Lecture Series “Modern Methods in Heterogeneous Catalysis Research” WS 2004/2005
Solid-State Kinetics
Thorsten Ressler Fritz-Haber-Institut der MPG Abteilung Anorganische Chemie, Faradayweg 4-6, D-14195 Berlin e-mail:
[email protected]
1
"Kinetik von Festkörperreaktionen" (Reaktivität von Festkörpern) Punktdefekte in Kristallen • Einführung - Ideale Systeme / Reale Systeme • Kröger-Vink-Nomenklatur, Schottky- und Frenkel-Defekte • Thermodynamik von Punktdefekten Nichtstöchiometrie und elektronische Leitfähigkeit • Die Rolle von Verunreinigungen - der thermoelektrische Effekt • Optische Eigenschaften - Farbe, Struktur von F-Zentren Zwei- und dreidimensionale Defekte • Anordnung von Punktdefekten ("clusters"), • Kristallographische Scherstrukturen • Teilchengrenzen, Struktur und Energie Diffusion • "Self-diffusion" und "tracer diffusion" • Diffusion in ionischen Kristallen - atomare Theorie der Diffusion Kinetik im Festkörper • Grundlegende Konzepte der Festkörperkinetik • Heterogene Festkörperreaktionen • Gas-Festkörper-Reaktionen , Phasenumwandlungen • Kinetik fern vom chemischen Gleichgewicht - Oszillationen
2
Kinetics of Gas Solid Reactions
0.5
1.0 0
1
Extent of reaction, α
0.0 2
Time / t1/2
Massentransport
0.5
0.0 0
1
2
Time / t1/2
MoO3
Grenzflächen
Keimwachstum
1.0
MoO2
Diffusion
Extent of reaction, α
Extent of reaction, α
1.0
0.5
0.0 0
1
2
Time / t1/2
3
3
4
Literature Defects J. Maier, Festkörper - Fehler und Funktion, Teubner (2000) C.N.R. Rao, J. Gopalakrishnan, New Directions in Solid State Chemistry, 2nd Ed., Cambridge Press (1997) R.J.D. Tilley, Principles and Applications of Chemical Defects, Stanley Thornes (1998)
Solid-state kinetics C.H. Bamford, Ed., Comprehensive Chemical Kinetics, Vol. 2, Elsevier (1968). H. Schmalzried, Chemical Kinetics of Solids, VCH Weinheim (1995)
Solid-state chemistry and physics U. Müller, Strukturchemie, Teubner (1996) A.K. Cheetham, P. Day, Solid State Chemistry, Oxford Science (1987) A.R. West, Festkörperchemie, VCH Weinheim (1992) K. Kopitzki, Einführung in die Festkörperphysik, Teubner (1989) 4
~ 1900 - Festkörper reagieren überhaupt nicht. Widerspricht allen lange bekannten keramischen und metallurgischen Prozessen - aber im perfekten Kristall kann es keine Reaktionen geben.
Kochsalz-Struktur NaCl, (F m-3m)
Wie soll sich da etwas bewegen?
5
Defekte! (Idealstruktur - Realstruktur)
6
Punktdefekte in Verbindungen
Schottky-Defekte (Schottky und Wagner, 1930)
Einführung von Leerstellen unter Wahrung der Neutralität Æ Gleiche Anzahl von Fehlstellen im Anionen- und Kationengitter
(in NaCl doppelt soviele Leerstellen wie Schottky-Defekte, in ZrO2 …)
Frenkel-Defekte besteht aus einer Leerstelle und einem Atom auf einem Zwischengitterplatz
(Frenkel: Kation als Zwischengitteratom) (anti-Frenkel: Anion als Zwischengitteratom) 7
Thermodynamik von Punktdefekten (Gleichgewichtskonzentration von Punktdefekten)
Freie Energie (∆G) ändert sich beim Einbringen von Defekten
∆G = ∆H - T∆ ∆S ∆H Energie muß aufgebracht werden um einen Defekt zu erzeugen (kurze Reichweite, Bindungsenergie) Æ Erhöhung von ∆G (1. Hauptsatz) ∆S Defekte erhöhen die Unordnung im Kristall und damit die Entropie (Schwingung der Atome, Anordnung der Defekte im Kristall (Konfigurationsentropie)) Æ Erniedrigung von ∆G (2. Hauptsatz) Freie Energie, G
"Idealstruktur" ∆G "Realstruktur" (T > 0 K) Anzahl an Defekten Minimum
8
Idealstruktur - Realstruktur
Bei T = 700 K in 24000 Atomen (100 Å AgBr) nur 2 Defekte!
9
Bedeutung der Realstruktur von Festkörpern Reaktionen von Festkörpern spielen eine wichtige Rolle z.B. bei • Korrosion (Verlust von x.0*109 € / a) • Katalyse (Gewinn von x.0*109 € / a)
Eigenschaften eines Festkörpers häufig nicht durch seine Idealstruktur bestimmt, sondern durch Defekte (Punktdefekte, Dotierungen, 2-, 3dimensionale Defekte) Æ "Realstruktur" • Halbleiter • Katalysatoren • Ionenleiter • Supraleiter • Farbige Materialien (F-Zentren, photochrome Gläser)
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Diffusion in Festkörpern
Geschwindigkeit der Volumendiffusion wird angegeben als Diffusionskoeffizient D mit den Einheiten m2 s-1.
D hängt von einer Reihe von Faktoren ab z.B. (i) Temperatur, (ii) Kristallstruktur, durch die sich das Atom bewegen muß, (iii) die Anzahl von Defekten im Kristall, (iv) ob eine chemische Reaktion stattfindet, als Ergebnis der Diffusion.
Daher gibt es nicht den Diffusionskoeffizienten, sondern 1) Selbst-Diffusionskoeffizient D: zufälliger Diffusionprozess ohne Konzentrationsgradienten. 2) Isotopen-Diffusionskoeffizient D*: Diffusion im sehr kleinen Diffusionsgradienten. 3) Chemischer Diffusionskoeffizient DAB: Diffusion im Gradienten für die Reaktion zwischen A und B
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Temperaturabhängigkeit von Diffusionskoeffizienten Läßt sich häufig durch eine Arrhenius-Gleichung beschreiben
ª E º D = D0 exp «− ¬ RT »¼ D0 ist der pre-exponentielle Faktor, E ist die Aktivierungsenergie für die Diffusion
Wird graphisch bestimmt durch Auftragen von ln(D) gegen 1/T
E ln D = ln D0 − RT
12
Vergleich Festkörperreaktionen - Flüssigkeiten Festkörperreaktionen zeichnen sich durch die vollständige Vernichtung der festen Phase (der Produkte) aus! • Im Gegensatz dazu bleibt bei Reaktionen in Lösungen die flüssige Phase erhalten, es ändern sich lediglich die Aktivitäten der Reaktanten. • Die "Ordnung einer Reaktion" ist definiert über die Konzentration von Edukten und Produkten. Dies erfordert, daß Konzentrationen über die Probe konstant sind (Änderungen mit Zeit aber nicht Ort). • Zeitgesetze mit c(A)n ergeben sich i.d.R. nur, wenn die Konzentration eines Zwischenproduktes direkt mit der eines Eduktes verknüpft ist (kein unabhängiges Zeitgesetz). • Jede Reaktionszone hat eine definierte Ausdehnung während der Reaktion.
Eine oder mehrere dieser Regeln sind bei den meisten Festkörperreaktionen verletzt! 13
Keimbildung und -wachstum bei Festkörperreaktionen t
V (t ) = ³ K g km (t − y ) m (dN / dt )t = y dy 0
α = V (t ) / V0
α = 1− e α = Cα t n mit n = m + β
− kt β +3
ln[α /(1 − α )] = k 2t + c Zusammenwachsen von Keimen
Keimwachstum
Keimbildung
Pre-Keimbildung
V = K g km (t − y ) m
R n = ρ n*υ i , s = A ⋅ e 14
∆g i* +ε D − kT
Vereinfachtes Modell für die Zersetzung von Festkörpern
A(s) Æ B(s) + C(g) In defektreichen Regionen im Kristall (z.B. Versetzungen) wird die Reaktivität etwas größer sein als im Volumen.
Bei ausreichend hohen Temperaturen wird das Brechen von Bindungen und deren Neuverteilung in diesen Regionen starten.
Die ursprünglich gebildeten "Produktaggregate" in der Eduktmatrix sind hinreichend mobil und werden sich zu "Keimen" zusammenlagern
Charakteristisch für die gebildeten Keime ist die Grenzfläche zum Edukt, die eine erhöhte Reaktivität aufweist (Verspannung am Interface, Autokatalyse).
Die Zersetzung schreitet durch weitere Keimbildung und, wichtiger, durch Keimwachstum voran.
Das Keimwachstum kommt zum Stillstand, wenn die Keime aufeinandertreffen, oder wenn der Kontakt zwischen Produkt und Edukt fehlt.
Keimbildung wird i.d.R. an der Oberfläche stattfinden, was zu einer Bedeckung der Oberfläche mit einer Produktschicht führt. 15
Investigations of solid-state reactions
Konventionell wird der Verlauf einer Zersetzung (bzw. das Ausmaß in dem die Zersetzung fortgeschritten ist) durch die dimensionslose Verlaufszahl α beschrieben. Unter der Annahme, dass sich die Zusammensetzung der festen und gasförmigen Produkte nicht mehr ändert, gilt (i) Aus dem Massenverlust bei der Zersetzung, α = (m0 - mt)/(m0 - mf) (ii) Aus dem Gasdruck des Produktes α = (pt - p0)/(pf - p0) α läßt sich auch aus anderen Messgrößen bestimmen (XRD, DSC, etc.) Für mehrstufige Zersetzungen sind separierte α(t,T) Kurven anzugeben α kann bestimmt werden als α(t) in isothermen Experimenten, als α(T) bei Experimenten mit konstanter Heizrate, oder als dα/dt=const. in "constant rate thermogravimetry"
16
Investigations of solid-state reactions – step by step
Untersuchungen zur Zersetzung von Festkörpern bestehen i.d.R. aus den folgenden Schritten (hierbei können einzelne Schritte fehlen, was sich meist negativ auf die Zuverlässigkeit der getroffenen Schlußfolgerungen auswirkt). • Präparation des Ausgangsmaterials • Charakterisierung des Ausgangsmaterials • Bestimmung der Stöchiometrie der Zersetzungsreaktion (einschließlich Phasenbestimmung, Strukturen, topotaktische Beziehungen und Texturen der festen Produkte (Primärprodukt und Folgeprodukte)) • Bestimmung der "Thermochemie" der Zersetzungsreaktion • Kinetische Messungen (isotherm oder TP) • Bestimmung von Zwischenprodukten, deren Konzentrationsverlauf mit der Zeit und deren Eigenschaften als mögliche Reaktanten bei der Zersetzung • Komplementäre Untersuchungen, z.B. Mikroskopie, etc. • Variation der Zersetzungsbedingungen und der Vorbehandlung (Mahlen, Altern, Bestrahlung, etc.) und der Einfluß auf die Produkte.
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Strukturelle Änderungen der Probe, die einer Zersetzung vorausgehen oder sie begleiten können
Auch ohne "Zersetzung" führt Temperaturerhöhung zu einer Zunahme der Amplitude der Gitterschwingungen (Phononen) und letztendlich zum Schmelzen Æ Verlust der langreichweitigen Ordnung (oftmals Erhalt von beträchtlicher kurzreichweitigen Ordnung). Folgenden Prozesse können dem Schmelzen vorangehen: • Phasenübergänge • Ausheilen von Defekten (annealing) • Sintern • Sublimation • (Oberflächen-)Schmelzen Phasenübergänge, Sintern, Rekristallisation, etc. erhöhen die Komplexität des Zersetzungsmechanismus. Außerdem können sie die Defektstruktur des Ausgangsmaterials entscheiden verändern, so daß die Eigenschaften des Materials bei der Zersetzungstemperatur deutlich verschieden sein können von denen des Ausgangsmaterials.
Der Einfluß der strukturellen Änderungen, die der eigentlichen Zersetzung vorausgehen oder sie begleiten, ist oft unzureichend diskutiert.
18
Kinetische Modelle für Festkörperreaktionen Die folgenden Faktoren beeinflussen die Geschwindigkeit von Festkörperreaktionen (i) Chemische Reaktionen Ausbilden von neuen chemische Bindungen, die letztendlich die Umwandlung vom Edukt in das Produkt bewirken. Oft handelt es sich um aktivierte Prozesse an der Grenzfläche zwischen Edukt und Produkt. (ii) Geometrische Faktoren Die chemischen Reaktionen an der Grenzfläche zwischen Edukt und Produkt führen dazu, daß sich die Grenzfläche weiter in das Edukt hinein verschiebt. Oft wird die Reaktionsgeschwindigkeit als proportional zur Gesamtgrenzfläche angesehen. Dann ändert sich die Geschwindigkeit in dem Maße, wie sich die Geometrie der Grenzfläche ändert. (iii) Diffusion Reaktionsgeschwindigkeiten können durch den Transport von Edukt oder Produkt zur Grenzfläche oder von ihr weg bestimmt sein. Die "geometrischen Modelle" für Festkörperreaktionen basieren auf Keimbildung gefolgt von Keimwachstum durch eine voranschreitende Grenzfläche zwischen Edukt und Produkt.
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Keimbildung und Keimwachstum
Keimbildung kann definiert werden als Ausbildung eines neuen, diskreten Produktteilchens innerhalb der festen Edukt-Matrix. Der Produktkeim wird anfänglich in Gitterpositionen lokalisiert sein, die denen im Edukt ähnlich sind. Mit fortschreitender Reaktion wird dann die Struktur in die eigentliche Produktstruktur transformiert. Keimbildung wird an Stellen erhöhter lokaler Aktivität im Edukt beginnen, z.B. allg. Defekte oder Verunreinigungen (empirisch aus der Tatsache, daß Reaktionen häufig an einer limitierten Anzahl von Plätzen initiiert werden) (geringe Stabilität von Keimen bedingt durch Oberflächenenthalpie oder reversible Reaktion). Eine experimentelle Bestimmung der chemischen Vorgänge, die zur Keimbildung führen, ist außerordentlich schwierig, bedingt durch die "Zerstörung" der Keimbildungsplätze in der Eduktstruktur. "Keime"und damit die "Keimbildungskinetik" können z.B. mit dem Mikroskop beobachtet werden Die Leichtigkeit, mit der sich ein Produktkeim in der Eduktmatrix bildet hat einen profunde Einfluß auf die Gesamtkinetik. Wenn die Keimbildung eher selten geschieht (z.B. bedingt durch ein großes EA) ergibt sich eine "sigmoidale" Reaktionskurve. Wenn die Keimbildung sehr schnell ist und die Oberfläche schnell zum Produkt reagiert, ergeben sich "parabolische" Reaktionskurven. 20
Reaktionen von Gasen mit Festkörpern "Nukleation - Growth" R(T,C,t) = r(T,C)⋅S(t), Reaktions-Interface S(t) wächst bis die Mehrzahl der Keime überlappen und geht dann wieder zurück Æ sigmoidaler Zusammenhang von α und t.
α = 1 − exp(kt m )
α = kt n
21
Reaktionen von Gasen mit Festkörpern "shrinking core" R(T,C,t) = r(T,C)⋅S(t), Reaktions-Interface nimmt während der Reaktion kontinuierlich ab. Nach Kontakt mit den Reaktanten überziehen sich die Teilchen mit einer dünnen Produktschicht, die in das Innere weiterwächst (definiert Æ gut zu beschreiben Ingenieure ↑, Chemiker ↓).
22
Reaktionen von Gasen mit Festkörpern "shrinking core" i)
Massentransport durch die Gasphase
ii)
Diffusion durch die poröse reagierte Zone (bei Reduktion haben die Produkte i.d.R. ein kleineres Volumen als die Edukte)
iii)
Chemische Reaktion an der Grenzfläche
Annahmen im Rahmen des "shrinking core"-Models a)
Die Grenzfläche zwischen Produkt und Edukt ist scharf.
b)
Die unter i) - iii) genannten Punkte sind additiv (quasi steady state)
c)
Die chemische Reaktion ist erster Ordnung in Bezug auf die Reaktanten.
d)
Die Form der reagierenden Teilchen ändert sich nicht während der Reaktion.
e)
Die Reaktion verläuft isotherm.
Wenn einer der unter i) - iii) genannten Punkte die Reaktionsgeschwindigkeit dominiert, lassen sich für die Abhängigkeit von α von t bestimmte Zeitgesetze formulieren.
23
Reaktionen von Gasen mit Festkörpern "shrinking core"
i)
Gasphasentransport ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt
t = k1α ii)
Diffusion durch die Produktschicht ist geschwindigkeitsbestimmend.
t = k2 aα 2
Plättchen
t = k2b [α + (1 − α ) ln(1 − α )]
Zylinder
[
t = k2c 1 − 3(1 − α ) 2 / 3 + 2(1 − α )
[
]
Kugel (3)
t = k2c 1 − (1 − α ) 2 / 3 − 1 /( β − 1) ⋅ ((1 + ( β − 1)α ) 2 / 3 − 1)
]
(4)
Gl.(3) ist die Ginstling-Brounshtein-Gleichung Gl.(4) ist die Modifikation von Gl.(3) nach Carter, β ist das Volumenverhältnis von Produkt und Edukt. Gl.(4) muß benutzt werden, wenn β > 1. 24
Reaktionen von Gasen mit Festkörpern "shrinking core"
iii)
Die chemische Reaktion an der Grenzfläche ist geschwindigkeitsbestimmend.
[
t = k3 1 − (1 − α )1 / F
]
F ist ein Formfaktor und nimmt die Werte 1, 2 oder 3 an, für Plättchen, Zylinder oder Kugel
Beispiele sind Reduktion von Ni3S2 mit H2, oder Fe2O3 zu Fe3O4 mit CO/CO2. Es muß außerdem berücksichtigt werden, dass Diffusion (ii) und Reaktion (iii) durchaus ähnliche Beiträge zur Gesamtkinetik haben können.
Um den Einfluß des Gasphasentransports auszuschließen kann man überprüfen, daß die Gesamtreaktionsrate unabhängig von der Flussrate der Reaktanten ist (in der Praxis nicht unumstritten).
25
Reaktionen von Gasen mit Pellets Bei Pellets können die genannten α(t)-Gesetze strenggenommen nicht mehr verwendet werden. Faktoren wie Teilchengrößenverteilung, Porengröße und -form, etc. müssen berücksichtigt werden Æ sehr viel komplexere formelle Kinetik
σ=
FpV p Ap
n −1 Ag (1 − ε )kC Ao ⋅ ⋅ De Vg
F ist Formfaktor (1, 2, 3), V ist Volumen, A ist externe Oberfläche, ε ist Porosität, k ist Geschwindkeitskonstante, n ist die Ordnung der Reaktion mit Bezug auf die gasförmigen Reaktanten, CAo ist die Konzentration von gasförmigen Reaktanten im Volumen, De ist der effektive Diffusionskoeffizient im porösen Pellet. 26
Keimbildung und -wachstum bei Festkörperreaktionen t
V (t ) = ³ K g km (t − y ) m (dN / dt )t = y dy 0
α = V (t ) / V0 α = 1− e α = Cα t n mit n = m + β
− kt β +3
ln[α /(1 − α )] = k 2t + c Zusammenwachsen von Keimen
Keimwachstum
Keimbildung
Pre-Keimbildung
V = K g km (t − y ) m
R n = ρ n*υ i , s = A ⋅ e 27
∆g i* +ε D − kT
Modell-Verfeinerung v. modell-freie Analyse der Kinetik
Zwei Ziele stehen bei den meisten Untersuchungen zur Festkörperkinetik im Vordergrund 1) Parametrisieren von Reaktionsgeschwindigkeiten als Funktion von T, P und c. 2) Aussagen zum Reaktionsmechanismus (i.d.R. kann kein Mechanismus nur anhand von kinetischen Daten bewiesen werden). Methoden der Thermochemie (TG, TDA, DSC) sind Standard für Untersuchungen zur Festkörperkinetik. Da sie chemisch unspezifisch sind, sollten sie wo möglich ergänzt werden mit z.B. MS, FTIR, XRD, XAS, etc.
Kinetische Studien werden entweder unter isothermen oder nicht-isothermen (lineare Heizrate) Bedingungen durchgeführt. Isotherme Experimente leiden unter a) beim Aufheizen findet bereits eine Reaktion statt oder b) bei hohen T ist der Anfang der Reaktion sehr schnell und daher schwerer zugänglich. Nicht-isotherme Experimente erfordern einen erhöhten Aufwand zur Datenanalyse. 28
Modell-Verfeinerung v. modell-freie Analyse der Kinetik
Erste Studien zur Festkörperkinetik basierten auf isothermen Experimenten. α
dα −1 = k (T ) f (α ) g (α ) ≡ ³ [ f (α )] dα = k (T )t dt 0 f(α) ist das Reaktionsmodell, dass die Abhängigkeit der Reaktionsrate von α beschreibt (in Lösung f(α) eine Funktion der Konzentration der Edukte und Produkte - nicht sinnvoll für FK).
29
Modellfreie Analyse der Kinetik von Festkörperreaktionen "Isoconversional" kinetische Analyse von isothermen Experimenten
Eα § d [ln(dα / dt )] · § d (ln k ) · § d ( f (α )) · ≡ + = − ¨ ¸ ¨ ¨ ¸ −1 −1 ¸ −1 dT R © ¹α © dT ¹α © dT ¹α (dα/dt)698K, α=0.75
1.0
Extent of reaction, α
(dα/dt)673K, α=0.75 α = 0.75
0.5 698 K
673 K
α = 0.25
0.0
723 K
(dα/dt)698K, α=0.25
798 K 0
5
10
15
20
25
30
Time, (min)
"Isoconversional" kinetische Analyse von nicht-isothermen Experimenten (Friedmann, Ozawa) (i.d.R. 3-5 Experimente bei unterschiedlichen Heizraten, alternativ "Temperatursprungmethode").
ln[β i ⋅ (dα / dT )α ,i ] = ln[ A ⋅ f (α )] − 30
Eα RTα ,i
Modellfreie Analyse - Reaktionsmechanismus
Zersetzung von CaC2O4*H2O zeigt Charakteristika einer mehrstufigen Zersetzungsreaktion (wird allerdings auch als Referenzreaktion für einstufige Prozesse benutzt!).
Reaktionsmechanismen lassen sich aus Eα(α) Kurven nicht direkt erhalten. Aus dem Vergleich mit simulierten Daten Æ Typische Eα(α) Kurven für mehrstufige Reaktionen, z.B. 1) konkurrierend 2) reversible 3) Diffusionskontrolle
31
Experimentelle Methoden in der Festkörperkinetik
Standardmethoden der Festkörperkinetik
• Thermo-Analytik (TG, TDA, DSC) • Temperaturprogrammierte Reaktionsführung (TPR, TPO) Vorteil:
genaue Messungen von α(t) oder α(T) Kurven
Nachteil:
Chemisch (strukturell) unspezifisch
Chemisch-spezifische Methoden (in situ)
• HT-Röntgendiffraktometrie (XRD) • Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) • Schwingungsspektroskopie (IR, Raman) • Mößbauer, ESR, UV/Vis, (NMR) Vorteil:
Phasen- und Strukturinformationen zusätzlich zur Festkörperkinetik (α(t) oder α(T))
Nachteil:
i.d.R. weniger genaue Messungen von α(t) Methoden-spezifische „Blindheit“ (?)
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Kinetics of Gas Solid Reactions
0.5
1.0 0
1
Extent of reaction, α
0.0 2
Time / t1/2
Massentransport
0.5
0.0 0
1
2
Time / t1/2
MoO3
Grenzflächen
Keimwachstum
1.0
MoO2
Diffusion
Extent of reaction, α
Extent of reaction, α
1.0
0.5
0.0 0
1
2
Time / t1/2
33
3
4
Reduction of MoO3 with Propene - XRD 4 C3H6 + 22 MoO3 Æ 2 C3H4O + 6 CO2 + 8 H2O + 22 MoO2
MoO2
713 693
Intensity
653 633
1000
613 500 0
593 22
24
26
28
Diffraction angle 2θ, (°)
34
30
MoO3
Temperature, (K)
673
Temperature-programmed reduction of MoO3 with propene - XAS
1.0 MoO3 773 673 573
10 vol-% propene
473 373 20
20.1
20.2
Photon energy, (keV)
3.0
Normalized signal
st
1 deriv. Mo K edge shift
2.0 Acrolein (m/e = 56), 10 vol-% propene
1.0
CO2 (m/e = 44), 10 vol-% propene H2O (m/e = 18), 10 vol-% propene
0.0
H2O (m/e = 18), 50 vol-% H2
373
473
573 Temperature, (K)
35
673
773
Temperature, (K)
Absorption
MoO2
Temperature-programmed reduction of MoO3 with propene - XAS
1.0
MoO2
Phase composition
MoO3 0.8 10 vol-% propene
0.6 0.4
“Mo18O52” 0.2 0.0 373
473
573
673
773
Temperature, (K)
a b
c
Mo+5.78 O-2
36
Isothermal Reduction of MoO3 with propene - XAS 4 C3H6 + 22 MoO3 Æ 2 C3H4O + 6 CO2 + 8 H2O + 22 MoO2
H2O (m/e = 18) Normalized signal
1.5 CO2 (m/e = 44)
1.0
0.5 Acrolein (m/e = 56) 0.0
1.0
Phase composition
MoO3 0.8
MoO2 T = 698 K
0.6
5 vol-% propene
0.4 0.2 “Mo18O52” 0.0 0
20
40 Time, (min)
37
60
80
Isothermal Reduction of MoO3 with propene - Kinetics
Extent of reduction, α
1.0 0.8 723 K, 5 % 0.6
698 K, 10 % 673 K, 10 %
0.4
α ~ 1-(1-t )
1/2 3
0.2 α~t
0.0 0
20
40
2
60
80
100
Time, (min)
„Überlapp“ MoO2 Keimwachstum MoO3 Diffusion
38
Isothermal Reduction of MoO3 with propene - Kinetics
1.0
g(α) = kt
D1
D2 0.5 D3
0.0 0
20
40
60
80
Time t
1.0
Pn
g(α) = kt
α(t), 698 K
0.5 D3 0.0 0
20
40 Time t 39
60
80
Isothermal Reduction of MoO3 with propene – Activation energy
1.0
798 K
773 K
Extent of reduction, α
723 K 698 K 673 K
0.5
Model
648 K 0.0 0
5
10
15
20
25
30
Time, (min)
773
T, (K) 723
673
-4.0 -1
ln (kMoO3, (s ))
40 vol-% propene
-6.0 Model -8.0
EA = 100 kJ/mol
1.2
1.3
1.4 -1
1.5 3
1/T, (K * 10 )
40
1.6
Isothermal Reduction of MoO3 with propene – Activation energy
673 K
648 K
0.8 0.6 0
0.4
0.5
Time / t1/2 1 1.5
2
Extent of reaction, α
1.0
0.2 0.0
0.5
0.0
0
500
1000
1500
2000
2500
Time, (s)
180 App. activation energy Eα, (kJ/mol)
Extent of reduction, α
1.0
623 K
160
140
5 vol-% propene
120
100
α~t
α ~ 1-(1-t )
2
0
0.2
1/2 3
0.4
0.6
0.8
Extent of reduction, α
41
1
Reduction of MoO3 with propene - Mechanism (010)
A
C
MoO3
H2O C3H4O CO2
(100)
B
> 700 K
42
“Mo18O52”
Oxidation
Reduction
O2
< 700 K
D
MoO2
O2
Oxidation of MoO2 with oxygen 1.0 MoO2 Phase composition
MoO3 Phase composition
0.04
0.5
0.03
0.02 “Mo18O52”
0.01
0.0 373
473
573
673
773
Temperature, (K)
“Mo18O52” 0.0 373
473
573
673
773
Temperature, (K) 1.0 Extent of oxidation
1000 750 500
0.5
0.0
XRD
0
1
250
2 t / t1/2
3
4
XAS 0 600
625
650 675
700 725 750
775
Temperature, (K)
App. activation energy Eα, (kJ/mol)
Half-life t1/2(MoO3), (min)
1250
180 160 140 120
1 vol-% oxygen
100
0
0.2
0.4
0.6
Extent of oxidation, α
43
0.8
1
Oxidation of MoO2 with oxygen
1.0 Extent of oxidation α
Nuclei growth
798 K
773 K 723 K 673 K
0.5
Diffusion
648 K 623 K C
Extent of oxidation α
1.0
0.0
MS
1.0 O2
798 K 773 K 723 K
0.5
648 K
673 K
D 623 K
0.0
0.0
0
1
2
3
Time / t1/2
0
20
40
60
80
100
T/K 723
673
Time / s Mass Transport
773 0.0
(C) EA = 145 kJ/mol
-2.0
-1
ln (kMoO3 / s )
MoO3
Nuclei Growth
Boundary
623
EA = 88 kJ/mol
(A) -4.0
(B)
-6.0
(D)
-8.0
EA = 115 kJ/mol
MoO2
1.3
Diffusion
44
1.4
1.5 -1
3
1/T / K * 10
1.6