So entsteht der Fahrplan. Von der Fahrplanstudie bis zum Tagesfahrplan. Mai 2015
Die Kunst, den Fahrplan zu erstellen – Grundlage für das dichteste Bahnnetz der Welt.
Die Schweizer sind Weltmeister im Bahnfahren. Täglich rollen auf dem gut 3175 Kilometer langen Bahnnetz rund 10 000 Züge durch die Schweiz und bringen dabei über eine Million Menschen sicher und pünktlich an ihr Ziel. Zusätzlich transportiert die SBB auf ihren Schienen rund 200 000 Tonnen Güter pro Tag. Dies sind Zahlen, die beeindrucken und weltweit unerreicht sind. Diese Spitzenwerte tagtäglich zu meistern, ist eine grosse Herausforderung. Sie ist mit hohen Anforderungen verbunden – nicht zuletzt für die Fahrplanplanerinnen und Fahrplanplaner der SBB. Der stetige Ausbau des Bahnangebots und die ständig wachsende Nachfrage nach Güterverkehrsleistungen haben zur Folge, dass die verfügbaren Fahrplantrassen immer knapper werden. Um dem steigenden Bedarf zu entsprechen, setzt SBB Infrastruktur auf ein ausgeklügeltes Fahrplansystem. Die Mitarbeitenden von Fahrplan und Angebot ermöglichen mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen das komplexe Zusammenspiel innerhalb des Planungszirkels. Was es braucht, damit ein stabiler und pünktlicher Fahrplan entsteht, möchten wir Ihnen hier aufzeigen. Auf der Rückseite finden Sie eine Übersicht über die Fahrplanerstellung bei SBB Infrastruktur. Weitere Informationen zum Thema entnehmen Sie den Innenseiten dieses Faltprospekts. Wir von SBB Infrastruktur stellen die Signale auf Grün: Wir planen, bauen, b etreiben und unterhalten unser Bahnnetz.
SBB – Wir bewegen die Schweiz. Gut aufgehoben. Gut ankommen.
Philippe Gauderon Leiter SBB Infrastruktur Mitglied der Konzernleitung
Begriffe und Werkzeuge in der Gestaltung des Fahrplans.
Was ist eine Trasse? Eine Trasse (ähnlich einem «Slot» in der Luftfahrt) ist die Berechtigung, eine bestimmte Strecke des Bahnnetzes zu fix definierten Zeiten mit einem spezifischen Zug (Länge, Gewicht, Profil, Geschwindigkeit) zu befahren. Symmetrischer Fahrplan. In der Schweiz liegt die Symmetriezeit auf der Minute 00. Die (Symmetrie-)Punkte der sich kreuzenden Züge liegen immer am gleichen Ort. Die Umsteigezeiten und die Anschlussbeziehungen sind immer in beiden Fahrtrichtungen gleich. Der Reisende kann sich die Abfahrtszeit seines Zuges für die Rückfahrt einfach errechnen. Ein gut integrierter Taktfahrplan ist möglich, wenn auf allen anschliessenden Linien – auch Bus, Schiff und Privatbahnen – die gleiche Symmetriezeit existiert. So entstehen Anschlussbeziehungen in verschiedene Richtungen.
Schweiz
Deutschland
SBB • Infrastruktur • Fahrplan & Angebot • 05.08.2014
Kunden. Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Auf dem SBB Netz verkehren über 40 EVU des Güter- Personen- und Charterverkehrs. Sie werden eng durch zehn Kundenbetreuer begleitet. Diese kümmern sich um die Anliegen der EVU und sind innerhalb SBB Infrastruktur die direkte Ansprechstelle. Bund und Kantone. Bund und Kantone sind die Besteller des Angebots für den Regionalverkehr und die S-Bahnen. In der langfristigen Fahrplanplanung arbeiten sie eng mit den Key Account Managern (KAM) zusammen. Fahrplankonstruktion und -werkzeuge. Die Planung des Jahresfahrplanes erfolgt nach regulatorischen Rahmenbedingungen, die das Bundesamt für Verkehr (BAV) vorgibt. So folgen die Fahrplanplanerinnen und Fahrplanplaner folgender Hierarchie: Als Erstes werden die Züge für den Fernverkehr und den Gütertransitverkehr geplant. Anschliessend wird das interregionale Angebot für den Personenverkehr und gleichzeitig auch das Zustellnetz für den Wagenladungs verkehr eingearbeitet. Schliesslich werden die regionalen Angebote, das heisst die S-Bahnen und der Nahgüterverkehr, integriert. Dabei werden verschiedene elektronische Planungswerkzeuge wie Streckengrafiken, Gleisbelegungspläne, Netzgrafiken und das Planungstool «NeTS» – Netzweites Trassen System – eingesetzt. Fahrplan-Analysetools. Ein Fahrplan wird vor der Inbetriebnahme gründlich auf Stabilitätsrisiken untersucht. Mit den beiden IT-Systemen «Open Track» für Simulationen und «OnTime» für statistische Berechnungen können Schwachstellen im Voraus identifiziert und behandelt werden. Nach dem Fahrplanwechsel wird die Fahrplanstabilität durch die Planer mit «Open Timetable» laufend analysiert. Nur so sind Erweiterungen und Verbesserungen im dichten Fahrplan möglich. Trassenbestellprozess. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen wollen gleichberechtigt das Schweizer Schienennetz nutzen. Trasse Schweiz AG sorgt dabei für die unparteiische Planung, Zuteilung und Optimierung von Nutzungsrechten (Trassen) auf dem Schienennetz.
Kursbuch, Online-Fahrplan und App. Der fertige Jahresfahrplan liefert die Daten für rund 60 verschiedene Produkte oder Systeme. Das gute alte Kursbuch ist eines davon, aber auch die neuen elektronischen Medien wie der Online-Fahrplan oder die mobile Fahrplanapplikation (App) auf dem Smartphone. Im SBB-internen Gebrauch speisen die Daten zahlreiche Produktions systeme. Extrazüge. Im laufenden Fahrplan werden pro Tag rund 500 Extrazüge für Grossanlässe wie das Eidgenössische Schwingfest, den Fussball-Cupfinal, den Zirkus Knie oder auch für Zuckerrübentransporte oder interne Bauzüge geplant.
Der Fahrplan. Nachstehend einige Zahlen und Fakten zum Fahrplan. Die Macher. Rund 120 Fahrplanplanerinnen und Fahrplanplaner an den Standorten Lausanne, Bern, Olten und Zürich erstellen den Fahrplan über verschiedene Planungshorizonte. Ihre Herausforderung ist die tägliche Gratwanderung zwischen der Kapazität und der Stabilität. Der meistbefahrene Abschnitt, mit täglich 550 Zügen, liegt zwischen Rupperswil und Lenzburg. Die Planung umfasst. • 3175 Kilometer Streckennetz SBB/Sensetalbahn/Thurbo/ZB • 449 Kilometer Streckennetz BLS Netz AG • 123 Kilometer Streckennetz SOB Infrastruktur • 2383 Betriebspunkte • Über 40 Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bestellen Trassen • 583 Triebfahrzeuge • 15 000 Trassenbestellungen • 170 Millionen verkaufte Trassenkilometer • 8153 Reise- und 1854 Güterzüge täglich • 11 000 geplante Gleissperrungen und 1300 Langsamfahrstellen pro Jahr, um das SBB Netz zu unterhalten
SBB AG Kommunikation Infrastruktur Hilfikerstrasse 3 3000 Bern 65 www.sbb.ch
So entsteht Ihr Fahrplan.
IR Luzern–Zofingen .00
«Bahnhof Bern: zu jeder Stunde treffen ab der Minute 47 die Züge des Fernverkehrs in Bern ein und verlassen sie nach der Minute 00 wieder»
.00 IR Zofingen–Luzern .02 IC Zürich–Romanshorn
IC Romanshorn–Zürich .58
.04 IC/ICE Olten–Basel (-DB) .04 IR Genève –Aéroport .04 IC Interlaken
IC/ICE (DB-) Basel –Olten .56 IR Genève–Aéroport .56 IC Brig .54
.07 IC Brig .07 IR Olten
IR Olten .53 IC/ICE Interlaken Ost .52
Fahrplanplanung in fünf Dimensionen
.09 RE Bulle
RE Bulle .51
Die Nachfrageprognose bestimmt das Angebot. Das Angebot und der Fahrplan bestimmen die funktionalen Anforderungen an die Infrastruktur und ans Rollmaterial. Finanzmittel werden gesucht, da die Verfügbarkeit der Gelder letztlich den Realisierungszeitpunkt bestimmt. .13 RE Biel/Bienne
RE Biel/Bienne .47
Angebot
.00 S3 Biel Infrastruktur
Rollmaterial
.17 RE Biel/Bienne
RE Biel/Bienne .43
Fahrplan
Finanzierung IR Burgdorf – Zürich .39
.21 IR Zürich –Burgdorf
Grafischer Fahrplan
Das Knotenkonzept
Der Ausschnitt aus dem grafischen Fahrplan der Strecke Basel SBB–Olten zeigt, wie dicht das SBB Netz befahren wird. Auf dem «Zeit-Weg-Liniendiagramm» steht jede Linie für einen Zug. BS BSNO 16:00
MU PRW PR MUOS PRUW
9942
0L 17
17256 17
4010
1 25 9* 17 S52070 4151 5 S521 83 15 17* 169 S52122
1778 17
16:10
8784
4 16 9*
870
17
1981 17*
16:20
3 17
8784
6 17
17161 17
1078 17
43670 259*
OLTU
1081 17
17158
17
OLN
578 17
1783 17*
17359 17*
2181 17
Die Fahrzeiten zwischen den sogenannten Knoten liegen unter einer Stunde. Züge aus allen Richtungen treffen vor der Stunde im Bahnknoten ein und verlassen ihn kurz nach der Stunde wieder. Damit entstehen schlanke Anschlusszeiten und gute Verbindungen für die Reisenden.
OL O L
133
17357
S51033
17356 17*
52’ Fahrzeit in Minuten
17
17*
17
Sta
979 17
43617 759*
n
0 d2
12
.25 IR Zürich –Brugg –Olten
Stand 2012
17358 17
5 17*
S51276
17
1978 17
Biel/Bienne
2473 17
2085 17 S521
33 17
87
S522
35 71 8*
1780 17
5 15
S51176
8784
8 16 9*
502
759*
1985 17*
15 403 621 2974269 *
7 17
17:30
17167 17
8785 0 17 5338 159*
17
S52024
17*
S51085
0U
5744
15
87’
1080 17 75 17 2474 17
15
17364 17
50274 15
2087 17
36771L
9* 9 16
2182 17
2475 17
272 159*
17 9271 7927 17
Luzern
74’
Chur 125’
Lausanne
33’
982 17
134’
57’
1787
4362
1 14 9*
S51037
Visp
43662 259*
15*
40221
259* 339* 46676 36 570L 23*
45’
66’
S51178 17*
17367 17*
Genève
8784
17066 15 17269 17
St. Gallen
17
1980 17 17 277
65’
Zürich HB
Bern
58’
17*
981 17
574 174 17 S5241L 15
S52072
S51 185 17*
1785 17
S51187 17 17164
1 26 9*
349
580 17*
687 17
17365 17*
17075
17069 15
59 17
66825F
17
2080 17
8784
4371
17361 17*
17
S51028
159*
5343
17360 17*
43680 259*
33 66432 15 28572 17* S52022 S52 033 169 * 279 S52124
60’
581 17
17265 17
1706
17
55’
48641 339*
Winterthur
53’
56’
780 17
2472 17
169* 845
70’
670 17
25
19’
39’
Olten
64’
36769L 135
269*
60260
Schaffhausen
Basel SBB
101 17 S5123
41083
17260
18:00
HBTS
9226 759*
17*
7L 15 259*
376 17
17:50
HBTN
3676
17
207
17:40
TK
GKD
S51
S51026
159*
16:40
17:20
SIS
IT
0 15
5336
17:10
LSN
.23 EC Interlaken/Milano –Brig
17*
49156
17061 15 8784
17:00
LSTN LST
FRE S51174
5757
16:30
16:50
2078 17
159*
5341
349* 48600
Bahnhöfe Immobilien
17
65237
15*
17
17* 37 15* S51 652178
1782 17 17* 2 259* 436630 S510
S51030
17366 17*
17* 17366
17*
17367 17*
585 17 9215 17
41665 269*
9230 17
9230 17
S51187269* 41665 17
Bellinzona
92’
Fahrplanerstellung bei SBB Infrastruktur
1. Fahrplanstudie verfassen Die Nachfrage an Mobilität steigt, deshalb muss die Bahninfrastruktur weiterentwickelt werden. SBB Infrastruktur wird von Bund und Kanton beauftragt, eine Fahrplanstudie zu erstellen und eine Kosten-Nutzen-Prognose abzugeben. Dafür entwickelt der Fahrplanplaner eine Fahrplanstudie mit verschiedenen Planungshorizonten. Mit Fahrplan- und Betriebssimulationen werden massgeschneiderte Infrastrukturausbauten definiert.
Planungsgenauigkeit
Horizont 20 Jahre vor Ausführung
Phase
2. Zukünftiges Bahnangebot entwickeln In mehreren engen Absprachen zwischen dem Bundesamt für Verkehr, den Kantonen, den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und SBB Infrastruktur werden der gewünschte Fahrplan, die notwendigen Infrastrukturausbauten, das zukünftige Rollmaterial und die nötigen Finanzierungsquellen festgelegt. Als oberstes Ziel wird immer nach der Lösung mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis gesucht. Dem Eidg. Parlament wird eine Botschaft mit den nötigen Finanzierungskonzepten unterbreitet. Diese Iterationsrunde zeigt auf, wie der zukünftige Fahrplan aussieht und wie das dazu notwendige Bahnnetz finanziert wird.
3. Mittelfristigen Fahrplan erstellen
4. Angebotsiterationen durchführen
5. Jahresfahrplan vorbereiten
6. Kundenwerkstatt durchführen
7. Bestellprozess startet
Ist die Finanzierung geklärt und sind die Ausbauten in Arbeit, wird am Computer bereits der mittelfristige Fahrplan inkl. der zukünftigen Anlagen geplant und simuliert. Zeitfenster für nötige Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten werden in den Fahrplan eingearbeitet. Die Fahrplanstudien werden weiter konkretisiert und in Detailkonzepten verfeinert.
Die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) des Personen- und Güterverkehrs, SBB Infrastruktur und das BAV treffen sich zur Absprache. Es wird konkret: Der Rollmaterialeinsatz wird bestimmt, die Inbetriebnahmen von neuen Anlagen werden terminiert, Baustellen für Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten abgestimmt und der Fahrplan fixiert.
Zwei Jahre vor der Ausführung beginnen die Fahrplanplaner, den Jahresfahrplan exakt und über 24 Stunden zu planen. Die fixierten Angebotskonzepte werden in den Jahresfahrplan übernommen. Für den Güterverkehr wird ein Trassenkatalog erstellt. Die eigentliche Trassenbestellung der EVU kann beginnen.
Die Kunden – EVU des Personen- und Güterverkehrs – SBB Infrastruktur treffen sich in der Fahrplanwerkstatt. Die Angebotskonzepte werden abgestimmt und konkretisiert. Hier können auch kurzfristige Änderungswünsche auf ihre Machbarkeit hin geprüft und in die laufende Fahrplanplanung integriert werden.
Um allen EVU einen diskriminierungsfreien Zugang zum Bahnnetz zu gewähren, reichen diese ihre Trassenanträge bei der unabhängigen Vergabestelle «Trasse Schweiz AG» ein. Die Trassen werden, sofern machbar, provisorisch zugeteilt. Die EVU hat nun Gelegenheit, zu prüfen, welche Trassen sie definitiv bestellen will. Dazu spricht sie sich mit ihren Kunden ab. Beim Güterverkehr sind dies zum Beispiel Verlader von Containern. Im Regionalverkehr sind die Kantone die Besteller des Fahrplanangebots. Beanspruchen zwei EVU die gleiche Trasse, regelt «Trasse Schweiz AG» den Zuschlag. Wird keine Einigung erzielt, kommt es zum Bietverfahren.
8 Jahre
2 Jahre
2–1 Jahre
8. Jahresfahrplan abschliessen und Fahrplanwechsel durchführen Die detaillierte Planung des Fahrplans ist abgeschlossen. Dieser wird nun den operativen Stellen innerhalb der SBB übergeben. Das Angebot wird im OnlineFahrplan und im Kursbuch veröffentlicht.
Jahresfahrplan
9. Tagesfahrplan erstellen Im laufenden Fahrplan werden die letzten Lücken mit Extrazügen für Events (z.B. Turnfest, Zuckerrübentransport, Tournee Zirkus Knie), mit Dienstzügen (z.B. Bauzüge, Messfahrten) oder mit internationalen Extrazügen gefüllt. Die Stabilität des Fahrplans wird laufend überwacht. Jede Verbesserungsmöglichkeit wird identifiziert und im nächsten Fahrplan umgesetzt.
Jahresfahrplan abgeschlossen
Bestellprozess eröffnet Mittelfristiger Fahrplan erstellt Fahrplanstudie erstellt
Konzept
Detailkonzept
Online-Fahrplan
Umsetzung
Durchführung