DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha
Der „New Approach“ zur Bewältigung von Komplexität und Dynamik der Technologie
TECHNOLOGY LAW UNI WIEN
Dr. Dr. Elisabeth Stampfl‐Blaha Direktorin Austrian Standards Institute Seit 1988 bei Austrian Standards Institute tätig, seit 1998 Vizedirektorin, seit 2/2013 Direktorin von Austrian Standards Seit 1990 Mitglied des CENVerwaltungsrats 2004 bis 2006 Mitglied des Council der Internationalen Normungsorganisation „ISO“ ISO Vizepräsidentin (2012-2014) Autorin mehrerer Publikationen zur Normung, Vortragende an der Donauuniversität Krems und Expertin in verschiedenen europäischen p t-g a-Projekten und Mitteleur Consulti in o s On
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Inhalt 1. Technologie und Recht – ein Spannungsfeld 2. Der europäische „New Approach“ als ein bewährtes Instrument der Co-Regulierung 3. Globalisierung von Technologierecht: das WTOAbkommen über technische Handelshemmnisse 4. Legitimität und Bedeutung von „Standards“ als „soft law“ Seite 3
Gesetze – Normen ‐ Regeln ÖNORM B 5315‐1:1993 05 01 Holzfenster ‐ Konstruktionsbeispiele
ÖNORM EN 13231‐3:2010 01 15 Bahnanwendungen ‐ Oberbau
ÖNORM CEN/TR 13201‐1:2005 09 01 Straßenbeleuchtung
ÖNORM EN 1933:1999 02 01 Markisen
ÖNORM EN 12368:2006 07 01 Anlagen zur Verkehrssteuerung
ÖNORM A 2170:1995 05 01 Schultaschen ÖNORM EN 443:2008 05 01 Feuerwehrhelme (C) Austrian Standards 2009
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1 Technologie und Recht – ein Spannungsfeld Komplexität – Unfähigkeit des Regelns? Dynamik – lagging behind? Aktuelle Grundfragen des Technologierechts
Technologie ‐ Komplexität y
Impact assessment
y
Interdisziplinarität
y
Alternativ-Technologien
y
Globalisierung der Technologien
y
Maximale Sicherheit versus wirtschaftliche Machbarkeit
y
Sicher versus „innovation-receptive“ Seite 6
Technologie ‐ Dynamik y
Immer kürzere Produktlebenszyklen
y
Innovationen und „time-to-market“
y
Technische und wirtschaftliche Dynamik
y
Technologie-Recht als Wirtschaftsrecht
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Aktuelle Grundfragen des Technologierechts ●
Entzieht sich die Technologie der Regelung durch Gesetze?
●
„Wenn der Staat es nicht regeln kann, dann soll er es lassen“….?
●
Legitimität und Kompetenz
●
Globalisierung des Technologie-Rechts? Seite 8
Nicht öffentlich verfügbar
Offenheit des Verfahrens
Zeit / n e t s o K e z Obergren
Normen
Vorschriften (Gesetze.....)
Verweis auf Normen Öffentl. verfügbare Spezifikationen
Informativ Empfehlung
Status des Dokuments qualifizierte Empfehlung
verbindlich Seite 9
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Eine Norm … y ist eine qualifizierte Empfehlung – kein Gesetz y ist öffentlich zugänglich y wird im Konsens nach international anerkannten Verfahren erstellt y beruht auf Ergebnissen von Wissenschaft, Technik & Praxis y zielt auf größtmöglichen Nutzen für alle y wird von einer anerkannten Normungsorganisation zur allgemeinen und wiederkehrenden Anwendung angenommen Seite 10
Normung wozu? Normung für wen? Privater Sektor
Öffentlicher Sektor
y Klubgutnutzen Teilnahme
y Diffundieren des Wissens
Senkung von Transaktionskosten y Senkung von Markteintrittskosten y Transparenz am Markt
y
y
Wachstumsmotor y Multiplikator y Deregulierung wird möglich y Co-Regulierung wird möglich
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Vorteile im Privatrecht y Public procurement / Öffentliche Beschaffung y Parteienvereinbarung (z. B. technische Spezifikation von vereinbarten Leistungen) y Vertragsauslegung (Verkehrssitte, Handelsbrauch) y Sorgfaltsanforderungen (Verschulden – Sorgfaltsmaßstab) insbesondere in Schadenersatzprozessen relevant
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Vorteile für den Staat y Normen stellen Wissen in Form von Kollektivgütern zur Verfügung y Hoher Multiplikatoreffekt: Jeder in die Normung investierte Euro bringt den 40fachen Ertrag y Instrument angewandter Wirtschaftspolitik, z. B. y Realisierung und Vertiefung des Europäischen
Binnenmarkts y Voraussetzung für Beitrittsländer zur EU y „Internationale Norm“ Thema bei Welthandelsorganisation WTO 13
Normen für jeden Bedarf y Grundnormen y y y y y y y
5.1 Terminologienormen 5.2 Prüfnormen 5.3 Produktnormen 5.4 Verfahrensnormen 5.5 Dienstleistungsnormen5.6 Schnittstellennormen 5.7 gemäß ÖVE/ÖNORM EN 45020
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„Betroffene“ Kreise „Stakeholder“-Landschaft – Wertschöpfungskette:
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„Betroffene“ Kreise Beispiel einer „Stakeholder“-Landschaft: Prüfstellen Prüf‐, Überwachungs‐ oder Zertifizierungsstellen, notified bodies
Wirtschaft
Erzeuger, Dienstleistungs‐ anbieter
Verbraucher
Kunden (B2B), Konsumenten, Endverbraucher (B2C)
Wissenschaft & Forschung Universitäten, FH, Forschungseinrichtungen
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Verwaltung
Ministerien, Landesregierung
Zivil‐gesellschaft
Umweltschutzverbände
Bedeutung des Normenbestands in einer gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion
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Nutzen der Normung
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Mitarbeit an der Normung y Normen macht nicht Austrian Standards Institute y Normen kommen nicht „aus Brüssel“ y Normen werden von jenen erarbeitet, die sie benötigen und anwenden:
Unternehmen
Wissenschaft & Prüfanstalten
Staat
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Verbraucher
Normen von A bis Z Abfallwirtschaft | Akustik | Arbeitssicherheit | Baukonstruktion | Bauplanung | Bauprodukte | Bauprojektmanagement | Baustoffe | Bautechnik und Bauleistungen | Bauvertragswesen | Bauwirtschaftswesen | Behindertenhilfen | Bergbau | Biotechnologie | Bodenschutz | Brandschutzwesen | Bürotechnik | Chemie | Dienstleistungen | Druckgeräte | Energiewirtschaft | Erdöl | Fahrzeugbau | Freizeiteinrichtungen | Gesundheitswesen | Gummi | Handwerkerarbeiten | Haustechnik | Hebezeuge | Heizung | Hoch‐ und Tiefbau | Holz | Informationsverarbeitung | Kunststoffe | Land‐ und Forstwirtschaft | Lebensmitteluntersuchung | Luft‐ und Raumfahrt | Luftreinhaltung | Lüftung | Maschinenbau & Anlagenbau | Medizintechnik | Metalle | Möbel | Physik | Postwesen | Prüfwesen | Qualitätsmanagement | Risikomanagement | Schweißtechnik | Spielzeug | Stahl | Strahlenschutz | Textilwesen | Transportwesen | Umweltmanagement | Umweltschutz | Verdingungswesen | Vergabewesen | Verkehrsbauwerke | Vermessungswesen | Wasser‐ und Abwasserbau | Wasserschutz | Werkstoffprüfung | Wertanalyse | Zertifizierungswesen Seite 20
Normen/Standards als Ergänzung des Rechts Privatrecht
Öffentliches Recht
y Parteienvereinbarung
y
Verbindlicherklärung von Normen in Gesetzen, Verordnungen, Bescheiden y Exklusiver/indikativer Verweis y Starrer/gleitender Verweis
y
Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe zB „Stand der Technik“, „allgemein anerkannte Regeln der Technik“, „anerkannter Stand der Technik“
(zB technische Spezifikation von Leistungen)
y Vertragsauslegung
(Verkehrssitte, Handelsbrauch)
y Sorgfaltsanforderungen
(Verschulden), relevant insbesondere in Schadenersatzprozessen
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Ein europäisches Legistik-Modell zur Realisierung des Binnenmarkts Übernahme des Modells bei UN/ECE (UN Economic Commission for Europe) New Approach als Instrument zur Bewältigung von Problemen des Technologierechts
„Cassis de Dijon“ war nicht genug ... y „Cassis de Dijon“ – Prinzip der gegenseitigen
Anerkennung in der Europäischen Union
y Prinzip erzeugt Druck auf Harmonisierung y Wie die Harmonisierung („Europäischer
Binnenmarkt“) bis 1992 erreichen?
y 1985: New Approach
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„Co‐Regulierung“ und „New Approach“ Gesetzgeber setzt (nur) einen Rahmen New Approach (und Global Approach) 1. Council Resolution of 07.05.1985 'New Approach to
technical harmonization and standards'
2. Council Resolution of 21.12.1989 Global Approach to
certification and testing
3. Council Decision 93/465/EEC general guidelines and
detailed procedures for conformity assessment that are to be used in New Approach directives
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„New Approach“ („Neue Konzeption“) EU-Richtlinien beschränken sich auf die Harmonisierung der grundlegenden Anforderungen Verweis auf Normen (bleiben freiwillig!) (harmonisierte Normen = technische Spezifikationen, welche die grundlegenden Anforderungen näher ausführen) Konformitätspolitik: Konformitätsvermutung bei normkonformen Produkten
www.newapproach.org
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Der Neue Ansatz zum Neuen Rechtsrahmen Probleme durch den Neuen Ansatz: −uneinheitliche Umsetzung von EU- Rechtsakten (besonders EU-Richtlinien), −unterschiedliche Interpretationen der Bedeutung der CEKennzeichnung und deren Status. Mit dem Ziel der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den freien Warenverkehr innerhalb des europäischen Binnenmarktes wurden am 9. Juli 2008 zwei EU-Verordnungen und ein EU-Beschluss verabschiedet, die als „Binnenmarktpaket“ („Goods Package“) oder „Neuer Rechtsrahmen“ („New Legal Framework“) bezeichnet werden.
Der Neue Rechtsrahmen y Festlegungen zum geregelten Bereich (d. h. für Produkte,
die harmonisierten Rechtsvorschriften unterliegen) finden sich in:
y •BESCHLUSS Nr. 768/2008/EG DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS UND DES RATES vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates y •VERORDNUNG (EG) Nr. 765/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates
Mehr als 20 Richtlinien nach New Approach“, z.B. y Aufzüge y Bauprodukte y Druckgeräte y Gasgeräte y Maschinensicherheit y Medizinische Geräte y Persönliche
Schutzausrüstungen y Seilbahnen y Spielzeug y Sportboote
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„wesentliche Anforderungen“ / „essential requirements“ y legen die notwendigen Elemente für den Schutz des öffentlichen Interesses fest y Einhaltung der wesentlichen Anforderungen ist obligatorisch (nur Produkte, die diese erfüllen, dürfen in Verkehr gebracht bzw. in Betrieb genommen werden) y Anwendung der wesentlichen Anforderungen abhängig von den vom jeweiligen Produkt ausgehenden Gefahren
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Das Beispiel „Seilbahnrichtlinie“ KAPITEL II - SICHERHEITSBAUTEILE Artikel 5
(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit
Sicherheitsbauteile − nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie dazu beitragen, dass Anlagen, in die sie eingebaut werden, die grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 1 erfüllen; −
nur in Betrieb genommen werden, wenn sie dazu beitragen, dass Anlagen, in die sie eingebaut werden, die Sicherheit und Gesundheit von Personen und gegebenenfalls die Sicherheit von Gütern bei sachgemäßem Einbau und sachgemäßer Wartung sowie bestimmungsgemäßem Betrieb nicht gefährden können.
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Die grundlegenden Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 1
Artikel 3
(1) Anlagen und ihre Infrastruktur, Teilsysteme sowie Sicherheitsbauteile einer Anlage müssen die auf sie anwendbaren, in Anhang II genannten grundlegenden Anforderungen erfüllen. (2) Entspricht eine nationale Norm, die zur Umsetzung einer harmonisierten europäischen Norm dient, deren Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden ist, den grundlegenden Anforderungen nach Anhang II, so wird bei entsprechend dieser Norm hergestellten Anlagen und ihrer Infrastruktur, Teilsystemen sowie Sicherheitsbauteilen einer Anlage davon ausgegangen, dass sie den betreffenden grundlegenden Anforderungen genügen.
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ANHANG II GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN 2.4 Bemessung Die Anlage, die Teilsysteme sowie alle Sicherheitsbauteile müssen so bemessen, geplant und ausgeführt werden, dass sie allen vorhersehbaren Belastungen - auch außer Betrieb - mit ausreichender Sicherheit standhalten, wobei insbesondere äußere Einflüsse, dynamische Lasten und Ermüdungserscheinungen zu berücksichtigen sind und dem Stand der Technik Rechnung zu tragen ist. Dies gilt auch für die Wahl der Werkstoffe.
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ANHANG II GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN 2.5 Montage 2.5.1. Die Anlage, die Teilsysteme sowie alle Sicherheitsbauteile müssen so geplant und ausgeführt werden, dass Montage und Einbau sicher durchgeführt werden können. 2.5.2. Die Sicherheitsbauteile sind so zu planen, dass Montagefehler entweder konstruktiv oder durch geeignete Kennzeichnung der Sicherheitsbauteile verhindert werden.
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ANHANG II GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN 2.6. Ausfallsicherheit der Anlage 2.6.1. Die Sicherheitsbauteile müssen so geplant und ausgeführt werden und verwendet werden können, dass ihre eigene Funktionssicherheit und/oder die Sicherheit der Anlage entsprechend der in Anhang III genannten Sicherheitsanalyse in jedem Fall mit einem angemessenen Sicherheitsfaktor nachgewiesen und ihr Ausfall dadurch höchst unwahrscheinlich ist. ... dass bei ihrem Betrieb für jeden Ausfall eines Bauteils, durch den auch nur indirekt die Sicherheit beeinträchtigt wird, rechtzeitig eine geeignete entsprechende Maßnahme getroffen wird.
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„harmonisierte Normen“ = Europäische Normen, die von europäischen Normungsorganisationen aufgrund eines von der Kommission nach Anhörung der Mitgliedstaaten erteilten Mandates in Ergänzung einer Richtlinie erarbeitet wurden
Einige Beispiele zur Seilbahnrichtlinie y
ÖNORM EN 1709:2005 01 01 Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr - Erprobung, Instandhaltung, Betriebskontrollen
y
ÖNORM EN 1908:2005 01 01 Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr – Spanneinrichtungen
y
ÖNORM EN 1909:2005 07 01 Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen und Schleppaufzüge des Personenverkehrs Räumung und Bergung
y
ÖNORM EN 12385-9:2003 04 01 Drahtseile aus Stahldraht Sicherheit - Teil 9: Verschlossene Tragseile für Seilbahnen zum Transport von Personen
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Konformitätsvermutung y Veröffentlichung der Fundstellen (Nummer, Titel)
harmonisierter Normen im EG-Amtsblatt
y harmonisierte Norm - Vermutung der Konformität mit den
wesentlichen Anforderungen der Richtlinie
y Norm bleibt weiterhin freiwillig y keine systematische Prüfung des technischen Inhalts der
Norm durch Kommission oder Ständigen Ausschuss (aber: Anfechtung möglich)
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Was bedeutet dieses Zeichen?
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Die CE‐Kennzeichnung y bedeutet Übereinstimmung eines Produkts mit
den wesentlichen Anforderungen einer/mehrerer EU-Richtlinie(n) y wendet sich nur an die staatliche Marktaufsicht y Zeichen der Erklärung des Herstellers/Importeurs, dass
er alle relevanten EU-Richtlinien einhält y in Eigenverantwortung des Herstellers/Importeurs y ist Voraussetzung für das In-Verkehr-Setzen eines
Produkts im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
Die CE‐Kennzeichnung y ist kein Qualitätszeichen y ist kein Normkonformitätszeichen y ist kein Zertifizierungszeichen (kann daher weder vergeben noch entzogen werden! y bedeutet die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften y steht für unterschiedliche Inhalte, je nach EU-Richtlinie
Übernahme des Modells bei UN/ECE (UN Economic Commission for Europe) UN/ECE objective: promotion of pan-European economic integration 56 countries located in the European Union, non-EU Western and E UNECE RECOMMENDATION “L” “AN INTERNATIONAL MODEL FOR TECHNICAL HARMONISATION BASED ON GOOD REGULATORY PRACTICE FOR THE PREPARATION, ADOPTION AND APPLICATION OF TECHNICAL REGULATIONS VIA THE USE OF INTERNATIONAL STANDARDS" Definition of „Common Regulatory Objectives”
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New Approach als Instrument zur Bewältigung von Problemen des Technologierechts y Gesetzgeber zieht sich auf Formulierung der Schutzziele
zurück
y Komplexität der Umsetzung der Schutzziele: durch
Normenverweis Verlagerung auf demokratisch legitimierte Regelung durch stakeholder
y Dynamik: raschere Anpassung der (freiwilligen) Normen y Globalisierung: Schutzziele divergieren weniger als
Detailregelungen, Konkretisierung durch freiwillige internationale Normen damit möglich
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Internationale Normen als Vorgabe für den Gesetzgeber Der „Sardinenfall“ Konsequenzen
WTO Abkommen über Technische Handelshemmnisse WTO/TBT (Technical Barriers to Trade)
Annex: WTO Code of Good Practice for Standardization
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WTO TBT: Standards als Vorgabe für den Gesetzgeber 2.4 Where technical regulations are required and relevant international standards exist or their completion is imminent, Members shall use them, or the relevant parts of them, as a basis for their technical regulations except when such international standards or relevant parts would be an ineffective or inappropriate means for the fulfilment of the legitimate objectives pursued, for instance because of fundamental climatic or geographical factors or fundamental technological problems.
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Sardinen – ein Fall für die WTO Sardina pilchardus
Sardinops sagax
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Der „Sardinenfall“ ● März 2001: Peru gegen EU vor WTO: Verordnung CE n° 2136/89
verbietete den Import von “Sardinops sagax” unter der Bezeichnung “Sardine”
● In Codex Alimentarius STAN 94-181 Rev. 1995, “sardinops
sagax sagax” ist in der Liste jener Spezies enthalten, die als “Sardine” verkauft werden dürfen (mit geographischem Zusatz)
● WTO-Panel Bericht (vom Berufungsgremium der WTO bestätigt):
Verordnung verstößt gegen Art 2.4 WTO-Abkommen, da der einschlägige internationale Standard ohne hinreichende Rechtfertigung nicht als Grundlage dieser technischen Vorschrift Verwendung gefunden hat
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Konsequenzen y Begriff “Internationale Norm” nach WTO/TBT-Abkommen
wird zu einem wirtschaftspolitischen Schlüsselbegriff (“Wer die Norm hat, hat den Markt”)
y Freiwillige Internationale Normen sind Vorgabe für den
Gesetzgeber
y Demokratische Legitimation Internationaler Normen wird
noch bedeutsamer
y Mitwirkung der gesetzesvorbereitenden Organe an
Internationaler Normung wird noch bedeutsamer
Grundprinzipien der Normung Neutrale Gemeinschaftsarbeit y
Offenheit und Transparenz – Einbindung aller betroffenen und interessierten Kreise
Konsens y
Überzeugen statt überstimmen – allgemeine Zustimmung, keine Widersprüche gegen wesentliche Inhalte des Dokuments. Ö: Einstimmigkeit; Europa: qualifizierte Mehrheit
Kohärenz y
Widerspruchsfreiheit und Einheitlichkeit des Normenwerks auf nationaler und auf europäischer Ebene. Nationale Normen, die Europäischen Normen widersprechen, werden zurückgezogen.
Publizität y
Jeder Normenentwurf wird zur Stellungnahme durch die Öffentlichkeit aufgelegt
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Nationale Normen y Von allen „stakeholdern“ erarbeitet y Öffentliches Stellungnahmeverfahren y Einstimmige Annahme y ÖNORM xxxx, DIN xxxx …
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Europäische Normen – ENs y ident in allen EU- und EFTA-Staaten
y
ÖNORM EN xxxx, DIN EN xxxx …
y erarbeitet in Technischen Komitees TCs des
Europäischen Komitees für Normung CEN
y Mitwirkung von Delegierten aus den nationalen
Fachgremien („Spiegelgremien“)
y Übernahme verpflichtend -> widersprechende
nationale Normen werden zurückgezogen
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Verfahren zur Schaffung einer ÖNORM EN y Vor Entwurfsauflegung:
ÖNORM EN Entwurf
– kein Auflegungsbeschluss Klärung, welche nationale – ¾-Mehrheit für Zustimmung ÖNORM(EN) zurückgezogen müssen bzw. ob national ergänzende Bestimmungen prEN Schlussentwurf notwendig (und erlaubt) sind – kein öffentliches Î Ersatzvermerk Stellungnahmeverfahren – ¾-Mehrheit für Zustimmung y Während Stellungnahmedauer zum prEN-Entwurf: Klärung, ob Gesetze, Verordnungen betroffen sind ÖNORM Î Grundlage für A-Abweichung
veröffentlicht
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Voraussetzung für die Annahme eines Europäischen Normungsdokuments
1)
me als hr Lä n da ge der 2) ge da 71 n für % be d n Sti en g er ab (En mme ewic gege nic thal n da htet en fü tu ht ge nge r zä hlt n )
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Internationale Normen – ISO y erarbeitet in Technischen Komitees TCs der International Organization for Standardization ISO y Mitwirkung von Delegierten aus den nationalen Fachgremien aus aller Welt y Übernahme nicht verpflichtend y Zahlreiche ISO-Normen sind zugleich ENs -> zB ÖNORM EN ISO 9001
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Entstehen einer ISO-Norm
Zeitvorgabe für eine Internationale Norm: 36 Monate
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Bewältigung von Komplexität und Dynamik der Technologie durch „Co‐Regulation“ ● „Standards“ als demokratisch legitimierte Regeln ergänzen den rechtlichen Rahmen ● „Standards“ als nicht ausschließlicher Weg, den rechtlichen Rahmen zu erfüllen (Rechtssicherheit, aber keine Innovationshemmung) ● „Standards“ leichter harmonisierbar als unterschiedliche nationale Gesetze ● „Standards“ rascher anpassbar an „state of the art“ Seite 57
Nützliche Links Einstiegsinformation über www.help.gv.at bzw. www.usp.gv.at Austrian Standards Institute /Österreichisches Normungsinstitut www.austrian-standards.at www.newapproach.org informiert über New Approach-Richtlinien, harmonisierte Normen, notifizierte Stellen
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Im weltumspannenden Netz
y Europa − CEN Europäisches Komitee für Normung
www.cen.eu
− CENELEC Europäisches Komitee für
elektrotechnische Normung www.cenelec.org − ETSI Europäische Normungsorganisation für Telekommunikation www.etsi.org y International − ISO Internationale Organisation für Normung www.iso.org − IEC Internationale Elektrotechnische Kommission www.iec.ch − ITU International Telecommunications Union www.itu.int
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