Teil II: Quantitative Risikoanalyse Im ersten Teil dieser Reihe über Risikomanagement1 haben wir uns mit unserer Auffassung von Risiko und Unsicherheit aus historischer Sicht befasst und die wichtigsten Begriffe eines umfassenden Risikomanagementprozesses vorgestellt. Wir haben gesehen, wie wichtig eine angemessene Quantifizierung von Risiken ist und sind in diesem Kontext kurz auf die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitstheorie eingegangen. Im zweiten Teil wollen wir uns nun mit der mathematischen Darstellung von Unsicherheiten und Risiken befassen und sehen, welche Art von Informationen aus solchen quantitativen Betrachtungen extrahiert werden können. Da sich Risiken nicht nur auf eine Art messen lassen, wollen wir einige der heute im Risikomanagement gängigen Risikomaßstäbe genauer betrachten und miteinander vergleichen. Abschließend werden wir uns mit einigen Fragen und Problemen der quantita-

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tiven Bewertung von Unsicherheiten und Risiken in realen Situationen befassen und auf die Bedeutung von Szenariosimulationen und Sensitivitätsanalysen eingehen. Charakterisierung von Unsicherheiten und Risiken In der Mathematik werden Unsicherheiten als Zufallsvariablen dargestellt. Dies sind Variablen, deren Wert nicht eindeutig vorhergesagt werden kann. Sie werden lediglich durch die Wahrscheinlichkeiten beschrieben, mit der sie die verschiedenen Werte annehmen. Ein bekanntes Beispiel für eine Zufallsvariable ist die Zahl der Augen beim Wurf eines idealen Würfels. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine 1, 2, 3, 4, 5 oder 6 fällt, ist jeweils gleich groß, d. h. alle sechs Werte haben die gleiche Wahrscheinlichkeit von 1/6. Wirft man den Würfel viele Male, bedeutet dies also, dass in etwa einem Sechstel aller Würfe die 6 fallen wird.

Zufallsvariablen werden also gänzlich durch eine so genannte «Wahrscheinlichkeitsverteilung» beschrieben. Diese gibt die Wahrscheinlichkeit für jeden Wert an, den die Zufallsvariable annehmen kann. Bei kontinuierlichen Zufallsvariablen wird die entsprechende Wahrscheinlichkeitsverteilung zu einer kontinuierlichen Funktion, die häufig als «Wahrscheinlichkeitsdichte» bezeichnet wird (siehe unten). Risiken ergeben sich aus Unsicherheiten, und die Größe, mit der ein bestimmtes Risiko verbunden ist, ist gewöhnlich eine Funktion vieler unsicherer (Zufalls-)Variablen. Dies wird deutlich, wenn man das Umsatzrisiko betrachtet, das mit der Erzeugung und dem Verkauf von Elektrizität verbunden ist. Will man wissen, wie sich eine verminderte Generatorverfügbarkeit auf den Jahresumsatz auswirkt, sind die relevanten Unsicherheiten die 1) Siehe ABB Technik 2/2004 S. 66–70

Tutorial Anzahl der Ausfälle, die Dauer der Ausfälle und der Strompreis auf dem Markt zum Zeitpunkt der Ausfälle. Die entsprechenden Wahrscheinlichkeitsverteilungen bestimmen dann die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Jahresumsatzes – also die für die Einschätzung des Umsatzrisikos notwendige Information (wobei auch mögliche Korrelationen zwischen den einzelnen Unsicherheiten berücksichtigt werden müssen). Wahrscheinlichkeitsverteilungen Im Folgenden sollen die in einer Wahrscheinlichkeitsverteilung enthaltenen Informationen anhand von drei typischen Beispielen betrachtet werden (siehe 1 ). Die Poissonverteilung 1a bezieht sich auf die Anzahl der Ereignisse pro Zeiteinheit, die in einem so genannten Poissonprozess beobachtet werden. Poissonprozesse werden als geeignetes Modell für viele praktische Probleme herangezogen, z.B. um das zufällige Auftreten von Defekten und Ausfällen in industriellen Prozessen zu beschreiben. Das in 1a dargestellte Beispiel basiert auf einer durchschnittlichen Anzahl von drei Ereignissen

1

a)

(z. B. drei Ausfälle pro Jahr). In diesem Fall liegt die Wahrscheinlichkeit von null Ereignissen bei 5% und entspricht in etwa der Wahrscheinlichkeit von sechs beobachteten Ereignissen. Die Wahrscheinlichkeit, zwei, drei oder vier Ereignisse zu beobachten, liegt bei etwa 60 %.

werden: Die farbig markierte Fläche entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass die Dauer D eines Ausfalls zwischen 5 und 7,5 Stunden beträgt. Die Gesamtfläche unterhalb der Kurve entspricht demnach dem Wert eins (d. h. einer Wahrscheinlichkeit von 100 %).

Die Poissonverteilung ist ein Beispiel für eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung, d.h. die zugrunde liegende Zufallsvariable (Anzahl der Ereignisse) kann nur diskrete Werte (0, 1, 2, 3 usw.) annehmen. Oft werden wir aber mit kontinuierlichen Zufallsvariablen konfrontiert, die einen beliebigen Wert innerhalb eines bestimmten Intervalls annehmen können. Die Eigenschaften solcher Zufallsvariablen werden dann durch eine so genannte «Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion» beschrieben (siehe Beispiele 1b und 1c ). Die Exponentialverteilung 1b wird häufig verwendet, um die Zufallseigenschaften der Ausfalldauer oder der Zeitspanne bis zum Ausfall von Systemkomponenten (z. B. gemessen in Stunden) zu modellieren. 1b zeigt auch, wie solche Wahrscheinlichkeitsdichten interpretiert

Die wohl bekannteste Wahrscheinlichkeitsdichte ist die Gaußsche Normalverteilung 1c . Sie repräsentiert sehr genau die Unsicherheit, die in vielen biologischen und technischen Systemen beobachtet wird. Ebenso liegt die Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Wert eines Anlageportfolios oder eines Industrieprojekts häufig sehr nahe bei einer Normalverteilung – zumindest wenn dieser Wert von einer ausreichend großen Zahl unabhängiger Zufallsvariablen abhängt. Das Beispiel 1c geht von einem Durchschnittswert (z. B. eines Projektes) von 10 (z.B. 10 Mio. Euro) aus. Der farbige Bereich unterhalb der Kurve (von minus unendlich bis null) entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt zu einem Verlust führt (d.h. einen negativen Wert annimmt).

Beispiele für Wahrscheinlichkeitsverteilungen (Wahrscheinlichkeitsdichten):

b)

0.25

0.20

c)

0.20

0.15

0.08

0.06

r (V)

p (N)

r (D)

0.15 0.10

0.04

0.10 0.05

0.05

0.00

0.02

0.00 0

1

2

3

4

5

N (# Events)

Poissonverteilung

6

7

8

0.00 0

2.5

5

7.5

10

12.5

D ( Outage Duration )

Exponentialverteilung

15

-5

0

5

10

15

20

25

V ( Value)

Gaußsche Normalverteilung

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Tutorial 2

1.0 0.9 0.8

Prob ( Value < V )

Mathematisch gesehen stellen solche Flächen (zwischen minus unendlich und einem bestimmten Wert V) das entsprechende Integral über die Funktion der Wahrscheinlichkeitsdichte dar. Die resultierende Funktion wird als «kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilung» bezeichnet 2 . Diese gibt für jeden Wert V die Wahrscheinlichkeit an, mit der der (Projekt-) Wert kleiner als V ausfällt.

0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2

Kumulative Normalverteilung (entsprechend der Wahrscheinlichkeitsdichte in Abbildung 1c).

Höhe von außergewöhnlichen Verlusten. Derartige Informationen werden aber benötigt, um das zur Deckung solcher Verluste notwendige Kapital zu bestimmten. Hierzu können informativere Risikomaßstäbe, z. B. Vertrauensgrenzen, aus der kumulativen Wahrscheinlichkeitsverteilung der betreffenden Größe ermittelt werden 2 . Einer dieser Maßstäbe, der so genannte Value-at-Risk (VaR) [1][2], genießt in jüngster Zeit große Aufmerksamkeit und gilt mittlerweile als anerkannter Standard für die Risikomessung.

0.1 Aus der kumulativen Wahr0.0 scheinlichkeitsverteilung kön-5 0 5 10 15 20 25 nen wir die meisten InformaV tionen ablesen, die zur quantitativen Beschreibung der mit Der Value-at-Risk ist definiert der zufälligen Natur der entals maximaler erwarteter VerDie gestrichelten senkrechten Linien markieren die Vertrauensgrenzen für sprechenden Variable verbunlust innerhalb eines bestimm10 und 90 % für den Wert von V. denen Risiken notwendig ten Zeitraums, der mit einer sind. In 2 sind zum Beispiel bestimmten Wahrscheinlichkeit die Vertrauensgrenzen von 10 a (Vertrauensgrad) nicht überund 90% für die Zufallsvariable V herSchaffung einer soliden Basis für Entschritten wird. Mathematisch wird der vorgehoben. Diese besagen, dass der scheidungen. Da eine WahrscheinlichVaR durch die folgende implizite GleiWert von V mit einer Wahrscheinlichkeit keitsverteilung als Informationsform für chung bestimmt: von 10% unter 3,6 und mit einer Wahrdie Entscheidungsfindung nur bedingt Prob [ DV < - VaR ] = 1 – a, scheinlichkeit von 90% unter 16,4 liegen praktisch ist, besteht Bedarf für «handwobei sich «Prob» auf die kumulative wird. Das entsprechende «Vertrauenslichere» Risikomaßstäbe, vorzugsweise Wahrscheinlichkeitsverteilung von DV, intervall» von 80 % ist deshalb gegeben für solche, die sich durch eine einzige also die Wertänderung eines Portfolios durch [3,6 < V < 16,4]. Zahl darstellen lassen. bzw. Projekts über einen bestimmten Zeitraum bezieht. Die Definition des VaR Die bekanntesten Eigenschaften einer Angenommen, wir stehen vor dem für einen Vertrauensgrad von 95 % ist in 3 dargestellt. Zufallsvariable, ihr Durchschnittswert • Risiko, dass sich der Wert eines Anlageund ihre Varianz s2, lassen sich für geportfolios (bzw. eines geplanten Prowöhnlich allerdings nicht aus der kumujekts) in ungünstiger Weise verändert. Value-at-Risk ist mittlerweile zu einem lativen Wahrscheinlichkeitsverteilung Das einfachste Maß für dieses Risiko ist wichtigen Risikomanagement-Instrument ermitteln, sondern müssen mit Hilfe der der durchschnittliche (erwartete) Wert im Finanzwesen geworden. Laut der Wahrscheinlichkeitsdichte bestimmt werder potenziellen Verluste. Außerhalb des Eigenkapitalvereinbarung des Basler den. Bei der Poissonverteilung in 1a wird Finanzwesens ist dies oft das einzige Ausschusses für Bankenaufsicht [3] sind • zum Beispiel durch Summierung von quantitative Risikomaß, das herangezoBanken inzwischen verpflichtet, den VaR N·p(N) über alle Werte von N und s2 gen wird. Der erwartete Verlust ist jetäglich für ein Intervall (Haltefrist) von dann durch Summierung von (N – •)2·p(N) doch nur einer der Risikomaßstäbe, die 10 Tagen und einen Vertrauensgrad von bestimmt. Bei den in 1b und 1c dargein einem umfassenden Risikomanage99 % zu ermitteln. Aber auch außerhalb stellten Beispielen werden diese Summen mentprozess berücksichtigt werden der Finanzwelt spielt das Prinzip des VaR durch die entsprechenden Integrale ersetzt. müssen. Er stellt die mit jeder geschäfteine immer wichtigere Rolle, und für eine lichen Aktivität verbundenen Kosten dar Vielzahl von Geschäftsrisiken wurden Risikomaßstäbe und beeinflusst somit den erwarteten entsprechende Maßstäbe definiert (z. B. Der Hauptzweck einer Quantifizierung Nettoertrag, gibt aber keinen Aufschluss Profit-at-Risk und Credit-Value-at-Risk). von Risiken und Unsicherheiten ist die über die Wahrscheinlichkeit und die Andererseits ist das VaR-Prinzip auch mit

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Tutorial einigen Einschränkungen verbunden. So liefert es grundsätzlich keinerlei Informationen zur erwarteten Höhe der Verluste, die über die VaR-Grenze hinausgehen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit solcher Verluste relativ gering ist (gleich 1 – a), könnte es doch sehr gefährlich werden, wenn man nicht weiß «wie schlimm es kommen kann, wenn etwas schief geht». Aggregation von Risiken Die meisten Geschäftsrisiken hängen von einer Reihe unterschiedlicher Unsicherheitsfaktoren ab. Auch wenn wir die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der einzelnen Risikofaktoren bestimmen bzw. abschätzen können, müssen wir diese dann noch zu einer Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamtrisikos zusammenfassen (aggregieren). Ein allgemein anwendbarer und weit verbreiteter Ansatz zur Lösung solcher Probleme ist die Monte-Carlo-Simulation. Hierbei wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamtrisikos mit Hilfe einer Vielzahl zufällig erzeugter Werte für die einzelnen Risikofaktoren bestimmt. Diese Werte werden aus den bekannten bzw. geschätzten Wahrscheinlichkeitsverteilungen der unterschiedlichen Risikofaktoren

oder direkt aus entsprechenden historischen Daten gewonnen. Monte-Carlo-Simulationen haben den Vorteil, dass keine bestimmte Form für die einzelnen Wahrscheinlichkeitsverteilungen angenommen werden muss und Wechselbeziehungen leicht berücksichtigt werden können. Der Nachteil liegt darin, dass für eine einigermaßen genaue Schätzung des VaR normalerweise eine große Zahl von Monte-Carlo-Schritten erforderlich ist. Genügt uns aber eine ungefähre Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung für das aggregierte Risiko, können wir auf analytische Verfahren zurückgreifen und müssen keine zeitaufwändigen Monte-Carlo-Simulationen durchführen. Ein weit verbreiteter Ansatz basiert auf dem zentralen Grenzwertsatz. Dieser besagt, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Summe unabhängiger Zufallsvariablen näherungsweise durch eine Normalverteilung beschrieben werden kann, wenn die Anzahl der einzelnen Zufallsvariablen groß genug ist. Eine Normalverteilung ist aber vollständig durch ihren Durchschnittswert und ihre Varianz bestimmt, und für eine Summe von Zufallsvariablen können diese Größen einfach durch Addition der einzelnen Anteile berechnet werden.

Definition des Value-at-Risk (VaR) für einen Vertrauensgrad von 95 %

3

Evaluation von Wahrscheinlichkeitsverteilungen Bei einigen Risiken kann die Abschätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung auf der Basis von historischen Daten erfolgen. Dies gilt vor allem für Marktrisiken wie Wechselkursrisiken und Zinsrisiken. Für Banken gibt der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht sogar bindende Standards [3] für die Messung solcher Risiken vor. 5 zeigt ein Histogramm der relativen Änderung des USD/CHF-Schlusskurses im Verlauf des Jahres 1993. Um die Be-

Kumulative Verteilungsfunktion für das aggregierte Risiko von zehn binären Risikofaktoren im Vergleich mit der Näherung durch eine Normalverteilung (rote Kurve)

4

0.14

Die näherungsweise Bestimmung einer aggregierten Risikowahrscheinlichkeitsverteilung mit Hilfe einer (Gaußschen) Normalverteilung ist in 4 dargestellt. Sie bezieht sich auf eine Summe aus zehn binären Risikofaktoren, von denen jeder mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,2 einen Wert von 10 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,8 einen Wert von null annimmt. Für gewöhnlich ist die «Gaußsche Näherung» bereits bei einer Summe von nur fünf Risikofaktoren ausreichend genau, vorausgesetzt dass deren Wahrscheinlichkeitsverteilungen nicht zu asymmetrisch sind.

1.0 0.9

0.12

0.8

Prob ( Risk < R )

r (DV )

0.10 0.08 0.06 0.04

5%

0.6 0.5 0.4 0.3 0.2

- VaR (95%)

0.02

0.7

0.1

0.00

0.0 -15

-12.5

-10

-7.5

-5

-2.5

DV (Change in Value)

0

2.5

5

-10

0

10

20

30

40

50

60

70

R

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Tutorial

N (days)

rechnung von VaR-Grenzen zu gar keine. Stehen aber ausHistogramm der täglichen relativen USD/CHFvereinfachen, wird ein derartischließlich grobe Schätzungen 5 Kursänderung für das Jahr 1993 ges Histogramm aus historioder Vermutungen zu Risiken schen Daten häufig durch eine zur Verfügung, dann ist die Normalverteilung mit demselDurchführung genauer mathe45 ben Durchschnittswert und matischer Analysen nur wenig 40 derselben Standardabweisinnvoll. In solchen Fällen ist chung approximiert. Doch wie es sehr viel wichtiger, eine ent35 das Beispiel zeigt, bleiben bei sprechende Bewertung durch 30 dieser Näherung die sehr kleigeeignete Szenariosimulationen 25 nen und – was noch wichtiger zu ergänzen. Mit Hilfe solcher ist – die sehr großen ÄnderunSimulationen können z.B. die 20 gen unterbewertet. Tatsächlich Auswirkungen von Modellie15 besitzen die Wahrscheinlichrungsunsicherheiten analysiert 10 keitsverteilungen von Marktriund die Empfindlichkeit unse5 siken so genannte «Fat Tails», rer Ergebnisse in Bezug auf 0 d.h. große Änderungen treten verschiedene Annahmen fest-2.8 -2.0 -1.2 -0.4 0.4 1.2 2.0 2.8 in Wirklichkeit häufiger auf als gestellt werden. day-to-day change (%) die Normalverteilung vermuDa sich die Unsicherheiten, die ten lässt. Es gibt Hinweise, mit der Untersuchung von Risidass einige technische Risiken koabschätzungen verbunden Die rote Kurve zeigt die Näherung durch eine Normalverteilung mit (z.B. Stromausfälle) das gleisind, nie vollständig beseitigen demselben Mittelwert und derselben Standardabweichung. che Phänomen aufweisen. Um lassen, spielen Szenariosimuladie Wahrscheinlichkeit von tionen bei jeder quantitativen großen Verlusten oder SchäRisikoanalyse eine wichtige den abschätzen zu können, ist es daher ten tatsächlich entstehen (oder durch die Rolle. Außerdem sind Szenariosimulatiowichtig, dass diese Beobachtungen entminimale, wahrscheinlichste, und maxinen oft die einzige Alternative, wenn es sprechend berücksichtigt werden. male Auswirkung eines bestimmten darum geht, die Auswirkungen von exRisikos). Aus diesen Angaben müssen tremen Ereignissen zu bestimmen («Stress Außerhalb des Finanzwesens stehen zum wir dann – eventuell mit Hilfe einiger Testing») oder die relativen AuswirkunTeil zwar historische Daten zur VerfüZusatzinformationen – eine angemessene gen unterschiedlicher Hedging-Strategien gung (z.B. Ausfall- und Leistungsdaten Wahrscheinlichkeitsverteilung ableiten zu untersuchen. von bestimmten Komponenten oder Sysoder zumindest den Durchschnittswert Einige konkrete Anwendungen von temen), doch zumeist müssen die Wahrund die Varianz der verschiedenen Szenariosimulationen werden im nächsscheinlichkeitseigenschaften der verRisikofaktoren abschätzen. ten Artikel dieser Reihe diskutiert, wo die schiedenen Risiken ohne zuverlässige Möglichkeiten und Grenzen einer quantistatistische Daten abgeschätzt werden. Szenariosimulationen tativen Risikoanalyse anhand eines fiktiIn solchen Fällen sind wir gezwungen, Ist es trotzdem sinnvoll, detaillierte quanven, aber repräsentativen industriellen unsere Analyse auf das Urteil von Expertitative Analysen durchzuführen, auch Projekts aufgezeigt werden. ten zu basieren. Allerdings beschreiben wenn oft nur grobe und wenig zuverläsExperten die Risiken gewöhnlich nicht sige Schätzungen der unterschiedlichen Jakob Bernasconi durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, Risiken zur Verfügung stehen? ABB Schweiz AG sondern lediglich durch deren maximale Die meisten Risikomanager sind der AnCorporate Research Auswirkung und durch die Wahrscheinsicht, dass es immer besser ist, überhaupt [email protected] lichkeit, mit der die entsprechenden Kosquantitative Informationen zu haben als Literaturhinweise [1] Siehe z. B. «Value at Risk» von Thomas J. Linsmeier und Neil D. Pearson, Financial Analysts Journal, Vol. 56, No. 2, März / April 2000, Seiten 47–67 [2] Eine gute Quelle für Informationen zum Thema VaR und generell zum Thema «quantitatives Risikomanagement» ist die Website von GloriaMundi («All about Value at RiskTM»): http://www.gloriamundi.org [3] Basel Committee Publications No. 24, «Amendment to the Capital Accord to Incorporate Market Risks», Januar 1996, überarbeitet im September 1997, http://www.bis.org/publ/bcbs24a.htm

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