soli aktuell Es geht um die Zukunft in der Ausbildung:

soli aktuell Infomagazin der DGB-Jugend Ausgabe November 2015 g n u d l i ! Ausb n e h c a m r e s bes n zur sitio o P n e zieh e rung b e r i i l ...
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soli aktuell Infomagazin der DGB-Jugend

Ausgabe November 2015

g n u d l i ! Ausb n e h c a m r e s bes n zur

sitio o P n e zieh e rung b e r i i l l W e v o BBiG-N

inhalt 3 thema Die 17. Shell-Jugendstudie 4 schule, ausbildung, studium + beruf TTIP – Wie es weiter geht Rückgang der Ausbildung: Das BIBBQualifizierungspanel 5 jav-ratgeber So geht Gesamtjugendvertretung 6 projekte Die DGB-Jugend beim DBJR Die Jugend auf den Kongressen von ver.di und IG Metall

Für gute Ausbildung

7 bezirke + gewerkschaften Das will die IG BCE-Jugend

BBIG-Kampagne: Die DGB-Jugend konfrontiert die Politik beim Parlamentarischen Abend in Berlin mit ihren Forderungen nach mehr Ausbildungsqualität.

Der Mindestlohn und du

E

s geht um die Zukunft in der Ausbildung: In den kommenden Monaten steht eine Überarbeitung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) an. Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde zwar eine Stärkung der Ausbildungsqualität festgeschrieben, die größten Herausforderungen blieben aber bisher auf der Strecke. »Die Ausbildung muss endlich besser werden, wir brauchen mehr Qualität«, sagt DGB-Jugend-Referent André Schönewolf. Denn »Gute Ausbildung für alle« ist derzeit nur ein frommer Wunsch: Finanzierungsfragen sind ungeklärt, die Weiterbildung ein weißer Fleck des Rechtssystems. Weder wurde die Zusammenarbeit von Berufsschule und Ausbildungsbetrieb – die Lernortkooperation – verbessert, noch wurden die Mitbestimmungsstrukturen fortentwickelt. Einen ganz wichtigen Punkt markiert der Slogan »Praxis gut anleiten!« aus der BBiG-Kampagne der DGB-Jugend. Er bedeutet: Die Sicherung der Ausbildungsqualität muss eine zentrale Rolle einnehmen. Es braucht klare Vorgaben zur Verbesserung der Arbeit der Berufsbildungsausschüsse in Sachen Qualitätssicherung und verbindliche Strukturen wie etwa ein Anhörungsrecht des Berufsbildungsausschusses, modernisierte Standards zur Ausbildereignung

und die feste Verankerung eines Unterausschusses zur Ausbildungsqualität. Auch die Ausbildungsberater_innen in den Kammern müssen berücksichtigt werden: Ihre Aufgaben und ihre Rolle müssen im BBiG konkretisiert und gestärkt werden. Gerade hier liegen die tieferliegenden Schwierigkeiten der bisherigen Regelung: Die zuständigen Stellen für die Berufsausbildung, die Kammern, sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Wollten sie Qualitätsansprüche durchsetzen, müssten sie sich im Konfliktfall gegen die eigenen Mitglieder stellen. Dies kann nur funktionieren, wenn im Bereich der Überwachung der Berufsbildung unmissverständliche und definierte Standards und Kriterien bestehen, die im Zweifel durch Klagemöglichkeiten aller Bänke in Berufsbildungsausschüssen kontrolliert werden können. Die Gewerkschaftsjugend will die Politiker_innen an dieser Stelle zum Handeln bewegen. Deshalb wird am 24. November 2015 in Berlin ein Parlamentarischer Abend stattfinden, bei dem Jugendliche die Verantwortlichen zur Rede stellen können. Mit innovativen Methoden: Die Teilnehmer_innen können nach dem SpeedDating-Prinzip Vertreter_innen der wechselnden Bundestagsfraktionen mit den Forderungen konfrontieren – Tempo und Dynamik haben noch nie geschadet! d

Die Gewerkschaften haben für ihn gekämpft, nun muss der Mindestlohn auch überall ankommen. Damit stellt sich die Frage: Gilt er auch für mich – zum Beispiel wenn ich in eher asymmetrischen Beschäftigungsverhältnissen stecke? Antworten gibt die DGB-Jugend: Sie hat jetzt drei verschiedene MindestlohnFaltblätter für Praktikant_innen, Studierende und Auszubildende herausgebracht. Zu bestellen auf www.dgbbestellservice.de

Hintergrundwissen Er ist ein Kernstück der Gewerkschaftsarbeit: Seit 1. Januar 2015 gibt es endlich den gesetzlichen Mindestlohn. Nun ist die Evaluation der Regelung fällig: DGB-Expert_innen ziehen eine kritische Bilanz. Stefan Körzell, Claudia Falk (Hg.): Kommt der Mindestlohn überall an?

24. November 2015. »Ausbildung besser machen!« Work-

Eine Zwischenbilanz, VSA-Verlag,

shop und Parlamentarischer Abend, Hotel nhow, Stra-

Hamburg 2015, 96 S., 6 Euro

lauer Allee 3, 10245 Berlin. Infos: www.jugend.dgb.de

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kurz + bündig

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Jugendhilfeprofis fordern

Trefft richtige Entscheidungen

Guter Trend mit Minus

Jugendberufsagenturen d Jugendliche und junge Erwachsene brauchen ganzheitliche Förderung und Unterstützung auf dem Weg in den Beruf, meint die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ). Mit ihrem neuen Positionspapier formuliert sie Anforderungen an wirksame und nachhaltige Jugendberufsagenturen. Dazu gehören die bundesweite Stärkung der strukturierten Zusammenarbeit der Rechtskreise mit festen Anlaufstellen für junge Menschen sowie ein ganzheitlicher Ansatz bei der Ausgestaltung der Agenturen. Soli aktuell findet: Das ist auch unsere Position.

Für VW beten d Angesichts des Abgas-Skandals bei VW hat eine christliche Mitarbeiterinitiative zu täglichen Gebeten für die rund 600.000 Beschäftigten des Konzerns aufgerufen. Für die Andacht habe ein Mitglied der Initiative »Christen bei Volkswagen« beispielhafte Anliegen formuliert, sagte Industriepfarrer Peer-detlev Schladebusch. So solle auch der Verantwortlichen gedacht werden, damit sie die richtigen Entscheidungen treffen. Soli aktuell meint: Die Autoindustrie braucht einen Weckruf!

www.agj.de

url.com/VW-Erklaerung

Europas Jugend

Jasmin gewinnt

Neue Studie d Die Bertelsmann-Stiftung untersucht jährlich die Entwicklung der Teilhabechancen in allen 28 EU-Mitgliedstaaten. Trotz wirtschaftlicher Erholung: Die Kluft zwischen Jung und Alt nimmt zu, die soziale Spaltung zwischen Nord- und Südeuropa bleibt immens.

Friedensnobelpreis für tunesische Gewerkschafter_innen d Maßgeblich für den raschen Erfolg der »Jasmin-Revolution« in Tunesien war das Engagement der in der Union Générale des Travailleurs Tunisiens (UGTT) zusammengeschlossenen Gewerkschaftsbewegung. Am Tag des Sturzes des Regimes von ben Ali beteiligte sich die UGTT an einem zweistündigen Generalstreik, um gegen das gewaltsame Vorgehen der Regierung gegen den Volksaufstand zu protestieren. Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an das tunesische Quartett für den nationalen Dialog und damit auch an die UGTT-Gewerkschafter_innen. Der DGB unterstützt die UGTT seit vielen Jahrzehnten. Soli aktuell sagt: Schön, dass der Friedensnobelpreis an friedliche Menschen geht.

Jugendarbeitslosigkeit weltweit d Im weltweiten Durchschnitt hat sich die Arbeitslosenrate unter den 15- bis 24-Jährigen zwischen 2012 und 2014 bei 13 Prozent eingepegelt, teilt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit. Für 2015 wird mit einem nur leichten Anstieg auf 13,1 Prozent gerechnet. Die absolute Zahl der arbeitslosen Jugendlichen ging – gemessen am Krisenhöchststand 2009 – bis 2014 um 3,3 Millionen auf 73,3 Millionen zurück. Viele planen, in reichere Länder auswandern. Die Arbeitsmarktlage in vielen Ländern ist sehr instabil. Beispiele in Europa: 53,2 Prozent in Spanien, 52,4 Prozent in Griechenland, gefolgt von Kroatien (45,5), Italien (42,7) und Portugal (34,8). In zwei Drittel aller Staaten Europas sind mehr als 20 Prozent der Jugendlichen arbeitslos.

www.bertelsmann-stiftung.de//de/publikationen/publikation/did/4528/

Keine gute Bilanz Ausbildungsjahr 2015 d In diesem Jahr haben 549.098 junge Menschen die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz eingeschaltet. Den Bewerber_innen standen bundesweit 520.010 Ausbildungsplätze gegenüber (davon 488.416 betrieblich). In der Allianz für Aus- und Weiterbildung war vereinbart worden, 20.000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen und diese bei der BA zu melden. Demzufolge hätten in diesem Jahr 501.146 betriebliche Ausbildungsplätze bei der BA zur Verfügung stehen müssen. Da es jedoch nur 488.416 waren, wurde das Ziel um 12.730 Stellen deutlich verfehlt. DGB-Jugend-Ausbildungsexperte André Schönewolf: »So geht’s nicht weiter. Junge Menschen brauchen einen garantierten Anspruch auf einen Ausbildungsplatz.« http://jugend.dgb.de/ausbildung

Erziehung nach Auschwitz Pädagogik d In einem öffentlichen Appell betonen die Erziehungswissenschaftler Micha brumlik und benjamin Ortmeyer die Bedeutung der »Erziehung nach Auschwitz« und fordern hierfür einen »festen Platz im Studium der Erziehungswissenschaften«. Der freie zusammenschluss der studentInnenschaften hat sich dem Aufruf angeschlossen. »Die Forderung, dass Auschwitz nicht M. Dücker noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung«, sagt fzs-Vorständin Marie dücker. Der Appell ist online: https://allererste.wordpress.com/

Hier gibt es eine gemeinsame Erklärung von IG Metall und VW-Konzernbetriebsrat zum Thema Abgase: http://tiny-

Immer noch keine Bildung DGB fordert Reformen d Die DGB-Vorsitzende Elke Hannack fordert mehr Anstrengungen bei der Bildung: Bis 2015 wird Deutschland Bildungsrepublik – dieses Ziel hatten Bund und Länder vor sieben Jahren ausgegeben. Die Bilanz fällt eher gemischt aus. Hannack: »Gemessen an den Versprechen von damals werden Jahr für Jahr 23,5 Milliarden Euro zu wenig ausgegeben.« Bund und Länder müssen schnellstens eine Reformkommission einrichten und eine Bildungsstrategie ausarbeiten. Denn die Aufgaben türmen sich: Mehr als sieben Millionen Menschen können nicht richtig lesen und schreiben. Rund 14 Prozent der Jugendlichen haben keine abgeschlossene Ausbildung, mehr als 45.000 verlassen in jedem Jahr die Schule ohne Abschluss. www.dgb.de/-/Od7

Die Uni wird voller Studierende Geflüchtete d Etwa fünf Prozent der im Jahr 2015 erwarteten Geflüchteten werden wohl studieren, das erwartet die SPDnahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Geflüchteten steht der Zugang zu Hochschulen in Deutschland grundsätzlich offen. Bei der Aufnahme eines Studiums werden sie behandelt wie andere ausländische Studierende auch. www.fes.de

www.ilo.org/berlin/

Überstunden statt Party AOK-Azubi-Report d Die Krankenkasse AOK hat erstmals eine Befragung zur Gesundheit von Auszubildenden vorgelegt. Dabei ist der Krankenstand bei den Azubis in Berlin mit 6,3 Prozent fast doppelt so hoch ist wie der in Bayern mit 3,4 Prozent. Das lege den Verdacht nahe, dass in der Partystadt Berlin auch die Azubis mehr feiern, mutmaßen die AOK-FeierBiester_innen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: In Berlin gibt es viel Gastronomie, und in dieser Branche sind die Belastungen für die Beschäftigten besonders hoch. Der DGB sieht die Ergebnisse kritisch: Fast 40 Prozent aller Azubis müssten Überstunden leisten. Mehr als 25 Prozent hätten regelmäßig Schwierigkeiten, sich von der Ausbildung zu erholen. www.aok-bv.de

Gute Noten belohnen Meister-BAföG d Angehende Meister_innen sollen mehr staatliche Fortbildungsförderung bekommen können. Partielle Verbesserungen sind sowohl bei Zuschüssen als auch beim Darlehensanteil der Förderung vorgesehen. Wer die Abschlussprüfung eines Meisterkurses besteht, soll künftig 30 Prozent seines Darlehens als Erfolgsbonus erlassen bekommen. Bisher sind es 25 Prozent.

Personalabteilung Als Beruf gibt Jörg Hofmann »Gewerkschafter« an. Stimmt auch: Fast sein ganzes Berufsleben lang hat der 59 Jahre alte Diplom-Ökonom bei der IG Metall verbracht. J. Hofmann Jetzt wird er ihr Vorsitzender. Zweite Vorsitzende wird Christiane benner, die sich bisher auch um den Jugendbereich kümmerte. GlückC. Benner wunsch, Jörg und Christiane!

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tHEMA

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Pragmatisch mit Unbehagen Positiv in die Zukunft »Die junge Generation befindet sich im Aufbruch. Sie ist anspruchsvoll, will mitgestalten und neue Horizonte erschließen«, sagt Mathias Albert. Wie schon im Jahr 2010 hat der Forscher aus Bielefeld die repräsentative Shell-Studie mit Tausenden von 12- bis 25-Jährigen durchgeführt. Seit 1953 stellt die Studie im Mehrjahresrhythmus fest, wie die Jugend tickt. Im Oktober kam nun die diesjährige Fassung raus. Aufbruch klingt schön. Die Frage ist: Wohin? Denn insgesamt schauen junge Menschen zwar eher positiv in die Zukunft. Aber längst nicht alle, zum Beispiel die aus eher sozial schwachen Schichten, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen mussten. Sie haben deutlich schlechtere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden und danach eine geregelte Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Aber auch in der ach so zuversichtlichen Upper Class, die viel Wert auf gute Noten legt, schlägt sich das Unbehagen nieder, wenn auch indirekt: Insgesamt wünschen sich dort derzeit nur noch 64 Prozent der Jugendlichen Kinder. 2010 waren es noch 69 Prozent. Institutionen beliebt Minus beim Kinderwunsch, aber Plus beim politischen Engagement: 41 Prozent der Jugendlichen bezeichnen sich heute als politisch interessiert (2002: 30 Prozent). Häufige Aktivitäten sind der Boykott von Waren aus politischen Gründen und das Unterzeichnen von Petitionen. Jeder Vierte hat bereits an einer Demonstration teilgenommen, und zehn Prozent sind in einer Bürgerinitiative aktiv. Ansonsten geht der Trend ziemlich modern zum One-Click-Engagement: Online-Petitionen sind beliebter als Unterschriftenlisten. Die Parteien sollten sich darüber aber nicht zu früh freuen: Jugendliche bringen ihnen wenig Vertrauen entgegen. Wem dann? Menschenrechts- und Umweltschutzgruppen haben einen Schlag bei der Jugend. Und wie sieht es mit uns aus? Die Gewerkschaften rangieren in der oberen Mitte: Man schätzt ihre parteiunabhängige Kompetenz, was den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt betrifft. Ganz oben stehen dann aber: Polizei und Gerichte. Arbeit: Entspanntes Verhältnis zu Überstunden Beim Thema Arbeit stellen Albert und Co. fest: Auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit müs-

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Politik wird wichtiger: Die Ergebnisse der 17. Shell-Jugendstudie

sen Jugendliche aus den östlichen Bundesländern häufiger erkennen, dass ihnen für ihren Wunschberuf der Schulabschluss fehlt (27 Prozent, im Vergleich zu 21 Prozent im Westen). Zugleich sind sie auch seltener sicher, dass sie ihre eigenen beruflichen Wünsche verwirklichen werden (65 Prozent, im Vergleich zu 75 Prozent im Westen). Von einer Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West wollen die Shell-Forscher folglich nicht reden. Bei den Erwartungen an die Berufstätigkeit dominiert das Bedürfnis nach Sicherheit: Einen sicheren Arbeitsplatz halten 95 Prozent der Jugendlichen für sehr wichtig. Darüber hinaus lassen sich die Erwartungen der Jugendlichen in zwei Felder zusammenfassen: Nutzen und Erfüllung. Bei der Nutzenorientierung stehen ein hohes Einkommen und gute Aufstiegsmöglichkeiten im Vordergrund. Aber auch genügend Raum für Freizeit neben der Berufstätigkeit spielt hier eine Rolle – vor allem Jugendliche aus den östlichen Bundesländern betonen diesen Aspekt. Beim Thema »Erfüllung« steht die Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns im Erwerbsleben im Fokus. Zentrale Aspekte sind hier das Gefühl, etwas zu leisten, die Möglichkeit, sich um andere zu kümmern bzw. etwas zu tun, was man für sinnvoll hält. Eine Berufstätigkeit soll möglichst die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben gewährleisten, die Planbarkeit der Berufstätigkeit und die Karriereorientierung. Schön formuliert: »Weniger als die Hälfte der Jugendlichen (47 Prozent) erachtet Überstunden als etwas, das dazugehört, wenn man etwas werden will.« Work-Life-Balance erwünscht Das Gegenteil ist gefragt: Die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben umfasst die Möglichkeit einer kurzfristigen Anpassung der Arbeitszeit an die eigenen Bedürfnisse sowie den Wechsel auf Teilzeit, sobald Kinder da sind. Die Planbarkeit

der Berufstätigkeit bezieht sich auf die alltägliche Dimension des Erwerbslebens – genauer: eine geregelte Arbeitszeit mit klar festgelegtem Beginn und Ende. Die Arbeitgeber müssten ihre Anstrengungen um Jugendliche deutlich intensivieren, sagte Jugendstudien-Co-Autor Klaus Hurrelmann auf Nachfrage von DGB-Bundesjugendsekretär Florian Haggenmiller anlässlich der Vorstellung der Studie in Berlin. Denn diese Generation wisse sehr genau, was sie wolle. Weil sie sehr gut qualifiziert sei – mit Ausnahme derer, die wie erwähnt von vornherein keine Chance auf gute Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen hätten. Thema Migration Zum Top-Thema der Zeit – Migration – gibt’s auch Zahlen: Die Zuwanderung beschäftigt junge Menschen in Deutschland sehr. 48 Prozent der Jugendlichen haben Angst vor Ausländerfeindlichkeit (2010: 40 Prozent). 29 Prozent der Jugendlichen fürchten sich vor der Zuwanderung selbst – mit starkem Ost-West-Gefälle: Während nur 35 Prozent der Jugendlichen aus den westlichen Ländern eine Verringerung der Zuwanderung nach Deutschland wünschen, sind es in den östlichen Ländern mit Berlin immerhin schon 49 Prozent. d Mathias Albert, Klaus Hurrelmann u.a.: 17. Shell-Jugendstudie 2015, Fischer, Frankfurt/M. 2015, 447 S., 20 Euro

Aufstieg? Ja. überstunden: Sind nicht so wichtig…

Quelle: Shell-Studie 2015

Die Jugend wünscht sich ein hohes Einkommen und gute Aufstiegsmöglichkeiten. Politisches Engagement beweist sie am liebsten bei Online-Petitionen. Ergebnisse der 17. Shell-Jugendstudie.

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SCHulE, AuSbildung, StudiuM + bEruF

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Für die faire Zukunft In ihrer Kritik an internationalen Freihandelsabkommen ist die Gewerkschaftsbewegung sehr präsent. Wie es mit dem Engagement weitergeht, erläutert DGB-Bundesjugendsekretär Florian Haggenmiller. die Anti-ttiP-demo am 10. Oktober mit beteiligung der gewerkschaften war ein großer Erfolg. dennoch hat man den Eindruck, dass sich die Politik nicht darum schert. Wird einfach so weitergemacht oder hat die Anwesenheit von 260.000 Menschen im regierungsviertel Folgen? Ich glaube, es ist klar geworden, dass vor allem auch junge Menschen Transparenz in den transatlantischen Verhandlungen zwischen Europa und den USA fordern. Die Dinge, die uns wichtig sind – etwa die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards und die Beibehaltung demokratischer Klagemöglichkeiten –, müssen in die

Verhandlungen einfließen. Vor allem sollten die Dokumente und Verhandlungsergebnisse, um die es geht, auch öffentlich gemacht werden, damit wir sie mit unseren politischen Vertretern, die wir gewählt haben, diskutieren können. Sind die Abkommen nicht eigentlich per se ein Problem? Wir sprechen uns für den Freihandel aus, wenn er faire Strukturen hat. Handel generell ist uns wichtig, gerade für die jungen Arbeitnehmer. Aber er muss so gestaltet werden, dass er die Menschen nicht unter Druck setzt und gegeneinander ausspielt. Für uns steht im Mittelpunkt: Wir kämpfen für die Chancen von jungen Menschen, für gute und sichere Arbeitsplätze auch in der Zukunft. die Anforderungen an die Arbeitnehmerorganisationen sind bei diesem thema enorm. Muss die gewerkschaftsjugend ihre globalen Strukturen stärken? Die Gewerkschaften müssen sich zwingend

stärker international vernetzen! Politik und Wirtschaft tun das auch. Deshalb haben wir das Thema Freihandel auf den EGB-Kongress gebracht und mit den Delegierten diskutiert. Was ist in den nächsten Monaten geplant? Wir werden uns genau anschauen, was und wie verhandelt wird, wir werden die Debatte in die Betriebe tragen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass es keinen Lohndumpingwettbewerb auf Kosten der jungen Generation geben wird. Handelt es sich nicht um eine irre komplizierte Materie? Die TTIP-Demo hat deutlich gezeigt: Selbst mit diesem komplexen Thema schafft man es, viele Menschen auf die Straße zu bekommen. Der Freihandel lässt sich recht einfach auseinandernehmen. d Mehr Infos zum Freihandel: http://jugend.dgb.de/-/pqR

Dual in die Krise Das BBIB-Qualifizierungspanel zeigt eine verhängnisvolle Dynamik auf dem Ausbildungsstellenmarkt.

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Foto: DBJR

ie Zahl der ausbildenden Betriebe ist im Zeitraum von 2007 bis 2013 um 52.000 gesunken. Das bedeutet, dass sich rund jeder zehnte Ausbildungsbetrieb seitdem aus der Ausbildung zurückgezogen hat. Die Ausbildungsbetriebsquote sank im gleichen Zeitraum von mehr als 24 Prozent auf unter 21 Prozent. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist der deutliche Anstieg unbesetzter Ausbildungsstellen. Ergebnisse einer Sonderauswertung des Qualifizierungspanels des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigen, dass ihr Anteil von 19,6 Prozent im Jahr 2012 auf 27,2 Prozent im Jahr 2014 zugenommen hat. Damit blieb im Ausbildungsjahr 2013/2014 gut jede vierte angebotene Ausbildungsstelle vakant. Unbesetzte Ausbildungsplätze melden vor allem Betriebe aus den Branchen Landwirtschaft, Bergbau, Hotellerie und Gastronomie,

aber auch aus der Bauwirtschaft und dem Einzelhandel - in der Hauptsache die Branchen, die auch im DGB-Ausbildungsreport wenig Zuspruch von Azubis bekommen. Hier liegen die Anteile unbesetzter Ausbildungsstellen mittlerweile schon bei bis zu 47 Prozent. Als Gründe genannt werden eine »rückläufige Zahl an Bewerbungen« oder »die Bewerbung ungeeigneter Schulabsolventen«. Man gibt aber auch zu, dass es den angebotenen Ausbildungsberufen durchaus an »Attraktivität« mangelt. Auch Ausbildungskosten und die Erfahrung, Ausbildungsstellen nicht besetzen zu können, lassen Betriebe zurückhaltender agieren – eine verhängnisvolle Dynamik: Weil sich weniger Jugendliche bewerben, streicht man Ausbildungsstellen. Weil Ausbildungsstellen fehlen, bewerben sich weniger Jugendliche. Das BIBB betont aber: Für jede angebotene Stelle gibt es nach wie vor eine hinreichende Anzahl von Bewerbungen: im Durchschnitt sieben. Und selbst bei Betrieben, die einen hohen Anteil an unbesetzten Stellen aufweisen, liegt die Zahl der Bewerbungen pro Ausbildungsplatz im Durchschnitt immerhin noch bei drei. Dass die Ausbildungsplätze dennoch vakant bleiben, hat andere Gründe: Die schulische Vorbildung reicht den Betriebsverantwortlichen nicht. »Wünschenswert wäre eine größere Bereitschaft der Betriebe, auch diesen Bewerberinnen und Bewerbern eine Chance zu geben«, heißt es beim BIBB. d

Junge Zahlen: TTIP, CETA & Co. Zurzeit gehen die zum Teil geheimen Verhandlungen um die Handels- und Investitionsabkommen TTIP und CETA in die heiße Phase. Die DGB-Jugend hat gefragt: Was haltet ihr davon?

43 Prozent sagen: Ich lehne TTIP, CETA & Co. von vornherein ab.

30 Prozent finden: Die Verhandlungen sind nicht nur schlecht. Entscheidend ist, dass Arbeitnehmerrechte gewahrt werden. Wichtig ist eine gemeinsame Handels- und Investitionspolitik, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert.

26 Prozent meinen: Es wird sein wie immer. Vor allem junge Menschen werden zukünftig von den Auswirkungen dieser Abkommen betroffen sein - Löhne runter, Arbeitslosigkeit rauf. Nein, die Verhandlungen bringen nichts.

1 Prozent glaubt: Handelsabkommen verbessern die Lage der Arbeitnehmer_innen. d Quelle: http://jugend.dgb.de

Hat’s schwer: die duale Ausbildung

Infos: www.bibb.de/de/35374.php

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JAV-rAtgEbEr

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Mitbestimmung im Großformat Die JAV vertritt die Interessen der jungen Arbeitnehmer_innen und der Auszubildenden im Betrieb – auch auf Unternehmensebene. Über den Betrieb hinaus Mitbestimmung ist super – aber sie stößt zuweilen auch auf Hindernisse. Gehört ein Betrieb einem Unternehmen oder gar einem Konzern an, sind die Einflussmöglichkeiten von Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) häufig begrenzt. Deshalb hat der Gesetzgeber auch hier eine Interessenvertretung vorgesehen. Im Unternehmen ist das der Gesamtbetriebsrat (GBR), im Konzern der Konzernbetriebsrat (KBR). Für Jugendliche bzw. Azubis gibt es folglich die Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) bzw. die Konzern-, Jugend- und Auszubildendenvertretung (KJAV). Die GJAV Die GJAV ist wie der GBR eine Pflichtveranstaltung. Sie muss gebildet werden, wenn ein Unternehmen mit GBR besteht und mindestens zwei örtliche JAVen bestehen (§ 72 Betriebsverfassungsgesetz, BetrVG). Zwar enthält das BetrVG keinen Hinweis auf den GBR. Trotzdem ist er zwingend notwendig, da die GJAV lediglich ein Hilfsorgan des GBR ist. Wie in der örtlichen JAV kann sie ihre Interessen nicht direkt gegenüber der Unternehmensleitung durchsetzen. Sie ist auf die Hilfe des GBR angewiesen. Mitglieder der GJAV werden nicht direkt gewählt, sondern – Prinzip des Rätesystems – jede örtliche JAV schickt eines ihrer Mitglieder in die GJAV. Wen die JAV in die GJAV entsendet, entscheidet das Gremium per Mehrheitsbeschluss. nicht vergessen: Die JAV sollte mindestens ein Ersatzmitglied bestellen bzw. bei mehreren Reserveleuten die Reihenfolge der Nachrücker festlegen. Ersatzmitglieder der örtlichen JAV dürfen nicht in die GJAV delegiert werden. Merke: Die Größe der GJAV richtet sich nach der Anzahl der örtlichen JAVen: Existieren im Unternehmen nur zwei von ihnen, besteht die GJAV aus zwei Personen. Per Tarifvertrag oder Be-

nicht vergessen: ihr müsst zu Hause bericht erstatten!

triebsvereinbarung kann die Mitgliederzahl der GJAV abweichend geregelt werden. Besteht die GJAV aus mehr als 20 Mitgliedern und fehlen tarifliche Vereinbarungen, müssen GBR und Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über die Mitgliederzahl abschließen. Hier wird vorgegeben, dass JAVen mehrerer Betriebe, die regional oder durch gleichartige Interessen miteinander verbunden sind, gemeinsam ein GJAV-Mitglied entsenden müssen. Hinweis: Delegierte JAV-Mitglieder können von ihrer JAV per Mehrheitsbeschluss abberufen werden. Vorsicht: Die Beschlussfassung läuft anders als bei der örtlichen JAV, wo das Prinzip »Ein Kopf – eine Stimme« gilt. Jedes Mitglied der GJAV hat so viele Stimmen, wie es im Herkunftsbetrieb Einträge in der JAV-Wählerliste gab (§ 73 BetrVG) – man vertritt ja die jeweilige betriebliche Basis auf Unternehmensebene. die gJAV ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der GJAV-Mitglieder anwesend ist und diese die Hälfte des Stimmengewichts aller GJAV-Mitglieder vertritt. Ansonsten gelten für die gesamte Geschäftsführung dieselben Grundsätze wie für die JAV:  Nicht nur der GBR-Vorsitzende bzw. ein beauftragtes GBR-Mitglied kann an den GJAVSitzungen teilnehmen, der GJAV steht auch ein allgemeines Teilnahmerecht an den GBR-Sitzungen zu.  Sind von Entscheidungen des GBR »besonders« die von der GJAV vertretenen Arbeitnehmer_innen getroffen, besteht ein Teilnahmerecht für die komplette GJAV.  Im Fall, dass junge Leute bzw. Azubis »überwiegend« betroffen sind, steht der GJAV ein Stimmrecht zu. Angenommen, es wird über die unternehmenseinheitliche Regelung der Übernahme von Azubis entschieden: Dann zählen die Stimmen der GJAV-Mitglieder genauso wie die der GBRMitglieder. Politisch gesehen sollte die GJAV natürlich im Block abstimmen, sie kann durchaus das Zünglein an der Waage bilden. Pflicht ist das jedoch nicht. nicht vergessen: Der GJAV steht natürlich auch ein Teilnahme bzw. Stimmrecht an den Sitzungen der GBR-Ausschüsse und an der Betriebsräteversammlung zu (§ 53 BetrVG), die einmal in Jahr stattfindet. interessant: Für die für das Ehrenamt aufgewendete Zeit und die entstehenden Kosten hat die Arbeitgeberseite aufzukommen. Anders als normale JAV-Mitglieder haben Mitglieder der GJAV auch Anspruch auf Spezialschulungen.

Der JAV-Ratgeber. Mit Rechtsanwalt Wolf-Dieter Rudolph, Berlin

Über die Teilnahme entscheidet der örtliche Betriebsrat. nicht vergessen: In den örtlichen JAV-Sitzungen wird darüber berichtet, welche Entscheidungen GBR bzw. GJAV getroffen haben. Die KJAV Anders als die GJAV ist die KJAV kein Muss. Ratsam ist ihre Einrichtung dennoch – auch sie dient natürlich den Interessen der jungen Arbeitnehmer_innen. Die KJAV setzt die Existenz eines Konzerns sowie das Vorhandensein mehrerer GJAVen im Konzern voraus (§ 73a BetrVG). Wichtig: Für die wirksame KJAV-Errichtung ist zwingend die Zustimmung der GJAVen aus jenen Betrieben erforderlich, in denen insgesamt 75 Prozent der von den JAV vertretenen und wahlberechtigten Beschäftigten tätig sind (§ 73a BetrVG). Bei der Ermittlung dieser Quote ist immer auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung der jeweiligen GJAV abzustellen. tipp: Bereitet die konstituierende Sitzung in Zusammenarbeit mit dem KBR und der zuständigen Gewerkschaft vor! Ansonsten gelten für die Arbeit der KJAV die Grundsätze der GJAV: Jede GJAV entsendet einen Vertreter in die KJAV. Auch hier kann es abweichende Regelungen durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung geben. Die Grundsätze über das Zusammenwirken von KJAV und KBR entsprechen denen der Zusammenarbeit zwischen GJAV und GBR. Das gilt auch für die Ausübung des Stimmrechts und die Stimmengewichtung. Jedes KJAV-Mitglied hat so viele Stimmen, wie die Mitglieder der entsendenden GJAV insgesamt Stimmen haben (§ 73a BetrVG). Die KJAV-Mitgliedschaft setzt immer die Mitgliedschaft in der GJAV und einer örtlichen JAV voraus. Wer aus welchen Gründen auch immer dort ausscheidet, verliert automatisch sein GJAV-/KJAV-Amt. Hinweis: Beide Gremien sind der örtlichen JAV nicht übergeordnet. Sie bestimmen nicht, was vor Ort entschieden wird. Denn es geht immer um die Interessenvertretung gegenüber der Unternehmensleitung bzw. Konzernleitung von unten nach oben. d

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PrOJEktE

soli aktuell | 11/2015

Zivilgesellschaftliche Player Auf der DBJR-Vollversammlung am 30. und 31. Oktober 2015 in Heidelberg trafen sich über 150 Delegierte von mehr als 40 Jugendverbänden. Soli aktuell sprach mit der DGBJugend-Referentin und wiedergewählten stellvertretenden Vorsitzenden Julia Böhnke. Herzlichen glückwunsch zur Wiederwahl! Was hat dein bisheriges Engagement beim deutschen bundesjugendring (dbJr) geprägt, was möchtest du jetzt dort durchsetzen? Der DGB ist ein Dachverband, wir haben Erfahrung damit, verschiedene Organisationen zu »klammern«. Beim DBJR kommt uns das zugute, er ist eine Dachorganisation mit sehr verschiedenen Jugendverbänden: kulturelle, religiöse, ökologische… Fürs ehrenamtliche Engagement brauchen wir alle gute politische Rahmenbedingungen. Sie zu verbessern, war mein Schwerpunkt, und das wird er auch wieder sein. Wurde hart um Positionen gekämpft? Ja! Bei uns ist Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik das Kerngeschäft. Andere Verbände haben einen ganz anderen Zugang zu Jugendlichen: nicht per Selbstorganisation am Arbeitsort, sondern geradezu das Gegenteil - die organisieren sich in der Freizeit. Dennoch sind Themen wie Ausbildungsqualität und -garantie Dinge, die alle angehen. Wir haben deswegen einen Antrag mit dem Thema Verbesserung der Ausbildung eingebracht. Es ging um die Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), die aktuelle

Situation auf dem Ausbildungsmarkt, die Umlagefinanzierung und eine Ausweitung des Geltungsbereichs des BBiG für Praktikanten und dual Studierende. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten. Haben wir jetzt die bbig-reform im dbJr? Yep. Einstimmig beschlossen. Jugendverbände jeglicher Couleur bewegt derzeit das thema Migration und Flucht. Wir haben gemeinsam mit den Falken einen Antrag zu Bildungs- und Ausbildungschancen junger Flüchtlinge eingebracht. Er enthält Forderungen aus unserer Resolution »#Refugees Welcome«. Auch er ist angenommen worden, auch um ihn wurde kollegial gestritten – etwa, als es um ein unbefristetes Bleiberecht nach der erfolgreichen Ausbildung ging. Wie groß ist der Einfluss des dbJr? Groß in Bezug auf die Kinder- und Jugendpolitik, aber auch bei allem, was zivilgesellschaftlich läuft. Das ist die Stärke des DBJR: Er versammelt als Netzwerk die zivilgesellschaftlichen Player im Jugendbereich. Vor zwei Jahren hast du kritisiert, dass den jungen leuten keine zeit mehr fürs Ehrenamt bliebe. Wie sieht es damit heute aus? Die Herausforderungen sind immer noch ähnlich. Jugendliche haben keine Zeit fürs Engagement, sie sind eingespannt in Schule, Ausbildung und Studium. Wir wollen u.a., dass das ehrenamtliche Engagement als Weiterförderungsgrund beim BAföG angerechnet wird. In Bezug auf die Geflüchteten stellen sich viele junge Menschen besonders engagiert dieser

großen Herausforderung – beim Essen austeilen, bei Ämtergängen. Aber das zeigt nur umso deutlicher, dass die Zivilgesellschaft staatliches Versagen auffängt. Was brauchst du von der gewerkschaftsjugend für die nächste Amtsperiode? Die kann stark davon profitieren, ihre Rolle als zivilgesellschaftlicher Akteur wahrzunehmen. Klar, Tarifauseinandersetzungen sind unser Kerngeschäft. Aber in Anbetracht der aktuellen Herausforderungen wie Rassismus und Fremdenhass zeigt sich, dass wir eine gesellschaftspolitische Aufgabe wahrnehmen und integrierend wirken – kurz: den Laden zusammenhalten. d Auch die DBJR-Vorsitzenden Stephan Groschwitz und Lisi Maier wurden im Amt bestätigt. Infos: www.dbjr.de

Jugend-Ergebnisse bei den Gewerkschaftstagen Auf ihrem Gewerkschaftstag vom 18. bis 24.Oktober 2015 hat die ig Metall beschlossen, die Angebote für die junge Generation auszubauen. Das Thema Bildung wird weiter kampagnenförmig bearbeitet: Der Zugang zu Bildung sollte für jeden jederzeit offenstehen, unabhängig von Lebensphase und Portemonnaie. In dieselbe Kerbe schlägt die tarifvertragliche Regelung zur Bildungsteilzeit: Die Möglichkeiten, die sich aus dem Tarifvertrag für die berufliche Weiterentwicklung ergeben, sollen gemeinsam mit den Betriebsräten umgesetzt werden. Jugendliche brauchen eine qualitativ hochwertige Ausbildung, klare Strukturen und eine existenzsichernde Ausbildungsvergütung. Es gibt Reformbedarf beim Berufsbildungsgesetz: Angestrebt werden der Rechtsanspruch auf Ausbildung und tarifliche Vergütungen auch in schulischer und außerbetrieblicher Ausbildung. Tarifliche Regelungen für dual Studierende sind immer noch die Ausnahme – sie müssen flächendeckend durchgesetzt werden.

Beim Thema Arbeitszeit müssen Regelungen für junge Erwachsene in Sachen Work-Life-Balance gefunden werden. »Wir müssen die Mitgliedergewinnung und Beteiligung der jungen Generation zur Kernaufgabe der Organisation und zur Chefsache erklären«, sagt die Delegierte Cheyenne Todaro. Und diese junge Generation hört nicht an den Grenzen auf – mit einem Initiativantrag und einer Schilderaktion unterstrich die IG Metall-Jugend ihre Solidarität mit den Geflüchteten. d www.igmetall.de/jupo-index.htm

Beim ver.di-Kongress vom 20. bis 26. September 2015 waren der ver.di Jugend zwei Dinge wichtig: Zunächst einmal die Stärkung der Jugendarbeit innerhalb der Gewerkschaft. Denn die einzelnen Fachbereiche werden oft von »Erwachsenen«-Themen dominiert. »Das Durchschnittsalter bei ver.di ist 52 Jahre. Da fällt die junge Generation oft schon mal durch«, sagt ver.di-Bundesjugendsekretär Jan Duscheck.

Nun aber soll dies anders werden. Auf dem Kongress wurde beschlossen, dass Jugendthemen wie z.B. die Ansprache von Azubis bzw. junger Beschäftigter im Betrieb immer im Blick zu halten sind. Die Verantwortlichen in den ver.di-Fachbereichen haben sich verpflichtet, ihre Arbeit dahingehend zu überprüfen – quasi ein Jugendmainstreaming: Wo sind die Potenziale in Sachen junge Generation? Passend dazu startet gerade die Aktivierungskampagne »Besser unbequem«, die die verschiedenen Tarifrunden im kommenden Jahr begleiten soll. Der zweite wichtige Punkt waren die Geflüchteten, die nach Deutschland kommen. Die ver.di Jugend will offene Grenzen auch in Zukunft, sichere Fluchtwege und eine gute Integration. Und geht ganz praktisch voran. Duscheck: »Wir bieten nun die Möglichkeit, dass man auch ohne Aufenthaltsstatus Mitglied bei ver.di werden kann.« d www.besser-unbequem.de

soli aktuell | 11/2015

bEzirkE + gEWErkSCHAFtEn

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Wir machen einiges richtig Gewerkschaftsjugend: Aktuelle Politik und Diskussionen mit dem Arbeitgeber – IG BCE-Bundesjugendsekretär Michael Porschen erläutert die Jugendarbeit in seiner Branche. Michael, ihr habt euch auf twitter an der Aktion #mundaufmachen beteiligt… Was aktuell passiert, ist unerträglich! Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, unser Jugendforum mit dem Thema »Gedenken und Erinnern« in den aktuellen Kontext zu setzen. Unser Bundesjugendausschuss hat mehrere Aktionen zum Thema Flüchtlinge organisiert, eine davon war die Fotobeteiligung bei #mundaufmachen. Darum geht es uns auch: Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie hilfesuchende Menschen aus Krisenregionen bei uns auf Ablehnung und Ausgrenzung stoßen. Das Wichtigste ist, nicht einfach nur darüber zu reden, sondern den Menschen direkt zu helfen. Dafür braucht es Verbesserungen bei den politischen Rahmenbedingungen; aber viel wichtiger ist es, die Bevölkerung zu sensibilisieren und sie durch Aufklärung davor zu bewahren, rechten Parolen zu verfallen. Werden die Arbeitgeber das thema für eine neuerliche konkurrenz um Arbeit und Ausbildung nutzen? Bisher haben wir für unsere Bereiche noch keine Tendenzen, die darauf Rückschlüsse ziehen lassen würden. Wir versuchen, die Arbeitgeber unserer Bereiche davon zu überzeugen, mit uns gemeinsam Wege zu finden, um Flüchtlinge auch durch Ausbildung und Arbeit in unsere Gesellschaft zu integrieren. Eure branche gilt ja als recht wohlhabend. gibt es dort dennoch Probleme? Grundsätzlich brauchen die Betriebe Fachkräfte. Das führt in vielen Bereichen zum Umdenken,

sodass wir davon ausgehen, dass sich die Quote der unbefristeten Übernahmen weiter erhöht. Das werden wir im Dezember sehen, wenn der tariflich geregelte Runde Tisch mit den Arbeitgebern zusammenkommt, um die Ausbildungsund Übernahmezahlen abzugleichen. Andererseits gibt es in der chemischen Industrie den tarifvertraglichen Grundsatz: Ausbildung geht vor Übernahme. Solange die Unternehmen mehr Ausbildungsplätze anbieten als sie brauchen, werden auch nicht automatisch alle unbefristet übernommen. Wird die traditionelle Ausbildung durch das Studium verdrängt? Bis vor wenigen Jahren hätte ich das mit Ja beantwortet, weil der Anteil an angebotenen Plätzen für Dualstudierende stärker gestiegen ist als das Angebot insgesamt. Mittlerweile hat sich das aber relativiert: In vielen Unternehmen hat man festgestellt, dass der Hype um das duale Studium nicht immer der richtige ist. Viele Arbeitgeber haben keine Stellen für die gut ausgebildeten Fachkräfte in ihrem Betrieb geschaffen und wissen deshalb jetzt schlicht nicht, wie sie diese Fachkräfte nach dem Studium richtig einsetzen sollen. Wie viele Mitglieder seid ihr bei der ig bCEJugend? Seid ihr erfolgreich mit eurer Arbeit? Wir sind rund 70.000 Jugendliche unter 27 Jahren. Mit 69 Prozent Neuanfängerüberzeugung

»Wir dürfen nicht zusehen, wenn Menschen Hilfe suchen.«

Ist zufrieden mit seinem Job: Michael Porschen

haben wir im letzten Ausbildungsjahr einen Rekord verzeichnet. Wenn einem jedes Jahr mehr als zwei von drei Auszubildenden einen Auftrag erteilen, machen wir einiges richtig. Darüber hinaus schaffen wir es auch, diesen Rückhalt in Tarifrunden zu nutzen. Unsere jungen Kolleginnen und Kollegen gehen gestärkt in die Tarifrunden und kommen auch mit guten Ergebnissen wieder raus. Wir können zufrieden sein mit dem, was wir tun. Was willst du ganz persönlich mit deiner Arbeit erreichen? Ich will mit unserer IG BCE-Jugend Gestalter von Arbeits- und Lebensbedingungen von jungen Menschen sein. gibst du dem dgb-Vorsitzenden reiner Hoffmann manchmal tipps in Sachen Jugend – ihr seid ja in der gleichen gewerkschaft…!? Das brauche ich gar nicht, er hat die Jugendarbeit bei uns von der Pike auf gelernt. Und so, wie er sich über all die Jahre mit der Jugend beschäftigt hat, weiß er ganz genau, wie wir drauf sind und was wir brauchen. d

Die neuen Rechten DGB-Jugendsekretär Christian Begass hat ein Buch über Pegida und Co. geschrieben. Darum geht’s:

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as ist los auf den Straßen in Deutschland, und worin besteht die eigentliche Gefahr? Pegida ist ein Teil rechter Bewegungen (HoGeSa, AfD…), die wiederum Bestandteil eines Versuches sind, ein weiter nach rechts verschobenes und mithin wirtschaftsfreundliches Gesellschaftsprojekt zu etablieren. Das Schlüsselwort: der Begriff der »Ordnungsidee«. Er wurde auch in faschistischen Zusammenhängen als Terminus für eine Neuordnung verwendet.

Klar wird: Es handelt sich nicht lediglich um ein paar deutschnationale Dummköpfe. Die Absichten reichen weiter, als es die vordergründige Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie vermuten lassen: Es geht um die Herstellung einer Massenbasis, die dem fortgesetzten Abbau von sozialen und demokratischen Rechten auf breiter Linie zuträglich sein soll. Der Angriff richtet sich daher auch gegen einen politischen Gegner, der für eine grundsätzliche Demokratisierung der Gesellschaft eintritt. Über das Wir-Gefühl und die Dämonisierung des »Anderen« kann die neoliberale Unordnung wunderbar verschleiert und soziale und politische Rechte können angegriffen werden.

Entwicklungen wie diese sind in ganz Europa zu beobachten – wir haben sie in unserem Buch exemplarisch an England, Frankreich und Italien dargestellt. Dabei ist die Vernetzung innerhalb der rechten Bewegungen sowie über Ländergrenzen beachtlich. d Phillip Becher, Christian Begass, Josef Kraft: Der Aufstand des Abendlandes. AfD, Pegida & Co.: Vom Salon auf die Straße, Papyrossa, Köln 2015, 130 S., 11,90 Euro

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tiPPS + tErMinE

soli aktuell | 11/2015

Filmtipp des Monats Der Filmpreis des DGB Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt geht in diesem Jahr an die französische Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar für »Die Schüler der Madame Anne«. Das ist der Content: Eine Klasse mit Jugendlichen ganz unterschiedlicher Herkunft, deren Alltag aus viel Frustration, aus Perspektivlosigkeit und Rassismus besteht, startet im Projekt der neuen Lehrerin mit einer Gemeinschaftsarbeit zur Geschichte des Holocaust in Frankreich durch. DGB-Bezirksjugendsekretär Ruben Eick sagt: »Der Film leistet einen wichtigen und facettenreichen Beitrag, die schreckliche Einzigartigkeit des Holocaust nicht zu vergessen oder zu verdrängen.«

Gelbe Hand – Der Wettbewerb: Bereits zum zehnten Mal schreibt der Verein der Gewerkschaften »Mach meinen Kumpel nicht an!« seinen Wettbewerb aus. Er richtet sich an die Gewerkschaftsjugend und an Schüler_innen an Berufsschulen bzw. alle Jugendlichen, die sich derzeit in einer beruflichen Ausbildung befinden. Das Thema: So gehen wir gegen Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsextremismus vor.

»Die Schüler der Madame Anne«. F 2014. Regie: Marie-Castille Mention-Schaar, mit Ariane Ascaride, Ahmed Dramé und Noémie Merlaut. Jetzt im Kino

Einsendeschluss: 15. Januar 2016. Infos: www.gelbehand.de/setz-ein-zeichen/wettbewerb-aktuell/

Stoppt Werkverträge: Der DGB fordert mehr Mitbestimmungsrechte für die Betriebsräte der Einsatzbetriebe.

Gute Arbeit durchsetzen.

Gute Bildung: Der DGB formuliert seine Empfehlungen für sinnvolles Lernen in der Gesellschaft: Wir brauchen eine neue Bildungsstrategie, die Bund, Länder, Kommunen und Sozialpartner gemeinsam entwickeln.

Broschüre. Auf www.dgb-

Zu bestellen auf

bestellservice.de

www.dgb-bestellservice.de

DGB (Hg.): Werkverträge – Missbrauch stoppen,

Studierendenarbeit – Was ist das eigentlich? In diesem Seminar geht es um Grundlagen zum Thema »Was haben Gewerkschaften mit Studierenden zu tun?« Ihr bekommt einen Überblick über die Bandbreite der Aktivitäten und politischen Positionen der Gewerkschaftsjugend.

internationale gewerkschaftsarbeit: Während dieses Seminars erfährst du, was Europa mit dir und deinem Betrieb zu tun hat. Wir zeigen, wie andere sich im Betrieb für ihre europäischen Kolleg_innen stark machen und Netzwerke bilden, um sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen.

12. bis 14. Februar 2016. DGB-Jugendbildungszentrum

19. bis 21. Februar 2016. DGB-Jugendbildungszentrum Hattingen

Hattingen

Anmeldungen: www.dgb-jugendbildung.de

Seminare – Hattingen Mit Martin Ströhmeier, Leiter der DGB-Jugendbildung

Impressum Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verantwortlich für den inhalt: Florian Haggenmiller Herausgeber: DGB Bundesvorstand, Abteilung Jugend und Jugendpolitik, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Tel.: 030 / 240 60 - 172, Fax: – 226 redaktion: Jürgen Kiontke E-Mail: [email protected] internet: jugend.dgb.de druck: PrintNetwork pn / ASTOV Vertriebsgesellschaft mbH grafik: Heiko von Schrenk Aboverwaltung: Daniela Linke, E-Mail: [email protected] Gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (BMFSFJ) Alle Anbieter von Beiträgen, Fotos und Illustrationen stimmen der Nutzung im Internet zu.

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