SWR2 Tandem Hunde, ihre Halter und Jogger

SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Tandem Hunde, ihre Halter und Jogger Von verbissenen Beziehungen Von Dieter Jandt Sendung: F...
Author: Nadja Junge
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE

SWR2 Tandem Hunde, ihre Halter und Jogger Von verbissenen Beziehungen Von Dieter Jandt Sendung: Freitag, 10. Juni 2016, 10.05 Uhr Redaktion: Nadja Odeh Regie: Günter Maurer Produktion: SWR 2016

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MANUSKRIPT:

Atmo 1: Jemand joggt, heftiges Atmen Atmo 2: Hundegebell im Wald O-Ton Leistungsläuferin beim Joggen: Was passiert ist? Ja dass die Hundebesitzer dann halt rufen: „Ja der tut nix, der tut nix“, aber die Hunde springen einen dann trotzdem an, und manche große auch bis auf die Schultern – Sprecher: Auf die Schultern. Eine recht rüde Attacke, die die Frau da beschreibt, eine schlanke Läuferin, die sich fast jeden Tag im Wald fit hält. Leichtfüßig nimmt sie den nächsten Anstieg. Ich versuche mitzuhalten, aber nur, weil ich meinen gehörigen Respekt vor Hunden überwinden will. Habe da etwas aufzuarbeiten. O-Ton Leistungsläuferin beim Joggen: Gut, die haben mich jetzt nicht gebissen, die wollen meistens nur spielen, und wenn man dann ruft: Aus, // dann - aber man weiß ja als Nichthundebesitzer nie, ob das wirklich so ungefährlich ist, und ich finde es halt nicht gut, dass die Hundebesitzer die Hunde dann einfach laufen lassen. Sprecher: Der Kothener Busch, ein ausgedehntes Waldstück in Wuppertal, an den Südhöhen der Stadt gelegen. Man hat einen wunderbaren Ausblick auf das Häusermeer im Tal und auf die bewaldeten Hänge im Norden der Stadt. Das Gelände gilt mit seinen Steigungen, aber auch ebenen Wegen als attraktive Laufstrecke. Die meisten Jogger starten oberhalb eines Sportplatzes. O-Ton Leistungsläuferin beim Joggen: Also es gibt aber auch sehr sehr viele, also der überwiegende Teil der Hundebesitzer muss ich sagen //, die haben ihre Hunde gut im Griff, sehr gut erzogen und die sitzen dann auch bei Fuß und warten solange bis man als Läufer vorbei geht, und ich achte auch immer darauf, dass ich dann halt auch ein bisschen langsamer laufe, weil die Hunde, damit die das nicht so als Angriff sehen. Autor: Was soll man denn machen als Jogger? // Am besten das Tempo verlangsamen, und wenn man sieht, der kommt wirklich aggressiv auf einen zu, dann würde ich schreien: „Aus! Weg!“ Das funktioniert meistens auch. Sprecher: Vor rund 25 Jahren bin ich zum ersten Male hier gejoggt. Zwei, drei Mal pro Woche. Eine Stunde lang. Gelegentlich gab es kleine Reibereien mit Hundehaltern. Nichts Besonderes. Aber einmal lief ein großer Mischling mit glattem, schwarzglänzendem Fell hinter mir her. Ich schrie ihn im Weiterlaufen an und ebenso den Halter, während der Hund mich ankläffte und bedrohlich nahe an mich herankam, Zähne zeigte. Dann endlich rief der Mann ihn zu sich, hatte womöglich absichtlich ein wenig gewartet. 2

Machtspielchen und so weiter. Es war das erste Mal, dass ich wirklich Angst verspürte. O-Ton Leistungsläuferin beim Joggen: Autor: Kann man sich da auch reinsteigern? heftiges Atmen Also ich denk schon, wenn man schonmal gebissen wurde? Oder schonmal sehr stark angegriffen wurde. Dass man dann auch aggressiv wird und dann den Hund grade noch dazu animiert, aggressiv zu werden. heftiges Atmen Sprecher: Es fällt mir ziemlich schwer mitzuhalten. Meine Kondition hat doch deutlich nachgelassen. Bin zu lange nicht mehr gejoggt. Wegen dieser Angst. Denn das mit dem schwarzen Mischling ging ja noch weiter: Ich erinnere mich noch genau, wie ich auf dem Rückweg einen kleinen Hügel hochlief, schwer schnaufend und mit heftigen Armbewegungen, um den Anstieg zu bewältigen. Oben angekommen, bog ich um ein Rhododendron-Gebüsch, als plötzlich wieder dieser Hund angerannt kam, mich ansprang und nach mir schnappte. Mich an der rechten Wade erwischte. Zwar nur ein bisschen, weil ich im Lauf war, aber immerhin war da eine Schramme. Blut rann daraus hervor. Ich blieb nicht stehen, lief einfach weiter, denn der Hundehalter, der nun doch erschrocken war, hatte Mühe, das Tier an die Leine zu nehmen. Ich fluchte noch einmal rückwärtsgewandt. Danach bin ich erst mal nicht mehr zum Joggen in den Wald gegangen. Atmo 3: Vögel zwitschern O-Ton Hundebesitzer: Da kann es Schwierigkeiten geben, ne. Je nachdem wie die Hunde drauf sind und dann Jogger halt jagen oder mitlaufen, einfach nur aus Spaß, und da haben die wenigsten Jogger Verständnis dafür. Sprecher: Ein Herrchen in Cordhose und Wildlederweste. Stapft oberhalb einer Laubenkolonie gemächlich den Pfad hoch. Er hat die Leinen über die Schultern gehängt. Um ihn herum wuseln ein schwarzer Königspudel und ein grauer, schnauzbärtiger Mischling, beide von natürlicher Nervosität, immer die Nase im Wind. O-Ton Hundebesitzer: Es ist eigentlich bekannt oder sollte bekannt sein, Hunde sind ja Jagdtiere. // Die Jogger sagen: Ich laufe hier, die Hunde sind mir egal, und wenn die Hunde dann mal mitlaufen, auch in guter Absicht, dann sagen die Jogger: „Scheiß Hunde!“ Sprecher: Ich habe meinen Lauf abgebrochen und verfolge beunruhigt, wie die beiden Hunde über den Weg hin und herlaufen, zu mir kommen, mich beschnuppern, um sich dann ins Gebüsch zu schlagen und dort herumzutollen. Ein anderer Jogger naht in forschem Tempo. Man sieht, wie er nach den Tieren schielt und dann vorbeizieht.

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O-Ton Hundebesitzer: Wildester Vorfall war: Eine Hündin von mir, die ist heute nicht dabei, ich hab drei Hunde, die ist einfach, die freute sich, ist zum Jogger hingelaufen, hat ihn mit der Nase ans Bein gestoßen. Und der schrie gleich los: „Der Hund hat mich gebissen. Hilfe, der Hund hat mich gebissen.“ Und da habe ich dann auch nur gesagt, er soll mal gucken, ob datt jetzt sein Ernst wäre und bin dann weiter gegangen. Sprecher: Eines scheint klar: Hunde und Läufer können nicht miteinander. Die einen treibt der sportliche Ehrgeiz, die anderen der Jagdinstinkt. Das stiftet Unfrieden im Wald, zumal es ja auch noch die Radfahrer gibt. Drüben vor dem Anstieg, gleich hinter einem Unterstand mit zwei Bänken, haben sich Crossbiker mit Erlaubnis der Behörden eine Abfahrtsstrecke eingerichtet, die den Weg kreuzt. Man bewegt sich auf umkämpftem Terrain. Atmo 4: Vögel zwitschern, aus der Ferne ein Martinshorn Sprecher: Auf dem Weg, der parallel zum Sportplatz tiefer in den Wald hineinführt, treffe ich den Läufer wieder, der gerade an mir und dem Hundehalter vorbeigezogen ist. Ein korpulenter Typ im mittleren Alter. O-Ton Sachse, ein wenig außer Atem,: Also ich hab also ne ganze Menge Erfahrungen mit Hunden gehabt. Hauptsächlich im Bereich Murmelbachtal, da sind also viele Hunde, die grundsätzlich frei laufen gelassen werden. Und das finde ich also ganz schlimm. Sprecher: Wenn ich früher im Wald lief, versuchte ich das bei aller Anstrengung zu genießen: die Natur, auch bei Regen, auch bei Schnee. Aber nach dem Vorfall mit dem schwarzen Mischling bin ich jedes Mal, wenn ich an einer unübersichtlichen Wegbiegung plötzlich auf einen Hund traf, angstvoll zurückgeschreckt. Mochte er auch noch so klein sein. O-Ton Sachse, ein wenig außer Atem,: Mich haben se angesprungen, mir haben sie die Hose zerrissen, diese Erfahrungen habe ich gemacht, schon reichlich. // Also die Angst läuft mit. // Ja, die Aussage, die ist ja allgemein bekannt: „Der spielt ja nur, der tut ja nix“, ne. Und wenn se die halbe Hose runterhängen haben, das macht ja nix, ne. Sprecher: Ich konnte mir x-Mal zureden, dass die meisten Begegnungen friedlich verlaufen. Es half nichts. Vor allen Dingen war ich auf den schwarzen Hund fixiert. Irgendwann würde der wieder auftauchen. Ich wusste ja, dass Herrchen in der Nähe wohnte. O-Ton Sachse, ein wenig außer Atem: Ja, wenn en Hund mich anfällt, da hab ich schon gemacht, da hab ich voll vorgetreten, da krieg ich, da hauen se jaulend ab, ne. Das is meine einzige Chance, ich hab auch schon da mit dem Gedanken gespielt, liegt ja überall Holz rum, haue 4

ich, nehme ich mal en Knüppel und hau drauf. Das die einzige Chance, die Sie dann haben. Sprecher: Und dann kam er, dieser eine Moment: Gerade wollte ich einen kleinen Bach, der auf meiner Laufstrecke lag, überqueren, da sah ich in etwa 50 Meter Entfernung drei große Hunde, die sich spielerisch gegenseitig jagten. Neben ihnen standen zwei Frauen und dieser Mann im lebhaften Gespräch. Sie hatten keinen Blick für die Hunde. Die aber für mich. Ich erkannte sofort den Mischling, und der kam mit den beiden anderen sogleich auf mich zu gelaufen. Ich hielt inne. Da war sofort diese Angst, die ich geradezu körperlich in mir aufsteigen fühlte. Rufen machte keinen Sinn. Das war mir sofort klar. Ich kehrte auf der Stelle um. Floh regelrecht. Für viele Jahre sollte es das letzte Mal sein, dass ich Joggen ging. Ich war es einfach leid. Atmo 5: Vogelzwitschern, Fahrräder, Stimmen, Schritte Sprecher: Sonntagnachmittag. Bestes Wetter. Viel Volk ist unterwegs. In der Laubenkolonie graben Hobbygärtner den Boden um, grillen, unterhalten sich. Ein Paar spaziert mit einem kleinen Langhaardackel und einem Terrier daher, beide angeleint. O-Ton Er, beim Spaziergang: Tja, wir rufen sofort unsere Hunde ran. Wir gehen dann meistens immer auf die Hundeseite, also für uns als Führer immer auf der linken Seite, tja, wir gucken beim Gehen, jetzt gerade auch, ob einer von hinten kommt, Pitzi komm! Sprecher: Das Paar stellt sich am Wegesrand zwischen ihre Hunde und die Leute, die ihnen entgegenkommen oder sie überholen, schirmen die Tiere ab und scheinen dabei doch ziemlich angespannt. O-Ton Sie, beim Spaziergang: Weil einfach viel zu viel Leute unterwegs sind, Fahrradfahrer, die ganz schnell heranfahren, Jogger, und man möchte ja mit den Hunden keinem zur Last fallen eigentlich. // Wenn man keine Zeit hat zu reagieren, auf Seite zu gehen, ist die Situation an sich halt sehr gefährlich für alle Parteien. Wir wollen ja auch nicht, dass den Hunden was passiert, weil man hängt ja nun mal an so nem kleinen Hund. // Eigentlich hat man das Gefühl, wenn man als Hundehalter auf der Trasse spazieren geht, dann wird man als lästig und als Hindernis empfunden. Sprecher: Ständig schaut die Frau sich um. Sie ist eher auf das konzentriert, was sich hinter ihr abspielt anstatt den Spaziergang zu genießen. O-Ton Sie: Letztens, // ich war alleine, beide Hunde bei mir an der Leine, und der Dackel hat einen // Schritt auf Seite gemacht in Richtung Mitte des Weges, und der sagte dann nur. „Weg, du Viech.“ Und dann hab ich mich nur umgedreht und dachte: Ich hab ihm nichts getan und da war Platz genug, der Hund hat ihn nicht angegriffen, aber et gibt 5

halt wirklich komplette Hundehasser. Radfahrer zieht vorbei Wobei ich leider sagen muss, die Hundehalter sind oft selber schuld, weil sie rücksichtslos sind. // Radfahrer naht Er: Die sind auch noch da. Auch mit E-Bike wieder. Sie. E-Bike? Echt? Er: Ja. E-Trike heißt das ja. E-Trike. Autor: Also ohne Rücksicht geht`s nicht. Sie: Nein. Aber ich glaub, das ist noch nicht bei jedem angekommen. Atmo 1: Jemand joggt, heftiges Atmen Atmo 2: Hundegebell im Wald Sprecher: Seit damals habe ich mich immer weiter in meine Angst gesteigert. Wenn mir auf dem Bürgersteig jemand mit einem großen Hund entgegenkam, wechselte ich sofort die Straßenseite. Eine Bekannte, mit der ich früher gerne gemeinsam lief, hielt mein Verhalten für völlig übertrieben und ich wünschte ihr, dass auch sie einmal besagtem schwarzen Hund begegnen würde. Ohne Leine. O-Ton 13a Jogger, ein wenig außer Atem: Ja, da kamen zwei Hunde auf mich zu, an ner Wiese, ja und die sprangen einen dann an, und die Halter machten natürlich wie immer gar nichts. // Und dann hat mich der eine Hund leicht gebissen, ja und dann kümmerten die sich noch immer um nix, ja, und dann hab ich die Polizei gerufen. Sprecher: Ein recht fit wirkender Mittsechziger in Sportschuhen. Er trainiert für den nächsten Stadtlauf. Zehn Kilometer hat er fast hinter sich. Er läuft ungefähr dieselbe Strecke, die ich früher auch gejoggt bin, mit auf- und abwärts führenden Wegen, zwei Hauptstraßen überquerend ins nächste Waldstück. Für mich war das immer ein idealer, sehr abwechslungsreicher Lauf. Manchmal packt mich doch die Sehnsucht. O-Ton Jogger, ein wenig außer Atem: Das eine war son mittelgroßer, ja das war so ne Promenadenmischung, son Terrier war irgendwie da drin, und das zweite war son relativ großer. // Die ließen die einfach laufen. // Jaja richtig gebissen, also nicht so richtig fest, weil ich ja, man zieht ja das Bein weg und so, aber ich musste dann zum Arzt gehen, Tetanusspritze, und auf den Kosten bleibt man dann auch sitzen, ne. Sprecher: Der Mann ist heute noch sauer, weil die Hundehalter sich verdrückten, ohne sich weiter um den Vorfall zu kümmern. Immerhin wurden sie dann doch aufgetrieben und vom Ordnungsamt zu einem Verhaltenstest verdonnert. Eine Tierärztin sollte herausfinden, was Herrchen möglicherweise falsch macht. O-Ton Jogger, ein wenig außer Atem: Und dann hat das aber auch nix gegeben. // Die haben ne Anzeige bekommen, weiß nicht, paar Wochen später musste ich dann zum Kommissariat, paar Fragen 6

beantworten, aber letztlich ist das Verfahren dann wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Ich denke, die haben dann so ne Geldbuße bekommen, ne kleine und das war`s dann. Sprecher: Die meisten glauben, Hunde müssten im Wald angeleint werden. Das ist aber nicht so. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. dürfen Hunde in Wald und Flur frei herumlaufen, während in Nordrhein-Westfalen die Tiere abseits von Waldwegen sowie in Grünanlagen, also in parkähnlichem Gelände angeleint werden müssen. Hinzu kommen unterschiedliche Bestimmungen der Kommunen. Was für ein Durcheinander, wenn man jedes Mal genau wissen muss, in welchem Bundesland auf was für einer Art von Gelände man sich gerade befindet. Atmo 2: Hundegebell im Wald Sprecher: Auftritt eine Gruppe von Walkern. Atmo 6: Herannahen einer Gruppe von Walkern O-Ton Eva Müller-Schröder: Also in der Walking-Gruppe haben wir sogar erlebt, dass die kleinen Hunde vor uns weglaufen, wenn wir die Nordic-Walking-Stöcke dabei haben, und die Gruppe ist ja sehr groß, fast 30 Leute, dann laufen die Hunde vor uns weg. Haben uns die Besitzer gebeten: „Bleiben Sie bitte stehen“, damit die den Hund einfangen können, ne. Sprecher: Eva Müller-Schröder. Sie leitet eine Walking-Betriebssport-Gemeinschaft, die sich zweimal pro Woche trifft, gewissermaßen als Rudel auftritt und damit zumindest bei den Vierbeinern für Unruhe sorgt. O-Ton Eva Müller-Schröder: Wenn man also walkt, geht’s gerade noch, und mit den Stöcken denke ich mal, ist ja sowieso Sicherheit, da hat der Hund Respekt. Wir hatten auch gerade also so`n Rottweiler, der guckte also erstmal um die Ecke, was kommt denn da alles -. O-Ton junge Frau der Betriebssportgemeinschaft: Das stimmt. Die haben oft Angst vor den Läufern. Die Hunde selber haben Angst, aber et nutzt mir ja nix, wenn er mich trotzdem anknurrt oder anspringt. // Es gibt so welche in der Gruppe, die so sind, // zum Beispiel ne Freundin von mir, die versteckt sich grundsätzlich hinter mir, wenn ein Hund entgegen kommt. Sprecher: Ich wollte meine Angst besiegen und ging manchmal absichtlich nahe an angeleinten Hunden vorbei, um zu sehen, wie sie reagieren. Heißt es nicht immer, dass Hunde die Angst wittern und dann erst recht auf einen zusteuern? Atmo 2: Hundegebell im Wald 7

Sprecher: Ein älterer Herr aus der Walking-Gruppe drängt sich vor. O-Ton älterer Walker: Ich hab mehrere Mal meine Frau in Schutz nehmen müssen, weil ich wenig Angst vor Hunden habe, aber meine Frau hat Angst davor, da bin ich schon drei oder vier Mal bin ich schon ernsthaft dazwischen gegangen. Da ging es also wirklich darum, dass der Hund einen Menschen anfällt. Sprecher: Eine Weile drehte ich meine Runden auf dem Sportplatz ganz in der Nähe, zur Sicherheit. Aber das war langweilig. Ich traute mich ja nicht mal mehr zum Spazierengehen in den Wald! Es gibt Jogger, die haben mindestens so viel Respekt vor Hunden wie ich, aber die wehren sich, notfalls mit Pfefferspray. O-Ton Jogger, ein wenig außer Atem: (XXX)Ja, dieses Pfefferspray, das sprühen die dem Hund in die Schnauze, und das muss ja wohl ziemlich brennen, und dann macht der auf jeden Fall nicht weiter mit seinem Angriff oder haut ab oder was weiß ich. Atmo 4: Vögel zwitschern O-Ton Jogger mit Hund: Das kann ja eigentlich nur der aller, allerletzte Ausweg sein, wenn, ich sag mal, das Beißen unabwendbar scheint. // Das stempel ich jetzt mal unter diesen Überreaktionen, da muss jeder so`n bisschen die Kirche im Dorf lassen, und auch mal ein bisschen an sich selber arbeiten, und seine Programme, die dann immer im Hirn ablaufen, wenn man en Hund nur schon sieht. Sprecher: Ein junger Mann im roten Anorak. Er wollte eigentlich eine Runde laufen, hat sich aber einen Bänderriss im rechten Fuß zugezogen. Also geht er am frühen Morgen spazieren, mit Hund. Der Wald liegt ruhg da. Kaum jemand ist auf den Wegen, die zwischen wuchtigen Buchen und dunklen Edeltannen ins Tal hinabführen. O-Ton Jogger mit Hund: Das sind, wenn man`s komplett läuft 18 Kilometer, und da ist man dann ein bisschen länger als ne Stunde unterwegs. Ne Stunde 55, Stunde 50 ab und zu. Sprecher: Seine Hündin läuft frei herum. Ein mittelgroßer, hellbrauner Retriever. Die beiden bilden ein gutes Gespann, denke ich, ohne die üblichen Reibereien. O-Ton Jogger mit Hund: Autor: Läuft der immer mit? Bei Strecken bis 20 Kilometer nehm ich sie immer mit. // Jetzt um die Uhrzeit würde ich sie auf keinen Fall an die Leine nehmen, weil Sie sehen ja selber, ist nix los, und 8

wenn mal ein Radfahrer kommt, dann läuft die schön bei Fuß auf Kommando, alles gut. Sprecher: Das habe ich schon oft gehört. Eine Leine hat der Mann gar nicht erst dabei. Ich gehe eine Weile mit und bin neugierig, wie er, der Läufer und Hundehalter zugleich ist, die Situation im Wald beurteilt. Vielleicht kann ich hier etwas lernen. O-Ton Jogger mit Hund: Im Prinzip ist es mit den Hundebesitzern so wie mit den Computernutzern, das Problem ist meistens hinter dem Computer. Also soll heißen, wenn das Herrchen doofe Entscheidungen trifft, dann kann der Hund in den meisten Fällen eigentlich nichts dafür. Falls es zu komischen Situationen kommt, also wenn Frauchen ihre Hunde von der linken auf die rechte Seite ruft, obwohl man gerade vorbeilaufen will, dann ist das einfach unklug //, die Hunde können nix dazu. Atmo 4: Vögel zwitschern O-Ton Jogger mit Hund: Autor: Haben sie mal ein konkretes Beispiel? Ja genau so, wie ich`s geschildert hab, ist es mir halt in der Hildener Heide passiert, ne, eigentlich war die Situation klar, ich hätte locker an den Hunden vorbeilaufen können, und Frauchen wechselt extra den Weg und ruft die Hunde von der einen Seite auf die andere, das war das Dümmste, was man machen konnte. Sprecher: Von oben kommt ein übergewichtiger Mann heran gelaufen, von der anderen Seite ein Spaziergänger. Wir stehen am Wegesrand und beobachten, was passiert: Atmo 1: jemand joggt, heftiges Atmen O-Ton Jogger mit Hund: Schritte nähern sich. Ich mein, das ist ja jetzt auch ein gutes Beispiel, der Hund steht ja völlig ungerührt, guckt sich das an, und // die ist die Situationen halt auch gewohnt, ne, und ganz besonders erschrecken sich Hunde dann, wenn sie sowas noch nie oder nicht häufig sehen, ne. Sprecher: Ich aber begreife allmählich, was ich in der Vergangenheit falsch gemacht habe: die Hunde argwöhnisch fixiert und zugesehen, dass ich möglichst schnell an ihnen vorbei kam. Dazu mein heftiges Atmen und die rudernden Armbewegungen. Das wirkte bedrohlich auf sie. O-Ton Jogger mit Hund: Im Prinzip hilft immer Geschwindigkeit minimieren. // Wenn nicht mehr so viel // Action ist, beruhigt sich eben auch der Hund. // Aber grundsätzlich sollte der Hundehalter schon drauf achten, dass jeder sich frei bewegen kann und Hunde sind halt Hunde, es bleiben Tiere, da muss man es halt nicht immer drauf ankommen 9

lassen. So nach dem Motto, der tut nix, das funktionert halt vielleicht 99 Mal, beim 100sten Mal geht`s dann doch schief. Autor: Ja, das sind so die Dinge, wo ich drauf achte, ich achte darauf, was macht der Halter, und was macht der Hund. Am besten ist vielleicht auch ignorieren, gar nicht hingucken. Sprecher: Aber geht das? Bei dieser Phobie, die ich ja manchmal selbst schon für albern halte? Vielleicht bräuchte ich psychologischen Beistand! Wer sich in etwas hineinsteigert, müsste doch auch wieder herausfinden. Learning bei doing. Vielleich ist es gar nicht so schwer. O-Ton Jogger mit Hund: Grundsätzlich immer ein wachsames Auge, was macht der, besonders wenn ich kein Herrchen ausmachen kann, was es ja auch manchmal gibt, ne. Hund allein auf weiter Flur, wem gehört der? Wo gehört der hin? Was macht der jetzt? Haha. Warum ist der hier? Also das sind alles so Sachen, das finde ich, muss nicht sein, das würde insgesamt ja das Verhältnis von allen, ne, die irgendwie hier so Freizeiträume nützen, einfach nur verbessern, wenn jeder da für sich so`n bisschen sich zurücknehmen würde. Sprecher: Seit einiger Zeit jogge ich wieder, im Wald. Ich genieße es, zwischen großen Eichen und Birken herumzulaufen, den freien Blick ins Tal, wenn die Sonne auf das weiße Häusermeer scheint, oder den Regen, wenn ich verschwitzt laufe und es mir völlig egal ist, wie nass ich bin. Ein paar Schrecksekunden gibt es immer noch. Aber ich komme damit klar. Dem schwarzen Mischling bin ich noch einmal begegnet. Das Herrchen hielt ihn an der Leine. Ich beachtete ihn nicht weiter.

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