System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter LRH-100000-31/11-2017-FU Auskünfte Oberösterreichischer Landesrechnungshof A-4020 Linz, Promenade 31 Te...
Author: Lorenz Ursler
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System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

LRH-100000-31/11-2017-FU

Auskünfte Oberösterreichischer Landesrechnungshof A-4020 Linz, Promenade 31 Tel.: (+43 732) 7720-11426 Fax: (+43 732) 7720-214089 E-Mail: [email protected] www.lrh-ooe.at

Impressum Herausgeber: Oberösterreichischer Landesrechnungshof A-4020 Linz, Promenade 31 Redaktion: Oberösterreichischer Landesrechnungshof Herausgegeben: Linz, im Juni 2017

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

INHALTSVERZEICHNIS Kurzfassung .........................................................................................................................6 Kinderbetreuungseinrichtungen im Überblick .................................................................13 Ziele .....................................................................................................................................14 Landes- und Bundesziele................................................................................................14 Bedarfsgerechtes Angebot..............................................................................................18 Nutzung des Kinderbetreuungsangebots.........................................................................20 Inanspruchnahme im Tagesverlauf .................................................................................20 Betreuungsquoten und deren Entwicklung ......................................................................23 Finanzierungssystem .........................................................................................................26 Finanzierungssystem der Kindergärten ...........................................................................27 Finanzierungssystem der Krabbelstuben ........................................................................29 Einzelne Feststellungen zum Finanzierungssystem der Kindergärten und Krabbelstuben ..........................................................................................................29 Finanzierungssystem der Tagesmütter/Tagesväter.........................................................35 Zusammenfassende Feststellung zum Finanzierungssystem der Unter-Sechsjährigen .......................................................................................................38 Entwicklung der Ausgaben der öffentlichen Hand ..........................................................39 Künftige Gestaltung und langfristige Finanzierbarkeit der Kinderbetreuung ................43 Zusammenfassung der Empfehlungen .............................................................................44

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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4:

Formen der Kinderbetreuung in OÖ......................................................14 Entwicklung der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand für .................. vorschulische Kinderbetreuung (2011 bis 2015) ...................................39 Ausgaben Bund, Land und regionale Träger sozialer Hilfe gegliedert nach Zweck (2011 bis 2015) ................................................42 Zweckzuschüsse des Bundes (2011 bis 2015) .....................................42

Abbildung 1: Inanspruchnahme der Kinderbetreuungseinrichtungen im Tagesverlauf (Oktober 2015) ................................................................21 Abbildung 2: Betreuungsquote in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ im .............. Vergleich zu Ö ohne Wien (Oktober 2015) ...........................................23 Abbildung 3: Kinderbetreuungsquote in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ von 2004/05 bis 2015/16 ......................................................................24 Abbildung 4: Entwicklung der Beschäftigungsstruktur von Müttern im Erwerbsleben bezogen auf Kinder in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ ...26 Abbildung 5: Zahlungsflüsse – Kindergarten .............................................................27 Abbildung 6: Zahlungsflüsse – Tagesmütter/Tagesväter ...........................................36

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS/GLOSSAR B BGD

Direktion Bildung und Gesellschaft

BlgNr.

Beilagennummer

B-VG

Bundes-Verfassungsgesetz

BZ-Mittel

Bedarfszuweisungsmittel

F FAG 2017

Finanzausgleichsgesetz 2017; mit diesem wird der Finanzausgleich für die Jahre 2017 bis 2021 geregelt.

G Gembon

Datenbankprogramm, das von der Abteilung Statistik gewartet wird. In Gembon werden alle Rechnungsabschlüsse der oö. Gemeinden eingelesen.

GP

Gesetzgebungsperiode

Gruppenförderung

Landesbeitrag gemäß § 30 Oö. KBG

I IKD

Direktion Inneres und Kommunales

K KBE/KBEweb

EDV-Anwendung Kinderbetreuung der BGD

O Oö. ChG

Oö. Chancengleichheitsgesetz

Oö. KBG

Oö. Kinderbetreuungsgesetz

R RV

Regierungsvorlage

S SGD

Direktion Soziales und Gesundheit

SHV

Sozialhilfeverband

T TZ

Teilziffer

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U Unter-Sechsjährige (Null- bis Sechsjährige)

Dies bezieht sich auf Kinder im Vorschulalter. Alle Statistiken mit einem Bezug zum Kindesalter beziehen sich auf einen Stichtag im Oktober eines Jahres.

V VIF-Kriterien

Kriterien für die mit der Vollbeschäftigung der Eltern zu vereinbarende, elementare Kinderbildung und -betreuung

VRV 1997

Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 1997; Vereinbarung über Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Länder, der Gemeinden und von Gemeindeverbänden

15a-Vereinbarung

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG

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System der Kinderbetreuung im Vorschulalter Geprüfte Stelle(n): Direktion Bildung und Gesellschaft Für Auskünfte standen auch die Direktion Finanzen, die Direktion Inneres und Kommunales, die Abteilung Statistik und die Abteilung Informationstechnologie zur Verfügung. Prüfungszeitraum: 13. Oktober 2016 bis 31. Jänner 2017 Rechtliche Grundlage: Initiativprüfung im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 1 Oö. LRHG 2013, LGBl. Nr. 62/2013 Prüfungsgegenstand und -ziel: Gegenstand der Prüfung ist das System der Kinderbetreuung für Kinder im Vorschulalter. In diesem Bericht werden die Entwicklung der Kinderbetreuung, das Finanzierungssystem und die Ausgabenentwicklung dargestellt. Ziel war auch, Anregungen zu geben, die bei einer Neugestaltung des Kinderbetreuungssystems berücksichtigt werden sollten. Prüfungsteam: Mag. Dr. Birgit Fuchshuber (Prüfungsleiterin), Mag. Liselotte Wallentin Prüfungsergebnis: Das vorläufige Ergebnis der Prüfung wurde Vertreterinnen und Vertretern der Direktion Bildung und Gesellschaft, der Direktion Finanzen sowie dem für Bildung zuständigen Mitglied der Oö. Landesregierung in den Schlussbesprechungen am 19. April 2017, 20. April 2017 sowie 29. Mai 2017 zur Kenntnis gebracht.

Legende: Nachstehend werden in der Regel punkteweise die Sachverhaltsdarstellung (Kennzeichnung mit 1 an der zweiten Stelle der Absatzbezeichnung), deren Beurteilung durch den LRH (Kennzeichnung mit 2), die Stellungnahme der überprüften Stelle (Kennzeichnung mit 3 und im Kursivdruck) sowie die allfällige Gegenäußerung des LRH (Kennzeichnung mit 4) aneinandergereiht. In Tabellen und Anlagen des Berichtes können bei der Summierung von gerundeten Beträgen und Prozentangaben durch die EDV-gestützte Verarbeitung der Daten rundungsbedingte Rechendifferenzen auftreten.

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KURZFASSUNG (1)

46.500 Kinder besuchten 2015 eine Kinderbetreuungseinrichtung in OÖ In Oberösterreich lebten im Herbst 2015 rd. 86.200 Kinder unter sechs Jahren; rd. 42.000 besuchten Kindergärten und rd. 4.400 Krabbelstuben. Das ergänzende Betreuungsangebot von Tagesmüttern wurde für rd. 1.100 Unter-Sechsjährige in Anspruch genommen. Das Kindergartenwesen ist Landessache. Die operative Umsetzung wurde den Gemeinden übertragen. Die Einrichtungen werden von den Gemeinden selbst oder in deren Auftrag von privaten Rechtsträgern betrieben. Die Kinderbetreuung wird in OÖ zu einem überwiegenden Teil von der öffentlichen Hand finanziert. (Berichtspunkt 1)

(2)

Bedarfsorientierung beim Ausbau ist sinnvoll Mit der Kinderbetreuung werden Bildungs-, Betreuungs- und Beschäftigungsziele verfolgt. Der LRH hält das Ziel des Landes OÖ für sinnvoll, den Ausbau des Betreuungsangebots möglichst am Bedarf zu orientieren. Wie der LRH feststellte, kann ein „VIF-konformer“ Ausbau – der im Wesentlichen auf lange Öffnungszeiten abzielt – über die aktuell erhobene Nachfrage hinausgehen. (Berichtspunkte 2 und 3)

(3)

Gemeindezuständigkeit bei der Bedarfsdeckung erschwert strategische Gesamtsteuerung Gemeinden sind für die Deckung des Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen zuständig. Im derzeitigen System ist der Fokus auf die jeweils eigene Gemeinde gerichtet; der Gedanke eines überregionalen Gesamtkonzepts tritt in den Hintergrund. Die Direktion Bildung und Gesellschaft hat keinen jederzeit aktuellen Gesamtüberblick über die Bedarfssituation in OÖ und deren voraussichtliche Entwicklung. Um im Sinne einer Optimierung des Gesamtangebots für OÖ eine überregionale Betrachtung zu gewährleisten, wäre eine strategische Gesamtsteuerung zu implementieren. Standortentscheidungen wären künftig unabhängig von Gemeindegrenzen zu treffen. Dafür wären zentral verfügbare Bedarfsdaten erforderlich. Überdies erachtet es der LRH für notwendig – unter den Restriktionen der Finanzierbarkeit durch die öffentliche Hand – Grenzen der Bedarfsdeckung zu definieren. (Berichtspunkt 4 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG I)

(4)

Kinderbetreuungsangebot wird hauptsächlich am Vormittag genutzt 2015/16 besuchten rd. 33,5 Prozent der Zweijährigen, rd. 85,7 Prozent der Dreijährigen, rd. 96,3 Prozent der Vierjährigen und rd. 98,6 Prozent der Fünfjährigen Kinderbetreuungseinrichtungen in OÖ.

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Sowohl Kindergärten als auch Krabbelstuben werden hauptsächlich am Vormittag in Anspruch genommen. Der Großteil der Eltern ist mit den Öffnungszeiten zufrieden. (Berichtspunkte 5, 6 und 8) (5)

Außerfamiliäres Kinderbetreuungsangebot stieg, jedoch Rückgang der Vollzeitbeschäftigung der Mütter Die Betreuungsquote für Kinder erhöhte sich in allen Altersklassen seit 2004/05 stetig. Ein höherer Anstieg 2009/10 fiel zeitlich mit dem Abschluss der ersten 15a-Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und mit der Einführung der beitragsfreien Betreuung für Kinder ab 30 Monaten zusammen. Vor allem die Steigerungen bei den Kleinkindern spiegeln die Umsetzung des politischen Bekenntnisses auf Landesebene wider, vermehrt außerfamiliäre Kinderbetreuung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereitzustellen. Die Beschäftigungsquote der Mütter ist insgesamt gestiegen. Bei den Berufstätigen ist jedoch eine Verlagerung von Vollzeitbeschäftigten auf Teilzeitbeschäftigte erkennbar. (Berichtspunkte 8 und 9)

(6)

Uneinheitliche Finanzierungssysteme führen zu fehlendem Gesamtüberblick und hohem Verwaltungsaufwand An der Finanzierung der Kinderbetreuung sind Bund, Land OÖ, oö. Gemeinden, regionale Träger der sozialen Hilfe sowie Eltern beteiligt. Für Kindergärten, Krabbelstuben und Tagesmütter sind das Finanzierungssystem und die Verteilung der finanziellen Lasten jeweils anders. Es wurden jeweils sehr komplexe Systeme mit teilweisen Parallelstrukturen geschaffen. Dies hat zur Konsequenz, dass keiner der Akteure einen Überblick über das Gesamtsystem und die Kosten hat. Der LRH kritisiert die Zersplitterung der Zahlungsströme. Auf Ebene des Bundes sind für den Vollzug der 15a-Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung verschiedene Ministerien zuständig, auf Landesebene verschiedene Direktionen, auf Ebene der Direktion Bildung und Gesellschaft verschiedene Gruppen und auf Gemeinde- und Trägerebene verschiedene Organisationseinheiten. Das Kinderbetreuungs- und Finanzierungssystem sollte grundlegend vereinfacht werden. Das Ziel sollte sein, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung für alle Unter-Sechsjährigen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren. Der Verwaltungsaufwand durch die Mehrfachadministration auf verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Gemeinden, Träger) und innerhalb einer Gebietskörperschaft wäre zu vermeiden bzw. zu verringern. (Berichtspunkte 10, 11, 12, 20 und 21 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG II)

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Fördervoraussetzungen sollten mehr Anreize für sparsame Mittelverwendung schaffen, Ermessensausgaben als Pflichtausgaben dargestellt Im Jahr 2010 stellte die Direktion Bildung und Gesellschaft die laufende Basisfinanzierung der Kindergärten und Krabbelstuben auf eine Gruppenförderung um. Zur Abfederung von Härten beschloss die Oö. Landesregierung – ursprünglich einmalig für 2010/11 – eine Sonderförderung auszuzahlen. Diese wurde seither jedoch jährlich gewährt; sie betrug 2015/16 rd. 5,7 Mio. Euro. Durch die Sonderförderung wurden die gesetzlich definierten Fördervoraussetzungen dauerhaft aufgeweicht. Die Sonderförderung sollte künftig nicht mehr gewährt werden, da die Grundlage weggefallen ist. (Berichtspunkt 13 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG III) Die Mittel für die Sonderförderung werden auf den Voranschlagsstellen für die Pflichtförderungen, die sich aus dem Oö. Kinderbetreuungsgesetz ergeben, verbucht, obwohl es sich um Ermessensausgaben handelt. Dies widerspricht den Regeln des öffentlichen Haushaltswesens. (Berichtspunkt 13) Grundlage für die Höhe der Gruppen- und Sonderförderung für ein ganzes Jahr sind die Anwesenheitszeiten der Kinder in einem zweiwöchigen Referenzzeitraum. Die Gruppen- und Sonderförderungen des Landes sind höher, wenn innerhalb dieser beiden Wochen möglichst viele Kinder angemeldet und lange anwesend sind. Aus Sicht des LRH sind die Aufzeichnungen von Anwesenheitszeiten in einem vorher bekannten Referenzzeitraum als Berechnungsgrundlage für die Höhe einer Landesförderung eingeschränkt geeignet. Das gilt insbesondere dann, wenn bekannt ist, dass die Daten des Referenzzeitraums nicht mit jenen eines späteren Zeitraums im Kindergartenjahr plausibilisiert werden. (Berichtspunkt 14) In der Praxis werden Gruppen gefördert, sobald in einer Kinderbetreuungseinrichtung die Mindestkinderanzahl oder ein Vielfaches davon erreicht ist. Die Fördervoraussetzungen für die Gruppenförderung (Landesbeitrag) sind aus Sicht des LRH unklar formuliert. Das Gesetz sollte daher diesbezüglich überarbeitet werden. Bei einer Neuformulierung wäre auf Anreize für eine sparsame Mittelverwendung zu achten. Unter diesem Aspekt wären auch Maßnahmen zu treffen, um Gruppenzusammenlegungen in Randzeiten zu forcieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand die wesentlichen Kosten für die Kinderbetreuung trägt und für diese Zeiten keine Elternbeiträge zu leisten sind. (Berichtspunkt 15 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG IV)

(8)

15a-Vereinbarungen und Gastbeiträge erhöhen die ohnehin bereits komplexen Transferbeziehungen zwischen Gebietskörperschaften Durch 15a-Vereinbarungen nimmt der Bund Einfluss auf die Kinderbetreuung, die in der Landeskompetenz liegt. Die Verwendungszwecke für diese Bundeszuschüsse sind vielfältig, sehr detailliert und an zahlreiche

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ineinandergreifende Bedingungen geknüpft. Zudem sind die 15aVereinbarungen weitgehend nicht mit den Landesförderungen deckungsgleich. Dies alles führt auf Ebene des Landes, der Gemeinden und der Kinderbetreuungseinrichtungen zu hohem Verwaltungsaufwand. Bei Abschluss künftiger 15a-Vereinbarungen wäre darauf hinzuwirken, dass auf Detailbestimmungen hinsichtlich der Mittelverwendung verzichtet wird. Das schließt nicht aus, dass die angestrebte Wirkung und daraus abgeleitete Ziele sowie bundeseinheitliche Leitlinien vereinbart werden können. (Berichtspunkt 16) Besucht ein Kind eine Kinderbetreuungseinrichtung in einer anderen Gemeinde als der Hauptwohnsitzgemeinde, ist – unter den im Gesetz genannten Bedingungen – von der Hauptwohnsitzgemeinde ein angemessener Gastbeitrag zu entrichten. In der Praxis ist mit den Gastbeiträgen ein relativ hoher Verwaltungsaufwand verbunden. Beim Pilotprojekt Kinderbetreuung im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes 2017 kann es zu grundlegenden strukturellen Änderungen kommen. Bei einer Neugestaltung des Systems wäre kritisch zu hinterfragen, ob Gastbeiträge beibehalten werden sollen. Es ist jedoch zu überlegen, in welcher Weise finanzielle Ausgleiche für gemeindeübergreifende Lösungen erfolgen sollen. (Berichtspunkt 17 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG V) (9)

Datennutzung verbessern Nicht alle mit der Kinderbetreuung befassten Organisationseinheiten des Landes OÖ haben direkten Zugriff auf die vorhandenen Daten der Direktion Bildung und Gesellschaft. Sie erhalten gegebenenfalls definierte Datenauszüge. Dies führt dazu, dass Entscheidungen und Entwicklungen auf veralteten und unvollständigen Informationen basieren können und damit möglicherweise Fehlschlüsse gezogen werden. Allen mit der Kinderbetreuung befassten Organisationseinheiten des Landes OÖ sollte wechselseitig ein Leserecht auf alle für sie relevanten Daten gewährt werden. (Berichtspunkt 19 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG VI) Die EDV-Lösungen der Direktion Bildung und Gesellschaft bilden jeweils nur Teile des Kinderbetreuungssystems ab. Dies erschwert selbst im eigenen Zuständigkeitsbereich der Direktion Bildung und Gesellschaft einen gesamthaften Überblick und folglich die Steuerung und Optimierung. Änderungen aufgrund des Finanzausgleichsgesetzes 2017 wären rechtzeitig bei der Weiterentwicklung der Software zu berücksichtigen. (Berichtspunkt 18)

(10) Auf nachhaltige Leistbarkeit des Systems achten Insgesamt stiegen die Ausgaben für die Kinderbetreuung in OÖ von rd. 247,5 Mio. Euro im Jahr 2011 auf rd. 327,4 Mio. Euro im Jahr 2015. Die Direktion Bildung und Gesellschaft geht davon aus, dass sich diese Tendenz aufgrund des politisch festgelegten Ziels des weiteren Ausbaus und der Weiterentwicklung des Angebots fortsetzen wird. Die Kinder-

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betreuung zählt zu den am stärksten steigenden Ausgabengruppen des Landes OÖ. Das Land OÖ sollte im Sinne der langfristigen Finanzierbarkeit des Kinderbetreuungssystems Maßnahmen ergreifen, um der dynamischen Ausgabenentwicklung entgegenzuwirken. Ansatzpunkte dafür könnten eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, eine Überarbeitung der Förderkriterien, das Einstellen von Förderungen, die über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehen und eine Neugestaltung der Elternbeitragsregelung sein. (Berichtspunkt 22 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG VII) (11) Elternbeiträge sind unter dem Aspekt der langfristigen Finanzierbarkeit sinnvoll Die 15a-Vereinbarung über die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen folgt dem Grundsatz, dass verpflichtende Bildung für Eltern beitragsfrei sein sollte. Das Ausmaß der Beitragsfreiheit ist in den Bundesländern unterschiedlich: In OÖ ist seit dem Kindergartenjahr 2009/10 der ganztägige Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung für Kinder ab dem vollendeten 30. Lebensmonat bis zum Schuleintritt für Eltern beitragsfrei. In den anderen Bundesländern ist die Vormittagsbetreuung teilweise beitragsfrei – jedenfalls im Rahmen des halbtätig verpflichtenden Kindergartenbesuchs. Ein Großteil der Bundesländer hebt für die Nachmittagsbetreuung Elternbeiträge ein. Die Betreuungsquote der Vier- und Fünfjährigen lag bereits vor Einführung dieser Beitragsfreiheit und der Ausbauoffensive jeweils über 93 Prozent. Dies zeigt die Bereitschaft der Eltern, für die Betreuung ihrer Kinder einen adäquaten Beitrag zu leisten. Der LRH hält unter dem Aspekt der langfristigen Finanzierbarkeit die Einhebung von möglichst kostendeckenden Elternbeiträgen – soweit es über den verpflichtenden Kindergartenbesuch hinausgeht – für sinnvoll. Außerdem wäre aus seiner Sicht unter dem Aspekt der Verwaltungskosteneffizienz generell bei einer Einhebung von Elternbeiträgen, einer allfälligen sozialen Staffelung und bei Kostenersätzen auf einfache Administrierbarkeit zu achten: das wäre beispielsweise mit Pauschalbeiträgen möglich. (Berichtspunkt 23) (12) Pilotprojekt Kinderbetreuung bietet Chance für Änderungen Im Finanzausgleichsgesetz 2017 wurde die Einführung einer aufgabenorientierten Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden im Bereich der Elementarbildung festgelegt. Das Pilotprojekt soll ab 1. Jänner 2018 österreichweit umgesetzt werden. Aus Sicht des LRH ergibt sich mit diesem Pilotprojekt die Chance, das Gesamtsystem neu zu konzipieren. Ziel sollte sein, die langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Bei der Überarbeitung des Kinderbetreuungssystems wären die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammenzuführen sowie der Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Die in diesem Bericht aufgezeigten Kritikpunkte und Empfehlungen sollten in die Arbeitsgruppe für die

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Vorbereitung der Aufgabenorientierung im Bereich der Elementarbildung eingebracht werden. Soweit es in der Zuständigkeit des Landes OÖ liegt, sollten Vereinfachungen herbeigeführt werden. (Berichtspunkt 25 – VERBESSERUNGSVORSCHLAG VIII) (13) Die Empfehlungen des LRH an die geprüfte(n) Stelle(n) sind unter Berichtspunkt 26 zusammengefasst. (14) Im Sinne des § 9 Abs. 2 Oö. LRHG empfiehlt der LRH dem Kontrollausschuss betreffend folgender Beanstandungen und Verbesserungsvorschläge eine einmalige Folgeprüfung zu beschließen: I.

Eine strategische Gesamtsteuerung wäre zu implementieren, um im Sinne einer Optimierung des Gesamtangebots für OÖ eine überregionale Betrachtung zu gewährleisten. Überdies wäre es notwendig – unter den Restriktionen der Finanzierbarkeit durch die öffentliche Hand – Grenzen der Bedarfsdeckung zu definieren. (Berichtspunkt 4, Umsetzung ab sofort)

II.

Das Kinderbetreuungs- und Finanzierungssystem für alle UnterSechsjährigen sollte grundlegend vereinfacht werden. Das Ziel sollte sein, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung für alle Unter-Sechsjährigen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren. Der Verwaltungsaufwand durch die Mehrfachadministration auf verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Gemeinden, Träger) und innerhalb einer Gebietskörperschaft wäre zu vermeiden bzw. zu verringern. (Berichtspunkt 21, Umsetzung ab sofort)

III.

Die Sonderförderung für Kindergärten und Krabbelstuben sollte künftig nicht mehr gewährt werden, da die Grundlage dafür weggefallen ist – die Umstellung des Finanzierungssystems liegt mittlerweile sieben Jahre zurück. (Berichtspunkt 13, Umsetzung ab sofort)

IV.

Die Fördervoraussetzungen für die Gruppenförderung (Landesbeitrag) sollten klarer formuliert werden. Bei einer Neuformulierung wäre auf Anreize für eine sparsame Mittelverwendung zu achten. Unter diesem Aspekt wären auch Maßnahmen zu treffen, um Gruppenzusammenlegungen in Randzeiten zu forcieren. (Berichtspunkt 15, Umsetzung ab sofort)

V.

Bei einer Neugestaltung des Kinderbetreuungssystems im Rahmen des Finanzausgleichgesetzes 2017 wäre kritisch zu hinterfragen, ob Gastbeiträge beibehalten werden sollen. Es ist jedoch zu überlegen, in welcher Weise finanzielle Ausgleiche für gemeindeübergreifende Lösungen erfolgen sollen. (Berichtspunkt 17, Umsetzung ab sofort)

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VI.

Allen mit der Kinderbetreuung befassten Organisationseinheiten des Landes OÖ sollte wechselseitig ein Leserecht auf alle für sie relevanten Daten gewährt werden. (Berichtspunkt 19, Umsetzung ab sofort)

VII.

Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die langfristige Leistbarkeit des Kinderbetreuungssystems für die öffentliche Hand zu gewährleisten. (Berichtspunkt 22, Umsetzung ab sofort)

VIII. Die in diesem Bericht aufgezeigten Kritikpunkte und Empfehlungen sollten in die Arbeitsgruppe für die Vorbereitung der Aufgabenorientierung im Bereich der Elementarbildung eingebracht werden. Soweit es in der Zuständigkeit des Landes OÖ liegt, sollten Vereinfachungen herbeigeführt werden. (Berichtspunkt 25, Umsetzung ab sofort)

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KINDERBETREUUNGSEINRICHTUNGEN IM ÜBERBLICK 1.1.

Mit Stichtag 1. September 2015 lebten in Oberösterreich rd. 86.200 Kinder unter sechs Jahren.1 Davon besuchten im Kindergartenjahr 2015/16 rd. 46.500 Kinder institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Großteil der Kinder (rd. 42.000) wurde in Kindergärten betreut, gefolgt von rd. 4.400 Kindern in Krabbelstuben.2 Das ergänzende Betreuungsangebot von Tagesmüttern/Tagesvätern wurde für rd. 1.100 UnterSechsjährige in Anspruch genommen – diese Kinder besuchten zum Teil auch einen Kindergarten oder eine Krabbelstube. Das Kindergartenwesen ist Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung.3 Das Land kann jedoch Aufgaben in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden übertragen.4 Bezogen auf die Kinderbetreuung sind diese im Oö. Kinderbetreuungsgesetz (Oö. KBG) festgelegt.5 In Oberösterreich gibt es für Unter-Sechsjährige folgende wesentliche Betreuungsstrukturen:

1

vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria

2

vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria Zusätzlich wurden 40 Unter-Sechsjährige in Horten betreut. Das Angebot eines Hortes richtet sich grundsätzlich an Schulkinder. In Einzelfällen werden in Horten nicht schulpflichtige Kinder betreut. Diese Betreuungsform ist aufgrund ihrer untergeordneten Bedeutung für Kinder unter sechs Jahren nicht Teil der Prüfung.

3

vgl. Art. 14 Abs. 4 lit b B-VG Gemäß Art. 14 Abs. 5 lit a B-VG ist Gesetzgebung und Vollziehung für Übungskindergärten an öffentlichen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Bundessache.

4

vgl. Art. 118 Abs. 2 B-VG

5

vgl. § 38 Oö. KBG

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Tabelle 1: Formen der Kinderbetreuung in OÖ

Kindergarten (Einrichtung für Kinder von drei Jahren bis zum Schulantritt)

Institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen

Krabbelstuben (Einrichtung für Kinder unter drei Jahren, deren Eltern berufstätig, arbeitssuchend oder in Ausbildung sind) Nicht institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen

Tagesmütter/Tagesväter

Regelgruppe

Standardgruppe

Integrationsgruppe

Gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung

Heilpädagogische Gruppe

Betreuung von Kindern mit Beeinträchtigung

Alterserweiterte Gruppe

Gemeinsame Betreuung von Kindern unter drei Jahren bis zur Beendigung der Volksschulzeit

Regelgruppe

Standardgruppe

Integrationsgruppe

Gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung Regelmäßige und entgeltliche Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 16. Lebensjahr im eigenen Haushalt der Tagesmütter/Tagesväter oder in sonstigen Räumlichkeiten Quelle: LRH-eigene Darstellung

Die Betreuungseinrichtungen werden von Gemeinden oder in deren Auftrag von privaten Rechtsträgern betrieben. Alle aktiven Tagesmütter/ Tagesväter Oberösterreichs sind bei Tagesmüttervereinen angestellt. Die Kinderbetreuung wird in OÖ zu einem überwiegenden Teil von der öffentlichen Hand finanziert. Die Gebietskörperschaften (Bund, Land OÖ, oö. Gemeinden) gaben dafür im Jahr 2015 rd. 327,4 Mio. Euro aus. In OÖ ist seit dem Kindergartenjahr 2009/10 der ganztägige Besuch einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung für Kinder ab dem vollendeten 30. Lebensmonat bis zum Schuleintritt für Eltern beitragsfrei.6

ZIELE Landes- und Bundesziele 2.1.

Ziele für die Kinderbetreuung in OÖ sind im Wesentlichen im Oö. KBG, im Arbeitsübereinkommen 2015 bis 2021 zwischen OÖVP und FPÖ Oberösterreich7 sowie in verschiedenen 15a-Vereinbarungen8 zwischen

6

vgl. § 3 Abs. 3a Oö. KBG Davon ausgenommen sind Werk- und Veranstaltungsbeiträge sowie Kostenersätze für Mittagsverpflegung.

7

Mit Mut und Entschlossenheit – Oberösterreich weiter entwickeln. Arbeitsübereinkommen für die Legislaturperiode 2015 bis 2021 zwischen OÖVP und FPÖ Oberösterreich

8

Der Abschluss von 15a-Vereinbarungen war erforderlich, weil die Länder verfassungsrechtlich für die Kinderbetreuung zuständig sind.

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dem Bund und den Ländern enthalten. Es handelt sich vorrangig um Bildungs-, Betreuungs- und Beschäftigungsziele. Im Oö. KBG bekennt sich das Land OÖ zum Recht auf qualitätsvolle Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege für alle Kinder, die in Oberösterreich leben. Dabei soll ein bedarfsgerechtes Angebot geschaffen werden. Die Ziele sind: Sicherstellung hoher pädagogischer Bildungsqualität unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um die faktische Gleichbehandlung und Gleichstellung der Geschlechter zu ermöglichen Unterstützung und Ergänzung der Familien in ihren Erziehungs- und Pflegeaufgaben Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsangebots im Sinne einer qualifizierten Bedarfsplanung Im Arbeitsübereinkommen 2015 bis 2021 für OÖ sind für die Kinderbetreuung folgende Schwerpunkte vereinbart: Vereinbarkeit von Familie und Beruf Bedarfsorientierter Ausbau Bildungsqualität mit Schwerpunkt Sprachförderung In drei 15a-Vereinbarungen9 zwischen Bund und Ländern gibt der Bund indirekt Ziele vor. Die 15a-Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots10 für die Periode 2014 bis 2017 (15aVereinbarung Ausbau) nennt folgende wesentliche Ziele: Im Interesse der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollen dem regionalen Bedarf entsprechend für 33 Prozent der Unter-Dreijährigen Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Für Drei- bis Sechsjährige sollen zur Beseitigung regionaler Defizite Anreize für die qualifizierte Ganztagesbetreuung, die mit einer Vollbeschäftigung der Eltern vereinbar ist, geschaffen werden.

9

Sie wurden im Zeitverlauf mehrfach verlängert bzw. verändert. Die aktuellen 15a-Vereinbarungen laufen bis 2017 bzw. bis zum Kindergartenjahr 2017/18.

10

vgl. Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots idF BGBl. I Nr. 85/2014 Zuvor gab es zwei 15a-Vereinbarungen zu diesem Schwerpunkt.

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Die Grundlage bildeten die Barcelona-Ziele des Europäischen Rates11 aus 2002, die ein integraler Bestandteil der Europäischen Wachstums- und Beschäftigungsstrategie sind. Mit den Barcelona-Zielen wird angestrebt, vor allem die Beschäftigungsrate junger Eltern – vorrangig von Frauen – zu erhöhen.12 Sie wurden von der Europäischen Kommission in der Strategie Europa 2020 bekräftigt.13 In der Regierungsvorlage14 zur 15a-Vereinbarung Ausbau sind folgende messbare Zielwerte festgelegt: Die Betreuungsquote soll bis zum Kindergartenjahr 2017/18 auf 33 Prozent bei den Unter-Dreijährigen und auf 95 Prozent bei den Dreibis Sechsjährigen angehoben werden. Die Beschäftigten in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen für Null- bis Sechsjährige sollen insgesamt 49.000 betragen, davon 27.500 Fachkräfte. Die Betreuungsquoten der Regierungsvorlage gelten für das gesamte Bundesgebiet und sind nicht auf die Bundesländer und Regionen heruntergebrochen. Das vorrangige Ziel der 15a-Vereinbarung über die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in den Kindergartenjahren 2015/16, 2016/17 und 2017/1815 für alle fünfjährigen Kinder (15aVereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr) ist, durch Bildungsarbeit die Kindesentwicklung zu fördern und die Erreichung der Schulfähigkeit zu unterstützen.

11

„Die Mitgliedsstaaten sollten Hemmnisse beseitigen, die Frauen von einer Beteiligung am Erwerbsleben abhalten, und bestrebt sein, nach Maßgabe der Nachfrage nach Kinderbetreuungseinrichtungen und im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorgaben für das Versorgungsangebot bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen.“ Europäischer Rat (Barcelona), Schlussfolgerungen des Vorsitzes, 2002

12

vgl. Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Umsetzung der Barcelona-Ziele auf dem Gebiet der Betreuungseinrichtungen für Kinder im Vorschulalter, 2008

13

vgl. Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Barcelona-Ziele – Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder in Europa mit dem Ziel eines nachhaltigen und integrativen Wachstums, 2013

14

vgl. RV 187 25. GP

15

vgl. Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in den Kindergartenjahren 2015/16, 2016/17 und 2017/18 idF BGBl. I Nr. 138/2015 Seit dem Kindergartenjahr 2009/10 gibt es für diesen Zweck 15a-Vereinbarungen.

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16

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Juni 2017

Die 15a-Vereinbarung über die frühe sprachliche Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen für die Kindergartenjahre 2015/16 bis 2017/1816 (15a-Vereinbarung Sprachförderung) soll der Beseitigung von Sprachdefiziten aller Drei- bis Sechsjährigen dienen, damit sie mit Eintritt in die Schule die Unterrichtssprache Deutsch möglichst beherrschen. Die 15a-Vereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr und die 15a-Vereinbarung Sprachförderung haben einen bildungspolitischen Schwerpunkt. Damit soll ein einheitlicher Entwicklungsstandard für Kinder bis zum Schuleintritt geschaffen werden. Bei der 15a-Vereinbarung Ausbau spielen arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Maßnahmen auch eine wesentliche Rolle. Die Beaufsichtigung der Kinder soll Frauen ermöglichen, früher in das Erwerbsleben zurückzukehren. Überdies werden Arbeitsplätze in der Kinderbetreuung geschaffen.

2.2.

Der LRH hält das Ziel des Landes OÖ für sinnvoll, den Ausbau des Betreuungsangebots möglichst am Bedarf zu orientieren. Das Erreichen einer Quote bedeutet nämlich nicht, dass dort, wo es Bedarf gibt, auch das entsprechende Angebot zur Verfügung steht. Überdies kann das für Gesamtösterreich quotenmäßig definierte Ausbauziel auch erreicht sein, wenn diese Quoten nicht in jeder einzelnen Region erfüllt werden.

3.1.

In der 15a-Vereinbarung Ausbau sind unter anderem Kriterien für die mit der Vollbeschäftigung der Eltern zu vereinbarende, elementare Kinderbildung und -betreuung (VIF-Kriterien) definiert:17 qualifiziertes Personal, mindestens 47 Wochen im Kindergartenjahr, mindestens 45 Stunden wöchentlich, werktags von Montag bis Freitag, an vier Tagen wöchentlich mindestens 9,5 Stunden und mit Angebot von Mittagessen.

3.2.

Wie der LRH feststellte, kann ein VIF-konformer Ausbau über die aktuell erhobene Nachfrage hinausgehen.

16

vgl. Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die frühe sprachliche Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen für die Kindergartenjahre 2015/16 bis 2017/18 idF BGBl. II Nr. 234/2015 Die frühe sprachliche Förderung war anfangs Teil der (ersten) 15a-Vereinbarung Ausbau 2008 bis 2010. Seit 2012 gibt es für diesen Zweck eine eigene 15a-Vereinbarung.

17

vgl. 15a-Vereinbarung Ausbau Art. 4 Abs. 5

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17

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Bedarfsgerechtes Angebot 4.1.

Zum bedarfsgerechten Angebot ist im Oö. KBG festgelegt, dass „Gemeinden nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten zu gewährleisten haben, dass die zur Bedarfsdeckung erforderlichen Plätze in Kinderbetreuungseinrichtungen und bei Tagesmüttern/Tagesvätern zur Verfügung stehen“18. Die Gemeinden haben die Aufgabe, in regelmäßigen Abständen den aktuellen und den zukünftigen Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen für Kinder mit Hauptwohnsitz im Gemeindegebiet festzustellen.19 Die Direktion Bildung und Gesellschaft (BGD) wird im Anlassfall bei der Bedarfsprüfung tätig: wenn der Rechtsträger einen Antrag auf Errichtung oder Erweiterung einer Kinderbetreuungseinrichtung stellt, plausibilisiert die BGD die eingereichten Unterlagen (vor allem Entwicklungskonzept, Bedarfsprüfungsformular). Dabei berücksichtigt sie auch das Betreuungsangebot der Nachbargemeinden. Die BGD verfügt über keine laufend aktualisierten flächendeckenden Bedarfsdaten. Sie hat somit keinen jederzeit aktuellen Gesamtüberblick über die Bedarfssituation in OÖ sowie deren voraussichtliche Entwicklung. In der Praxis reicht die Bandbreite der Bedarfsdeckung in den Gemeinden von der Zurverfügungstellung eines Basisbetreuungsangebots für eine breite Masse bis hin zur Abdeckung individueller Bedürfnisse einzelner Eltern. Dies ist unter anderem auf die Interpretationsspielräume im Oö. KBG zurückzuführen. Im Auftrag des für Bildung zuständigen Mitglieds der Oö. Landesregierung entwickelt die Abteilung Statistik derzeit Tools, die durch Verknüpfung der Daten der Kindertagesheimstatistik mit anderen Fachdaten (z.B. Bevölkerungsstatistik) und mit Daten aus dem Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS) die aktuelle Betreuungssituation in OÖ visualisieren sowie Simulationen von Standortentscheidungen und Kostenentwicklungen ermöglichen. Sie zielen darauf ab, Entscheidungen strategisch zu unterstützen. Für die Unterstützung der Bedarfsprüfung waren sie zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht im Einsatz.

4.2.

Der LRH stellt fest, dass beim derzeitigen System der Bedarfsdeckung durch die Wohnsitzgemeinde der Fokus auf die jeweils eigene Gemeinde gerichtet ist. Der Gedanke eines überregionalen Gesamtkonzepts tritt in den Hintergrund, wenn Gemeinden den Auftrag zur Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen haben. Der LRH empfiehlt eine strategische Gesamtsteuerung, um im Sinne einer Optimierung des Gesamtangebots für OÖ eine überregionale Betrachtung zu gewährleisten. Standortentscheidungen wären künftig unabhängig von

18

§ 16 Abs. 1 Oö. KBG

19

vgl. §§ 16 und 17 Oö. KBG

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18

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Juni 2017

Gemeindegrenzen zu treffen. Dafür wären zentral verfügbare Daten über die aktuelle und künftige Bedarfssituation in OÖ erforderlich. Überdies erachtet es der LRH für notwendig – unter den Restriktionen der Finanzierbarkeit durch die öffentliche Hand – Grenzen der Bedarfsdeckung zu definieren. Folgende Kriterien könnten für Entscheidungsgrundlagen bieten:

eine

Gesamtsteuerung

wichtige

Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung auf regionaler Ebene Struktur und Entwicklung der Bevölkerung (hinsichtlich der Ziele des Oö. KBG betreffend Beschäftigung, Bildung und Betreuung) Aktuelle und künftige Nachfrage Einzugsgebiet und Erreichbarkeit Vorhandenes Kinderbetreuungsangebot (institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen und Tagesmütter) Vorhandene geeignete Räumlichkeiten (systematische Erfassung leerstehender Räume in Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen und anderen Objekten)20 Ausgewogenheit von Basisangebot und erweitertem Angebot an strategisch definierten Standorten

4.3.

Die Direktion Bildung und Gesellschaft übermittelte zu Punkt 3 der Kurzfassung (Gemeindezuständigkeit bei der Bedarfsdeckung erschwert strategische Gesamtsteuerung) und Punkt 26.2.a) der Empfehlungen (strategische Gesamtsteuerung) folgende Stellungnahme: Abgesehen von der Schwierigkeit, die für eine strategische Gesamtsteuerung erforderlichen umfassenden Daten zu erheben, zu aktualisieren und jederzeit verfügbar zu halten bzw. so aufzubereiten, dass sie zielgerichtet verwendet werden können, ist eine strategische Gesamtsteuerung (unabhängig von den Gemeindegrenzen) unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht umsetzbar. Dafür müsste die Übertragung der Bedarfsdeckung für die Kinderbetreuung aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde z. B. in die Zuständigkeit des Landes gegeben werden. Bedarfserhebungen und darauf basierende Bedarfsplanungen müssten überregional durchgeführt werden. Der Bedarf der Eltern von beinahe 50.000 unter 6 jährigen Kindern in Krabbelstuben, Kindergärten und bei Tagesmüttern bzw. Tagesvätern, müsste regelmäßig zentral erhoben und ausgewertet werden. Im Hinblick auf die flexiblen, zum Teil sehr kurzfristigen Bedarfsmeldungen der Eltern, die sich in erster Linie aus den Anforderungen der Berufstätigkeit ergeben, das Erfordernis, auf geänderten Bedarf auch sehr kurzfristig zu reagieren, die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von

20

Diese Daten könnten beispielsweise in der Datenbank von DORIS (Digitales Oberösterreichisches Raum-Informations-System) erfasst werden.

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19

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Kinderbetreuungseinrichtungen (abgesehen von der KG – Pflicht) lassen dieses Unterfangen als nicht bzw. nur zu Lasten der Flexibilität der Kinderbetreuung durchführbar erscheinen. Überdies würde dies einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand in der BGD und anderen Dienststellen bedeuten. Des Weiteren ist nicht klar, was unter „Grenzen der Bedarfsdeckung“ zu verstehen ist. Auch der Betreuungsbedarf einiger weniger Eltern ist ein zu berücksichtigender Bedarf, der im Rahmen eines flexiblen Kinderbetreuungssystems gedeckt werden soll.

4.4.

Selbst wenn das Land OÖ einzelne Aufgaben in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden überträgt, verbleibt die Gesamtverantwortung für das Kindergartenwesen aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenz beim Land. Nach Meinung des LRH sind die Verwaltungskosten des Gesamtsystems der Kinderbetreuung zu betrachten. Unter diesem Aspekt hat eine Verschiebung von Verwaltungstätigkeiten zwischen Gebietskörperschaften keine Relevanz. Der LRH sieht keinen Widerspruch zwischen strategischer Gesamtsteuerung auf überregionaler Ebene zur Optimierung des Kinderbetreuungsangebots und operativer Flexibilität bei der Bereitstellung des Angebots. Für eine zentrale Datenerhebung und -verwaltung könnten e-government Lösungen genutzt und damit sogar der Verwaltungsaufwand insgesamt reduziert werden. Zur Klarstellung hält der LRH fest, dass die Grenzen der von der öffentlichen Hand finanzierten Bedarfsdeckung gemeint sind. Im Sinne einer langfristigen Finanzierbarkeit des Systems ist es unumgänglich, diese Grenzen zu definieren.

NUTZUNG DES KINDERBETREUUNGSANGEBOTS Inanspruchnahme im Tagesverlauf 5.1.

Die folgende Grafik zeigt die Anwesenheit der Kinder in Kindergärten und Krabbelstuben21 im Tagesverlauf (Montag bis Donnerstag) in einem zweiwöchigen Beobachtungszeitraum (Oktober 2015).22

21

Laut Auskunft der BGD enthält die Grafik keine Kinder der städtischen Kindergärten und Krabbelstuben der Stadt Linz und keine Kinder von Übungskindergärten.

22

Stichprobenartig eingesehene Förderakten von Krabbelstuben und Kindergärten bestätigten dieses Bild.

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20

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Abbildung 1: Inanspruchnahme der Kinderbetreuungseinrichtungen im Tagesverlauf (Oktober 2015)

Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis von Grafiken der BGD

Es ist Folgendes ersichtlich: Zwischen 7:00 und 8:15 Uhr handelt es sich um eine „Sammelstunde“, in der die meisten Kinder in die Kinderbetreuungseinrichtung gebracht werden. Zwischen 8:30 und 11:30 sind sowohl im Kindergarten als auch in der Krabbelstube fast alle Kinder anwesend. Ab etwa 13:00 ist im Kindergarten und ab 14:30 in der Krabbelstube nur noch jedes dritte Kind anwesend. Ab etwa 15:30 sind weniger als 15 Prozent der Kinder in den Betreuungseinrichtungen anwesend. In ländlichen Bezirken und an Freitagen fällt die Kurve ab Mittag deutlich steiler ab.

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21

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Juni 2017

Eine repräsentative Elternumfrage23 vom Oktober 2013 ergab, dass 92 Prozent der Befragten mit den täglichen Öffnungszeiten zufrieden waren. Sie zeigt auch, dass nach wie vor viele Eltern ihre Kinder nicht außerfamiliär betreuen lassen wollen: rd. 68 Prozent der Eltern befanden ihre Kinder für eine Betreuung zu jung und rd. 48 Prozent der Eltern wollten ihre Kinder gerne selbst betreuen. Die Ergebnisse der Erhebung decken sich mit den Einschätzungen der BGD.

5.2.

Der LRH fasst zusammen, dass die Gründe für den Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung vielschichtig sind. Neben äußeren Einflussfaktoren spielen auch persönliche Wertvorstellungen eine wesentliche Rolle.

6.1.

Eltern müssen für die Betreuung von Kindern unter 30 Monaten in Krabbelstuben Elternbeiträge entrichten. Für Kinder über 30 Monaten – somit jedenfalls Kindergartenkinder – ist die Betreuung in OÖ ganztägig beitragsfrei. Sowohl Kindergärten als auch Krabbelstuben werden hauptsächlich am Vormittag in Anspruch genommen – unabhängig davon, ob Elternbeiträge eingehoben werden oder nicht. Am Nachmittag sind in Relation weniger Kindergartenkinder anwesend als Krabbelstubenkinder, obwohl der Kindergarten für die Eltern ganztags beitragsfrei ist. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass vorrangig Kinder einen Krabbelstubenplatz bekommen, deren Mütter berufstätig, arbeitssuchend oder in Ausbildung sind: das trifft auf rd. 92 Prozent der Krabbelstuben- und rd. 65 Prozent der Kindergartenkinder zu.24

6.2.

Der LRH schließt daraus, dass weniger die Beitragsfreiheit sondern mehr die Berufstätigkeit der Eltern für die Inanspruchnahme der Krabbelstube bzw. des Kindergartens am Nachmittag relevant ist.

23

vgl. Pressekonferenz „Ergebnis der oberösterreichweiten Elternbefragung zur außerfamiliären Kinderbetreuung“ vom 6. Februar 2014 Die telefonische Befragung von Eltern mit Kindern zwischen null und sechs Jahren führte die Abteilung Statistik im Auftrag des damals für Bildung zuständigen Mitglieds der Oö. Landesregierung durch.

24

vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria

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22

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

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Betreuungsquoten und deren Entwicklung 7.1.

Folgende Grafik veranschaulicht die Betreuungssituation in OÖ im Bundesländervergleich (ohne Wien).25 Abbildung 2: Betreuungsquote in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ im Vergleich zu Ö ohne Wien (Oktober 2015)

Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis der Daten der Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik

Die oö. Betreuungsquote der Ein- und Zweijährigen liegt unter der Durchschnittsquote Österreichs ohne Wien, jene der Drei- bis Fünfjährigen etwa im österreichischen Durchschnitt. Laut Auskunft der BGD sind die Daten nur eingeschränkt vergleichbar, weil die Erfassung in den verschiedenen Bundesländern aufgrund der Länderkompetenz uneinheitlich (z.B. Begriffe, Zählweise) ist.

7.2.

Der LRH hält fest, dass die Betreuungsquote die Anzahl der betreuten Kinder und nicht das zur Verfügung stehende Angebot26 oder den Bedarf misst. Mangels anderer österreichweit vergleichbarer Indikatoren wird sie jedoch zur näherungsweisen Beurteilung der Betreuungssituation verwendet.

25

Wien wurde zur besseren Vergleichbarkeit ausgenommen.

26

Der Rechnungshof hielt dies bereits in seinem Bericht „Kinderbetreuung für 0- bis 6-Jährige“ fest. vgl. Rechnungshof Bund 2013/11 TZ 7

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23

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

8.1.

Juni 2017

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Kinderbetreuung in OÖ für Unter-Sechsjährige in Kindergärten und Krabbelstuben anhand der Betreuungsquoten.

Abbildung 3: Kinderbetreuungsquote in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ von 2004/05 bis 2015/16

Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis der Daten der Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik

Die Betreuungsquoten für Kinder erhöhten sich seit dem Kindergartenjahr 2004/05 stetig: Bei den Zweijährigen stieg die Betreuungsquote zwischen 2004/05 und 2015/16 von 11,8 auf 33,5 Prozent und bei den Dreijährigen von 60,0 auf 85,7 Prozent. Bei den Zweijährigen und Dreijährigen gab es die größten Steigerungen von mehr als 20 Prozentpunkten, wobei es vor allem 2009/10 zu einem sprunghaften Anstieg kam. Dies fiel zeitlich mit dem Abschluss der ersten 15a-Vereinbarung Ausbau und mit der Einführung der beitragsfreien Betreuung für Kinder ab 30 Monaten zusammen. Eine Rolle spielte auch die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes ab 1. Jänner 2010. Bei den Vierjährigen stieg die Betreuungsquote zwischen 2004/05 und 2015/16 von 90,9 auf 96,3 Prozent. Gleichzeitig mit dem Abschluss der ersten 15a-Vereinbarung Ausbau und der Einführung der beitragsfreien Betreuung (2008/09 auf 2009/10) erhöhte sich die Quote von 93,0 auf 96,1 Prozent.

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24

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Juni 2017

Bei den Fünfjährigen bewegte sich die Betreuungsquote zwischen 2004/05 und 2015/16 auf hohem Niveau zwischen 96,1 und 98,6 Prozent.

8.2.

Vor allem die Steigerungen bei den Kleinkindern spiegeln die Umsetzung des politischen Bekenntnisses auf Landesebene wider, vermehrt außerfamiliäre Kinderbetreuung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereitzustellen. Der LRH stellt jedoch fest, dass mit Betreuungsquoten nicht abschließend beurteilbar ist, inwieweit der Bedarf gedeckt ist (siehe Berichtspunkt 7) und wie weit alle Ziele des Oö. KBG erreicht werden. Zudem ist der Bedarf nicht eindeutig definiert. Aktuelle Bedarfsdaten sind nicht flächendeckend und zentral erfasst (siehe Berichtspunkt 4).

9.1.

Ein gemeinsames Bundes- und Landesziel in der Kinderbetreuung ist es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Dies soll vor allem die Beschäftigungsquote – wenn möglich eine Vollzeitbeschäftigung – von Frauen erhöhen. In der Kindertagesheimstatistik wird erhoben, ob Mütter, die Kinder in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung betreuen lassen, berufstätig – in Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung – oder in Ausbildung sind. Die erfassten Daten sind für eine Aussage über die angestrebte Erhöhung der Beschäftigung im Erwerbsleben nur eingeschränkt geeignet, weil sie sich auf die Kinder und nicht auf die Mütter beziehen. Vereinfacht ausgedrückt wird eine Mutter mit mehreren Kindern in Betreuungseinrichtungen auch in der jeweiligen Art ihres Beschäftigungsverhältnisses mehrfach gezählt.

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25

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

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Abbildung 4: Entwicklung der Beschäftigungsstruktur von Müttern im Erwerbsleben bezogen auf Kinder in Kindergärten und Krabbelstuben in OÖ

Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis der Daten der Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik

9.2.

Die Grafik lässt trotz der eingeschränkten Aussagekraft eine Tendenz erkennen: Der Anteil der nicht berufstätigen Mütter sinkt, das bedeutet gleichzeitig, dass die Beschäftigungsquote insgesamt steigt. Bei den Berufstätigen ist jedoch eine Verlagerung von Vollzeitbeschäftigten auf Teilzeitbeschäftigte erkennbar. Dieser Trend spiegelt auch einen gesellschaftlichen Wandel wider. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern (außer Wien) liegt OÖ bei den vollzeitbeschäftigten Müttern klar unter dem Durchschnitt und bei den teilzeitbeschäftigten Müttern klar darüber.27

FINANZIERUNGSSYSTEM 10.1. An der Finanzierung der Kinderbetreuung sind Bund, Land OÖ, oö. Gemeinden, regionale Träger der sozialen Hilfe (Sozialhilfeverbände und Magistrate) sowie Eltern beteiligt. Für jede wesentliche Betreuungsform – Kindergärten, Krabbelstuben und Tagesmütter/Tagesväter – sind das Finanzierungssystem und die Verteilung der finanziellen Lasten anders. Das Volumen der von den verschiedenen Gebietskörperschaften bereitgestellten Mittel ist unter Berichtspunkt 22 dargestellt.

27

vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria

Vorbild durch Qualität – zertifiziert nach ISO 9001 und dem NPO-Label für Management Excellence

26

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Finanzierungssystem der Kindergärten 11.1. Die folgende Grafik zeigt die Finanzströme für Kindergärten im Überblick. Abbildung 5: Zahlungsflüsse – Kindergarten Bund

15a halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr

15a Sprachförderung

Mittel Finanzausgleich

15a Ausbau (Personal, Ausbildung und Investitionen)

Land OÖ BGD SHV-Umlage

Mittel Finanzausgleich

Finanzierung Heilpädagogische Gruppen

Finanzierung Heilpädagogische Transporte

IKD Gruppenförderung (Landesbeitrag)

Sprachförderung

Förderung Stützkräfte

Sonderförderung

Förderung Kindergartentransport

Regionale Träger sozialer Hilfe

Investitionsförderung (LZ)

BZ Investitionen

Förderung qualitativer Ausbau

BZ Abgangsdeckung

Bezirksumlage

Abgang des Kindergartens

Gemeinde

BZ Investitionen

Privater Rechtsträger

betreibt Kindergarten

Personalüberlassung

betreibt Kindergarten

Gebäudemiete Betriebskosten Reinigung Kindergartentransport

Sachleistungen

Gehälter / Honorare

Kindergartenpädagogen Sprachpädagogen Helfer Stützkräfte

Transportbeiträge für Begleitperson

Transportunternehmen

Sonstige Unternehmen

Werk- und Veranstaltungsbeiträge Mittagsverpflegung

Eltern

Quelle: LRH-eigene Darstellung

Vorbild durch Qualität – zertifiziert nach ISO 9001 und dem NPO-Label für Management Excellence

27

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Juni 2017

Durch die Übertragung der Kinderbetreuung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden sind diese grundsätzlich auch für die Finanzierung der Einrichtungen zuständig. Wesentliche finanzielle Lasten übernehmen aber auch das Land OÖ und der Bund. Das Land OÖ fördert die Kinderbetreuungseinrichtungen in OÖ. Die betraglich wesentlichste laufende Landesförderung an die Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen ist die Gruppenförderung (Landesbeitrag)28. Zusätzlich zu dieser Gruppenförderung gewährt das Land OÖ Sonderförderungen (siehe Berichtspunkt 13). Außerdem fördert es den qualitativen Ausbau, die Sprachentwicklung, den Kindergartentransport, die Integration in Kinderbetreuungseinrichtungen (Stützkräfte) und finanziert heilpädagogische Gruppen29. Für Investitionen gewährt die BGD Förderungen; von der IKD erhalten die Träger Bedarfszuweisungsmittel (BZ-Mittel). Kann eine Gemeinde ihren ordentlichen Haushalt nicht ausgleichen, deckt die IKD diesen Abgang. Diese Mittel kommen indirekt auch der Finanzierung des Kindergartens zugute. Für die städtischen Kindergärten des Magistrats Linz gibt es laut Auskunft der BGD eine pauschale Abrechnung im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung. Darüber hinaus beteiligt sich der Bund im Rahmen von 15a-Vereinbarungen indirekt an der Finanzierung der Kinderbetreuungseinrichtungen.30 Dabei stellt er Mittel für zahlreiche Zwecke zur Verfügung. Abhängig vom individuell durch den Träger gewählten Zweck fließen die Bundesmittel in vorhandene Förderungen des Landes ein (vor allem Gruppenförderungen und Investitionsförderungen) oder werden den Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen über zusätzlich geschaffene Landesförderungen (Sprachförderung, Förderung qualitativer Ausbau) gewährt. Die Zweckzuschüsse sind zum Teil an eine Kofinanzierung durch das Land gebunden. In der Konsequenz kann eine Gemeinde bzw. ein privater Träger einer Kinderbetreuungseinrichtung bis zu zehn verschiedene Landesförderungen erhalten. Nicht inkludiert sind dabei Förderungen von weiteren Direktionen des Landes OÖ für z.B. Denkmalschutz, Umweltmaßnahmen, etc. Die Förderkriterien, die die Träger erfüllen müssen, um Landes- und indirekt Bundesmittel zu erhalten, sowie die jeweiligen Verwendungsnachweise sind umfangreich. Die Förderungen beziehen sich zum Teil auf ein Kalenderjahr und zum Teil auf ein Kindergartenjahr (Arbeitsjahr). Auf Ebene des Bundes sind für den Vollzug der 15a-Vereinbarungen 28

vgl. § 30 Oö. KBG

29

vgl. §§ 33 und 35 Oö. KBG Für die Finanzierung der heilpädagogischen Gruppen und die Förderung der Stützkräfte erhält das Land OÖ von den regionalen Trägern sozialer Hilfe eine SHV-Umlage in Höhe von 40 Prozent seiner Ausgaben (vgl. § 36 Oö. KBG).

30

Die entsprechenden 15a-Vereinbarungen wurden mehrfach geändert bzw. verlängert. Für das Kindergartenjahr 2015/16 bzw. das Kalenderjahr 2015 waren folgende 15a-Vereinbarungen relevant: Ausbau, halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr und Sprachförderung.

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28

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Juni 2017

verschiedene Ministerien zuständig, auf Landesebene verschiedene Direktionen, auf Ebene der BGD verschiedene Gruppen und auf Gemeinde- und Trägerebene verschiedene Organisationseinheiten. Mit der Vielfalt ergibt sich ein hoher Administrations- und Koordinationsaufwand bei allen Gebietskörperschaften und Trägern.

11.2. Der LRH kritisiert die Zersplitterung der Zahlungsströme. Dies hat zur Konsequenz, dass keiner der Akteure einen Überblick über das Gesamtsystem und die Gesamtkosten eines einzelnen Kindergartens bzw. der Kindergärten insgesamt hat. Überdies verursacht das komplexe Fördersystem einen hohen Verwaltungsaufwand.

Finanzierungssystem der Krabbelstuben 12.1. Das Finanzierungssystem der Krabbelstuben entspricht in der Grundstruktur jenem der Kindergärten mit wesentlichen Abweichungen. Einige Zahlungsströme fallen weg: zwischen Bund und Land OÖ: 15a-Vereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr, 15a-Vereinbarung Sprachförderung zwischen Land OÖ und Gemeinden bzw. privaten Trägern: Sprachförderung und Förderung Kindergartentransport bzw. Finanzierung heilpädagogischer Gruppen und Transporte zwischen Eltern und Gemeinden: Transportbeiträge Folgender Zahlungsstrom kommt hinzu: von Eltern an die Gemeinden bzw. Träger: Elternbeitrag für die Betreuung bis zum vollendeten 30. Lebensmonat des Kindes

12.2. Die unter Berichtspunkt 11 geäußerte Kritik zu den Kindergärten gilt analog für das Finanzierungssystem der Krabbelstuben.

Einzelne Feststellungen zum Finanzierungssystem der Kindergärten und Krabbelstuben 13.1. Im Jahr 2010 stellte die BGD die laufende Basisfinanzierung der Kindergärten und Krabbelstuben auf eine Gruppenförderung um. Der Berechnungsmodus ist im Oö. KBG beschrieben:31 Ein Anspruch auf Gruppenförderung besteht, wenn die Mindestanzahl pro Gruppe von sechs Kindern in Krabbelstuben und zehn Kindern in Kindergärten während einer Mindestöffnungszeit von 20 Stunden pro Woche erreicht wird. Die Kinderbetreuungseinrichtung erhält für jede Gruppe einen Sockelbetrag mit Zu- und Abschlägen in Abhängigkeit von der Anwesenheitsdauer der Kinder. Für die Zu- und Abschläge ist die Anzahl der Stunden relevant, in denen die Mindestgruppengröße erreicht wird. 31

vgl. § 30 Oö. KBG

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System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Die Anwesenheit wird in einem vierzehntägigen Referenzzeitraum im Oktober erfasst. Zur Abfederung von Härten aufgrund der Umstellung des Finanzierungssystems beschloss die Oö. Landesregierung im Jahr 2011 – ursprünglich einmalig für 2010/11 – eine Sonderförderung auszuzahlen. Diese wurde jedoch seither jährlich für folgende Zwecke gewährt und betrug für 2015/16 für Kindergärten und Krabbelstuben rd. 5,7 Mio. Euro: Reduktion der Mindestkinderanzahl für Kindergärten pro Gruppe von den gesetzlich festgelegten 10 auf 7 Kinder Reduktion der Mindestkinderanzahl für Krabbelstuben pro Gruppe von den gesetzlich festgelegten 6 auf 5 Kinder32 Nichterreichung der Mindestkinderzahl während der gesetzlichen Mindestöffnungszeit von 20 Stunden pro Woche Unterstützung der Krabbelstuben aufgrund der teilweisen Beitragsfreiheit33 Überdies werden Sonderförderungen gewährt, wenn Träger Anträge auf Gruppenförderung trotz Urgenz seitens der BGD zu spät oder nicht ordnungsgemäß einbringen oder wenn die Pflichtvoraussetzung einer Abgangsdeckungsvereinbarung zwischen Gemeinde und privatem Rechtsträger nicht gegeben ist. Die Sonderförderung wird auf Antrag des für Bildung zuständigen Mitglieds der Oö. Landesregierung beschlossen. Die Mittel werden auf den Voranschlagsstellen für die Pflichtförderungen34, die sich aus dem Oö. KBG ergeben, verbucht, obwohl es sich um Ermessensausgaben handelt.35 Damit ist nicht ersichtlich, in welchem Ausmaß das Bildungsbudget für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags erforderlich ist.

13.2. Der LRH hält es für irreführend, wenn eine gesetzliche Regelung von Fördervoraussetzungen seit ihrem Inkrafttreten (2010/11) durch einen Regierungsbeschluss dauerhaft aufgeweicht wird. Aus Sicht des LRH ist die Grundlage für die Sonderförderung weggefallen, da die Umstellung des Finanzierungssystems mittlerweile sieben Jahre zurückliegt. Er empfiehlt daher, die Sonderförderung für Kindergärten und Krabbelstuben künftig nicht mehr zu gewähren. Überdies widerspricht es der VRV 1997, Ermessensausgaben über den gleichen Ansatz zu budgetieren und zu verrechnen wie Pflichtausgaben. 32

Dieser Zweck wird seit 2013/14 nicht mehr gefördert.

33

Zum Ausgleich der Beitragsfreiheit für Kinder ab 30 Monaten in Krabbelstuben gewährt die BGD einen Pauschalbeitrag.

34

1/240004/7305/000, 1/240004/7660/000, 1/249004/7305/000, 1/249004/7660/000

35

Pflichtausgaben sind Ausgaben, zu deren Leistung die Gebietskörperschaft auf Grund von Gesetzen oder Verordnungen dem Grunde und der Höhe nach verpflichtet ist. Ermessensausgaben sind alle Ausgaben, die nicht zu den Pflichtausgaben gehören.

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30

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

14.1. Grundlage für die Höhe der Gruppen- und Sonderförderung für ein ganzes Jahr sind die Daten des Referenzzeitraums. Die BGD gibt diesen zweiwöchigen Zeitraum im Oktober jeden Jahres im Vorhinein allen Kindergärten und Krabbelstuben bekannt. In diesem Zeitraum haben die Kinderbetreuungseinrichtungen genaue Aufzeichnungen über die täglichen Ist-Anwesenheiten der Kinder zu führen und der BGD zu übermitteln.36 Die BGD kontrolliert die erfassten Daten in diesen beiden Wochen stichprobenweise vor Ort. Die Gruppen- und Sonderförderungen des Landes sind höher, wenn innerhalb dieser beiden Wochen möglichst viele Kinder angemeldet und lange anwesend sind.

14.2. Aus Sicht des LRH sind die Aufzeichnungen von Anwesenheitszeiten in einem vorher bekannten Referenzzeitraum als Berechnungsgrundlage für die Höhe einer Landesförderung eingeschränkt geeignet. Das gilt insbesondere dann, wenn bekannt ist, dass die Daten des Referenzzeitraums nicht mit jenen eines späteren Zeitraums im Kindergartenjahr plausibilisiert werden. Der LRH empfiehlt daher unterjährig unangemeldete, stichprobenhafte Kontrollen vor Ort zur Plausibilisierung der Fördervoraussetzungen durchzuführen.

15.1. In § 30 Abs. 3 und 4 Oö. KBG sind die Voraussetzungen

für die

Gewährung der Gruppenförderung (Landesbeitrag) geregelt: (3) Der Betrag für die erste Gruppe und für jede weitere Gruppe wird für die Mindestöffnungszeit gemäß § 9 Abs. 1 und 2 gewährt, sofern die Mindestkinderzahl gemäß § 7 Abs. 1 erreicht wurde. Wird eine kürzere Öffnungszeit festgelegt, kommt der Abschlag pro Stunde zum Tragen. Für jede über die Mindestöffnungszeit hinausgehende volle Betreuungsstunde wird der Zuschlag berechnet, sofern die Mindestkinderzahl pro Gruppe eingehalten wird. (4) Der Landesbeitrag für jede weitere Gruppe oder der Zuschlag je zusätzliche wöchentliche Öffnungsstunde wird nur dann gewährt, wenn die Kinderhöchstzahl gemäß § 7 Abs. 1 oder eine in einem Bescheid festgelegte Höchstzahl ohne Errichtung einer weiteren Gruppe überschritten würde. Entsprechend den Erläuterungen im alljährlichen Landesbeitragsschreiben an die jeweilige Kinderbetreuungseinrichtung wird in der Praxis eine Gruppenförderung ausbezahlt, sobald in der jeweiligen Kinderbetreuungseinrichtung die Mindestkinderanzahl oder ein Vielfaches davon erreicht ist: Das heißt, in einem Kindergarten wird bei Anwesenheit von insgesamt 10 Kindern 1 Gruppe gefördert, von 20 Kindern 2 Gruppen, etc. In einer Krabbelstube wird bei Anwesenheit von insgesamt 6 Kindern 1 Gruppe gefördert, von 12 Kindern 2 Gruppen, etc. Die Gruppenförderung ist mit der Anzahl der insgesamt in der Kinderbetreuungseinrichtung bewilligten Gruppen begrenzt. Analog dazu wird in der Praxis die Sonderförderung gewährt: Gefördert wird die erste Gruppe sobald 7 36

Sind Kinder in diesem Zeitraum krank oder entschuldigt, so gilt die Anmeldezeit als fiktive Anwesenheitszeit.

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Juni 2017

Kinder in einem Kindergarten betreut werden, weitere Gruppen bei Anwesenheit von 14, 21, etc. Kindern. Die Gruppenförderung und auch die Sonderförderung werden unabhängig davon gewährt, ob in der Praxis in den Randzeiten Gruppen zusammengelegt werden oder nicht.

15.2. Aus Sicht des LRH sind die Fördervoraussetzungen des § 30 Oö. KBG für die Gruppenförderung unklar formuliert. Er empfiehlt daher, das Gesetz diesbezüglich zu überarbeiten. Bei einer Neuformulierung wäre auf Anreize für eine sparsame Mittelverwendung zu achten. Unter diesem Aspekt wären auch Maßnahmen zu treffen, um Gruppenzusammenlegungen in Randzeiten zu forcieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand die wesentlichen Kosten für die Kinderbetreuung trägt und für diese Zeiten keine Elternbeiträge zu leisten sind.

16.1. Durch

15a-Vereinbarungen nimmt der Bund Einfluss auf die Kinderbetreuung, die in der Landeskompetenz liegt. Die Verwendungszwecke für die Bundeszuschüsse aus den 15a-Vereinbarungen Ausbau und Sprachförderung sind vielfältig, sehr detailliert und an zahlreiche ineinandergreifende Bedingungen geknüpft.37 Die Länder müssen die widmungsgemäße Verwendung der Zweckzuschüsse des Bundes anhand ausführlicher Nachweise darlegen. Die 15a-Vereinbarungen sind weitgehend nicht mit den Landesförderungen deckungsgleich. Dies alles führt auf Ebene des Landes, der Gemeinden und der Kinderbetreuungseinrichtungen zu hohem Verwaltungsaufwand, da alle das Erfüllen der jeweiligen Voraussetzungen für die Mittelinanspruchnahme nachweisen müssen.

16.2. Der LRH kritisiert, dass die 15a-Vereinbarungen die ohnehin bereits komplexen Transferbeziehungen zwischen den Gebietskörperschaften weiter verschärfen.38 Bei jeder Mittelgewährung wäre auch der Verwaltungsaufwand im Auge zu behalten: Das Ziel, durch Detailregelungen die Treffsicherheit zu erhöhen und lenkend einzugreifen, und der dadurch verursachte Verwaltungsaufwand wären abzuwägen. Der LRH empfiehlt, bei Abschluss künftiger 15a-Vereinbarungen darauf hinzuwirken, dass auf Detailbestimmungen hinsichtlich der Mittelverwendung verzichtet wird. Das schließt nicht aus, dass die angestrebte Wirkung und daraus abgeleitete Ziele sowie bundeseinheitliche Leitlinien vereinbart werden können.

16.3. Siehe Stellungnahme der Direktion Bildung und Gesellschaft unter Punkt 21.3. 37

15a-Vereinbarung Ausbau, Artikel 5 15a-Vereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr, Artikel 9 15a-Vereinbarung Sprachförderung, Artikel 3

38

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Rechnungshof in seinem Bericht „Kinderbetreuung für 0- bis 6-Jährige“. vgl. Rechnungshof Bund 2013/11 TZ 6

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17.1. In Kinderbetreuungseinrichtungen sind in erster Linie die Kinder aufzunehmen, die im Gebiet, für das die Kinderbetreuungseinrichtung eingerichtet ist, ihren Hauptwohnsitz haben.39 Dabei ist unerheblich, ob die Kinderbetreuungseinrichtung der Hauptwohnsitzgemeinde die nächstgelegene Betreuungseinrichtung ist. Besucht ein Kind eine Kinderbetreuungseinrichtung in einer anderen Gemeinde als der Hauptwohnsitzgemeinde, ist – unter den im Oö. KBG genannten Bedingungen – von der Hauptwohnsitzgemeinde ein angemessener Gastbeitrag zu entrichten.40 In der Praxis ist mit den Gastbeiträgen ein relativ hoher Verwaltungsaufwand für die betroffenen Gemeinden und gegebenenfalls auch für das Land OÖ verbunden.

17.2. Der LRH stellt fest, dass die grundsätzliche Zuständigkeit der Hauptwohnsitzgemeinde und die Verrechnung von Gastbeiträgen den Fokus auf die jeweils eigene Gemeinde verstärken. Beim Pilotprojekt Kinderbetreuung im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes 2017 kann es zu grundlegenden strukturellen Änderungen kommen (siehe Berichtspunkt 25). Der LRH empfiehlt bei einer Neugestaltung des Systems kritisch zu hinterfragen, ob Gastbeiträge beibehalten werden sollen. Es ist jedoch zu überlegen, in welcher Weise finanzielle Ausgleiche für gemeindeübergreifende Lösungen erfolgen sollen.

17.3. Die Direktion Bildung und Gesellschaft übermittelte zum Punkt 8 der Kurzfassung (15a-Vereinbarungen und Gastbeiträge erhöhen die ohnehin bereits komplexen Transferbeziehungen zwischen Gebietskörperschaften) und Empfehlung 26.2.f) folgende Stellungnahme: Seitens der BGD wird jede Änderung begrüßt, die im Hinblick auf die Gastbeiträge eine Verwaltungsvereinfachung bringt. Wenn dies im Rahmen des Finanzausgleichs möglich ist wird dies seitens der BGD vollinhaltlich unterstützt, unterliegt jedoch nur zum geringen Teil unserer Einflussnahme.

18.1. Zur Erfüllung der statistischen Erfordernisse für die Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria und der Berechnung der Gruppen- und Sonderförderung entwickelte die Abteilung IT zwischen 2011 und 2015 ein EDV-Tool (KBE/KBEweb) für die Gruppe Kinderbetreuung der BGD. Parallel dazu entwickelte ein externes Unternehmen für die Gruppe Integration der BGD eine EDV-Anwendung zur Abrechnung der Stützkraftstunden in Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Gruppe Objektförderung verwaltet die für Investitionsförderungen relevanten Daten in einer weiteren Datenbank. Die Verwaltung der Tagesmütter/Tagesväter erfolgt in der BGD in einem Tabellenkalkulationsprogramm. 39

vgl. § 12 Oö. KBG

40

vgl. § 28 Oö. KBG

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Derzeit sind folglich mehrere EDV-Anwendungen in der BGD zur Abwicklung von Förderungen im Bereich der Kinderbetreuung im Einsatz. Am 19. Jänner 2016 beauftragte die BGD die Abteilung IT KBE/KBEweb weiterzuentwickeln. Der Projektauftrag „Integriertes Informationssystem Kinderbetreuungseinrichtungen für Rechtsaufsicht und gesamtheitliche Förderdarstellung“ umfasste unter anderem die Abwicklung weiterer Förderungen der BGD, Konzepte für die Integration vorhandener EDVTools der BGD und eine Anbindung an das Haushaltsverrechnungssystem (SAP) und das elektronische Aktenverwaltungssystem (Elvis) des Landes OÖ. Der Projektauftrag umfasst keine Verknüpfung mit Datenquellen außerhalb der BGD.41 Das Projektende ist für Herbst 2018 angegeben. Laut Auskunft der BGD wird es sich auf 2020 verzögern.

18.2. Der LRH stellt fest, dass die EDV-Lösungen der BGD jeweils nur Teile des Kinderbetreuungssystems abbilden. Dies erschwert selbst im eigenen Zuständigkeitsbereich der BGD einen gesamthaften Überblick und folglich die Steuerung und Optimierung. Selbst wenn der neue Projektauftrag für KBE/KBEweb voll umgesetzt wird, werden nur Teile der BGDZuständigkeiten abgebildet sein. Grundlegende strukturelle Änderungen aufgrund des Finanzausgleichgesetzes 2017 wären rechtzeitig bei der Weiterentwicklung von KBE/KBEweb zu berücksichtigen, um die Entwicklungskapazitäten möglichst zielgerichtet einzusetzen (siehe Berichtspunkt 25).

19.1. Der Zugriff auf die Daten der BGD-Anwendungen ist auf die Direktion beschränkt. Die IKD, die die finanzielle Aufsicht über Gemeinden und deren Einrichtungen innehat, erhält auf Anfrage definierte Datenauszüge. Die Abteilung Statistik erhält einmal jährlich den Datenauszug aus KBE/KBEweb für die Kindertagesheimstatistik.

19.2. Der LRH kritisiert, dass nicht alle mit der Kinderbetreuung befassten Stellen im Land direkten Zugriff auf vorhandene Daten haben. Dies führt dazu, dass Entscheidungen und Entwicklungen auf veralteten und unvollständigen Informationen basieren können und damit möglicherweise Fehlschlüsse gezogen werden. Der LRH empfiehlt, allen mit der Kinderbetreuung befassten Organisationseinheiten des Landes OÖ wechselseitig ein Leserecht auf alle für sie relevanten Daten zu gewähren. Dabei wäre das Datenschutzgesetz zu beachten.

41

Der LRH empfahl bereits in seinem Bericht „Kindergärten“ 2012 eine Verknüpfung mit weiteren Datenquellen. vgl. LRH 2012 „Kindergärten“ Berichtspunkt 12

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Finanzierungssystem der Tagesmütter/Tagesväter 20.1. Tagesmütter/Tagesväter können ihre Tätigkeit selbständig oder als Angestellte von Rechtsträgern im eigenen Haushalt oder in sonstigen Räumlichkeiten – unter anderem in Kinderbetreuungseinrichtungen außerhalb der Öffnungszeiten, in Schulen, in Betrieben – ausüben. Derzeit sind alle Tagesmütter/Tagesväter bei Tagesmüttervereinen angestellt. In der Praxis kommt es vor, dass eine Tagesmutter am Vormittag als Pädagogin bzw. Helferin in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung tätig und am Nachmittag als Tagesmutter bei einem Tagesmütterverein angestellt ist. Zum Teil betreut sie dieselben Kinder auch in den Räumlichkeiten derselben Kinderbetreuungseinrichtung. In der folgenden Grafik ist das Finanzierungssystem für Tagesmütter/ Tagesväter dargestellt.

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Abbildung 6: Zahlungsflüsse – Tagesmütter/Tagesväter Bund 15a Ausbau (Personal, Ausbildung und Investitionen)

Mittel Finanzausgleich

Mittel Finanzausgleich

Land OÖ

BZ Abgangsdeckung

IKD

BGD Sonderförderung

Arbeitsmarktservice

Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen für Personalkosten

SGD

Ausbildungsförderung

Betreuungsbeiträge

BetreuungsbeitragsZuschlag (erhöhter Förderbedarf)

Investitionsförderung

Verwaltungsbeitäge

Betreuungsbeitrags-Zuschlag (ChG, besondere Bedürfnisse)

Gemeinde

Gemeindebeiträge

Rechtsträger (Tagesmüttervereine)

Gehälter

weitergeleitete Investitionsförderung

Selbständige Tagesmütter/ Tagesväter

Tagesmütter/Tagesväter (zum Teil Pädagogen und Helfer in Kindergarten und Krabbelstube) Elternbeiträge, Mittagsverpflegung, Werk- und Veranstaltungsbeiträge

Eltern

Quelle: LRH-eigene Darstellung

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Ein Teil der Finanzierung der Tagesmütter/Tagesväter ist in der Oö. Tagesmütter- bzw. Tagesväter-Verordnung42 geregelt. Tagesmüttervereine übernehmen die fachliche Betreuung der Tagesmütter/Tagesväter, die Organisation der Kinderbetreuung, die Einhebung der Elternbeiträge sowie die Verrechnung mit den Gemeinden und dem Land OÖ. Zur Abdeckung des administrativen Aufwands erhalten sie von der BGD einen fixen Verwaltungsbeitrag pro Kind und Jahr. Dabei ist die Förderung des Arbeitsmarktservices für die Personalkosten der Tagesmüttervereine abzuziehen. Die Wohnsitzgemeinde leistet bei Tätigkeit in den eigenen Räumlichkeiten einen fixen Gemeindebeitrag pro Betreuungsstunde und Kind an die Tagesmüttervereine. Eltern bezahlen für die Betreuung basierend auf der Anzahl der vereinbarten Stunden einen sozial gestaffelten Elternbeitrag, der altersunabhängig eingehoben wird. Auch für das Mittagessen ist ein sozial gestaffelter Beitrag zu entrichten. Der Betreuungsbeitrag der BGD für die Tätigkeit der Tagesmutter in den eigenen Räumlichkeiten entspricht vereinfacht den Personalkosten der Tagesmütter/Tagesväter abzüglich der Gemeinde- und Elternbeiträge. Zuschläge zum Betreuungsbeitrag werden seitens der Direktion Soziales und Gesundheit (SGD) und BGD gewährt, wenn Kinder mit Beeinträchtigung, mit besonderen Bedürfnissen oder mit erhöhtem Förderbedarf betreut werden. Betreuen Tagesmütter/Tagesväter Kinder in sonstigen Räumlichkeiten, ist der Betreuungsbeitrag der BGD fix und die Gemeinde übernimmt die Gesamtkosten abzüglich Eltern- und Landesbeiträge (Betreuungs- und Verwaltungsbeiträge). Im Falle einer Selbständigkeit einer Tagesmutter – die aktuell nicht gegeben ist – übernimmt sie die organisatorischen Aufgaben des Trägers. Der Betreuungsbeitrag des Landes und der Gemeindebeitrag errechnen sich in diesem Fall nach einem anderen Schema. Weiters gibt es für Tagesmütter auch Investitionsförderungen, die über die Vereine weitergeleitet werden und Ausbildungsförderungen. Eine Sonderförderung wurde von 2014 bis 2016 den Tagesmüttervereinen auf Basis des Verwaltungsbeitrags zum Ausgleich von Schwankungen der Kinderanzahl gewährt. Ein Teil der Förderungen der BGD kann aus Mitteln der 15a-Vereinbarung Ausbau refinanziert werden.

20.2. Der LRH kritisiert, dass parallel zur institutionellen Kinderbetreuung ein weiteres – systematisch grundsätzlich anderes – komplexes Finanzierungssystem mit zusätzlichen Trägerstrukturen aufgebaut wurde. Dies 42

vgl. Verordnung der Oö. Landesregierung über die Bewilligungsvoraussetzungen und die Förderung von Tagesmüttern und Tagesvätern (Oö. Tagesmütter- bzw. Tagesväter-Verordnung 2014)

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umso mehr, als es für rd. 1.100 Kinder – das sind nur rd. 1,3 Prozent der Unter-Sechsjährigen in OÖ – geschaffen wurde.43 Die allgemeine Kritik an der Zersplitterung der Zahlungsströme und der Komplexität des Fördersystems der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (siehe Berichtspunkt 11) gilt gleichermaßen für die Finanzierung der Tagesmütter/Tagesväter.

Zusammenfassende Feststellung zum Finanzierungssystem der Unter-Sechsjährigen 21.1. Wie aus den Berichtspunkten 10 bis 20 hervorgeht, wurden für die Betreuung der Unter-Sechsjährigen unterschiedliche jeweils sehr komplexe Systeme mit teilweisen Parallelstrukturen geschaffen. Jedes dieser Systeme verursacht einen hohen Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten.

21.2. Der LRH empfiehlt eine grundlegende Vereinfachung des Kinderbetreuungs- und Finanzierungssystems für alle Unter-Sechsjährigen. Das Ziel sollte sein, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung für alle Unter-Sechsjährigen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren. Der Verwaltungsaufwand durch die Mehrfachadministration auf verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Gemeinden, Träger) und innerhalb einer Gebietskörperschaft wäre zu vermeiden bzw. zu verringern.44

21.3. Die Direktion Bildung und Gesellschaft übermittelte zu Punkt 6 der Kurzfassung (uneinheitliche Finanzierungssysteme führen zu fehlendem Gesamtüberblick und hohem Verwaltungsaufwand); korrespondierend dazu Empfehlungen Punkt 26.2.e) und i) (Abwägung Verwaltungsaufwand und Treffsicherheit durch Detailregelungen; Zusammenführung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung) folgende Stellungnahme: Betrachtet man diese Empfehlungen im Hinblick auf das dargestellte Ziel, nämlich die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren, im Zusammenhang mit den oben dargestellten Empfehlungen zur strategischen Gesamtsteuerung würde dies unserer Ansicht nach eine Übernahme aller Kinderbetreuungseinrichtungen durch das Land Oberösterreich oder einen anderen zentralen Rechtsträger erfordern. Abgesehen davon hat die BGD nur unmaßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und Steuerungsmaßnahmen des Bundes im Rahmen von 15a B-VG Vereinbarungen. Auf den hohen Verwaltungsaufwand weisen wir den Bund regelmäßig hin.

43

vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria

44

vgl. auch Rechnungshof Bund 2013/11 „Kinderbetreuung für 0- bis 6-Jährige“ TZ 5 und TZ 8

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ENTWICKLUNG DER AUSGABEN DER ÖFFENTLICHEN HAND 22.1. Insgesamt betrugen die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Kinderbetreuung in OÖ im Jahr 2015 rd. 327,4 Mio. Euro. Die Ausgaben entwickelten sich in den vergangenen fünf Jahren wie folgt: Tabelle 2: Entwicklung der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand für vorschulische Kinderbetreuung (2011 bis 2015) Ausgaben Bund (15a-Zweckzuschüsse)

2011

2012

2013

2014

2015

Mio. Euro 14,1

15,6

15,6

23,0

38,7

a)

130,2

131,4

135,3

141,4

151,6

b)

Land (BZ-Mittel)

5,9

6,2

9,4

9,6

9,5

c)

Regionale Träger sozialer Hilfe (aus SHV-Umlage)

4,4

4,7

5,6

3,7

4,8

d)

92,9

98,2

99,8

111,5

122,8

e)

247,5

256,0

265,7

289,2

327,4

Land ("eigene" BGD-Mittel)

Gemeinden (Saldo aus Ausgaben - Einnahmen) Summe Vorschulische Kinderbetreuung

a) Einnahme beim Land für 15a-Vereinbarungen Sprachförderung, halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr, Ausbau b) Ausgaben des Landes saldiert mit Einnahmen regionale Träger sozialer Hilfe und Einnahmen Bund 15a-Vereinbarungen c) lt. Information der IKD (ex Voranschlagsstelle 1/940*) d) Einnahme beim Land aus SHV-Umlage e) Abfrage Gembon 240* - Saldo aus ordentlichem und außerordentlichem Haushalt Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis der Daten der BGD, IKD und Abteilung Statistik

Die Kosten des Bundes, des Landes OÖ und der Gemeinden für die Administration der Kinderbetreuung sind in der Tabelle nicht enthalten.45 Die Bundesmittel wurden entsprechend den 15a-Vereinbarungen an das Land OÖ überwiesen. Die vollständige Inanspruchnahme der bis 2018 bereit gestellten Bundesmittel hängt von der weiteren Entwicklung des Bedarfs in der Kinderbetreuung ab. Zweckzuschüsse des Bundes, die bis zum Ablauf der 15a-Vereinbarungen nicht zweckentsprechend verbraucht werden, sind vom Land OÖ zurückzuzahlen. Die BGD geht davon aus, dass alle Bundesmittel „abgeholt“ werden. Per 31.12.2015 betrugen die nicht verbrauchten Budgetmittel aus 15aVereinbarungen rd. 12,2 Mio. Euro – sie wurden der Rücklage zur Übertragung von Ausgabekrediten zugeführt. Überdies wurden Landesmittel von rd. 1,1 Mio. Euro übertragen. 45

Es gibt Gemeinden, die eine Verwaltungstangente unter diesen Voranschlagstellen verbuchen.

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System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Elternbeiträge werden nicht zentral erfasst und können daher nicht quantifiziert werden. Sie sind bei den Gemeindeausgaben bereits saldiert. Da sie seit 2009 ausschließlich für die Betreuung von Kindern unter zweieinhalb Jahren und für die Inanspruchnahme des Tagesmütterangebots zu entrichten sind, handelt es sich um Beträge von insgesamt untergeordneter Bedeutung. Die Entwicklung der Ausgaben zeigt eine eindeutig steigende Tendenz. Die Kinderbetreuung zählt zu den am stärksten steigenden Ausgabengruppen des Landes OÖ. Die BGD geht davon aus, dass die Ausgaben für den Kinderbetreuungsbereich aufgrund des politisch festgelegten Ziels des weiteren Ausbaus und der Weiterentwicklung des Angebots weiterhin steigen werden.

22.2. Der LRH weist kritisch auf die dynamische Ausgabenentwicklung hin. Er empfiehlt Maßnahmen zu ergreifen, um die langfristige Leistbarkeit des Kinderbetreuungssystems für die öffentliche Hand zu gewährleisten. Ansatzpunkte dafür könnten sein: Reduzierung des Verwaltungsaufwandes (siehe Berichtspunkte 11, 12, 16, 17, 20 und 21) Überarbeitung der Förderkriterien (siehe Berichtspunkte 13, 14 und 15) Einstellen von Förderungen, die über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehen (siehe Berichtspunkt 13) Neugestaltung der Elternbeitragsregelung (siehe Berichtspunkt 23)

22.3. Die Direktion Bildung und Gesellschaft übermittelte zu den Punkten 10 (Nachhaltige Leistbarkeit des Systems), 11 (Elternbeiträge) und 12 (Pilotprojekt Kinderbetreuung im Rahmen des aufgabenorientierten Finanzausgleichs) der Kurzfassung bzw. Empfehlungen Punkt 26.2.j), k) und l) folgende Stellungnahme: Diesbezüglich handelt es sich um politische Entscheidungen, die maßgeblichen Einfluss auf die Finanzierungsgrundlagen der Kinderbetreuung in Oberösterreich haben.

23.1. Die 15a-Vereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr folgt dem Grundsatz, dass verpflichtende Bildung für Eltern beitragsfrei sein sollte. Der Bundeszuschuss ist für Fünfjährige an einen verpflichtenden Besuch einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung an mindestens vier Tagen pro Woche für 16 bis 20 Stunden geknüpft.46 Die Beitragsfreiheit für die Eltern ist in Landesgesetzen geregelt. Sie ist in den Bundesländern in einer unterschiedlichen Bandbreite gegeben: In OÖ ist seit 2009 der ganztägige Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung für Kinder ab dem vollendeten 30. Lebensmonat bis zum Schuleintritt für Eltern beitragsfrei. In den anderen Bundesländern ist die Vormittagsbetreuung teilweise beitragsfrei – jedenfalls im Rahmen des halbtägig 46

Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr ab dem vierten Lebensjahr ist in Diskussion.

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verpflichtenden Kindergartenbesuchs. Ein Großteil der Bundesländer hebt für die Nachmittagsbetreuung Elternbeiträge ein. 47 Elternbeiträge und weitere Kostenersätze sind in den Bundesländern auch unterschiedlich geregelt: teilweise sind sie pauschaliert und teilweise sozial gestaffelt.

23.2. Der LRH stellt fest, dass die Betreuungsquote bereits vor Einführung der Beitragsfreiheit für Kinder ab 30 Monaten und der Ausbauoffensive für die Vierjährigen bei rd. 93,0 Prozent und für die Fünfjährigen bei rd. 96,9 Prozent lag (siehe Abbildung 3 unter Berichtspunkt 8). Dies zeigt die Bereitschaft der Eltern für die Betreuung ihrer Kinder einen adäquaten Beitrag zu leisten. Auch tragen Kostenbeiträge dazu bei, eine Leistung aufzuwerten. Der LRH hält unter dem Aspekt der langfristigen Finanzierbarkeit die Einhebung von möglichst kostendeckenden Elternbeiträgen – soweit es über den verpflichtenden Kindergartenbesuch hinausgeht – für sinnvoll. Außerdem wäre aus seiner Sicht unter dem Aspekt der Verwaltungskosteneffizienz generell bei einer Einhebung von Elternbeiträgen, einer allfälligen sozialen Staffelung und bei Kostenersätzen auf einfache Administrierbarkeit zu achten: das wäre beispielsweise mit Pauschalbeiträgen möglich.

24.1. Der Bund, das Land OÖ (BGD und IKD) und die regionalen Träger sozialer Hilfe stellten ihre Mittel den Gemeinden und Trägern insgesamt für folgende Zwecke zur Verfügung:

47

Im Bericht des Rechnungshofs „Kinderbetreuung für 0- bis 6-Jährige“ (Rechnungshof Bund 2013/11 TZ 12) ist die aktuelle Rechtslage der Länder Steiermark und Niederösterreich beschrieben: In Niederösterreich ist der Besuch eines Kindergartens am Vormittag für die Eltern beitragsfrei. In der Steiermark wurde 2008/09 eine Kostenfreiheit für die Eltern von Drei- bis Sechsjährigen eingeführt. Seit 2011/12 werden in der Steiermark jedoch wieder Elternbeiträge für Kinder unter fünf Jahren und für Fünfjährige am Nachmittag eingehoben. Diese Wiedereinführung eines Kostenbeitrags im Kindergarten führte zu einer vorübergehenden geringen Reduktion der Betreuungsquote. vgl. Kindertagesheimstatistik 2015/16 der Statistik Austria

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Tabelle 3: Ausgaben Bund, Land und regionale Träger sozialer Hilfe gegliedert nach Zweck (2011 bis 2015) 2011

Zweck

2012

2013

2014

2015

Mio. Euro

Kindergarten laufend

101,5

106,1

108,8

114,0

118,5

Kindergarten Sprache

1,0

0,8

0,9

1,5

1,2

Kindergarten Integration

7,9

7,9

7,9

8,7

9,3

Kindergarten heilpädagogische Einrichtungen

5,7

5,9

6,0

6,0

6,1

Kindergarten Transport

8,1

8,4

9,0

9,3

9,4

124,2

129,0

132,7

139,5

144,5

10,6

11,9

13,0

14,8

17,2

0,3

0,2

0,2

0,2

0,2

Krabbelstube laufende Ausgaben gesamt

10,9

12,0

13,2

15,0

17,4

Tagesmütter laufende Ausgaben gesamt

2,4

2,9

3,1

3,0

4,7

Kindergarten Investitionen

8,5

5,2

6,0

6,9

18,2

Krabbelstuben Investitionen

2,6

2,4

1,4

3,7

10,3

Tagesmütter Investitionen

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

BZ-Mittel Investitionen (Kindergarten und Krabbelstube)

5,9

6,2

9,4

9,6

9,5

17,1

13,8

16,8

20,2

38,0

154,6

157,8

165,8

177,7

204,6

Kindergarten laufende Ausgaben gesamt Krabbelstube laufend Krabbelstube Integration

Investitionen gesamt Gesamtausgaben Bund, Land ("eigene" BGD-Mittel, BZ-Mittel), regionale Träger sozialer Hilfe

Quelle: LRH-eigene Darstellung auf Basis der Daten der BGD und IKD

Die Gesamtausgaben (Tabelle 3) enthalten folgende Zweckzuschüsse des Bundes: Tabelle 4: Zweckzuschüsse des Bundes (2011 bis 2015) In den Gesamtausgaben enthaltene Zweckzuschüsse des Bundes 15a-Vereinbarung Ausbau (für laufenden Aufwand und Investitionen) 15a-Vereinbarung halbtägig verpflichtendes Gratiskindergartenjahr (für laufenden Aufwand) 15a-Vereinbarung Sprachförderung (für laufenden Aufwand) davon Bundesmittel gesamt

2011

2012

2013

2014

2015

Mio. Euro 1,9

2,6

2,6

10,0

24,8

12,2

12,1

12,1

12,2

12,2

0,0

0,8

0,8

0,8

1,6

14,1

15,6

15,6

23,0

38,7

Quelle: LRH-eigene Darstellung

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42

System der Kinderbetreuung im Vorschulalter

Juni 2017

Die in den Gesamtausgaben (Tabelle 3) enthaltenen Mittel der regionalen Träger der sozialen Hilfe werden für die Finanzierung der heilpädagogischen Einrichtungen und Transporte sowie für die Förderung der Stützkräfte verwendet.

24.2. Die Tabelle zeigt deutliche Ausgabensteigerungen sowohl im laufenden Betrieb als auch bei den Investitionen. Die drei aktuellen 15a-Vereinbarungen laufen 2017 bzw. 2017/18 aus.

KÜNFTIGE GESTALTUNG UND LANGFRISTIGE FINANZIERBARKEIT DER KINDERBETREUUNG 25.1. Im Finanzausgleichsgesetz 2017 (FAG 2017) wurde die Einführung einer aufgabenorientierten Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden im Bereich der Elementarbildung festgelegt. Die Aufgabenorientierung im Bereich Elementarbildung (null bis sechs Jahre) wird bis 1. September 2017 von den Finanzausgleichspartnern einvernehmlich vorbereitet und als Pilotprojekt ab dem 1. Jänner 2018 österreichweit umgesetzt. Als Basis dafür ist eine entsprechende Verordnung geplant.48

25.2. Aus Sicht des LRH ergibt sich mit dem Pilotprojekt die Chance, das Gesamtsystem neu zu konzipieren. Ziel sollte sein, die langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Bei der Überarbeitung des Kinderbetreuungssystems wären die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammenzuführen sowie der Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Der LRH empfiehlt, die in diesem Bericht aufgezeigten Kritikpunkte und Empfehlungen in die Arbeitsgruppe für die Vorbereitung der Aufgabenorientierung im Bereich der Elementarbildung einzubringen und, soweit es in der Zuständigkeit des Landes OÖ liegt, Vereinfachungen herbeizuführen.

25.3. Die Direktion Bildung und Gesellschaft übermittelte folgende allgemeine Stellungnahme zum Bericht: Einleitend darf festgehalten werden, dass die Zielsetzungen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die nachhaltige Finanzierbarkeit der Kinderbetreuung sicher zu stellen, mitgetragen werden. Eine Umsetzung des Großteils der Empfehlungen hätte jedoch massiven Einfluss auf das Gesamtsystem der Kinderbetreuung, besonders auf die Zuständigkeiten bzw. auf die Finanzierung und käme beinahe einer „Gesamtänderung“ gleich. Nicht bei allen Empfehlungen ist unserer Ansicht nach klar, wie die Zielerreichung nachgewiesen werden kann bzw. fallen diese nicht in den Zuständigkeitsbereich der BGD.

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vgl. § 15 FAG 2017

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25.4. Dem LRH ist bewusst, dass die Umsetzung der Empfehlungen nur durch grundlegende strukturelle Änderungen möglich ist. Vereinfachungen sollten jedenfalls herbeigeführt werden, insoweit es in der Zuständigkeit des Landes OÖ liegt. Wie bereits dargelegt, sieht der LRH mit dem Pilotprojekt die Chance, das Gesamtsystem neu zu konzipieren.

ZUSAMMENFASSUNG DER EMPFEHLUNGEN 26.1. Nachstehend fasst der LRH die Empfehlungen an die geprüfte(n) Stelle(n) zusammen.

26.2. a)

Eine strategische Gesamtsteuerung wäre zu implementieren, um im Sinne einer Optimierung des Gesamtangebots für OÖ eine überregionale Betrachtung zu gewährleisten. Standortentscheidungen wären künftig unabhängig von Gemeindegrenzen zu treffen. Dafür wären zentral verfügbare Daten über die aktuelle und künftige Bedarfssituation in OÖ erforderlich. Überdies wäre es notwendig – unter den Restriktionen der Finanzierbarkeit durch die öffentliche Hand – Grenzen der Bedarfsdeckung zu definieren. (Berichtspunkt 4)

b)

Die Sonderförderung für Kindergärten und Krabbelstuben sollte künftig nicht mehr gewährt werden, da die Grundlage dafür weggefallen ist – die Umstellung des Finanzierungssystems liegt mittlerweile sieben Jahre zurück. Überdies widerspricht es den Regeln des öffentlichen Haushaltswesens, Ermessensausgaben über den gleichen Ansatz zu budgetieren und zu verrechnen wie Pflichtausgaben. (Berichtspunkt 13)

c)

Zur Plausibilisierung der Fördervoraussetzungen wären unterjährig unangemeldete, stichprobenhafte Kontrollen vor Ort durchzuführen. (Berichtspunkt 14)

d)

Die Fördervoraussetzungen des § 30 Oö. KBG für die Gruppenförderung (Landesbeitrag) sollten klarer formuliert werden. Bei einer Neuformulierung wäre auf Anreize für eine sparsame Mittelverwendung zu achten. Unter diesem Aspekt wären auch Maßnahmen zu treffen, um Gruppenzusammenlegungen in Randzeiten zu forcieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand die wesentlichen Kosten für die Kinderbetreuung trägt und für diese Zeiten keine Elternbeiträge zu leisten sind. (Berichtspunkt 15)

e)

Das Ziel, durch Detailregelungen die Treffsicherheit zu erhöhen und lenkend einzugreifen, und der dadurch verursachte Verwaltungsaufwand wären abzuwägen. Bei Abschluss künftiger 15a-Vereinbarungen wäre darauf hinzuwirken, dass auf Detailbestimmungen hinsichtlich der

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Mittelverwendung verzichtet wird. Das schließt nicht aus, dass die angestrebte Wirkung und daraus abgeleitete Ziele sowie bundeseinheitliche Leitlinien vereinbart werden können. (Berichtspunkt 16) f)

Bei einer Neugestaltung des Kinderbetreuungssystems im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes 2017 wäre kritisch zu hinterfragen, ob Gastbeiträge beibehalten werden sollen. Es ist jedoch zu überlegen, in welcher Weise finanzielle Ausgleiche für gemeindeübergreifende Lösungen erfolgen sollen. (Berichtspunkt 17)

g)

Grundlegende strukturelle Änderungen aufgrund des Finanzausgleichsgesetzes 2017 wären rechtzeitig bei der Weiterentwicklung von KBE/KBEweb zu berücksichtigen, um die Entwicklungskapazitäten möglichst zielgerichtet einzusetzen. (Berichtspunkt 18)

h)

Allen mit der Kinderbetreuung befassten Organisationseinheiten des Landes OÖ sollte wechselseitig ein Leserecht auf alle für sie relevanten Daten gewährt werden. (Berichtspunkt 19)

i)

Das Kinderbetreuungs- und Finanzierungssystem für alle Unter-Sechsjährigen sollte grundlegend vereinfacht werden. Das Ziel sollte sein, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung für alle UnterSechsjährigen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren. Der Verwaltungsaufwand durch die Mehrfachadministration auf verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Gemeinden, Träger) und innerhalb einer Gebietskörperschaft wäre zu vermeiden bzw. zu verringern. (Berichtspunkt 21)

j)

Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die langfristige Leistbarkeit des Kinderbetreuungssystems für die öffentliche Hand zu gewährleisten. Ansatzpunkte dafür könnten eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, eine Überarbeitung der Förderkriterien, das Einstellen von Förderungen, die über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehen und eine Neugestaltung der Elternbeitragsregelung sein. (Berichtspunkt 22)

k)

Unter dem Aspekt der langfristigen Finanzierbarkeit wäre die Einhebung von möglichst kostendeckenden Elternbeiträgen – soweit es über den verpflichtenden Kindergartenbesuch hinausgeht – sinnvoll. Außerdem wäre unter dem Aspekt der Verwaltungskosteneffizienz generell bei einer Einhebung von Elternbeiträgen, einer allfälligen sozialen Staffelung und bei Kostenersätzen auf einfache Administrierbarkeit zu achten: das wäre beispielsweise mit Pauschalbeiträgen möglich. (Berichtspunkt 23)

l)

Die in diesem Bericht aufgezeigten Kritikpunkte und Empfehlungen sollten in die Arbeitsgruppe für die Vorbereitung der Aufgabenorientierung im Bereich der Elementarbildung eingebracht werden. Soweit es in der Zuständigkeit des Landes OÖ liegt, sollten Vereinfachungen herbeigeführt

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werden. Ziel sollte sein, die langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Bei der Überarbeitung des Kinderbetreuungssystems wären die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammenzuführen sowie der Verwaltungsaufwand zu reduzieren. (Berichtspunkt 25)

4 Beilagen Linz, am 8. Juni 2017 Friedrich Pammer Direktor des Oö. Landesrechnungshofes Unterzeichner

Hinweis

Friedrich Pammer

Datum/Zeit-UTC

2017-06-08T11:35:49+02:00

Prüfinformation

Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur finden Sie unter: https://www.signaturpruefung.gv.at

Dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene Dokument hat gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 vom 23. Juli 2014 ("eIDAS-VO") die gleiche Rechtswirkung wie ein handschriftlich unterschriebenes Dokument.

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X

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Bildung und Gesellschaft 4021 Linz • Bahnhofplatz 1

Geschäftszeichen: BGD-2017-157957/8-Tr

Oö. Landesrechnungshof Promenade 31 4020 Linz

Bearbeiter/-in: Dr. Barbara Trixner Tel: 0732 77 20-15503 Fax: (+43 732) 77 20-21 17 87 E-Mail: [email protected]

Linz, 08.05.2017

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Oö. Landesrechnungshof Initiativprüfung – Stellungnahme der Direktion Bildung und Gesellschaft Sehr geehrte Damen und Herren! Zur geänderten Besprechungsunterlage betreffend Initiativprüfung „System der Kinderbetreuung im Vorschulalter“ darf seitens der Direktion Bildung und Gesellschaft folgende Stellungnahme übermittelt werden: 1) Allgemeines: Einleitend darf festgehalten werden, dass die Zielsetzungen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die nachhaltige Finanzierbarkeit der Kinderbetreuung sicher zu stellen, mitgetragen werden. Eine Umsetzung des Großteils der Empfehlungen hätte jedoch massiven Einfluss auf das Gesamtsystem der Kinderbetreuung, besonders auf die Zuständigkeiten bzw. auf die Finanzierung und käme beinahe einer „Gesamtänderung“ gleich. Nicht bei allen Empfehlungen ist unserer Ansicht nach klar, wie die Zielerreichung nachgewiesen werden kann bzw. fallen diese nicht in den Zuständigkeitsbereich der BGD. 2) zu den einzelnen Empfehlungen: Die Stellungnahme bezieht sich auf die Kurzfassung bzw. die Zusammenfassung der Empfehlungen. x Zu Punkt 3 der Kurzfassung „Gemeindezuständigkeit bei der Bedarfsdeckung erschwert strategische Gesamtsteuerung“ und Punkt 26 2a der Empfehlungen „strategische Gesamtsteuerung“: Abgesehen von der Schwierigkeit, die für eine strategische Gesamtsteuerung erforderlichen umfassenden Daten zu erheben, zu aktualisieren und jederzeit verfügbar zu halten bzw. so aufzubereiten, dass sie zielgerichtet verwendet werden können, ist eine strategische Gesamtsteuerung (unabhängig von den Gemeindegrenzen) unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht umsetzbar. Dafür müsste die Übertragung der Bedarfsdeckung für die Kinderbetreuung aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde z. B. in die Zuständigkeit des Landes gegeben werden. Bedarfserhebungen und darauf basierende Bedarfsplanungen müssten überregional durchgeführt werden. Der Bedarf der Eltern von beinahe 50.000 unter 6 jährigen Kindern in Krabbelstuben, Kindergärten und bei Tagesmüttern bzw. Tagesvätern, müsste regelmäßig zentral erhoben und ausgewertet werden. Im Hinblick auf die flexiblen, zum Teil sehr kurzfristigen Bedarfsmeldungen der Eltern, die sich in erster Linie aus den Anforderungen der Berufstätigkeit ergeben, das Erfordernis, auf geänderten

DVR: 0069264

Bedarf auch sehr kurzfristig zu reagieren, die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von Kinderbetreuungseinrichtungen (abgesehen von der KG – Pflicht) lassen dieses Unterfangen als nicht bzw. nur zu Lasten der Flexibilität der Kinderbetreuung durchführbar erscheinen. Überdies würde dies einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand in der BGD und anderen Dienststellen bedeuten. Des Weiteren ist nicht klar, was unter „Grenzen der Bedarfsdeckung“ zu verstehen ist. Auch der Betreuungsbedarf einiger weniger Eltern ist ein zu berücksichtigender Bedarf, der im Rahmen eines flexiblen Kinderbetreuungssystems gedeckt werden soll. x

Zu Punkt 6 der Kurzfassung „uneinheitliche Finanzierungssysteme führen zu fehlendem Gesamtüberblick und hohem Verwaltungsaufwand; korrespondierend dazu Empfehlungen Punkt 26 2 e und i: ; Abwägung Verwaltungsaufwand und Treffsicherheit durch Detailregelungen; Zusammenführung der Aufgaben -, Ausgaben – und Finanzierungsverantwortung Betrachtet man diese Empfehlungen im Hinblick auf das dargestellte Ziel, nämlich die Aufgaben-, Ausgaben-und Finanzierungsverantwortung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzen in einer Hand zu konzentrieren, im Zusammenhang mit den oben dargestellten Empfehlungen zur strategischen Gesamtsteuerung würde dies unserer Ansicht nach eine Übernahme aller Kinderbetreuungseinrichtungen durch das Land Oberösterreich oder einen anderen zentralen Rechtsträger erfordern. Abgesehen davon hat die BGD nur unmaßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und Steuerungsmaßnahmen des Bundes im Rahmen von 15a B- VGVereinbarungen. Auf den hohen Verwaltungsaufwand weisen wir den Bund regelmäßig hin. x

In Bezug auf die Punkte 10 „Nachhaltige Leistbarkeit des Systems, 11 „Elternbeiträge“ und 12 „Pilotprojekt Kinderbetreuung im Rahmen des aufgabenorientierten Finanzausgleichs“ bzw. Empfehlungen j, k und l : Diesbezüglich handelt es sich um politische Entscheidungen, die maßgeblichen Einfluss auf die Finanzierungsgrundlagen der Kinderbetreuung in Oberösterreich haben. x

Zum Punkt 8 „15 a Vereinbarungen und Gastbeiträge erhöhen die ohnehin bereits komplexen Transferbeziehungen zwischen Gebietskörperschaft und Empfehlung f: Seitens der BGD wird jede Änderung begrüßt, die im Hinblick auf die Gastbeiträge eine Verwaltungsvereinfachung bringt. Wenn dies im Rahmen des Finanzausgleichs möglich ist wird dies seitens der BGD vollinhaltlich unterstützt, unterliegt jedoch nur zum geringen Teil unserer Einflussnahme. Mit freundlichen Grüßen

Ing. Dr. Hermann Felbermayr

Hinweise: Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung des elektronischen Siegels und des Ausdrucks finden Sie unter: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/amtssignatur Wenn Sie mit uns schriftlich in Verbindung treten wollen, richten Sie Ihr Schreiben bitte an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Bildung und Gesellschaft, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz, und führen Sie das Geschäftszeichen dieses Schreibens an.

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