Symplektische Geometrie Def. Eine symplektische Form auf U ⊆ R2n ist eine geschlossene, | {z } nichtausgeartete 2-Differentialform. d.h. dω = 0 | {z } wird gleich definiert

Wir bezeichnen sie normalerweise mit ω. Nichtausgeartet bedeutet: ∀x ∈ U, v 6= ~0 ∈ R2n , ist iv ω 6= 0 (als 1-Form), d.h. ∃u ∈ R2n , sodass ω(v , u) 6= 0. Bemerkung. Wir betrachten die Darstellung von ω durch die zugeh¨orige Gramsche Matrix Ω = ω(ei , ej ) , eine anti-symmetrische Matrix (d.h. ΩT = −Ω) mit ω(v , u) = v T Ωu. Die Form ist ausgeartet g.d.w. die Matrix ausgeartet ist, also det Ω = 0 ist. Tats¨achlich gilt: Ist die Matrix ausgeartet, dann gibt es einen Vektor v 6= ~0, sodass v T Ω = ~0, und dann ist selbstverst¨andlich iv Ω(u) = v T Ωu = 0 f¨ ur alle u. Ist die Matrix nichtausgeartet, so ist v T Ω 6= ~0 f¨ ur jedes v 6= 0 und deswegen gilt f¨ ur u = Ωv , dass v t Ωu = −|Ωv |2 6= 0.

Bemerkung. Die Bedingung, dass die Dimension 2n, also gerade, ist, wird automatisch erf¨ ullt, weil auf R2n+1 keine nichtausgeartete 2-Form ¨ existieren kann, da (einfache Ubung aus LA) jede anti-symmetrische Matrix der Dimension (2n + 1) × (2n + 1) ausgeartet ist, denn det Ω = det ΩT = (−1)2n+1 det Ω, woraus det Ω = 0 folgt.

Beispiel aus der klassischen Mechanik: Kanonische symplektische Form Nat¨ urliche Frage. Wir betrachten die Koordinaten (x, p) auf U × Rn wie im Kapitel “Hamiltonsche Gleichungen”. Sei φ : U → V ein Diffeomorphismus (=Koordinatenwechsel). Wie lautet, vom Standpunkt der Hamiltonischen Gleichungen aus, das nat¨ urliche Transformationsgesetz f¨ ur “p”? Bsp. Eine ¨ahnliche Frage aus der Lagrange-Mechanik haben wir bzgl. der Koordinaten (x, y ) bereits beantwortet: F¨ ur φ : U → V ist Φ : U × Rn → V × Rn , Φ(x, y ) = (φ(x), dx φ(y )) das nat¨ urliche Transformationsgesetz, da es vertr¨aglich mit den Lagrange-Gleichungen ist. Die Antwort auf die nat¨ urliche Frage von oben wird auf der n¨ achsten Folie erkl¨ art. Sie lautet: Φ(x, p) = (φ(x), p 0 ), wobei p 0 = p (dx φ)−1 . (wir betrachten die Komponenten von p als einen Zeilenvektor und verstehen unter (dx φ)−1 die Matrix, welche zur Darstellungsmatrix von dx φ invers ist).

Erkl¨ arung f¨ ur das Transformationsgesetz. Die Koordinaten x und t sind fest. Von φ(x) brauchen wir nur die Matrix ∂L war. dx φ. Wir erinnern uns (Satz 8, Teil 2 der Vorl. 3), dass p = ∂y ∂L(y (ynew )) ∂L . Man merke, dass ∂y ∂ynew ∂L(y (ynew )) sind ∂ynew Eintr¨age der Form

Wenn ynew = dx φ y ist, so ist pnew =

Eintr¨age der Form dy L sind. Analog dynew (L ◦ φ−1 ). Nach Kettenregel sind sie dann die Komponenten von (dy L) · (dx φ)−1 , wie wir es behauptet haben. P Folgerung. Die 1-Differentialform ` := i pi dxi hat gleiche Gestalt P in allen Koordinatensystemen (d.h. Φ∗ ` ist ebenfalls von der Form pi0 dxi0 , 0 0 −1 wobei x = φ(x) und p = p (dx φ) . ) P Liouville-Form. Das ist die 1-Form auf R2n (x, p), welche durch i pi dxi gegeben ist. Nach der Koordinatentransformation x → P φ(x) = x 0 (x) hat der Pushforward dieser Form wieder das Aussehen ` = i pi0 dxi0 , wobei p 0 = p (dx φ)−1 . Sie ist kanonisch, d.h. koordinatenunabh¨angig. Die Standardbezeichnung f¨ ur die Liouville-Form ist pdx. Die kanonische symplektische Form auf R2n (x, p) ist die ¨außere P Ableitung der Liouville-Form, ω = d`. Da ` = i pi dxi ist, k¨onnen wir P sofort ω ausrechnen: ω = i dpi ∧ dxi .

Die kanonische symplektische Form ist eine symplektische Form Def. Die symplektische Form auf U ⊆ R2n ist eine geschlossene, nichtausgeartete 2-Differentialform | {z } | {z }

d.h. dω = 0 d.h. die Gram-Matrix ist nichtausgeartet

Die Standardbezeichnung f¨ ur die kanonische symplektische Form ω ist dp ∧ dx. Die Differentialform ist geschlossen, weil sie ¨außere Ableitung einer Form ist. Die Differentialform ist nichtausgeartet, weil   0 1 ω(ei , en+i ) = dpi ∧ dxi (ei , en+i ) = det = −1. 1 0 

 0 −1 (wobei 1 bzw. 0 die Null- bzw. Deswegen ist die Matrix Ω = 1 0 die Einheitsmatrix bezeichnet) und det Ω = 1 6= 0.

Hamiltonsche Vektorfelder in der symplektischen Geometrie Sei ω eine symplektische Form auf U2n und H : U → R eine Funktion. Wir konstruieren nun ein Vektorfeld XH auf U, welches Hamiltonsches Vektorfeld genannt wird. Im Spezialfall U2n = U n (x) × Rn (p) mit kanonischer symplektischer Form dp ∧ dx f¨allt XH mit dem Hamiltonschen Vektorfeld aus den Vorlesungen 3 u. 4 zusammen. Zuerst bemerken wir, dass aus der Nichtausartung von ω folgt, dass die (offensichtlich lineare) Abbildung von R2n (=Raum der Vektoren im Punkt x ∈ U) nach Λ1 (x) (Raum der 1-Formen), v 7→ iv (ω) (wobei iv die innere Ableitung ist), trivialen Kern hat. Da dim R2n = dim Λ1 (x) = 2n, ist die Abbildung ein Isomorphismus. Mit I bezeichnen wir die inverse Abbildung. Dann definieren wir XH im Punkt x durch XH (x) = −I (dx H).

Koordinatenform der obigen Konstruktion Sei Ω die Matrix von ω. Dann bilden die Komponenten von iv ω den (transponierten) Vektor (=2n-Zeile) iv ω = v t Ω. Also wird v durch die Abbildung i. ω auf v t Ω abgebildet. Die inverse Abbildung bildet entsprechend die 1-Form α (interpretiert als Zeilenvektor) auf die L¨ osung der Gleichung x T Ω = α ab, welche offensichtlich durch x T = αΩ−1 gegeben ist. Damit ist in Koordinaten XH = − wie wir erwartet haben.

∂H ∂x



Ω−1 =



∂H  ∂p , − ∂H ∂x

Der Hamiltonsche Fluss erh¨alt die symplektische Form Sei ω eine symplektische Form auf U2n und sei H eine beliebige Funktion. Satz 19. Der (lokale) Fluss von XH erh¨alt ω. Beweis. Wir zeigen, dass die Lie-Ableitung verschwindet, LXH ω = 0. Nach Poincar´e-Cartan (Satz 18) gilt −LV ω = iV dω + d(iV ω). Da ω geschlossen ist, gilt dω = 0, und deswegen iXH dω = 0. Nach Konstruktion von XH ist nun iXH ω = −dH, und deswegen d (iXH ω) = 0. Dann ist LXH ω = 0, wie wir es wollen. Die Standard-Argumentation (mit Hilfe des Rektifizierungsatzes) zeigt dann, dass der Fluss von XH die Form ω erh¨alt.

Wir haben also ein weiteres Objekt konstruiert, das entlang des Flusses erhalten bleibt! Wir werden sp¨ater sehen, wie diese Erhaltungseigenschaft beim L¨osen von Aufgaben in der Mechanik hilft.