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Sozialreferat Stiftungsverwaltung S-R-3

Gewährung eines Zuschusses an das Integrationszentrum für Cerebralparesen (ICP München, ehemaliges Spastikerzentrum) aus der Buhl-Strohmaier-Stiftung

Sitzungsvorlage Nr. 02-08 / V 07109

Beschluss des Sozialausschusses vom 01.12.2005 (SB) Öffentliche Sitzung

I.

Vortrag des Referenten 1. Der Antragsteller Das ICP München ist eine Spezialeinrichtung unter ärztlicher Leitung zur Behandlung und Förderung von Patienten mit infantiler Cerebralparese (ICP). Aufbauend auf dem ursprünglichen Münchner Tageskonzept werden Behandlungskonzepte nach neuesten orthopädischen und neurophysiologischen Erkenntnissen weiterentwickelt, die die mehrfach Behinderten vom Kleinkindes- bis zum Erwachsenenalter medizinisch, therapeutisch, psychologisch, pädagogisch, schulisch und beruflich fördern. Im ICP München werden 450 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus dem gesamten Bundesgebiet von 400 spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dauerhaft betreut. Mit Schul- und Ausbildungsabschluss werden jährlich 50 Plätze frei und durch Neuzugänge ersetzt, d.h. jedes 30. bundesdeutsche spastische Kind macht seine Therapie, Schule und eine auf die Behinderung abgestimmte Berufsausbildung im ICP München. Diagnostik und operative Verfahren erfolgen für alle stationär untergebrachten Kinder und Jugendlichen des ICP bereits seit Jahren in enger Zusammenarbeit und im Erfahrungsaustausch mit der Orthopädischen Klinik im Klinikum rechts der Isar und der Kinderklinik der TU München. Die ärztliche Leiterin des ICP betreut in ihrer Funktion als Oberärztin der Orthopädischen Klinik der TU München im Rahmen einer kinderorthopädischen Sprechstunde im Klinikum rechts der Isar unter anderem auch im Mittel 150 externe Kinder und Jugendliche mit frühkindlicher Hirnschädigung pro Jahr beratend. Trägerverein des ICP München ist der Verein zur Förderung spastisch gelähmter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener e.V. 2.

Das beantragte Projekt

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Die Infantile Cerebralparese ist die Folge einer bleibenden Schädigung des noch unreifen Gehirns vor, während oder nach der Geburt. Abhängig von Ort und Ausmaß der geschädigten Hirnareale treten verschiedenartige Mehrfachbehinderungen auf mit Störungen der Motorik und Statomotorik sowie Entwicklungsverzögerungen der Haltungsund Bewegungsabläufe mit abnormer Reflexmotorik und gestörter Muskeltonusregulation. Gestört sind auch die zentrale Wahrnehmungsintegration und die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten. Es kommt zu Seh- und Hörstörungen, Lernbehinderung und Verhaltensauffälligkeiten. Trotz der hohen Inzidenz der infantilen Cerebralparese (in westlichen Ländern stabil bei 1 bis 2 Kinder auf 1000 Geburten) und umfangreicher Diskussionen in internationalen Fachkreisen sind immer noch keine sicheren grundlegenden Ursache-Wirkungszusammenhänge dieser Erkrankung bekannt. Die infantile Cerebralparese kann deshalb bisher leider nicht kausal, sondern nur symptomatisch behandelt werden. Aber auch in der symptomatischen Behandlung der infantilen Cerebralparese bestehen weiter keine klaren Richtlinien und allgemein anerkannte Therapiemöglichkeiten. Die Cerebralparese war bisher nur als Randgebiet in der Kieferorthopädie wegen der häufig notwendigen orthopädisch-operativen Eingriffe etabliert. Größtenteils wurde bisher vor allem rein symptomatisch korrigierend auf das Achsenskelett bezogen behandelt. Das ICP München hat sich aber zur Aufgabe gemacht, die Cerebralparese tiefer in ihren Ursachen zu erforschen. Da es sich um eine cerebral-neurologische Erkrankung handelt, berührt sie sehr stark die Gebiete der Neurologie und Neuropathologie, der Grundlagenerforschung, der Bewegungskoordination und der Orthopädie. Als bundesweit seit Jahrzehnten einzigartige Modelleinrichtung zur Behandlung der Cerebralparese und anderer neuroorthopädischer Erkrankungen sieht sich das ICP München in der Pflicht, auf höchstem wissenschaftlichen Niveau die Ursachen- und Grundlagenforschung voranzutreiben. Dies ist nur unter Einbeziehung sämtlicher anderer medizinischer Disziplinen im neurologischen-orthopädischen Umfeld möglich, die sich inhaltlich zu einem optimalen Ganzen zusammenfügen und ergänzen und neue Forschungsgebiete erschließen. Diese Ziele kann das ICP nur in Zusammenarbeit mit einer universitären Einrichtung und deren spezialisierten Fachdisziplinen, vor allem auf dem Gebiet der Orthopädie und Kinderorthopädie, erreichen. Hier stehen die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Bewegungsanalyse, der Neurologie mit ihren modernsten bildgebenden Verfahren und ihrer Erfahrung auf dem Gebiet der Neurowissenschaften und kortikalen Vernetzungen der cerebralen Funktionen zur Verfügung. Als Baustein auf diesem Weg hat das ICP seit Beginn seines Bestehens 1955 einen Orthopäden mit Schwerpunkt Kinder- und Neuroorthopädie als ärztlichen Leiter. Grundvoraussetzung war stets die Anstellung des ärztlichen Leiters an einer Klinik, um in dieser Doppelfunktion die sehr spezialisierten operativen Eingriffe selbständig in der Klinik durchzuführen und im Folgenden auch im ICP nachzubetreuen. Aus medizinischer Sicht wurde häufig die operativ-orthopädische Seite bei dem komplexen Krankheitsbild der infantilen Cerebralparese als Schwerpunkt gesehen. Es ist aber jetzt notwendig, eine breitere medizinische Grundlagen- und Ursachenforschung voranzutrei-

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ben und als dauerhafte Aufgabe zu sehen. Die Technische Universität München bietet hierbei außergewöhnliche und vielfältige Möglichkeiten. Das ICP München bittet deshalb die Technische Universität München, eine C3-Professur für das Fachgebiet der Cerebralparese einzurichten und in seinen Räumlichkeiten in engster Kooperation mit der Universitätsklinik zu etablieren. Das ICP München legt hierfür bei der Stiftungsverwaltung des Sozialreferates ein mit der Technischen Universität umfangreich abgestimmtes Personal- und Finanzkonzept für die Erfordernisse der C3 Professur vor. 3.

Bewertung des Projektes Das ICP München will sich durch diese Professur nicht nur national, sondern auch international als führende Spezialeinrichtung in Zusammenarbeit mit der Universität für dieses Spezialgebiet positionieren. Nur durch diese konstruktive Zusammenarbeit kann das gesamte Umfeld der Cerebralparese auf höchstem Niveau abgedeckt werden. In universitärer Lehre und Forschung sieht das ICP die Möglichkeit, die wissenschaftlichen Erkenntnisse breitflächig in der Fachwelt und an alle an diesem Spezialgebiet Interessierten zum Wohle der betroffenen behinderten Menschen weiterzugeben.

4.

Kosten und Zeitrahmen des Projektes Gemäß einer Kostenaufstellung für die Stiftungsprofessur -kalkuliert auf fünf Jahresetzen sich die Gesamtkosten in Höhe von 1,5 Mio. € aus Sachkosten in Höhe von 0,5 Mio. und Personalkosten in Höhe von 1 Mio. € zusammen. Das Projekt wird in Form einer Kofinanzierung zwischen der Buhl-Strohmaier-Stiftung und dem ICP München umgesetzt. Das ICP München beteiligt sich daher mit Eigenmitteln in Höhe von 0,5 Mio. € (Sachkosten) und bittet die Stiftung um die Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 1 Mio. € für die Personalkosten. Die Gesamtfinanzierung wäre damit gesichert. Für die Finanzplanung aus der Stiftung wird davon ausgegangen, dass 1/10 des Zuschusses (etwa 100.000,00 €) jeweils in den Jahren 2006 und 2011 anfallen. Für die Jahre 2007 und folgende jeweils 1/5 des Zuschusses (ca. 200.000,00 €). Der Zeitrahmen für das Projekt wird sich auf den Projektbeginn im Jahr 2006 und das Projektende im Jahr 2011 erstrecken.

5.

Finanzierung aus der Stiftung Die rechtlich selbständige „Buhl-Strohmaier-Stiftung“ unterstützt u. a. steuerbegünstigte Einrichtungen mit finanziellen oder sachlichen Mitteln für spastisch gelähmte und blinde Kinder in München oder in der Region. Für die Definition des Begriffes „Kind“ ist der Kindergeldbezug maßgebend. Im vorliegenden Fall sind daher nach Rechts- und Sachlage die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses aus Mitteln der „Buhl-Strohmaier-Stiftung“ in Höhe von 1 Mio. € gegeben; der Stiftungszweck ist erfüllt. Das Sozialreferat begrüßt dieses Projekt ganz besonders, da es das Wirken dieser Stiftung entsprechend dem Willen der Stifterin neben der Förderung von Spielplätzen, Freizeitmaßnahmen oder spezieller Computerausstattung auch auf den Bereich Grundlagen- und Ursachenerforschung für das Krankheitsbild der infantilen Cerebralparese von spastisch gelähmten Kindern und Jugendlichen erweitert.

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Beim Buchungskreis 9008, Kostenstelle 20850800 „Buhl-Strohmaier-Stiftung“ sind für das Haushaltsjahr 2005 Geldmittel in Höhe von 700.000,00 € veranschlagt (inklusive Rücklage zum 31.12.2004). Bisher erfolgten Ausgaben in Höhe von 185.598,88 €. Zusätzlich sind Mittel in Höhe von 508.651,40 € für weitere Projekte verplant. Somit werden voraussichtlich Restmittel in Höhe von ca. 5.700,00 € für das Haushaltsjahr 2005 zur Verfügung stehen. Den Anteil der Gesamtkosten in Höhe von 1 Mio. €, welcher sich hinsichtlich eines Zeitrahmens von 5 Jahren für die Buhl-Strohmaier-Stiftung ergibt und anteilmäßig wie oben aufgeführt jährlich fällig wird, kann die Stiftung aus den jährlichen Zinserträgen finanzieren. Erfahrungsgemäß hat die Buhl-Strohmaier-Stiftung nach Abzug aller fixen Kosten Zinserträge in Höhe von ca. 200.000,00 bis 250.000,00 €, welche zur Erfüllung des Stiftungszwecks zur Verfügung stehen. Die erforderlichen Ausgabemittel in Höhe von jährlich ca.100.000,00 jeweils zu Projektbeginn und –ende bzw. ca. 200.000,00 € jeweils in den Jahren 2007,2008,2009 und 2010 können aus der Kostenstelle 20850800 somit planmäßig entnommen werden.

Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung des Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA-Satzung) Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Benker, der Stadtkämmerei, dem Behindertenbeirat und dem Sozialreferat/Interkulturelle Arbeit und Migration ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden.

II.

Antrag des Referenten 1. Dem ICP München wird zur Finanzierung einer C3-Stiftungsprofessur für das Fachgebiet der Cerebralparese an der Technischen Universität München ein Zuschuss in Höhe von insgesamt 1 Mio. € aus Mitteln der Buhl-Strohmaier-Stiftung gewährt. Etwa 1/10 des Zuschusses (100.000,00 €) werden jeweils in den Jahren 2006 und 2011 ausgezahlt, während für die Jahre 2007 und Folgende jeweils 1/5 des Zuschusses (200.000,00 €) zur Auszahlung anfallen. 2.

Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.

III. Beschluss nach Antrag.

Der Stadtrat der Landeshauptstadt München

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Die Vorsitzende

Der Referent

Dr. Gertraud Burkert Bürgermeisterin

Friedrich Graffe Berufsm. Stadtrat

IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium - Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt an den Behindertenbeirat an das Sozialreferat/Interkulturelle Arbeit und Migration z. K.

V. Wv. Sozialreferat