Sparen nach deutschem Vorbild?

Sparen – nach deutschem Vorbild ? Klemens Himpele, Alexander Recht Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise hat kurzfristig zu einer Renaissance des ­St...
Author: Karin Baumhauer
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Sparen – nach deutschem Vorbild ? Klemens Himpele, Alexander Recht

Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise hat kurzfristig zu einer Renaissance des ­Staates zur Stützung der Konjunktur und zur Rettung der Banken geführt. In der Folge hat sich der Schuldenstand der Nationalstaaten teils erheblich vergrößert, so dass sich zunehmend die Frage nach der Tragfähigkeit von Staatsverschuldung stellt. Die Debatte wird dominiert von der Forderung nach Rückführung der Staatsverschuldung : Obwohl die gestiegenen Staatsschulden nicht Auslöser, sondern Folge der Krise sind, ist aus der Weltwirtschaftskrise in der medialen Wahrnehmung eine Staatsschuldenkrise geworden. Unter deutscher Federführung soll europaweit eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild etabliert werden. In Österreich wurde die Schuldenbremse im Dezember 2011 mit einfacher Mehrheit ins Bundeshaushaltsgesetz aufgenommen, für die angestrebte verfassungsmäßige Verankerung fehlt im Parlament jedoch die Mehrheit. Die Vorgabe ist klar: Es soll überwiegend ausgabenseitig ein strukturelles Nulldefizit zementiert werden. Die Einnahmen werden im Vorfeld durch die Steuerpolitik festgelegt und die Ausgaben dann über die Schuldenbremse begrenzt. Insbesondere bei Einbeziehung der Bundesländer – die kaum eigenständige Einnahmeerhöhungsmöglichkeiten haben – wird das Problem der Ausgaben­ fixierung deutlich (Eicker-Wolf und Himpele 2011). Hierzu stellen sich mehrere Fragen. Welche ökonomischen Effekte folgen aus öffentlichem Sparen ? Worin besteht das Problem öffentlicher Verschuldung ? Ist die Schuldenbremse überhaupt ein geeignetes Instrument ? Welche Folgen ergäben sich aus einer europaweiten Einführung der Schuldenbremse ? Zur Wirkung öffentlicher Ausgabenpolitik Angela Merkels Aussage »Wir sparen für die Zukunft«1 verdeutlicht einen Kern neoklassischer Argumentation: Der Staat soll sparen, damit es uns morgen gut gehe. Insbesondere die Staaten im Süden Europas sollen ihre Sparanstrengungen verstärken. Progressive Politik dagegen befürwortet eine Steigerung bestimmter öffentlicher Ausgaben. Zum einen besteht so – trotz berechtigter Skepsis gegenüber dem bürgerlichen Staat – wenigstens die Möglichkeit demokratischer Einflussnahme. Zum anderen sind mit öffentlichen Ausgaben auch wünschenswerte gesamtwirtschaftliche Wirkungen verbunden (Recht und Werner 2010). Die Staatsausgaben können über Steuern oder Staatsverschuldung finanziert werden. Konservative Kreise unterfüttern ihre Ablehnung öffentlicher Ausgaben mit der These, dass nur eine Neuverteilung von Nachfrage erfolge : Die private Nachfrage sinke, die öffentliche steige, das Einkommen bleibe gleich. Diese These ist falsch. Dabei hängt die Stärke der Wirkung von Staatsverschuldung auch von der Art der Finanzierung ab. Werden die zusätzlichen Staatsausgaben vollständig durch zusätzliche Steuereinnahmen finanziert, gilt bei vom BIP linear abhängiger Konsum-, Spar- und Konsumquote : Kurswechsel  1 / 2012 : 47–59

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schuldung finanziert werden.

dass nur eine Neuverteilung von Nachfrage erfolge: Die private Nachfrage sinke, die öfKonservative Kreise unterfüttern ihre Ablehnung öffentlicher Ausgaben mit der These, fentliche steige, das Einkommen bleibe gleich. Diese These ist falsch. Dabei hängt die dass nur eine Neuverteilung von Nachfrage erfolge: Die private Nachfrage sinke, die öfStärke der Wirkung Staatsverschuldung auchgleich. von der Art der ist Finanzierung Werfentlichevon steige, das Einkommen bleibe Diese These falsch. Dabeiab. hängt die den die zusätzlichen vollständig durch zusätzliche Steuereinnahmen 48 Himpele, A. Recht  : Sparen – nach deutschem Vorbild  Stärke der Staatsausgaben Wirkung von K. Staatsverschuldung auch von der Art der Finanzierung ab.?Werzusätzlichen vollständig durch zusätzliche Steuereinnahmen finanziert, giltden beidie vom BIP linearStaatsausgaben abhängiger Konsum-, Sparund Konsumquote: ΔY �



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ben (Haavelmo-Theorem). Die Besteuerung reduziert die effektive Nachfrage nur in Höhe des Produkts aus Steuern und Konsumquote, während die steuerfinanzierten Staatsausgaben zu 100 % nachfragewirksam werden. Bei Außenhandel ist die Importquote größer null, was zu einem kleineren Multiplikator führt, der aber größer null bleibt. Zwar versickert ein Teil der zusätzlichen Nachfrage im Ausland bei den HerTheorem). Besteuerung reduziert die effektive Nachfrage nurder in Höhe des Produkts stellern derDie Importgüter, aber eine steuerfinanzierte Erhöhung Staatsausgaben aus Steuern und Konsumquote, während die steuerfinanzierten Staatsausgaben zu führt gleichwohl noch zur Steigerung von Produktion und Einkommen (Himpele 100% nachfragewirksam werden. Bei Außenhandel ist die Importquote größer null, was und Recht 2009 : 17 f.). zu einem kleineren Multiplikator führt, der aber größer null bleibt. Zwar versickert ein Seite erfolgt der Einwand, dass zwar das nominale EinkomTeilVon derneoklassischer zusätzlichen Nachfrage im Ausland bei den Herstellern der Importgüter, aber men steige, nicht jedoch Realeinkommen und Produktion. Denn die Nachfragesteieine steuerfinanzierte Erhöhung der Staatsausgaben führt gleichwohl noch zur Steigegerung inflationär reduziere so die sogenannte reale Geldmenge. Da die rung vonwirke Produktion und und Einkommen (Himpele und Recht 2009: 17f.). Menschen für ihre Transaktionen über zu wenig Liquidität verfügten, würden sie Von neoklassischer Seite erfolgt der Einwand, dass zwar das nominale Einkommen steiAnleihen zu verkaufen trachten, was bei konstanter Anleihennachfrage zu sinkenden ge, nicht jedoch Realeinkommen und Produktion. Denn die Nachfragesteigerung wirke Kursen undund steigendem führe. Hierdurch würdenDa private Investitionen inflationär reduziereEffektivzins so die sogenannte reale Geldmenge. die Menschen für ihre solange verdrängt, effektive Nachfrage wiederwürden ihr vorheriges Niveauzuerreiche. Transaktionen überbiszudie wenig Liquidität verfügten, sie Anleihen verkaufen Dieser was Einwand ist nicht stimmig. Erstens führt Zeiten chronischer Nachfragetrachten, bei konstanter Anleihennachfrage zuinsinkenden Kursen und steigendem Effektivzins führe. Hierdurch würden private Investitionen solange verdrängt, schwäche eine steigende Nachfrage kaum zu Preissteigerungen, sondern vielmehrbis zu die effektive Nachfrage wieder vorheriges Mengenausdehnungen des ihr Angebots überNiveau höhereerreiche. Kapazitätsauslastung. Doch selbst bei leichteren Preissteigerungen die führt gesunkene realechronischer GeldmengeNachfrageschwänur von BeDieser Einwand ist nicht stimmig.wäre Erstens in Zeiten deutung, wenn – zweitens – die reduzierte Liquidität zu steigenden Verkäufen nach che eine steigende Nachfrage kaum zu Preissteigerungen, sondern vielmehr zu Mengenausdehnungen des Angebots über höhere Kapazitätsauslastung. Doch selbst beiwenn leichteAnleihen führte, was nicht zwingend vorausgesetzt werden kann. Doch selbst ren Preissteigerungen wäre die gesunkene nureingeschränkt, von Bedeutung, wenn – der Zinssatz stiege, würden – drittens – nurreale jeneGeldmenge Investitionen deren zweitens – die reduzierte Liquidität zu steigenden Verkäufen nach Anleihen führte, erwartete interne Verzinsung bislang über, nun aber unter dem Marktzins liegen.was nicht zwingend vorausgesetzt werden kann. Doch wenn dergestiegenen Zinssatz stiege, würZudem ist in Rechnung zu stellen, dass wegen derselbst ursprünglich Nachden – drittens – nur jene Investitionen eingeschränkt, deren erwartete interne Verzinfrage die interne Zinserwartung vermutlich gestiegen ist, so dass die Investitionen in sung bislang über, nun aber unter dem Marktzins liegen. Zudem ist in Rechnung zu stelsumma sogar steigen. gestiegenen Nachfrage die interne Zinserwartung len, dasswomöglich wegen der ursprünglich Expansive steuerfinanzierte erhöht also die gesamtwirtschaftliche vermutlich gestiegen ist, so dass Fiskalpolitik die Investitionen in summa womöglich sogar steigen. Nachfrage, da die Staatsnachfrage stärker steigt, als die Privatnachfrage fällt, und Expansive steuerfinanzierte Fiskalpolitik erhöht also die gesamtwirtschaftliche Nachfradieser Überschuss multipliziert wird. Die Investitionsnachfrage wird nicht stark falge, da die Staatsnachfrage stärker steigt, als die Privatnachfrage fällt, und dieser Überlen, womöglich im Falle Erwartungen sogarwird steigen, dass fallen, hiervon keine schuss multipliziert wird.positiver Die Investitionsnachfrage nichtsostark womöglich konterkarierenden Effekte zu erwarten sind (Zinn 2002  : 169). im Falle positiver Erwartungen sogar steigen, so dass hiervon keine konterkarierenden Effekte zu erwarten sind (Zinn 2002: 169).

Staatsschuldenfinanzierung

Staatsschuldenfinanzierung Steigende Staatsausgaben zusätzliche Steuern, sondern auch Steigende Staatsausgaben können könnennicht nichtnur nurüber über zusätzliche Steuern, sondern auch durch steigende Staatsverschuldung finanziert werden. Dies wird in Wissenschaft, durch steigende Staatsverschuldung finanziert werden. Dies wird in Wissenschaft, PoliPolitik Bevölkerung noch stärker abgelehnt. Dennoch auch diese Ablehnung tik undund Bevölkerung noch stärker abgelehnt. Dennoch ist ist auch diese Ablehnung nicht nicht haltbar. Bei einer Finanzierung zusätzlicher Staatsausgaben Schulden haltbar. Bei einer Finanzierung zusätzlicher Staatsausgaben durchdurch Schulden gilt: gilt : Δ� �



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Der Multiplikator ist bei der Finanzierung über Staatsschulden größer als bei jener über Steuern. Die zusätzlichen Staatsausgaben werden voll effektiv nachfragewirksam, wo-

durch steigende Staatsverschuldung finanziert werden. Dies wird in Wissenschaft, Politik und Bevölkerung noch stärker abgelehnt. Dennoch ist auch diese Ablehnung nicht haltbar. Bei einer Finanzierung zusätzlicher Staatsausgaben durch Schulden gilt:

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Der Multiplikator Multiplikator ist Der ist bei beider derFinanzierung Finanzierungüber überStaatsschulden Staatsschuldengrößer größerals alsbei beijener jenerüber Steuern. Die zusätzlichen Staatsausgaben werden voll effektiv nachfragewirksam, über Steuern. Die zusätzlichen Staatsausgaben werden voll effektiv nachfragewirk-wohingegen durch den Verzicht auf Besteuerung keine effektive Nachfrage verloren geht. sam, wohingegen durch den Verzicht auf Besteuerung keine effektive Nachfrage verVon neoklassischer Seite kommen auch hier zwei Einwände. Der erste entspricht jenem loren geht. beiVon Steuerfinanzierung: Wegen Preissteigerungen steige zwar dasDer nominale, nicht jedoch neoklassischer Seite kommen auch hier zwei Einwände. erste entspricht das reale Einkommen und die Produktion. Hierauf wurde bereits oben entgegnet. jenem bei Steuerfinanzierung: Wegen Preissteigerungen steige zwar das nominale,Der zweite Einwand unterstellt, dass der Staat als zusätzlicher Anbieter von Anleihen bei nicht jedoch das reale Einkommen und die Produktion. Hierauf wurde bereits oben entgegnet. Der zweite Einwand unterstellt, dass der Staat als zusätzlicher Anbieter von Anleihen bei konstanter Anleihennachfrage einen Fall des Kurses und einen direkten Anstieg des Marktzinses erwirke. Hierdurch würde Nachfrage durch private Investitionen in derselben Höhe verdrängt, wie sie durch mehr öffentliche Ausgaben erhöht würde. Doch auch diese neoklassische crowding-out-These ist unstimmig. Erstens ist es möglich, dass die Nachfrager der Staatsanleihen sonst keine Anleihen gezeichnet, sondern Liquidität gehalten hätten. Dann aber korrespondiert dem zusätzlichen Angebot an Anleihen eine zusätzliche Nachfrage, so dass der Zins nicht steigt. Zweitens steigen im Zuge der ursprünglichen Nachfrage- und Einkommenssteigerung die Gewinne und bei Thesaurierung die für Selbstfinanzierung zugängliche Ersparnis der Unternehmen. Dadurch sinkt das allgemeine Angebot an Anleihen : Der Kurs steigt, der Zins sinkt. Drittens investieren Unternehmen bei Überakkumulation, Unterkonsumtion und Sättigung ohne staatliche Intervention wenig real und treten selber als Geldkapitalanbieter auf. Steigt nun durch mehr staatliche Nachfrage das volkswirtschaftliche Aktivitätsniveau, werden reale Investitionen eher angeregt (crowding-in) als verdrängt. Zwar sinkt dann eo ipso die Nachfrage nach Anleihen, was kurssenkend und zinssteigernd wirkt, aber die Steigerung des Aktivitätsniveaus dürfte gegenüber dem Effekt des leichten Zinssatzanstiegs, sofern dieser überhaupt auftritt, überwiegen. Somit kommt es zu keiner Verdrängung, sondern eher zur Ausdehnung privater Investitionen (Kromphardt 1998 : 241 ff.). Allerdings muss auch eine Position, die Staatsverschuldung nicht verdammt, Folgewirkungen zur Kenntnis nehmen. Zwar geht im Jahr der Staatsverschuldung keine effektive Nachfrage verloren, sondern wird zusätzlich geschaffen, aber in der Zukunft müssen die Schulden mit Zinsen bedient und rückgezahlt werden. Würde dies über die Kürzung von Staatsausgaben für Investitionen oder Sozialleistungen geschehen und würden die Zeichner von Anleihen die rückerhaltenen Mittel nicht ausgeben, würde sich der beschriebene Effekt ausgedehnter effektiver Nachfrage bei Staatsverschuldung komplett ins Negative umkehren. Würden die Zeichner der Anleihen die rückerhaltenen Mittel wenigstens zum Teil für zusätzlichen Konsum verwenden, würde der negative Effekt abgeschwächt. In beiden Fällen aber gilt : Mehr Nachfrage im laufenden Jahr hieße weniger Nachfrage in der Zukunft. Darum sahen die wirtschaftspolitisch dominanten Konzeptionen der 1970 er Jahre den Einsatz von Staatsverschuldung als antizyklisches Mittel vor. In rezessiven Zeiten unausgelasteter Kapazitäten sollten die Staatsausgaben wegen positiver Nachfrageeffekte durch Staatsschulden erhöht werden. Im Aufschwung mit ausgelasteten Kapazitäten sollten sie gekürzt und Schulden abgebaut werden, da dann die KapaziKurswechsel  1 / 2012 : 47–59

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täten voll ausgelastet seien und die rückläufige Nachfrage nicht zu Einschränkungen der Produktion, sondern zu Preisdämpfungen führen würde. Da indes die Nachfrage spätestens seit Beginn der 1980 er Jahre nicht nur konjunkturell, sondern auch strukturell zu niedrig ist, wird auch im Aufschwung keine Vollbeschäftigung mehr erreicht. Der Trendpfad des Wachstums liegt so deutlich unter dem theoretisch Vollbeschäftigung schaffenden Pfad, dass die konjunkturelle Abweichung nach oben nicht ausreicht. Wird in einer solchen Situation die staatliche Nachfrage gekürzt, wird nicht Inflation gedämpft, sondern Beschäftigung abgebaut (Zinn 1998 : 141). Daher stellt sich die Frage, ob Staatsverschuldung, statt erst auf- und dann abgebaut zu werden, nicht gleichsam permanent erfolgen kann. Die folgenden Ausführungen untersuchen, ob und wie eine solche Politik funktionieren kann. Wirkungen permanenter Staatsverschuldung Wirkungen Wirkungen permanenter permanenter Staatsverschuldung Staatsverschuldung

Oftmals wird unterstellt, eine permanente Nettoneuverschuldung führe zwangsläufig Oftmals Oftmals wird wird unterstellt, unterstellt, eine eine permanente permanente Nettoneuverschuldung Nettoneuverschuldung führe führe zwangsläufig zwangsläufig zu zu zu einer über alleGrenzen Grenzensteigenden steigendenSchuldenquote. Schuldenquote.Dem Demististjedoch jedochnicht nicht so so (Doeiner über alle einer über alle Grenzen steigenden Schuldenquote. Dem ist jedoch nicht so (Domar (Domar mar 1979, 107). konstanter BIP-Wachstumsrate sowieeinem einemkonstanten konstantenAnteil Anteil (α) 1979, 107). Bei konstanter BIP-Wachstumsrate (r) 1979, 107). BeiBei konstanter BIP-Wachstumsrate (r)(r)sowie sowie einem konstanten Anteil (α) (q ), der Nettoneuverschuldung am BIP gilt für die Schuldenquote definiert als ), definiert als (α) der Nettoneuverschuldung am BIP gilt für die Schuldenquote (q  � der Nettoneuverschuldung am BIP gilt für die Schuldenquote (q� ), definiert als Quotient Quotient t aus und Zeit 2004; 1979: 107): Quotient aus Staatsschuld undder BIP, mit(Helmedag der Zeit (Helmedag 2004  ; Domar 1979 : 107) : aus Staatsschuld Staatsschuld und BIP, BIP, mit mit der Zeit (Helmedag 2004; Domar Domar 1979: 107): �

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dungsquote an- oder aufgehoben werden, denn es gibt hierfür keine ökonomische Begründung. Bedingungen nachhaltiger permanenter Staatsverschuldung

Bedingungen nachhaltiger permanenter Staatsverschuldung Der Der Primärüberschuss Primärüberschuss (P) (P) ist ist die die Differenz Differenz zwischen zwischen staatlichen staatlichen Einnahmen Einnahmen und und AusgaAusgaben (ohne Zinsen und Tilgung). Ist die Differenz positiv, liegt ein Primärüberschuss Bedingungen nachhaltiger permanenter Staatsverschuldung ben (ohne Zinsen und Tilgung). Ist die Differenz positiv, liegt ein Primärüberschuss vor, vor, ist ist sie sie negativ, negativ, spricht spricht man man von von einem einem negativen negativen Primärüberschuss Primärüberschuss oder oder einem einem PrimärPrimärdefizit. Ist im staatlichen Haushalt die ohne Zinsen Der Primärüberschuss die Differenz zwischen staatlichen und defizit. Ist P P< < 0, 0, so so sind sind(P) im ist staatlichen Haushalt die Ausgaben Ausgaben ohneEinnahmen Zinsen und und Tilgung Tilgung größer die Ist P größer als die Ausgaben Ausgaben Zinsen und Ist die die Differenz positiv, größer als als(ohne die Einnahmen. Einnahmen. IstTilgung). P> > 0, 0, sind sind die Einnahmen Einnahmen größerliegt als ein die PrimärüberAusgaben ohne ohne Zinsen und Tilgung. Der des sind schuss sie negativ, sprichtBestandteil man von einem negativen Primärüberschuss oder Zinsen vor, und ist Tilgung. Der andere andere Bestandteil des Schuldenzuwachses Schuldenzuwachses sind die die Sollzinsen Sollzinsen auf auf die die bereits bereits bestehenden bestehenden Schulden Schulden D Dt..

einem Primärdefizit. Ist P  0, sind die Einnahmen größer neNettoneuverschuldung fällt als an, die wenn die Summe Summe aus Primärüberschuss und Zinsen Zinsen negativ Sie also nur vor, wenn durch Zinszahlungen verals dieist. Ausgaben Zinsen und Tilgung. DerPrimärdefizit andere Bestandteil Schuldenzugativ ist. Sie liegt liegtohne also nicht nicht nur vor, wenn ein ein Primärdefizit durch des Zinszahlungen verstärkt auch zwar höher wachses sindSie dieliegt Sollzinsen aufwenn die bereits bestehenden Schulden Dt. als stärkt wird. wird. Sie liegt auch vor, vor, wenn zwar die die Einnahmen Einnahmen höher sind sind als die die Ausgaben, Ausgaben, aber dieser Primärüberschuss kleiner ist als die Zinszahlungen. Für eine konstante aber dieser Primärüberschuss kleiner die Zinszahlungen. Für eineund konstante Nettoneuverschuldung fällt an, wennist dieals Summe aus Primärüberschuss Zin� Schuldenquote muss das Wachstum der Schulden �D � so hoch sein wie jenes des � Schuldenquote das also Wachstum der Schulden � so hoch sein wiedurch jenesZinszahdes BIP BIP (r). (r). sen negativ ist. muss Sie liegt nicht nur vor, wenn�Dein Primärdefizit Für Für eine eine konstante konstante Schuldenquote Schuldenquote müssen müssen Primärüberschuss, Primärüberschuss, Zinssatz Zinssatz (i) (i) und und BIPBIPWachstum Wachstum in in einem einem bestimmten bestimmten Verhältnis Verhältnis zueinander zueinander stehen: stehen:

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größer als die Einnahmen. Ist P > 0, sind die Einnahmen größer als die Ausgaben ohne Zinsen und Tilgung. Der andere Bestandteil des Schuldenzuwachses sind die Sollzinsen auf die bereits bestehenden Schulden Dt.

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Nettoneuverschuldung fällt an, wenn die Summe aus Primärüberschuss und Zinsen negativ ist. Sie liegt also nicht nur vor, wenn ein Primärdefizit durch Zinszahlungen verlungenwird. verstärkt wird. Sie vor, liegtwenn auch zwar vor, wenn zwar die Einnahmen als stärkt Sie liegt auch die Einnahmen höher sind höher als diesind Ausgaben, die Ausgaben, aber dieser Primärüberschuss kleiner ist als die Zinszahlungen. Für aber dieser Primärüberschuss kleiner ist als die Zinszahlungen. Für eine konstante ˆ )jenes eine konstante muss Schuldenquote mussder dasSchulden Wachstum Schulden (D so hoch � �der Schuldenquote das Wachstum �D so hoch sein wie des sein BIP (r). wie BIP (r).Schuldenquote Für eine konstante Schuldenquote müssen Zinssatz Primärüberschuss, Für jenes eine des konstante müssen Primärüberschuss, (i) und BIPZinssatz (i)inund BIP-Wachstum einem bestimmten Wachstum einem bestimmten in Verhältnis zueinanderVerhältnis stehen: zueinander stehen: (i � r) · D� = P

Für eine Schuldenquote muss Für eine konstante konstante Schuldenquote muss der der Primärüberschuss Primärüberschuss also also so so hoch hochsein seinwie wiedas Produkt aus Differenz von Zinssatz und BIP-Wachstum sowie Schuldenstand. Ob permadas Produkt aus Differenz von Zinssatz und BIP-Wachstum sowie Schuldenstand. Ob nente Staatsverschuldung nachhaltig ist, hängt also von Bedingungen ab. Ein Zinssatz permanente Staatsverschuldung nachhaltig also von Bedingungen ab. Ein unter der Wachstumsrate ermöglicht sogarist, beihängt Primärdefiziten eine konstante SchulZinssatz unter der Wachstumsrate ermöglicht sogar bei Primärdefiziten eine kons-Die denquote. Dies setzt jedoch eine Abkehr von der bisherigen Politik der EZB voraus. tante Schuldenquote. Dies setzt jedoch eine Abkehr der bisherigen der Hochzinspolitik zur Inflationsvermeidung muss einervon Zinspolitik – etwaPolitik über NotenEZB voraus. für Dieden Hochzinspolitik zur die Inflationsvermeidung muss einer Zinspolitik – bankkredite Staat – weichen, durch niedrigere Zinsen staatliche Spielräume wieder eröffnet. Revolvierendefür Staatsverschuldung kanndie dann höher verzinsteZinsen Schulden etwa über Notenbankkredite den Staat – weichen, durch niedrigere der Vergangenheit durch niedriger verzinste neue ablösen. staatliche Spielräume wieder eröffnet. Revolvierende Staatsverschuldung kann dann höher verzinste Schulden der Vergangenheit durch niedriger verzinste neue ablösen. Zu beachten ist dabei, dass auch die Zinseinkommen auf Staatsschulden Gegen2 (V) operiert stand der Besteuerung seinauch können. Wird mit dem Volkseinkommen Zu beachten ist dabei, dass die Zinseinkommen auf Staatsschulden Gegenstand der 2 Besteuerung seinauch können. Wird mit dem Volkseinkommen operiert und bezieht sich die Nettoneuverschuldungsquote (β)(V) hierauf, giltund mit bezieht der Zeitsich auchdie dieSteuerlastquote Nettoneuverschuldungsquote der Zeit fürEinkommen, die Steuerlastfür (t) als Quotient (β) vonhierauf, Steuerngilt undmit steuerbarem quote (t)aus als Volkseinkommen Quotient von Steuern steuerbarem Einkommen, das sichzusammenaus Volkseindas sich undund Zinseinkommen auf Staatsschulden kommen und Zinseinkommen auf Staatsschulden zusammensetzt: setzt: t ��� = lim��� t � =



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