STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training + Organisation + Produktauswahl

STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training + Organisation + Produktauswahl M. A. Rieger, K. Kempe, B. Strahwald Einführung sicherer Instrumente und S...
7 downloads 5 Views 3MB Size
STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training + Organisation + Produktauswahl M. A. Rieger, K. Kempe, B. Strahwald

Einführung sicherer Instrumente und Spritzensysteme zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen Modellprojekt im Rahmen des Modellprogramms zur Bekämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen

Abschlussbericht

Modellvorhaben STOP-Nadelstich Sicherheit durch Training + Organisation + Produktauswahl

M. A. Rieger K. Kempe B. Strahwald

Einführung sicherer Instrumente und Spritzensysteme zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen

Dortmund/Berlin/Dresden 2008

Diese Veröffentlichung ist der Abschlussbericht zum Modellvorhaben "STOP – Sicherheit durch Training, Organisation und Produktauswahl", das im Rahmen des Modellprogramms zur Bekämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert und durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) fachlich begleitet wurde. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Autorinnen:

PD Dr. Monika A. Rieger Schwerpunkt Arbeitsmedizin und Umweltmedizin Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin Fakultät für Medizin private Universität Witten/Herdecke gGmbH Alfred-Herrhausen-Str. 50, 58448 Witten Dr. Karen Kempe Brigitte B. Strahwald cognomedic GmbH Innovationszentrum Medizintechnik und Pharma Henkestraße 91, 91052 Erlangen

Herausgeber:

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Friedrich-Henkel-Weg 1-25, 44149 Dortmund Telefon: 0231 9071-0 Telefax: 0231 9071-2454 E-Mail: [email protected] Internet: www.baua.de Berlin: Nöldnerstr. 40-42, 10317 Berlin Telefon: 030 51548-0 Telefax: 030 51548-4170 Dresden: Proschhübelstr. 8, 01099 Dresden Telefon: 0351 5639-50 Telefax: 0351 5639-5210 Alle Rechte einschließlich der fotomechanischen Wiedergabe und des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis Kurzreferat Abstract Résumé

1 2 3

1 Dank

4

2 Hintergrund des Modellvorhabens

5

3 Projektdesign und Methodik 3.1 Ausgewählte Einrichtungen 3.2 Auswahl der Instrumente - Kooperationspartner aus der Industrie 3.3 Beirat 3.4 Erhebungsinstrumente, Auswertung 3.4.1 Basiserhebung 3.4.2 Abschlusserhebung 3.4.3 Evaluation der sicheren Instrumente 3.5 Rundtisch-Gespräche 3.6 Entwicklung von Managementsystemen 3.7 Schulungs- und Trainingsmaßnahmen 3.8 Entwicklung und Einführung von Praxishilfen 3.8.1 Praxishilfe zum Vorgehen nach Nadelstichverletzung 3.8.2 Praxishilfe für die arbeitsmedizinische Unterweisung Mustergefährdungsbeurteilung

12 12 15 17 18 18 21 22 23 23 23 24 24

4 Stationäre Krankenversorgung: Durchführung und Ergebnisse 4.1 Durchführung und Verlauf des Projektes 4.1.1 Rahmenbedingungen 4.1.2 Zusammenarbeit von und mit Betriebsärztinnen und Fachkräften für Arbeitssicherheit 4.1.3 Durchführung von Basis- und Abschlusserhebung 4.1.4 Durchführung der Intervention 4.2 Ergebnisse des Projektes: Klinik 4.2.1 Ergebnisse der Basiserhebung 4.2.2 Ergebnisse der Abschlusserhebung

28 28 28

5 Rettungsdienst: Durchführung und Ergebnisse 5.1 Durchführung und Verlauf des Projektes 5.1.1 Rahmenbedingungen 5.1.2 Zusammenarbeit von und mit Betriebsärztinnen und Fachkräften für Arbeitssicherheit 5.1.3 Durchführung von Basis- und Abschlusserhebung 5.1.4 Durchführung der Intervention 5.2 Ergebnisse des Projektes: Rettungsdienst 5.2.1 Ergebnisse der Basiserhebung 5.2.2 Ergebnisse der Abschlusserhebung

43 43 43

27

28 29 30 31 31 37

43 44 44 45 45 48

ii 6 Ärztliche Praxen: Durchführung und Ergebnisse 6.1 Durchführung und Verlauf des Projektes 6.1.1 Rahmenbedingungen 6.1.2 Durchführung von Basis- und Abschlusserhebung 6.1.3 Durchführung der Intervention 6.2 Ergebnisse des Projektes: Praxen 6.2.1 Ergebnisse der Basiserhebung 6.2.2 Ergebnisse der Abschlusserhebung

53 53 53 53 53 54 54 57

7 Evaluation der sicheren Instrumente 7.1 Sichere Instrumente in der Klinik 7.2 Sichere Instrumente im Rettungsdienst 7.3 Sichere Instrumente in den ärztlichen Praxen 7.4 Zusammenfassung: Evaluation der sicheren Instrumente

61 62 68 72 76

8 Diskussion – Gesamtprojekt 8.1 Externe Validität und Übertragbarkeit 8.2 Ausgangssituation in den Einrichtungen 8.3 Beurteilung der sicheren Instrumente 8.4 Durchführung der Intervention 8.4.1 Klinik 8.4.2 Rettungsdienst 8.4.3 Ärztliche Praxen 8.4.4 MemoCard 8.4.5 e-Learning 8.5 Effekte der Intervention 8.6 Beurteilung der sicheren Instrumente

78 78 79 79 80 80 81 82 82 82 83 84

9 Nachhaltigkeit, Nutzungsmöglichkeiten der Ergebnisse nach Abschluss des Modellprojektes 9.1 Nachhaltigkeit 9.1.1 Klinik 9.1.2 Rettungsdienst 9.1.3 Ärztliche Praxen 9.1.4 MemoCard 9.1.5 e-Learning-Angebot 9.2 Nutzungsmöglichkeit über das Projekt hinaus 9.3 Ergebnisse nach Abschluss des Projektes: MemoCard

85 85 85 85 86 86 86 87 87

10 Veröffentlichungen zum Modellprojekt

89

11 Literatur

90

1

STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training + Organisation + Produktauswahl Kurzreferat Im Rahmen des Projektes „STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training, Organisation und Produktauswahl“ wurden praxisnahe Lösungen zum Schutz vor Nadelstichverletzungen entwickelt und erprobt. Für die Teilnahme am Projekt wurden eine Klinik der Maximalversorgung, ein großer Rettungsdienst sowie fünf unterschiedliche Praxen ausgewählt. In der ersten Phase des Projektes erfolgte die Datenerhebung mittels standardisierter Instrumente und Expertinneninterviews. An der Basis-Befragung beteiligten sich 351/671 Beschäftigte aus dem Krankenhaus, 25/50 Notärztinnen, 52/78 Rettungsdienstmitarbeiterinnen sowie 38/38 Beschäftigte aus den Praxen. Die Zahl der Nadelstichverletzungen (NSV) in den letzten 12 Monaten entsprach den aus der Literatur bekannten Werten und erreichte z.B. bei den Notärztinnen bis zu durchschnittlich 2,68 (Median: 0). In der Klinik wies der Vergleich mit der Zahl der bei den Durchgangsärzten gemeldeten NSV auf eine große Dunkelziffer hin. Bei den Begehungen im Rettungsdienst zeigte sich, dass einzelne, wiederkehrende Tätigkeiten ein hohes Gefährdungspotential aufweisen. In der Klinik war die Situation heterogen mit nur teilweise strenger Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften. In den Praxen waren die Schutzmaßnahmen vor Nadelstichverletzungen eher schlecht. In Klinik und Rettungsdienst gaben die Befragten an, weniger als die Hälfte der Nadelstichverletzungen zu melden. Die Gründe für das schlechte Meldeverhalten waren in allen Bereichen vor allem die mangelnde Kenntnis der Meldewege und die intransparente Organisation der weiteren Versorgung. In der Interventionsphase des Projektes wurden daher Angebote gemacht, die den ermittelten Bedarf decken sollten: Standards, Praxishilfen, Schulungen, praktische Übungen und ein e-Learning-Modul. Zudem wurden die Beschäftigten zur Evaluation sicherer Instrumente aufgefordert, die über einen Zeitraum von drei Monaten in den Arbeitsbereichen in sog. Musterkoffern verfügbar waren. Hier wurden n=2090 Bewertungen abgegeben. In der abschließenden Projektphase wurde evaluiert, ob und in welchem Umfang die Maßnahmen angenommen wurden und den Arbeitsalltag verändert hatten. In der Befragung (n=306) wurde deutlich, dass die Beschäftigten die sicheren Instrumente akzeptieren und ihren Einsatz befürworten, sofern sie an die jeweilige Arbeitsaufgabe angepasst und einfach zu bedienen sind. Vor einer geplanten Einführung sicherer Instrumente sollte daher unbedingt eine Testphase mit anschließendem Votum der Beschäftigten erfolgen. Im Projekt wurde jedoch ebenfalls deutlich, dass die Einführung sicherer Instrumente nur als Teil eines Arbeitsschutz-Gesamtkonzeptes sinnvoll ist, d.h. von z.B. Schulungen, Unterweisungen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen begleitet werden muss. Gerade in letzterer Hinsicht wurden in den kooperierenden Einrichtungen zum Teil deutliche Mängel offensichtlich. Schlagwörter: Nadelstichverletzungen, Prävention, sichere Instrumente, Evaluation, Schulung, Gesundheitsdienst, TRBA 250

2

STOP Needle-Stick Injuries: Safety through Training + Organisation + Product Selection Abstract During the project "Stop Needle-Stick Injuries: Safety through Training, Organisation and Product Selection" practical solutions to protect against needle-stick injuries were developed and evaluated. A great hospital, a large rescue service and five different medical offices took part in the project. In the first stage data was collected with standardized instruments and interviews. 351/671 hospital employees, 25/50 emergency physicians, 52/78 paramedics and 38/38 physicians and practice nurses in medical offices participated in the survey. The number of needle-stick injuries in the last 12 months corresponded to the data from other studies, resulting in for example an average of 2.68 (median: 0) among the emergency physicians. In contrast the rather small number of reported needle-stick injuries in the hospital led to the assumption of a large number of unreported cases. Risk assessment included inspections of the various working areas. Whereas in the rescue service several recurrent working activities at risk for needle-stick injuries were detected, the situation in the hospital was rather heterogeneous. Here, the actual regulations for occupational safety and health were not observed on all wards. The inspections of the medical offices revealed only little efforts to protect the employees against needle-stick injuries. The employees of the hospital and of the emergency medical service stated that they announced less than 50% of their needle-stick injuries. That was mainly due to a lack of knowledge on how and to whom they should make their reports. Furthermore they did not know who was responsible for first aid and further medical treatment. In the second stage guidelines, practical advices, training in the use of safety devices, and e-learning were offered to overcome the problems encountered. The safety devices were gathered into socalled sample cases and were available in all working areas over a period of three months. The employees were asked to evaluate the safety devices by means of a short standardised questionnaire. Data on n=2090 safety devices was available. In the third stage the results of the project were evaluated: Did the employees accept the features offered to them? If yes, to which amount? Was there a change in the everyday working routine? The results of the survey (n=306) showed that the employees accepted the safety devices. Generally speaking, health care emloyees seem to accept and even ask for safety devices if the instruments are adopted to the very working task and easy to handle. Prior to the implementation of safety devices, an evaluation process seems indispensable thus encouraging the employees to test the devices and vote for their favourites. Overall it became apparent that the implementation of safety devices has to be part of an integrated safety concept. In order to prevent needle-stick injuries or contamination with infectious body fluids, training, guidelines, and changes in work organisation are absolutely essential. Yet, especially with this latter aspect, shortcomings were quite obvious in the majority of the participating healthcare institutions. Keywords: Needle-stick injuries, prevention, safety devices, evaluation, training, heath care, TRBA 250

3

STOP aux accidents exposant au sang: Sécurité par la formation + par l'organisation + par la sélection des produits Résumé Dans le cadre du projet »STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training, Organisation und Produktauswahl« (sécurité par la formation, par l'organisation et par la sélection des produits) des solutions pragmatiques pour la prévention des accidents exposant au sang ont été développées et evaluées. Pour la participation au project on a choisi un centre hospitalier, un grand service de secours et cinq cabinets de consultation. Pendant la première phase du projet des données ont été accumulées. Au sondage de base, 351/671 employés de l'hôpital, 25/50 urgentistes, 52/78 ambulanciers ou assistants et 38/38 employés des cabinets ont participé . Le nombre des accidents exposant au sang dans les 12 derniers mois correspond aux valeurs notoires de la littérature, elle fait par exemple une moyenne de 2,68 chez les médecins urgentistes (médiane: 0). A l'hôpital, la comparaison avec le nombre des accidents exposant au sang indiqués dans les communiqués des médecins de passage signale un grand chiffre inconnu. En ce qui concerne les services de secours, il est évident que certaines actions récurrentes montrent du potentiel de risque élevé. A l'hôpital la situation était hétérogène parce qu´on a mis en oeuvre seulement partiellement les règles strictes de protection du travail. Dans les cabinets les mesures de protection contre des accidents exposant au sang ont été plutôt insuffisantes. A l'hôpital et dans les services de secours les personnes interrogées ont signalé moins que la moitié des accidents exposant au sang. Les raisons pour la signalisation insuffisante étaient notamment une manque de connaissance des voies de signalisation et l´organisation intransparente de l´approvisionnement. C´est pourquoi des offres ont été faits pendant la deuxième phase du projet afin de couvrir les besoins identifiés: des guides de bonnes pratiques, des formations, des exercices pratiques et de l´elearning. En outre, les employés ont été invités á évaluer des matériels de sécurité disponibles dans des boîtes à échantillons pendant une période de trois mois dans les domaines de travail. Ici on a n=2090 votes. Pendant la dernière phase du projet on a évalué la portée et l´adoption des mesures et combien elles ont changé le monde du travail quotidien. L'enquête (n=306) a montrée que les salariés acceptent les matériels de sécurité et favorisent leur utilisation à condition qu´ils soient adaptés à une certaine tâche et facile à utiliser. Avant d´introduire des matériels de sécurité il serait donc utile d´envisager une phase de test suivie d´une vote des salariés. Le projet confirme que l`introduction des matériels de sécurité est raisonnable en tant qu´il fait partie de la sécurité au travail, c'est-à-dire accompagnée des formations, des ìnstructions et des mesures de l`organisation du travail. Ici on a trouvé quelques insuffisances évidentes dans les établissements qui ont coopéré au projet de modèle. Mots clés Accidents exposant au sang, prévention, matériels de sécurité, formation, services de santé, TRBA 250

4

1 Dank Wir bedanken uns an erster Stelle bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA. Sie hat das Projekt STOP mit beeindruckendem Engagement und großer Kompetenz begleitet. Daneben gilt unser Dank den Kooperationspartnerinnen des Projektes. Ohne sie wäre eine erfolgreiche Durchführung nicht möglich gewesen. Neben den Verantwortlichen in den einzelnen Institutionen bedanken wir uns vor allem bei den Beschäftigten. Sie haben sich engagiert und interessiert an den Befragungen und Schulungen beteiligt. Die Rückmeldungen sowohl zu den sicheren Produkten als auch zu den Angeboten des Projektes haben entscheidend zum Erfolg von STOP beigetragen. Dank gebührt auch den jeweils zuständigen Betriebsärztinnen und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Sie haben sich bereitwillig auf STOP eingelassen und im Verlauf des Projektes neue Formen der Zusammenarbeit zugelassen. Die Mitglieder des Beirats haben STOP von Beginn an kompetent, kritisch und engagiert begleitet. In den gemeinsamen Diskussionen wurden zahlreiche Impulse gesetzt die das Projekt bereichert haben. Für diese freiwillige und ehrenamtliche Tätigkeit bedanken wir uns sehr. In Kooperation mit dem Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) konnten mehrere Mitglieder der Arbeitsgruppe „Nadelstichverletzungen“ für die Mitarbeit gewonnen werden. Unser Dank gilt sowohl dem BVMed, als auch den Firmen Becton Dickinson, B. Braun Melsungen, Terumo Medical und Tyco Healthcare.

Monika A. Rieger Witten

Karen Kempe Erlangen

Brigitte B. Strahwald Erlangen

Zu Gunsten der besseren Lesbarkeit wird in dem Abschlussbericht nur die weibliche Form verwendet. Natürlich sind damit beide Geschlechter gemeint.

5

2 Hintergrund des Modellvorhabens Patientinnenbezogene Tätigkeiten im Gesundheitsdienst sind in der Regel durch zwei Faktoren gekennzeichnet: • Das Wohl der Patientin steht im Vordergrund. • Die Rahmenbedingungen für diese Tätigkeiten variieren erheblich. Viele Beschäftigte neigen - zum Wohle der Patientin - dazu, den eigenen Arbeitsund Gesundheitsschutz zu vernachlässigen, vor allem in Notfällen. Gleichzeitig ändern sich die Rahmenbedingungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ständig. Die Arbeitszeiten wechseln, die Zusammensetzung der Teams variiert und Notfälle kommen unvorhergesehen dazu. Der hohe Kostendruck in Gesundheitseinrichtungen verdichtet die Arbeit zunehmend, viele gewohnte Arbeitsabläufe werden neu strukturiert. Dazu kommt, dass Infektionsgefahren, die von Patientinnen ausgehen, oft nicht bekannt sind. Die Beschäftigten ergreifen daher keine besonderen Schutzmaßnahmen. Dies betrifft nicht nur diejenigen, die unmittelbar mit der Patientin arbeiten. Auch nachgeordnete Bereiche sind gefährdet, z.B. der Reinigungsdienst [30], die Wäscherei [19] oder das Küchenpersonal. Durch Unachtsamkeit gelangen gebrauchte Kanülen, Skalpelle usw. in den Abfall, in die Wäsche oder auf Küchentabletts. Vor diesem Hintergrund sind beruflich bedingte Infektionskrankheiten bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst nach wie vor bedeutsam. Von 2002-2006 lagen Infektionskrankheiten an zweiter bzw. dritter Stelle unter den bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) angezeigten Erkrankungen (Abb. 2.1) [3].

Abb. 2.1

Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit in den Jahren 2002-2006 (BGW)

6 In den letzten Jahren wurden immer noch über 100 Hepatitis B-Fälle als Berufskrankheit angezeigt, obwohl es seit Mitte der 80er Jahre eine Impfung gibt. Zumindest geht die Zahl der angezeigten Hepatitis-B-Fälle stark zurück (Tab. 2.1). Dies ist aber auch darauf zurückzuführen, dass Aufgaben in infektionskritischen Bereichen des Gesundheitsdienstes nicht mehr nur von Mitgliedsbetrieben der BGW abgedeckt werden. Bereiche wie z.B. Gebäudereinigung, Küche oder Wäscherei werden von anderen Berufsgenossenschaften betreut. Meldungen, die über die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand eingehen, sind ebenfalls nicht enthalten. Tab. 2.1

Entwicklung der Verdachtsmeldungen auf Hepatitis 1997-2003, nach [4] 1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

Hepatitis A

53

34

29

34

24

24

11

Hepatitis B

253

252

255

227

164

170

132

Hepatitis C

245

199

252

288

302

254

238

Hepatitis D

2

1

--

--

1

--

--

Hepatitis E

--

1

1

1

1

--

1

553

487

537

550

492

448

382

Summe

Im Hinblick auf die Infektionen mit durch Blut übertragenen Krankheitserregern Hepatitis-B-Virus (HBV), Hepatitis-C-Virus (HCV), Humanes Immunodefizienz-Virus (HIV) geht von Stich- und Schnittverletzungen ein besonderes Risiko aus. Diese Verletzungen treten bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst vermutlich sehr häufig auf. Die genaue Zahl ist allerdings unbekannt, da bis zu 90% der Fälle nicht gemeldet werden [29]. In Deutschland wird aktuell von jährlich etwa 500.000 Nadelstichverletzungen bei den ca. 750.000 Beschäftigten im Gesundheitsdienst ausgegangen [6], wobei einzelne Bereiche wie Chirurgie oder Notaufnahme besonders hohe Prävalenzen aufzuweisen scheinen. Die Verteilung der gemeldeten Schnitt- und Stichverletzungen hängt vom Meldeverhalten der in den jeweiligen Bereichen beschäftigten Personen ab. Die mit Nadelstichverletzungen assoziierten Kosten belaufen sich in Deutschland – in Abhängigkeit von der Hepatitis-BDurchimpfungsrate – auf etwa 450 bis 635 EURO, wobei der Institution selbst Kosten in Höhe von 118 bis 263 EURO entstehen [6, 34]. Von 496 gemeldeten Unfällen aus dem OP-Bereich in den Jahren 1998-99 bei der Unfallkasse Berlin waren 56% Schnitt- und Stichverletzungen. Die Kontamination mit Fremdblut machte 6% aller im OP-Bereich gemeldeten Unfälle aus [36]. Dabei haben sich 87% der Verunfallten direkt bei der Tätigkeit am Patienten gestochen. Davon wiederum haben sich 78% selbst gestochen oder geschnitten. 9% wurden durch Dritte verletzt, z.B. bei der Übergabe von Instrumenten. 10% der Verletzungen traten bei Entsorgungs- und Reinigungsarbeiten auf [17, 36]. Sowohl im operativen als auch im ambulanten Bereich muss aber von einer zusätzlichen hohen Zahl unbemerkter Verletzungen ausgegangen werden, wie die Analyse von HandschuhPerforationen ergab [10, 17]. Zu den Handschuh-Perforationen kam es durch Nahtmaterial und scharfe und spitze Gegenstände (z.B. Nadeln, Skalpelle, Draht zum Verschluss von Sternotomien, Knochensplitter) [1] .

7 Vor dem Hintergrund von teilweise mehr als 10% unbemerkter HandschuhPerforationen wird das Tragen doppelter Handschuhe empfohlen, die als so genannte Indikator-Handschuhe ausgelegt sein können [12, 32]. Allerdings konnte WITTMANN in Untersuchungen zeigen, dass das bei Stichverletzungen übertragene Blutvolumen teilweise höher war, wenn ein Handschuh getragen wurde, als wenn keiner getragen wurde [13, 33, 35]. Somit kommt – neben dem Tragen von Schutzhandschuhen – der Verwendung so genannter „sicherer Instrumente“ v.a. in Bereichen mit erhöhtem Infektionsrisiko eine besondere Bedeutung zu. Von Seiten der Industrie wird eine Fülle von Produkten angeboten, durch deren konsequente Verwendung das Risiko von Stich- und Schnittverletzungen bedeutend minimiert werden könnte. Es handelt sich dabei um „sichere Kanülen“ (inkl. Venenverweilkanülen), „sichere Skalpelle“ und „sichere Nadeln für den Wundverschluss“ (tapperpoint- oder round-tipped blunt needles) (Tab. 2.2). Tab. 2.2

Wirkungsweise sicherer Instrumente, Auswahl nach [2]

Instrument

Wirkungsweise

sichere Kanülen

passive Systeme: Benutzer schiebt ein Schutzschild, eine Kappe oder eine ähnliche Vorrichtung über die Kanüle. Dabei bleibt die Hand hinter der Spitze, so dass der Sicherungsvorgang selbst völlig ungefährlich ist.

Anwendungsbereich Blutentnahme, Venenverweilkanüle,

aktive Systeme: Der Schutzmechanismus wird automatisch in Gang gesetzt.

sichere Skalpelle

Wiederverwendbares Skalpell, bei dem das gefahrlose Auswechseln der Klinge gewährleistet wird.

Wunderöffnung

oder: Skalpell mit zurückziehbarer und arretierbarer Klinge.

sichere Nadeln

Stumpfe Rundkörpernadeln, bei denen das Durchstechen von Handschuhe stark minimiert wird. Die notwendige Gewebepenetration ist durch schlanke Nadelgeometrie gewährleistet.

Wundverschluss

8 Die Wirksamkeit der Instrumente und/oder des Tragens doppelter Handschuhe im Hinblick auf die Reduktion von Stichverletzungen bzw. Perforationen der Haut wurde bislang bereits in einigen kontrollierten Studien untersucht [21, 26], wobei sich die Intervention oft auf den – eher überschaubaren – Bereich des Operationssaals beschränkte. Dies greift jedoch zu kurz, da die Mehrzahl z.B. der Venenpunktionen und Injektionen außerhalb des OP-Bereiches erfolgt und dort die Stichverletzungen in der Regel durch Recapping oder bei der Entsorgung gebrauchter Kanülen auftreten [1]. Entsprechend traten beispielsweise im Universitätsklinikum Heidelberg die Mehrzahl der Stichverletzungen im Patientenzimmer auf, wobei Blutentnahmen im Bereich der Chirurgie, Innere Medizin und Kopfklinik im Vordergrund standen [5]. Dies hat zur Folge, dass der Kreis der Personen, die von Stichverletzungen betroffen sind, bereits Auszubildende und Medizinstudierende umfasst [8]. Bei der Umsetzung der Biostoffverordnung (BioStoffV) und arbeitsmedizinischen Betreuung müssen die entsprechenden Personengruppen berücksichtigt werden [20, 22, 23, 27]. Auch in Rettungsdiensten kommt Stichverletzungen eine große Bedeutung zu, wobei in einer Befragung von Rettungsfachpersonal in Deutschland, Österreich und Schweden deutlich wurde, dass das Unfallrisiko durch Material und Ausrüstung im Verhältnis zu anderen Unfallursachen unterschätzt wurde [14-16]. Mit der im Jahr 2003 beschlossenen TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege“ [31] wurde den Arbeitgebern und den hauptamtlich für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen eine umfassende und detaillierte Übersicht für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und die Ableitung von an die Tätigkeit angepassten Schutzmaßnahmen vorgelegt [24]. Erstmals wurden in Deutschland Anforderungen an den technischen Arbeitsschutz im Hinblick auf durch Blut übertragbare Krankheitserreger formuliert und Bereiche für den Einsatz der so genannten sicheren Instrumente definiert. So werden als allgemeine Maßnahme, d.h. auch für Tätigkeiten der Schutzstufe 1, Abfallbehälter zur Sammlung spitzer und scharfer Gegenstände gefordert und in ihren Produkteigenschaften spezifiziert. Ebenfalls als eine allgemeine Maßnahme wird das Verbot des „recapping“1 formuliert mit der Ausnahme, dass das Zurückschieben in eine Schutzhülle mit einer Hand bewerkstelligt werden kann. Ab Schutzstufe 2 (z.B. Blutentnahmen bei einer Patientin mit unbekanntem Infektionsstatus) sollen „spitze, scharfe oder zerbrechliche Arbeitsgeräte durch solche geeigneten Arbeitsgeräte oder –verfahren ersetzt werden, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stichoder Schnittverletzungen besteht“. Die Regelungen in der TRBA 250 wurden 2006 verschärft. Nur wenn das Verletzungsrisiko vernachlässigt werden kann, darf auf sichere Instrumente verzichtet werden. Ansonsten müssen sie eingesetzt werden • • • • • •

bei infizierten Patienten mit Erregern der Risikogruppe 3 oder höher, bei fremdgefährdenden Patienten, im Rettungsdienst, in der Notfallaufnahme und in Gefängniskrankenhäusern.

_________________________ 1

Unter „recapping“ wird das Zurückschieben der Kanüle in die Schutzhülle verstanden.

9 sowie bei allen Tätigkeiten, bei denen Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können, vor allem • bei Blutentnahmen oder • bei Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten. Aktuell sind die Forderungen der TRBA 250 auch in den genannten Bereichen mit besonderer Gefährdung der Beschäftigten bei weitem nicht flächendeckend umgesetzt. Als Gründe hierfür sind unter anderem zu nennen [6, 28, 29]: • Der Einsatz der „sicheren Instrumente“ kann für die Krankenhäuser in der Regel nicht kostenneutral erfolgen. • Die Vielfalt der auf dem Markt erhältlichen Produkte erfordert eine Sichtung und Evaluierung, ob die Instrumente für die jeweiligen Tätigkeiten geeignet und handhabbar sind. • Die Einführung neuer Instrumente und Arbeitstechniken erfordert eine Anpassung verwaltungstechnischer und organisatorischer Abläufe sowie eine intensive Schulung des Personals. • Bereiche mit besonderer Gefährdung sind in vielen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes nicht umschrieben räumlich abgrenzbar, sondern müssen nach ausgeübter Tätigkeit bzw. nach Risiken festgelegt werden. Bislang erfolgte die Evaluation der technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Reduktion von Nadelstichverletzungen vor allem im Ausland. Eine in den Jahren 2004 und 2005 durchgeführte Metaanalyse listet 65 Studien auf, in der die Verwendung sicherer Instrumente und/oder von Schulungen evaluiert wurde [5]. Dabei zeigte sich, dass die Zahl an Schnitt- und Stichverletzungen durch Verwendung sicherer Instrumente deutlich reduziert werden konnte. Der Effekt von Schulungen ließ sich dagegen nicht eindeutig fassen. In Deutschland beschränkten sich die Interventionen bislang - soweit in der Literatur dokumentiert - vor allem auf einzelne Krankenhäuser bzw. Abteilungen in Krankenhäusern (z.B. in Heidelberg [5, 21], Recklinghausen [7] und Berlin [36]). Im Rahmen der Untersuchung in Baden-Württemberg wurde herausgearbeitet, dass die sicheren Instrumente umso handhabbarer eingeschätzt wurden, je höher der persönliche Schutz erlebt wurde. Zudem wurden sie eher positiv eingeschätzt, wenn der Zeitbedarf bei der Nutzung nicht höher und kein langes Training erforderlich war (S. 9 des Handouts zum Vortrag [5]). Insgesamt fiel die Beurteilung der sicheren Instrumente beim Pflegepersonal besser als beim ärztlichen Personal aus und stieg mit der Anwendungsdauer (S. 9 des Handouts zum Vortrag [5]). Bei der Untersuchung in Berliner Krankenhäusern (Projekt SiGOS – Sicherheit und Gesundheit im Operationssaal) [36] lag der Schwerpunkt auf der Reduktion von Unfällen im OP-Bereich. Dazu zählten vor allem Stich- und Schnittverletzungen, die 56% der in den Jahren 1998 und 1999 gemeldeten Unfälle ausmachten. Dieser hohe Anteil von Verletzungen mit Infektionsgefahr ist umso bedeutender, als im Projekt SiGOS unter 66 befragten Beschäftigten aus dem OP-Bereich (34 Pflegende, 22 Mitglieder des ärztlichen Personals) Schnitt- und Stichverletzungen als häufigste Gefahrenquelle genannt wurden (57 Nennungen). Ein grundsätzliches Bewusstsein für die Gefährdung scheint also zu bestehen.

10 In ähnlicher Weise assoziierte die überwiegende Mehrzahl von 135 befragten Personen aus Projektkrankenhäusern die Begriffe „Infektionsschutz“ (95-99%) und „Schnitt- und Stichverletzungen“ (92-97%) mit dem Begriff „Arbeits- und Gesundheitsschutz“. Diese hohe Bewertung mag jedoch auch auf eine gewisse Sensibilisierung der Beschäftigten durch die Teilnahme am Interventionsprojekt zurückzuführen gewesen sein. Denn abweichend von der Einschätzung der Beschäftigten wurde in der Schadenseinschätzung durch Expertinnen2 „Verheben“ höher eingeschätzt als Schnitt- und Stichverletzungen. Die Folgen der Kontamination mit Fremdblut wurden als gleich eingeschätzt wie die Folgen von Stress und Zwangshaltungen. Als Ansatzpunkte für Interventionen zur Reduktion von Schnitt- und Stichverletzungen wurde festgestellt, dass die Mehrzahl der Befragten das Patientinnenwohl über den eigenen Gesundheitsschutz stellte (43% voll, 37% teilweise) und den Eindruck hatte, dass sie keinen (22%) bzw. einen nur geringen Einfluss (43%) auf den eigenen Gesundheitsschutz hatten. Zugleich gab die Mehrheit der Befragten an, keine Zeit für den eigenen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu haben (13% ganz, 37% teilweise). Im Projekt SiGOS wurden den Beschäftigten verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des Infektionsschutzes vorgeschlagen, die diese selbst bewerten konnten. Hierbei wurden mit deutlicher Betonung v.a. organisatorische Maßnahmen genannt, die Verwendung sicherer Instrumente dagegen deutlich seltener. Auffällig war, dass unter den Instrumenten sichere Kanülen ungefähr doppelt bzw. dreifach so häufig genannt wurden wie sichere Skalpelle bzw. sichere Nadeln. Grundsätzlich stellten sich im Projekt SiGOS wie auch in anderen Untersuchungen organisatorische Maßnahmen (inkl. modifizierte Arbeitstechniken) als wichtige Ansatzpunkte für die Reduktion von Schnitt- und Stichverletzungen dar [18] und dürfen in Interventionsprogrammen nicht vernachlässigt werden. Für die Einführung sicherer Instrumente zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen im Rahmen des Modellprojektes wurden daher folgende Voraussetzungen formuliert: • Die Betonung des Patientinnenwohls ist untrennbar mit Tätigkeiten im Gesundheitsdienst verbunden. Präventionsprogramme zur Förderung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei den Beschäftigten müssen das Ziel haben, die vermeintliche Gegensätzlichkeit von „sicherem Arbeiten“ und „Patientenwohl“ aufzuheben und stattdessen sichere Arbeitstechniken sowie die Verwendung sicherer Instrumente und persönlicher Schutzausrüstung selbstverständlich werden zu lassen. • Die Intervention sollte in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen für Arbeitsschutz, Hygiene und Qualitätssicherung sowie den Beschäftigten selbst entwickelt und umgesetzt werden. Hierbei sollten Synergien zwischen allen drei Bereichen deutlich werden. Die Beschäftigten sollten zur situativ angepassten Gefährdungsbeurteilung befähigt werden. _________________________ 2

In die Schadenseinschätzung floss ein: Wahrscheinlichkeit für Eintreten der Gefährdung, Wahrscheinlichkeit für Unfall bzw. Beschwerden beim Auftreten der Gefährdung und Schadenshöhe.

11 • Das Modellprojekt sollte an die Erfahrungen anknüpfen, die in anderen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes in Deutschland und im Ausland mit der Einführung sicherer Instrumente gemacht wurden. Insbesondere gilt es, die Anforderungen an Verwaltung und Organisation zu beschreiben und Handlungsoptionen aufzuzeigen. • Die Beschäftigten müssen das Vorgehen im Fall eine Schnitt- oder Nadelstichverletzung kennen. Die Verantwortlichkeiten müssen für alle Beteiligten klar erkennbar und die Informationen gut zugänglich sein. • Der sichere Umgang und die Bereitschaft zur Verwendung sicherer Instrumente erfordert praktische Übungen und vergleichende Bewertungen verschiedener technischer und organisatorischer Verfahren zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen3. • Einzelne Zielgruppen müssen besonders angesprochen werden, da sowohl Gefährdungen unterschiedlich wahrgenommen werden, als auch Tätigkeitsspektren und Präferenzen verschieden sind. • Die Einführung „sicherer Instrumente“ muss in ein umfassendes Managementsystem eingebettet sein, das organisatorische Maßnahmen, Schulungen und die Erfassung von Schnitt- und Nadelstichverletzungen umfasst. Hierbei müssen sowohl Präferenzen als auch Barrieren und Vorbehalte gegen die Meldung wie auch die Nutzung sicherer Instrumente berücksichtigt werden. • Eine Beschränkung auf den stationären Bereich greift zu kurz, da einerseits mit dem ambulanten Rettungsdienst hoch exponierende Tätigkeiten außerhalb des Krankenhauses durchgeführt werden und andererseits in Deutschland eine zunehmende Stärkung des ambulanten Sektors erfolgt. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) das Modellvorhaben "STOP - Sicherheit durch Training, Organisation und Produktauswahl" (Projektlaufzeit Oktober 2005 bis März 2007) im Rahmen des Modellprogramms zur Bekämpfung berufsbedingter Erkrankungen gefördert, um die modellhafte Entwicklung von Konzepten und Programmen zur Reduzierung von Schnitt- und Nadelstichverletzungen anzustoßen.

_________________________ 3

Das Wort „Stichverletzung“ oder „Nadelstichverletzung“ wird nachfolgend für alle Verletzungen mit Infektionsmöglichkeit durch blutübertragbare Infektionserreger verwendet, d.h. im weitesten Sinne auch für Kontamination von Haut oder Schleimhaut durch Blut oder Körperflüssigkeiten.

12

3 Projektdesign und Methodik Im Modellprojekt kam der Abbildung der verschiedenen medizinischen Versorgungsszenarien eine besondere Bedeutung zu. Entsprechend wurde das Modellprojekt durchgeführt in • einem Krankenhaus der Maximalversorgung, • einem Rettungsdienst einer Großstadt (inkl. notärztlicher Versorgung) und • fünf ärztliche Praxen. Das Modellprojekt wurde als praxisnahe Interventionsstudie geplant: ausgehend von den Ergebnissen einer Basis-Befragung sollte in der Interventionsphase ein Managementsystem zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen bzw. deren Folgen entwickelt und eingeführt werden. Dieses umfasste unter anderem an verschiedene Zielgruppen angepasste Schulungs- und Trainingsmaßnahmen sowie Praxishilfen (eine sog. MemoCard und eine Mustergefährdungsbeurteilung), ein EDV-basiertes Schulungsmodul (e-Learning-Angebot) und die Entwicklung von Fragebögen zur Evaluation sicherer Instrumente. Im Rahmen der Abschlusserhebung wurde die Beurteilung der Angebote und der sicheren Instrumente erfragt sowie die Wirkung der Schulungen erfasst.

3.1

Ausgewählte Einrichtungen

a) Stationäre Krankenversorgung Über das teilnehmende Klinikum der Maximalversorgung konnte das gesamte Spektrum der stationären Patientinnenversorgung einschließlich der operativen Medizin abgebildet werden. Auch die zum Klinikum gehörenden Dienstleistungsbetriebe wurden um ihre Mitwirkung gebeten: • • • •

Krankenhaustechnik Catering Hol- und Bringedienst Gebäudereinigung

Ein Großteil der Beschäftigten dieser Dienstleistungsbetriebe war vor der Privatisierung des Klinikums direkt bei diesem beschäftigt. Die Beschäftigten der Gebäudereinigung wurden auf Wunsch der zuständigen Geschäftsführung nicht in das Projekt eingeschlossen. Im Bereich der Krankenhaustechnik (inkl. Hausmeisterdienste) sah der Betriebsleiter keinen Bedarf zur Beschäftigung mit dem Thema Stich- und Schnittverletzungen, so dass die entsprechenden Beschäftigten nicht an der Befragung und Intervention teilnehmen konnten. Im Bereich des Klinikums konnten insgesamt 1345 Beschäftigte für das Projekt angesprochen werden (Tab. 3.1).

13 Tab. 3.1

Zahl der Beschäftigten: Krankenhaus und Dienstleistungsbetriebe Zahl der Beschäftigten*

Berufsgruppe /Bereich

Medizinisches Personal

Nicht-medizinisches Personal

ÄrztInnen

323

Pflegekräfte

645

sonstiges med. Personal

332

Hol- und Bringedienst

33

Küchenpersonal

12

* Hol- und Bringedienst: Stand 12/2005 medizinisches Personal: Stand 12/2006 Auf der Grundlage der in der Literatur beschriebenen Risikobereiche und der Angaben der für das Krankenhaus zuständigen Betriebsärztinnen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit wurden Bereiche mit besonders hohem Gefährdungspotential und damit hohem Informationsbedarf ausgewählt. Neben Begehungen (s.u.) erfolgten hier die Befragungen im Rahmen der Basis- und der Abschlusserhebung: • • • • • • • •

Unfallchirurgie Intensivstationen Innere (Hämatologie) Notfallzentrale Geriatrie Gynäkologie Anästhesie / Aufwachraum OP-Bereich

Insgesamt wurden sowohl bei der Basis- als auch bei der Abschluss-Befragung n=600 Fragebögen an das medizinische Personal ausgegeben. b) Notfallmedizin, Rettungsdienst, Intensivtransport Der teilnehmende Rettungsdienst einer Großstadt deckte die Bereiche Notfallmedizin, Rettungsdienst, Intensivverlegungsdienst und Luftrettung ab. Neben der Feuerwehr waren zwei Hilfsorganisationen eingeschlossen. Die Notärztinnen waren Klinikangestellte und besetzen wechselweise die Rettungsfahrzeuge. Insgesamt wurden 78 Rettungsdienstmitarbeiterinnen und alle 50 Notärztinnen angesprochen (Tab. 3.2).

14 Tab. 3.2

Zahl der Beschäftigten: Rettungsdienst

Berufsgruppe / Bereich

Rettungsdienst 1 Rettungsdienst 2 Rettungsdienst 3 Notärzte

Zahl der Beschäftigten

Rettungsassistentinnen

13

Rettungssanitäterinnen

3

sonstiges medizinisches Personal

20

Rettungsassistentinnen

22

Rettungssanitäterinnen

9

Rettungsassistentinnen

15

Rettungssanitäterinnen

7

Notärztinnen

50

Auf den ausgewählten Rettungswachen wurden an alle Beschäftigten im Rahmen der Basis-Befragung und der Abschlusserhebung Fragebögen verteilt (n=78). Alle Notärztinnen wurden durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst über das Projekt informiert und zur Teilnahme an der Befragung aufgefordert. Sowohl in der Basis- als auch in der Abschlusserhebung wurde pro Notärztin ein Fragebogen ausgeteilt (n=50). c) Ambulante Krankenversorgung In Abstimmung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung einer Region wurden ambulante Einrichtungen ausgewählt und angesprochen. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, ein breites Versorgungsspektrum abzubilden. Dies wurde dadurch gewährleistet, dass • • • •

1 hämatologische Praxis, 2 chirurgische Praxen, 1 hausärztlich-internistische Praxis und 1 ambulantes Dialysezentrum.

für das Projekt gewonnen werden konnten. Die Größe der Praxen im Hinblick auf die Zahl der Beschäftigten und Patientinnen war unterschiedlich (Tab. 3.3). In den ambulanten Einrichtungen erfolgte im Wesentlichen eine 1:1 Betreuung. Bei der Erstbefragung wurde allen anwesenden Personen ein Fragebogen persönlich ausgehändigt (n=39, davon Ärztinnen n=5). Bei der Abschlusserhebung wurden die Fragebögen entsprechend der Mitarbeiterinnenzahl verteilt (n=49, davon Ärztinnen n=8).

15 Tab. 3.3: Zahl der Beschäftigten: Ambulante Krankenversorgung Praxis 1

Praxis 2

Praxis 3

Praxis 4

Praxis 5

Ärztin

1 (V)

1 (V)

1 (V)

2 (V)

3 (V)

Arzthelferin

1 (V)

2 (V)

3 (V)

Pflegekraft

1 (V)

3 (V)

MTA

3 (V)

24 (V), 3 (T)

Fremdfirma

Fremdfirma

1 (V)

Auszubildende

1 (V)

Reinigung

1 (T)

2 (T)

Anmeldung

2 (V)

Röntgen

1 (V)

Praxispersonal

1 (V)

Technik

3 (V)

Wäscherei Küche Patienten pro Quartal

Fremdfirma

Praxispersonal

1 (T) 900

1000

> 1000

800-1000

> 1000

* V: Vollzeit, T: Teilzeit

3.2

Auswahl der Instrumente - Kooperationspartner aus der Industrie

Die Hersteller sicherer Instrumente wurden zentral über den Bundesverband Medizintechnik e.V. (BVMed) angesprochen. Von Seiten des Projektes war die Vorgabe, dass sowohl das Kennenlernen sicherer Produkte als auch die Schulungen herstellerunabhängig sein mussten. Das Projektteam stellte der Arbeitsgruppe das Modellvorhaben mehrfach vor und erläuterte Konzept und Ziele des Projektes. Die jeweiligen Firmen standen dem Projekt zunächst skeptisch gegenüber, da sie ein anderes Studiendesign bevorzugt hätten. Sie schlugen vor, einzelne Stationen bzw. Einrichtungen komplett mit sicheren Instrumenten auszustatten und mit "normal" ausgestatteten Stationen zu vergleichen. Zudem wollten die Firmen die jeweiligen Produktschulungen selbst vor Ort in den jeweiligen Einrichtungen durchführen. Beide Vorschläge wurden mit Verweis auf das bestehende Konzept abgelehnt. Nach längerem Zögern erklärten sich vier Firmen bereit, dem Projekt kostenfrei sichere Instrumente zur Verfügung zu stellen. Die Auswahl der Instrumente erfolgte durch das Projektkonsortium. Ausschlaggebend war, dass die Instrumente in allen beteiligten Einrichtungen verwendet werden können. Daher wurde bewusst auf sichere Blutentnahmekanülen verzichtet, da diese Systeme in der Regel von den jeweiligen Labors vorgegeben sind. Ein Vergleich aller teilnehmenden Institutionen wäre in diesem Bereich dann nicht möglich gewesen. Zum Einsatz kamen Venenverweilkanülen, Flügelkanülen („Butterfly“), Injektionskanülen und Lanzetten für die kapilläre Blutentnahme (Tab. 3.4).

16 Tabelle 3.4 Verwendete Instrumente Venenverweilkanülen

Flügelkanülen „Butterflies“

Injektionskanülen

Lanzetten

Größen jeweils 18 G und 20 G

Größe 21 G

Größen jeweils 21 G und 25 G

Größe 2,25 (BD) und 2,4 (Tyco)

Vasofix Safety







Becton Dickinson

BD Insyte Autoguard Winged

BD Saf-T E-Z Set

BD Eclipse

BD Genie Lanzette

Surshield Surflo

Surshield Surguard Einmalkanülen



Terumo

Surshield Versatus WP –

Monoject Angelwing

Monoject MAGELLAN Sicherheitsinjektionskanüle

Monoject Monoletter Sicherheitslanzette

B.Braun

Tyco

Die Mitglieder des Projektteams wurden von den Herstellern in der richtigen Anwendung der jeweiligen Produkte geschult. Während der Interventionsphase wurden die Beschäftigten dann von diesem Team in die Nutzung der sicheren Instrumente eingewiesen. Zusätzlich standen den Beschäftigten Instrumente in einem Musterkoffer zur Verfügung (Abb. 3.1). Diese konnten sowohl an der Patientin genutzt oder auch nur ausgepackt und „trocken“ ausprobiert werden. Die Bestückung der Musterkoffer wurde regelmäßig (in der Regel alle 14 Tage) durch Projektmitarbeiterinnen kontrolliert und ggf. ergänzt. Die Besuche wurden auch dazu genutzt, etwaige Fragen der Beschäftigten zum Gebrauch der sicheren Instrumente zu beantworten und sie erneut für deren Verwendung zu motivieren.

Abb. 3.1

Musterkoffer

17

3.3

Beirat

Bei der Besetzung des Beirats wurde in enger Abstimmung mit der Zuwendungsgeberin darauf geachtet, dass über die Beiratsmitglieder an die Erfahrungen in anderen Bereichen und Institutionen angeknüpft werden konnte (Tab. 3.5). Der Beirat tagte am 6.3.2006 und am 23.1.2007. Tab. 3.5

Zusammensetzung des Beirats

Name

vertretene Institution

Frau Kerstin Boldt

Marburger Bund

Frau Elke Böhme

Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), Thematischer Initiativkreis „Gesund Pflegen" Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS), AK Gesundheitsdienst Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Mainz Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. (VDBW) Deutsche Krankenhausgesellschaft

Herr Dr. Gregor Buschhausen-Denker

Herr Helmut Frosch

Frau Dr. Angela Hay Frau Dr. Iris Juditzki Frau Annette Nold

Herr Dr. Jens Reichel Herr Dr. Horst Riesenberg-Mordeja Herr Dipl.-Ing. Gerhard Schlagberger Frau Elke Wenzel Herr Dipl.-Ing. Alexander Will

Dr. Ulrike Swida

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HBVG), Metaanalyse sichere Instrumente Landesärztekammer Thüringen, Ausschuss Rettungsdienst ver.di. Bundesverband der Unfallkassen e.V. (BUK) München Amt für Arbeitsschutz Thüringen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Würzburg Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS), AK Gesundheitsdienst

18

3.4 Erhebungsinstrumente, Auswertung STOP ist ein Modellprojekt, keine Interventionsstudie im klassischen Sinne. Daher wurde bei der Konzeption der Erhebungsinstrumente darauf geachtet, in beiden Erhebungsphasen nur Informationen zu erfragen, die für die Durchführung und Bewertung des Modellprojektes unbedingt erforderlich waren. Ziel war es, eine möglichst hohe Beteiligung der Beschäftigten an der Befragung sicherzustellen. Ein großer Teil der Daten zum Arbeitsschutz wurde in strukturierten Interviews und Begehungen gewonnen. Daher mussten nur wenige Daten mittels eines standardisierten Fragebogens auf der Ebene der einzelnen Beschäftigten erhoben werden. Auf eine individualisierte Zuordnung der Angaben aus der BasisErhebung und Abschlussbefragung wurde bewusst verzichtet, um die Akzeptanz zu erhöhen. Die Fragebogen wurden jeweils im Rahmen eines Pilottests auf ihre Handhabbarkeit und Verständlichkeit überprüft (n=5-10 Studierende der Medizin im vorklinischen Studienabschnitt) und modifiziert. In der Klinik wurde die Zustimmung der jeweils zuständigen Betriebsrätinnen vor Beginn der Studie eingeholt. Im Bereich Rettungsdienst/Notärztinnen und in den ärztlichen Praxen entfiel das Verfahren. Die Auswertung erfolgte in erster Linie deskriptiv. Wo statische Verfahren sinnvoll eingesetzt werden konnten, wurden entsprechende Analysen (z.B. Chi-Quadrat-Test, Varianzanalyse) mit dem Statistik-Programm SPSS für Windows, Version 14, durchgeführt.

3.4.1 Basiserhebung Vor Beginn der Intervention wurden die Rahmendaten erhoben, z.B. die Zahl der behandelten Patientinnen oder Art und Umfang der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung. Auch Schnittstellen zwischen Arbeitsschutz, Hygiene und Qualitätssicherung wurden identifiziert. Die Kennzahlen des Betriebes bzw. Bereiches wurden mit einem standardisierten Bogen erhoben, der während eines Gesprächs vor Ort zu den folgenden Inhalten ausgefüllt wurde: Anzahl der Beschäftigten in verschiedenen Berufsgruppen Anzahl der Patientinnen in den verschiedenen Bereichen Anzahl der gemeldeten Nadelstichverletzungen Anzahl der verabreichten Hepatitis-B-Impfungen Organisation der Sofortmaßnahmen nach Nadelstichverletzung und der Postexpositionsprophylaxe • Name und Adresse der Betriebsärztinnen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (nur Rettungsdienst und Praxen) • bisher verwendete Instrumente (zur Anpassung der in der Intervention zur Verfügung gestellten Instrumenten) • • • • •

Die Umsetzung von Arbeitsschutz-Vorgaben im Arbeitsalltag wurde im Rahmen einer Begehung standardisiert dokumentiert.

19 Besonderes Augenmerk galt hierbei der • Verwendung von Nadelabwurfbehältern (angepasst an den Zweck, entsprechend der Kriterien der TRBA 250, sachgerechter Umgang) • Durchführung von Recapping • Entsorgung von infektiösem Material • Verwendung von Handschuhen (puderfrei, latexfrei, haltbar?) • Verwendung und Ausstattung von Blutentnahme- / Venenpunktions-Tabletts • Dokumentation des Vorgehens bei Venenpunktionen • Dokumentation von Nadelstichverletzungen • Anzahl von Stichverletzungen / Kontaminationen im Bereich • Unfallursachen Auf Ebene der Beschäftigten selbst kam ein kurz gefasster Fragebogen zum Einsatz, über den die folgenden Parameter erhoben wurden: • • • • • • • • • •

Beruf Fachgebiet / Tätigkeitsbereich Arbeitsbereiche (z.B. Station, OP, Rettungstransportwagen, Küche) Impfstatus gegen Hepatitis B, ggf. Jahr der letzten Auffrischimpfung Anzahl der „Unfälle“4 in den letzten 12 Monaten Meldeverhalten bei Unfällen mit Infektionsgefahr; Ansprechpartner für eine Meldung, Gründe für Nicht-Melden Kenntnis der Sofortmaßnahmen nach Stichverletzung Kenntnis der Postexpositionsprophylaxe Schilderung des Vorgehens nach einer Stichverletzung (Freitext) Subjektive Einschätzung des Wissens im Hinblick auf Nadelstichverletzungen

Der Fragebogens wurde jeweils an die Bedingungen der einzelnen Beschäftigtengruppen adaptiert, so dass vier verschiedene Versionen verwendet wurden für • • • •

Beschäftigte in medizinischen Berufen in der Klinik (Abb. 3.2) Beschäftigte in nicht-medizinischen Berufen in der Klinik Beschäftigte im Rettungsdienst (inkl. Notärztinnen) Beschäftigte in ärztlichen Praxen

_________________________ 4

Die Frage lautete: Infektionsgefahr besteht durch - Nadelstich- und Schnittverletzungen an bereits benutzten, blutigen Nadeln oder Skalpellen - und durch Blut- oder Sekretspritzer in Auge und Mund oder auf verletzte Haut. Bitte schätzen Sie: wie oft hatten Sie in den letzten 12 Monaten einen solchen Unfall?

20

Abb. 3.2

Fragebogen Basiserhebung bei Klinik-Beschäftigten in medizinischen Berufen

21 3.4.2 Abschlusserhebung Nach Abschluss der Interventionsphase lag das Hauptaugenmerk auf der Befragung der Beschäftigten. Zusätzlich wurde erneut die Umsetzung allgemeiner Arbeitsschutz-Vorgaben (Fokus: Infektionsgefährdung) im Rahmen einer Begehung dokumentiert. Der Fragebogen für die Beschäftigten ähnelte im Aufbau und Inhalt dem bei der Basis-Erhebung eingesetzten Instrument. Zusätzliche Fragen (Abb. 3.3) betrafen • die Teilnahme an der Basis-Erhebung, • die Teilnahme an einem Punktionskurs, Bewertung, ggf. Gründe für NichtTeilnahme, • Verwendung des Musterkoffers, Bewertung des Koffers und der Instrumente, ggf. Gründe für Nicht-Gebrauch.

Abb. 3.3

Fragebogen (Auszug) Abschlusserhebung bei Klinik-Beschäftigten in medizinischen Berufen

22 In den nicht-medizinischen Bereichen der Klinik (Küche, Hol- und Bringedienst, Haustechnik) erfolgte keine Abschlusserhebung, da in den fraglichen Bereichen keine Intervention erfolgte (hier: Schulung zum Vorgehen nach Nadelstichverletzung).

3.4.3 Evaluation der sicheren Instrumente Für die Evaluation der sicheren Instrumente kamen kleine Fragebögen zum Einsatz, die jeweils im Musterkoffer mit einem Gummiband am betreffenden Instrument befestigt waren. Bei der Entnahme eines Instrumentes wurden die Beschäftigten dadurch jedes Mal erinnert, den Evaluationsbogen abzugeben. Wie die anderen Befragungsinstrumente war der Evaluationsbogen bewusst knapp gehalten und fokussierte auf die Akzeptanz und Handhabbarkeit der sicheren Instrumente. Erfragt wurde: • Art der Verwendung (zum Ausprobieren, an der Patientin?) • Bewertung des Einsatzes an der Patientin • Beurteilung der Handhabbarkeit des Produktes Außerdem waren Freitextangaben möglich (Abb. 3.4). Durch Vorgaben auf dem Bogen wurde sichergestellt, dass die Auswertung der Angaben produktspezifisch und mit Bezug zur jeweiligen Einrichtung möglich war. Eine Differenzierung einzelner Krankenhaus-Stationen, Rettungsdienstbereiche oder Praxen war nicht vorgesehen.

Abb. 3.4

Evaluationsbogen für die sicheren Instrumente

23

3.5 Rundtisch-Gespräche Eine weitere Informationsquelle war der Informationsaustausch im Rahmen von Rundtisch-Gesprächen. Sowohl im Krankenhaus als auch im Rettungsdienst wurden alle am Arbeitsschutz Beteiligten eingeladen, also Geschäftsführung, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen und Hygienefachkräfte. Im Krankenhaus erstreckte sich die Einladung auch auf alle Subunternehmerinnen bzw. Dienstleistungsunternehmen, die sich zur Teilnahme am Modellprojekt bereit erklärt hatten. Im Rettungsdienst wurden Vertreter der Arbeitgeberin sowie die Betriebsärztin und die Fachkraft für Arbeitssicherheit aller beteiligten Institutionen zu den Gesprächen eingeladen.

3.6 Entwicklung von Managementsystemen Vor dem Hintergrund der in den einzelnen Einrichtungen bereits bestehenden bzw. umgesetzten Konzepte wurden Vorschläge für einen optimierten Prozess zur Prävention von Schnitt- und Nadelstichverletzungen sowie für das Verfahren im Verletzungsfall erarbeitet. Die Verantwortlichen vor Ort wurden vom Projektteam bei der Umsetzung soweit als möglich begleitet und unterstützt.

3.7 Schulungs- und Trainingsmaßnahmen Ausgehend von den bereits existierenden Angeboten an Schulungen und Trainingsmaßnahmen in den Einrichtungen wurden Schulungs- und Trainingsmaßnahmen entwickelt und durchgeführt. Dabei wurde darauf geachtet, die vor Ort für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen soweit als möglich einzubeziehen. Die Schulungen und Trainingsmaßnahmen wurden durch ein computerbasiertes, interaktives Lern- und Trainingsmodul ergänzt. Der Schwerpunkt lag auf praxisnahem fallbasierten Lernen. Insgesamt stand der Erwerb von Wissen, Kompetenzen und Fertigkeiten bei den Beschäftigten im Vordergrund der angebotenen Schulungs- und Trainingsmaßnahmen. Ziel der Schulungen und Trainingsmaßnahmen war, die Beschäftigten zu befähigen, auf die große Variabilität der Rahmenbedingungen von patientinnenbezogenen Tätigkeiten im Gesundheitsdienst adäquat mit angepassten technischen, organisatorischen und persönlichen Arbeitsschutzmaßnahmen reagieren zu können. Bei der Durchführung der Schulungen und Trainingsmaßnahmen musste auf die Gegebenheiten der betrieblichen Praxis Rücksicht genommen werden. In der Klinik konnten z.B. nur kurze, etwa 20minütige Kurse angeboten werden, während die Schulungen im Rettungsdienst und in den Praxen teils mehr als eine Stunde dauerten.

24 Inhaltlich wurden die Themen „sicheres Arbeiten/Arbeitsorganisation“, „Vorgehen nach Stichverletzung“ und „Gebrauch der sicheren Instrumente“ behandelt. In den Gebrauch der einzelnen Produkte wurde das Projektteam5 vor Beginn der Interventionsphase von den jeweiligen Firmen eingewiesen. Diese Einzeltermine dauerten jeweils etwa eine Stunde.

3.8

Entwicklung und Einführung von Praxishilfen

Die Praxishilfen wurden so entwickelt, dass sie den Bedarf deckten, der bei der Basis-Erhebung und den Rundtisch-Gespräch geäußert bzw. offensichtlich wurde. Entgegen der Erwartungen bei der Antragstellung zeigte sich, dass ein großer Bedarf bestand, das Vorgehen nach Nadelstichverletzung zu regeln und zu vermitteln. Weitere Hilfestellung wurde nur in Einzelfällen gewünscht: • Unterlagen für die Unterweisung nach BioStoffV (Betriebsärztin der Klinik, eine Arbeitgeberin im Bereich des Rettungsdienstes) • Mustergefährdungsbeurteilung (ein Rettungsdienst)

3.8.1 Praxishilfe zum Vorgehen nach Nadelstichverletzung Zur kurz gefassten Informationsvermittlung der Sofortmaßnahmen nach Nadelstichverletzung wurde eine so genannte MemoCard entwickelt, auf der im Kitteltaschenformat die wichtigsten Informationen zusammengestellt wurden. Hierbei wurde folgendes Problem offensichtlich: Im deutschen Arbeitsschutz existieren bisher – ausgehend von den häufig verwendeten Deutsch-Österreichischen Empfehlungen [9] – zahlreiche unterschiedliche Empfehlungen zu den Sofortmaßnahmen nach Nadelstichverletzungen. Allen gemein ist, dass für die verschiedenen Verletzungs- und Kontaminationsarten verschiedene Maßnahmen empfohlen werden. Beispielhaft seien die Regelungen der TRBA 250 (Stand April 2007, [31]) genannt (Tab. 3.6). In diesen wird festgehalten, dass die „Desinfektion mit einem geprüften und für die in Frage kommenden Mikroorganismen wirksam befundenen bzw. anerkannten Desinfektionsmittel durchzuführen“ ist, wobei u.a. auf die vom Robert-Koch-Institut (RKI) und der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) herausgegebenen Listen verwiesen wird.

_________________________ 5

Der Begriff „Projektteam“ wird nachfolgend für die praktisch arbeitenden Konsortialpartner verwendet. Mit unterschiedlicher Aufgabenverteilung waren dies: Frau Rieger (Uni Witten/Herdecke) sowie Frau Kempe und Frau Strahwald (cognomedic).

25 Tab. 3.6

Sofortmaßnahmen nach Stichverletzung, TRBA 250, Stand 4/2007 [31]

Art der Verletzung / Kontamination Stich- und Schnittverletzung Blut/Körperflüssigkeit auf vorgeschädigte o. ekzematöse Haut Blut/Körperflüssigkeit auf intakte Haut Blut/Körperflüssigkeit auf Schleimhäute

Sofortmaßnahmen Wunde soweit möglich ausbluten lassen und hautverträgliche Desinfektion Abspülen unter fließendem Wasser und hautverträgliche Desinfektion Abspülen unter fließendem Wasser und hautverträgliche Desinfektion Spülung mit schleimhautverträglichem Desinfektionsmittel

In den „Deutsch-Österreichischen Empfehlungen: Postexpositionelle Prophylaxe der HIV-Infektion (Stand August 2004, [9]) werden dagegen unterschiedliche Desinfektionsmittel bzw. Sofortmaßnahmen genannt (Tab. 3.7). Tab. 3.7.

Sofortmaßnahmen nach Stichverletzung, deutsch-österreichische Empfehlungen zur Prophylaxe der HIV-Infektion, Stand 2004 [9]

Art der Verletzung / Kontamination Stich- und Schnittverletzung

Blut/Körperflüssigkeit auf vorgeschädigter o. ekzematöser Haut Blut/Körperflüssigkeit auf intakte Haut Blut/Körperflüssigkeit auf Schleimhäute von Mund und Nase Blut/Körperflüssigkeit ins Auge

Sofortmaßnahmen Blutung anregen für mind. 1 Minute, Wunde spreizen, Desinfektion mit Ethanol ≥ 82% (Vol.) kombiniert mit PVP-Iod (Betaseptic®) grobe Entfernung von Blut bzw. Körperflüssigkeit, Desinfektion mit Ethanol-basierter Kombination mit PVP-Iod (Betaseptic®) Ethanol-basierte Kombination mit PVPIod (Betaseptic®) Ethanol-basierte Kombination mit PVPIod (Betaseptic®) wässrige isotone 2,5 %-ige PVP-IodLösung

Wie geschildert basieren viele der in Deutschland veröffentlichten Empfehlungen für Sofortmaßnahmen nach Stichverletzungen auf diesen „Deutsch-Österreichischen Empfehlungen“ – unter anderem diejenige der BGW [11]. Anders als in der genannten Veröffentlichung wird in den abgeleiteten Empfehlungen jedoch meist nicht darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit der empfohlenen Sofortmaßnahmen bislang nicht untersucht wurde. Zugleich wird oft außer Acht gelassen, dass die empfohlenen Produkte für die Beschäftigten im Gesundheitsdienst nur selten kurzfristig verfügbar sind. Dies gilt zum einen für die „Ethanol-basierte Kombination mit PVP-Iod (Betaseptic®)“, die in der genannten Veröffentlichung für die Spülung von (ggf. verletzter) Haut, Wunden und Mundschleimhaut empfohlen wird. Es gilt auch für die „wässrige isotone 2,5 %-ige PVP-Iod-Lösung“ für die Augenspülung.

26 Grundsätzlich muss beachtet werden, dass beispielsweise Verdünnungen der Betaisodona® -Lösung „stets frisch herzustellen und alsbald zu verbrauchen“ sind [31].6 Insgesamt erscheinen die mit Hinblick auf eine mögliche HIV-Infektion entwickelten Empfehlungen nicht für die Routine im Gesundheitsdienst geeignet. Für die Anwendung im Modellprojekt wurde – nach Abstimmung mit der Zuwendungsgeberin und den beteiligten Kooperationspartnerinnen – eine so genannte MemoCard entwickelt. Auf dieser wird zwar noch auf die „Deutsch-Österreichischen Empfehlungen“ verwiesen, im Vordergrund steht aber die Empfehlung praktikabler Maßnahmen und v.a. die Aufforderung, sich unverzüglich in ärztliche Beratung zu begeben um über eine etwaige Postexpositionsprophylaxe zu entscheiden. Um eine einheitliche ärztliche Beratung durch die erstversorgende Stelle zu gewährleisten, wurden die allgemein empfohlenen Maßnahmen ebenfalls auf der MemoCard aufgeführt (Quelle: BGW, für HBV-Risiko zusätzlich: STIKO, für HCV-Risiko zusätzlich: RKI [25]) (Abb. 3.5).

Abb. 3.5 MemoCard zu Sofortmaßnahmen nach Stichverletzung, Stand 08/2006 _________________________ 6

Im Januar 2008 wurde eine aktualisierte Version der Deutsch-Österreichischen Empfehlungen veröffentlicht. Die Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel wurde verändert.

27 Da das Vorgehen auf der MemoCard von den bisherigen Empfehlungen in Deutschland abweicht, wurde nach Abschluss des Modellprojektes ein Gespräch mit Expertinnen aus verschiedenen Institutionen und Gremien geführt. Gemeinsam wurde eine neue Version der MemoCard diskutiert und abgestimmt.

3.8.2 Praxishilfe für die arbeitsmedizinische Unterweisung Mustergefährdungsbeurteilung Zunächst wurde für die Betriebsärztinnen der teilnehmenden Klinik eine PowerPointPräsentation erstellt, die in der arbeitsmedizinischen Unterweisung und Beratung zum Einsatz kam. Im Verlauf des Projektes wurde das Schulungsmaterial auch von einer Arbeitgeberin im Bereich des Rettungsdienstes angefordert und verwendet. Beide Anwenderinnen erachteten die Präsentation als hilfreich. Ein Rettungsdienst äußerte von Seiten der Arbeitgeberin und der Fachkraft für Arbeitssicherheit Bedarf für eine Mustergefährdungsbeurteilung mit dem Fokus Stichverletzungen sowie Kontamination mit Blut und Körperflüssigkeiten. Diese wurde in enger Zusammenarbeit mit einem Mitarbeiter des Rettungsdienstes erstellt und zur Verfügung gestellt.

28

4

Stationäre Krankenversorgung: Durchführung und Ergebnisse

4.1

Durchführung und Verlauf des Projektes

4.1.1 Rahmenbedingungen Die Geschäftsleitung benannte auf Nachfrage eine Ansprechpartnerin aus dem Pflegebereich. Für den ärztlichen Bereich konnte keine entsprechende Person genannt werden. Daher stellte das Projektteam STOP in der Chefärztinnenrunde vor und warb um die Beteiligung der Ärztinnen. Von Seiten der Klinik konnte dieser Termin erst nach Abschluss der Basis-Erhebung stattfinden. Die Ansprechpartnerinnen für die in der Klinik tätigen Dienstleistungsunternehmen in Haustechnik, Raumpflege, Wäscherei und Küche mussten separat ermittelt werden. Diese Subunternehmer gehörten zum größten Teil ursprünglich zur Klinik, einige waren mittlerweile konzernweit tätig. Das Projektteam musste die jeweilige Geschäftsführung und die Betriebsrätinnen zunächst recherchieren und sie um die Mitarbeit bei STOP bitten. Die Gebäudereinigung und Haustechnik konnten auf Wunsch des Geschäftsführers bzw. des verantwortlichen Technikers nicht in die Befragung einbezogen werden. Der Betriebsrat der Klinik forderte, dass die Befragungsergebnisse nicht einzelnen Stationen zugeordnet werden könnten. Eine stations- und auch interventionsspezifische Auswertung musste daher unterbleiben. Die von der Geschäftsführung des Klinikums für das Projekt benannte Pflegekraft koordinierte die Verteilung und den Rücklauf der Fragebögen bei der Basis- und der Abschluss-Erhebung. Für das ärztliche Personal gab es keine zentrale Ansprechperson. Daher wurde ärztliches und pflegerisches Personal nicht gleichermaßen erreicht.

4.1.2 Zusammenarbeit von und mit Betriebsärztinnen und Fachkräften für Arbeitssicherheit Die Betriebsärztinnen sind in eigener Praxis auf dem Klinikgelände tätig. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind Angestellte einer ausgegliederten Unterfirma. Beide betreuten sowohl die Beschäftigten an der Klinik, als auch die der Haustechnik und der Küche. Für den Hol- und Bringedienst und die Raumpflege wurden keine Ansprechpartnerinnen für den Bereich des Arbeitsschutzes benannt. In den Besprechungen zeigte sich, dass der Informationsfluss zwischen den Betriebsärztinnen und den Fachkräften für Arbeitssicherheit nicht optimal war.

29 Auch die Einbindung in das Klinik-Intranet war nur für die Fachkräfte gewährleistet. Dies konnte während der Projektlaufzeit nicht geändert werden. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sahen initial nur einen geringen Bedarf für Präventionsmaßnahmen bzw. für die Einführung sicherer Instrumente, da sie auf dem Meldeweg nur vereinzelt von NSV Kenntnis hatten. In 2005 verzeichneten sie lediglich n=5 Meldungen. Die Betriebsärztinnen hatten dagegen Kenntnis von über n=70 Stichverletzungen im selben Zeitraum. Der Grund für diese Diskrepanzen zeigte sich im Gespräch mit dem Projektteam. Betriebsärztinnen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit hatten bis dahin unterschiedliche Meldewege und divergierende Empfehlungen für das Vorgehen nach Nadelstichverletzung. Daneben existierten weitere Empfehlungen der Krankenhaushygiene.

4.1.3 Durchführung von Basis- und Abschlusserhebung Im Vorfeld wurden mit den Ansprechpartnerinnen vor Ort Stationen mit besonders hohem Gefährdungspotential und damit hohem Informationsbedarf ausgewählt. Auf diesen Stationen wurden Begehungen durchgeführt. Mit Pflegekräften und Ärztinnen wurde separat über den Grad der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen NSV und Kontamination von Haut und Schleimhäuten gesprochen, sowie über Sofortmaßnahmen. Die folgenden 10 Stationen wurden für die Begehungen und die anschließende Befragung ausgewählt:        

1 unfallchirurgische Station 1 hämatologisch-onkologische Station 1 geriatrische Station 1 gynäkologische Station 3 Intensivstationen Anästhesie/Aufwachraum OP Nothilfezentrum

Zusätzlich wurden arbeitsschutzrelevante Fragen mit der Verantwortlichen für das Reinigungspersonal und mit den Beschäftigten der Spülküche besprochen. Dabei zeigte sich, dass ein großer Informationsbedarf bestand, da regelmäßig NSV auftraten. Aufgrund der oben genannten Einschränkungen spiegelten sich diese Angaben allerdings nicht in den Befragungsergebnissen wieder. Auf eine Begehung der Arbeitsplätze des Hol- und Bringedienstes wurde verzichtet. Im Rahmen der Basis-Erhebung wurden Fragebögen an die medizinischen Beschäftigten der genannten Stationen und Bereiche verteilt, sowie im Hol- und Bringedienst und in der Spülküche Für das medizinische Personal bestand darüber hinaus die Möglichkeit, den Fragebogen in elektronischer Form im Intranet der Klinik auszufüllen.

30 Bei der Abschluss-Erhebung wurde ausschließlich medizinisches Personal befragt. Auf eine erneute Intranet-Umfrage wurde wegen geringer Beteiligung bei der BasisErhebung verzichtet. Die Begehungen der einzelnen Stationen fanden im November und Dezember 2005 statt, die Erstbefragungen erstreckten sich bis März 2006. Es wurden n=600 Fragebögen an das medizinische Personal in allen Bereichen ausgeteilt. In der Klinik stand den Beschäftigten der Fragebogen auch zum Ausfüllen online im Intranet zur Verfügung. Dieses Angebot nahmen n=24 Personen an, von denen n=6 den Bogen allerdings nicht ausfüllten. Die Abschlusserhebung wurde mit dem Einsammeln der Musterkoffer im Dezember 2006 verbunden und dauerte bis Januar 2007. Es wurde wiederum n=600 Fragebögen verteilt.

4.1.4 Durchführung der Intervention Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Materialien für die Musterkoffer sowie aufwändiger Recherchen zu Sofortmaßnahmen nach Nadelstichverletzungen verzögerte sich der Beginn der Intervention. Zudem baten die Ansprechpartnerinnen der teilnehmenden Einrichtungen erst nach der Sommerpause 2006 mit der Intervention zu beginnen. Schulungs- und Trainingsmaßnahmen Im Vorfeld wurde besprochen, wie eine Teilnahme von möglichst vielen Beschäftigten organisatorisch ermöglicht werden kann. Daher wurden die Schulungsangebote an die Erfordernisse der Beschäftigten angepasst. Die Kurse wurden zu Schichtwechselzeiten in kurzen Einheiten von 20-25 Minuten Dauer angeboten. Die Termine wurden vorher mehrfach klinikweit bekannt gegeben, z.B. in Form von Postern, Handzetteln, Intranet-Aufrufen aber auch durch direkte Ansprache der Stationsleitungen. Interessierte konnten sich in Listen eintragen. In enger Abstimmung mit der Projektverantwortlichen vor Ort wurden Kleingruppen von etwa sechs Personen gebildet. Bei der Zusammenstellung der Gruppen wurden die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beschäftigten berücksichtigt, so dass einerseits in die verschiedenen sicheren Instrumente eingewiesen wurde, andererseits aber auch sichere Arbeitsweisen bei der venösen Punktion oder Blutentnahme geübt werden konnten. Für Fortgeschrittene wurde ein Kurs zum Thema „Punktionen unter schwierigen Bedingungen“ angeboten. In den Schulungen selbst zeigte sich, dass das Wissen und die Fertigkeiten der Beschäftigten relativ homogen waren und ein besonderes Interesse an sicheren Punktionstechniken bestand. Die Schulungsangebote wurden von den Beschäftigten sehr gut aufgenommen und aktiv nachgefragt. Sie wünschten mehr Kurse als im Rahmen des Projektes realisiert werden konnten. Insgesamt wurden von August bis November 32 Schulungen durchgeführt.

31 Musterkoffer Erfreulich war, dass durch die Erstbefragung die Beschäftigten für das Thema sensibilisiert waren und viele Stationen Interesse an den Musterkoffern bekundeten. So wurde die Intervention von den ursprünglich 10 ausgewählten Stationen auf insgesamt 23 ausgeweitet. Interessanterweise zeigten gerade solche Stationen großes Interesse, die im Vorfeld wegen vermeintlich niedrigem Gefährdungspotential nicht für die Studie ausgewählt worden waren, z.B. Psychiatrie und Augenklinik. Auf folgenden Stationen wurden die Musterkoffer verteilt: • • • • • • • • • • • • • • •

2 unfallchirurgische Stationen 1 orthopädische Station 1 HNO-Station 3 Intensivstationen OP Anästhesie/Aufwachraum Neurochirurgie Augenklinik Notfallzentrum Dialysestation 2 Innere Stationen Dermatologie 2 gynäkologische Stationen geriatrische Stationen 1 psychiatrische Station

Auf größeren Stationen oder Stationen mit höherem Verbrauch wurden zwei Musterkoffer zur Verfügung gestellt, so dass insgesamt 35 Musterkoffer verteilt wurden. Die Testphase lief von August bis Dezember 2006. Die Produkte wurden in diesem Zeitraum alle zwei Wochen von geschultem Personal aufgefüllt. Jedem Instrument wurde ein Mini-Evaluationszettel beigelegt. Bei den Auffüllrunden wurden auch Fragen der Beschäftigten beantwortet, wiederholte Unterweisungen zum Gebrauch der sicheren Instrumente durchgeführt sowie ausdrücklich um das Ausfüllen der Evaluationszettel gebeten.

4.2

Ergebnisse des Projektes: Klinik

4.2.1 Ergebnisse der Basiserhebung Begehungen Bei den Begehungen auf den ausgewählten Stationen wurde dokumentiert, dass technische und persönliche Schutzmaßnahmen mit Bezug auf blutübertragbare Krankheitserreger in der Regel umfassend umgesetzt wurden. So befanden sich im Stationszimmer grundsätzlich Nadelabwurfbehälter. Venenpunktionen wurden mit Handschuhen durchgeführt.

32 Auf einigen Stationen wurde allerdings dokumentiert, dass Nadelabwurfbehälter nicht konsequent mit an das Patientinnenbett genommen wurden. Hier wurden scharfe oder spitze Gegenstände entweder in der Hand vom Patientinnenbett zu einem zentral im Zimmer aufgestellten Abwurfbehälter transportiert oder gebrauchte Kanülen wurden z.B. in eine Nierenschale abgeworfen, deren Inhalt später im Stationszimmer sortiert und entsorgt wurde. Neben positiven Ergebnissen im Hinblick auf den Arbeitsschutz zeigte sich in den Gesprächen auf Station allerdings auch, dass die Beschäftigten unterschiedliche Meldewege nach Stichverletzungen kannten, ohne deren Wertigkeit und Konsequenzen beurteilen zu können. Auf einigen Stationen gaben die Beschäftigten an, Stichverletzungen über das Intranet-Formular an die Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu melden und ansonsten keine weiteren Maßnahmen durchzuführen. Auf anderen Stationen wurde entweder regelhaft nichts unternommen oder direkt die Durchgangsärztinnen (D-Ärztinnen) oder die Betriebsärztinnen aufgesucht. Eine Meldung an die Fachkräfte erfolgte hier nicht. Selten schienen Beschäftigte sowohl eine Meldung an die Fachkräfte zu machen und die D-Ärztin oder die Betriebsärztin aufzusuchen. Im Hinblick auf die alleinige Meldung an die Fachkräfte muss kritisch angemerkt werden, dass von deren Seite keine Nachfrage bei den Beschäftigten erfolgte, ob eine D-Ärztin aufgesucht wurde. Befragungsergebnisse - Basiserhebung Die Beteiligung an der Befragung (ausgefüllte Fragebögen) betrug 305/600 ausgeteilten Fragebögen im Krankenhauspersonal, 14/33 Bögen beim Hol- und Bringedienst und 14/14 Bögen in der Spülküche. Zusätzlich nutzten 24 medizinische Beschäftigte das Online-Formular, 18 machten dort Angaben. Papier- und OnlineBefragung zusammen genommen betrug der Rücklauf im medizinischen Bereich folglich 51,8% (323/624), 42% im Hol- und Bringedienst und 100 % in der Küche. Zusammengefasst lagen n=323 Bögen aus dem medizinischen und n=28 Bögen aus dem nicht-medizinischen Bereich vor (Tab. 4.1). Tab. 4.1

Basiserhebung Klinik: Berufe der Teilnehmenden

Medizinische Berufe Ärztinnen

34

Pflegende

263

MTA

2

Arzthelferin/-helfer

1

Sonstige

23 Summe

323

Nicht-medizinische Berufe Hol- und Bringedienst

14

Spülküche

14 Summe

28

33 Das medizinische Personal ordnete sich selbst etwa hälftig dem konservativen (n=153) und dem operativen Bereich (n=147) zu. 21 Personen fühlten sich beiden Bereichen zugehörig, zwei machten keine Angaben. Die Zahl der von den einzelnen Berufsgruppen für das zurückliegende Jahr angegebenen NSV lag bei den Ärztinnen im Mittel bei 1,85 (MW; Median 1,0) und bei den Pflegekräften bei 2,57 (MW; Median 0), letztere hatten eine große Streuung nach oben. Im Hol- und Bringedienst wurden durchschnittlich 0,91 (MW; Median 0) NSV angegeben. Abweichend von den mündlichen Angaben im Rahmen der Begehung gab das Personal der Spülküche keine NSV an (Abb. 4.1).

Abb. 4.1

1-Jahres-Prävalenz von NSV, Ergebnisse der Basisbefragung (Klinik)

Im Hinblick auf die Zahl der Personen, die eine oder mehr NSV in den zurückliegenden 12 Monaten erlebt hatten, wurde deutlich, dass NSV nicht gleichmäßig auftraten, sondern gehäuft bei einzelnen Personen (Abb. 4.2).

Abb. 4.2

Anzahl NSV im letzten Jahr (Klinik) ärztliches Personal (n=34), Pflegende (n=257)

34 Zum Meldeverhalten nach NSV lagen Angaben von n=116 Personen vor. Unter dem medizinischen Personal gaben die Pflegenden am häufigsten an eine NSV gemeldet zu haben (35/85). Bei ärztlichem (8/21) und sonstigem medizinischem Personal (2/7) lag der Anteil etwas niedriger, bei den Beschäftigten des Hol- und Bringedienstes höher (2/3). Als häufigste Gründe für die Nicht-Meldung gaben die medizinischen Beschäftigten an, dass sie keine Zeit hatten, in die Notfallzentrale zu gehen, dass es keine Möglichkeit gab, den Arbeitsplatz z.B. in der Nachtschicht oder im Spätdienst zu verlassen, oder dass der Aufwand zu groß sei. Vereinzelt wurde genannt, dass keine „Risikokonstellation“ vorgelegen habe. Einige Beschäftigte merkten auch selbstkritisch auf den Fragebögen an, dass sie „nachlässig“ waren oder die „Motivation“ fehlte. Während die Angehörigen medizinischer Berufe ihr Wissen zum Vorgehen nach NSV mehrheitlich als ausreichend einschätzten, gab die Mehrheit der Beschäftigten in der Spülküche und im Hol- und Bringedienst an, sich nicht genügend informiert zu fühlen (Abb. 4.3).

Abb. 4.3

Subjektive Einschätzung des Wissens zum Vorgehen nach NSV (Klinik)

Auf dem Fragebogen sollten die Beschäftigten angeben, welche Maßnahmen nach NSV durchzuführen sind. Diese Angaben wurden bewertet und in den Kategorien „ganz richtig“, „teilweise richtig“ und „falsch“ zusammengefasst. Der Anteil der nur „teilweise richtigen“ Antworten war unter den Pflegekräften etwas höher als bei den Ärztinnen (Abb. 4.4).

35

Abb. 4.4

Bewertete Angaben zum Vorgeben nach NSV (Klinik)

Im Vergleich dieser Antworten zum richtigen Vorgehen nach NSV (n=257 alle Angaben richtig, n=45 Antworten nur teilweise richtig) mit dem selbst eingeschätzten Wissen zum Vorgehen im Fall eines entsprechenden Unfalls wurde deutlich, dass 12,6% der Personen, die ihr Wissen als ausreichend eingeschätzt hatten, nur teilweise richtige Angaben machten (29/230) (Tab. 4.2). 22 dieser 29 Personen übten einen medizinischen Beruf aus. Tab. 4.2

Selbsteinschätzung des Wissens zum Thema NSV im Vergleich zur Qualität der Angaben zum Vorgehen nach NSV, n=294 (medizinisches und nicht-medizinisches Personal) Bewertung der Angaben zum Vorgehen nach NSV ganz richtig

Ausreichende Information zum Thema NSV?

teilweise richtig

nein

50

14

ja

201

29

Bericht der Durchgangsärztinnen Von den Betriebsärztinnen wurde die anonymisierten Durchgangsarztberichte zu NSV aus den Jahren 2000-2005 zur Verfügung gestellt (Tab. 4.3).

36 Tab. 4.3

Anzahl der Unfallmeldungen (Klinik)

Jahr

Unfallmeldungen (D-Arzt-Berichte) Gesamt

Ärztinnen

Pflegende

Hol- und Bringedienst

2000

35

11

16

0

2001

50

14

22

0

2002

54

16

28

0

2003

48

16

18

0

2004

78

24

30

1

2005

70

18

32

1

Ausgehend von der für das Jahr 2005 dokumentierten Zahl an NSV und der für das Jahr 2005 (Hol- und Bringedienst) bzw. 2006 (medizinisches Personal) bekannten Beschäftigtenzahlen betrug die Quote der auf diesem Weg gemeldeten Stichverletzungen somit: • Ärztinnen: 18/323 • Pflegende: 32/645 • Hol-/Bringedienst: 1/ 33

à 0,06 NSV pro Ärztin pro Jahr à 0,05 NSV pro Pflegekraft pro Jahr à 0,03 NSV pro Mitarbeiter pro Jahr

Aus dem Vergleich dieser Daten mit den von den Beschäftigten im Rahmen der Befragung gemachten Angaben wird die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Zahl an NSV und den gemeldeten Zahlen vor allem bei den Ärztinnen deutlich: bei diesen betrug die NSV-Zahl im Rahmen der Befragung 1,0 (Median) und lag damit nahezu 16 mal höher als aus den D-Arzt-Daten abgeleitet. Bei den Pflegenden und dem Holund Bringedienst dagegen entsprach der Median der selbst angegebenen Zahl von NSV den Daten aus der D-ärztlichen Unfallstatistik. Zusammenfassung: Die Befragung im Rahmen der Basis-Erhebung ergab folgende Ergebnisse: 1. NSV sind im gewählten Klinikum von großer Bedeutung. 2. Teilweise gab es eine große Diskrepanz zwischen den von den Beschäftigten angegebenen NSV und den bei den D-Ärztinnen erfassten Unfällen; die Diskrepanz zu den bei den Fachkräften für Arbeitssicherheit dokumentierten Unfällen war noch größer. 3. Der von den Beschäftigten angegebene Informationsbedarf zum Thema NSV war vor der Intervention teilweise hoch. 4. Auch Beschäftigte, die selbst keinen Informationsbedarf angaben, schienen Wissenslücken zu haben. Bei den Begehungen wurde deutlich, dass • die Beschäftigten die Thematisierung von Arbeitsschutzfragen größtenteils sehr positiv aufnahmen,

37 • die parallelen Meldewege am Klinikum zu einem großen Informationsverlust über die tatsächliche Zahl an NSV führen. Aus den D-Arzt-Berichten war abzulesen, dass • die Qualität der Erstversorgung nach NSV sehr unterschiedlich ist und • die durchzuführenden Maßnahmen nicht regelmäßig erfolgten, bzw. nicht dokumentiert wurden.

4.2.2 Ergebnisse der Abschlusserhebung In der Abschlusserhebung wurden 251/600 Fragebögen ausgefüllt (Rücklauf 41,8%), wobei wie bei der Basis-Erhebung die überwiegende Anzahl der Fragebögen von den Pflegekräften stammte (Tab. 4.4). Tab. 4.4

Abschlusserhebung Klinik: Berufe der Teilnehmenden

Medizinische Berufe Ärztinnen

24

Pflegende

216

MTA

6

Sonstige

4

keine Angabe

1

Summe

251

Unter den Antwortenden hatten n=119 (47,8%) an der Basis-Erhebung teilgenommen, n=107 Personen verneinten dies, n=23 konnten sich nicht erinnern. Im Hinblick auf die 1-Jahres-Prävalenz an NSV gaben die Teilnehmenden der Abschlusserhebung etwas weniger Unfälle an als die Teilnehmenden der BasisErhebung (vgl. Abb. 4.1), bei den Ärztinnen im Mittel 0,46 (MW; Median 0) und bei den Pflegekräften 0,71 (MW; Median 0). Allerdings ist dies nicht als Effekt der Intervention anzusehen, sondern eher als Ausdruck dafür, dass einige der hoch exponierten Beschäftigten aus der Basis-Erhebung nicht mehr an der Abschlussbefragung teilnahmen. Die sonstigen medizinischen Beschäftigten (PJlerinnen und Zivildienstleistende) gaben im Mittel 1,25 NSV an (MW; Median 1,5). Den Musterkoffer hatten mit n=114 etwas weniger als die Hälfte der Befragten kennen gelernt (46,7%). Das Angebot der Musterkoffer wurde von diesen Personen mehrheitlich mit „sehr gut“ bewertet (Abb. 4.5).

38 Als Gründe dafür, dass der Musterkoffer nicht verwendet worden war, wurden angegeben (Reihenfolge entsprechend der Häufigkeit der Nennungen, n=137): • „Ich habe den Musterkoffer nicht gesehen“ (n=66) • „Ich hatte keine Zeit“ (n=34) Die Antwortmöglichkeit „Ich brauche keine sicheren Instrumente“ wurde nur von 4/130 gewählt.

Abb. 4.5

Bewertung der Musterkoffer (Klinik), n=110 (4x keine Angabe)

Die sicheren Instrumente im Musterkoffer wurden im Rahmen der Globaleinschätzung mehrheitlich mit „gut“ bzw. „teils/teils“ bewertet (Abb. 4.6). Zu den Ergebnissen der detaillierten Evaluation der sicheren Instrumente vgl. Kapitel.

39

Abb. 4.6

Bewertung der sicheren Instrumente im Musterkoffer (Klinik), n=98 (keine Angabe n=16)

An einem Punktionskurs hatten nur zwei Fünftel der Teilnehmenden der Abschlusserhebung (n=99; 39,4%; davon 91 Pflegekräfte) teilgenommen. Diese beurteilten den Kurs mehrheitlich mit „sehr gut“ (n=60, 61,2%), mit „gut“ urteilten 27,6% (n=27) (Abb. 4.7). Als Gründe für die Nicht-Teilnahme an einem Punktionskurs wurde genannt (Reihenfolge entsprechend der Häufigkeit der Nennungen, n=152): • „Ich wusste nichts von dem Angebot“ (n=55) • „Ich hatte keine Zeit“ (n=44) • „Ich brauche keinen Kurs“ (n=19) Im Freitext wurde ebenfalls auf Zeitprobleme oder mangelnde Information über das Angebot hingewiesen.

40

Abb. 4.7

Bewertung der Punktionskurse (Klinik), n=98 (1x keine Angabe)

Die Bewertung fiel bei den Pflegenden etwas positiver aus als bei den Ärztinnen. Dieser Unterschied war aber nicht signifikant (Abb. 4.8).

Abb. 4.8

Bewertung der Punktionskurse nach Beruf (Klinik): „Wie hat Ihnen der Punktionskurs gefallen?“ n=3 Ärztinnen/Ärzte, n= 91 Pflegekräfte, n=3 MTA

41 Der Effekt der Schulungsangebote wurde bei der vergleichenden Auswertung der Teilnehmenden und Nicht-Teilnehmenden im Hinblick auf den subjektiv angegebenen Informationsbedarf zum Thema NSV deutlich. Dieser war bei den Teilnehmenden signifikant niedriger als bei den Nicht-Teilnehmenden (p