Susanne Worbs Antonia Scholz

Die Optionsregelung aus der Sicht von Betroffenen. Ergebnisse der qualitativen und der quantitativen Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtli...
Author: Ernst Michel
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Die Optionsregelung aus der Sicht von Betroffenen. Ergebnisse der qualitativen und der quantitativen Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Susanne Worbs Antonia Scholz 02.07.2012

Gliederung des Vortrags

I.

Hintergrund der Studien

II. Empirische Basis III. Ausgewählte Resultate

IV. Zusammenfassung

I. Hintergrund der Studien Seit 01.01.2008: Optionsverfahren bei den deutschen Staatsangehörigkeitsbehörden

Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die 17. Legislaturperiode: Überprüfung der Erfahrungen mit den ersten Optionsfällen

Auftrag an die BAMF-Forschungsgruppe zu zwei empirischen Studien

II. Empirische Basis Qualitative Untersuchung: „Die Optionsregelung im

Staatsangehörigkeitsrecht aus der Sicht von Betroffenen“ 27 Leitfadeninterviews und eine Gruppendiskussion mit Optionspflichtigen im Großraum Nürnberg (ab Alter 16), September

2010 bis Mai 2011 Inhaltliche Schwerpunkte: Erleben des Optionsverfahrens, Entscheidungsverhalten, Behördenkontakt, Rolle des sozialen Umfelds, Zukunftsplanung Zielsetzung: Test der Zugänglichkeit und Exploration des Forschungsfeldes, Unterstützung der Fragebogenentwicklung für das quantitative Projekt

II. Empirische Basis Quantitative Untersuchung: „Einbürgerungsverhalten von

Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland sowie Erkenntnisse zu Optionspflichtigen“ Standardisierte, persönlich-mündliche Befragung von 401

Optionspflichtigen in 23 Städten bundesweit (ab Alter 16), April bis Juni 2011 Inhaltliche Schwerpunkte: Ähnlich wie qualitativ + Erhebung von Integrationsindikatoren (kulturell, strukturell, sozial, identifikativ) Zielsetzung: Quantifizierung von Erkenntnissen zum Optionsverfahren und zum Entscheidungsverhalten der Optionspflichtigen

II. Empirische Basis 

In beiden Studien wurden ausschließlich Optionspflichtige mit Einbürgerung nach Paragraph 40b StAG befragt.



Nur diese hatten schon entsprechendes Alter



Besondere Gruppe: Einbürgerungsentscheidung der Eltern



Herkunftsländer der Eltern: Schwerpunkt Türkei und früheres Jugoslawien, daneben eine Reihe weiterer HKL



Grundlage jeweils Daten der Melde- bzw.

Staatsangehörigkeitsbehörden der Städte

III. Ausgewählte Resultate Entscheidungstendenz „ Also für mich ist es eigentlich von vornherein klar, dass ich bei der deutschen Staatsbürgerschaft bleibe.“ [B04]

„Naja, eigentlich hätt‘ ich halt nur diesen Wunsch, dass ich auch alles beides behalten darf, aber wird wahrscheinlich nicht so sein […] Höchstwahrscheinlich muss ich den deutschen nehmen.“ [B07] „ … ich bin wirklich planlos bis jetzt.“ [B25]

III. Ausgewählte Resultate Entscheidungstendenz – „Antworter“ 9,8%

0,9%

1,3%

für die deutsche für die ausländische Beibehaltungsantrag gestellt keine Angabe

88,0%

Basis: Optionspflichtige ab 18 Jahren, die mindestens ein Schreiben erhalten und der Staatsangehörigkeitsbehörde bereits eine Antwort mitgeteilt haben (N=99)

III. Ausgewählte Resultate Entscheidungstendenz – „Noch-nicht-Antworter“ 20,1% optiere für die deutsche werde Beibehaltungsantrag stellen

10,5%

bin noch unentschlossen 69,4%

Basis: Optionspflichtige ab 18 Jahren, die mindestens ein Schreiben erhalten, der Staatsangehörigkeitsbehörde aber noch keine Antwort mitgeteilt haben (N=73)

III. Ausgewählte Resultate Wissensstand und Inanspruchnahme von Beratung „Irgendwie wurde mir manchmal gesagt, ich müsste mich mit 18 entscheiden und irgendwann mit 21 und mal mit 24 oder 23 …“ [B09] „ … und dann ähm, weiß ich nicht, halt wenn ich 'nen Termin bekomme zur Entscheidung, da geh ich hin und entscheid mich für die deutsche Staatsangehörigkeit.“ [B14]

III. Ausgewählte Resultate Wissensstand und Inanspruchnahme von Beratung 0%

20%

Ich hoffe, dass das Gesetz geändert wird und ich beide/alle Staatsangehörigkeiten behalten kann Man muss erst mal viele andere Dinge regeln, wenn man volljährig ist

Es hat keine rechtlichen Konsequenzen, wenn ich nicht antworte

Ja

Nein

40%

60%

64,2

44,1

33,9

keine Angabe

80%

35,0

52,1

56,9

100%

III. Ausgewählte Resultate Wissensstand und Inanspruchnahme von Beratung 

Weniger als ein Fünftel (17,1 %) aller befragten Optionspflichtigen in der quantitativen Studie hat sich unabhängig vom Schreiben der Behörde - schon einmal über die Optionspflicht informiert. Dabei spielen vor allem die Familie (Eltern), Freunde und Bekannte sowie das Internet eine Rolle.



92,1 % der Befragten haben bisher keine Beratung in Anspruch genommen. Die wenigen, es getan haben,

haben dazu größtenteils die lokale Staatsangehörigkeitsbehörde aufgesucht.

III. Ausgewählte Resultate Motive der Optionsentscheidung „… man muss es schon einsehen, die deutsche ist echt besser, wenn man auch hier lebt, hier was erreichen will ...“ [B05]

„… weil ich schließlich hier lebe und meine Eltern haben auch die deutsche Staatsbürgerschaft (…) ich fühle mich wohler, wenn ich auch die Staatsbürgerschaft habe, von dem Land, in dem ich auch lebe.“ [B04]

III. Ausgewählte Resultate Pragmatische Motive 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Weil ich alle Rechte eines Deutschen behalten will

86,4

12,9

Weil ich die Vorteile eines EU-Bürgers behalten wollte/will (z.B. in anderen EU-Ländern leben/ arbeiten oder bei Reisen)

85,3

13,0

Weil meine beruflichen Chancen mit deutscher Staatsangehörigkeit besser sind

82,3

16,6

wichtig

nicht wichtig

keine Angabe

III. Ausgewählte Resultate Emotionale Motive 0%

20%

Weil ich schon immer hier lebe

Weil ich in Deutschland geboren bin

Weil ich mich in Deutschland verwurzelt fühle

wichtig

nicht wichtig

40%

60%

83,4

76,4

69,1

keine Angabe

80%

100% 16,6

23,0

30,7

III. Ausgewählte Resultate

Rolle des sozialen Umfelds „Auch die Eltern haben gesagt: Ach das ist doch klar, natürlich wirst du dich für die deutsche entscheiden. (…) wir haben‘s ja nicht umsonst gemacht, sonst hättest du jetzt die türkische. Wir wollten, dass ihr die deutsche habt und jetzt wollen wir auch natürlich, also ohne euch zu beeinflussen, dass ihr die deutsche behaltet.“ [B19]

III. Ausgewählte Resultate Rolle des sozialen Umfelds 0%

20%

40%

Eltern

Freunde

Partner/in

Unterstützung

60%

82,7

53,0

43,5

100%

3,6 12,8

9,2

31,6

30,1

7,8

Ablehnung

teilweise Unterstützung/Ablehnung weder noch weiß nicht

80%

keine Angabe

3,4 2,0

18,1

III. Ausgewählte Resultate Konfliktbelastung „Ich bin sozusagen Deutsche und Türkin, ich bin beides zugleich […] Und dann als Deutsche und Türkin muss ich mich jetzt entscheiden für eine Staatsbürgerschaft, also Deutsche oder Türkin. Also dieses und fällt dann weg.“ [B13]

III. Ausgewählte Resultate Konfliktbelastung 0%

Sich zu jung für die Entscheidung fühlen

20%

20,7

40%

60%

14,6

64,1

Sich mit der Entscheidung überfordert fühlen, weil man die Auswirkungen nicht abschätzen kann

24,1

14,5

59,8

Entscheidung für deutsche unter Verlust der anderen Staatsangehörigkeit fällt schwer

22,1

15,8

59,9

Zustimmung

teils/teils

Ablehnung

80%

100%

III. Ausgewählte Resultate

Konfliktbelastung 0%

Gewissenskonflikte im Zusammenhang mit der Aufgabe der anderen Staatsangehörigkeit

20%

40%

12,9 15,5

Zustimmung

teils/teils

60%

70,6

Ablehnung

80%

100%

IV. Zusammenfassung

 Klare Tendenz zur deutschen Staatsangehörigkeit  Wissenstand: Fehleinschätzungen und geringe Inanspruchnahme von Beratung

 Motive der Entscheidung: Pragmatismus überwiegt, Lebensmittelpunkt in Deutschland

 Breite Unterstützung seitens der Eltern, gemischteres Meinungsbild bei den Gleichaltrigen

 Mehrheitlich konfliktarmer Entscheidungsprozess

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!