Steuerung der Jugendhilfe

Der Präsident des Niedersächsischen Landesrechnungshofs - Überörtliche Kommunalprüfung - Prüfungsmitteilung Steuerung der Jugendhilfe Übersandt an...
Author: Ella Feld
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Der Präsident des Niedersächsischen Landesrechnungshofs - Überörtliche Kommunalprüfung -

Prüfungsmitteilung

Steuerung der Jugendhilfe

Übersandt an • Landkreis Goslar • Landkreis Hameln-Pyrmont • Landkreis Helmstedt • Nds. Ministerium für Inneres und Sport

Hildesheim, 19.04.2013 Az.: 6.2-10712-363/3-12

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

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Inhaltsverzeichnis 1 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

Kurzfassung der Prüfungsergebnisse..............................................................4 Anlass, Ziel und Verfahren der Prüfung ...........................................................5 Anlass und Ziel.....................................................................................................5 Auswahl der Kommunen ......................................................................................5 Definitionen ..........................................................................................................6 Finanzielle Entwicklung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe ...................6 Entwicklung in Niedersachsen..............................................................................6 Entwicklung in den geprüften Landkreisen ...........................................................7 Zuschüsse je Einwohner unter 21 Jahren.............................................................9 Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige je Fall................................................................................................11 Auffällige Hilfearten ............................................................................................12 Vollzeitpflege......................................................................................................16 Optimierungspotenzial bei der Steuerung der Jugendhilfe ..........................19 Personalausstattung ..........................................................................................19 Ablauforganisation .............................................................................................20 Steuerungskreislauf ...........................................................................................21 Jugendhilfeplanung ............................................................................................24 Hilfeplanverfahren ..............................................................................................25 Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe ...................................37 Evaluation der Hilfen zur Erziehung ...................................................................43

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zuschüsse für die Erziehung in einer Tagesgruppe, Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung und Hilfe für junge Volljährige je Fall ..................................................................................................................13 Tabelle 2: Vergleich Fallzahlen und Zuschüsse je Fall für die Vollzeitpflege und Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform........................................................................17 Tabelle 3: Fälle pro Vollzeitäquivalent (VZÄ) zum 31.12.2011..............................................19 Anlagenverzeichnis A1 A2

Erträge, Aufwendungen und Fälle der Produktgruppe 363 für das Jahr 2011 Zuordnung der Aufwendungen/Erträge zu den einzelnen Hilfen zur Erziehung

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Abkürzungsverzeichnis AG KJHG

Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes

AG § 78

Arbeitsgemeinschaft gem. § 78 SGB VIII

ASD

Allgemeiner Sozialer Dienst

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

GemHKVO

Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung

IBN

Integrierte Berichterstattung Niedersachsen

JGH

Jugendgerichtshilfe

KGSt

Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement

KLR

Kosten- und Leistungsrechnung

LSKN

Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen

NGO

Niedersächsische Gemeindeordnung

NKomVG

Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz

SGB VIII

Achtes Buch Sozialgesetzbuch

SMART

spezifisch, messbar, akzeptiert/anspruchsvoll, realistisch, terminiert

Tz.

Textzahl

VZÄ

Vollzeitäquivalent

WJH

Wirtschaftliche Jugendhilfe

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1

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Kurzfassung der Prüfungsergebnisse • Die Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige stiegen vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2011 bei den Landkreisen A um 17 % und C um 24 % an. Beim Landkreis B verringerten sich diese Zuschüsse im selben Zeitraum um 5 % (vgl. Tz. 3). Die Fallzahlen erhöhten sich bei den geprüften Landkreisen für diese Hilfen um 11 % bis 20 % (vgl. Tz. 4). • Der Landkreis A wies im Jahr 2011 die höchsten Fallzahlen bei der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform auf. Er leistete auch die höchsten Zuschüsse je Fall für diese Hilfeart und für die Hilfe für junge Volljährige. Der Landkreis B reduzierte im Berichtszeitraum seine Zuschüsse je Fall bei der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform um 31 % und bei der Hilfe für junge Volljährige um 41 % (vgl. Tz. 11 und Tz. 12). • Beim Landkreis A war eine Fachkraft im Vergleich zu den anderen Landkreisen mit den höchsten Fallzahlen belastet. Ich stellte dort erhebliches Optimierungspotenzial bei der Steuerung der Hilfen zur Erziehung fest, insbesondere bei den Regelungen für das Hilfeplanverfahren und bei der Einzelfallbearbeitung (vgl. Tz. 17). • Die Landkreise A und C setzten nicht die Vorgaben des § 21 GemHKVO um (vgl. Abschnitt 4.3). Der Landkreis B setzte die Vorgaben des § 21 GemHKVO nahezu um.

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2

Anlass, Ziel und Verfahren der Prüfung

2.1

Anlass und Ziel

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Die Landkreise und die kreisfreien Städte sind örtliche Träger der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII. Örtliche Träger sind auch die Landeshauptstadt Hannover und die kreisangehörigen Gemeinden, die bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes erfüllten.1 Die Belastung der kommunalen Haushalte durch die Jugendhilfe stieg in den Jahren 2008 bis 2010 kontinuierlich. Betrug bei den örtlichen Trägern der Anteil der Ausgaben bzw. Aufwendungen im Jahr 2008 noch 9 % am Gesamthaushalt, waren es im Jahr 2010 schon 13 %. Die örtlichen Träger verwendeten nahezu die Hälfte der Gesamtausgaben bzw. -aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung (vgl. Abschnitt 3.1). Das hat mich veranlasst, die Hilfen zur Erziehung näher zu untersuchen.

2.2

Auswahl der Kommunen Für die Prüfung habe ich die Landkreise Hameln-Pyrmont, Goslar und Helmstedt ausgewählt. Diese Kommunen führen ihren Haushalt mindestens seit dem Jahr 2009 auf der Grundlage der kommunalen Doppik. Die Integrierte Berichterstattung Niedersachsen (IBN) hat anhand von sozialstrukturellen Faktoren die örtlichen Träger Vergleichsringen zugeordnet. Die geprüften Landkreise befinden sich in einem Vergleichsring.2 Sie verfügen somit über eine ähnliche Sozialstruktur.

1 2

Vgl. § 1 Abs. 1 und 2 AG KJHG. Vergleichsring 5.

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2.3

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Definitionen Die geprüften Landkreise hatten den Aufbau ihrer Jugendämter unterschiedlich organisiert. Sie führten die Jugendämter als Amt, Geschäftsbereich bzw. als gemeinsamen Fachbereich mit der Aufgabe Soziales. Zur Vereinfachung und besseren Vergleichbarkeit bezeichne ich die Leitung der Organisationseinheit „Jugendamt“ in allen Fällen als Amtsleitung. Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII soll die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Für dieses Zusammenwirken hatten die Landkreise unterschiedliche Bezeichnungen wie z. B. Erziehungskonferenz oder Teamberatung. Wiederum zur Vereinfachung und besseren Vergleichbarkeit verwende ich dafür in allen Fällen den Begriff Fallberatung. Zur besseren Lesbarkeit des Berichts habe ich die männliche Form für beide Geschlechter verwendet.

3

Finanzielle Entwicklung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

3.1

Entwicklung in Niedersachsen

Tz. 1

Die Ausgaben bzw. Aufwendungen der gesamten Kinder-, Jugend- und Familienhilfe bei den örtlichen Trägern erhöhten sich von rd. 1,1 Mrd. € im Jahr 2008 auf rd. 1,5 Mrd. € im Jahr 2010.3 Im Verhältnis zu deren Gesamtausgaben bzw. aufwendungen entspricht dies einer Steigerung von 9 % bis 13 %.

3

LSKN: Ergebnisse der Vierteljahresstatistiken der Kommunalfinanzen 2008, 2009 und 2010, vgl. Statistische Monatshefte 4/2009, 4/2010 und 4/2011.

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- in 1.000 Euro 14.000.000 12.000.000 10.000.000 Ausgaben/Aufwendungen der 8.000.000

Gesamthaushalte der örtlichen Träger

6.000.000

Ausgaben/Aufwendungen der örtlichen Träger nur für die

4.000.000

Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

2.000.000

13 %

11 %

9%

0 2008

2009

2010

Abbildung 1: Anteil der Ausgaben bzw. Aufwendungen für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe am Gesamthaushalt der örtlichen Träger

Die örtlichen Träger setzten nahezu die Hälfte dieser Ausgaben bzw. Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung4 ein.

-in 1.000 €-

1.600.000 1.400.000 1.200.000

Ausgaben/Aufwendungen der örtlichen Träger für die Jugendhilfe

1.000.000 800.000

45 %

48 %

600.000

44 % davon anteilige Ausgaben/Aufwendungen für Hilfen

400.000

zur Erziehung (einschl. Hilfen junge

200.000

Volljährige)

0 2008

2009

2010

Abbildung 2: Anteil der Ausgaben bzw. Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung an den Ausgaben bzw. Aufwendungen für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der örtlichen Träger

3.2

Entwicklung in den geprüften Landkreisen

Tz. 2

Bei den geprüften Landkreisen stiegen die geleisteten Zuschüsse für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2011 um rd. 5 % bis rd. 20 % an.

4

LSKN: Statistische Berichte Niedersachsen Jugendhilfe 2008, 2009 und 2010. Die Statistischen Berichte Jugendhilfe 2011 lagen bei Berichtserstellung noch nicht vor.

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25.000.000 € 21,2 Mio. €

20.000.000 € 17,6 Mio. € 15,7 Mio. € 14,9 Mio. €

14,3 Mio. €

15.000.000 € 12,3 Mio. €

Produktgruppe 367 (Sonst. Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe) Produktgruppe 366 (Einrichtungen der Jugendarbeit) Produktgruppe 365 (Tageseinrichtungen für Kinder) Produktgruppe 363 (Sonst. Leist. der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe)

10.000.000 €

Produktgruppe 362 (Jugendarbeit) Produktgruppe 361(Förd. v. Kindern in Tageseinr. und Tagespflege)

5.000.000 €

0€ 2009 2011 Landkreis B

2009 2011 Landkreis A

2009 2011 Landkreis C

Abbildung 3: Zuschüsse für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe in den Jahren 2009 und 2011

Die Steigerungsraten betrugen beim − Landkreis A − Landkreis B − Landkreis C Tz. 3

20 %, 5 % und 16 %.

Die Zuschüsse für die von mir untersuchten Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige aus der Produktgruppe 363 veränderten sich im Betrachtungszeitraum wie folgt: − Landkreis A: + 17 %, von rd. 11,9 Mio. € auf rd. 13,8 Mio. €, − Landkreis B:

- 5 %, von rd. 8,6 Mio. € auf rd. 8,2 Mio. € und

− Landkreis C: + 24 %, von rd. 5,0 Mio. € auf rd. 6,1 Mio. €. Tz. 4

Die Fallzahlen für diese Hilfen stiegen in den geprüften Landkreisen wie folgt: − Landkreis A: + 14 %, von 605 auf 689 Fälle, − Landkreis B: + 11 %, von 609 auf 673 Fälle und − Landkreis C: + 20 %, von 385 auf 463 Fälle. Bei den Landkreisen A und C stiegen die Fallzahlen um drei bzw. vier Prozentpunkte geringer als die Zuschüsse. Das bedeutet, dass diese Landkreise einen

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durchschnittlichen Fall höher bezuschussten. Der Landkreis B konnte seine Zuschüsse senken, obwohl sich seine Fallzahlen um 11 % erhöhten. Folglich verringerte der Landkreis B seine Zuschüsse pro durchschnittlichem Fall (vgl. auch Abschnitt 3.4).

3.3

Zuschüsse je Einwohner unter 21 Jahren

Tz. 5

Die folgende Grafik veranschaulicht, wie sich die Zuschüsse der geprüften Landkreise für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige je Einwohner unter 21 Jahren in den Jahren 2009 bis 2011 entwickelten:

500 € 463 € 450 € 400 €

378 € 335 €

350 €

337 €

333 €

300 € 253 € 250 € 200 € 150 € 100 € 50 € 0€ 2009 2011 Landkreis A

2009 2011 Landkreis B

2009 2011 Landkreis C

Abbildung 4: Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige je Einwohner unter 21 Jahren in den Jahren 2009 und 2011

Tz. 6

Beim Landkreis A stiegen die Zuschüsse je Einwohner unter 21 Jahren für die geprüften Hilfen um rd. 22 %. Diese Entwicklung führe ich auf folgende Faktoren zurück: − Die Fallzahlen erhöhten sich beim Erziehungsbeistand, bei der sozialpädagogischen Familienhilfe, der Erziehung in einer Tagesgruppe, der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform, der Vollzeitpflege und der Hilfe für junge Volljährige (vgl. Tz. 11 und Tz. 16 sowie Anlage 1). − Die Zuschüsse je Fall stiegen bei der Vollzeitpflege und bei der Hilfe für junge Volljährige (vgl. Tz. 11 und Tz. 16 sowie Anlage 1).

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− Die Einwohner unter 21 Jahren verringerten sich um rd. 4,6 %, d. h. von 31.336 Einwohner auf 29.897 Einwohner. Tz. 7

Dagegen stiegen beim Landkreis B die Zuschüsse je Einwohner unter 21 Jahren für die geprüften Hilfen um 0,6 %. Dieses hatte folgende Ursachen: − Die Fallzahlen beim Erziehungsbeistand, bei der sozialpädagogischen Familienhilfe, der Vollzeitpflege, der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und der Hilfe für junge Volljährige stiegen (vgl. Tz. 11 und Tz. 16 sowie Anlage 1). − Jedoch sanken im Landkreis B die Zuschüsse je Fall bei den Hilfearten Erziehungsbeistand, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege und Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform reduzierte (vgl. Tz. 11 und Tz. 16 sowie Anlage 1). − Die Einwohner unter 21 Jahren verringerten sich um 5,4 %, d. h. von 25.729 Einwohner auf 24.341 Einwohner.

Tz. 8

Beim Landkreis C stiegen die Zuschüsse je Einwohner unter 21 Jahren für die geprüften Hilfen um rd. 32 %. Dieses hatte folgende Ursachen: − Die Fallzahlen erhöhten sich beim Erziehungsbeistand, bei der sozialpädagogischen Familienhilfe, der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und der Hilfe für junge Volljährige (vgl. Tz. 11 und Anlage 1). − Die Zuschüsse je Fall stiegen bei den Hilfearten soziale Gruppenarbeit, Erziehung in einer Tagesgruppe und Hilfe für junge Volljährige (vgl. Tz. 11 und Anlage 1). − Die Einwohner unter 21 Jahren verringerten sich um rd. 5,7 %, d. h. von 19.598 Einwohner auf 18.472 Einwohner.

Tz. 9

Die Zuschüsse je Fall bei einzelnen Hilfearten wichen in den geprüften Landkreisen teilweise erheblich voneinander ab. Eine unterschiedlich effiziente Steuerung kann hierfür ursächlich sein. Im folgenden Abschnitt vergleiche ich die Zuschüsse der Landkreise für einzelne Hilfenarten je Fall. Zudem identifiziere ich mögliche Ursachen für die unterschiedlichen Zuschusshöhen und -entwicklungen.

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3.4

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Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige je Fall

Tz. 10

Um die Steuerung der Hilfen zur Erziehung bei den geprüften Landkreisen bewerten zu können, habe ich die geleisteten Zuschüsse je Fall näher betrachtet. Die Abbildungen 5 und 6 veranschaulichen die Zuschüsse, welche die Landkreise für die einzelnen Hilfearten je Fall in den Jahren 2009 und 2011 leisteten: 80.000 € andere Hilfen zur Erziehung (P 36331)

68.868 €

70.000 €

institutionelle Beratung (P36332) 60.561 € 60.000 €

Soziale Gruppenarbeit (P 36333) 50.873 €

Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer (P 36334)

50.000 €

sozialpädagogische Familienhilfe (P 36335)

43.788 € 40.000 € 33.537 € 30.000 €

Erziehung in einer Tagesgruppe (P 36336)

35.954 € 32.106 €

Vollzeitpflege (P 36337)

28.855 € Heimerziehung, Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform (P 36338)

24.261 € 20.248 €

20.049 € 20.000 €

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (P 36339) Hilfen für junge Volljährige (P 36341)

11.430 € Übrige Hilfen (P 3636)

10.000 €

0€ 2009 Landkreis A

2009 Landkreis B

2009 Landkreis C

Abbildung 5: Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige je Fall im Jahr 2009 50.000 € 41.663 €

39.931 €

40.000 €

41.916 € 34.968 €

34.551 €

30.000 € 23.840 €

22.163 € 20.000 €

18.875 €

23.226 €

19.328 €

10.000 € 3.678 € 0€ 2011 Landkreis A

2011 Landkreis B

2011 Landkreis C

Abbildung 6: Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige je Fall im Jahr 2011

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In den Abbildungen fallen insbesondere die Höhe und die Entwicklung der Zuschüsse bei folgenden Hilfearten auf: − Erziehung in einer Tagesgruppe (Produkt 36336) in allen Landkreisen, − Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform (Produkt 36338) in allen Landkreisen, − Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (Produkt 36339) in den Landkreisen A und C sowie − Hilfe für junge Volljährige (Produkt 36341) im Landkreis A im Vergleich zu den anderen Landkreisen.

3.4.1

Auffällige Hilfearten

Tz. 11

Die Landkreise leisteten für die Hilfearten Erziehung in einer Tagesgruppe, Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform, intensive sozialpädagogische Familienhilfe und für die Hilfe für junge Volljährige im Vergleich zu den anderen Hilfen zur Erziehung die höchsten Zuschüsse je Fall in den Jahren 2009 und 2011. In der folgenden Tabelle habe ich dargestellt, wie sich die Zuschüsse für diese Hilfearten entwickelten:

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A

Landkreise 2009

B 2011

-€(gerundet) Erziehung i. e.

24.000

Tagesgruppe je

22.000

2009

Fallzahlen Ranking (Zu-

C 2011

-€(gerundet) 69.000

-8 %

5

Fall

Seite: 13

42.000

2009

2011

-€(gerundet) 20.000

-39 %

24.000 +20 %

40

62

7

7

28

29

2

1

3

3

1

2

44.000

42.000

51.000

35.000

36.000

35.000

5

schüsse je Fall) Heimerzie-

hung/sonst. betr.

-5 %

Wohnform je Fall Fallzahlen Ranking (Zu-

-31 %

-3 %

141

154

59

79

38

50

2

3

3

1

1

2

29.000

19.000

11.000

4.000

60.561

0

6

schüsse je Fall)

Intensive sozialpädagogische

-34 %

-64 %

-100 %

Einzelbetreuung je Fall Fallzahlen

1

1

1

1

3

0

Ranking (Zu-

2

3

1

2

3

1

34.000

40.000

32.000

19.000

20.000

23.000

schüsse je Fall) Hilfen für junge Volljährige je Fall

+18 %

-41 %

+15 %

Fallzahlen

19

32

23

33

23

34

Ranking (Zu-

3

3

2

1

1

2

schüsse je Fall) Tabelle 1: Zuschüsse für die Erziehung in einer Tagesgruppe, Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung und Hilfe für junge Volljährige je Fall

5

6

Die Zuschüsse des Landkreises B für die Erziehung in einer Tagesgruppe sind nur bedingt vergleichbar (vgl. Ausführungen zu Tz. 14). Das Ranking zwischen den Landkreisen B und C im Jahr 2011 ist wegen der gerundeten Beträge nicht sichtbar.

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Tz. 12

Seite: 14

Beim Landkreis A und beim Landkreis C erhöhten sich die Gesamtzuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige im Betrachtungszeitraum. Der Landkreis B dagegen reduzierte im gleichen Zeitraum seine Zuschüsse für diese Hilfen (vgl. Tz. 3). Die Zuschussentwicklung je Fall bei den in der Tabelle 1 aufgeführten Hilfearten wirkte sich unmittelbar auf die Gesamtzuschüsse für die Hilfen zur Erziehung und für die Hilfe für junge Volljährige bei den Landkreisen aus. Daher habe ich die Zuschüsse je Fall und die Fallzahlen dieser Hilfearten - mit Ausnahme der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung - näher betrachtet. Auf die Hilfeart Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung gehe ich nicht weiter ein, weil diese die Gesamtzuschüsse für die Hilfen zur Erziehung aufgrund der geringen Fallzahlen unwesentlich beeinflusste. Landkreis A

Tz. 13

Der Landkreis A verringerte die Zuschüsse je Fall für die Erziehung in einer Tagesgruppe und für die Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform. Dagegen nahmen die Zuschüsse je Fall bei der Hilfe für junge Volljährige deutlich zu. Gleichzeitig erhöhten sich die Fallzahlen für diese Hilfearten. Das Jugendamt des Landkreises A beriet zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen über mögliche Haushaltssicherungsmaßnahmen bei der Kinder-, Jugendund Familienhilfe. Es ging hierbei u. a. um Maßnahmen, die die Fallzahlen und Zuschüsse bei der Erziehung in einer Tagesgruppe und bei der Hilfe für junge Volljährige verringern sollten. Der Landkreis A leistete im Jahr 2011 für die Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und für die Hilfe für junge Volljährige vergleichsweise die höchsten Zuschüsse je Fall. Hierzu trugen möglicherweise auch folgende Verfahrensweisen bei: − Der Landkreis verlängerte im Jahr 2009 die Intervalle für die Hilfeplangespräche von sechs auf zwölf Monate (vgl. Tz. 36). − Er dokumentierte nicht nachvollziehbar, wie er die Plausibilität der vereinbarten Entgelte für die Leistungen der Träger der freien Jugendhilfe prüfte (vgl. Tz. 43). − Das Jugendamt verfügte nicht über ein Controlling. Deshalb konnte der Landkreis die Ursachen für die finanziell nachteilige Zuschuss- und Fallzahlenentwicklung nicht ermitteln (vgl. Tz. 22).

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Der Landkreis A sollte die Ursachen für die hohen Zuschüsse bei der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und bei der Hilfe für junge Volljährige klären, um gegensteuern zu können. In den Gesprächen über Haushaltssicherungsmaßnahmen bei der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sollten Zuschuss senkende Maßnahmen entwickelt werden. Landkreis B Tz. 14

Der Landkreis B reduzierte erheblich seine Zuschüsse bei den betrachteten Hilfearten. Jedoch stiegen die Fallzahlen bei der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und bei der Hilfe für junge Volljährige an. Der Landkreis B verfolgte das strategische Ziel, frühzeitig die Hilfen für junge Menschen zu steuern und die Verselbstständigung zu intensivieren. Er beabsichtigte dadurch die Hilfedauer der einzelnen Fälle zu verkürzen. Der Landkreis B unterzog die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige einem Controlling (vgl. Tz. 22 und Tz. 47). Er erläuterte in seinem Controllingbericht vom 21.11.2011, dass er die durchschnittliche Hilfedauer bei den stationären Fällen senken konnte. Diese Maßnahmen trugen dazu bei, dass der Landkreis B trotz gestiegener Fallzahlen die Zuschüsse für die Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfe für junge Volljährige in den geprüften Haushaltsjahren senken konnte. Allerdings bezuschusste er die Hilfeart Erziehung in einer Tagesgruppe je Fall im Vergleich zu den anderen Landkreisen am höchsten. Der Landkreis B teilte mir mit, dass er bereits gegengesteuert habe. Er gewähre eine geringere Anzahl von Fachleistungsstunden als zuvor. Außerdem verhindere er durch präventive Angebote im Sozialraum (z. B. Sportvereine und Jugendtreffs), dass ein erzieherischer Bedarf entstehe. Der Landkreis B teilte im Stellungnahmeverfahren mit, dass er bereits in den Jahren 2004 bis 2009 die Fallzahlen bei dieser Hilfeart von 50 auf 19 Fälle reduziert habe. Ein weiterer Grund für die ermittelten hohen Zuschüsse bei dieser Hilfeart sei die Zuordnung der Personalaufwendungen. Er verteile die Personalaufwendungen für die Produktgruppe 363 über die KLR prozentual u. a. auf die von mir geprüften Hilfearten. Der gewählte Prozentsatz, mit dem er die Personalaufwendungen der Hilfeart Erziehung in einer Tagesgruppe zuordne, sei nicht realistisch. Eine

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rückwirkende Änderung der KLR für die geprüften Jahre sei dem Landkreis B nicht möglich gewesen. Ich kann daher nicht feststellen, in welchem Umfang der Landkreis B die Erziehung in einer Tagesgruppe in den geprüften Jahren tatsächlich bezuschusste. Ich empfehle dem Landkreis B, die Personalaufwendungen nach realistischen Maßstäben auf die Hilfearten zu verteilen. Nur dann kann er die Finanzdaten beim Controlling verwerten. Landkreis C Tz. 15

Beim Landkreis C stiegen die Zuschüsse pro Fall bei den Hilfearten Erziehung in einer Tagesgruppe und Hilfe für junge Volljährige. Außerdem erhöhten sich die Fallzahlen bei den Hilfearten Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und Hilfe für junge Volljährige. Der Landkreis C leistete im Jahr 2009 vergleichsweise die geringsten Zuschüsse je Fall für die Erziehung in einer Tagesgruppe, für die Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und für die Hilfe für junge Volljährige. Im Jahr 2011 fiel der Landkreis C bei diesem Vergleich auf den zweiten Platz zurück (vgl. Tabelle 1). Eine Ursache hierfür könnte die überwiegend fehlende Fallberatung der ambulanten und teilstationären Hilfen sein (vgl. Tz. 31). Das Jugendamt setzte kein Controlling ein. Das Jugendamt konnte daher nicht über dieses Steuerungsinstrument die Ursachen für die finanziell nachteilige Zuschuss- und Fallzahlenentwicklung analysieren (vgl. Tz. 22). Ich empfehle dem Landkreis C, die Ursachen für die gestiegenen Fallzahlen und Zuschüsse je Fall bei den Hilfearten Erziehung in einer Tagesgruppe und Hilfe für junge Volljährige zu untersuchen. Dabei sollte der Landkreis die Empfehlungen in den Abschnitten 4.3, 4.5 und 4.7 berücksichtigen.

3.4.2

Vollzeitpflege

Tz. 16

Die Vollzeitpflege ist im Vergleich zur Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform die Hilfeart mit den deutlich geringeren Zuschussbedarfen. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gelten die Aufwendungen für die Vollzeitpflege weitest-

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gehend über ein pauschales monatliches Pflegegeld ab. Der Runderlass des MK vom 29.03.19967 regelt verbindlich die Höhe der monatlich zu zahlenden Pauschalbeträge für die Vollzeitpflege. Die folgende Tabelle veranschaulicht für die beiden Hilfearten Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform und Vollzeitpflege die Fallzahlen sowie die von den Landkreisen geleisteten Zuschüsse je Fall. Zudem stellt die Tabelle das Verhältnis der Fallzahlen der beiden Hilfearten zueinander dar:

Landkreise

Zuschüsse je Fall

A

C

B

2009

2011

2009

2011

2009

2011

9.000 €

11.000 €

8.000 €

8.000 €

8.000 €

8.000 €

44.000 €

42.000 €

51.000 €

35.000 €

36.000 €

35.000 €

206

206

220

242

133

129

141

154

59

79

38

50

146 %

134 %

373 %

306 %

350 %

258 %

für die Vollzeitpflege Zuschüsse je Fall für die Heimerziehung/sonst. Betreute Wohnform Fallzahlen Vollzeitpflege Fallzahlen Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform Verhältnis Fallzahlen Vollzeitpflege zu Fallzahlen Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform Tabelle 2: Vergleich Fallzahlen und Zuschüsse je Fall für die Vollzeitpflege und Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform

Der Landkreis B beabsichtigte vorrangig die Vollzeitpflege vor der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform zu gewähren.8 Dazu warb er aktiv um Pflegeeltern und betreute diese intensiv.

7

8

Rd. Erl. des MK vom 29.03.1996 (Nds. MBl. 1996 Nr. 15, S. 593), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 01.11.2011 (Nds. MBl. 2011 Nr. 45, S. 870). Vgl. Ziele des Produkts „Heimunterbringung u. andere Wohnformen“ in den Haushaltsplänen des Landkreises B der Jahre 2009 bis 2011.

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Im Berichtszeitraum wies der Landkreis B im Vergleich zu den anderen Landkreisen das beste Verhältnis der Fallzahlen zwischen der Vollzeitpflege und der Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform auf. Die Landkreise A und C formulierten nicht den Vorrang der Vollzeitpflege vor der Heimunterbringung/sonstige betreute Wohnform als Ziel in ihren entsprechenden Produkten. Gleichwohl standen die Fallzahlen zwischen der Vollzeitpflege und der Heimunterbringung/sonstige betreute Wohnform beim Landkreis C in einem deutlich besseren Verhältnis zueinander als beim Landkreis A. Zudem bezuschusste der Landkreis A die Vollzeitpflege je Fall höher als die anderen Landkreise. Ich empfehle dem Landkreis A, die Ursachen für die höheren Zuschüsse je Fall bei der Vollzeitpflege zu klären. Des Weiteren sollte er sich aktiv um weitere geeignete Pflegefamilien für die Vollzeitpflege bemühen. Der Landkreis A erwiderte in der Stellungnahme vom 22.01.2013, dass er einen Vorrang der Hilfen gemäß § 33 SGB VIII (Vollzeitpflege) pädagogisch nicht für vertretbar halte. Ein solcher Vorrang stünde im Widerspruch zu § 36 SGB VIII, der die individuelle und passgenaue Hilfeauswahl und -gewährung definiere. Außerdem führte der Landkreis A im Stellungnahmeverfahren folgende Gründe für seine höheren Zuschüsse je Fall bei der Vollzeitpflege an: − Der Landkreis A habe den monatlichen Pauschalsatz für die Bereitschaftspflege und die Kurzzeitpflege im Jahr 2010 von 611 € auf 1.703 € bzw. von 730 € auf 1.089 € gemäß den „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Vollzeitpflege Niedersachsen“ erhöht. − Der Landkreis A belege regelmäßig mangels Alternativen vor Ort Pflegefamilien in Nordrhein-Westfalen. Diese würden nicht über ein örtliches Jugendamt sondern über einen freien Jugendhilfeträger vermittelt. Das durchschnittliche Entgelt für die so genannten Westfälischen Pflegefamilien liege einschließlich der Betreuungsleistung durch den Jugendhilfeträger bei 2.100 € im Monat. − Der Landkreis A legte des Weiteren dar, dass er das Pflegekinderwesen ausbauen wolle.

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4

Optimierungspotenzial bei der Steuerung der Jugendhilfe

4.1

Personalausstattung

Tz. 17

Die Fachkräfte im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) und in den Spezialdiensten, z. B. Pflegekinderdienst, steuern die Hilfen zur Erziehung. Die folgende Tabelle veranschaulicht die Personalausstattung und die Anzahl der betreuten Fälle pro Fachkraft in den geprüften Landkreisen. Die Landkreise teilten mir hierfür ihre Personalausstattung mit.

Landkreise

A

B

C

17,4

23,0

14,4

911

1.022

640

52,4

44,4

44,4

Anzahl VZÄ im ASD einschließlich Spezialdienste und Leitung Anzahl Fälle

9

Fälle pro Fachkraft (VZÄ)

Tabelle 3: Fälle pro Vollzeitäquivalent (VZÄ) zum 31.12.2011

Zum 31.12.2011 betreuten die Fachkräfte je nach Landkreis durchschnittlich zwischen rd. 44 und 52 Fälle. Der Landkreis A wies im Vergleich zu den Landkreisen B und C höhere Fallzahlen pro Fachkraft auf. Zudem teilte der Landkreis A im Stellungnahmeverfahren mit, dass zwischen den Jahren 2009 und 2011 zwei Vollzeitstellen krankheitsbedingt nicht besetzt gewesen seien. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) stellte bei einer Vergleichsarbeit zu den erzieherischen Hilfen fest, dass Kommunen mit unterdurchschnittlicher Personalausstattung eher überdurchschnittlich hohe Fallzahlen pro Einwohner haben. Dies könne ein Hinweis darauf sein, dass Kinder und Jugendliche bei zu hoher Arbeitsbelastung des Personals eher Hilfen zur Erziehung erhalten.10

9

10

Fallzahlen zum 31.12.2011 für andere Hilfen zur Erziehung, soziale Gruppenarbeit, Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege, Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung, Eingliederungshilfe für seelische behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige, vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Vgl. KGSt-Bericht aus der Vergleichsarbeit Nr. 2/2011, Jugendhilfe - Erzieherische Hilfen, Erfahrungen und Ergebnisse aus den Vergleichsringen, Stand 2011, KGSt Köln, S. 14.

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Beim Landkreis A war eine Fachkraft im Vergleich zu den anderen Landkreisen mit den höchsten Fallzahlen belastet. Ich stellte dort erhebliches Optimierungspotenzial bei der Steuerung der Hilfen zur Erziehung fest, insbesondere bei den Regelungen für das Hilfeplanverfahren und bei der Einzelfallbearbeitung. Der Landkreis A sollte daher meinen Empfehlungen in Abschnitt 4.5 folgen, um das Hilfeplanverfahren zu verbessern.

4.2

Ablauforganisation

Tz. 18

Schlüssige und jederzeit zugängliche Verfahrensanweisungen standardisieren Verwaltungsabläufe und können damit zur Kostensenkung beitragen. Interne Regelungen können die Arbeit nur unterstützen, wenn sie den Mitarbeitern in aktueller und übersichtlicher Form zugänglich sind. Die Jugendämter sollten ihre Regelungen für alle Mitarbeiter schriftlich an zentraler Stelle, z. B. in einer Verfahrensanweisung, bündeln und möglichst in der Elektronischen Datenverarbeitung (EDV) hinterlegen. Dieses gewährleistet einen schnellen Zugriff der Mitarbeiter auf die Regelungen. Die Landkreise B und A stellten die Regelungen ihren Mitarbeitern in der EDV zur Verfügung. Die Landkreise bündelten ihre Regelungen jedoch nicht, da sie vieles über Besprechungsprotokolle und punktuelle Arbeitsanweisungen bestimmten. Die Regelungen des Landkreises A waren teilweise veraltet. Der Landkreis B erarbeitete zum Zeitpunkt der Prüfung ein Handbuch für den ASD. Darin wollte er alle Regelungen bündeln. Der Landkreis C hatte nicht alle Regelungen an zentraler Stelle in der EDV abgelegt. Lediglich der ASD verfügte über schriftliche Regelungen und legte diese an zentraler Stelle elektronisch ab. Ich empfehle den Landkreisen B und A, ihre Regelungen in gebündelter Form allen Mitarbeitern zugänglich zu machen. Außerdem sollte der Landkreis A sie aktualisieren. Ich empfehle dem Landkreis C, alle Regelungen an zentraler Stelle in die EDV einzustellen. Zudem sollte er prüfen, ob die amtsinterne Zusammenarbeit ausreichend geregelt ist.

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4.3

Steuerungskreislauf

Tz. 19

Gemäß § 21 Abs. 1 und 2 GemHKVO setzt die Gemeinde zur Unterstützung der Verwaltungssteuerung und für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit bei der Aufgabenerfüllung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und nach den örtlichen Bedürfnissen insbesondere die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) und das Controlling mit einem unterjährigen Berichtswesen ein. Ziele und Kennzahlen sollen zur Grundlage von Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle des jährlichen Haushalts gemacht werden. Arbeit mit Zielen

Tz. 20

Mit Ausnahme des Jugendamts des Landkreises B bildeten die Jugendämter keine messbaren und mit Kennzahlen hinterlegten operativen Ziele zu den Produkten der Jugendhilfe. Der Landkreis B ermittelte nicht zu allen Zielen und Kennzahlen Plan- und Ergebniswerte. Somit konnte er nur für einen Teil seiner Ziele überprüfen, ob er diese erreicht hatte. Die Landkreise A und C konnten ohne entsprechend formulierte operative Ziele und darauf abgestimmte Kennzahlen nicht überprüfen, ob sie ihre Ziele erreicht hatten. KLR

Tz. 21

Bis auf den Landkreis B besaßen die Landkreise keine KLR für die Jugendhilfe. Controlling

Tz. 22

Die Landkreise B und C betrachteten die finanzielle Entwicklung der Jugendhilfe monatlich. Der Landkreis A prüfte seit März 2011 monatlich die Kosten- und Fallzahlenentwicklungen bei den Haupthilfearten über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren. Darüber hinaus führte lediglich der Landkreis B ein quartalsmäßiges Controlling zu den Fallkosten und Fallzahlen der Hilfen zur Erziehung durch. Er ermittelte die Kennzahlenwerte zu den Produktzielen der Jugendhilfe ebenfalls für jedes Quartal.

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Der Landkreis B verfügte für die KLR und das Controlling der Jugendhilfe über einen Stellenanteil von rd. 0,4 VZÄ. Die Landkreise A und C hielten keine personellen Kapazitäten für ein Controlling vor. Der Landkreis A plante, im Jahr 2012 eine Stelle für das Controlling im Jugendamt einzurichten. Dies hatte er zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht umgesetzt. Lediglich der Landkreis B führte ein fachliches Controlling durch. Jedoch war es nicht umfassend. Er untersuchte nicht die mit den Hilfen erzielte Wirkung. Ohne ein regelmäßiges Controlling auf Basis von Zielen, Kennzahlen und einer KLR konnten die Jugendämter der Landkreise A und C ihre Aufgabenerledigung nicht ausreichend auswerten. Tz. 23

Zu einem umfassenden Controlling gehört u. a. auch ein Wirkungscontrolling für die Hilfen zur Erziehung (vgl. hierzu meine Ausführungen unter Abschnitt 4.7). Berichtswesen

Tz. 24

Gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB VIII befasst sich der Jugendhilfeausschuss mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe, insbesondere mit der Erörterung aktueller Problemlagen junger Menschen und ihrer Familien sowie mit Anregungen und Vorschlägen für die Weiterentwicklung der Jugendhilfe, der Jugendhilfeplanung und der Förderung der freien Jugendhilfe. Dazu benötigt der Jugendhilfeausschuss regelmäßig Informationen über die Fallzahl- und Finanzentwicklung sowie zum Stand der Zielerreichung des Jugendamts. Des Weiteren sollte das Jugendamt ihn insbesondere zu den in § 71 Abs. 2 SGB VIII aufgeführten Angelegenheiten der Jugendhilfe informieren. Die Landkreise erstellten regelmäßig Berichte zur Finanzentwicklung für die Verwaltungsleitung bzw. den Kreistag. Lediglich der Landkreis B ging dabei in seinen Controllingberichten neben den Fallzahlen auch auf die Ziele der Jugendhilfe ein. Der Jugendhilfeausschuss erhielt in keinem der geprüften Landkreise diese Berichte. Die Jugendhilfeausschüsse befassten sich nur bei der Haushaltsplanung regelmäßig mit den Finanzen. Daneben informierten die Landkreise ihre Jugendhilfeausschüsse eher punktuell als regelmäßig und umfassend zu Angelegenheiten der Jugendhilfe. Der Land-

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kreis B unterrichtete den Jugendhilfeausschuss mithilfe von Sachstandsberichten über einzelne Projekte des Jugendamts. Der Landkreis A legte dem Jugendhilfeausschuss jährlich Berichte zur Kindertagesstättenplanung und alle zwei Jahre zur Jugendgerichtshilfe und zur Erziehungsberatung vor. Der Landkreis C berichtete regelmäßig mündlich über die Betreuung der unter Dreijährigen und der Kindertagesstättenplanung. Die Landkreise informierten die Jugendhilfeausschüsse somit nur unregelmäßig über die Finanzen, Fallzahlen und Ziele der Jugendhilfe. Auch gab es in den Landkreisen kein regelmäßiges Berichtswesen zu den Angelegenheiten der Jugendhilfe gemäß § 71 Abs. 2 SGB VIII. Die Jugendhilfeausschüsse mussten die Aufgaben der Jugendhilfe beraten und steuern, ohne über diese Daten und Informationen zu verfügen. Fazit Tz. 25

Ich fordere die Landkreise A und C auf, den Anforderungen des § 21 GemHKVO gerecht zu werden. Der Landkreis B sollte das bisherige Controlling um ein Wirkungscontrolling erweitern. Darüber hinaus empfehle ich den Landkreisen, die Jugendhilfeausschüsse stärker in das Berichtswesen einzubeziehen.

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4.4

Jugendhilfeplanung

Tz. 26

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.11 Sie haben gemäß § 80 SGB VIII im Rahmen ihrer Planungsverantwortung die Pflicht zur Jugendhilfeplanung. Als ganzheitliche Planung umfasst sie alle Aufgaben der Jugendhilfe. Neben der fachlichen Planung sollten die Landkreise auch planen, wie sich die Ziele und Maßnahmen finanziell auswirken sollen. Die Jugendhilfeplanung dient dazu, die Qualität der Jugendhilfe zu steigern und die Finanzmittel für die Jugendhilfe wirtschaftlich einzusetzen.12 Bestenfalls sollten die Landkreise darlegen, ob sie durch bestimmte Maßnahmen finanzielle Wechselwirkungen auf verschiedene Leistungsbereiche der Jugendhilfe erwarten, wie z. B. den Einfluss von verstärkter Prävention auf die Hilfen zur Erziehung. Dies sollten sie bei der Zielüberprüfung evaluieren. Der Landkreis B ermittelte das Angebot und führte eine Bedarfsanalyse durch. Der Landkreis übernahm einige Vorhaben der Jugendhilfe in seine Haushaltssicherungskonzepte, z. B. Hilfeplanung und gezielte Fallkonferenzen mit dem Ziel „ambulant vor stationär“. Der Landkreis nutzte zur Steuerung seiner Planung ansatzweise ein Controlling. Er überwachte darüber u. a. die Entwicklung der stationären Zugänge. Hierüber verknüpfte er auch im Ansatz seine Fachplanung mit einer Ressourcenplanung. Der Landkreis verfügte über eine gesonderte Stelle für die Jugendhilfeplanung. Diese nahm jedoch auch die Aufgaben der Sozialplanung und der Kindertagesstättenbedarfsplanung wahr. Der Landkreis B berücksichtigte bei seiner Planung alle von § 80 SGB VIII geforderten Aspekte. Im Detail gab es Optimierungspotential wie die stärkere Einbindung des Jugendhilfeausschusses (vgl. Tz. 24) und die Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII (AG § 78). Der Landkreis A plante einzelne Maßnahmen, führte aber keine ganzheitliche Planung durch. Beispielsweise plante er, den Kostenanstieg bei teilstationären und stationären Hilfen zu reduzieren. Er hatte seine Fachplanung nicht mit einer Ressourcenplanung verknüpft. Der Landkreis beabsichtigte, im Jahr 2012 eine Stelle für die Jugendhilfeplanung einzurichten. Dies hatte er zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht umgesetzt.

11 12

Vgl. auch § 79 Abs. 1 SGB VIII. „Die Jugendhilfeplanung ist gerade in Zeiten knapper Kassen von besonderer Bedeutung.“ Wiesner, Reinhard: SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar 3. Auflage, C. H. Beck München 2006, S. 1487, Rn. 2.

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Der Landkreis C hatte zum Zeitpunkt der Erhebung keine Fach- und Ressourcenplanung. Er verfügte ebenfalls über keine Stelle für die Jugendhilfeplanung. Ich empfehle den geprüften Landkreisen, alle Aufgaben der Jugendhilfe ganzheitlich zu planen. Dabei sollten sie ihre Fachplanung mit einer Ressourcenplanung verknüpfen.

4.5

Hilfeplanverfahren

Tz. 27

Gemäß § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Ob und welcher erzieherische Bedarf im Einzelfall besteht, haben die Fachkräfte des Jugendamts und die Leistungsberechtigten gemeinsam zu klären und zu entscheiden.13 Sofern die o. g. Beteiligten feststellen, dass ein erzieherischer Bedarf gegeben ist, beginnt das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII. Die Beteiligten am Hilfeplanverfahren sind die personensorgeberechtigten Eltern, das Kind oder der bzw. die Jugendliche und die fallverantwortliche Fachkraft, ggf. wirken weitere Fachkräfte des Jugendamts sowie beteiligte Dritte (Arzt, Lehrer, Träger der freien Jugendhilfe etc.) mit. Dieser Personenkreis entscheidet gemeinsam über den Verlauf der Hilfe. Die Fachkräfte haben die getroffenen Entscheidungen in einem Hilfeplan zu dokumentieren. Die Fachkräfte haben bei der Einzelfallbearbeitung die gesetzlichen und die individuellen Regelungen ihres Landkreises zu beachten. Ich habe geprüft, ob die Fallbearbeitung ordnungsgemäß erfolgte. Hierzu habe ich stichprobenartig 20 Fallakten je Landkreis ausgewählt - 10 Fallakten mit ambulanten und 10 mit stationären Hilfen. Unter der Auswahl befanden sich jeweils mindestens fünf Hilfen für junge Volljährige. Dienstanweisungen

13

Vgl. Wiesner, Reinhard: SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar 3. Auflage, C. H. Beck München 2006, S. 413, Rn. 22.

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Tz. 28

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§ 36 SGB VIII regelt das Hilfeplanverfahren. Die Norm bietet Gestaltungsspielraum bei deren Steuerung. Um ein einheitliches Verfahren zu gewährleisten, sollten die Träger der öffentlichen Jugendhilfe organisatorische Standards für die Hilfeplanung festlegen.14 Die Landkreise sollten daher über eine aktuelle Dienstanweisung für das Hilfeplanverfahren verfügen. In allen geprüften Landkreisen lagen Dienstanweisungen für das Hilfeplanverfahren vor. Um eine Steuerung des Hilfeplanverfahrens zu ermöglichen, halte ich mindestens folgende Punkte in einer Dienstanweisung für regelungsbedürftig: − Fallberatung vor Bewilligung und bei Fortschreibung der Hilfe (vgl. Tz. 29), − Standardisierung von Hilfeplänen (vgl. Tz. 32), − zeitlicher Rhythmus der Hilfeplangespräche (vgl. Tz. 36), − Vereinbaren und Prüfen von Zielen (vgl. Tz. 37) und − Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe (vgl. Tz. 39). Fallberatung vor Bewilligung und bei Fortschreibung der Hilfe

Tz. 29

Die Fallberatung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte ist Grundlage zur Ausgestaltung bzw. Fortschreibung der Hilfe. Sie findet daher in der Regel vor dem Hilfeplangespräch statt. Gemäß § 36 Abs. 2 SGB VIII soll die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Zudem sollen sie regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Die individuellen Regelungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollten ermessenskonkretisierende Vorschriften enthalten.

14

Vgl. auch Wiesner, Reinhard: SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar 3. Auflage, C. H. Beck München 2006, S. 624, Rn. 23.

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Die Bewilligung oder die Fortführung einer Hilfe zur Erziehung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte zu beraten, ist nicht nur grundsätzlich geboten. Sie ist auch wirtschaftlich. Zwar bindet die Fallberatung personelle Ressourcen, jedoch beeinflusst der Umfang der späteren Inanspruchnahme von erzieherischen Hilfen die Aufwendungen am stärksten. Damit wirken sich die Einschätzungen und Entscheidungen der fallverantwortlichen Fachkräfte, ob und in welcher Weise sie die Hilfe fortführen, erheblich auf die Höhe der Aufwendungen aus. Um das Risiko zu minimieren, dass nicht bedarfsgerechte Hilfen geleistet werden, müssen die Entscheidungen auf eine breite fachliche Basis gestellt werden. Tz. 30

Im Verlauf der erzieherischen Hilfe mussten lediglich die Fachkräfte des Landkreises B bei jeder Fallkonstellation Fallberatungen durchführen. Beim Landkreis B berieten die Fachkräfte jede Bewilligung oder Fortschreibung einer Hilfe in einem Team der ASD-Fachkräfte. Vor Beginn von neuen ambulanten sowie allen (teil-)stationären Hilfen überprüften die Teilnehmer einer zusätzlichen Fallberatung die zuvor getroffene Teamentscheidung.

Tz. 31

Die übrigen Landkreise mussten Fallberatungen nur bei bestimmten Fallkonstellationen durchführen: Der Landkreis A hatte eine ergänzende Dienstanweisung erlassen.15 Außer bei der Sozialen Gruppenarbeit verlangte er bei jeder Erstentscheidung eine Fallberatung. In seiner Stellungnahme erklärte der Landkreis A, dass er bei dieser Hilfeart derzeit lediglich Maßnahmen nach dem JGG sowie ein SchulverweigererProjekt anbiete. In diesen Fällen habe jedoch ebenfalls ein Gremium entschieden. U. a. seien Schulvertreter eingebunden gewesen. Jede fallzuständige Fachkraft verfügte zur Arbeitsentlastung über ein Kontingent von zwei Hilfen Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer oder Sozialpädagogische Familienhilfe bis fünf Wochenstunden. Die Fachkräfte durften diese beiden Hilfen ohne Fallberatung gewähren. Der Landkreis ergänzte hierzu in seiner Stellungnahme, dass diese Entscheidungen von der ASD-Leitung und der WJH-Leitung geprüft werde. Auch für die Bewilligung von Hilfen für junge Volljährige bis zu neun Monaten schrieb er keine Fallberatung vor. Dennoch führten die Fachkräfte bei den untersuchten Fällen dieser Hilfeart Fallberatungen durch.

15

Sofortmaßnahmen zur Arbeitsentlastung, Landkreis A, Jugendamt, 01.01.2009.

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Bei der Fortschreibung einer Hilfe forderte der Landkreis A grundsätzlich eine Fallberatung bei allen Hilfearten. Die Fachkräfte durften jedoch von einer Fallberatung absehen, wenn sie innerhalb der laufenden Hilfe die Anzahl der Fachleistungsstunden um bis zu fünf Wochenstunden für maximal ein Jahr veränderten. Zur Arbeitsentlastung gestattete der Landkreis seinen Fachkräften, die befristeten Hilfen Erziehung in einer Tagesgruppe sowie Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform ohne eine Fallberatung fortzuschreiben. Der Landkreis C ließ ebenfalls Ausnahmen von der Verpflichtung zur Fallberatung zu. Seine Regelungen galten für Erstentscheidungen und Fortgewährungen gleichermaßen. Die Fachkräfte brauchten keine Fallberatungen für die ambulante Hilfen Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer, Sozialpädagogische Familienhilfe und Eingliederungshilfe seelische Behinderte sowie alle anderen ambulanten Hilfen bis sechs Wochenstunden innerhalb eines Jahres und teilstationäre Hilfen bis sechs Tagesstunden innerhalb eines Jahres durchzuführen. Die Fachkräfte des Landkreises C führten bei den von mir gesichteten Fällen die Fallberatungen nicht bei jeder Fallkonstellation durch, sondern lediglich dann, wenn der Landkreis dies nach seinen individuellen Regelungen forderte. In den Fällen, für die die Dienstanweisung des Landkreises C keine Fallberatung vorsah, legte die fallverantwortliche Fachkraft der ASD-Leitung eine Entscheidungsvorlage per E-Mail zur Zustimmung vor. Das Verfahren des Landkreises C birgt das Risiko, dass bei Verlängerung und Überprüfung der laufenden Hilfe über mehrere Jahre nicht im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte entschieden wird. Der Landkreis C bestätigte in seiner Stellungnahme vom 29.01.2013 die beschriebene Verfahrensweise bei den o. a. ambulanten und teilstationären Hilfen. Dadurch wahre er das Vier-Augen-Prinzip. Aufgrund der hohen Arbeitsdichte schreibe er den Hilfeplan überwiegend nur jährlich fort. Der Landkreis wies in seiner Stellungnahme daraufhin, dass es der Jugendamtsleitung nicht möglich sei, alle Fallberatungen persönlich zu leiten. Hierzu weise ich darauf hin, dass die Entscheidung über die angezeigte Hilfeart im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden soll (vgl. auch Tz. 29). Dabei muss keine Führungskraft beteiligt sein. Aufgabe der Leitung soll-

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te es sein, über das Controlling die von den Fachkräften getroffenen Entscheidungen zu evaluieren und insbesondere die ambulanten Maßnahmen nur in Stichproben detaillierter zu überprüfen (vgl. auch Tz. 22). Die Verfahrensweisen der Landkreise A und C entsprechen nicht der o. a. gesetzlichen Regelung. Fallberatungen im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte sollen bei jeder Fortschreibung einer laufenden Hilfe und vor Beginn einer Hilfe durchgeführt werden, auch bei einem Wechsel der Hilfeart. Standardisierung von Hilfeplänen Tz. 32

Standardisierte Hilfepläne gewährleisten, dass die Fachkräfte in jedem Fall notwendige Absprachen für den Hilfeprozess vereinbaren und wichtige Daten für den Hilfeprozess erfassen. Der Hilfeplan sorgt so für einen transparenten und nachvollziehbaren Hilfeprozess. Alle geprüften Landkreise verfügten über standardisierte Hilfepläne für die Hilfeplangespräche.

Tz. 33

Die Fachkräfte sollten die Hilfeplangespräche in der Fallakte auf standardisierten Mustern inhaltlich dokumentieren. Das ermöglicht den Fachkräften beispielsweise den Erfolg der vereinbarten Ziele und Maßnahmen im Hilfeverlauf zu überprüfen. Die Fachkräfte aller Landkreise verwendeten die vorgegebenen Muster für die Hilfepläne, um das Hilfeplangespräch in der Fallakte zu protokollieren. Die aktuellen Muster des Landkreises C enthielten Felder, in denen die Beteiligten darstellen mussten, wie sich der junge Mensch entwickelte und inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden. Zusätzlich enthielten diese Koordinatensysteme. Dort sollten sowohl der junge Mensch als auch der beauftragte Träger der freien Jugendhilfe unabhängig von einander den Zielerreichungsgrad je Ziel (y-Achse) und Monat (x-Achse) bestimmen. Dies ermöglichte dem ASD-Leiter eine unkomplizierte und schnelle Verlaufskontrolle der Hilfe. Dadurch konnte er auf einen Blick einen kritischen Hilfeverlauf erkennen und frühzeitig gegensteuern. Ich empfehle den Landkreisen A und B, ihre Muster für die Hilfeplangespräche um derartige Grafiken zu ergänzen.

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Tz. 34

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Den Inhalt des Hilfeplans regelt der Gesetzgeber nicht. Um die Steuerung des Hilfeprozesses sicherzustellen, sollte der Hilfeplan gewisse Grundelemente enthalten. Damit die Landkreise ihren Hilfeprozess optimieren können, habe ich aus den vorgefundenen Hilfeplänen der Landkreise die wichtigsten Grundelemente wie folgt zusammengestellt: − Daten des Kindes/Jugendlichen/jungen Volljährigen, − Beschreibung der Problemlage zur Begründung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 27 SGB VIII, − Hilfeart, − Hilfebeginn, − Datum der Hilfeplangespräche, − Beteiligte an den Hilfeplangesprächen, − Begründung der Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe, − monatliche Aufwendungen für den Träger der freien Jugendhilfe, − vereinbarte Ziele und Maßnahmen, − Verantwortliche für die Ziele und Maßnahmen, − Erfolgskontrolle von Zielen und Maßnahmen, − sonstige Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, z. B. zu Elternkontakten, − Feststellung über die weitere Eignung und Notwendigkeit der Hilfe, − voraussichtliche Hilfedauer, − Termin für das nächste Hilfeplangespräch und − Mitteilung an die Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH). Keiner der Landkreise berücksichtigte alle der genannten Grundelemente in seinen Hilfeplänen. Ich empfehle den Landkreisen zu prüfen, welche Angaben in ihren Hilfeplänen ergänzt werden sollten. Aufstellen des Hilfeplans

Tz. 35

Hilfepläne dienen der Steuerung des Hilfeprozesses. Gemäß § 36 Abs. 2 SGB VIII sollen die Fachkräfte als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe zusammen mit den Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen. Der Hilfeplan sollte vor Beginn der Hilfe feststehen.

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Die Fachkräfte des Landkreises B stellten in den geprüften Fällen den Hilfeplan unmittelbar nach Beginn der Hilfe auf. Der Landkreis C hatte geregelt, dass die Fachkräfte den ersten Hilfeplan innerhalb von sechs Wochen nach Beginn der Hilfe erstellen mussten. Die Fachkräfte hielten sich in den betrachteten Fällen an diese Regelung. Der Landkreis A räumte gemäß seiner Dienstanweisung beispielsweise bei einer unbefristeten Heimunterbringung eine Frist für ein Hilfeplangespräch bis zu drei Monate nach Hilfebeginn ein. Die Fachkräfte führten bei den von mir untersuchten Fällen die ersten Hilfeplangespräche innerhalb eines Monats nach Beginn der Hilfe durch. Insbesondere bei der Regelung des Landkreises A besteht das Risiko, dass aufgrund des fehlenden Hilfeplans eine Hilfe nicht zielgerecht gesteuert wird. In einem Dreimonatszeitraum können beispielsweise für eine Heimunterbringung Kosten bis zu 15.000 € entstehen. Der Landkreis A erklärte in seiner Stellungnahme vom 22.01.2013 dass er mit der Antragstellung die eigentliche Hilfeplanung beginne. Ich empfehle dem Landkreis A, diesen Schritt künftig zu dokumentieren. Zeitlicher Rhythmus der Hilfeplangespräche Tz. 36

Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII sollen die Fachkräfte regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Die Kommentierungen zu § 36 SGB VIII nennen für den Regelfall Zeiträume von drei bis höchstens sechs Monaten.16 Bei Hilfeplangesprächen in kurzen Abständen können Fachkräfte kurzfristig gegensteuern, wenn die Hilfeart bzw. Hilfeleistungen nicht mehr geeignet sind. Des Weiteren können die Fachkräfte frühzeitig erkennen, ob der erzieherische Bedarf noch besteht oder ob die Hilfe beendet werden kann. Die Landkreise sollten die zeitlichen Abstände, in denen die Fachkräfte Hilfeplangespräche führen sollen, in einer Dienstanweisung verbindlich bestimmen.

16

Vgl. Wiesner, Reinhard: SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar 3. Auflage, C. H. Beck München 2006, S. 644, Rn. 65. Vgl. Münder, Johannes u. a.: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Auflage, Juventa Verlag Weinheim und München 2006, S. 494, Rn. 54.

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Der Landkreis B ergänzte seine Dienstanweisung durch Handlungsrichtlinien zum Hilfeplanprozess.17 Darin regelte er die Frist für die erste Fortschreibung des Hilfeplans. Die anschließenden Fortschreibungen von teilstationären und stationären Hilfen regelte er in der „Festlegung aus der Dienstbesprechung des Fachdienstes 5.4“ vom 06.10.2010. Der Landkreis legte für die erste und die genannten anschließenden Fortschreibungen eine Frist von höchstens sechs Monaten fest. Die Fachkräfte beachteten die sechsmonatige Frist bei der ersten Fortschreibung des Hilfeplans. Im Anschluss daran weiteten die Fachkräfte bei rd. einem Drittel der Fälle die Gesprächsintervalle auf bis zu zwölf Monate aus. Die Landkreise A und C legten in ihren Dienstanweisungen die zeitlichen Intervalle fest. Der Landkreis A differenzierte die Regelungen zum zeitlichen Rhythmus der Hilfeplangespräche nach der Hilfeart. Die erste Hilfeplanfortschreibung sollte je nach Hilfeart spätestens nach neun Monaten stattfinden, weitere Hilfeplangespräche je nach Hilfeart spätestens nach zwei Jahren. Beispielsweise sollten die Fachkräfte bei ambulanten und teilstationären Hilfen sowie bei befristeter Heimoder Pflegefamilienunterbringung die Hilfepläne entsprechend der Dienstanweisung spätestens nach sechs Monaten fortschreiben. Gemäß der ergänzenden Dienstanweisung zur Arbeitsentlastung durften die Fachkräfte die Anzahl Hilfeplangespräche für die Hilfen zur Erziehung in einer Tagesgruppe sowie für die Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform von zwei auf ein Gespräch pro Jahr reduzieren. In 30 % der betrachteten Fälle aller Hilfearten führten die Fachkräfte Hilfeplangespräche nicht innerhalb der von den Kommentierungen empfohlenen sechs Monate durch. Diese Hilfeplangespräche fanden erst in einem Rhythmus von sieben bis zwölf Monaten statt. Der Landkreis C hatte geregelt, dass - mit Ausnahme der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII - die Fachkräfte in sechsmonatigen Intervallen Hilfeplangespräche führen mussten. In 20 % der Fälle (außer Vollzeitpflege) führten die Fachkräfte nicht alle Hilfeplanfortschreibungen in einem sechsmonatigen Rhythmus durch. Die Verzögerung betrug jedoch in keinem der betrachteten Fälle mehr als drei Monate.

17

Handlungsrichtlinien zum Hilfeplanprozess im Allgemeinen Sozialdienst/Pflege- und Adoptionskinderdienst, Landkreis B, Jugendamt, 15.12.2005, Ziffer 7, S. 9.

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Bei der Vollzeitpflege mussten die Fachkräfte innerhalb von sechs bis zwölf Monaten prüfen, ob die Vollzeitpflege weiterhin geeignet und notwendig ist. Insoweit handelten die Fachkräfte entsprechend der Dienstanweisung. Der Verzicht auf regelmäßige Hilfeplangespräche kann dazu führen, dass die mit der Hilfe beauftragten Träger der freien Jugendhilfe Leistungen erbringen, die nicht auf den erzieherischen Bedarf abgestimmt sind. Des Weiteren können die Fachkräfte nicht rechtzeitig erkennen, ob noch ein Hilfebedarf besteht. Hierdurch besteht zudem die Gefahr, dass Mittel nicht wirtschaftlich eingesetzt werden und damit gegen § 110 Abs. 2 NKomVG18 verstoßen wird. Ich empfehle allen Landkreisen, Hilfeplangespräche grundsätzlich in mindestens sechsmonatigen Intervallen von ihren Fachkräften zu verlangen. Sie sollten nur in begründeten Ausnahmefällen längere Intervalle zulassen. Bei laufenden Vollzeitpflegen halte ich ein neun- bis zwölfmonatiges Intervall für tolerierbar. Zudem empfehle ich dem Landkreis B, die Regelungen für Hilfeplangespräche in einer einzigen Dienstanweisung zusammenzufassen. Vereinbaren und Prüfen von Zielen Tz. 37

Die Fachkräfte sollen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VIII regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Die Teilnehmer des Hilfeplangesprächs sollten daher in den Hilfeplangesprächen einvernehmlich festlegen, welche messbaren Ziele sie erreichen wollen. Aufgrund dessen sollten die Teilnehmer Maßnahmen bestimmen, mit denen sie die Ziele erreichen wollen. Die am Hilfeprozess Beteiligten sollten bei der Hilfeplanfortschreibung reflektieren, inwieweit sie die Problemlage behoben haben. Daraus lässt sich ableiten, ob noch ein Hilfebedarf besteht und ggf. welche Hilfeleistungen dafür zu erbringen sind. Der Landkreis A schuf mit konkreten Fragen innerhalb der Vordrucke für Hilfepläne und Hilfeplanfortschreibungen die Voraussetzung, über Ziele zu steuern. Auf den Vordrucken formulierten die Beteiligten des Hilfeplangesprächs Ziele und benannten die hierfür verantwortlichen Personen. Bei der Fortschreibung des Hil-

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feplans stellten die Beteiligten einen konkreten Bezug her und fragten die Erreichung der Ziele ab. Zur Vorbereitung auf das Gespräch zur Hilfeplanfortschreibung sind die Entwicklungsberichte der beauftragten Träger der freien Jugendhilfe erforderlich. In diesen fehlte in 40 % der gesichteten Fälle ein ausreichend konkreter Bezug zu den zuvor vereinbarten Zielen. Der Landkreis B verlangte von den Teilnehmern des Hilfeplangesprächs, dass sie mehrere Richtungsziele angaben und mit Maßnahmen zu deren Erreichung ergänzten. Der Landkreis B verpflichtete den beauftragten Träger der freien Jugendhilfe, drei Monate vor Ende der Hilfe die Ziele anhand eines abgestimmten Vordrucks zu überprüfen und dem Jugendamt zu berichten. In keinem der Fälle ging der Bericht des Trägers drei Monate vor dem anvisierten Hilfeende bzw. vor dem Termin für das Hilfeplangespräch ein. Der Landkreis erhielt in allen Fällen den Bericht wenige Tage vorher. In 70 % der Fälle fügte der Träger der freien Jugendhilfe nicht den Vordruck zur Zielerreichung bei. Vielmehr erhielt der Landkreis B einen frei formulieren Bericht des jeweiligen Trägers der freien Jugendhilfe, der mehrseitig den Hilfeverlauf beschrieb. Dabei bezogen sich die Träger der freien Jugendhilfe meist nicht konkret auf die vereinbarten Ziele und Maßnahmen. Der Landkreis C verpflichtete die Träger der freien Jugendhilfe, neben dem üblichen Trägerbericht zum Ende einer Hilfe bzw. zum nächsten Hilfeplangespräch, zusätzlich den Hilfeverlauf grafisch in einem Koordinatensystem darzustellen (vgl. Tz. 32). Von den gesichteten Fällen gingen 50 % der Trägerberichte ohne diese Grafiken ein. In einigen Fällen schätzten der Träger der freien Jugendhilfe und der junge Mensch die Zielerreichung dann während des Hilfeplangesprächs ein, jedoch in nur wenigen Fällen jedoch grafisch. Die Berichte der Träger der freien Jugendhilfe reflektierten in keinem Fall alle vereinbarten Ziele und deren Erreichungsgrad. Die Landkreise bemühten sich, den Hilfeverlauf über Ziele zu steuern. Die festgestellten Mängel bei der Fallaktensichtung verdeutlichen einen erheblichen Optimierungsbedarf. Ich empfehle den Landkreisen, insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

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− Die Landkreise sollten künftig den Hilfeplanprozess konsequent über Ziele steuern. − Ziele sollten mit allen Beteiligten im Hilfeplangespräch nach der SMARTRegel vereinbart werden. − Die Landkreise sollten anstreben, dass die Träger der freien Jugendhilfe sich in den Entwicklungsberichten lückenlos auf die vereinbarten Ziele und Maßnahmen des Hilfeplans beziehen. Die Träger der freien Jugendhilfe sollten sich regelmäßig dazu äußern, ob und ggf. inwieweit die vereinbarten Ziele erreicht und die Maßnahmen des vorangegangenen Hilfeplangesprächs durchgeführt werden konnten. Dokumentation der Hilfeplangespräche Tz. 38

Die Fachkräfte des ASD sollten die Hilfeplangespräche umgehend nach dem Gespräch dokumentieren. So ist gewährleistet, dass Maßnahmen und Vereinbarungen vollständig erfasst werden und allen Beteiligten kurzfristig zur Verfügung stehen. Weiterhin dienen diese Dokumentationen für interne Verwaltungsabläufe, z. B. als zahlungsbegründende Unterlagen. Die Fachkräfte des Landkreises A dokumentierten die Hilfeplangespräche durchschnittlich erst nach zwei bis drei Wochen. Die Amtsleitung begründete dies mit einer Arbeitsüberlastung im ASD. In der Folge führten die Fachkräfte beispielsweise die Unterlagen in den Akten nicht in chronologischer Reihenfolge. Vor dem Hintergrund der geringen Fallbelastung je Fachkraft kann ich das Argument der Arbeitsüberlastung nicht nachvollziehen (vgl. Tz. 17). Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe

Tz. 39

Gemäß § 27 Abs. 1 SGB VIII besteht der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung u. a. nur dann, wenn die Hilfe für die Entwicklung des Kindes/Jugendlichen geeignet ist. Gemäß § 110 Abs. 2 NKomVG19 haben die Landkreise den Haushalt sparsam und wirtschaftlich zu führen. Die Landkreise müssen daher in jedem Einzelfall ermitteln, welche Träger der freien Jugendhilfe eine passgenaue Hilfe erbringen können. Bei der anschließend zu treffenden Entscheidung haben die Landkreise die genannten Haushaltsgrundsätze zu beachten.

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Die Landkreise sollten daher in ihren Dienstanweisungen verbindlich festlegen, wie die Fachkräfte bei der Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe verfahren müssen. In den Landkreisen B und C regelten die jeweiligen Dienstanweisungen nicht die Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe. Ich empfehle den Landkreisen B und C, das Verfahren für die Trägerauswahl verbindlich in der Dienstanweisung für das Hilfeplanverfahren zu regeln, damit die Fachkräfte die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Tz. 40

Zudem sollten die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in einer Dienstanweisung regeln, dass die Fachkräfte die Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe in der Fallakte begründen. Dadurch kann nachvollzogen werden, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine wirtschaftliche Auswahl traf. Die Fachkräfte der Landkreise B und C mussten nicht mehrere mögliche Träger ermitteln. In keinem Landkreis mussten die Fachkräfte darlegen, weshalb der ausgesuchte Träger der freien Jugendhilfe die Hilfeleistungen erbringen soll. Ich empfehle, dass alle Landkreise von ihren Fachkräften verlangen, die Auswahl nachvollziehbar zu dokumentieren. Aktenführung

Tz. 41

Die fallverantwortlichen Fachkräfte sollten den Fallverlauf so darlegen, dass dieser auf den ersten Blick nachzuvollziehen ist, beispielsweise mithilfe eines Aktenvorblatts, welches auch in digitaler Form geführt werden kann. Hierzu gehören mindestens folgende Angaben zum Fallverlauf und zu den finanziellen Auswirkungen: − Prüfung der örtlichen Zuständigkeit, − Hilfebeginn, Hilfeende, − Hilfeart, ggf. Wechsel der Hilfeart, − Aufwendungen für die Hilfe, − Angabe des Trägers der freien Jugendhilfe, − Daten der Hilfeplangespräche und − Kostenbeitragspflichten/Überleitungsansprüche/ Kostenerstattungsansprüche.

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Bei allen geprüften Landkreisen enthielten die Akten Vorblätter, die Übersicht über den Fall und dessen Verlauf geben sollten. Bei weniger als 10 % der gesichteten Akten füllten die fallzuständigen Fachkräfte alle erforderlichen Angaben im Vordruck aus und hielten sie auf dem aktuellen Stand. Bei keinem Landkreis erfüllten diese Vorblätter somit die Funktion einer zuverlässigen aktuellen Fallübersicht. Die unzureichenden Angaben auf den Aktenvorblättern ermöglichten bei den geprüften Landkreisen keinen bzw. nur einen eingeschränkten Überblick über den Hilfeprozess. Das erschwert z. B. den Vorgesetzten oder einer neuen Fachkraft, sich schnell in den Fall einzuarbeiten. Ich empfehle den Landkreisen, die oben genannten Daten auf den Aktenvorblättern vollständig zu erfassen bzw. auf dem Vordruck zu ergänzen. Die Vorblätter sollten jederzeit aktuell sein. Der Landkreis C sollte bis zur ausschließlichen Verwendung von digitalen Vorblättern auch die Vorblätter der Analogakten aktuell halten.

4.6

Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe

Tz. 42

Die Jugendämter erbringen die Leistungen für die Hilfe zur Erziehung in der Regel nicht selbst. Vielmehr beauftragen sie damit einen Träger der freien Jugendhilfe. Das Jugendamt trifft die Entscheidung über Art, Intensität und Dauer der jeweiligen Hilfe. Es steuert auch die Fälle während der gesamten Hilfedauer. Für die in § 78 a SGB VIII aufgeführten Leistungen der Jugendhilfe schließen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen zu den Leistungsangeboten, zu den Entgelten und zur Qualitätsentwicklung. Hierbei müssen die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe die §§ 78 a bis 78 e SGB VIII beachten. § 78 c SGB VIII bestimmt den Inhalt der Leistungs- und Entgeltvereinbarungen im Allgemeinen. Die Qualitätsentwicklungsvereinbarung umfasst nach § 78 b Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII die Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung. Das Gesetz legt den Inhalt der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen nicht fest. Die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene schließen mit den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leis-

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tungserbringer auf Landesebene nach § 78 f SGB VIII die Rahmenverträge über den Inhalt der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen. Diesen Rahmenverträgen kommt eine wichtige Orientierungs-, Vorbild-, Entlastungs- und Konsensfunktion für die einrichtungsbezogenen Vereinbarungen zu.20 In Niedersachsen schlossen die zuvor genannten Verbände und Vereinigungen einen Rahmenvertrag nach § 78 f KJHG bzw. jetzt § 78 f SGB VIII.21 Die geprüften Landkreise und die Träger der freien Jugendhilfe traten diesem Rahmenvertrag bei. Nach § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrags mussten die geprüften Landkreise die darin vereinbarten Regelungen beim Abschluss der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen beachten. Die Vertragsparteien kündigten diesen Rahmenvertrag mit Ablauf des 31.12.2010. Ein neuer Rahmenvertrag trat zum 01.06.2012 in Kraft. Ich beziehe mich in den folgenden Ausführungen auf den gekündigten Rahmenvertrag, da der neue Rahmenvertrag erst nach dem Berichtszeitraum in Kraft trat. Entgeltvereinbarung Tz. 43

Gemäß § 78 c Abs. 2 Satz 1 SGB VIII müssen die Entgelte leistungsgerecht sein. Der Rahmenvertrag diente als Basis für die Entgeltvereinbarung.22 Das Entgelt gliederte sich nach § 4 Abs. 3 des Rahmenvertrags in ein einrichtungsindividuelles Entgelt für die Grundleistungen, für die individuellen Sonderleistungen und für die Investitionsfolgekosten. Das Entgelt für die Grundleistungen umfasste die Personal- und Sachkosten sowie die Kosten für besondere Leistungsbereiche und die Sonderaufwendungen im Einzelfall. Der örtliche Träger der Jugendhilfe musste gemeinsam mit dem Einrichtungsträger die Plausibilität dieser Kostensätze feststellen.23 Die Anlagen 2 und 4 Abschnitt B des Rahmenvertrags enthalten die Maßstäbe, anhand derer sie dies feststellen sollten.

20

21 22

23

Vgl. auch Münder, Johannes u. a.: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Auflage, Juventa Verlag Weinheim und München 2006, S. 927, Rn. 1. Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII in der Fassung vom 01.01.1999, zuletzt geändert zum 01.01.2007. Vgl. Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII in der Fassung vom 01.01.1999, zuletzt geändert zum 01.01.2007, Anlage 2 Abschnitt A Nr. 7. Vgl. ebd.

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Der Landkreis A dokumentierte nicht, wie er jeweils die Plausibilität der einzelnen Kostensätze feststellte. Im Gespräch erläuterte mir der zuständige Sachbearbeiter, dass er die Kostensätze mit den Einrichtungsträgern verhandelt habe. Der Landkreis B legte nicht bei allen Vereinbarungen in den Akten dar, wie er die kalkulierten Sach- und Investitionsfolgekosten auf Plausibilität prüfte. Die Akten für die betreffenden Vereinbarungen enthielten keine Unterlagen/Erklärungen, die die Plausibilität dieser Kostensätze begründeten. Der Landkreis C veranschaulichte die vorgenommene Plausibilitätsprüfung grundsätzlich in einem Aktenvermerk. Begründende Unterlagen bzw. Erklärungen für die einzelnen Kostensätze befanden sich in den hierzu geführten Akten. Ein Einrichtungsträger wirkte nur widerwillig mit, als der Landkreis C die Plausibilität der Kostensätze feststellen wollte. Ich habe in diesem Fall die Plausibilitätsprüfung nur eingeschränkt nachvollziehen können. Die mit den Einrichtungsträgern vereinbarten Entgelte wirken sich auf die Aufwendungen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus. Insofern liegt es im Interesse dieser Träger festzustellen, ob die von den jeweiligen Einrichtungsträgern in die Entgelte einkalkulierten Kostensätze plausibel und damit leistungsgerecht sind. Die Landkreise A und B sollten die Plausibilitätsprüfung zukünftig nachvollziehbar in ihren Akten dokumentieren. Dabei sind die Regelungen des neuen Rahmenvertrags zu beachten, wenn die Landkreise und die Einrichtungsträger diesem beigetreten sind (vgl. § 1 Abs. 3 dieses Rahmenvertrags).24 Qualitätsentwicklungsvereinbarung Tz. 44

Der bis zum 31.10.2010 wirksame Rahmenvertrag sowie der ab 01.06.2012 in Kraft getretene neue Rahmenvertrag beschreiben identisch in deren Anlagen 1 bzw. 2 die Grundlagen der Qualitätsentwicklung. Die Vertragsparteien des zum 01.06.2012 geschlossenen Rahmenvertrags sind sich einig, dass sie den Rahmenvertrag gemeinsam weiterentwickeln wollen, insbesondere unter den Aspekten der Qualitätsentwicklung.25

24

25

Vgl. § 1 Abs. 3 Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII in der Fassung vom 01.01.1999, zuletzt geändert zum 01.01.2007. Vgl. Präambel des zum 01.06.2012 in Kraft getretenen Rahmenvertrags.

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Nach dem Rahmenvertrag gliedert sich Qualität in die Bereiche Eingangs-, Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Für die Qualitätsentwicklung ist es besonders wichtig, dass alle am Prozess Beteiligten sie verinnerlichen und tragen. Neben der Anwendung von Methoden und Verfahrensweisen ist es in regelmäßigen Abständen notwendig, Inhalte direkt in gemeinsamen Auswertungsgesprächen, Qualitätszirkeln oder Arbeitskreisen zu besprechen. Der hier stattfindende Dialog auf allen Ebenen bis hin zum kritischen Diskurs ist ein wichtiger Bestandteil einer wirksamen Qualitätsentwicklung. Die Qualitätsentwicklung von Einrichtungsträgern und örtlichen Trägern der Jugendhilfe ist erst dann gewährleistet, wenn die Bereiche Eingangs-, Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität durch ein Verfahren der Steuerung verbunden sind. Auswertungen und Evaluationen von Zielen sind dabei Teile eines Feedback-Systems, über das neue Zielformulierungen und Prozessabläufe gesteuert werden. Der Landkreis A schloss mit seinen Einrichtungsträgern Qualitätsentwicklungsvereinbarungen ab. Er arbeitete aber nur im Bereich der Prozessqualität mit seinen Einrichtungen zusammen. In der AG § 78 entwickelte der Landkreis A gemeinsam mit seinen Einrichtungsträgern standardisierte Berichte für das Hilfeplanverfahren. Das Jugendamt beabsichtigte, damit die Ziele des Hilfeplans zu evaluieren. Jedoch verfügte das Jugendamt des Landkreises A über kein Controlling, mit dem es beispielsweise die Ziele des Hilfeplanverfahrens hätte evaluieren können (vgl. Tz. 22). Der Landkreis B schloss mit seinen Einrichtungsträgern Qualitätsentwicklungsvereinbarungen ab. Auch der Landkreis B arbeitete nur im Bereich der Prozessqualität mit einigen Einrichtungsträgern zusammen. Er und die Einrichtungsträger einigten sich auf einen standardisierten Bericht für das Hilfeplanverfahren. Hierin mussten die Träger und der junge Mensch Stellung nehmen, welche Ziele durch welche Leistungen und Handlungsschritte sie jeweils erreichten. Der Landkreis B wertete diese Daten einzelfallbezogen aus. Er richtete Arbeitskreise mit ambulanten Anbietern und mit einer Einrichtung ein, die ambulante und stationäre Leistungen erbrachte. Es gab keine Arbeitskreise, an denen alle Einrichtungsträger teilnahmen, die mit dem Landkreis B eine Vereinbarung abgeschlossen hatten. Die Einrichtungsträger und der Landkreis B thematisierten in den Arbeitskreisen einzelfallbezogene Probleme des Hilfeprozesses und Vorgehensweisen bei einigen Hilfearten.

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Der Landkreis C schloss mit seinen Einrichtungsträgern Qualitätsentwicklungsvereinbarungen ab. Ein Qualitätsdialog zwischen dem Landkreis C und seinen Einrichtungsträgern fand nicht statt. Der Landkreis C begründete dieses mit fehlenden Personalkapazitäten. Insofern entwickelten die Landkreise nicht in allen Qualitätsbereichen die Qualität der Hilfen zur Erziehung gemeinsam mit ihren Einrichtungsträgern fort. Ich empfehle den Landkreisen, mit ihren Einrichtungsträgern die gemeinsame Qualitätsentwicklung auf alle Qualitätsbereiche auszuweiten. Hierüber können die Landkreise die Effizienz der Hilfen zur Erziehung steigern und dadurch die Hilfedauer verkürzen sowie die Aufwendungen für diese Hilfen reduzieren. Zudem sollten die Landkreise B und C auch die Qualität von Leistungen der Einrichtungen, weiterentwickeln, die sie selbst nicht beauftragen. Ansonsten besteht das Risiko, dass andere örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die diese Einrichtungen beauftragen, eine geringere Leistungsqualität erhalten. Personalausstattung für die Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen Tz. 45

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe benötigen ausreichende Personalkapazitäten für Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen. Ich habe ermittelt, wie viel Personal die Landkreise für diesen Aufgabenbereich einsetzten. Der Landkreis A setzte einen Stellenanteil von 5 % eines VZÄ für die Vereinbarungen nach den §§ 77 und 78 a ff. SGB VIII ein. Der zuständige Sachbearbeiter bearbeitete 21 Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII und zehn Vereinbarungen nach 78 a ff. SGB VIII. Beim Landkreis B betrugen die Stellenanteile für die Vereinbarungen nach den §§ 78 a ff. SGB VIII und das Führen von Grundsatzakten insgesamt 4 % eines VZÄ. Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete 32 Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen nach § 78 a ff. SGB VIII. Eine weitere Sachbearbeiterin bearbeitete 86 Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII. Hierfür betrug der Stellenanteil 26 % eines VZÄ.

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Der Landkreis C sah einen Stellenanteil von 10 % eines VZÄ für die Vereinbarungen nach den §§ 77 und 78 a ff. SGB VIII vor. Nach Einschätzung des zuständigen Sachbearbeiters blieb ihm wegen seiner übrigen Aufgaben tatsächlich aber nur ein Stellenanteil von 5 % für diese Vereinbarungen. Der zuständige Sachbearbeiter bearbeitete drei Vereinbarungen nach den §§ 78 a ff. SGB VIII und zehn Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII. In den Tz. 43 und Tz. 44 zeige ich die Handlungsbedarfe auf, die bei den Landkreisen bei den Entgeltvereinbarungen und/oder der Qualitätsentwicklung bestanden. Die Landkreise sollten prüfen, ob die Stellenanteile für eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Aufgabenerledigung ausreichen. Verzeichnisse über die Träger der freien Jugendhilfe Tz. 46

Die Landkreise wählen die Träger der freien Jugendhilfe aus, die die Leistungen für die Hilfe erbringen sollen. Die Träger der freien Jugendhilfe müssen die passgenaue Hilfe für den jeweiligen Hilfefall leisten können. Die Landkreise sind gemäß § 110 Abs. 2 NKomVG26 verpflichtet, den Haushalt sparsam und wirtschaftlich zu führen. Die Landkreise haben diese Haushaltsgrundsätze auch zu beachten, wenn sie für die Hilfeleistungen einen Träger der freien Jugendhilfe auswählen. Dafür ist es notwendig, dass die Landkreise mithilfe eines Trägerverzeichnisses Übersicht über die Leistungen und Entgelte der Träger der freien Jugendhilfe haben. Der Landkreis A erfasste nur die Entgelte der Träger der freien Jugendhilfe in einem Verzeichnis. Die Leistungsangebote befanden sich in den Akten. Die Fachkräfte mussten sich bei Bedarf die Leistungsangebote des Trägers der freien Jugendhilfe aus den Akten heraussuchen. Der Landkreis B führte zwei Verzeichnisse über die Träger der freien Jugendhilfe. In einem Verzeichnis erfasste er die Träger der freien Jugendhilfe, die ambulante Leistungen erbrachten. Dieses enthielt umfassende Informationen zu den Entgelten und zur Dauer der Fachleistungsstunden. Allerdings beschrieb der Landkreis B darin nicht ausführlich die Leistungen, sondern gab lediglich den zu-

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Zuvor § 82 Abs. 2 NGO.

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gehörigen Paragrafen im SGB VIII an. Des Weiteren führte der Landkreis B ein Verzeichnis über die Träger der freien Jugendhilfe, die stationäre Leistungen erbrachten. Der Landkreis B erfasste darin die mit den Trägern vereinbarten Entgelte nicht vollständig. Der Landkreis C erfasste die Leistungen der für ihn in Betracht kommenden Träger der freien Jugendhilfe in einem Verzeichnis. Dieses enthielt jedoch keine Entgelte. Der ASD-Leiter erklärte, dass die WJH die Entgelte in eine Datenbank des im Jugendamt eingesetzten EDV-Programms einpflege. Ich empfehle den Landkreisen, ein Trägerverzeichnis zu führen, welches alle in Betracht kommenden Träger der freien Jugendhilfe, deren Leistungen und Entgelte umfasst. Diese sollten die Landkreise regelmäßig aktualisieren. So wäre gewährleistet, dass sie die Träger bedarfsgerecht und unter wirtschaftlichen Aspekten auswählen können.

4.7

Evaluation der Hilfen zur Erziehung

Tz. 47

Gemäß § 27 Abs. 1 SGB VIII ist das Ziel der Hilfen zur Erziehung, eine dem Wohl des Kindes/Jugendlichen entsprechende Erziehung zu gewährleisten. Die dafür zu erbringende Hilfe muss geeignet und notwendig sein. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII zu steuern. Hierzu sollten sie die Hilfen zur Erziehung kontinuierlich evaluieren. Folgende Kennzahlen können hierfür beispielsweise als wichtige Planungs- und Steuerungsgrundlagen in der Jugendhilfe dienen: − Fallzahl- und Kostenentwicklungen, − durchschnittliche Hilfedauer, − Häufungen familiärer Problemlagen der Hilfeempfänger, − Anzahl der Fachleistungsstunden, − Einhaltung der Fortschreibungsintervalle und − Erfolg der Hilfe und Zufriedenheit der Beteiligten mit dem Hilfeverlauf. Diese Daten sollten automatisiert erfasst und ausgewertet werden können. Der Landkreis C betrachtete die Wirkung jeder einzelnen Hilfe. Der Landkreis A bewertete beim Abschlussgespräch die Hilfen gemeinsam mit allen Beteiligten.

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Keiner der beiden Landkreise führte jedoch die Ergebnisse zusammen und wertete diese aus. Der Landkreis B befragte lediglich die Hilfeempfänger nach Beendigung der Hilfe und ließ die Ergebnisse in seine Gewährungspraxis einfließen. Ich empfehle allen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Hilfeplanung, den Hilfeprozess und die mit der Hilfe erzielte Wirkung kontinuierlich zu untersuchen und qualitativ weiterzuentwickeln. Ein langfristiges Ziel sollte sein, über ein Wirkungscontrolling beispielweise Hilfen zur Erziehung zu vermeiden bzw. effizient und nachhaltig zu gestalten.

Höptner

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A. 1

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Erträge, Aufwendungen und Fälle der Produktgruppe 363 für das Jahr 2011 Bitte Hinweise in Anlage 2 beachten!

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1

2011 C

29.897

24.341

18.472

2.060.204

2.087.005

1.473.697

Aufwendungen

20.286.073 14.769.202 12.683.544

Zuschussbetrag

18.225.869 12.682.197 11.209.848

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

610

521

607

Jugendsozialarbeit, Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz (P 36311 u. P 36312) Erträge

230.445

205.740

126.177

Aufwendungen

352.584

587.853

181.165

Zuschussbetrag

122.139

382.113

54.988

4

16

3

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

1,74 %

3,98 %

1,43 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag PG 363 (Ziffer 1)

0,67 %

3,01 %

0,49 %

55

107

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen Zuschussbetrag/Fall 1.2

2011 B

Sonstige Leistungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (PG 363) Erträge

1.1

2011 A

2.221

nicht erfasst 3.571 ENTFÄLLT

Förderung der Erziehung in der Familie (P 36321, 36322, 36323, 36324, 36325) Erträge

576

54.155

0

Aufwendungen

1.143.958

469.246

374.223

Zuschussbetrag

1.143.382

415.091

374.223

38

17

20

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

5,64 %

3,18 %

2,95 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag PG 363 (Ziffer 1)

6,27 %

3,27 %

3,34 %

14

5

4

81.670

83.018

93.556

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen Zuschussbetrag/Fall

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1.3

2011 B

2011 C

29.897

24.341

18.472

1.583.766

1.649.603

1.120.955

Aufwendungen

14.148.545

9.228.926

6.473.282

Zuschussbetrag

12.564.779

7.579.323

5.352.327

420

311

290

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

69,75 %

62,49 %

51,04 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag PG 363 (Ziffer 1)

68,94 %

59,76 %

47,75 %

657

640

429

19.124

11.843

12476

Erträge

0

5.316

0

Aufwendungen

0

302.483

0

Zuschussbetrag

0

297.167

0

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

0

12

0

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

0,00 %

3,28 %

0,00 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

0,00 %

3,92 %

0,00 %

nicht erfasst ENTFÄLLT

34

0

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl der Hilfen z. Erziehung insgesamt Zuschussbetrag/Hilfen zur Erziehung insgesamt Andere Hilfen zur Erziehung (P 36331)

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe 1.3.2

2011 A

Hilfen zur Erziehung (P 3633) Erträge

1.3.1

Seite: 46

8.740 ENTFÄLLT

Institutionelle Beratung (P36332) Erträge

0

0

0

Aufwendungen

8.992

0

0

Zuschussbetrag

8.992

0

0

0

0

0

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

0,06 %

0,00 %

0,00 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

0,07 %

0,00 %

0,00 %

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe

nicht er0 nicht erfasst fasst ENTFÄLLT ENTFÄLLT ENTFÄLLT

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1.3.3

2011 B

2011 C

29.897

24.341

18.472

0

6.504

0

Aufwendungen

99.264

705.299

91.947

Zuschussbetrag

99.264

698.795

91.947

3

29

5

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

0,70 %

7,64 %

1,42 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

0,79 %

9,22 %

1,72 %

7

38

14

14.181

18.389

6.568

0

4.430

0

Aufwendungen

409.691

638.573

533.092

Zuschussbetrag

409.691

634.143

533.092

14

26

29

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

2,90 %

6,92 %

8,24 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

3,26 %

8,37 %

9,96 %

48

99

72

8.535

6.405

7.404

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer (P 36334) Erträge

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe 1.3.5

2011 A

Soziale Gruppenarbeit (P 36333) Erträge

1.3.4

Seite: 47

sozialpädagogische Familienhilfe (P 36335) Erträge

0

2.353

0

Aufwendungen

1.905.711

1.024.679

1.248.651

Zuschussbetrag

1.905.711

1.022.326

1.248.651

64

42

68

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

13,47 %

11,10 %

19,29 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

15,17 %

13,49 %

23,33 %

179

140

135

10.646

7.302

9.249

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1.3.6

2011 B

2011 C

29.897

24.341

18.472

4.485

24.790

481

Aufwendungen

1.378.579

318.203

691.849

Zuschussbetrag

1.374.094

293.413

691.368

46

12

37

9,74 %

3,45 %

10,69 %

10,94 %

3,87 %

12,92 %

62

7

29

22.163

41.916

23.840

377.030

960.758

678.919

Aufwendungen

2.709.107

2.828.053

1.691.434

Zuschussbetrag

2.332.077

1.867.295

1.012.515

78

77

55

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

19,15 %

30,64 %

26,13 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

18,56 %

24,64 %

18,92 %

206

242

129

11.321

7.716

7.849

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J. Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3 Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe Vollzeitpflege (P 36337) Erträge

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe 1.3.8

2011 A

Erziehung in einer Tagesgruppe (P 36336) Erträge

1.3.7

Seite: 48

Heimerziehung, Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform (P 36338) Erträge

1.202.251

645.308

442.583

Aufwendungen

7.618.327

3.407.814

2.170.115

Zuschussbetrag

6.416.076

2.762.506

1.727.532

215

113

94

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

53,85 %

36,93 %

33,52 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

51,06 %

36,45 %

32,28 %

154

79

50

41.663

34.968

34.551

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1.3.9

2011 A

2011 B

2011 C

29.897

24.341

18.472

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (P 36339) Erträge

0

144

0

Aufwendungen

18.875

3.822

26.262

Zuschussbetrag

18.875

3.678

26.262

1

0

1

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1.3)

0,13 %

0,04 %

0,41 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1.3

0,15 %

0,05 %

0,49 %

1

1

0

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe 1.4

18.875

3.678 ENTFÄLLT

Hilfen für junge Volljährige (P 36341) Erträge

72.996

0

53.993

Aufwendungen

1.350.800

637.823

843.692

Zuschussbetrag

1.277.804

637.823

789.699

43

26

43

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

6,66 %

4,32 %

6,65 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1

7,01 %

5,03 %

7,04 %

32

33

34

39.931

19.328

23.226

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Anzahl der Hilfen Zuschussbetrag/Hilfe 1.5

Seite: 49

Vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (P 36342) Erträge

0

0

0

Aufwendungen

700.665

117.908

15.460

Zuschussbetrag

497.200

117.908

15.460

23

5

1

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

3,45%

0,80%

0,12%

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1

3,84%

0,93%

0,14%

69

0

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen Zuschussbetrag/Fall

94 7.454

1.709 ENTFÄLLT

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Landkreis Einwohner unter 21 Jahren 1.6

2011 B

2011 C

29.897

24.341

18.472

170.132

-6.698

66.773

Aufwendungen

1.917.042

2.331.630

4.064.224

Zuschussbetrag

1.746.910

2.338.328

3.997.451

58

96

216

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

9,45 %

15,79 %

32,04 %

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1

9,58 %

18,44 %

35,66 %

128

280

177

13.648

8.351

22.584

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen Zuschussbetrag/Fall

Adoptionsvermittlung, Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft (P 3635) Erträge 0 11.388 1.200 Aufwendungen

412.462

839.281

535.541

Zuschussbetrag

412.462

827.893

534.341

14

34

29

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

2,03%

5,68%

4,22%

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1

2,26%

6,53%

4,77%

nicht erfasst 240 ENTFÄLLT

10

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen Zuschussbetrag/Fall 1.8

2011 A

Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (P 36343) Erträge

1.7

Seite: 50

1.720

53.434

Übrige Hilfen (P 3636) Erträge

0

1.328

Aufwendungen

19.032

73.036

Zuschussbetrag

19.032

71.708

nicht erfasst nicht erfasst 0

1

3

0

Anteil an den Gesamtaufwendungen (Ziffer 1)

0,09%

0,49%

0,00%

Anteil Zuschussbetrag an Zuschussbetrag Ziffer 1

0,10%

0,57%

0,00%

Zuschussbetrag/Ew. unter 21 J.

Fallzahlen

ENTFÄLLT

83 ENTFÄLLT

Zuschussbetrag/Fall

ENTFÄLLT

440 ENTFÄLLT

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

A. 2

Seite: 51

Zuordnung der Aufwendungen/Erträge zu den einzelnen Hilfen zur Erziehung

Der verbindliche Produktrahmen für Niedersachsen1 verpflichtet die Kommunen zu folgender Gliederungstiefe: Produktbereich (zweistellig): Bsp.: 36

Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

Produktgruppe (dreistellig): Bsp.: 363

Sonstige Leistungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

Der verbindliche Produktrahmen sieht eine tiefere Untergliederung nicht vor. Vielmehr schlagen die verbindlichen Zuordnungsvorschriften2 in blauer Schrift und in Klammern eine weitere Unterteilung vor: Produkt (vierstellig): Bsp.: 3631

Jugendsozialarbeit, Erzieherischer Kinder und Jugendschutz

„Unterprodukt“ (fünfstellig): Bsp.: 36311 Jugendsozialarbeit Die Landkreise buchten die Personalaufwendungen unterhalb der verbindlichen Produktgruppenebene unterschiedlich. Daher konnte ich die Zuschüsse einschließlich der Personalaufwendungen bei den einzelnen Hilfen zur Erziehung und bei den Hilfen für junge Volljährige zunächst nicht vergleichen. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, bin ich in Absprache mit den geprüften Landkreisen wie folgt vorgegangen: Der Landkreis A buchte die Personalaufwendungen zusammengefasst bei Produktgruppe 363. Das heißt, er teilte sie nicht verursachungsgerecht auf die ein1

2

Verbindlicher Produktrahmen für Niedersachsen 2012, gemäß der Bezugsbekanntmachung des LSKN vom 08.03.2011 (Nds. MBl. Nr. 12 vom 23.03.2011, S. 237). In diesem Bezug identische Regelungen für die Jahre 2009 bis 2011 (Prüfungszeitraum). Verbindliche Zuordnungsvorschriften zum Produktrahmen Niedersachsen 2012, ebenda.

19.04.2013, Prüfung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs Steuerung der Jugendhilfe, Az.: 6.2-10712-363/3-12

Seite: 52

zelnen Produkte auf. Ich habe – mit Ausnahme eines Produkts – die Personalaufwendungen im Verhältnis der Fallzahlen den einzelnen Produkten unter 363 auf die Produkte zugeordnet. Ich habe das Produkt „Adoptionsvermittlung, Beistandschaft, Amtspflegschaft und –vormundschaft (Produkt 3635) hiervon ausgenommen. Hierfür ermittelte der Landkreis A die Personalaufwendungen. Wegen der hohen Fallzahlen bei diesem Produkt, wäre eine fallzahlenbezogene Zuordnung nicht realistisch gewesen. Der Landkreis C ordnete die Personalaufwendungen auf folgende Produkte zu: − Produkt 36301 Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz − Produkt 36302 Förderung der Erziehung in der Familie − Produkt 36303 Hilfen zur Erziehung − Produkt 36304 Hilfen für junge Volljährige, Inobhutnahmen und Eingliederungshilfe − Produkt 36305 Adoption, Beistandschaft, Amtsvormundschaft, Gerichtshilfe Der Landkreis C bildete für die zu den Hilfen zur Erziehung gehörenden Hilfearten Kostenträger. Die Personalaufwendungen konnte er nicht auf die einzelnen Hilfearten verteilen. Das eingesetzte Personalabrechnungsprogramm ermöglichte dieses nicht. Ich habe daher die Personalaufwendungen für die Hilfen zur Erziehung im Verhältnis der Fallzahlen zueinander auf die einzelnen Hilfearten verteilt. Entsprechend habe ich die Personalaufwendungen des Produktes „Hilfen für junge Volljährige, Inobhutnahmen und auf die Eingliederungshilfe“ auf die dazugehörigen Hilfen und die Inobhutnahme verteilt. Der Landkreis B ordnete die Personalaufwendungen für die unter die Produktgruppe 363 fallenden Produkte prozentual über deren KLR zu. Diese Daten habe ich unverändert in die Anlage 1 übernommen.