = −(∂V )T (∂T )V F = (∂V S)T .

ugen die GleichgewichtsZu Aufgabe 17: Aufgrund der Geschlossenheit von S gen¨ j Molzahlen n bei konstanter Temperatur T der Beziehung nj (V ) = nj (V0 ) + νj σ(V, V0 ) f¨ ur j = 1, . . . , f Version vom 7. M¨ arz 2009

7

Zur Erinnerung: def

κT = −

1 (∂P V )T , V

def

α =

1 (∂T V )P V

def

β =

1 (∂T P )V . P

135 mit einer geeigneten Funktion σ, die positiv ist, falls sich das Reaktionsgleichgewicht ¨ bei der Volumen-Anderung V0 → V mehr auf die rechte Seite von (2.2) verlagert. j j Wegen v = V /n gilt also f f Y Y ¡ j ¢−ν ν1 +...+νf j νj (v ) = V n (V0 ) + νj σ(V, V0 ) j . j=1

j=1

Da die linke Seite gem¨aß (2.10) von V unabh¨angig ist, folgt daraus à ! f Y ¡ ¢ −ν 0 = ∂V ln V ν1 +...+νf nj (T0 ) + νj σ(V, V0 ) j j=1

=

f X j=1

νj /V −

f X

νj2 ∂V σ(V, V0 ) . nj (V0 ) + νj σ(V, V0 )

j=1

F¨ ur V = V0 liefert das wegen σ(V0 , V0 ) = 0 Pf ³ ´ j=1 νj , ∂V σ(V, V0 ) = Pf |V =V0 V j=1 νj2 /nj (V0 )

und damit die Behauptung. Eine Volumenvergr¨oßerung sollte sich durch Erniedrigung des Umgebungsdrucks ergeben. Das System reagiert darauf – im Sinne des Prinzips von le Chatelier – mit einer Erh¨ohung der Molzahl, die dem Druckabbau entgegenwirkt. Zu Aufgabe 18a): Aus cP

def

= (∂T h1 )P

(1.32)

folgt s1 (T ) − s1 (T0 ) =

Z

T

T0

= T (∂T s1 )P

(1.29)

cP (P, T ′ ) dT ′ ′ T

∀ T, T0 > 0

und daraus mit dem 3. Hauptsatz Z T cP (P, T ′ ) s1 (T ) = dT ′ ∀ T > 0 ′ T 0 f¨ ur die absolute molare Entropie s1 von S1 . Mit g1 = h1 − T s1 folgt daraus die Behauptung. ur ideale Gase8 Zu Aufgabe 18b): Nach Gleichung (2.9) der Vorlesung gilt f¨ ¶ µ vj T 2 2 2 2 2 + R ln + a f = cV T + w − T cV ln T0 v0 µ ¶ ¶ µ T T P0 2 2 2 2 = cV T + w − T cV ln +a . + R ln T0 P T0 Version vom 7. M¨ arz 2009

8

Es sei daran erinnert, daß wir obere Indizes verwenden, die man nicht mit Potenzen verwechseln darf!

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

136

Da nach Aufgabe 8e) f¨ ur ideale Gase auch c2V = c2P − R gilt, folgt somit 2

2

f = −RT + w − T

µ

c2P

T − R ln ln T0

µ

T P0 P T0





c2P

+a

2



und daraus mit g 2 = f 2 + P v 2 = f 2 + RT schließlich die Behauptung.9 Zu Aufgabe 18c): Die molare Enthalpie des Dampfes ist nach Gleichung (1.28) der Vorlesung h2 = u2 + P v

=

id. Gasgl.

u2 + RT = c2V T + w2 + RT = c2P T + w2 . s.o. (2.9)

Gem¨aß Fußnote zu Gleichung (1.29) der Vorlesung folgt daraus die Behauptung. Zu Aufgabe 18d): Aus Folgerung 1.3.3 der Vorlesung ergibt sich wie bei der Herleitung der Clausius-Clapeyronschen Gleichung (2.1) die Gleichgewichtsbedingung g 1 = g 2 , hier also µ ¶ Z T 1 T P cP (P, T ′ ) ′ 2 2 2 1 2 T cP ln dT . − R ln + a = cP T + w − h + T T0 P0 T′ 0 Mit c) folgt hieraus c2P

P (T ) T − R ln + a2 = ln T0 P0

und damit wegen

Z

³ ´ λ P (T ), T T

+

Z

0

T

c1P (P, T ′ ) ′ dT T′

T

c1P (P, T ′ ) ′ dT = 0 T →+0 0 T′ (siehe a)) die angegebene N¨aherung f¨ ur die chemische Konstante.10 lim

Zu Aufgabe 19a): Es ist klar, daß sich jede selbstadjungierte komplexwertige Matrix der Spur 1 in der Form õ ! ¶ X µ ¶ 3 1 1 1 0 1 + x3 x1 − ix2 j j ˆ + x σ = Tx 0 1 2 2 x1 + ix2 1 − x3 j=1 Version vom 7. M¨ arz 2009

9

Es sei angemerkt, daß die molaren Gibbsschen Potentiale mit den chemischen Potentialen bzgl. der Molzahl u ¨bereinstimmen. 10 Siehe auch (Planck, 1954, §295). Dort wird allerdings a − c2P als chemische Konstante bezeichnet.

137 mit eindeutigem x ∈ R3 darstellen l¨aßt. Zu Aufgabe 19b): Wegen ³ ´ det Tˆx = 1 − kxk2

muß kxk ≤ 1 sein, damit Tˆx nur nichtnegative Eigenwerte hat (vgl. 9c)), also einen statistischen Operator darstellt. Die Abbildung x 7→ Tˆx ist also eine Bijektion der abgeschlossenen Einheitskugel auf die Menge der statistischen Operatoren. Dabei gilt offensichtlich λTˆx1 + (1 − λ)Tˆx2 = Tˆλx2 +(1−λ)x2

∀ λ ∈ (0, 1) ,

und folglich beschreibt Tˆx genau dann einen gemischten Zustand, wenn x im Inneren der Einheitskugel liegt, also kxk < 1 gilt. Zu Aufgabe 19c): Es gilt ¶ µ −i ϕ µ ¶ ϑ −iϕ 2 cos e 1 + cos ϑ sin ϑ e 1 2 ϕ Tˆeϑ,ϕ Ψeϑ,ϕ = 2 sin ϑ e+iϕ 1 − cos ϑ e+i 2 sin ϑ2 ¢¶ µ −i ϕ ¡ e 2 cos ϑ2 (1 + cos ϑ) + sin ϑ2 sin ϑ 1 ¢ ϕ ¡ = 2 e+i 2 cos ϑ2 sin ϑ + sin ϑ2 (1 − cos ϑ)

Mit11

ϑ ϑ ϑ ϑ ϑ ϑ cos ϑ + sin sin ϑ = cos , cos sin ϑ − sin cos ϑ = sin 2 2 2 2 2 2 folgt daraus Tˆeϑ,ϕ Ψeϑ,ϕ = Ψeϑ,ϕ . cos

Mit Ψ−eϑ,ϕ ∼ folgt analog

µ

ϕ

− sin ϑ2 e−i 2 ϕ + cos ϑ2 e+i 2



Tˆeϑ,ϕ Ψ−eϑ,ϕ = 0 ,

d.h. Tˆeϑ,ϕ ist der Projektor auf den von Ψeϑ,ϕ aufgespannten Teilraum. Mit ¶ µ ~ 1 0 ˆ eϑ,ϕ · ˆs = ~ Teϑ,ϕ − 2 0 1 Version vom 7. M¨ arz 2009

11

Beachte: cos ϑ = cos2

ϑ ϑ − sin2 , 2 2

sin ϑ = 2 sin

ϑ ϑ cos . 2 2

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

138 folgt daraus weiterhin

Ψeϑ,ϕ

~ (eϑ,ϕ · ˆs) Ψeϑ,ϕ = ± Ψeϑ,ϕ . 2 entspricht also dem Quantenzustand der Spin-Polarisation in Richtung eϑ,ϕ .

Zu Aufgabe 19d): Aus der Definition von Tˆx und der leicht nachzupr¨ ufenden Beziehung tr(σ µ σ ν ) = 2 δ µν ∀ µ , ν ∈ {0, . . . , 3} , wobei 0 def

σ = folgt

µ

1 0 0 1



,

³

´ ~ ˆ Tr Tx ˆs = x . 2

Die Beziehung

¶ µ |x| + 1 |x| + 1 x , x + Tˆ− |x| Tˆ|x| 1− Tˆx = 2 2

die auch noch einmal zeigt, daß Tˆx f¨ ur kxk < 1 einer Mischung entspricht, folgt fast unmittelbar aus der Definition von Tˆx . Zu Aufgabe 19e): Mithilfe von σµσµ = σ0

∀ µ ∈ {0, . . . , 3}

sieht man leicht λ

µ

µ

e−i 2 0

e−i 2 σ = cos

λ λ − i sin σ µ 2 2

∀ µ ∈ {0, . . . , 3} ,

insbesondere also −i ϕ σ3 2

e

=

ϕ

0

ϕ

e+i 2



,

σ2 −i ϑ 2

e

und somit σ 3 −i ϑ σ2 −i ϕ 2 2

Ψeϑ,ϕ = e

e

=

µ

cos ϑ2 + sin ϑ2

− sin ϑ2 cos ϑ2



µ ¶ 1 . 0

Zu Aufgabe 20a): Man betrachte eine Gesamtheit Ψ von Individuen x , denen jeweils ein n-Tupel E(x) = (E1 (x), . . . , En (x)) ∈ E zugeordnet ist. Die Frage Qν sei f¨ ur x ∈ Ψ genau dann mit ‘ja’ zu beantworten, wenn Eν (x) = 1 ; d.h. wenn E(x) ∈ f (Qν ) . Wenn man (versuchsweise) davon ausgeht, daß die Alternativen

139 E = 1 oder E1 = 0“ . . . E = 1 oder En = 0“ ” 1 ” n statistisch unabh¨angig sind, dann muß die Wahrscheinlichkeit f¨ ur E (x) = E¯1 und . . . und En (x) = E¯n“ ” 1 f¨ ur ein zuf¨allig ausgew¨ahltes x ∈ Ψ zu gegebenem E¯ ∈ E mit der Produktwahrscheinlichkeit n Y def w(E) = λν (E¯ν ) ν=1

u ¨bereinstimmen, wobei

def λν (E¯ν ) = Wahrscheinlichkeit f¨ ur Eν (x) = E¯ν“ ” ½ wν f¨ ur E¯ν = 1 , = 1 − wν f¨ ur E¯ν = 0 .

Tats¨achlich gilt mit diesen Definitionen X

w(E) =

E∈E

=

n Y

X

Y

ν∈{1,...,n}

= 1 und

X

w(E) =

E∈f (Qν0 )

λν (Eν )

E1 ,...,En ∈{0,1} ν=1

X

(λ (1) + λ (0)) | ν {z ν } =1

n Y

λν (Eν )

E1 ,...,En ∈{0,1} ν=1 Eν0 =1

= λν0 (1)

Y

(λν (1) + λν (0))

ν∈{1,...,n} ν6=ν0

= λν0 (1) = wν0 f¨ ur alle E ∈ E und ν0 ∈ {1, . . . , n} . Man kann also die x so ‘auf die E ∈ E verteilen’, daß wν = relative Anzahl der x mit E(x) ∈ f (Qν ) f¨ ur ν ∈ {1, . . . , n} gilt. D.h.:

Zu Aufgabe 20b): Nach a) kann man die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten also im Prinzip stets in eine klassische Wahrscheinlichkeitstheorie einbetten; solange man keine Zusatzforderung an letztere — wie etwa in der Theorie der lokalen verborgenen Parameter 12 — stellt. Version vom 7. M¨ arz 2009

12

Siehe dazu N. Gisin und B. Gisin, A local hidden variable model of quantum correlation exploiting the detection loophole, quant-ph/9905018.

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

140

Gleichzeitig sieht man, daß man mit vermeintlich logischen Schlußfolgerungen sehr vorsichtig sein muß: Z.B. kann man f¨ ur quantenmechanische Aussagen Q1 , Q2 nicht ohne weiteres ¨ schließen, daß Q2 die Negation von Q1 (bis auf logische Aquivalenz) ist, wenn man nur weiß, daß sich die Wahrscheinlichkeiten f¨ ur Q1 und Q2 in jeder experimentell realisierbaren Gesamtheit (i.w.) zu 1 summieren. Bei der unter a) angegebenen Konstruktion addieren sich n¨amlich auch die relativen Anzahlen der x mit E(x) ∈ f (Q1 ) und derjenigen mit E(x) ∈ E \ f (Q1 ) zu 1 , obwohl E \ f (Q1 ) 6= f (Q2 ) . Zu Aufgabe 21: Offenbar gen¨ ugt es, die Aussage f¨ ur X 1 ˆ ∆ (U, L3 , N ) def Ω = N! 1 3 ganz 0 0 . Ω(U, N ) ≤ tr χ[U,U +∆] (H)

Bei der getroffenen Festlegung des Energienullpunktes sind daher f¨ ur U < 0 alle Betrachtungen von Abschnitt 3.1.3 der Vorlesung (zumindest im Hinblick auf den thermodynamischen Limes) auf das vorliegende System anwendbar. F¨ ur den Bereich negativer Temperaturen, sollte man dagegen ³ ´ def ∆ ˆ Ω (U, N ) = tr χ[U,U +∆] (H) f¨ ur U > 0 zu definieren, um

lim

λ→+∞

1 1 ln (Ω∞ (U, N )) = lim ln (Ω(U, N )) λ→+∞ λ λ

zu garantieren. Anmerkung: Wenn man ein System im Zustand negativer Temperatur mit einem normalen System (positiver Temperatur) in rein thermischen Kontakt bringt, dann gibt das System negativer Temperatur Energie ab.18 Dabei sinkt seine Temperatur ab, bis sie schließlich in den Bereich positiver Temperaturen u ¨berspringt. Zu Aufgabe 24: Aus U

kan

Eµ P∞ ³ ´ Eµ e− kT µ=0 kan ˆ (T, V, N, . . .) = tr TˆT,V,N,... H = P∞ − Eµ (3.33) (3.27) kT µ=0 e

Version vom 7. M¨ arz 2009

18

Das war der Grund f¨ ur die etwas umst¨andlich wirkende Formulierung des 2. Hauptsatzes (vgl. Fußnote 9 zu Kapitel 1).

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

146 folgt

³ ´2 kan kan ˆ 2 ) − tr(TˆT,λV,λN,... ˆ H) k T 2 (∂T )V,N U kan = tr(TˆT,λV,λN,... H .

Deshalb folgt die Behauptung mit (3.33) aus

λ ∂T U kan (T, V, N, . . .) ∂T U kan (T, λV, λN, . . .) lim ³ ´2 = lim ³ ´2 = 0 . λ→+0 λ→+0 U kan (T, λV, λN, . . .) λ U kan (T, V, N, . . .) Zu Aufgabe 25: Wie bereits in Aufgabe 23a) gezeigt, lassen sich die Energieniveaus durch die Anzahl N+ der Teilchen mit Energie +ǫ indizieren, wobei das Energieniveau EN+ = N+ ǫ − (N − Nǫ )ǫ ¡N ¢ jeweils N+ -fach entartet ist. Demnach ist die kanonische Zustandssumme

Daraus folgt

¶ E N µ X N+ N e− kT Z = N+ N+ =0 µ ¶ N X N ¡ − ǫ ¢N+ ¡ + ǫ ¢N −N+ e kT = e kT N + N =0 ¡ +− ǫ ǫ ¢N = e kT + e+ kT . def

U kan = k T 2 ∂T ln Z ǫ ǫ − kTǫ e+ kT + kTǫ e− kT 2 = kT N + ǫ − ǫ ¡ ǫe ¢kT + e kT = N ǫ tanh kT . Zu Aufgabe 26a): Der B-abh¨angige (additive) Anteil des Hamilton-Operators eines einzelnen Teilchens ist die Observable der potentiellen Energie des magnetischen Dipolmomentes M im gegebenen B -Feld, d.h. die Observable von −M · B . Anmerkung: Im Gaußschen Maßsystem (siehe Anhang A.3.2 von (L¨ ucke, edyn)) gilt f¨ ur die Vakuumfelder H = B .

Da das B-Feld homogen vorausgesetzt ist, muß der Erwartungswert des magneˆ 1−T. (B) B tischen Dipolmomentes parallel zu B sein, also der Observablen −∂B H |B| entsprechen. Der Erwartungswert des induzierten magnetischen Dipolmomentes des Gases ist also ³ ´ gr ˆ V,B B , −Tr TˆT,V,µ,B (∂B )V H |B|

147 ³ ´ gr ˆ V,B die induzierte magnetische Dipoldichte − V1 Tr TˆT,V,µ,B (∂B )V H

B |B|

Da die ma-

B -Komponente der induzierten magnegnetische Suszeptibilit¨at die Ableitung der |B| tischen Dipoldichte nach B = |B| an der Stelle B = 0 ist, folgt daraus ³ ³ ³ ´´´ gr ˆ V,B χ(T, V, µ) = (∂B )T,V,µ − V1 Tr TˆT,V,µ,B (∂B )V H |B=0

¢ kT ¡ (∂B )2T,V,µ ln Z gr (T, V, µ, B) | . B=0 V

=

(3.37),(3.40)

Zu Aufgabe 26b): Unter der Voraussetzung, daß i.w. kein 1-Teilchen-Niveau mehrfach besetzt ist, folgt Gleichung (4.2) aus Gleichung (3.41), also µ ¶ X µ−Ej (pn ) gr ln Z (T, V, µ, B) = ω ln 1 + e kT , n,j∈Z+

wobei

π~n ∀n ∈ N. L Daraus folgt die Behauptung aufgrund des bereits in Abschnitt 3.1.4 der Vorlesung benutzten N¨aherungsverfahrens (siehe auch Aufgabe 21). def

pn =

Zu Aufgabe 26c): Entsprechende Anwendbarkeit findet hier Gleichung (4.3) der Vorlesung, also ¯ (T, V, µ, B) = ω N

X

n,j∈Z+

e

µ−Ej (pn ) kT

1+e

µ−Ej (pn ) kT



X

n,j∈Z+

1 e

Ej (pn )−µ kT

. +1

¯ (T, V, µ, B) mit T unbeschr¨ankt anwachsen. Bei F¨ ur feste V, µ, B w¨ urde demnach N konstanten V, B l¨aßt sich das nur dadurch verhindern, daß man µ in Abh¨angigkeit von T so w¨ahlt, daß T →+∞ µ(T ) −→ −∞ hinr. schnell

gilt. Mit ln(1 + x) = x + O(x2 ) f¨ ur x > 0 folgt daraus gem¨aß b) zun¨achst ωL ln Z (T, V, µ, B) ≈ 2π~ gr

Z

∞ +∞ X

−∞

e

µ−Ej (p) kT

j=0

und daraus mit Gleichung (3.41) der Vorlesung ¯ (T, V, µ, B) ≈ ln Z gr (T, V, µ, B) . N

dp

¨ ¨ ANHANG B. LOSUNGSVORSCHL AGE

148

Zu Aufgabe 26d): In der N¨aherung von c) gilt Z ∞ ωL µ − |q|~B X ³ − |q|~B ´j +∞ − p2 e 2mkT dp e mckT ln Z (T, V, µ, B) = e kT e 2mckT 2π~ −∞ j=0 {z } | {z }| √ gr

=

|

= f (T, V, µ)

1 −|q|~B 1−e mckT

{z

=1/(2 sinh( 2mckT )) |q|~B

|q|~B 2mckT ´ ³ |q|~B sinh 2mckT

= 2mπkT

}

(∗)

Mit einer geeigneten Funktion f , die wir nicht n¨aher bestimmen m¨ ussen. Aus sinh(x) 1 1 4 = 1 + x2 + x + O(x5 ) x 6 120 folgt19

1 x = 1 − x2 + O(x3 ) sinh(x) 6

und somit

õ

d dx

¶2

x sinh(x)

!

|x=0

1 =− . 3

Mit (*) ergibt sich daraus ¡

2

gr

(∂B ) ln Z (T, V, µ, B)

¢

|B=0

µ ¶2 1 |q| ~ = −f (T, V, µ) 3 µ 2mckT ¶ 2 1 |q| ~ gr = − ln Z (T, V, µ, 0) 3 µ 2mckT ¶ 2 |q| ~ 1 ¯ (T, V, µ, 0) = −N c) 3 2mckT

und daraus gem¨aß a) die Behauptung.

Version vom 7. M¨ arz 2009

19

Man beachte: P (x) = 1 + b x + c x2 + O(x3 ) =⇒

(siehe z.B. (Bronstein et al., 2001, S. 257)).

¡ ¢ 1 = 1 − b x + b2 − c x2 + O(x3 ) P (x)

Literaturverzeichnis Bronstein, I., Semendjajew, K., Musiol, G., und M¨ uhlig, H. (2001). Taschenbuch der Mathematik. Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt am Main, 5. Auflage. 98, 148 Ebert, H. (1967). Physikalisches Taschenbuch. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig. 100 Fermi, E. (1956). thermodynamics. Dover Publications, Inc., New York. 3, 50, 55 Giles, R. (1964). Mathematical Foundations of Thermodynamics. Pergamon Press. Huang, K. (1964). Statistische Mechanik. Bibliographisches Institut, Mannheim. 3, 56 Jahnke, E., Emde, F., und L¨osch, F. (1960). Tafeln h¨oherer Funktionen. B. G. Teubner Verlagsgesellschaft, Stuttgart. 88 Kubo, R. (1968). Thermodynamics. North-Holland Publishing Company, Amsterdam. 3, 30 Landau, L. D. und Lifschitz, E. M. (1966a). Quantenmechanik, Band III von Lehrbuch der Theoretischen Physik. Akademie-Verlag, Berlin. 116 Landau, L. D. und Lifschitz, E. M. (1966b). Statistische Physik, Band V von Lehrbuch der Theoretischen Physik. Akademie-Verlag, Berlin. 67 L¨ ucke, W. (1995). Solutions of the inhomogeneous wave equation with unusual propagation character and global solution of the Poisson equation. J. Phys. A, 28:5393–5400. 93 L¨ ucke, W. (edyn). Elektrodynamik http://www.wolfgang-luecke.de/skripten/edyn.pdf. 92, 119, 146 L¨ ucke, W. (ein). Mathematische Methoden der Physik. http://www.wolfgang-luecke.de/skripten/ein.pdf. 67, 123

149

.

150

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Index Adiabate, 22, 25 adiabatische N¨aherung, 64 Arbeit makroskopische, 35 Ausdehnungskoeffizient isobarer, 29

Partial-, 48 Duhem-Gibbs-Relation, 109 Eichtransformation, 93 Eichung Lorentz-, 93 Strahlungs-, 93 elektromagnetische Energie, 94 Felder, 92 quantisierte, 95, 96 Potentiale, 93 Welle, 95 Elektronen, 84 -Emission, 90 -Gas, 90 Energie -Eigenfunktionen, 67 -Eigenvektor, 63 -Eigenwerte, 63 -Eigenzust¨ande, 73 -Nullpunkt, 73 -Stromdichte, 99 -Unsch¨arfe relative, 75 -Zufuhr chemische, 38 isochore, 64 mechanische, 38 elektromagnetische, 94 Fermi-, 89 freie, 28, 35, 36, 50, 73, 77, 97, 102 Extensivit¨at der, 76 molare, 49 nat¨ urliche Variablen, 77

Boltzmann -Faktor, 67 -Gas, 70 -Konstante, 63 Bose-Einstein-Kondensation, 92 Bosonen, 91 chemische Konstante, 111 chemisches Potential, 79 Clausius -Clapeyron Gleichung von, 45 Gleichung von, 23 Satz von, 32 Dampf -Druck, 44 u ¨bers¨attigter, 37, 133 De-Broglie-Wellenl¨ange, 85 density matrix, 62 Differential, 27 vollst¨andiges, 27, 28, 53 Diffusion, 36 Druck, 20, 38 Dampf-, 56 -Erniedrigung, 56 eines Photonengases, 100 einheitlicher, 46, 55 Elektronengas-, 90 osmotischer, 55 151

152 innere, 12, 27, 35, 36, 49, 52, 65, 66, 75, 90 molare, 50 nat¨ urliche Variable, 38 Entartungsgrad des Grundzustandes, 73, 74 Enthalpie, 28 Entropie, 24, 30, 31, 35–37, 49, 52, 53, 64, 69, 72, 73, 79 absolute, 34, 35, 63 Extensivit¨at der, 72 nat¨ urliche Variablen, 65, 66 offener Systeme, 35 Entwicklung asymptotische, 88, 89 Taylorinverser Funktionen, 87 Erwartungswert, 61, 62, 66 der Teilchenzahl, 84 Feld ¨außeres, 62 Fermi -Energie, 89 -Temperatur, 89 Fermionen, 83, 84, 91 Filter, 60 Fl¨ ussigkeit unterk¨ uhlte, 37 Fourier-Reihe, 67, 98 Gas -Gemisch, 47, 50, 53 -Gleichung ideale, 49 -Thermometer, 26 Boltzmann-, 70 Elektronen-, 90 ideales, 25, 30, 55, 70 Photonen-, 100 Van-der-Waals-, 107 Van-der-Waals-Van-der-Waals-, 43 Gaußsches Maßsystem, 92

INDEX Gesamtheit großkanonische, 59, 76, 77, 79, 84 kanonische, 70, 73–75 mikrokanonische, 65, 66, 70, 73, 74, 76 quantenmechanische, 59 Gesetz Boyle-Mariottesches, 25 Stefan-Boltzmann-, 100 Wiensches Verschiebungs-, 98 Gibbs -Paradoxon, 69 -Potential, 30 Gleichgewicht stabiles, 39 thermisches, 10 thermodynamisches, 10, 40 isolierter Systeme, 37 lokales, 10 grand partition function, 77 Hamilton -Operator, 62, 63, 65, 66, 83, 91, 95, 96 Hauptsatz dritter, 34–36, 67, 73, 91 erster, 12, 35 nullter, 10 zweiter, 14, 33, 36 Clausiussche Aussage, 102 Kelvinsche Aussage, 102 Heisenberg-Bild, 96 Hilbert-Raum, 59 isoliert chemisch, 11, 35 mechanisch, 11 thermisch, 11 Isotherme, 25, 43 Joule -Thomson -Experiment, 108 -Koeffizient, 107

153

INDEX Expansionsexperiment, 26, 30, 32, 37 Kalorie, 12 Komponente, 46 Kompressibilit¨at, 45 adiabatische, 28 isotherme, 29 negative, 29 Kondensation, 45 Kontakt chemischer, 35, 36 direkter, 11 mechanischer, 11, 35 thermischer, 10, 11 Korrelation, 74 Kreisprozeß, 10 realisierbarer, 33 reproduzierbarer, 32, 33 reversibler, 44 Kupfer Elektronengasdruck, 90 Fermi-Temperatur, 89 L¨osung verd¨ unnte, 52, 54 fl¨ ussige, 54 reaktionsfreie, 52, 55 L¨osungsmittel, 52, 54, 55 Landau-Integral, 69 Le Chatelier Prinzip von, 51 Legendre-Transformation, 28, 30 Linde-Verfahren, 130 Lorentz-Eichung, 93 Maschine Carnot-, 14, 23 thermodynamische, 13 Massenwirkungs -Gesetz, 49 -Konstante, 48, 50 Massieu-Funktion, 106 Maßsystem

Gaußsches, 92 Maxwell -Gleichungen, 92, 96 -Konstruktion, 44 Relationen, 41 Messung ideale, 61 Molzahl, 49, 52 nat¨ urliche Variablen, 28, 30 der inneren Energie, 38 Oberfl¨achenspannung, 46 Observable, 59, 61, 71, 76, 84 osmotischer Druck, 55 Parameter lokale verborgene, 139 partition function, 73 Pauli -Matrizen, 112 -Prinzip, 89 Perpetuum Mobile erster Art, 13 zweiter Art, 14, 31, 102 inverses, 102 Phase Beschaffenheit einer, 47 Phasen, 9, 46 -Regel Gibbssche, 47 ¨ -Ubergang, 45, 81 Phasenraum, 97 -Volumen, 67, 74 Photonen, 95 -Energie, 95 -Gas, 97, 100 -Impuls, 95 -Zahl, 95 -Zahldichte, 97 -Zustand, 95 Planck -Formel, 66 -Funktion, 106

154 -Hypothese, 63, 65, 66 Strahlungsformel von, 98 ´-Konstruktion, 93 Poincare Poisson-Gleichung, 93 Polarisationsgrad, 112 Potential chemisches, 38, 39 Gibbssches, 30, 39, 45 Projektor, 60, 62, 65 Prozeß, 10 Carnot-, 22 Kreis-, 10 quasi-statischer, 10, 28, 34, 36, 38 adiabatischer, 21, 30, 31 isobarer, 21, 29 isochorer, 21, 29 isothermer, 21, 28, 31, 35, 49 realisierbarer, 36 reversibler, 32, 34, 54 Schmelz-, 46 Stirling-, 103 Sublimations-, 46 thermodynamischer, 10 adiabatischer, 30 reproduzierbarer, 31, 32, 36 Quantenelektrodynamik, 94 Quantisierung zweite, 96 Randbedingungen, 67 periodische, 63, 94 Rayleigh-Jeans Strahlungsformel von, 98 Reaktion chemische, 48 endotherme, 51 exotherme, 51 Reaktions-Gleichgewicht, 50, 51, 135 Richardson-Effekt, 90 Riemannsche ζ-Funktion, 88 Sackur-Tetrode-Gleichung, 70, 74, 87

INDEX Schr¨ odinger -Bild, 61, 62 -Gleichung, 61, 95 Spannungskoeffizient isochorer, 29 Spektraldarstellung, 61 Spin, 84 Spur, 60 Statistik klassische, 67 statistische Abstoßung, 90 statistischer Operator, 62, 65, 71, 72, 76, 77 Stefan-Boltzmann-Gesetz, 100 Stirling -Formel, 69 -Prozeß, 103 Strahlung -Eichung, 93 Hintergrundkosmologische, 98 Hohlraum-, 99 Strahlungsformel von Planck, 98 von Rayleigh-Jeans, 98 Wiensche, 98 Streuung, 66 Superauswahlregeln, 59 Symmetriebrechung spontane, 59 System geschlossenes, 9, 34–36, 38, 39, 50, 54, 64, 134 heterogenes, 9 homogenes, 9, 45, 67 isoliertes, 38, 39, 64, 66 makroskopisches, 9, 63 mikroskopisches, 65 offenes, 9, 69, 79 physikalisches, 9 thermisch isoliertes, 32 unendliches, 81 zusammengesetztes, 74, 79

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INDEX geschlossenes, 46 Taylor-Entwicklung der inneren Energie, 40 Teilchenzahl -Schwankung, 80 Temperatur, 38 -Skala absolute, 15, 25 Kelvinsche, 15, 35, 47 -Zustand, 34, 65 einheitliche, 10, 33, 46, 54, 55, 74, 79 Fermi-, 89 gleiche, 10 h¨ohere, 14 thermodynamische Gr¨oßen, 10 thermodynamischer Limes, 67, 69, 75, 78, 80, 81, 84, 85, 91, 92, 94, 96, 97 Tr¨opfchen, 46 ¨ Ubergangs -Amplitude, 60 -Wahrscheinlichkeit, 60 Ultrahochvakuum, 100 Van-der-Waals -Gas, 107 -Gleichung, 107 Van’t Hoffscher Reaktionskasten, 48 Variabilit¨at Grad der, 47 Vektorpotential quantisiertes, 96 Vernichtungsoperatoren, 96 Vertauschungsrelationen, 96 Volumen 3N -dimensionaler Kugeln, 68 ¨ -Anderung adiabatische, 64 Gesamt-, 52, 54 molares, 49, 56 Phasenraum-, 68

spezifisches, 46 von Neumann-Gleichung, 62 W¨arme -Kapazit¨at, 49 bei konstantem Druck, 29 bei konstantem Volumen, 26 molare, 49 -Leitung, 36 -Menge, 12, 29, 32, 33 -Pumpe, 14 -Speicher, 13, 32 Umwandlungslatente, 46 Wellengleichungen, 93 Wien Strahlungsformel von, 98 Verschiebungsgesetz von, 98 Wirkungsgrad, 14 Zustand, 9 -Summe, 67 Aggregat-, 45, 52 Gleichgewichtslabiler, 37 metastabiler, 37 thermodynamischer, 10, 66 heterogener, 45 instabiler, 44 makroskopischer, 35 metastabiler, 46 momentaner, 9 partieller, 70–72, 74, 76, 77 quantenmechanischer, 59 gemischter, 59, 62 momentaner, 61, 62 reiner, 59, 65, 66 station¨arer, 9 Temperatur-, 10, 30, 35, 40 thermodynamischer, 35, 37–39 einheitlichen Drucks, 39 einheitlicher Temperatur, 39 Zustands -Gleichung

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INDEX der Hohlraumstrahlung, 97 kalorische, 21 thermische, 20 -Gr¨oße, 34 extensive, 35, 36, 52 intensive, 36 makroskopische, 66 thermodynamische, 10 -Summe, 73 großkanonische, 77 kanonische, 73