SWR2 OPER. Gaetano Donizetti: Roberto Devereux. Moderationsmanuskript von Ulla Zierau. Sonntag, , Uhr

SWR2 OPER Moderationsmanuskript von Ulla Zierau Gaetano Donizetti: „Roberto Devereux“ Sonntag, 31.01.2016, 20.03 Uhr Bitte beachten Sie: Das Manuskr...
Author: Helga Schmitt
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SWR2 OPER Moderationsmanuskript von Ulla Zierau

Gaetano Donizetti: „Roberto Devereux“ Sonntag, 31.01.2016, 20.03 Uhr

Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. 1

71 Opern hat Gaetano Donizetti in gut 25 Jahren geschrieben, eine enorme Leistung. Und wie viele kennen wir aus dem Repertoire der Opernhäuser, kaum mehr als fünf: Lucia di Lammermoor, Anna Bolena, der Liebestrank, Don Pasquale vielleicht noch die Regimentstochter. Dabei lohnt es sich, auch mal abseits dieser Erfolgs-Garanten im Schaffen Donizettis zu stöbern, da findet man manch ein Juwel. Das Teatro Real in Madrid hat im vergangenen Jahr einen solch unbekannteren Schatz Donizettis ins Programm genommen, eine Produktion der Welsh National Opera Cardiff: „Roberto Devereux oder Der Graf von Essex", Oper in 3 Akten, nach der Tragödie "Elisabeth d'Angleterre" von François Ancelot, mit einem Libretto von Salvatore Cammarano. Wir senden im SWR2 Opernabend einen Mitschnitt vom 28. September 2015 aus dem Teatro Real. Die Ausführenden sind: Elisabetta, Königin von England: Mariella Devia Herzog von Nottingham: Marco Caria Sara, Herzogin von Nottingham: Silvia Tro Santafé Roberto Devereux, Graf von Essex: Gregory Kunde Lord Cecil: Juan Antonio Sanabria Sir Gualtiero/Sir Walter Raleigh: Andrea Mastroni Page: Sebastián Covarrubias Vertrauter Nottinghams: Koba Sardalashvili Chor und Orchester des Teatro Real Leitung: Bruno Campanella „Roberto Devereux“ ist eine der historischen Opern Donizettis. Nach „Anna Bolena“ und „Maria Stuarda“ das dritte und letzte Werk der sogenannten Tudor-Opern. Alle drei erzählen eine Geschichte über das walisische Adelsgeschlecht aus dem Hause Tudor. Der Inhalt ist kaum politisch geprägt, allein die Figuren sind historisch: Elisabetta, Königin von England, Roberto Devereux, der Graf von Essex und der Herzog von Nottingham mit seiner Frau Sara. Im Mittelpunkt der Oper stehen diese vier Figuren, ihre Schicksale und emotionalen Beziehungen. Roberto Devereux hatte einst ein Verhältnis mit der englischen Königin Elisabetta. Inzwischen hat er sich in deren Gesellschafterin Sara verliebt, die seine Gefühle insgeheim erwidert. Elisabeth spürt, dass ihr Geliebter auf Abwegen ist und schickt ihn zur Läuterung auf einen Feldzug nach Irland. Dort handelt er eigenmächtig mit den Aufständischen einen Waffenstillstand aus, daraufhin wird er seines Amtes als Stadthalter enthoben. In London soll er nun wegen Hochverrats vor Gericht gestellt werden. Nicht wissend, dass Sara ihre Rivalin ist, verfügt die Königin über ihre Gesellschafterin und verheiratet sie mit dem Herzog von Nottingham, dem besten Freund Roberto Devereuxs. Spätestens jetzt weiß jeder Vernünftige, das kann nicht gut gehen. Zwei Frauen lieben denselben Mann, eine davon ist auch noch mit dem besten Freund des Mannes verheiratet. Soweit die Vorgeschichte, die Katastrophe nimmt ihren Lauf. London, 1601. Sara, Herzogin von Nottingham und Gesellschaftsdame der Königin kann ihre Tränen vor der höfischen Gesellschaft kaum verbergen als sie die traurige Geschichte von Rosamond Clifford, der unglücklichen Geliebten von König Heinrich II. von England liest. Sie erkennt darin ihr eigenes Schicksal, ihre unglückliche Liebe zu Roberto, dem engen Vertrauten ihres Mannes.

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Während Roberto auf seine Verurteilung wegen angeblichen Hochverrats wartet, zögert Elisabetta die Verhandlung hinaus. Wenn sie sich nur seiner Liebe wieder sicher sein könnte, würde sie ihn begnadigen. Roberto tritt auf, beteuert seine politische Unschuld. Elisabetta erinnert ihn an den Ring, den sie ihm einst geschenkt hat, er sei immer ein Pfand seiner Sicherheit. Sie schwelgt in Erinnerungen, will Roberto leidenschaftlich zurückerobern, doch er zögert, hält seine wahren Gefühle zurück. Es ist eines der glanzvollsten Liebesduette, das Donizetti je geschrieben hat. In einem unachtsamen Moment verrät Roberto, dass sein Herz einer anderen gehöre. Eifersüchtig braust Elisabetta auf, rasend vor Wut eilt sie davon, um Robertos Todesurteil voranzutreiben. Der Herzog von Nottingham tritt ein. In inniger Vertrautheit umarmt er seinen verzweifelten Freund und erzählt von seinen eigenen Sorgen. Seine junge Frau, Sara, leide an einem ihm unbekannten Kummer, sie wirke oft traurig und abwesend. Dass sich dahinter die Liebe zu Roberto verbirgt, weiß der Herzog von Nottingham nicht. Er verspricht, seinem Freund, die Treue zu halten. Verwirrt bleibt Roberto alleine zurück. In einer großen Szene begegnen sich Sara und Roberto und gestehen sich ihre Liebe. Soweit der erste Akt. In den vier Hauptrollen: Elisabetta, Königin von England: Mariella Devia Sara, Herzogin von Nottingham: Silvia Tro Santafé Roberto Devereux, Graf von Essex: Gregory Kunde Und der Herzog von Nottingham: Marco Caria Hören wir noch kurz die Ansage des spanischen Kollegen…. „Roberto Devereux“, 1. Akt = 60‘59“ „Roberto Devereux oder Der Graf von Essex", Oper in 3 Akten von Gaetano Donizetti nach der Tragödie "Elisabeth d'Angleterre" von François Ancelot mit einem Libretto von Salvatore Cammarano. Das war in SWR2 der erste Akt in einem Mitschnitt aus dem Teatro Real in Madrid vom September 2015. Das Chaos ist perfekt. Die Königin von England liebt – trotz Vermutungen der Untreue – immer noch den Grafen von Essex, Roberto Devereux, der wegen Hochverrats im Gefängnis sitzt. Roberto hingegen liebt die Königin nicht mehr, sondern deren Gesellschaftsdame, Sara, die inzwischen mit dem Herzog von Nottingham unglücklich verheiratet ist, unglücklich, weil sie eigentlich Roberto liebt. Der Herzog macht sich indessen Sorgen um seine melancholische Frau und sucht Rat bei seinem besten Freund, Roberto Devereux, dem eigentlichen Verursacher des Seelenleids beider Frauen. Eine vertrackte Geschichte. Die Protagonisten sind aufs engste miteinander verwoben. Donizetti konzentriert sich voll und ganz auf seine Hauptakteure. Vier charakterstarke Personen ringen um Liebe, Freundschaft, Vertrauen und Ehre. Alle Nebenrollen sind nicht mehr als Stichwortgeber, der Chor spielt kaum eine Rolle, er staunt und beobachtet. Nur im Finale des zweiten Aktes gibt es eine groß angelegte Ensembleszene, ein Terzett zwischen Elisabetta, Roberto und Nottingham, das sich zu einem Quintett entwickelt, mit Lord Cecil und Sir Gualtiero sowie dem Chor. Ansonsten beherrschen die individuellen Schicksale das Drama. Donizetti arbeitet die Soloauftritte und Einzelbegegnungen zu großartigen Arien und Duetten aus, wie das Duett zwischen Elisabetta - Roberto, das Freundschaftsduett 3

Nottingham - Roberto oder das Liebesduett zwischen Sara und Roberto, alle drei im ersten Akt. Donizetti ist den Menschen und ihren Gefühlen ganz nah, er lässt uns mit höchster musikalischer Expressivität in ihre Seelen blicken. Textgetreu fängt er die Emotionen ein, gestaltet sie mit einfallsreichen Melodien und virtuoser Gesangstechnik. Man hört die Tränen, die Sara in den Augen stehen, wenn sie an ihre unglückliche Liebe denkt. Man hört den Freundschaftsbund zwischen Nottingham und Roberto, ebenso die Verletzungen des betrogenen Ehemanns, die Nottingham in seiner melancholischen Kavatine äußert. Fast könnte man bei Nottingham schon an Verdis Renato in „Un ballo in maschera“ denken, der seine Frau emotional auch an seinen besten Freund verliert. Donizetti und sein Librettist Cammarano konzentrieren sich auf einzelne Momente, Begegnungen, Gefühlsregungen und an Hand dieser Momente entfalten sie mannigfache Charaktere. Die Titelfigur, Roberto, ist ein rebellischer Kämpfer, erweist sich in seiner großen Solonummer im Tower von London im dritten Akt aber auch als feinfühliger Ehrenmann. Er trotzt dem Tod, hofft auf das Pfand der Königin, den Ring, der ihn retten soll, aber nicht um mit Sara, der Frau seines Freundes glücklich zu werden, sondern um deren Unschuld zu beweisen, deren Ehre zu retten. Der interessanteste Charakter in der Oper, ist der der Königin. In Duett mit Roberto gibt sie sich leidenschaftlich, liebevoll, zärtlich, im weiteren Verlauf aber auch leicht erregbar und eifersüchtig. Im zweiten Akt schwört sie auf Rache, ist willensstark, selbstbewusst, schimpft Roberto einen Feigling, Frevler und Lügner und schickt ihn fort mit den Worten „Va, la morte sul capo ti pende“ – „Geh mit dem Tod im Nacken…“ In all ihren extremen Gefühlsregungen hofft Elisabetta bis zuletzt, dass Roberto das Liebespfand, den Ring einlöst, so dass sie ihm vergeben und vor dem Tod bewahren kann. Doch alles Hoffen ist umsonst. Der Geliebte muss sterben. Dem Wahnsinn nahe vergisst Elisabetta all ihre Pflichten. In einer Vision sieht sie ein Gespenst, das den Kopf des Toten durch das Schloss trägt. „Roberto Devereux“ ist nicht nur eine ausgereifte Belcanto-Oper, sondern ein wahres Charakterstück. Der zweite Akt beginnt mit der Verkündung des Todesurteils Robertos. Die Verteidigungsreden des Grafen Nottingham sind folgenlos geblieben. Jetzt muss die Königin nur noch das Urteil unterschreiben. Zuvor will sie Roberto noch einmal sehen, ihn zur Rede stellen. Sie konfrontiert ihn mit einem Liebespfand, einem blauen Tuch, das man bei seiner Verhaftung bei ihm gefunden hat. Nottingham erkennt das Tuch, Sara hat es einst genäht. Bis zuletzt hat Nottingham zu seinem Freund gehalten, jetzt durchschaut er die verhängnisvolle Situation. Seine Frau und sein Freund haben ihn betrogen. Er stürzt sich mit dem Schwert auf Roberto. Die Königin trennt die beiden, lässt Roberto abführen und unterschreibt das Todesurteil. „Roberto Devereux“, 2. Akt = 24‘34“ „Roberto Devereux“ in SWR2. Das war der 2. Akt der Donizetti-Oper mit Mariella Devia als Elisabetta, Königin von England, Silvia Tro Santafé als Sara, Herzogin von Nottingham, Gregory Kunde in der Titelrolle Roberto Devereux, Graf von Essex, Marco Caria als Herzog von Nottingham, Juan Antonio Sanabria als Lord Cecil und Andrea Mastroni als Sir Gualtiero. Bruno Campanella leitet Chor und Orchester des Teatro Real in diesem liveMitschnitt aus Madrid vom 28. September des vergangenen Jahres. In nur wenigen Wochen hat Gaetano Donizetti den „Roberto Devereux“, seine 57. von insgesamt 71 Opern geschrieben, vermutlich in seinen schwersten Wochen. Im Frühjahr 4

1837 hatte er einen Vertrag über eine neue Oper mit dem Teatro San Carlo in Neapel geschlossen. Salvatore Cammarano sollte das Libretto schreiben. Er bearbeitete die Tragödie "Elisabeth d'Angleterre" von François Ancelot und bediente sich in Felice Romanis Melodramma „Il conte d’Essex“, das Saverio Mercadante wenige Jahre zuvor für Mailand vertont hatte. Die Kopie war so offensichtlich, dass Romanis Witwe Plagiatsvorwürfe erhoben hat. Doch das beschäftigte Donizetti wenig. Er hatte andere Sorgen. Im Jahr zuvor hatte er seine Eltern verloren, seine Frau hatte ein totes Mädchen zur Welt gebracht. Auch das zweite Kind, ein Sohn wurde tot geboren und kurz darauf ist auch Virginia, seine geliebte Frau, mit nur 28 Jahren gestorben. Donizetti war verzweifelt, doch er musste in dieser trostlosen Zeit weiterarbeiten, an seinen Lebensunterhalt denken. Der größte Teil von „Roberto Devereux“ muss in den vier Wochen nach dem Tod seiner Frau entstanden sein. Suchte Donizetti nach Zerstreuung oder nach Trost? Drängte er all seine seelischen Schmerzen zur Seite oder ließ er seine Emotionen in die Musik, in der Gestaltung der Figuren miteinfließen? Wir wissen es nicht. Außerdem tobte in diesen Wochen und Monaten in Neapel eine furchtbare Cholera, an der in der akuten Phase bis zu 300 Menschen am Tag starben. Das öffentliche Leben lag fast still. Die Proben zu „Roberto Devereux“ mussten immer wieder verschoben werden. Hinzu kamen Einwände der neapolitanischen Zensur gegen das Libretto, eine politische Hinrichtung dürfe nicht Gegenstand einer Oper sein. Trotz widriger Umstände und einiger Verzögerungen wurde die Oper am 29. Oktober 1837 im Teatro San Carlo in Neapel uraufgeführt. Mit großem Erfolg. Donizetti standen die besten Sänger des Ensembles zur Verfügung. Bald wurde „Roberto Devereux“ in ganz Italien gespielt, ebenso im Théâtre-Italien in Paris, in London, Sankt-Petersburg, Wien. Doch nach ein paar Jahren war Schluss. Die Oper geriet in Vergessenheit. Erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wurde „Roberto Devereux“ als Geheimtipp wiederentdeckt, als große Belcanto-Oper, vor allem wegen der Rolle der Elisabetta. In ihr glänzten Beverly Sills, Montserrat Caballé und in den vergangenen Jahren die Koloraturkönigin Edita Gruberova, die die Partie in Zürich in Wien und in München gesungen hat. In unserem Mitschnitt aus dem Teatro Real in Madrid singt Mariella Devia die Elisabetta. Nach 15 Jahren Abstinenz war die Italienerin im Juni 2014 mit dieser Rolle in die USA zurückgekehrt. Es gab eine konzertante Aufführung in der Carnegie Hall und im vergangenen Jahr dann die szenische Aufführung in Madrid. Eine überzeugende und mitreißende Leistung, wirklich bemerkenswert, denn die Primadonna wird in diesem Jahr 68 Jahre alt und ans Aufhören denkt sie noch nicht. Im März wird sie die Elisabetta in Genua singen. Wir hören Mariella Devia jetzt im dritten Akt des „Roberto Devereux“. An ihrer Seite: Sara, Herzogin von Nottingham: Silvia Tro Santafé, Roberto Devereux, Graf von Essex: Gregory Kunde und der Herzog von Nottingham: Marco Caria. Der dritte Akt beginnt in Saras Gemächern. Sie hat von Roberto einen Brief aus dem Gefängnis erhalten mit dem Ring, den sie Elisabetta geben soll. Nottingham entreißt seiner Frau den Brief und kündigt an, sie so lange gefangen zu halten bis das Todesurteil an Roberto vollstreckt sei. Währenddessen sitzt Roberto im Kerker und hofft, dass Sara ihre Mission erfüllen kann. Er will Saras Ehre retten, ihre Unschuld beweisen und dann durch die Hand seines Freundes Nottingham sterben.

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Dem Wahnsinn nahe wartet Elisabetta auf ein Zeichen Robertos, er muss ihr den Ring überbringen lassen, damit sie ihn retten kann. Da stürzt Sara herein, gibt sich als Geliebte Robertos zu erkennen und übereicht der Königin den Ring. Elisabeth will die Hinrichtung stoppen, doch es ist zu spät. Von draußen hört man einen lauten Schuss. Das Urteil ist vollzogen. Nottingham triumphiert. Elisabetta lässt beide, Nottingham und seine Frau Sara abführen. In einer schrecklichen Vision erscheint ihr das Haupt Robertos. Die Königin sieht an der Stelle ihres Thrones ein Grab, in das sie hinab steigen will. Sie bricht zusammen. „Roberto Devereux“, 3. Akt = 42‘02“ „Roberto Devereux“, Oper in drei Akten von Gaetano Donizetti in einem Mitschnitt vom 28. September 2015 aus dem Teatro Real in Madrid. Die Sänger waren: Elisabetta, Königin von England: Mariella Devia Herzog von Nottingham: Marco Caria Sara, Herzogin von Nottingham: Silvia Tro Santafé Roberto Devereux, Graf von Essex: Gregory Kunde Lord Cecil: Juan Antonio Sanabria Sir Gualtiero/Sir Walter Raleigh: Andrea Mastroni Page: Sebastián Covarrubias Vertrauter Nottinghams: Koba Sardalashvili Chor und Orchester des Teatro Real Leitung: Bruno Campanella Nächsten Sonntag senden wir in der SWR2 Oper von den Herbstlichen Tagen Bad Urach "Das Dreimäderlhaus" von Heinrich Berté, ein Singspiel in 3 Akten nach dem Roman "Schwammerl" von Rudof Hans Bartsch mit Musik nach Franz Schubert.

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