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picture-alliance/dpa/Tass Nachdem das Horn von Afrika bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nur eine untergeordnete Rolle in den strategischen Planung...
Author: Walther Fuchs
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Nachdem das Horn von Afrika bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nur eine untergeordnete Rolle in den strategischen Planungen der Weltmächte gespielt hatte, änderte sich dies in der Anfangszeit des Kalten Krieges. Ab Anfang der 1950er Jahre rückte die Region aufgrund ihrer geostrategischen Lage zunehmend in den Blickpunkt der beiden Supermächte USA und UdSSR. Während die USA zunächst das kaiserliche Äthiopien massiv unterstützten, bemühte sich die Sowjetunion um die Gunst des äthiopischen Erzfeindes Somalia. Die beiden größten und einflussreichsten Staaten am Horn von Afrika bauten so durch die Finanz- und Militärhilfen der jeweiligen Schutzmacht enormes militärisches Potenzial auf, was zunehmend zur Destabilisierung der Region führte. Nach dem Sturz des äthiopischen Kaisers durch einen sozialistischen Militärrat brach Äthiopien seine Beziehungen zu den USA ab und schloss sich dem sozialistischen Lager der Sowjetunion an. Da eine gleichzeitige Unterstützung beider verfeindeter Staaten nicht möglich war, kündigte die UdSSR schließlich ihre Hilfe für Somalia auf und konzentrierte sich auf das strategisch wichtigere Äthiopien. Das Bild zeigt den äthiopischen Machthaber Mengistu Haile Mariam bei einem seiner zahlreichen Staatsbesuche in Moskau zusammen mit dem sowjetischen Staats- und Parteichef Leonid Breschnjew im Oktober 1982.

Einflussnahme der Supermächte USA und Sowjetunion während des Kalten Krieges Die Staaten und Gesellscha�en am Horn von Afrika befinden sich sowohl politisch wie auch ökonomisch seit Jahrzehnten in einer Dauerkrise. Als Beispiele können hier die katastrophale Wirtscha�slage (vgl. den Beitrag von Dieter H. Kollmer), der Zerfall der staatlichen Ordnung Somalias (vgl. den Beitrag von Volker Ma�hies: Staatszerfall) sowie der Dauerkonflikt um die Zugehörigkeit der somalisch-äthiopischen Grenzregion Ogaden genannt werden. O� werden in diesem Zusammenhang die ungünstigen klimatischen Bedingungen, die daraus resultierenden häufigen Dürreperioden sowie die ethnisch-religiösen Konflikte (vgl. den Beitrag von Ulf Terlinden) als Ursachen für die aktuellen Probleme genannt. Die Hintergründe der instabilen Lage erschließen sich allerdings dem Beobachter erst vollends bei einer detaillierten Betrachtung der komplexen historischen Triebkräfte. Häufig sind die aktuellen Konflikte nur eine Fortsetzung von bereits länger bestehenden und zum Teil gewal�ätig ausgetragenen Interessengegensätzen. Dies gilt insbesondere für das anhaltend tiefe Misstrauen zwischen äthiopischen Eliten und der somalischen Führungsschicht (vgl. den Beitrag von Stafan Brüne). Großen Einfluss auf die heutige Situation am Horn von Afrika hat die Weltpolitik in der zweiten Häl�e des 20. Jahrhunderts genommen, als die Region aufgrund ihrer geostrategischen Lage vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in das Blickfeld der konkurrierenden Supermächte USA und Sowjetunion rückte. In dieser Phase, die in den 1950er Jahren begann und erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre endete, wurden insbesondere in Afrika die regionale Entwicklungen in erheblichem Umfang durch das Verhalten der beiden Hauptakteure des Ost-West-Konflikts mitbestimmt.

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I. Historische Entwicklungen

Die Bedeutung des Horns von Afrika in der Nachkriegszeit Aufgrund des Rückzuges der Kolonialmächte Frankreich, Italien und Großbritannien befand sich das Horn von Afrika nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Phase der Dekolonisation. Ungeachtet dessen interessierten sich die USA und die Sowjetunion für das geostrategisch wichtige Gebiet. Washington zielte darauf ab, das Erbe der alten Kolonialmächte anzutreten und die Region in ihren Einflussbereich einzubeziehen. Insbesondere die Kontrolle über den wichtigen Seeweg durch das Rote Meer bzw. den Suezkanal sowie die Präsenz am Rande des erdölreichen Nahen und Mi�leren Ostens waren ausschlaggebend für das Engagement. Aus Sicht der Sowjetunion bestand demgegenüber die Möglichkeit, die sich im Umbruch befindlichen nachkolonialen Gesellscha�en militärisch und politisch dauerha� in das eigene sozialistische Lager mit einzubeziehen. Zudem besaß das Horn von Afrika als Anrainer des Indischen Ozeans auch für die maritimen Zielsetzungen der UdSSR strategische Bedeutung. Ungeachtet dessen blieb der unmi�elbare Einfluss sowohl der USA als auch der Sowjetunion bis zum Ende der 1950er Jahre zunächst eher begrenzt. Insbesondere die USA waren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg weniger an einer Steuerung der innenpolitischen Prozesse in den betreffenden Staaten als vielmehr an einer weitgehend ungestörten Militärpräsenz interessiert. Spätestens Mi�e der 1950er Jahre zeichnete sich jedoch vor dem Hintergrund eines sich verschärfenden Ost-West-Konflikts eine Kursänderung ab. Angesichts des zunehmenden Interesses der amerikanischen Außenpolitik, die Staaten am Horn von Afrika – vor allem die Regionalmacht Äthiopien – sozialistischen Einflüssen gegenüber abzuschirmen, wurden die Unterstützungsleistungen der USA für Äthiopien von 1953 bis zum zwischenzeitlichen Abbruch der Beziehungen 1977 deutlich gesteigert. Das Land erhielt in den 1960er und 1970er Jahren nahezu die Häl�e der gesamten U.S.-Militärausgaben in Subsahara-Afrika. Die Transferleistungen der USA entwickelten sich zu einer wichtigen Stütze der damaligen Regierung unter Kaiser Haile Selassie. 78

Einflussnahme der Supermächte USA und Sowjetunion

Als Reaktion hierauf begann die Sowjetunion 1963 mit vermehrten Waffenlieferungen an das benachbarte und mit Äthiopien verfeindete Somalia, zumal die östliche Führungsmacht zu dieser Zeit den Au�au eines maritimen Stützpunktsystems am Indischen Ozean energisch vorantrieb. Gleichzeitig bemühten sich die USA darum, zur Schutzmacht Somalias aufzusteigen und den drohenden Einfluss der UdSSR zu verhindern. Damit gefährdeten sie jedoch ihre guten Beziehungen zu dem für sie wichtigeren Partner Äthiopien. Infolgedessen konnte Washington den umfangreichen Versprechungen Moskaus im Hinblick auf Militärhilfe nichts Gleichwertiges entgegensetzen. Dabei ist zu betonen, dass sowohl Äthiopien als auch Somalia zu jener Zeit stets darum bemüht waren, die weltpolitische Konstellation zu ihrem Vorteil zu nutzen. Wiederholt drohten beide Staaten gegenüber ihren Partnern damit, im Falle unzureichender Unterstützungsleistungen zur jeweils anderen Seite überzuwechseln. Die Hinwendung Äthiopiens zum westlichen und Somalias zum sozialistischen Lager verfestigte sich mit dem Staatsstreich Siad Barres in Somalia 1969. Die Sowjetunion verstärkte ihre Unterstützungsleistungen für das Land in erheblichem Umfang und erhielt als Gegenleistung für den Ausbau somalischer Häfen (insbesondere Mogadischu, Bossasso und Berbera) entsprechende maritime Nutzungsrechte. Die Militärhilfe wurde in so hohem Maße aufgestockt, dass sich die Personalstärke der somalischen Streitkrä�e zwischen 1970 und 1975 nahezu verdoppelte und ihre Bewaffnung erheblich modernisiert werden konnte. Auf der politischen Ebene wurde die privilegierte Stellung Somalias im sozialistischen Lager dadurch verstärkt, dass es 1974 als erstes afrikanisches Land ein Freundscha�s- und Kooperationsabkommen mit der Sowjetunion abschloss. Mit dem Sturz des äthiopischen Kaisers Haile Selassie und der Machtübernahme durch einen Militärrat (»Derg«) 1974, der anschließenden Machtergreifung durch Oberst Mengistu Haile Mariam 1977 sowie der Ausrufung des Sozialismus als äthiopische Staatsideologie veränderte sich das regionale Gefüge im Hinblick auf den Ost-West-Konflikt grundlegend. Zwar setzten die USA – ungeachtet der nun bestehenden ideologischen Differenzen – ihre Militärhilfe bis 1977 zunächst noch fort, jedoch orientierte sich Mengistu zunehmend zum sozialistischen Lager 79

I. Historische Entwicklungen

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Der »Löwe von Juda« – Kaiser Haile Selassie von Äthiopien Haile Selassie herrschte als »Negusa Nagast« (König der Könige) von 1930 bis 1974 über das Kaiserreich Äthiopien. Geboren wurde er 1892 unter dem Namen Ras Tafari Mekonnen (vgl. Kasten Rastafari-Kult) als Sohn des Gouverneurs der Provinz Harar. Nach Ausschaltung verschiedener Rivalen gelangte Haile Selassie schließlich 1930 auf den Thron. Die Kaiser des christlichen Äthiopien sahen sich in direkter Nachfolge des biblischen Herrschers Salomo und damit als »Auserkorene Go�es«. Haile Selassie nannte sich selbst »Löwe von Juda« und unterstrich so diesen biblischen Bezug. Nach nur sechs Herrscha�sjahren musste der Kaiser 1936 vor der italienischen Invasion aus Äthiopien fliehen. Fünf Jahre später kehrte er 1941 aus dem britischen Exil zurück, nachdem die italienischen Truppen durch äthiopische Widerstandskämpfer und vor allem die britische Armee aus dem Land vertrieben worden waren. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bemühte sich Haile Selassie um eine ökonomische und gesellscha�liche Modernisierung seines rückständigen Landes. Politisch blieb dieses jedoch eine absolute Monarchie ohne politische Beteiligungsrechte für das Volk.

Kaiser Haile Selassie im Fond seines offenen Horch 851 Pullman Gläser Phaeton

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Einflussnahme der Supermächte USA und Sowjetunion

Hinzu kam, dass der Kaiser sämtliche staatstragenden Positionen mit Vertrauten seinen Stammes, den Amharen, besetzte. Diese Amharisierung führte bei den anderen Gruppen des Vielvölkerstaates zu wachsender Opposition gegen das Kaisertum. Während sich im Inneren die Konflikte in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts immer weiter zuspitzten, genoss Haile Selassie im Ausland stets hohes Ansehen. Durch aufsehenerregende Staatsbesuche rückte der Kaiser sein Land immer wieder in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Im Zuge der Entkolonialisierung ab 1960 war Äthiopien ein Vorbild für die neuen Staaten Afrikas und das einzige afrikanische Land, das, abgesehen von der italienischen Besetzung, nicht Teil eines Kolonialreiches gewesen war. Die Stimmung innerhalb Äthiopiens ha�e sich jedoch zunehmend gegen Haile Selassie und das go�gegebene Kaisertum entwickelt. Der Wunsch nach politischer Mitbestimmung und dem Ende der ampharischen Vorherrscha� führte 1974 zunächst zu Massenunruhen und schließlich zu einem Putsch marxistisch-leninistisch geprägter Offiziere. Am 12. September 1974 musste Haile Selassie abdanken und revolutionären Militärs die Führung des Staates überlassen, an dessen Spitze seit 1977 Oberst Mengistu stand. Seitdem in Hausarrest, starb der »Löwe von Juda« am 27. August 1975. (am)

hin. Bereits Ende 1976 wurde mit der Sowjetunion ein erstes Militärabkommen abgeschlossen. Wenig später verkündete U.S.Präsident Jimmy Carter darau�in das Ende der amerikanischen Militärhilfe für Äthiopien sowie die Schließung der amerikanischen Militärbasis in Asmara (damals die äthiopische Provinzhauptstadt von Eritrea), worau�in das äthiopische Regime am 22. April 1977 den Abbruch aller Beziehungen zu den USA erklärte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Moskauer Führung bei der Machtergreifung Mengistus nur geringen Einfluss ausgeübt ha�e. Hinsichtlich der geopolitischen Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten ha�e das sozialistische Lager mit dem Seitenwechsel Äthiopiens einen bedeutenden Erfolg erringen können. Gleichzeitig sah es sich jetzt allerdings vor der Schwierigkeit, das erhebliche äthiopisch-somalische Konfliktpotenzial 81

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I. Historische Entwicklungen

Von 1969 bis 1991 lenkte Siad Barre die Geschicke Somalias.

nun in den eigenen Einflussbereich geholt zu haben. Die sowjetische Außenpolitik bemühte sich daher darum, im Rahmen einer Allianz zwischen den sozialistischen Staaten Äthiopien, Somalia und (Süd-)Jemen einen Interessenausgleich herbeizuführen und den anhaltenden Grenzkonflikt einzudämmen. Die bilateralen Spannungen um den Ogaden nahmen jedoch weiter zu. Bereits zu Beginn des Jahres 1977 begannen somalische Regierungsstreitkrä�e angesichts der internen Wirren in Äthiopien damit, die ohnehin im (äthiopisch kontrollierten) Ogaden aktiven Rebellengruppierungen unverhohlen zu unterstützen. Im Juli 1977 schließlich griff Somalia offen in den Konflikt ein.

Der Ogadenkrieg 1977/78 und seine Konsequenzen Für Somalias Präsident Siad Barre schien die Gelegenheit für ein militärisches Vorgehen gegen Äthiopien günstig. In seinem Kalkül konnte er mit der Neutralität der beiden Seiten verpflichteten Sowjetunion rechnen, während die USA hingegen vermeintlich 82

Einflussnahme der Supermächte USA und Sowjetunion

an einer Niederlage des nun sozialistischen Äthiopiens interessiert sein mussten. Gleichzeitig waren seine Streitkrä�e denen Äthiopiens zu diesem Zeitpunkt deutlich überlegen, zumal Äthiopiens Militär ohnehin durch zahlreiche Aufstände in verschiedenen Landesteilen gebunden war. Diese Einschätzung Siad Barres erwies sich allerdings sowohl im Hinblick auf Washington wie auch auf Moskau als ein Fehlurteil. Die USA waren zwar an einer Schwächung des sozialistischen Lagers am Horn von Afrika interessiert, jedoch wollte es sich der damalige Präsident Carter vor der Weltöffentlichkeit nicht leisten, die eindeutige Aggression Somalias augenfällig zu unterstützen. Ohnehin herrschte zu dieser Zeit in der amerikanischen Regierung die Sichtweise vor, sich nicht allzu sehr in regionale Konflikte weltweit hineinziehen zu lassen. Die Sowjetunion stand dagegen vor dem Dilemma, dass sowohl Äthiopien als auch Somalia auf Unterstützung ho�en. Angesichts der letztlich höheren geopolitischen Bedeutung Äthiopiens, die unter anderem mit der höheren Einwohnerzahl, einer fortschri�licheren Wirtscha�sstruktur sowie der günstigeren Anrainerlage am Roten Meer zu erklären war, entschied sich der Kreml für eine Unterstützung dieses Landes. Auch der zu erwartende Verlust der somalischen Häfen blieb dabei für die UdSSR kalkulierbar, da der Zugriff auf die äthiopischen Seehäfen Massawa und Asab (heute eritreisch) einen solchen durchaus ausgleichen konnte. Der somalische Griff nach dem Ogaden war somit zum Scheitern verurteilt. Während die USA jegliche Unterstützung Somalias von dessen Rückzug aus äthiopischem Territorium abhängig machten, rüstete die Sowjetunion Äthiopien massiv auf und stellte allein 1977 etwa 440 Millionen US-Dollar für entsprechende Militärhilfe zur Verfügung. Zugleich waren zwischenzeitlich über 10 000 kubanische Soldaten sowie südjemenitische Einheiten auf Seiten Äthiopiens im Einsatz. Spätestens nach der Niederlage bei der Stadt Harar zum Jahresende 1977 waren die somalischen Streitkrä�e de facto besiegt, wenngleich sich Somalia erst im März 1978 – nach einer Garantie seiner territorialen Unversehrtheit durch die Sowjetunion – gänzlich aus dem Ogaden zurückzog. Die Derg-Regierung Äthiopiens erklärte sich darau�in zum Sieger und unterzeichnete noch 1978 einen Freundscha�s- und Kooperationsvertrag mit der Sowjetunion. 83

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I. Historische Entwicklungen

Somalische Soldaten bei der Waffenausbildung während des Ogadenkrieges mit Äthiopien 1977/1978

Der entsprechende Vertrag zwischen Somalia und der UdSSR von 1974 war bereits im Oktober 1977 durch Somalia angesichts ausbleibender Hilfslieferungen aufgelöst worden. Während Äthiopien in den folgenden Jahren bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion immer stärker in das sozialistische Lager integriert wurde, bedeutete die Niederlage im Ogadenkrieg für Somalia den Anfang vom Ende der Regierung Siad Barres. Sie konnte sich zwar noch bis 1991 halten, jedoch entgli� ihr zunehmend die Kontrolle über die Sicherheitslage. Bereits damals kündigte sich das Scheitern des ohnehin nur an der Oberfläche existenten somalischen Nationalstaats an. Bemerkenswert ist dabei allerdings, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und Somalia im Verlauf der 1980er Jahre zunehmend verbesserten. Bereits 1980 war ein auf Defensivwaffen beschränktes Militärhilfeabkommen unterzeichnet worden, das unter Präsident Ronald Reagan 1982 nochmals deutlich ausgebaut wurde. Grundlage war die Anwendung der so genannten Reagan-Doktrin, die bis zum Ende der 1980er Jahre aktive Militärhilfe für prowestliche Staatssysteme weltweit befürwortete, um dem Einfluss der Sowjetunion entgegenzutreten. 84

Einflussnahme der Supermächte USA und Sowjetunion

Das Horn von Afrika nach dem Zusammenbruch des Sozialismus Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts gingen politische Umwälzungen am Horn von Afrika einher. Während Somalia mit dem Sturz Siad Barres als Staatswesen au�örte zu existieren, wandte sich Äthiopien nach dem Fall des Mengistu-Regimes wieder den USA zu. Gleichzeitig betrat das unabhängig gewordene Eritrea als neuer Akteur die regionalpolitische Bühne. Weltpolitisch orientierte sich die amerikanische Außenpolitik zunehmend an anderen Zielsetzungen: Am Horn von Afrika richtete sich ihre Aufmerksamkeit spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Ungeachtet dessen wirken sich die Auseinandersetzungen der Vergangenheit bis heute auf die Entwicklungen der Region aus. Zentrales Konfliktpotenzial bleibt das Streben somalischer Akteure nach einem wiedervereinigten Großsomalia, während der eritreisch-äthiopische Streit um die endgültige Grenzziehung anhaltend destabilisierend wirkt. Der Ost-West-Gegensatz ist zwar inzwischen als Einflussfaktor nicht mehr maßgeblich, allerdings bleibt das geopolitische Gewicht globaler Akteure erhalten. Insbesondere die USA werden im Rahmen ihres »war on terrorism« auch weiterhin Einfluss auf die Region nehmen wollen. Zunehmend werden aber auch arabische Interessen deutlich. Die VR China hat am Horn bislang nur verdeckt Einfluss genommen, allerdings könnte sich China mi�elfristig durchaus als neuer regionalpolitischer Spieler etablieren. Politische Entwicklungen am Horn von Afrika werden daher auch in Zukun� häufig einen Doppelcharakter mit einer regionalen und einer weltpolitischen Komponente aufweisen. Betrachtet man die Entwicklungen während des Ost-West-Konflikts, lässt sich allerdings festhalten, dass zumindest in der Vergangenheit die regionalen Verhältnisse bzw. die Interessen der ansässigen Akteure selbst waren. Die Einflussnahme globaler Mächte erwies sich zwar in einzelnen Fällen als durchaus erheblich, jedoch stets nur vorübergehend und von kurzfristigen außen- und sicherheitspolitischen Zielsetzungen geprägt. Volker Ressler

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