Tagespflege und der MDK

Jutta König Tagespflege und der MDK Rechtssicher handeln – korrekt dokumentieren – effizient organisieren pflege kolleg Anforderungen an die Doku...
Author: Greta Beltz
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Jutta König

Tagespflege und der MDK Rechtssicher handeln – korrekt dokumentieren – effizient organisieren

pflege

kolleg

Anforderungen an die Dokumentation in der Tagespflege

6. Evaluation/Kontrolle –– Infosammlung auf der die neuesten Informationen stehen, somit evaluiert und Ergebnis selbsterklärend überprüft Wenn Sie den Pflegeprozess in der Dokumentation abbilden wollen, kommen Sie mit sechs Vordrucken aus. 1. Informationssammlung: diese beinhaltet Anamnese, Probleme, Ressourcen, biografische Hinweise und Risiken 2. Pflegebericht 3. Ärztliche Verordnung 4. Tagesstruktur oder Pflegemaßnahmenplan 5. Leistungsnachweis 6. Stammblatt Gern genutzt werden in der Praxis auch folgende Vordrucke: • Anamnesebogen • Vordruck für ärztliche Kommunikation • Vitalwertebogen • Biografiebogen • Assessment Dekubitusrisiko • Assessment Mangelernährung • Assessment Sturzrisikoerhebung • Assessment Kontrakturrisikoerfassung • Assessment Kontinenzstatus • Pflegeplanungsvordruck mit drei/vier Spalten • Pflegeplanung nach AEDLs oder ATLs • Etc. Sie brauchen diese Vordrucke nicht. Ein eigener Anamnese-Vordruck erübrigt sich, wenn Sie die ersten Angaben des neuen Gastes bereits anderweitig dokumentiert haben, z. B. in der Planung oder in der Strukturierten Informationssammlung (SIS). Auch auf einen separaten Vordruck für die ärztliche Kommunikation können Sie verzichten, denn wenn es dem Kunden nicht gut geht und ärztlicher Beistand benötigt wird, steht das schon im Pflegebericht. Auch das Biografieblatt können Sie zur Seite legen. Die pflegerelevanten biografischen Angaben können in der Pflegeplanung, der Tagesstruktur oder in der SIS stehen.

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Gehört zur Erstausrüstung – die gute Pflegedokumentation

Auch Assessments werden nicht benötigt, wenn es eine pflegefachliche Einschätzung durch eine Pflegefachkraft gibt. Das ergibt sich einerseits aus den Expertenstandards, in denen jeweils unter der Prozessqualität 1 zu lesen ist, dass die Risikoeinschätzung Sache der Fachkraft ist. Das einzige Assessment, das Sie evtl. brauchen, ist eines, wenn Schmerzen oder schmerzbedingte Probleme auftreten. Selbst die klassische Pflegeplanung hat schon länger ausgedient. Aber spätestens bei Einführung von SIS oder 2017, wenn das Pflegestärkungsgesetz II seine volle Wirkung entfaltet, geht es um eine sinnvolle, strukturierte Maßnahmenplanung. Sollte Ihnen also ein Gutachter des MDK die Frage nach einem bestimmtem Vordruck stellen, bleiben Sie ganz ruhig und fragen Sie zurück: »Was suchen Sie denn eigentlich?« Lautet die Antwort: »Das Biografieblatt«, können Sie weiter fragen: »Welche biografische Angaben meinen Sie genau?« Sucht er die Wünsche und Bedürfnisse in der Pflege, so stehen diese in der Infosammlung, der SIS oder der Pflegeplanung. Fragt der Gutachter, wo das Beratungsprotokoll ist, zeigen Sie die Beratung im Bericht, in der Infosammlung, in der SIS oder der Pflegeplanung. Noch einmal: Sie benötigen keine separaten Protokolle. Wenn jemand nach den Assessments fragt, fragen Sie zurück, was genau gesucht wird. Denn wenn die fachliche Einschätzung an einer anderen Stelle dokumentiert ist, z. B. in der Informationssammlung, der SIS oder der Pflegeplanung, brauchen Sie keinen weiteren Vordruck oder Assessment. Verlassen Sie sich auf die Prüfanleitung des MDK. Dort wird z. B. danach, gefragt, ob das individuelle Sturzrisiko erfasst wurde (Frage 11.4). In der Erläuterung heißt es: »Die Frage ist mit »Ja« zu beantworten, wenn für alle Bewohner … geprüft worden ist, ob … ein erhöhtes Sturzrisiko besteht und im Falle einer positiven Einschätzung eine aktuelle systematische Einschätzung dieses Sturzrisikos vorliegt. Das ist in der Informationssammlung bzw. der Pflegeanamnese zu ermitteln und zu beschreiben (Dokumentation).«4 Sie sehen, es wird nicht nach einem Assessment gefragt, nicht einmal nach der Pflegeplanung. Die Informationen zum Risiko können in der Informationssammlung stehen.

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GKV & MDS (2014). Grundlagen der Qualitätsprüfungen nach den §§ 114 ff SGB XI in der stationären Pflege, S. 107. Im Internet: www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/PV_Qualitaetspruefung/PV_Grundlagen_Qualipruefung_stationaer.pdf [Zugriff am 14.10.2015]

Ständig zu aktualisieren: die Informationssammlung

Tipp Weniger ist manchmal mehr. Nutzen Sie besser weniger Vordrucke als zu viele. Verzichten Sie auf Assessments und Nebenprotokolle. Dokumentieren Sie stattdessen in der Informationssammlung, der SIS oder der Pflegeplanung.

1.4

Ständig zu aktualisieren: die Informationssammlung

Die Informationssammlung ist der erste Schritt des Pflegeprozesses. Wobei es einerlei ist, nach welchem Pflegeprozess Sie vorgehen, Sie müssen eben einfach die Informationen sammeln. Das kann auf einem beliebigen Vordruck geschehen, nach Ihrem bewährten Muster. Es gibt keine Vorschrift und deshalb können Sie Ihren Vordruck frei gestalten. Zukunftsfähig sind Sie natürlich, wenn Sie bereits die Strukturierte Informationssammlung nutzen. Die Informationssammlung sollte für jeden Tagesgast spätestens an seinem ersten Tag in der Tagespflege beginnen. Sie ist dann zugleich eine Anamnese (= Vorgeschichte). Erfassen Sie also bereits ab dem ersten Tag die Probleme, Ressourcen, biografische Hinweise und Risiken Ihres Tagesgastes. Damit entfallen die anderen Formulare. Auch das Biografieblatt, wenn Sie die Vorlieben, Wünsche und Bedürfnisse des Gastes bereits in der Informationssammlung notieren. Schreiben Sie die Ressourcen und Probleme inklusive der Risikoerfassung bereits in die Informationssammlung. So sparen Sie sich die Spalten in der Pflegeplanung und die kompletten Risikoassessments. Viel schneller (und trotzdem umfasssend) können Sie nicht dokumentieren.

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Gehört zur Erstausrüstung – die gute Pflegedokumentation

Tabelle 3: Die schnelle und umfassende Informationssammlung Wichtige Informa­tionen, Wünsche, Bedürfnisse

Ressourcen

Probleme und ­Risiken

Sich bewegen

Ist es gewohnt, in Haus­ schuhen zu gehen.

Geht in Haus­ schuhen sicher. Geht selbstständig mit Rollator.

Kann nicht allein vom Bett/Couch aufstehen. Vergisst oft, den Rollator mitzu­ nehmen.

Ernährung

Isst gern deftige Hausmannskost. Wiegt im Schnitt 55 kg, hat Konfektionsgröße 38. Trinkt im Schnitt 700 ml in der Tagespflege, Zuhause trinkt sie nach eigenen Angaben wenig. Sie trinkt nicht gern Tee oder Kaffee, mag aber Limo oder auch mal ein Radler.

Kann selbstständig essen und trinken. Kann mit Besteck umgehen.

Trinkt von sich aus zu wenig, hat Angst zu oft zur Toilette zu müssen.

Ausscheidung

Ist gewohnt, sich nach der Ausscheidung die Hände zu waschen. Sitzt für Stuhlgang gern etwas länger auf der Toilette. Nimmt zu Hause Trockenpflaumen oder Aprikosen zur Stuhl­ förderung.

Geht selbstständig zur Toilette und nutzt Klebevorlagen als Wäscheschutz.

Hat nach eigenen Angaben seit ihrer Jugend Obstipationsprobleme und kann nur 1–2-mal pro Woche Stuhlgang absetzen.

Tages­ gestaltung

Ist zu Hause viel allein, wünscht sich in der Tagespflege mehr Anregung und Austausch. Hat sich früher gern im Garten beschäftigt, kann das heute nicht mehr. War eine fleißige Hausfrau und ist heute noch fit, wenn es um Rezepte oder Hausfrauentipps geht.

Kommt gern 2–3mal pro Woche zur Tagespflege, empfindet es als wohltuende Abwechslung zum Alltag zu Hause. Rätselt, backt und kocht gern und steht mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um Haushalt und Garten geht.

Fühlt sich manchmal unnütz und überflüssig. Hat Bedenken, den Kindern zur Last zu fallen und fürchtet sich davor, hilfe­ bedürftig zu werden.

Ständig zu aktualisieren: die Informationssammlung

Tabelle 3 zeigt Ihnen eine einfache Struktur, die Sie gern übernehmen können. So erfassen Sie Vorlieben, Wünsche Bedürfnisse direkt in der Infosammlung. Auch die Risiken und Ressourcen sind schon dabei. Tipp Wählen Sie eine Struktur für die Informationssammlung, die gleich mehrere Schritte des Pflegeprozesses abbildet. So sparen Sie Formulare.

Alle Informationen sollten Sie direkt bewerten. Erkennen Sie, dass der Gast inkontinent ist, klären Sie sofort, was zu tun ist und ob es Risiken gibt. Erkennen Sie, dass der Gast unsicher auf den Beinen ist, müssen Sie herausfinden, ob das zu einem erhöhten Sturzrisiko führt oder nicht. Wenn Sie die Informationen, Risiken, Probleme und Ressourcen erfasst haben, müssen Sie sie regelmäßig (Nirgends ist dabei definiert, was »regelmäßig« bedeutet. Aber eine Informationssammlung endet eben nie.) prüfen. Es kann ja sein, dass ein Tagesgast mit seiner Urininkontinenz anfangs gut klar kommt, selbst die Toilette aufsucht und seine Vorlage wechselt. Nach einiger Zeit geht er zwar noch immer allein zur Toilette, kommt aber mit dem Inkontinenzprodukt nicht mehr zurecht. Später kann der Gast vielleicht die Toilette auch nicht mehr allein aufsuchen. Ein weiteres Beispiel zum Sturzrisiko: Sie haben einen neuen Tagesgast, der gut mit einem Hilfsmittel gehen kann. Sie erkennen kein erhöhtes Sturzrisiko. Doch eines Tages kommt es zu einem Sturz und damit zu einer neuen Situation. Diese neue Erkenntnis müssen Sie in die Informationssammlung einarbeiten (vgl. Tabelle 4). Die Informationen sind immer der Ausgangspunkt für neue Probleme oder neue Ressourcen oder beides.

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