Gerhard Ammerer und Ingonda Hannesschläger (Hg.)

Strategien der Macht Hof und Residenz in Salzburg um 1600 – Architektur, Repräsentation und Verwaltung unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau 1587 bis 1611/12

Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 28. Ergänzungsband

Salzburg 2011

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Der Tod in den Sternen – Wolf Dietrich zwischen Verheißung und Erfüllung VON CHRISTOPH BRANDHUBER

Als nach Wolf Dietrichs Besetzung von Berchtesgaden die bayrischen Truppen gegen Salzburg rückten, stand der Fürsterzbischof vor der Entscheidung, sich dem Feind entgegenzustellen oder die Flucht zu ergreifen.1 Die Prozessakten schildern als Schreckensbild seiner untergehenden Herrschaft, der Raitenauer habe in dieser Situation eine Totenbeschwörung (necromantia) vornehmen lassen, durch die er den Ausgang der Schlacht erfahren wollte.2

bersprüchen erhob sich die Leiche und weissagte den Untergang des Hauses von Pompeius. König Saul und Sextus Pompeius stürzten sich im Bewusstsein der bevorstehenden Niederlage in die Schlacht.

Die Totenbeschwörung des Erzbischofs Die schauerliche Szene einer Totenbeschwörung, von den Gegnern des unterlegenen Erzbischofs gekonnt ersonnen, erinnert zunächst an Saul und die Hexe von Endor (Abb. 1) im ersten Buch Samuel (28, 3-25): Vor dem Krieg gegen die Philister überfiel König Saul „große Furcht“ und sein „Herz begann zu zittern.“3 In seiner angsterfüllten Not, berichtet das Alte Testament, suchte er eine Zauberin auf, die sich auf die Kunst verstand, Tote zum Leben zu erwecken. Die Hexe von Endor beschwor den Geist des Propheten Samuel. Dieser sagte Saul seinen Untergang vorher und tatsächlich fiel der König am darauffolgenden Tag. Die Einzelheiten einer Totenbeschwörung überliefert der römische Dichter Lukan in seinem Bürgerkriegsepos Pharsalia (6, 507–830): Nach der bekannten Darstellung wollte Sextus Pompeius von der Hexe Erichtho den Ausgang der Schlacht von Pharsalos wissen. Die Hexe bediente sich eines gefallenen Kriegers, dessen Wunden sie mit Blut füllte, das sie zuvor mit dem Geifer tollwütiger Hunde, den Eingeweiden des Luchses, dem harten Nackenwirbel der Hyäne und der Asche des Wundervogels Phoenix aufgekocht hatte. Nach unheimlichen Zau-

Abb. 1: Saul und die Hexe von Endor, Tafel 402 aus: Johann Jacob Scheuchzer, Kupfer-Bibel (Augsburg 1733) (UBS, Sign. 89.910 III)

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Abb. 2: Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau mit Armillarsphäre und Stadthintergrund (Salzburg Museum, Inv.-Nr. 355/37)

Wie die Salzburger Prozessakten berichten, habe auch Wolf Dietrich feststellen müssen, dass er gegen die unheilvolle Verheißung seiner Totenbeschwörung „kein Heilmittel anwenden und der Gewalt Gottes nicht entgehen könne.“ Zu spät wäre ihm durch das Orakel das drohende Unheil prophezeit worden, als dass er die widrigen Mächte noch hätte bannen können. Schicksalsergeben erklärte er später: „der Stichtag war gekommen und der Zeitabschnitt setzte bereits ein.“4 Die Zukunft ließ sich nicht mehr aus ihrer Bahn werfen. Vom wahren Kern Nährboden dieser Anschuldigungen dürfte Wolf Dietrichs Vorliebe für Astrologie gewesen sein (Abb. 2), die aber – das sei an dieser Stelle vorweg-

genommen – machtpolitischem Kalkül entsprang. In seinem Interesse für übersinnliche Kräfte, Fähigkeiten und Mächte war der Raitenauer ganz Kind seiner Zeit, nicht abergläubischer als die anderen Herrscher jener Epoche. Auch die ihm nachfolgenden Fürsterzbischöfe begeisterten sich für Alchemie, Astrologie und Wahrsagerei: Guidobald Graf von Thun schloss am 18. Mai 1664 einen Vertrag mit dem Mainzer Domherrn Dietrich Caspar Freiherr von Fürstenberg,5 der ihm beibringen wollte, wie auß gemainen gueten Eÿßen ein gueter Stahel gemacht werden könne und wie sich aus Silber goldt gewünen ließe.6 Maximilian Gandolph Graf von Kuenburg besaß die Prophezeiungen des Nostradamus, wovon die mit seinem Supralibros versehene Werkausgabe in der Universitätsbibliothek zeugt (Abb. 3).7 Und noch in der Leichenrede des Leopold Anton Eleutherius Freiherrn von Firmian (1744) wurde von einer okkulten Sitzung des fürsterzbischöflichen Vaters berichtet, dem die gottselige Schwester Johanna vom Heiligen Kreuz8 in pythischer Ekstase geweissagt haben soll: Es werde ihm auß einem glückseeligen Ehe=Bund drey Söhn gebohren werden, auß welchen der Erstgeborene einstens als ein grosses Hirten=Haubt in der Kirchen Gottes gläntzen werde: Groß wird er seyn vor den Augen der Göttlichen Majestät, und der Menschen.9 Dass man allein Wolf Dietrich einen übertriebenen Hang zum Okkultismus anlastete, zeigt, mit welchen Mitteln der Prozess gegen den gefangenen Landesfürsten in Rom geführt wurde. Dem Erzbischof, der angeblich wie Nero einen Brand für seine übertriebenen Baugelüste genutzt,10 der womöglich seine Concubine geheiratet11 und vielleicht die Säkularisierung des Erzstifts zugunsten seiner Kinder beabsichtigt habe, dem war auch eine mutmaßliche Totenbeschwörung durchaus anzulasten. Gewiss gründeten diese Vorwürfe in der Hauptsache auf Gerüchten, welche die Gegner Wolf Dietrichs über viele Jahre gezielt gestreut hatten, doch enthält der Großteil der Vorwürfe einen wahren Kern: Wiewohl Erzbischof, zeugte Wolf Dietrich mit der Salzburger Bürgerstochter Salome Alt fünfzehn Kinder, wiewohl er nach seinem Regierungsantritt die protestantischen Bürger der Stadt Salzburg zu vertreiben suchte, stand er mit evan-

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gelischen Fürsten in Briefkontakt, und wiewohl nach dem Dombrand das Mauerwerk fast ganz stehen geblieben und dem alten Gebäude leicht zu helfen gewesen wäre, ließ er dasselbe niederreißen und begann eine ganz neue Domkirche mit unermäßlichem Aufwande zu erbauen.12 Gerade die Baumaßnahmen, das ständige Aufbauen und Abtragen, erweisen sein sprunghaftes Temperament.13 Der unbedachte Übergriff auf die benachbarte Fürstpropstei Berchtesgaden, zu dem sich Wolf Dietrich in Überschätzung seiner militärischen Kräfte hinreißen ließ, führte schließlich seinen selbst verschuldeten Sturz herbei.14 Im Geist Ma chiavellis Die zweite Hälfte von Wolf Dietrichs Regierungszeit fiel mit dem „Bruderzwist im Hause Habsburg“ zusammen.15 Kaiser Rudolph II. (Abb. 4) zog sich immer mehr in das Privatleben am Prager Hradschin zurück, widmete sich nahezu ausschließlich seiner berühmten Kunstsammlung und verfiel zunehmend in Melancholie.16 Er stützte seine Regierung hauptsächlich auf den Rat von Günstlingen, während er seine Brüder nicht an der Macht beteiligen wollte.17 Der Kaiser konnte sich nicht dazu entschließen zu heiraten. Stattdessen lebte er mit einer Reihe von Mätressen – darunter die Enkelin des von Tizian gemalten Antiquitätensammlers Jacopo Strada –, die ihm mehrere Kinder schenkten, welche selbstverständlich von der Erbfolge ausgeschlossen waren.18 Angesichts der zu erwartenden Ambitionen anderer Herrscherhäuser, nach Rudolphs Ableben die Wahl zum Kaiser für sich zu entscheiden, galt die Sorge der kaiserlichen Brüder zunächst der Sicherung der Krone für das Erzhaus. Dies wäre problemlos zu erreichen gewesen, hätte der Kaiser einen seiner Brüder zum deutschen König und damit zum designierten Nachfolger in der Kaiserwürde wählen lassen. Doch war Rudolph II. nicht bereit, seine Macht zu teilen. Zudem wollte er sich die Option offen lassen, doch noch standesgemäß zu heiraten, um einen Nachfolger zu zeugen. Im Tauziehen der kaiserlichen Brüder um die Regelung der Nachfolge im Reich trat Wolf Dietrich auf die Seite von

Abb. 3: Nostradamus (1503–1566), aus: Les Vrayes Centuries et Propheties de Maistre Michel Nostradamus (Amsterdam 1668) (UBS, Sign. R 70.812 I)

Erzherzog Albrecht VII. (Abb. 5), der als Gatte der Infantin Isabella Clara Eugenia die Spanischen Niederlande verwaltete. In dem nahezu vollständig erhaltenen Briefwechsel, der sich heute im Archives Générales du Royaume von Brüssel befindet,19 ersuchte der Habsburger den Raitenauer um ein Gut-

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Abb. 4 (links oben): Kaiser Rudolph II., aus: Hiob Ludolf, Allgemeine Schau-Bühne der Welt (Frankfurt a. M. 1699), Sp. 7/8 (UBS, Sign. R 9.452 III) Abb. 5 (links): Erzherzog Albrecht VII., aus: Johann Philipp Abelin, Theatrum Europaeum (Frankfurt a. M. 1662), S. 358 (UBS, Sign. 8.990 III/1) Abb. 6 (oben): Tycho Brahe, aus: ders., Astronomiæ instauratæ mechanica (Nürnberg 1602) (UBS, Sign. R 77.506 II)

achten, wie die Nachfolge einem von uns drei Brüdern gesichert werden könne. Der Fürsterzbischof riet Albrecht, sich selbst um die Kaiserkrone zu bewerben, da seine Brüder Matthias und Maximilian für unfähig gehalten würden und der Vetter Ferdinand sich durch seine gewaltsamen Restaurationsmassregeln verhasst gemacht habe.20 Schüren müsste man, so setzte Wolf Dietrich im Geist von Machiavelli fort,

den Konflikt zwischen Frankreich und Savoyen, auf dass die Kräfte der Bourbonen im Krieg gebunden blieben. Dann könnten nämlich keine französischen Truppen gegen die Türken gestellt werden und die Wahl des ausländischen Potentaten wäre für die Reichsfürsten ohne Anreiz. Gleichzeitig sollte sich der Erzherzog darum bemühen, die ihm anvertrauten Niederlande zu befrieden – ein Erfolg, den

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Abb. 7: Das Weltbild des Tycho Brahe, aus: Andreas Cellarius, Harmonia macrocosmica seu atlas universalis et novus (Amsterdam 1661) (UBS, Sign. R 80.936 IV)

Spanien und der Kaiser honorieren müssten. Aber der Kaiser wäre seines aignen sinns und wolle selbst herr seiner resolutionen sein, überdies fasse er auch bald argwohn. Die größte Schwierigkeit bestehe also darin, bei Rudolph Gehör zu finden. Wolf Dietrich warnte vor falschen Schlüssen: Obwohl die kaiserliche Majestät melancholisch und zue den audienzen schwerlich, wo nit gar nit zue bewegen, so leiden sie doch sonst an dem verstand kain mangl, sondern nehmen ire sachen scharfsichtig in acht, handeln auch heimblich und für sich selb stark.21 Macht über Rudolph II. zu gewinnen, gelinge nur über den Kreis seiner innersten Privatdiener. Dem Fürsterzbischof war es bereits möglich gewesen, einige vertraute Ratgeber für sich einzunehmen, und auch in Hinblick auf Albrechts Anliegen dachte er bereits an eine gewisse person, die bestimmt über genügend Einfluss verfügen müsste, dem Erzherzog das spiel in die hand zu richten:22 an den kaiserlichen Hofastronomen Tycho Brahe (Abb. 6 und 7). Schwarzkünstler der Macht Kaum jemand würde in Russland Quellen zur Salzburger Landesgeschichte vermuten und doch sind in St. Petersburg Schriften des Raitenauers zu finden. Während die Briefe Tycho Brahes an Wolf Dietrich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts in

Salzburg als verschollen gelten,23 haben sich im Nachlass von Johannes Kepler drei Briefe des Erzbischofs an Tycho Brahe erhalten.24 Über Vermittlung des Mathematikers Leonhard Euler kaufte Zarin Katharina II. die Große 1773 den Nachlass von Johannes Kepler.25 Somit verdankt die Russische Akademie der Wissenschaften einen der kostbarsten Schätze in ihrem Archiv der Sammellaune einer Herrscherin. Seit wann Wolf Dietrich mit dem Prager Hofastronomen in Korrespondenz stand, ist ungewiss. Als einziges Indiz dient derzeit die handschriftliche Widmung Brahes an den Erzbischof in seinem 1598 erschienenen Werk Astronomiæ instauratæ mechanica über astronomische Instrumente, das sich heute in der Bibliothèque nationale in Paris befindet (Abb. 8).26 Das in eleganten elegischen Distichen verfasste Gedicht spielt auf den Ruf Tycho Brahes an den Kaiserhof nach Prag an.

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Provida Diva Poli, cernens instare ruinam, Transtulit hæc aliò, quo mage tuta forent: Indignum reputans, sua sacra perire sub Arcto, Qualia vix alibi splendidus Auster habet: Ergò ea CÆSARIBVS, nunc consecratque dicatque Fulta sub auspiciis, magne RVDOLPHE, tuis. Illustrissimae et Reverendissimae Celsitudinis Vestrae submisse addictissimus Tÿcho Brahe d[ono] d[edi]t „Dem hochgeborenen und hochwürdigsten Fürsten und Herrn, Herrn Wolf Dietrich, dem Erzbischof von Salzburg und Legaten des hl. Stuhls, seinem gütigsten Herrn. Nimm an mit gnädiger Gunst, Fürst Wolfgang, die Instrumente, die geeignet sind, die Sternenbahnen zu beschreiben. Mit diesen beobachtete ich durch dreimal sieben Jahre die Gestirne – solange hielt die Insel Ven27 eine so große Zierde zurück. Aber, sobald die kleine (Insel) so große Triumphe nicht länger zu tragen vermochte und das Schicksal sich zum Schlechten wandelte, versetzte die vorsorgende Göttin des Himmels diese (Instrumente), da sie erkannte, dass Unheil drohte, anderswohin, damit sie desto sicherer wären. Und weil sie es für unwürdig hält, dass ihre Heiligtümer im Norden zugrunde gehen, besitzt der glänzende Süden dergleichen wie kaum anderswo. Deswegen weiht und widmet sie jetzt den Kaisern diese unter deiner Schirmherrschaft gesicherten (Instrumente), großer Rudolph. Eurer hochgeborenen und hochwürdigsten Hoheit demütig ergebenster Tycho Brahe hat (dieses Buch) zum Geschenke gemacht.“

Abb. 8: Eigenhändige Widmung Tycho Brahes an Erzbischof Wolf Dietrich (Bibliothèque nationale de France, Sign. RES–V–230)

REVERENDISS[IM]o PRINCIPI, AC D[OMI]ÑO, D[OMI]ÑO WOLFGANGO THEODORICO Archiepiscopo Salisburgensi, et S[anctæ] Sedis Apostolicæ Legato, D(omi)ño suo clementissimo. Accipe Clementi, Princeps Volfgange, favore Organa, sidereas apta notare vias: His ter septenos lustravimus astra per annos, Sustinuit tantum donec Huenna decus. Ast, ubi tam grandes ea parvula ferre triumphos, Amplius haud valuit, Fataque versa retrò: ILLVSTRISSIMO

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Wohl aufgrund von Wolf Dietrichs Bemühungen zog der Kaiser seinen Bruder Albrecht bald in die engere Wahl seiner Nachfolgekandidaten. Tycho Brahe meldete nach Salzburg, dass er den Auftrag erhalten habe, des Erzherzogs nativitet zue calculieren, also dessen Horoskop zu erstellen. Damit er das werkh desto besser dirigieren könne, möge der Erzbischof den Statthalter der Niederlande um Mitteilung einiger spezieller Vorfälle aus dessen jugend bis auf jezige Zeit ersuchen. Auf diese Weise könne der Kaiser kaum mehr an der Glaubwürdigkeit seiner Kunst zweifeln. Weiters rate er dazu, Erzherzog Albrecht möge dem Kaiser oft und viel schreiben, um ihm vertrauen wie respect zu zeigen.28 Gemäß dem Verlangen der bewusten Person übersandte der Statthalter tatsächlich die gewünschte Relation über besondere Vorkommnisse aus seinem Leben. Auch

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tober 1601 alle Hoffnungen auf Erfolg: Als er sich während eines Gastmahls der strengen Etikette wegen nicht zu erheben getraute, starb Tycho Brahe an den Folgen eines Harnblasenrisses.31 Die Sterne lügen nicht

Abb. 9: Wolf Dietrich von Raitenau mit einem Brief Ad Sac[ram] Cæs[aream] Ma[ies]t[a]tem – „an die kaiserliche Majestät“ (Salzburg Museum, Inv.-Nr. 22/25)

versprach er, sich beim Kaiser durch Schreiben in der angedeuteten Weise zu empfehlen.29 Den Brief aus Brüssel leitete Wolf Dietrich umgehend an Tycho Brahe nach Prag weiter. Dem Kaiser aber teilte der Fürsterzbischof seine forcht und sorg mit, er könne durch die erwehlung eines römischen Königs umb die autoritet kommen und in verkleinerung geratten (Abb. 9). In seinen Augen würde Erzherzog Matthias diesen verdacht nicht wenig bestärken, während von Erzherzog Albrecht bestimmt nichts Nachteiliges zu fürchten sei.30 Schon konnten sich Wolf Dietrich und Albrecht VII. über die klug eingefädelte Intrige freuen, da zerschlugen sich mit dem Tod des Prager Vertrauensmanns am 24. Ok-

Rudolph II. glaubte, die Fügung des Schicksals aus der Gesetzlichkeit der Sterne ablesen zu können. Nach dem Tod von Tycho Brahe übernahm Johannes Kepler die Aufgabe, für den Kaiser Horoskope zu erstellen.32 Er hatte beispielsweise die Nativität, also den Stand der Gestirne bei der Geburt, von Kaiser Augustus33 und König Jakob I. von Großbritannien34 zu berechnen oder musste Prognostica über die Stadtgründung Roms35 sowie den Konflikt zwischen Papst Paul V. und Venedig entwerfen.36 Brennend interessierte den Kaiser, ob die Sterne die Ermordung König Heinrichs IV. von Frankreich angezeigt hätten.37 Kepler verglich auch das Horoskop des Kaisers mit dem seines Bruders Albrecht, kam jedoch nicht zu dem von Wolf Dietrich gewünschten Ergebnis.38 Auch der Raitenauer scheint bei Astrologen Horoskope für sich bestellt zu haben. So behauptete Wolf Dietrich nach seinem Sturz, er habe „aus den Horoskopen gelesen, daß sein eigener und Kaiser Rudolphs Untergang gleichzeitig erfolgen werden.“39 Wenn auch bisher kein Horoskop Wolf Dietrichs aufgetaucht ist, so lässt sich die Anspielung des Erzbischofs durch das von Kepler entworfene Horoskop Kaiser Rudolphs II. (Abb. 10) verstehen. Der kaiserliche Hofastronom berechnete, dass sich Saturn und Jupiter zwischen November 1611 und September 1613 viermal gegenüberstehen würden.40 Diese für Herrscher unheilvolle Konstellation müsse sich auf alle hohe häupter der welt Irer Nativitet halben auswirken und könne nicht ohne einen grossen tumult verschwinden. Die erste Opposition trete vom 17. November bis zum 14. Dezember 1611 ein. Sie sei, wiewohl noch unvollkhommen, doch schon starckh und werde ain grosse Verenderung bringen. Und tatsächlich: Am 23. November 1611 wurde Wolf Dietrich als Gefangener auf die Festung Hohensalzburg gebracht.41

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CHRISTOPH BRANDHUBER Abb. 10: Horoskop Kaiser Rudolphs II. (ÖNB, Cod. min. 31, fol. 1r)

Ein Lustspiel für die Ketzer Was war geschehen? Wilhelm Peter Zimmermann druckte 1611 eine Kurtze Relation über die Zwytracht zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Herzog von Bayern (Abb. 11).42 Demzufolge war die Strittigkeit [...] mehrertheils deß Saltz halben enstanden, weil der Bayernherzog einen neuen Transportweg für das weiße Gold anlegen ließ, welchen das Kriegsvolk des Erzbischofs wieder zerstörte. Auch eine Zollerhöhung wollte Wolf Dietrich nicht dulden. Er nahm das Stättlein Berchtesgaden ein, in dem sich ein fürnemmes, und mit Edelleuten besetztes Closter befand, dem der Fürstpropst Ferdinand von Bayern vorstand.43 Dieser schuldete ihm noch etliche tausend Gulden und Wolf Dietrich wollte Berchtesgaden erst nach Bezahlung der Schulden wieder zurückgeben. Doch sah sich Ferdinands älterer Bruder, Herzog Maximilian I. von Bayern

(Abb. 12), veranlasst, dem Fürstpropst zu Hilfe zu kommen: Soldaten wurden rekrutiert und sampt dero Carabiner Reutern, neben einem Regiment geworbener Soldaten, und also in zehen tausend starck, mit etlichen Feldstücklein, wider gedachten Ertzbischoffen ausgesandt. Das Haupt der katholischen Liga zog gegen den katholischen Erzbischof: „Ein Lustspiel für die Ketzer“, wie der päpstliche Nuntius in Prag urteilte.44 Nach der Anwerbung griffen die Bayern Tittmoning an. Die Stadt ergab sich bald, doch haben sich die im Schloß befindlichen Salzburger Soldaten etliche Stund lang heraußschiessend, dapffer gewehret. Dabei wurden ein Florentinischer Hauptmann und etliche Soldaten erschossen, bis das Schloss schließlich übergeben werden musste. Zwei Salzburger Hauptleute wurden gefangen genommen, den Rest der darinn gelegenen Soldaten, so mehrertheils Wallohnen gewest, hat man Wehrloß abziehen lassen.45 Unterdessen trafen die Gesandten des Salzburger Domkapitels beim Bayernherzog in Burghausen ein, der ihre Friedensbemühungen nicht annahm, sondern seinen Truppen den Befehl gab, gegen Laufen vorzurücken. Weil Maximilian die Gesandten inn den Arrest genommen hatte, wurden erneut Diplomaten, diesmal zum bayerischen Feldobristen, entsandt, der sie anhörte und mit guter Berättung [Beratung] zum Herzog schickte. Die Salzburger Gesandten berichteten dem Bayernherzog, dass der Ertzbischoff bereyts gewichen sei und das Domkapitel darum bitte, den vorhabenden KriegßProceß einzustellen, und in allem guten bey ihnen zu Saltzburg einzuziehen, da ihme dann die Schlüssel zu der Statt, sollen eingehändiget werden.46

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Abb. 11: Saltzburgischer Verlauff, Kurtze Relation und Verzeichnuß deßjenigen, so sich in werendem Zwytracht, zwischen dem Ertzbischoff zu Saltzburg, unnd Jhrer Fürstl. Durchl. Maximilian Hertzogen in Obern und Nidern Bayren etc. in diesem 1611. Jar zugetragen, Biß endlich der Bischoff in gefänglichen Verhafft gebracht worden (UBS, Sign. R 102.088 I)

Wie ein griechischer Bischof in der Schweiz Als sich Wolf Dietrich zur Flucht entschlossen hatte, ließ er auf mehreren Wägen seine beste Güter und eine Namhaffte Paarschafft vorausschicken. Dann wurde allen seinen Thumbherren und HofJunckern, ein stattlich Pancketh gehalten, bei dem er sich frölich

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Abb. 12: Abraham van Diepenbeck/Zeichner, Wenzel Hollar/Stecher: Maximilian I. von Bayern (1573–1651), Titelkupfer aus: Thomas Comptonus Carleton, Philosophia universa (Antwerpen 1649)

zeigte und mit folgenden Worten Abschied nahm: Behüte euch GOTT alle liebe Herren, Sehet euch umb einen andern Herren und Patronen, meines Bleibens ist nicht mehr.47 Die Domherren, obwohl sie mit Maximilian bereits in Geheimverhandlung standen, baten ihn, nicht von ihnen zu weichen, und sie also in Kriegßgefahr stecken zu lassen. Bestimmt könne er sich mit

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Abb. 13: Prunkinschrift im 2. Obergeschoss der Juridischen Fakultät (Foto Hubert Auer) RAITTNAVIÆ STIRPIS DIVINO E MVNERE PRINCEPS, AD RAPIDAS SALZÆ PRÆTEREVNTIS AQVAS, IMPATIENS OCII ET SPIRANS MAGIS ARDVA QVONDAM; NVNC, VBI PER MORBOS CORPORE DEFICIO: HAS TACITAS ÆDES FESSVS, PORTVMQ. SILENTEM HVNC MIHI, SEMESTRI TEMPORE, CONSTITVO. „Aus Raitenauischem Geschlecht, aus göttlichem Geschenke Fürst an den ungestümen Wassern der vorbeifließenden Salzach, einst rastlos sich mühend und nach steiler Höhe strebend, erbaue ich mir jetzt, da ich durch Krankheiten körperlich verfalle, dieses ruhige Haus, diesen stillen Hafen innerhalb eines halben Jahres.“

dem Bayernherzog vergleichen, wenn er ihm großzügige Zugeständnisse mache. Doch ungeachtet über solche Ermahnung, ist er darvon gefahren. Am Abend des 23. Oktober 1611 verließ der Erzbischof die Stadt über die Pruggen und über den Stain und ritt über Hallein nach Werfen.48 Kaum war Wolf Dietrich aus der Stadt geflohen, eilte das Domkapitel in das Schloss Altenau, das der Erzbischof für seine Lebensgefährtin, die 1609 von Kaiser Rudolph II. geadelte Salzburger Bürgerstochter Salome von Altenau, hatte errichten lassen.49 Dort hätten die Domherren, so versichert ein mit dem geflohenen Raitenauer sympathisierender Augenzeuge, gewüett und gedobt wie die wölff und wilden Thier, die weder Rast oder Rueh [geben,] biß das sie iren Thail haben erhazht [erhetzt]. Im Schloss fanden sie eine unermessliche Pracht vor – das aller-

schönist, was nur ein mensch erdenckhen khan. Neben dem wertvollen Tafelgeschirr sahen sie die allerwunderschönsten khunststuckh, darunter eine stattliche Anzahl von Gemälden: Jedem, der diese Bilder der herzigkhlichen und holdselligen weibs und Jungkhfreüllein erblickte – es handelte sich wohl um Wolf Dietrichs Töchter –, dem habe das Herz im leib gelacht. Die Domherren aber haben schnell alles an sich gerafft und untereinander aufgeteilt.50 Vom Schloss Altenau eilte man in die Residenz (Abb. 13), wo sich in den beim Pfahrgärttel 51 liegenden Privatgemächern des Erzbischofs auch uberschwengkhlich gross reichthumb befand. Die Zimmer der Salome von Altenau waren voll von den allerschönesten Frauen Claidtern und den wertvollsten Kleinodien aus Gold, Edelsteinen und Perlen, zudem war das schönste Hauß und Khuchl geschirr

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vorhanden wie in eins Khünigs Pallast.52 Auch hier waren die Wände mit khünstlichen Däffel khunstuckh [Tafelmalerei] und lieblichen holtseligen gemält [Gemälden] und abcontrafect [Porträts von] Alt und jungkh mans und weibs personen geziert.53 Beinahe jeder aus dem Domkapitel habe sich an dem Raub, Pliendern und Freÿbeütten beteiligt, das sich in Furcht vor den heranrückenden Bayern beÿ Tag und Nacht vollzog.54 Die Kammerdiener Hannß Hackher, der alt Jörg und Mertl Trometter trugen wie die Essel und haben iren guett Taill bekommen.55 Am weiber geschmuckh habe sich vor allem der Domdechant Johann Krafft von Weitting56 bedient, der ihn seinem schönen Frauenzimmer zukommen ließ: Ja gar spöttlich ist es vor [für] einen geistlichen Herrn, klagt ein anonymer Berichterstatter, der Frauen von eines anderen guett zieren, schmuckhen und begaben [beschenken] will, und noch vil spöttlicher, und ein grosse Schandt ist es vor ein reichen, der raubt und stüllt [stiehlt] und füerdt ein grossen Pracht von gestollen guett.57 Wolf Dietrich war inzwischen im Pfarrhof von Altenmarkt abgestiegen, wo er sich gar lustig, frolich und wohlauf zeigte.58 Auf der Flucht unterstützte ihn zunächst der Sekretär Thomas Perger, den er 1604 von Erzherzog Albrecht VII. in seine Dienste übernommen hatte.59 Mit dem Erzbischof waren auch seine Geliebte und die gemeinsamen Kinder geflohen. Salome von Altenau (Abb. 14) wurde von ihrer Schwester Sabina Stainhauser und ihrer Schwägerin Sabina Alt sowie deren Familien begleitet. Während der Erzbischof die Flucht über den Tauernpass fortsetzte, fuhren Salome und ihre Angehörigen nach Flachau, wo die Familie Stainhauser ein Eisenwerk besaß. Die Gegner des Erzbischofs begannen inzwischen zu rätseln, wohin sich Wolf Dietrich begeben wolle, und man vermutete, dass er sich in die Schweiz flüchten könne, wo er mit Salome weiterleben werde wie ein griechischer Bischof.60 Am meisten befürchtete man aber, dass sich das durch die Flucht getrennte Paar wieder vereine, zum Luthertum übertrete und womöglich heirate: Das Beispiel des Kölner Erzbischofs Gebhard I. von Waldburg, der nach der Konversion 1583 seine Mätresse Agnes von Mansfeld geehelicht hatte, zeigt, dass solcher Argwohn durchaus begründet war. Ein weiterer

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Abb. 14: Salome von Altenau (1568–1633), die Lebensgefährtin des Erzbischofs (Kunstsammlungen der Erzabtei St. Peter, M 930)

Skandal für die Katholische Kirche musste um jeden Preis verhindert werden. „Lieb ist Laydes Anfangkh“ Nach Wolf Dietrichs Flucht schloss das Domkapitel Frieden mit dem Bayernherzog, der am 26. Oktober 1611 mit 600 Pferden in Salzburg einzog. In einer herrlichen Procession wurde er schon vor den Stadttoren empfangen und man bewirtete ihn großzügig. Die Domherren beeilten sich, ihm den Schönen Schreibkhasten zu schenken, den Wolf Dietrich um vil 1000 gulden als Hochzeitgeschenk für den späteren Kaiser Matthias (Abb. 15) und seine Braut, Erzherzogin Anna von Österreich-Tirol, hatte anfertigen lassen.61 In der Residenz wurden dem Bay-

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Abb. 15: Der Sieger im Bruderzwist: Kaiser Matthias, hier im Alter von 15 Jahren (Residenzgalerie Salzburg, Inv. Nr. 41) (Fotostudio Ghezzi)

ernherzog deß Bischoffs Zimmer zugewiesen. Hier fand Maximilian die beiden Briefe, die Wolf Dietrich noch vor seiner Flucht geschrieben und in seinen Gemächern hinterlegt hatte. In dem ersten Schreiben, das er an den Bayernherzog richtete, versuchte er, den Vorwurf zu entkräften, dass er kein guter Catholicus were, weil er mit den Protestierenden [protestantischen] Chur: unnd Fürsten correspondierte.62 Hier geschehe ihme aber unrecht, Dann er bey dem Catholischen Glauben leben und sterben wölle. Er wisse, dass er gegen den Bayernherzog ungerecht gehandelt habe und begere derowegen Gnad und Verzeyhung. In seinem zweiten Brief schrieb er an das Domkapitel, dass er, weiln er so lange Jar regiert, unnd nun mehr eines hohen Alters sei, sich erbiete, zu resignieren. Man wolle ihm im Gegenzug ein jährliches Deputat zuweisen, von dem er standesgemäß leben könne.

Unverzüglich gab der Bayernherzog den Befehl, dass etliche Soldaten zu Roß und Fuß dem fliehenden Erzbischof nachsetzen sollten – vor allem wegen der mitgenommenen Schätze. Salome von Altenau wurde bei dieser Gelegenheit in Flachau gefasst, jedoch bald darauf wieder freigelassen. Als sich Wolf Dietrich bereits auf Kärntner Boden befand, hat der Currierer,63 so ihne geführt, unnversehens still gehalten. Und obwohl der Raitenauer den Kutscher ermahnte und schließlich flehentlich ersuchte, die Flucht mit ihm fortzusetzen, hat er doch nit gewöllt, sondern geantwortet, Er were nicht mehr sein Diener, worauf er sich mit mehr andern zurück gewendet, und den Bischoff verlassen hat. Wolf Dietrich kam nun in einen kleinen Flecken, wo er von dem bayerischen Obristen von Haßlang 64 und etlichen Soldaten im Wirtshauß gefunden und festgenommen wurde. Während der gefangene Erzbischof nach Werfen gebracht wurde, stellte man neun GüterWägen sicher, die man auff dem Kärndnerischen Boden bekommen hatte. Sie enthielten ein grosse Baarschaft an Gelt, Silber, unnd Kleinoden, die alle mit dem erzbischöflichen Wappen (Abb. 16) verziert waren.65 Kaum hörte der Bayernherzog, dass man den Erzbischof in Verwahrung gebracht hatte, ließ er sein Landvolck wieder nach Hause ziehen. Für die Abdankung der Reiter mussten die Salzburger Bürger 20.000 fl. bezahlen. Als Maximilian gemeldet wurde, dass sich Wolf Dietrich in seiner Verhafftung was kleinmütig erzeyge, ließ er ihm ausrichten, weiter sich wol zu gehaben, dann werde er den Sachen schon recht thun wöllen. Der mit seinem Schicksal hadernde Fürst kritzelte wehmütig an die Wand seines Gefängnisses: Lieb ist Laydes Anfangkh, Über kurz oder langkh.66 „Wolf Dietrich leid, leid!“ In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1611 wurde Wolf Dietrich unter der Bewachung von 50 Bayrischen Soldaten in die Stadt Salzburg und umb 5 Uhr in einer von sechs Pferden gezogenen Kutsche auf die Festung gebracht.67 Die Hafträume lassen sich aufgrund mehrerer Quellenindizien lokalisieren (Abb. 17).68

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Abb. 16: Goldene Trinkschale mit dem Wappen Wolf Dietrichs (Florenz, Museo degli Argenti, Palazzo Pitti, Foto Land Salzburg, Aufnahme Oskar Anrather)

Der Bayernherzog wünschte, dass Wolf Dietrich in einem Raum untergebracht werde, aus dem er nicht auf die Stadt blicken könne. Der Raitenauer begab sich nach seiner Ankunft auf der Festung in die verguldeten Zimmer, wurde aber gezwungen, diese wieder zu verlassen.69 Er muss zusammen mit zwei Franziskanern70 und zwei Barbieren in den heutigen Räumen des Rainer-Regimentsmuseums untergebracht worden sein, da ihm Maximilian im Februar 1612 gestattete, daß er bisweilen zu seiner Gelegenheit von seinem Zimmer auf den großen Saal vor dem gulden Zimmer gehe und allda sein Recreation nehmen möge.71 Wolf Dietrich bewohnte nach der Beschreibung des Schlosshauptmanns Leonhard Ehrgott (Abb. 18) 72 das erste Zimmer zunegst bei dem guldin Saal und verfügte insgesamt über vier Gemach nacheinander, von denen drei sogar tapeziert waren. Genannt werden eine Stuben und Camer sowie eine Taffelstuben, wo er sich ohne deren bei sich habenden Personen Irrung oder Verhindernus [Stören] aufhalten konnte.73 Nachdem es dem Erzbischof gelungen war, verschiedenen Fürsten Briefe zukommen zu lassen, wurde er ab dem Sommer 1612 in strengere Haft genommen.74 Man ließ seine Fenster zum Teil vermauern (Abb. 19) sowie mit hülzernen Körben und mit gestrickten eisernen Gättern verbarrikadieren, damit das Hinabwerfen zu den Knechten abgestellt werde.75 Als am 8. Oktober 1612 die Festungskanonen donnerten und Wolf Dietrich fragte, was das Schießen bedeut, wurde ihm mitgeteilt, dass gerade sein Vetter, Markus Sittikus Graf von Hohenems, als neuer Erzbischof in die Stadt einreite. Da hat er lachender geantwortet [...] Wir wollen auch schießen

und hat den Kachelofen eingeschlagen. Durch den zerbrochenen Ofen konnten die Gefangenen den Mesner sehen, der das Feuer geschürt und gerichtet hat.76 Mit der Aussicht auf fürstliche Belohnung war dieser bald gewonnen, einen Briefschmuggel zu organisieren. Mit Hilfe des Kochs gelangten – gewitzt in einer Pastete versteckt – Tinte und Schreibpapier in die Zelle Wolf Dietrichs. Mittlerweile war die warme Jahreszeit angebrochen und es wäre aufgefallen, wenn der Mesner weiter geheizt hätte. Die „Verschwörer“ stiegen daher auf den Dachboden und bohrten ein großes Loch in den Rauchfang (Abb. 20), der direkt in die vom Gang betretbare Feuerungsstätte mündete (Abb. 21), von der aus der Ofen in der Zelle der Mitgefangenen beheizt wurde. Nun konnte der Messner hinab mit ihnen reden, und alle Sachen auf- und abziehen.77 Einer von ihnen wurde sogar im Rauchfang auf- und abgezogen. Bald ersann man jedoch eine neue Möglichkeit für den Nachrichtenaustausch. Auf dem Dachboden (Abb. 22) wurde direkt über Wolf Dietrichs Zimmer ein Loch durch den dicken Estrich und Tram gebohrt, um Papier, Brief und anderes herabzulassen.78 Bei einer Raumhöhe von 2,87 m musste ein Stuhl auf

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Abb. 17: Festung Hohensalzburg, Hoher Stock, 3. OG; rot eingefärbt sind die Hafträume Wolf Dietrichs und seiner Mitgefangenen. Die heutige Aufteilung der Räume entspricht nicht der des 17. Jahrhunderts (Graphik Beatrix Koll) A Raum Wolf Dietrichs, in den er sich alleine zurückziehen konnte: das erste Zimmer zunegst bei dem guldin Saal. In diesen Raum muss das Loch vom Dachboden (Abb. 22) aus in die Decke gebohrt worden sein, da einer der Barbiere aussagte: er habe mit seinen Augen nichts gesehen, so wisse er auch nicht, wer das Loch gebohrt, u. was dadurch herabgelassen worden, habe wohl von Tisch und Stuchler [Stühlen] ein gross Getümmel gehört, doch unberuffen nicht hinein gehen därfen. B Stuben und Camer bzw. Taffelstuben C Raum für die zwei Franziskaner und die zwei Barbiere D Vermauerte Fenster (Abb. 19) E Kachelofen mit „Kommunikationsöffnung“ F Kleine Kamintür in der Vorhalle, Zugang zur Feuerungsstätte mit Rauchabzug (Abb. 21); direkt darüber der Rauchfang (Abb. 20), dadurch der Messner hinab mit ihnen reden, u. alle Sachen auf- u. abziehen können. G Vorhalle. Der Bayernherzog gestattete zu Beginn von Wolf Dietrichs Gefangenschaft, dass er auf den großen Saal vor dem gulden Zimmer gehe und allda sein Recreation nehmen dürfe. Rechte Seite – Abb. 18: Wappenkartusche des Leonhard Ehrgott († 1620) und seiner Frau Margaretha Prieffer († 1622), Detail aus dem Epitaph auf dem Boden der Margarethenkapelle im Friedhof St. Peter (Foto Beatrix Koll) – Abb. 19: Vermauerte Fenster der Hafträume Wolf Dietrichs – Abb. 20: Rauchfang auf dem Dachboden, direkt über der Feuerungsstätte: Der Pater Caspar hat solches alles in der Nacht, wann man das Horn getreten und morgens zu Bethläuten gethan mit dem Mesner geredt und alle Sachen durch den Rauchfang auf und abgezogen. – Abb. 21: Zugang zur Feuerungsstätte (Fotos Christoph Brandhuber)

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CHRISTOPH BRANDHUBER Abb. 22: Dachboden über Wolf Dietrichs Hafträumen: Hier wurde das Loch durch den dicken Estrich und Tram gebohrt, um Papier, Brief und anderes herabzulassen (Foto Christoph Brandhuber)

Orientalische Perlen

den Tisch gestellt werden, um die begehrte Fracht geräuschlos in Empfang nehmen zu können. Auf diese Weise gelang es Wolf Dietrich, einigen Fürsten auf dem Reichstag in Regensburg Briefe zu senden.79 Der von August bis Oktober 1613 in Regensburg weilende Markus Sittikus war natürlich peinlich berührt von diesen Vorgängen und ordnete eine strenge Untersuchung des Vorfalls an. Dem Koch gelang die Flucht, zwei Mithelfer wurden gefangen genommen, von denen man den einen, so das Loch gebort, von dem Haubtschloß aus bis zum Clausentor mit Rueten aushauen lassen, den andern, aber hat man seiner Kinder wegen verschont und des Lands auf ewig verwiesen.80 Wenn auch der Raitenauer noch so manches Mal ausrief Wolf Dietrich, leid, leid; dann du solches alles wohl verschuldet hast,81 so scheint er sich mit zunehmender Haftdauer in sein Schicksal gefügt zu haben. Seine Barbiere sagten später aus, dass er öfters beteuerte, wann Er auch ledig [frei] wäre worden, dass Er weder die Frauen oder Kinder um der Leute Nachrede willen nicht zu sich begehrt hätte. Freilich räumte er aber doch ein, seine jungen Söhne wohl um sich leiden [zu] moegen, dann sie über die Massen von ihm geliebt worden sind.82

Am 8. Januar 1617 begann Wolf Dietrich (Abb. 23) sich unwohl zu fühlen.83 Er nahm zwar nach Vorschrift des ihn betreuenden Arztes die verordneten Medikamente ein, doch während der nächsten Tage verschlimmerte sich sein Krankheitszustand. Appetitlosigkeit ließ ihn kaum Nahrung zu sich nehmen und nach einer Woche waren seine Kräfte erschöpft. Von einer plötzlichen Ohnmacht befallen, begann er umb 8 Uhr vormittag am ganzen Leib zu zucken wie infolge der epileptischen Anfälle, die er – vielleicht aufgrund eines Reitunfalls in der Jugend – öfters hatte. Schaum trat über die Lippen, er röchelte tief und verzerrte das Gesicht. Ärzte und Diener wussten in dem mehrere Stunden währenden Zustand keine andere Hilfe, als den zähflüssigen Schleim aus seinem Mund zu entfernen. Endlich schien Wolf Dietrich wieder zu sich zu kommen, er begann zunächst abgehackte Worte zu stammeln, doch hat er bald die Sprach, wie auch den Verstand völlig widerumben erlangt. Seine linke Körperhälfte, die durch einen ähnlichen Schlaganfall bereits beeinträchtig war, konnte er jedoch nicht mehr bewegen. Trotzdem waren die Ärzte der Meinung, dass er für dißmal aus aller gefar wäre. Wolf Dietrich verbrachte eine schlaflose Nacht, in der man ihm die Flüssigkeit von pulverisierten orientalischen Perlen einträufelte. Am nächsten Morgen, es war der 16. Januar 1617, verlangte er Essen, doch alles, was man auf der einen Seite des Mundes eingab, floss aus der anderen wieder heraus, da die Fähigkeit des Kauens gänzlich abgenommen hatte. Wolf Dietrich verlor abermals die

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Abb. 23: Porträt Wolf Dietrichs während seiner Festungshaft (Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 275) Abb. 24 (rechts): Fürsterzbischof Markus Sittikus Graf von Hohenems, Arsenio Donato Mascagni 1618 (Salzburg, Schloss Hellbrunn, Foto Oskar Anrather)

Sprache, verfiel in den Zustand des Vortags und Mittags zwischen 11 und 12 Uhr [ist er] mit einem Christlich ende aus disem zergenkhlichen Jammerthal, verhoffentlich zu den ewigen Freuden abgeschiden.84 Der Schauspieler treuherzigen Mitleids Noch am Tag des Ablebens schrieb Markus Sittikus (Abb. 24) an Hans Rudolph von Raitenau, den Bruder des Verstorbenen:85 Als Wolf Dietrich am Vortag von der fraiß angegriffen worden sei, habe er ihn

unverzüglich durch Jemandt aus den Unßrigen besuechen lassen. Alles, was zu seinen belieben gereichen möge, wurde ihm treuherzig [wohlmeinend] angeboten. Dafür habe sich Wolf Dietrich noch höchlich bedanckht, indem er antwortete, dass ihm gar nichts abgehe noch ermangle. In der Nacht zum heutigen Tag habe er sich noch zimblich wol auf befunden, doch änderte sich sein Zustand gegen alle Zuversicht um acht Uhr früh. Nachdem ihm dies gemeldet worden sei, habe er zu den andern Geistlichen, so sich beÿ Ihme befunden, noch zwen Capuciner abgeordnet.

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Damit nicht genug: Er habe sich selbsten in eigner Person, Ime anzusprechen und bester massen zutrösten, aufs Schloß [Festung] begeben. Aber Wolf Dietrich habe sich bereits in einem hoffnungslosen Zustand befunden, dass die persönliche Visitation weiter nit rhatsamb erachtet worden sei. Hinsichtlich begrebnus unnd Erdtbestattung, schrieb Markus Sittikus, sei dem Vetter zweifels ohne bewußt, dass Wolf Dietrich schon vor Jahren diesbezüglich seinen letzten willen erklärt hätte. Auch in seiner lezten leibsschwacheit habe er höchlich bitten lassen, dass wir Ime auf das aller schlechteste [schlichteste] so möglich wollen lassen begraben. Da er aber dem Verstorbenen gern die gebürende lezte ehr erweisen wolle, werde er sich mit dem Domkapitel und seinen Geistlichen Räten beraten, ob der Wunsch nicht besser zu umgehen sei. Markus Sittikus beschloss seinen Brief mit dem Ausdruck seines getreuen christlichen mitleiden[s]. Bei weitem aufrichtiger schrieb er nach Rom: Meine Kirche ist von der größten Möglichkeit befreit, in Gefahren und in nicht eingebildeten Verdacht zu kommen. Gott hat dieser Frage ein Ende gesetzt, ihm sei Dank.86 Seine Furcht vor Aufruhr kam nicht von ungefähr. Bei den treuen Dienern seines Vorgängers, von denen er einige ausgemustert hatte, war der Hohenemser höchst unbeliebt. Davon zeugt die Chronik von einem ehemaligen Diener Wolf Dietrichs, den Markus Sittikus entlassen hatte. Seinem Ärger Luft machend, meinte er: Der Hohenemser sei ein irrer Mann mit einem schändlichen Kropf, der wie ein Meeraff aussehe. Geld- und ehrgeizig sei er wie kein Fürst vor oder nach ihm, und mit Recht werfe man ihm vor, er habe sich nur einkauft und eingebettelt. Möge er ersticken in Geld, wie sein Vater, von dem man erzähle, er sei zwischen zweien Geldtruchen erstickt.87

„Das Herz war groß, an demselben kein Fehler“ – Die Sektion des hochfürstlichen Leichnams Am späteren Nachmittag wurde dann, gegen den ausdrücklichen Wunsch Wolf Dietrichs, die Sektion seines Leichnams vorgenommen (Abb. 25).88 Sie sollte vor allem Gerüchten vorbeugen, der Raitenauer sei nach unmenschlicher Behandlung eines unnatürlichen Todes gestorben. Der Leibarzt des Hohenemsers, Dr. Vinzenz Cratinus, führte die Sektion durch und verfasste ein ausführliches Protokoll.89 Neben drei weiteren Ärzten nahmen der Hofmeister Johann Caspar von Kuenburg90 und der Schlosshauptmann Leonhard Ehrgott sowie mehrere Chirurgen und Diener des Toten teil. Zunächst wurde der äußerliche Zustand des Leichnams beschrieben: Der Körper war unverletzt, die Glieder erwiesen sich als „ausgewogen und fett.“ Ein wenig abgemagert schienen hingegen die Unterschenkel und Arme des Toten, die auch mit Geschwüren besetzt waren. Sodann wurde der Unterleib geöffnet, wobei „ein Übermaß an Fett“ hervortrat. Das Bauchfell war nicht vereitert, das Gekröse in einem tadellosen Zustand. Zumal Wolf Dietrich in den letzten Tagen wenig gegessen hatte, fand man die Gedärme „eher durch Blähungen, als durch Exkremente gedehnt.“ Der leere Magen war „im Inneren lediglich mit einer klebrigeren Flüssigkeit überzogen.“ Die Leber schien den Betrachtern gesund, die Milz aber etwas verhärtet und eine Niere mit „fünf sehr harten Steinchen verstopft.“ Die verschleimte Lunge, deren Gewebe man von dunkelblauen Flecken übersät vorfand, war zum Teil „mit der sie umgebenden Haut verwachsen.“ Der Herzbeutel wies kaum Flüssigkeit auf, das große Herz war in einem tadellosen Zustand. So

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Abb. 25 (S. 290): Sektion eines Leichnams, Titelkupfer (Detail) aus Robert Fludd, Anatomiæ amphitheatrum, Frankfurt a. M. 1623 (UBS, Sign. R 63.103 II)

kamen die Ärzte zum Schluss, dass die Todesursache im Kopf zu suchen wäre.91 Da in Salzburg aber der fürstliche Leichnam im offenen Sarg durch die Stadt getragen zu werden pflegte, hätte man nach einer Schädelöffnung dem Toten eine Maske aufsetzen müssen. Deshalb verzichteten die Ärzte auf die Beschreibung des Gehirns und gaben den Körper zur Beisetzung frei. Prachtentfaltung wider Willen Am Abend wurde der Leichnam im bischöflichen Ornat von der Festung herabgetragen und in der St.-Veits-Kapelle auf einem mit schwarzem Samt ausgeschlagenen Trauergerüst aufgebahrt.92 Domchoralisten, Chorpriesterschaft, Benediktiner, Franziskaner und Kapuziner wechselten sich in der Totenwache ab. Bis zum Begräbnistag wurden für dißen abgeleibten Herrn vill Seelenmessen gelesen.93 Edelknaben, Kammerdiener und Hoflakaien erhielten für das Begräbnis schwarze Trauerkleidung vom Hof, alle weltliche Freüdt wurde abgestellt. Am 18. Januar formierte sich nach vollendter Vesper der lange Leichenzug:94 Voran gingen die Domschüler in Chorröcken und die Schüler von St. Peter, ihnen folgten die Bruderschaften mit Vortragekreuzen, Stäben, Fahnen und Laternen, die Domchoralisten in Chorröcken, welche das Miserere anstimmten, die Stadtkapläne, zehn Augustiner, neunzehn Kapuziner und zwölf Franziskaner, der Domklerus, die Alumnen des hochfürstlichen Seminars, die Hofmusik, welche traurigelich musicirt hat, die Leibtrabanten und das Domkapitel. Anschließend wurde die Leich offen, in Bischoflichem Ornat, durch etliche der fürnembsten Brüder Corporis Christi getragen. Nach der Bahre ging Fürsterzbischof Markus Sittikus, hinter ihm vier Clagherren, die Edelknaben, Kammerdiener, Lakaien, dann Hof: und andere Herrn, Hofgesindt, Bürgerschaft und Gmain. Den Abschluss bildeten Adeliche und andere Frauenzimmer, Bürgerinnen, und allerlaÿ Weibspersohnen.95 In dieser Reihen-

Abb. 26: Martin de Vos/Zeichner, Peter Overadt/Stecher: Wolf Dietrich von Raitenau. Wie in der Gabrielskapelle, ist der Fürsterzbischof von den vier Evangelisten und den vier Kirchenvätern umgeben (UBS, Sign. G 1498 II). Bisher war nur der Porträtstich von Dominicus Custos aus dem Jahr 1597 bekannt, der aber die Vorlage verschweigt

folge geleitete man den Leichnam von St. Peter über die Stadtbrücke bis zum Friedhof St. Sebastian, wo er in der Gruft der Gabrielskapelle beigesetzt wurde (Abb. 26).96 Die Einsegnung nahm zwischen sechs und sieben Uhr abends Paris Graf Lodron, der spätere Fürsterzbischof, vor.97 Orpheus in der Trauerzeit Einen Tag nach dem Begräbnis wurde in der Franziskanerkirche das Todtengerüst der Corporis-

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CHRISTOPH BRANDHUBER Abb. 27: Orpheusgrotte in Hellbrunn: Orpheus spielt für Eurydike, seine Musik zähmt die wilden Tiere – darunter Löwe (Wappentier Salzburgs) und Steinbock (Wappentier der Hohenemser) (Schlossverwaltung Hellbrunn)

Fürsterzbischof mit dem Domkapitel und anderen Geistlichen Räten die notdurft beratschlagte und aus allerhand Ursachen die Beisetzung nicht nach den Wünschen des Verstorbenen vorzunehmen beschloss, wie er das Begräbnis dermassen ansehenlich und statlich ausrichtete, dass noch kein Erzbischof derartig feierlich zu Grabe getragen wurde, wie er die Leich selber begleitete und in allen ein sonderbares treuherziges mitleiden würckhlich erscheinen ließ, wie er befahl, dass wegen dißes Todtfalls in Salzburg nit allein die Fastnacht, sondern auch alle Saitenspill abgesagt wurden. Kurzum: Die Raitenauer könnten mit dem Verhalten des Fürsterzbischofs wol zufrieden sein.102 Christi-Bruderschaft errichtet, das von zahlreichen Kerzen erleuchtet wurde. Bis zur kürchthür nahmen 60 Knaben mit Fackeln feierlich Aufstellung.98 Der Dompropst sang das Seelenamt, dem Domkapitel, Kammer- und Hofherren, Räte und Hofgesinde beiwohnten. Auch der Fürsterzbischof ist zum Opfer gangen.99 Die üblichen Trauertage, den „Siebenten“ und den „Dreißigsten“, ließ Markus Sittikus feierlich zelebrieren.100 Entgegen dem Verbot aller weltlichen Freuden für das Volk vergnügte der Fürst sich selber am 27. Januar beim Musikdrama „Orpheus und Eurydike“, das mit khünstlichem verkherdtem Theatro, schönen fürstellungen und statlicher Khlaÿdung im Beisein seines Neffen, der Domherren und zahlreicher Hofadeligen aufgeführt wurde.101 Das Schreiben der Brüder des Verstorbenen, demzufolge sie beim Begräbnis hätten anwesend sein wollen, ließ Markus Sittikus zunächst unbeantwortet. Erst nachdem Wolf Dietrich in der Gruft der Gabrielskapelle seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, schrieb der Untermarschall Thomas Perger von Emslieb an Wolf Weickl, den Sekretär Hans Rudolphs von Raitenau, über die Details der bereits vorgenommenen Trauerfeierlichkeiten: Wie der

Abb. 28: Das zeichen und den grad der Sonnen auff einen jeglichen Tag, aus: Martin Pegie, Geburts-Stunden-Buch (Basel 1570) (UBS, Sign. R 5.898 II)

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Schlusswort Die Dokumente aus Brüssel, Paris, Rom und St. Petersburg zeigen einen absolutistisch regierenden Fürsten, der es verstand, sich in das Spiel der europäischen Politik einzubringen und im Machtpoker um die Nachfolge im Reich konsultiert zu werden —, einen Mann, der Interesse für die Wissenschaften einzusetzen und Hang zum Okkultismus für seine Zwecke auszunutzen wusste. Trotz seines hohen Verstandes,103 der ihm die Bewunderung der Fürsten Europas eintrug, ließ er sich zu dem unüberlegten Besetzungsversuch von

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Berchtesgaden hinreißen, woraufhin er als Gefangener auf Hohensalzburg gestorben ist. Bereits die Zeitgenossen zeigten sich von Wolf Dietrichs Schicksal tief berührt. Die vielen Facetten seiner Persönlichkeit haben eine breite Rezeption in den unterschiedlichsten Sparten der Geschichtswissenschaft nach sich gezogen: Jede Salzburger Forschergeneration erprobte und erprobt ihre Methoden an Wolf Dietrich. Zuletzt wurde mit Hilfe von Dendrochronologie104 und DNA-Tests105 versucht, dem letzten Lebensgeheimnis jenes Fürsten nachzuspüren, der wie kein anderer die Aufmerksamkeit der Nachwelt erfahren hat.

Anhang: Das Sektionsprotokoll Wolf Dietrichs von Raitenau (Christoph Brandhuber und Maximilian Fussl)106 Illustmus et Revmus D. D. Wolfgangus Theodoricus Raitenauius Archiep. olim et Princeps Salisburgensis, cum in arce, quae civitati imminet, pro loci et rerum conditione commode ac circa necessaria pro votis affluenter provisus, quinquennium sanus exegisset, octava hujus mensis neuter sibi visus, consuetum ad ordinarii sui medici praescriptum pharmacum hausit, ac succedentibus quinque diebus alterantia, septima hora octava collapsis viribus, quas etiam per actualium voluntaria ac nimia victus tenuitate praecipites dedit repente sensu privatur ac toto corpore convellitur, epileptico insultu, quo etiam alias correptus est, cum desperanda symptomatum magnitudine, sui scilicet alienatione, quod signum herculei affectus est pathognomicum, spuma, stertore insigni, faciei perversione. Post octo exactas horas expurgata viscidissimae pituitae per os copia multis adjutus remediis, quae duo a familiaribus adsciti medici affatim suppeditabant, redanimari visus est, accisa etiam verba loqui, sic noctem insomnis traduxit, singulis pene momentis liquore margaritarum orientalium instillato: leva corporis pars, jam pridem simili ex apoplectico assultu in paralysin resoluta, immobilis prorsus est reddita.

Der hochgeborene und hochwürdigste Herr, Herr Wolf Dietrich von Raitenau, ehemals Fürsterzbischof von Salzburg, hatte in der Burg, die die Stadt beherrscht, nach der Lage des Ortes und der Dinge angemessen und neben dem Notwendigen nach seinen Wünschen reichlich versorgt, fünf Jahre gesund verbracht. Als er sich am achten dieses Monats gleichgültig dünkte, nahm er das nach Vorschrift seines ordentlichen Arztes gewohnte Medikament ein, und an den folgenden fünf Tagen verschlimmerte sich sein Zustand, am siebenten jedoch brachen seine Kräfte zusammen, die er praktisch durch freiwillige und allzu dürftige Nahrungsaufnahme zusammenbrechen ließ: Er wird plötzlich ohnmächtig und zuckt am ganzen Körper infolge eines epileptischen Anfalls, von dem er auch sonst befallen worden ist, bei hoffnungsloser Größe der Symptome, nämlich seiner Bewusstlosigkeit – ein krankheitskennzeichnendes Merkmal eines besonders starken körperlichen Befalls – mit Schaum (aus dem Mund), mit deutlichem Röcheln, mit Verzerrung des Gesichts. Nach acht Stunden – man hatte eine Menge zähflüssigsten Schleims oral reinigend entfernt – schien er unterstützt durch Heilmittel, die zwei von den Dienern zugezogene Ärzte zur Genüge darreichten, wieder lebendig zu werden, sogar abgehackte Worte zu sprechen und verbrachte so schlaflos die Nacht, wobei man ihm beinahe in jedem

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Postridie cibum petiit at qui una parte oris immittebatur, altera refluebat ob abolitam dicutiendi facultatem, idem foetor successit, loquela amplius impediri cepit, circa meridiem exspiravit, sibi Deo ad extremum usque spiritum praesens. Ad crepusculum noctis ab Illust. et Reved.mo Principe Dmño Clem.mo mihi cadaveris inspiciendi et condiendi cura demandatur, assistentibus Ill.stri et generos. D.o Jo. Casparo à Kienburg, aulae praefecto, insigni item et strenuo militum duce D.o Leonhardo Ergot, arcis praefecto, Clariss.mo etiam viro D.o Petro Christophoro Slavacio J. U. D. Consiliario Aulico, contuentibus pariter singula exmis viris Do Alexandro Mayr, Physico et Medico Aulico, et D.o Christophoro Carolo, Civitatis ordinario Physico et Medico, praesentibus etiam aliquot defuncti Familiaribus, Chirurgis etc. etc. Corpus quoad extime inoffensum, colore et justa membrorum mole symmetricum se exhibuit et pingue, tibia, brachia, singula singulis fonticulis insignita, demaciata videbantur, ventre inciso, affluente pinguedine cutis suffulta apparuit. Nulla peritonaei aut omenti tabes. Mesenterium inculpatum. Ipsa intestina viscera flatibus potius quam excrementis distenta, situm suum recte servabant et colorem. Ventriculus, fide magis exinanitus erat, viscidiore duntaxat uligine obductus interius. Hepar magnum, sanum. Cystis fellea bili porracea referta. Lien portione sui parte scirrhosus. Alter ren quinque lapillis durissimis offarctus erat. In pectore pulmo viscida pituita imbutus, aliqua portione succingenti membranae adnexus in conspectum venit, quo loco avulsus ampli vestigium conspiciendum fuit. Hujus parenchyma atroceruleis distinguebatur maculis et ceu grandinibus scatebat. Colore lividum, qua fuscidine pulmones infici, qui membranis adfirmati reperiuntur, observant anatomici. In pericardio humoris minimum conspicuum. Cor magnum, in quo lapsus nullus. Causa mortis in capite requirenda fuisset, in cerebri potissimum ventriculis, sed ne larvati funeris pompa, olim Romanis usitata, necessario praeter gentis hujus assuetudinem indiceretur, curiosius ulteriora rimari vix aequum fuit.

Moment eine Flüssigkeit aus orientalischen Perlen einträufelte: der linke Teil des Körpers, schon längst von einem ähnlichen Schlaganfall zur Paralyse erschlafft, wurde in einen völlig bewegungslosen Zustand versetzt. Tags darauf verlangte er Speise, doch die, die man auf der einen Seite des Mundes eingab, floss aus der anderen zurück, da die Fähigkeit des Zerteilens gänzlich abgenommen hatte; derselbe üble Geruch trat ein, die Sprechfähigkeit begann noch weiter gehemmt zu werden, um Mittag verstarb er, für seine Person Gottes bis zum letzten Atemzug Anteil gewärtig. Zur Dämmerstunde der Nacht wurde mir vom hochgeborenen und hochwürdigsten Fürsten und gnädigsten Herrn die Obsorge, den Leichnam zu beschauen und beizusetzen, übertragen; Beistände waren der hoch- und wohlgeborene Herr Johann Caspar von Kuenburg, Hofmeister, der ebenso ausgezeichnete und gestrenge Soldatenführer Herr Leonhard Ehrgott, Schlosshauptmann, auch der hochberühmte Herr Peter Christoph Slavicius, beider Rechte Doktor und Hofrat; in gleicher Weise beschauten die Einzelheiten die überaus hervorragenden Männer Herr Doktor Alexander Mayr, Hofphysikus und -arzt, und Doktor Christoph Carolus, ordentlicher Stadtphysikus und -arzt; anwesend waren auch einige Diener des Toten, Chirurgen usw. Der äußerlich soweit unverletzte Körper zeigte sich an Farbe sowie gehörigem Gewicht der Glieder ausgewogen und fett. Unterschenkel und Arme, die jeder für sich mit einzelnen Geschwüren besetzt waren, schienen abgemagert. Bei der Eröffnung des Unterleibes zeigte sich die Haut durch Übermaß an Fett gepolstert. Kein Eiter an Bauchfell oder Netzhaut. Das Gekröse tadellos. Die inneren Eingeweide selbst – eher durch Blähungen, als durch Exkremente gedehnt – bewahrten ihre Lage und Farbe richtig. Der Magen war unglaublich ausgeleert, im Inneren lediglich mit einer klebrigeren Flüssigkeit überzogen. Die Leber groß, gesund. Die Gallenblase mit lauchfarbiger Galle gefüllt. Die Milz im Verhältnis teilweise verhärtet. Eine Niere war mit fünf sehr harten Steinchen verstopft. In der Brust kam die Lunge mit zähem Schleim gefüllt, zum Teil mit der sie umgebendenden Haut verwachsen zum Vorschein; an dieser Stelle war die Spur eines weiten Abrisses zu erblicken. Das Lungengewebe war von dunkelblauen Flecken gekennzeichnet und wie mit Hagelkörnern übersät. Von Farbe bläulich, von welcher Dun-

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Praedicta sic singillatim se habuisse profiteor Ego Vincentius Cratinus pro tempore Illumi et Reverend.mi Principis et D.ni Clem.mi Archiater Salisburgi 18. Januarii Anno Salutis 1617.

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kelheit nach Beobachtung der Anatomen die Lungen getränkt sind, welche an Häuten befestigt gefunden werden. Im Herzbeutel sehr wenig Flüssigkeit ersichtlich. Das Herz groß, an demselben kein Fehler. Die Todesursache wäre im Kopf zu suchen gewesen, besonders in den Gehirnhöhlen. Aber damit nicht der Leichenzug mit einem dann notgedrungen verlarvten Toten, wie es einst bei den Römern Brauch war, gegen die Gewohnheit dieses Volkes stattfände, war es kaum angemessen, das weitere sorgfältiger zu untersuchen. Dass sich das Vorstehende im Einzelnen so verhalten hat, erkläre ich öffentlich: Vinzenz Cratinus, zur Zeit des hochgeborenen und hochwürdigsten Fürsten und gnädigsten Herrn Leibarzt. Salzburg, am 18. Januar im Jahre des Heils 1617.

Anmerkungen

Der Autor darf seinen Kolleginnen Mag. Beatrix Koll, Dr. Irmgard Lahner und Dr. Diana McCoy sehr herzlich dafür danken, dass sie die Entstehung des Manuskripts überaus kenntnisreich begleitet und über so manche „dichterische Blockade“ hinweggeholfen haben. Großer Dank gebührt auch der Direktorin der Residenzgalerie Salzburg, Dr. Roswitha Juffinger, für Ihre fachkundige Unterstützung bei der Bildrecherche sowie HR Dr. Werner Rainer für Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge. 1 Zu Wolf Dietrichs Sturz und Gefangennahme vgl. die grundlegenden Arbeiten: Zauner (1813), S. 120–243; Mayr (1876); Martin (1910); Heinisch (1987c). 2 Martin (1911), S. 321, Fn. 108, zitiert aus der Anklageschrift (Herbst 1612): Quod profiteretur necromantiam. Quod dixerit se providisse ante annum huiusmodo suum infortunium [...]. Zur Nekromantie allgemein vgl. Ogden (2009). 3 1 Sam 28,5: Et vidit Saul castra Philisthim et timuit, et expavit cor eius nimis. 4 Martin (1911), S. 321, Fn. 108: [...] non potuisse remedium adhibere et Dei manum evitare, quia venerat punctus et aderat periodus. Hier besondere Nähe der Prozessakten zu Lukan (6, 605– 615): [...] Si fata minora moveres, / Pronum erat, o iuvenis, quos velles inquit „in actus, / invitos praebere deos. [...] Causarum series atque omnia fata laborant, / Si quicquam mutare velis, unoque sub ictu / Stat genus humanum, tum – Thessala turba fatemur – / Plus Fortuna potest. – „Wenn du das Schicksal im Kleinen ändern möchtest, wäre es ein leichtes gewesen, die Götter auch gegen ihren Willen so handeln zu lassen, wie du es willst. [...] Doch wenn die Kette von Ursachen und Wirkungen bis zur Schöpfung

der Welt zurückreicht und alle Schicksale darunter leiden, weil der Schlag die ganze Menschheit trifft – wenn du dann irgend etwas ändern möchtest, dann müssen selbst wir Hexen gestehen, dass das Schicksal mehr vermag als wir.“ Als Text- und Übersetzungsgrundlage wurde Luck (1989), S. 308 f., herangezogen. 5 Zur Person vgl. Lahrkamp (1971), S. 96–106. 6 Archiv der Freiherren von Fürstenberg, Herdringen: Nr. 764, p. 611 f.: Copia Contracteß zwischen dem Erzbischoff von Saltzburg und H. Dieterich Caßpar Freih. von Fürstenbergs. Für digitale Aufnahmen dieses Vertrags danke ich Frau Dir. Dr. Roswitha Juffinger. 7 UBS, Sign. R 70.812 I: Nostradamus (1668). 8 Johanna Maria vom Kreuz (1603–1673). 9 UBS, Sign. 1423 II: Minderer (1744). 10 Wolf (1809), S. 127 f., zitiert aus der bayerischen Anklageschrift, mit der dem Papst von einer Freilassung Wolf Dietrichs abgeraten wurde. Über die Haltung Bayerns zur Frage der Freilassung Wolf Dietrichs vgl. Altmann (1983), S. 37–49. 11 Martin (1911), S. 335. 12 Zitiert nach Wolf (1809), S. 127 f. 13 Zur Bautätigkeit vgl. Schlegel (2009a). 14 Vgl. das Elogium in Mezger (1692), S. 656: Vir excelsi, sed præcipitis animi, summis negotiis par, si affectuum immoderatio consilia non turbâsset: quàm ultra modum humanus & liberalis in addictos, tam rigidus in adversos. In pauperes penè profusus; in Religiosos munificus, Sacræ fidei, & Cultûs divini, qui ut Romano more in Ecclesiis servaretur, ipse Author fuit, studiosissimus. Quâ pietate meruit, ut adversam sortem fortiter ferret, & beato fine clauderet. – „Ein Mann von ausgezeichnetem, aber vorschnellem Geist, den

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höchsten Aufgaben gewachsen, wenn die Maßlosigkeit seiner Leidenschaften die Planungen nicht in Unordnung gebracht hätte: wie über das Maß hinaus menschlich und großzügig gegenüber Ergebenen, so sehr hart gegenüber Gegnern; Armen gegenüber nahezu verschwenderisch; gegenüber Geistlichen großzügig, auf den heiligen Glauben und den Gottesdienst sehr bedacht – dass dieser auf römische Art in den Kirchen bewahrt bleibe, veranlasste er. Durch diese Frömmigkeit verdiente er, sein missliches Schicksal tapfer zu ertragen und mit einem glücklichen Ende zu beschließen.“ Zur heutigen Beurteilung des Raitenauers vgl. Heinisch (1988), S. 176; Dopsch/Hoffmann (1996), S. 291–303. 15 Vocelka (1985), S. 114 f. 16 Evans (1980), S. 134–161; Fučiková (1988), S. 9–28, 61–140 u. 209–246; Vocelka (1985), S. 7–14 u. 120–169. 17 Zur Kritik der kaiserlichen Brüder an der Regierung Rudolphs II. verweise ich auf eine interessante Quelle, die auf dem Dachboden des Innsbrucker Franziskanerklosters gefunden wurde und heute ohne Signatur im PFH verwahrt wird: Colloquium zwischen den dreÿen Erzherzogen Matthia, Maximilian und Alberten. In Hinblick auf die Günstlinge des Kaisers diskutieren die Brüder wie folgt: Albertus. Wer sein denn die Räth. / Mathias. Graven, F[reiherr]en, Edleüth aus Frankhreich, Welschlandt, Niderlandt, und anderen nationen die das Irige verdestiliert, verkhauft, mit schenen Aufzigen zum Turnieren, Ringelrennen, Schlitenfahren, schönen damis, und anderwerts verloren, so nichts gelernet, nichts wissen, oder verstehen, auch in fridenszeiten Ir Prot nit verdienen khinden. / Albertus. Solche Leüth begehrn des Vaterlandts nuz nit zubetrachten, sondern nur Iren Beitl zufüllen, und den Armen leüthen das Irige zunemmen. Dass der Kaiser seinen Brüdern misstraue, sei auf die Günstlinge zurückzuführen: Mathias. Die Räth habens Ir M[ajestä]t alles anderst einbildt, und ungleich informiert. Diese schlechten Berater müsse man austauschen: Albertus. [...] so stelle man gelerte Leüth [ein], die es threulich mit dem Vaterlandt mainen, wann Sÿ gleich der Augspurgischen Confession zuegethan weren [...]. Maximilian. Solt wol sein, aber ieziger Zeit werden khaine glerten und verstendige Leüth [...] gebraucht, sondern gehet alles nur nach gunst zue. [...] Albertus. Wirdt dann in diem fal die Religion so hoch geandt. Mathias. Freÿlich dass ist aller Stenndt höchste beschwer und Clag, wie auch der Stett, dass man die Rathsmitl [Ratskollegium] mit schuestern und schneidern besezt, vernünfftige, verstendige und gelerte leüth müessen hinter der Thür stehen. (Für den freundlichen Hinweis bedanke ich mich bei P. Mag. Oliver Ruggenthaler OFM). 18 Sapper (1999), S. 1–116. 19 Felix Stieve hat diese Briefe zum Teil publiziert: Stieve (1878), S. 494–496, 499 f. u. 504–509, sowie Stieve (1880), S. 93–98 u. 147 f. 20 Stieve (1880), S. 94. 21 Ebd., S. 95 f., Fn. 326. 22 Ebd., S. 495. 23 Vierthaler (1804), S. 207: „Er [Wolf Dietrich] sammelte eine ansehnliche Bibliothek; machte sich selbst lange Auszüge aus den Büchern, die er mit Antheil gelesen hatte, und unterhielt mit Tycho Brahe eine gelehrte Correspondenz. Noch wird diese im Kurfürstlichen Archiv zu Salzburg aufbewahrt.“ In der An-

merkung über den Inhalt der „Correspondenz“ schreibt Vierthaler: „Sie betraf eine damals noch wichtige Frage: Ob es den Sterblichen möglich sey, in der Zukunft zu lesen.“ Martin (1982), S. 30: „[...] der Briefwechsel beider, der außer der Frage, ob es den Sterblichen möglich sei, in der Zukunft zu lesen, auch Politisches behandelte, ist leider verloren.“ 24 Archiv der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, F 285; olim Pulkowo Band 19, fol. 104–112. Die drei Briefe sind in Salzburg verfasst und datieren vom 3. April, 11. Mai und 14. Juni 1601. Für die Vermittlung von Aufnahmen dieser Briefe danke ich dem stellvertretenden Archivdirektor der Russischen Akademie der Wissenschaft in St. Petersburg A. A. Galuškin und der Residenzgalerie Salzburg. Weiters danke ich Dominik Führinger/UBS, der mich bei der russischen Korrespondenz unterstützte. 25 List (1961), S. 1–37. 26 Bibliothèque nationale de France, RES–V–230. Für die Vermittlung einer Aufnahme von der Widmungsseite danke ich Jean-Marc Chatelain und Anne-Marie Mahé. Weiters danke ich Diana McCoy/UBS, die mich bei der französischen Korrespondenz unterstützte. 27 Schwedische Insel im Öresund, auf der Tycho Brahe sein berühmtes Observatorium errichtete (heute rekonstruiert). 28 Wolf Dietrich an Erzherzog Albrecht VII; Salzburg, 25. April 1601: Stieve (1878), S. 494–496. 29 Erzherzog Albrecht VII. an Wolf Dietrich; Brüssel, 12. Mai 1601: ebd., S. 499 f. 30 Wolf Dietrich an Erzherzog Albrecht VII; Salzburg, 28. Mai 1601: ebd., S. 504. Das Schreiben des Erzbischofs an den Kaiser vgl. Stieve (1880), S. 149–152. 31 Dreyer (1972), S. 326. 32 Zu Kepler vgl. Wacha (1990), S. 93–113. 33 Boockmann/Di Liscia (2009), S. 484–490. 34 Ebd., S. 490–492. 35 Ebd., S. 266. 36 Ebd., S. 437. 37 Ebd., S. 440; zur Ermordung Heinrichs IV. vgl. Mousnier (1970). 38 Boockmann/Di Liscia (2009), S. 396: [...] non usque adeo benigna est convenientia, sed major potius contrarietas ad discordantia innuitur. 39 Martin (1982), S. 30. Kaiser Rudolph II. musste 1608 zugunsten seines Bruders Matthias auf Österreich, Ungarn und Mähren verzichten sowie 1611 auf Böhmen. Somit war ihm nur noch die Kaiserwürde geblieben, als er am 20. Januar 1612 in Prag starb; vgl. Reifenscheid (1994), S. 144–147. 40 Als Opposition bezeichnet man in der Astronomie den Aspekt, bei dem sich zwei Himmelskörper am Himmel im Winkelabstand von 180 Grad befinden. 41 Boockmann/Di Liscia (2009), S. 442. Kepler war ein aufmerksamer Beobachter der politischen Lage gewesen, wenn er schrieb: Die Kriegspraeparation in Bairn und Saltzburg möchte einem mehr verstendigen auch zimliche nachrichtung geben, wo es hinauß wollte mit dieser grossen opposition. 42 Die Darstellung folgt UBS, Sign. R 102.088 I: Saltzburgischer Verlauff, Kurtze Relation und Verzeichnuß deßjenigen,

DER TOD

IN DEN

so sich in werendem Zwytracht, zwischen dem Ertzbischoff zu Saltzburg, unnd Jhrer Fürstl. Durchl. Maximilian Hertzogen in Obern und Nidern Bayren etc. in diesem 1611. Jar zugetragen, Biß endlich der Bischoff in gefänglichen Verhafft gebracht worden. Für den Hinweis danke ich Frau Mag. Michaela Essler. Eine weitere Darstellung in: UBS Sign. R 9.452 III: Allgemeine Schau=Bühne der Welt, oder: Beschreibung der vornehmsten Welt=Geschichte Frankfurt/Main 1699, Sp. 357 f.: Irrung zwischen Saltzburg und Bayern. Es entstund diß Jahr unter den Catholischen selbst eine neue Strittigkeit zwischen dem Ertz=Bischoff zu Saltzburg und denn Hertzog in Bayern wegen des Saltzhandels und Stiffts Berchtolsgaden, welche den Hertzog bewegte die Waffen zu ergreiffen, und den Ertzbischoff zu überziehen [anzugreifen]. Derselbe muste ja ihm selbst und seiner Sache nicht trauen, denn er des Hertzogs Ankunfft vernehmend, sich auff die Flucht begeben, und einen grossen Schatz an Baarschafft, Kleinodien, auch guldenen und silbern Geschirr mit sich genommen. Er wurde aber mit allen seinen Gütern eingeholet, und ihm die Resignation von dem Capitul zugemuthet, die muste auch endlich erfolgen, jedoch mit unterschiedlichen guten Conditionen, auch vorbehalt zwantzig tausend Gulden jährlicher Pension und anderen Emolumenten [Einträge] für ihn und seinen Bruder Rudolffen, damit sie ein reichlich Auskommen haben möchten, welchen Vergleich beydes der Pabst und Hertzog in Bayern ratificirt. Bekanntlich kam Wolf Dietrich nicht frei und die Pension wurde erst nach seinem Ableben an seine Brüder ausbezahlt. Dabei stellte man die Auslagen für die Gefangenschaft in Gegenrechnung. – Zum Salzkrieg vgl. auch Dückher (1666), S. 280–282; Mezger (1692), S. 654–656; Hansiz (1729), S. 668–670; Koller (1987c); Ambronn (1993), S. 65–87. 43 Zur Person und Regierung vgl. Ambronn (1993), S. 39–144. 44 Martin (1910), S. 159: un gioco degli heretici. 45 Zimmermann (1611), S. 3 f. 46 Ebd., S. 4. 47 Ebd. 48 Hauthaler (1873), S. 122, § 241. 49 Das Adelsprädikat „Altenau“ ist eine Kombination aus Salomes und Wolf Dietrichs Nachnamen (Alt/Raitenau). 50 BSB, Cgm 1694, p. 235v. 51 Schlegel (2009a), S. 33: Jenseits der am Bischofshof entlang vom Marktplatz zum Frauenhof führenden Käsgasse befand sich nördlich der Pfarrkirche ein von Gartenmauern und mittelalterlichen Gebäuden umrahmter Freiraum, das so genannte Pfarrgärtl. 52 Zur prachtvollen Garderobe der Mätresse des Erzbischofs vgl. das Inventar bei Zillner (1890), S. 617 (Zillner getraut sich nicht, Salome von Altenau als Besitzerin zu erwähnen). Über die Tafelkultur von Wolf Dietrich und Salome Alt vgl. Brandhuber (2010), S. 20 f. 53 Zu Wolf Dietrichs Gemäldegalerie in der Residenz vgl. Juffinger (2008), S. 257 u. 272. Über die aus der Sammlung bisher nachgewiesenen Gemälde vgl. den Kat. bei Walderdorff (2008), S. 368–371. Lageplan bei Walderdorff (2009), S. 140. Über Kunstund Wunderkammern allgemein: Vocelka/Scheichl (2010), S. 211–218. 54 BSB, Cgm 1694, p. 236r. 55 Ebd., p. 236v. 56 Zur Person vgl. Riedl (1867), S. 209 u. 236.

STERNEN

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57 BSB, Cgm 1694, p. 236r. 58 Martin (1910), S. 160. 59 SLA, Frank’sche Beamtenkartei: „Perger von Emlieb, Thomas“; Köchl (1954), S. 153–170; Martin (1982), S. 42 u. 97 f. 60 Martin (1910), S. 161. 61 BSB, Cgm 1694, p. 230r. 62 Angelastet wurde Wolf Dietrich von Raitenau besonders seine Korrespondenz mit Christian I. von Anhalt-Bernburg (1568–1630). Auf meine Anfrage nach dem Verbleib seiner Briefe teilte mir Frau Anke Boeck vom Landeshauptarchiv SachsenAnhalt am 23. April 2010 mit: „Anhand der Findbücher zu der hier archivierten Quellenüberlieferung des ehemaligen Fürsten-/Herzogtums Anhalt-Bernburg konnte ich bisher noch keine unmittelbare Korrespondenz zwischen dem Salzburger Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau und Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg nachweisen. Im Bestand sind eine Reihe einschlägiger Betreffsakten, darunter „Austriaca“, überliefert, die gegebenenfalls einen entsprechenden Briefwechsel enthalten könnten. Stichproben in diesen Archivalien erbrachten jedoch bislang noch kein positives Rechercheergebnis.“ Auch Wilhelm Klare von der Abteilung „Dessau“ des genannten Archivs kam am 18. Mai 2010 zu folgendem negativem Ergebnis: „Ich habe aber auch ergänzende Recherchen in den hiesigen Magdeburger Beständen, also der Überlieferung der Vorgängerterritorien der preußischen Provinz Sachsen, vorgenommen – leider mit negativem Ergebnis. Die elektronischen Suchbefehle zum Stichwort „Salzburg“ ergaben für die Frühe Neuzeit lediglich Ergebnisse zum Rangstreit zwischen den Erzbischöfen von Magdeburg und Salzburg von ca. 1500 bis 1566 und dann wieder auf dem Friedenskongress zu Osnabrück, so dass Wolf Dietrichs und Christians Amtszeiten in eine Lücke fallen. Eine derartige Akteneinheit ist allerdings undatiert. Wegen des in Magdeburg ziemlich konsequent eingehaltenen Provenienzprinzips sehe ich keine höhere Wahrscheinlichkeit, an einen Anhaltiner gerichtete Reinschriften vorzufinden.“ 63 Vgl. Dückher (1666), S. 281: Sein eigner besoldter Postmeister Hanß Reichard Rotmayr (theils nennen ihn Schültl) ist, wie man sagt, der erste gewesen, welcher dem Ertz=Bischoff, seinem herrn in Zaum gefallen; Darumb aber die rach Gottes nicht außblieben, dann er Schültl ungefehr umb das Jahr 1643, von einem Corporal zu Saltzburg ohn alle Ursach mit der Kurtzenwehr oder Hellepart erstochen worden; welchen so freventlichen Mord der Ertz=Bischoff Pariß im mindisten nicht gestrafft hat; Zweiffels ohne auß der Ursach, damit die Untreu an Wolff Dietrich begangen, darmit gebüst werde. 64 Alexander von Haslang († 1620). 65 Zur Goldschmiedekunst vgl. Wagner (1984), S. 1–12, Rossacher (1987), S. 226–229, und Beck (1972/73), S. 347–354. 66 Martin (1910), S. 166, Fn. 1. 67 Hauthaler (1873), S. 123, §254. Zur Festung Hohensalzburg allgemein vgl. Pillwax (1877); Schlegel (1952); Schlegel (1983). Zur Festung in der Neuzeit vgl. besonders Heinisch (1977), S. 131–150. 68 Ich bedanke mich bei Walter Schlegel für die gemeinsame Erkundung der Festung Hohensalzburg zur Lokalisierung der Hafträume. 69 Martin (1910), S. 166.

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70 Vgl. den Beitrag von Christoph Brandhuber und Oliver Ruggenthaler in diesem Band. 71 SLA, Domkapitelprot. Vom 8. Februar 1612. 72 Zu Leonhard Ehrgott vgl. Dopsch (1977), S. 160–162, Rohrmoser (1984), S. 31, u. ders. (1987), S. 335. Sein Grabdenkmal befindet sich in der Margarethenkapelle auf dem Petersfriedhof; vgl. Walz (1874), S. 364, Nr. 319: „Hie ligt begraben der Edl und gestreng Herr Leühard Ehrgott zu Lifring. Rom. Kais. Mayst. Rudolphi II. gewester Feld-Kriegsrath und Obrister. Auch furst. Salzbg. gehaimer Rath Landtobrister und Pfleger zu Ytter und Engelsberg, welcher den 24 May des 1620 iahrs seeliglich verschiden ist, deme der allmächtig Gott die ewige Ruehe und ein fröhliche Auferstehung mit allen Auserwählten genedig verleichen wolle Amen.“ 73 Martin (1910), S. 209. 74 Ebd., S. 186 f. 75 Ebd., S. 209. 76 SLA, Felner-Nachlaß, Bd. 3, fol. 395r. 77 Ebd., fol. 394r. 78 Ebd., fol. 393v. 79 Martin (1910), S. 203. 80 Ebd., S. 204, Fn. 1. 81 SLA, Felner-Nachlaß, Bd. 3, fol. 395v. 82 Ebd., fol. 394v. 83 Über Wolf Dietrichs Ableben berichten das Sektionsprotokoll (ebd., Nr. 71, fol. 384 f., vgl. Anhang) und Fürsterzbischof Markus Sittikus Graf von Hohenems in einem Brief an Hans Rudolph von Raitenau vom 16. Januar 1617 (KLA, Familienarchiv Lodron, Schachtel 36, Nr. 347). 84 KLA, Familienarchiv Lodron, Schachtel 36, Nr. 347. 85 Ebd. 86 Martin (1910), S. 222. 87 Bei Welti (1954) nicht erwähnt. 88 In der Grabinschrift der Gabrielskapelle heißt es ausdrücklich: VIVVS HOC EPITAPHIO HORTATVR, ET IN DÑO ROGAT: VTI DEFVNCTI CADAVER NE EXENTERENT. Vgl. den Beitrag von Christoph Brandhuber u. Maximilian Fussl in diesem Band. 89 SLA, Felner-Nachlaß, Nr. 71, fol. 384 f. Lateinischer Text und Übersetzung im Dokumentenanhang.

90 Johann Caspar von Kuenburg († 30. Mai 1628), Geheimer Rat, Hofratspräsident, Oberststallmeister, Pfleger zu Salzburghofen vgl. Kuenburg (1950), S. 125. 91 Proschko (1946/47), S. 95 urteilt: „Es dürfte sich bei dem 58jährigen ebenfalls um eine Apoplexie gehandelt haben.“ 92 Die Hauptquelle für den Trauerzug Wolf Dietrichs ist die Chronik des Johann Stainhauser über die Regierungszeit des Fürsterzbischofs Markus Sittikus. Ein Exemplar befindet sich in HHStA, Hs. R 35/4. Eine kommentierte Gesamtedition wird derzeit von Werner Rainer vorbereitet, dem ich für die Einsichtnahme in das Manuskript danke. Auszüge veröffentlichte bereits Skotschek (2009), S. 161–163. 93 HHStA, Hs. R 35/4, p. 23r. 94 Ebd., p. 26r. 95 Ebd., p. 26r–32r. 96 Zur Gabrielskapelle als Grabstätte Wolf Dietrichs vgl. Dorn (1969), S. 166–184. 97 HHStA, Hs. R 35/4, p. 33r. Zu Paris Lodron vgl. Grauer (1953); Heinisch (1991); Keller (2003). 98 HHStA, Hs. R 35/4, p. 33r. 99 Das heißt, die Kommunion empfangen; ebd., p. 33v. 100 Ebd., p. 34v. 101 Ebd., p. 35r. 102 KLA, Familienarchiv Lodron, Schachtel 36, Nr. 347: Thomas Perger von Emslieb an Wolf Weickl; Salzburg, 23. Jan. 1617. 103 In der Legende seines Porträts im Zyklus der Erzbischöfe in der Residenz heißt es: P[ri]ñ[ce]ps magnæ doctrinæ litterarum peritus. 104 Die dendrochronologische Untersuchung zweier Holzbalken des Dachstuhls der Residenz über dem von Wolf Dietrich erbauten Karabinierisaal ergab 1560 und 1561 als Fälldatum; damit ließ sich auch nachweisen, dass die massiven Holzträme bei der Erhöhung des Karabinierisaals unter Guidobald Thun wieder verwendet wurden. Ich danke Hermann Fuchsberger für die Führung auf dem Dachboden der Residenz und die Mitteilung seiner Ergebnisse. 105 Vgl. den Beitrag von Jan Cemper-Kiesslich, Falk Schumann, Franz Neuhuber, Edith Tutsch-Bauer und Mark R. Mc Coy in diesem Band. 106 SLA, Felner-Nachlaß, Nr. 71, S. 384 f.