Ballistischer Transport und thermoelektrische Eekte in asymmetrischen Si/SiGe-Nanokreuzen
Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktor-Ingenieurs der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der Ruhr-Universität Bochum
von Gang Qiao aus Sichuan Bochum 2010
Dissertation eingereicht am:
30.04.2010
Tag der mündlichen Prüfung:
09.07.2010
Berichterstatter:
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Kunze Prof. Dr.-Ing. Peter Awakowicz
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
iii
Tabellenverzeichnis
vi
Symbolverzeichnis
vii
Abkürzungsverzeichnis
xi
1
Einleitung
1
2
Grundlagen
4
2.1
Niederdimensionale Elektronensysteme
. . . . . . . . . . . . . . .
4
2.2
Modulationsdotierte Si/SiGe-Heterostrukturen . . . . . . . . . . .
8
2.3
Transport in Quantendrähten und orthogonalen verzweigten Na-
2.4
nostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
Thermoelektrische Eekte
20
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Zum Stand der Forschung
24
4
Herstellung der Bauelemente
31
4.1
Probenpräparation
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
4.2
Niederenergie-Elektronenstrahllithographie . . . . . . . . . . . . .
34
4.3
Strukturübertragung durch reaktives Ionenätzen . . . . . . . . . .
38
4.4
Probentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.5
Elektrische Charakterisierung
45
5
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Transport in Quantendrähten
52
5.1
Quantisierter Leitwert
52
5.2
Transport-Spektroskopie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.3
Einuss von Orientierung und Geometrie . . . . . . . . . . . . . .
67
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
i
INHALTSVERZEICHNIS
ii
6
Ballistischer Transport in orthogonalen verzweigten Nanostrukturen
7
75
6.1
Dierentieller Leitwert
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2
Zweipunkt-Messungen im nichtlinearen Regime
. . . . . . . . . .
78
6.3
Vierpunkt-Messungen im nichtlinearen Regime . . . . . . . . . . .
81
Thermoelektrische Eekte in orthogonalen verzweigten Nanostrukturen
8
75
93
7.1
Thermospannung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2
Thermostrom und Subband-Spektroskopie
. . . . . . . . . . . . .
101
7.3
Anwendung als Vollwellengleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . .
108
Zusammenfassung und Ausblick
93
113
Literaturverzeichnis
121
A Verwendete Heterostrukturen
140
B Prozessparameter
141
C Transistor-Layout
146
Danksagung
148
Lebenslauf
149
Abbildungsverzeichnis 2.1
Bandstruktur und Äquienergieächen für Si und Ge. . . . . . . . .
2.2
Variation der Bandlückenenergie in Abhängigkeit vom Ge-Anteil.
2.3
Auftragung
der
Heterokontakt. 2.4
Banddiskontinuität
an
einem
9 10
Si/SiGe-
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Schematischer Verlauf der Leitungsbandkante entlang der Wachstumsrichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.5
Schematische Darstellung eines QWRs im Landauer-Büttiker Modell. 16
2.6
Layout eines asymmetrischen Nanokreuzes zur Untersuchung ballistischer Gleichrichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
4.1
Lichtmikroskopische Aufnahme eines Si/SiGe-MODFETs. . . . . .
33
4.2
Chemische Struktur des MC6AOAc-Moleküls.
35
4.3
Mehrfach verzweigter elektronischer Wellenleiter.
4.4
Abhängigkeit der Calixaren-Schichtdicke von der Drehrate beim Aufschleudern.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.5
AFM-Aufnahme nach dem Ätzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.6
REM-Aufnahmen eines Bauelements mit Quantendrähten und eines einzelnen Quantendrahts.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.7
REM-Aufnahme von drei unterschiedlichen Si/SiGe-Nanostrukturen. 44
4.8
Schematischer Zweipunkt-Messaufbau mit Lock-In-Verstärker.
. .
47
4.9
Schematischer Vierpunkt-Messaufbau mit Lock-In-Verstärker.
. .
48
4.10 Schematischer Vierpunkt-Messaufbau mit Semiconductor Parameter Analyzer. 5.1
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
Dierentieller Leitwert eines unstrukturierten Transistors und eines QWRs.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
5.2
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Breite. . . . . . .
55
5.3
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Breite. . . . . . .
56
iii
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
iv
5.4
Dierentieller Leitwert eines unstrukturierten Transistors und eines QWRs.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
5.5
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Breite. . . . . . .
59
5.6
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Länge und Breite.
61
5.7
Dierentieller Leitwert langer QWRs. . . . . . . . . . . . . . . . .
62
5.8
Temperaturabhängigkeit des dierentiellen Leitwerts.
. . . . . . .
65
5.9
Temperaturabhängigkeit des dierentiellen Leitwerts.
. . . . . . .
66
5.10 Temperaturabhängigkeit des dierentiellen Leitwerts.
. . . . . . .
68
5.11 Dierentieller Leitwert mit überlagerter dc Draingleichspannung und Steilheit im spannungslosen Fall eines QWRs. . . . . . . . . .
69
5.12 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
5.13 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
5.14 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
5.15 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
5.16 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1
74
Dierentieller Leitwert eines unstrukturierten Transistors und eines QWs.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
6.2
Dierentieller Leitwert von QWs verschiedener Breite. . . . . . . .
77
6.3
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Breite. . . . . . .
79
6.4
Dierentieller Leitwert eines unstrukturierten Transistors und eines QWRs.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
6.5
Dierentieller Leitwert von QWRs verschiedener Breite. . . . . . .
80
6.6
Temperaturabhängigkeit des dierentiellen Leitwerts.
82
6.7
Dierentieller Leitwert mit überlagerter dc Draingleichspannung
. . . . . . .
und Steilheit im spannungslosen Fall eines QWRs. . . . . . . . . . 6.8
Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.9
83
84
Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
6.10 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
v
6.11 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
6.12 Graustufendarstellung der Steilheit in Abhängigkeit von Topgatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1
DC-Messung der Thermospannung in Abhängigkeit von Gatespannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2
98
DC-Messung der Thermospannung als Funktion der Gatespannung mit der Variation der Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.6
97
Maximale Thermospannung und maximaler Transferwiderstand als Funktion des Heizstroms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5
96
DC-Messung der Thermospannung und des Transferwiderstandes als Funktion der Gatespannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.4
94
AC-Messung der Thermospannung in Abhängigkeit von Gatespannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3
91
99
Maximale Thermospannung und maximaler Transferwiderstand als Funktion der Temperatur.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100
7.7
Thermostrom als Funktion von Gatespannung. . . . . . . . . . . .
102
7.8
Bestimmung des idealen Heizstroms.
102
7.9
Vergleich des berechneten und gemessenen Thermostroms.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
103
7.10 Graustufendiagramm der Ableitung des Thermostroms über der Gatespannung und Draingleichspannung. . . . . . . . . . . . . . .
105
7.11 Transport-Spektroskopien in zwei unterschiedlichen Darstellungen. 106 7.12 Thermostrom als Funktion der Gatespannung mit Variation der Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
107
7.13 Thermospannung als Funktion des Heizstroms mit der Gatespannung als Parameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
109
7.14 Thermospannung als Funktion des Heizstroms mit der Temperatur als Parameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110
7.15 Einuss der Geometrie auf die Vollwellengleichrichtung. . . . . . .
111
A.1
Schichtenfolgen der verfügbaren modulationsdotierten Si/SiGeHeterostrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
140
C.1
Layout des Transistor-Zentrums. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
C.2
Layout eines einzelnen Transistors.
147
. . . . . . . . . . . . . . . . .
Tabellenverzeichnis 4.1
Wichtige Parameter der verwendeten Materialien.
vi
. . . . . . . . .
32
Symbolverzeichnis Symbol
Beschreibung
a0 A AB b cv D e E EC EF Eg En , En,0
Gitterkonstante Fläche; Amplitude Strahläche Breite eines Quantendrahtes im 2DEG spezische Wärmekapazität pro Flächeneinheit Zustandsdichte; Diusionskonstante; Flächendosis Elementarladung Energie Leitungsbandunterkante Fermi-Energie Bandlückenenergie Subbandunterkante bzw. Subbandunterkante im spannungslosen Fall
EN Eph Es,n EV f fFD , f0 g0 gD gM gv G
diskretes Energieniveau Phononenergie Energieeigenwerte Valenzbandoberkante Frequenz Fermi-Verteilungsfunktionen idealer dierentieller Leitwert dierentieller Leitwert Steilheit Energietalentartungsfaktor dierentieller Leitwert
vii
SYMBOLVERZEICHNIS
viii
Symbol
Beschreibung
G2P , G4P
dierentieller Leitwert in einer 2-Punkt- bzw. 4-Punkt-Messung
h ~ i I IB ID Imod k k kB kF kx , ky , kz l le , li lϕ L
Plancksches Wirkungsquantum
~ = h/2π (h:
Plancksches Wirkungsquantum)
Wechselstrom elektrischer Strom Strahlstrom Drainstrom Modulationsstrom Wellenzahl Wellenzahlvektor Boltzmannkonstante Fermi-Wellenzahl
x-, y -, z -Komponenete
des Wellenzahlvektors
Länge einer Engstelle im 2DEG mittlere elastische bzw. inelastische freie Weglänge Phasenrelaxationslänge Länge; Anzahl besetzter 1D-Subbänder; thermoelektrischer Koezient
Lx , Ly , Lz
Abmessung des Systems in der und
m0 m∗ me,l , me,t
k -Raum-Richtung x, y
z
Ruhemasse des Elektrons eektive Elektronenmasse longitudinale bzw. transversale eektive Elektronenmasse
n
Elektronendichte; Dimension; Hauptbandindex; Subbandindex
Q r r R RB RH Ri
Ladung dierentieller Widerstand Ortsvektor Reexionswahrscheinlichkeit; Widerstand
Bend Resistance Hall-Widerstand Innenwiderstand
SYMBOLVERZEICHNIS Symbol
Beschreibung
Rij RS RT RT,max s S t tc tD T Tij un,k U v v vF V VB VDS VG VG,opt Vi Vij
Reexionskoezient
Vmod VT w wi x, y , z β
Modulationsspannung
ix
Serienwiderstand; Widerstand des Stamms Transferwiderstand Maximalwert des Transferwiderstandes Abstand zwischen belichteten Pixeln Seebeck-Koezient Zeit; Ätztiefe kritische Schichtdicke Verweilzeit Temperatur; Transmissionswahrscheinlichkeit Transmissionskoezient gitterperiodischer Blochanteil einer Wellenfunktion Drehzahl Geschwindigkeit; Wechselspannung Geschwindigkeitsvektor Fermi-Geschwindigkeit Ortsraumvolumen; Gleichspannung Beschleunigungsspannung Draingleichspannung Gatespannung optimale Gatespannung
i nichtlokaler Spannungsabfall Vi − Vj Kontakten i und j lokale Spannung an Kontakt
zwischen den
Schwellspannung Breite des Stamms Breite der Stromverzweigung Ortskoordinaten Verhältnis des Spannungsabfalls zwischen der Engstelle eines QPCs und dem Source- bzw. Drainreservoir
0 r E
elektrische Feldkonstante relative dielektrische Konstante elektrisches Feld
SYMBOLVERZEICHNIS
x
Symbol
Beschreibung
φ Φ ϕ λ λB λF µ µ1 , µ2 µa , µb µD , µS Θ ρ σ τ τe , τi ω ωx , ωy
Phase elektrostatisches Potential Wellenfunktion (Einhüllende) Wellenlänge de Broglie-Wellenlänge Fermi-Wellenlänge Ladungsträgerbeweglichkeit Quasi-Ferminiveau chemisches Potential Quasi-Ferminiveau in der Drain- bzw. Source-Elektrode Heaviside-Funktion spezischer Widerstand elektrische Leitfähigkeit Relaxationszeit elastische bzw. inelastische Relaxationszeit Harmonische Kreisfrequenz eines harmonischen Oszillators; Maÿ für die Krümmung einer Parabel
ψ
Gesamtwellenfunktion
Abkürzungsverzeichnis Abkürzung
Bedeutung
2DEG
two-Dimensional Electron Gas
2DHG
two-Dimensional Hole Gas
AB
Aharonov-Bohm
AFM
Atomic Force Microscope (Rasterkraftmikroskop)
BZ
Brillouin-Zone
CVD
Chemical Vapor Deposition
EBL
Electron Beam Lithography
HF
Hochfrequenz; Fluorwasserstosäure
HH
Heavy Hole Band
ICP
Inductively Coupled Plasma
LB
Landauer-Büttiker
LH
Light Hole Band
MBE
Molecular Beam Epitaxy
MODFET
Modulation-Doped Field Eect Transistor
nD
n-dimensional (n = 0, 1, 2, 3)
NDC
Negative Dierential Conductance
PMMA
Polymethylmethacrylat
QPC
Quantum Point Contact
QWR
Quantum Wire
REM
Rasterelektronenmikroskop
RIE
Reactive Ion Etching
SMU
Source/Monitor Unit
SNR
Signal-to-Noise Ratio
SPA
Semiconductor Parameter Analyzer
TA
Transverse Acoustic
xi
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
xii
Abkürzung
Bedeutung
UHVCVD
Ultrahigh Vacuum Chemical Vapor Deposition
UV
Ultraviolett
VMU
Voltage Monitor Unit
VSU
Voltage Source Unit
VT
Volumenteil
Kapitel 1 Einleitung Seitdem der modulationsdotierte Feldeekttransistor (
Eect Transistor,
Modulation-Doped Field
MODFET) 1980 erfunden wurde, ermöglichen die stetigen
Fortschritte in der Miniaturisierung von Bauelementen seit drei Jahrzehnten die Herstellung nanoskaliger Halbleitersysteme mit charakteristischen Abmaÿen unterhalb 100 nm. Nach dem Moore'schen Gesetz [1, 2] wird eine Verdopplung der Packungsdichte etwa alle 18 Monate erwartet. Mit Hilfe der technologischen Fortschritte bei der Miniaturisierung interessieren die niederdimensionalen Elektronensysteme immer mehr für Anwendungen in nanoelektronischen Bauelementen. Durch die Einschränkung der Bewegungsmöglichkeit von Elektronen auf einen zwei- (2D), ein- (1D) oder nulldimensionalen (0D) Raumbereich lassen sich die entsprechenden niederdimensionalen Elektronensysteme realisieren, indem die Gröÿenordnung des Raumbereichs mit der elektronischen de Broglie Wellenlänge in einer, zwei oder drei Raumrichtungen vergleichbar wird. Dabei zeigen niederdimensionale Elektronensysteme zahlreiche physikalische Eekte, die in makroskopischen Strukturen unbekannt sind. Daher werden derartige Nanostrukturen als neuartige Bauelemente mit einem hohen Potenzial für Anwendungen in der Nanoelektronik und evtl. auch in der Quanteninformationstechnik diskutiert. Bislang werden auf Quanteneekten basierende Bauelemente besonders in optoelektronischen und hochfrequenten Anwendungen eingesetzt, z.B. im Quantendraht- oder Quantenpunktlaser und in Heterofeldeekttransistoren als rauscharme Verstärker für Satelliten-Empfangssysteme. Die Realisierung der niederdimensionalen Elektronensysteme basiert vor allem auf der technologischen Entwicklung der Halbleiterheterostrukturen. Mit Hilfe der Wachstumstechnologie der Molekularstrahlepitaxie (
Molecular Beam Epita-
xy, MBE) lassen sich qualitativ hochwertige kristalline Halbleiterheterostrukturen 1
1 EINLEITUNG
2
aus aufeinander abgeschiedenen unterschiedlichen Materialien herstellen. Dank der präzisen Kontrollierbarkeit der Schichtdicke kann die Bandstruktur der Heterostruktur künstlich genau erzeugt werden (
bandgap engineering ).
In diesem
Fall wird eine Kanalschicht an der Heterogrenzäche senkrecht zur Wachstums-
two-Dimensional
richtung mit der Bewegungsfreiheit auf zwei Raumdimensionen (
Electron Gas, 2DEG) beschränkt. Dazu wird ein geeignetes Dotierprol gewählt,
um freie Ladungsträger und ionisierte Dotieratome räumlich voneinander zu trennen. Als Folge entsteht in dieser Schicht ein zweidimensionales Ladungsträgergas mit hoher Ladungsträgerbeweglichkeit aufgrund der reduzierten CoulombStreuung der Ladungsträger. Hierbei vergröÿert sich ihre mittlere freie Weglänge erheblich bis zu einer Gröÿenordnung der typischen geometrischen Abmessungen des Systems. Daher wird der Transport der Ladungsträger in diesem 2DEG nicht im diusiven Regime sondern eher im ballistischen Regime erwartet. Zur Untersuchung der Transporteigenschaften von Elektronen in 1D Si/SiGe-Nanostrukturen wird eine weitere Beschränkung der Bewegungsmöglichkeit mittels der Elektro-
Electron Beam Lithography, EBL) durch die laterale Nano-
nenstrahllithographie (
strukturierung des 2DEGs realisiert. Mit diesem Verfahren wird die Abmessung der 1D-Quantendrähte bis zu 20 nm hinab erreicht. In 1D-Systemen lässt sich der Elektronentransport quantenballistisch beschreiben, wenn die Abmessung der 1DStrukturen in der Gröÿenordnung der Fermiwellenlänge von Elektronen liegt. Auf Basis der verbesserten Wachstumstechniken durch MBE wird das Materialsystem Si/SiGe zu einer Alternative zum etablierten Modellsystem GaAs/AlGaAs, selbst wenn die erreichbaren mittleren freien Weglängen um mehr als eine Gröÿenordnung geringer sind. In der vorliegenden Arbeit werden quantenballistische und thermoelektrische Eekte in 1D Si/SiGe-Nanostrukturen untersucht. Die entsprechenden Si/SiGe-Quantendrähte werden aus einer Si/SiGe-Quantenlmstruktur mittels Niederenergie-Elektronenstrahllithographie und ausschlieÿender Strukturübertragung durch reaktives Ionenätzen hergestellt. Die 1D-Elektronensysteme in dieser Arbeit werden in Form von entweder einzelnen Quantendrähten oder orthogonalen verzweigten Quantendrähten strukturiert. Auf der Basis thermoelektrischer Eekte wird ein neuartiger Vollwellengleichrichter in orthogonalen asymmetrischen 1D Si/SiGe-Nanokreuzen zur Erhöhung der Gleichrichtungsezienz entwickelt. Im nachfolgenden Kapitel 2 werden die Grundlagen des elektrischen Transportes in niederdimensionalen Elektronensystemen und des gewählten Materialsystems mit modulationsdotierten Si/SiGe-Heterostrukturen beschrieben. Darüber hinaus werden die quantenmechanischen und thermoelektrischen Eekte
3
beim elektrischen Transport in 1D-Systemen wie Quantendrähten und orthogonalen verzweigten Nanostrukturen mit Hilfe des Landauer-Büttiker Formalismus theoretisch erklärt. Kapitel 3 gibt einen Überblick über die möglichen Techniken zur Herstellung der nanostrukturierten Si/SiGe-Transistoren und über den bisherigen Forschungsablauf zum Thema des ballistischen Transportes in Si/SiGeNanostrukturen. Eine detaillierte Darstellung der Präparation der nanoskaligen Si/SiGe-Bauelemente ndet sich in Kapitel 4. Insbesondere werden der
mix-
and-match Prozess beim Lithographie-Verfahren und der schädigungsarme Plas-
maätzprozess mit ICP-Quelle im einzelnen beschrieben. Anschlieÿend wird die elektrische Charakterisierung der hergestellten Bauelemente durch die vorhandene Messtechnik erläutert. Die Messergebnisse und die dazugegebenen Erklärungen werden in nächsten Kapiteln 5, 6 und 7 präsentiert. Kapitel 5 befasst sich mit quantenmechanischen Transporteigenschaften der Si/SiGe-Quantendrähte. Die Quantisierung des dierentiellen Leitwertes wird in Vielfachen von
4e2 /h
in
Si/SiGe-Quantendrähten beobachtet. Durch Anlegen einer kleinen Draingleichspannung wird eine zusätzliche Kennlinienstruktur erzeugt und dadurch der 1DSubbandabstand mit dem Verfahren der Transport-Spektroskopie bestimmt. Anschlieÿend wird der Einuss von Orientierung und Geometrie der Quantendrähte auf die elektrischen Transporteigenschaften untersucht. Kapitel 6 stellt die Ergebnisse zu den Untersuchungen trägheitsballistischer Eekte in orthogonalen verzweigten 1D Si/SiGe-Nanostrukturen zusammen. Hierbei werden Eekte wie z.B.
Negative Dierential Conductance, NDC), mound negativer Bend Resistance mit Zweipunkt-
negativ dierentieller Leitwert ( denkontrollierte Gleichrichtung
oder Vierpunkt-Messungen im nichtlinearen Regime beobachtet. In Kapitel 7 werden thermoelektrische Eekte in orthogonalen Si/SiGe-Nanokreuzen verschiedener Geometrie behandelt. Erstmals wird neben der Thermospannung auch der Thermostrom aufgenommen und zur Bestimmung des Subbandabstandes herangezogen. Die Thermospannung-Heizstrom-Beziehung wird als Mechanismus der Vollwellengleichrichtung interpretiert und entsprechende Strukturen als ballistische Gleichrichter charakterisiert. Schlieÿlich wird die Arbeit in Kapitel 8 zusammengefasst und ein Ausblick auf ein mögliches Folgeprojekt gegeben.
Kapitel 2 Grundlagen 2.1 Niederdimensionale Elektronensysteme Mit Hilfe der Entwicklung der Nanotechnologie in vergangenen Jahrzehnten können heute Bauelemente in einer Gröÿe von nur einigen 10 nm hergestellt werden, die zur Untersuchung der elektronischen Eigenschaften in niederdimensionalen Elektronensystemen dienen können. Im Unterschied zur klassischen makroskopischen Physik werden einerseits die niederdimensionalen Systeme dem mesoskopischen Bereich mit Bemaÿungen in der Gröÿenordnung charakteristischer Längen wie z.B. mittlere freie Weglänge (le ), Fermi-Wellenlänge (λF ) und Phasenrelaxationslänge (lϕ ) usw. zugeordnet. Andererseits unterscheiden sich die niederdimensionalen Systeme auch von der mikroskopischen Physik, in welcher Systeme mit atomaren Abmessungen untersucht werden. Die Abmessungen der mesoskopischen Systeme enthalten daher die Dimension von etwa nur wenigen Nanometern bis zu einigen hundert Nanometern. Dies kann noch von äuÿeren Faktoren wie Temperatur, externen elektrischen und magnetischen Feldern beeinusst werden und ist von Material zu Material unterschiedlich. Unter den mesoskopischen Systemen treten viele physikalische Phänomene [3] auf, die im klassischen Physikbereich nicht beobachtet werden. Für diese Phänomene werden die Eigenschaften mesoskopischer Systeme wesentlich von der Quantenphysik bestimmt. Ausgehend von der Schrödinger-Gleichung lassen sich die elektronischen Eigenschaften festkörpergebundener Elektronensysteme umfassend beschreiben. Bevor wir auf die niederdimensionalen Elektronensysteme eingehen, sollen zunächst dreidimensionale (3D) Systeme mit ungebundenen Elektronen als ein einfachstes physikalisches Objekt quantenmechanisch beschrieben werden. Die kinematische Beschreibung eines freien Elektrons in einem 3D-Elektronengas wird
4
2.1 Niederdimensionale Elektronensysteme
5
durch die zeitunabhängige Einzelelektron Schrödinger-Gleichung
gegeben. Hierbei ist und
V (r)
~2 2 ∇ + V (r) ψ(r) = E ψ(r) − 2m0
m0
(2.1)
die Ruhemasse des freien Elektrons,
r
ist der Ortsvektor
repräsentiert das Potential, in dem sich das Elektron im Kristallgitter
bewegt. Durch die Einführung der richtungsunabhängigen eektiven Masse
m∗
wird die Wechselwirkung des Elektrons mit dem periodischen Gitterpotential berücksichtigt. Mit der Eektive-Masse-Näherung kann die Gleichung 2.1 in einer vereinfachten Form
~2 2 − ∇ ψk (r) = E ψk (r) 2m∗ umgeschrieben werden. Hierbei ist
k
(2.2)
der Wellenzahlvektor und unter den periodi-
schen Born und von Karman Randbedingungen wird
k
diskrete Werte erhalten.
Die Lösung der Gleichung 2.2 besteht aus ebenen Wellen
ψn, k = C ei k r .
(2.3)
Unter gleichen Bedingungen werden die diskreten Energieeigenwerte für 3DSysteme durch
E3D =
~2 kx2 ~2 ky2 ~2 kz2 + + 2m∗ 2m∗ 2m∗
(2.4)
angegeben. Diese drei Komponenten repräsentieren die drei Anteile der kinetischen Energie entsprechend den drei Freiheitsgraden der Bewegung im Raum. Für Elektronensysteme gibt es noch eine weitere wichtige Gröÿe, die Zustandsdichte
D(E).
Sie beschreibt, wie viele Zustände pro Ortsraumvolumen
Energieintervall
[E, E + dE]
V
im
existieren. In einem 3D-Elektronengas wird dann
die Zustandsdichte durch
1 D3D (E) = 2 2π
2m∗ ~2
3/2
E 1/2
(2.5)
gegeben. Die thermische Besetzung der Zustände wird durch die Fermi-Verteilung bestimmt. Die Besetzungswahrscheinlichkeit eines Zustandes mit der Energie
E
schreibt sich durch die Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion
−1 E − EF f0 (E, EF , T ) = exp +1 kB T
(2.6)
2 GRUNDLAGEN
6
bei der Temperatur
T . Für T = 0 wird die Fermi-Energie EF
als Grenze zwischen
besetzten und unbesetzten Zuständen betrachtet. Wird in einem 2D-Elektronensystem die Bewegungsfreiheit der Elektronen in
z -Richtung) auf eine Längenskala vergleichbar mit der de Broglie-Wellenlänge λB = 2π/k eingeschränkt, bilden sich quantisierte Zustäneiner Raumrichtung (z.B.
de, deren Energieeigenwerte und Eigenfunktionen durch die Form der Einschränkungspotentiale bestimmt sind. Durch die Quantisierung wird das Energieband im 2D-Elektronensystem in der eingeschränkten Richtung in eine Serie von Subbändern aufgespaltet. Die Elektronen können sich dann nur in der
x-y -Ebene
frei bewegen. Durch die Lösung der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung im 2D-Elektronengas wird die Bloch-Wellenfunktion aufgrund des gitterperiodischen eektiven Potentials in der
x-y -Ebene
in der Form
1 exp (ikx x + iky y) ϕs (z) ψs, kx , ky (r) = p Lx Ly
(2.7)
Lx und Ly die Abmessungen des Systems in der k -Raumy , und s = 1, 2, ... ist die Quantenzahl in der z -Richtung. Die
gegeben. Hierbei sind Richtung
x
und
entsprechenden Energieeigenwerte sind dann durch
E2D (kx , ky ) =
~2 kx2 ~2 ky2 + + Es 2m∗ 2m∗
gegeben. In Gleichung 2.8 wird für jeden Wert von
s
ein 2D-Energiesubband auf
Basis von der Subbandunterkante (Es ) eingesetzt. Die Wellenfunktion in Gl. 2.7 und die Subbandunterkante der
(2.8)
z -Komponente ϕs (z)
der
Es durch die Einschränkung
z -Richtung in Gl. 2.8 sind durch die Lösung der abgetrennten 1D-Schrödinger-
Gleichung
~2 d2 + V (z) ϕs (z) = Es ϕs (z) − 2m∗ dz 2
(2.9)
bestimmt. Analog zu 3D-System wird die 2D-Zustandsdichte basierend auf der Kreisäche für Zustände in der
k -Ebene
von
πk 2
nach Berechnen in der Form
∗
D2D (E) =
m π~2
(2.10)
angenommen, wobei die 2D-Zustandsdichte nicht von der Energie abhängt. Die Zustandsdichte eines Leiters von 2D-Subbändern lässt sich mit Hilfe der Stufenfunktion zusammenfassen:
D2D (E) =
m∗ X Θ(E − Es ), π~2 s
(2.11)
2.1 Niederdimensionale Elektronensysteme mit der Heaviside-Funktion
Θ(E − Es )
7
und den Energieniveaus
Es .
Wird die Bewegungsfreiheit der Elektronen durch ein Einschränkungspoten-
V (y, z)
tial
weiter in der
y -Richtung
lateral eingeschränkt, kommt anschlieÿend
ein 1D-Elektronensystem zustande. In diesem Fall können sich die Elektronen ausschlieÿlich in der
x-Richtung
frei bewegen. Für das 1D-System sind die Ener-
y
gieeigenwerte durch die Einschränkung der Richtung
und
z
mit der Darstellung
~2 kx2 . Es, n (kx ) = Es n + 2m∗
(2.12)
gegeben, wobei die diskrete 1D-Subbandunterkante und
n
Es n
mit Quantenzahlen
die Bewegung der Elektronen in der Einschränkungsrichtung
y
und
s z
beschriebt und der zweite Anteil, die parabolische Energiedispersion, entsteht
x-Richtung. Durch die Be2k entlang der kx -Richtung wird
aufgrund der freien Bewegung der Elektronen in der trachtung der Linienlänge von Zuständen von
die 1D-Zustandsdichte in einem Subband in der Form
2 D1D (E) = π~ beschrieben.
Statt
der
Konstanten
Zustandsdichte proportional zu
E
−1/2
r
wie
m∗ 2E
in
(2.13)
zwei
Dimensionen
fällt
die
1D-
mit steigender Energie ab. Berücksichtigt
man mehr höhere besetzte 1D-Subbänder, so ergibt sich
D1D (E) =
1 √ ∗X 2m (E − Esn )−1/2 · Θ(E − Esn ). π~ s, n
(2.14)
Es sei festgestellt, dass bei mehr als einer beschränkten Dimension durch verschiedene Kombinationen von Quantenzahlen
s
und
n
dieselbe Energie erreicht wer-
den kann. Das 1D-Elektronensystem wird meistens durch eine zusätzliche laterale Einschränkung des 2D-Systems erzeugt. Während die Einschränkung der Senkrechten (z -Achse) zum 2D-System (y -z -Ebene) mit der Quantenzahl
s
(vertikale
Mode) beschrieben wird, kann die Einschränkung der Parallelrichtung (y -Achsel) dann durch die Quantenzahl
n
(transversale Mode) beschrieben werden.
In einem nulldimensionalen sogenannten Quantenpunkt ist
k
in allen Raum-
richtungen quantisiert. In diesem Fall ergibt sich für die Energieeigenwerte der Elektronen in 0D-System so wie in einem Atom ein vollständig diskretisiertes Energiespektrum:
E0D = Esnm = Es + En + Em .
(2.15)
2 GRUNDLAGEN
8
Diese einfache Näherung gilt jedoch nur für separierbare Potentiale in die drei Raumrichtungen. Die Zustandsdichte in 0D-System lässt sich als eine Abfolge von Dirac
δ -Funktion D0D (E) = 2
X
δ(E − Esnm )
(2.16)
s,n,m darstellen, wobei der Faktor 2 die Spinentartung berücksichtigt. Groÿe Quantenpunktsysteme werden häug durch selbstorganisiertes Inselwachstum auf einer Oberäche realisiert [4, 5].
2.2 Modulationsdotierte Si/SiGeHeterostrukturen Silizium (Si) und Germanium (Ge) sind Elemente der IV. Hauptgruppe des Periodensystems. Mit den beiden Elementen lässt sich eine Si1−x Gex -Legierung (0
≤ x ≤ 1)
mit beliebiger Mischung herstellen. Sowohl Si und Ge als auch
SiGe-Legierungen haben sehr ähnliche strukturelle Eigenschaften. Sie besitzen 4 Auÿenelektronen und kristallisieren im kubischen Diamantgitter. Die Bindungsstruktur der einzelnen Atome ist dabei tetraedrisch. Der Unterschied der Gitterkonstante
a0
Si zwischen Si und Ge beträgt nur etwa 4.2% (a0
= 0.5431
nm,
aGe 0
= 0.5657 nm). Die Gitterkonstante eines unverspannten Si1−x Gex -Einkristalls Ge Si bendet sich zwischen a0 und a0 und steigt mit dem Ge-Anteil x näherungsweiGe se linear bis a0 für x = 1. Des Weiteren sind sowohl Si und Ge als auch beliebige Si1−x Gex -Legierungen indirekte Halbleiter. Im k -Raum liegen das energetische Maximum des Valenzbandes und das energetische Minimum des Leitungsbandes nicht an derselben Stelle. Das energetische Maximum des Valenzbandes für Si,
Γ-Punkt. Das Minimum im Leitungsband Si liegt für Si bei der Wellenzahl k = 0.85 · (2π/a0 ) in [100]-Richtung und besitzt eine 6-fach entartete ∆-Symmetrie. Bei Ge benden sich die Leitungsbandminima im Gegensatz zu Si an den 8 äquivalenten L-Punkten der ersten Brillouin-Zone in [111]-Richtung im k -Raum und bilden eine 8-fach entartete L-Symmetrie. Die Ge und Si1−x Gex bendet sich alle am
indirekte Bandlücke beträgt für Si und Ge bei der Raumtemperatur jeweils etwa 1.12 eV und 0.664 eV. Die eektive Masse ist im allgemeinen Fall mit Tensorcharakter durch
m∗i j
=~
2
∂ 2 E(k) ∂ki ∂kj
−1 (2.17)
2.2 Modulationsdotierte Si/SiGe-Heterostrukturen 4
4
2
2 Eg
0
Energie (eV)
Energie (eV)
9
-2 -4 -6
Si
-8
-2 -4 -6
-10
-10 -12 X U,K
G
Ge
-8
-12 L
Eg
0
G
Wellenzahlvektor
L
X U,K
G
G
Wellenzahlvektor
[001]
[001]
[010]
[010]
[100]
[100]
Abbildung 2.1: Indirekte Bandstruktur im k-Raum (oben) und zugehörige Äquienergieächen (unten) in der 1. Brillouin-Zone für die beiden Elementmaterialien Si (links) und Ge (rechts) [6].
gegeben. Da der Tensor der eektiven Masse symmetrisch ist, besitzen die Äquienergieächen der Elektronen im
k -Raum
in der Nähe des Leitungsbandmini-
mums die Form von Kugeln oder Ellipsoiden. Im Unterschied zu GaAs ist also in Si und Ge die eektive Masse der Elektronen anisotrop. Parallel zur groÿen Hauptachse des Ellipsoides in [100]-Richtung für Si und [111]-Richtung für Ge besitzt die longitudinale eektive Masse der Elektronen
mGe e,l mSi e,t
mSi e,l = 0.91m0
und
= 1.59m0 , wohingegen senkrecht hierzu die transversale eektive Masse = 0.19m0 und mGe e,t = 0.08m0 bestimmt ist. Hierbei ist m0 die Ruhemasse
der freien Elektronen. In Abbildung 2.1 sind die indirekten Bandstrukturen von Si und Ge im
k -Raum und die zugehörigen Äquienergieächen von Elektronen in
der Nähe des Leitungsbandminimums in der 1. Brillouin-Zone (BZ) dargestellt. Da Ge eine kleinere Bandlücke als Si besitzt, nimmt mit steigendem Ge-Anteil die Energielücke der Legierung Si1−x Gex auch ab. In Abbildung 2.2 ist die Va-
2 GRUNDLAGEN
10
1.2
Bandlückenenergie (eV)
Si1-xGex 1.1
unverspanntes Volumenmaterial
L
D
1.0 0.9 verspanntes SiGe auf Si
0.8
HH LH
0.7 0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Ge-Anteil (%) Abbildung 2.2: Variation der Bandlückenenergie
Eg
in Abhängigkeit vom
Ge-Anteil für unverspannte und verspannte Legierung Si1−x Gex [7, 8]. Beim unverspannten Si1−x Gex der oberen Kurve ergibt sich der Knick bei etwa 85% Ge-Anteil, dem Wechsel des Leitungsbandminimums vom Siähnlichen zum Ge-ähnlichen Verhalten. Für das pseudomorph verspannte Si1−x Gex auf unverspanntem Si wird die Entartung des schweren (HH) und leichten (LH) Lochbandes am
Γ-Punkt
aufgehoben.
riation der Bandlückenenergie in Abhängigkeit vom Ge-Anteil für unverspannte und verspannte Legierung Si1−x Gex dargestellt. Beim unverspannten Si1−x Gex der oberen Kurve ergibt sich der Knick bei etwa 85% Ge-Anteil aus dem Wechsel des Leitungsbandminimums vom Si-ähnlichen zum Ge-ähnlichen Verhalten [9]. Für
x < 0.85
sinkt zwar die Bandlücke mit zunehmendem
x,
aber die Abfallten-
∆-Minima und dem Γ-Punkt wie in Si. Im Gegensatz dazu sinkt die Bandlücke für x > 0.85 wesentlich schneller und die Bandlücke liegt dagegen zwischen den L-Minima und dem Γ-Punkt wie in Ge. Für das pseudomorph verspannte Si1−x Gex auf unverdenz ist relativ gedämpft und die Bandlücke liegt zwischen den
spanntem Si wird aufgrund der Eekte des in-plane Druckstresses die Entartung des schweren (HH) und leichten (LH) Loches am
Γ-Punkt
im Valenzband aufge-
hoben. Die Bandstruktur kann in diesem Fall stark von der Verspannung in der Si1−x Gex Schicht beeinusst werden. Die Herstellung von Heterostrukturen wird mit den Heteroepitaxien im Zu-
2.2 Modulationsdotierte Si/SiGe-Heterostrukturen sammenhang von
bandstructure engineering
11
realisiert. Damit werden die an-
gemessene Einstellung der Bandlückengröÿe und die elektronischen Eigenschaften durch die Änderung der Kristallzusammensetzung berücksichtigt. Aufgrund der kleinen Fehlanpassung von Si und Ge ist es möglich, elastisch verspannte Si1−x Gex -Schichten mit unterschiedlichem Ge-Anteil aufeinander abzuscheiden. Üblicherweise lässt sich ein pseudomorph verspannter Si1−x Gex -Film unter geeigneten Wachstumsbedingungen epitaktisch auf einem unverspannten Substrat (Si, Ge oder Si1−x Gex ) aufwachsen. In diesem Fall entstehen im elastisch verspannten Kristallgitter tetragonale Verzerrungen. Für den verspannten Film mit einer kleineren Gitterkonstante im Vergleich zum unverspannten Substrat benden sich eine biaxiale Dehnung in der Filmebene und zugleich eine uniaxiale Kompression in der Wachstumsrichtung, wohingegen sich ein umgekehrtes Spannungsmodell für den verspannten Film mit einer gröÿeren Gitterkonstante als das unverspannte Substrat beschreiben lässt. Diese sogenannten pseudomorphen Schichten sind nur bis zu einer bestimmten kritischen Schichtdicke [10, 11, 12, 13] stabil, die von der Zusammensetzung des Substrats (Si1−y Gey ) und des Films (Si1−x Gex ) abhängt. Überschreitet die Schichtdicke des verspannten Films diesen bestimmten Wert, so relaxiert die Verspannung im Film ganz oder teilweise durch Bildung von Gitterfehlanpassungs-Versetzungslinien [14, 15, 16]. Hierbei ist die Verspannungsenergie gröÿer als die zur Ausbildung der Versetzungslinien benötigte Energie. Mit Ausnutzung der Verspannung in der SiGe-Legierung werden mittels
bandstructure engineering in unterschiedlichen Heterokontakten die elektrischen
Eigenschaften der mit Epitaxie hergestellten Heterostrukturen festgelegt. Beim Übergang zwischen zwei verschiedenen Halbleitermaterialien entstehen Banddiskontinuitäten [17, 18, 19, 20]. Aufgrund des unterschiedlichen Bandkantensprungs in Valenz- und Leitungsband ergeben sich zwei Typen von Banddiskontinuitäten. In Typ I bewegen sich die Bandkantensprünge im Valenz- und Leitungsband in entgegengesetzter Richtung. In diesem Fall können die Elektronen und Löcher am gleichen Ort der Heterostruktur lokalisiert werden. In Typ II [21] bewegen sich die Bandkantensprünge im Valenz- und Leitungsband dagegen in gleicher Richtung, daher sind die Elektronen und Löcher in verschiedenen Materialien zu nden und nicht am gleichen Ort eines Materials zu lokalisieren. Ein Beispiel für Typ IIa ist der pseudomorph verspannte Si1−x Gex -Film auf unverspanntem Si und für Typ IIb ein pseudomorph verspannter Si-Film auf unverspanntem Si1−x Gex wie in Abbildung 2.3 dargestellt. In Typ IIa beträgt der Leitungsbandoset
∆EC
nur etwa 20 meV und ist im Vergleich zum gegenseitigen Valenzbandoset vernachlässigbar. Auf Basis des groÿen Valenzbandosets ist daher der Typ IIa für
2 GRUNDLAGEN
12
EC
EC Si0.7Ge0.3
Si0.7Ge0.3
Si
Si
EV
EV (a)
(b)
Abbildung 2.3: Auftragung der Banddiskontinuität an einem Si/SiGeHeterokontakt (a) Typ IIa in pseudomorph verspanntem SiGe auf unverspanntem Si und (b) Typ IIb in pseudomorph verspanntem Si auf unverspanntem SiGe [22].
die Fertigung eines 2D-Löchergases (2DHG) geeignet. Der Leitungsbandoset für pseudomorph verspanntes Si auf unverspanntem Si1−x Gex in Typ IIb beträgt
∆EC
= 0.20 eV bei
T = 300
K. Mit dem ausreichend groÿen Leitungsbandoset
ist es möglich, ein 2DEG an der Grenzäche von Si und Si1−x Gex auszubilden. Mittels
bandstructure engineering
im Si/SiGe Materialiensystem in Verbin-
dung mit dem Bandlücken- und Gitterkonstantenunterschied sowie der daraus resultierenden Verspannung sind die Si/SiGe-Heterostrukturen realisierbar. Um die Transporteigenschaften von Si/SiGe-Heterostrukturen genauso wie die des GaAs/AlGaAs-Heterosystems im mesoskopischen Bereich zu untersuchen, wird vorab eine hohe Ladungsträgerbeweglichkeit benötigt. In der Materialtechnologie wird mit dem Verfahren der Modulationsdotierung die hohe Ladungsträgerbeweglichkeit in Si/SiGe-System erzielt [23, 24, 25]. Das Prinzip der Modulationsdotierung besteht darin, dass die freien Ladungsträger im Kanal von den geladenen Störstellen im dotierten Bereich der Heterostruktur räumlich getrennt werden. Dadurch kann die elastische Streuung freier Ladungsträger durch Ionen reduziert werden. Als Folge erhöht sich die Ladungsträgerbeweglichkeit im Kanal wesentlich. Zur Realisierung der hohen Beweglichkeit in Si/SiGe-Heterostrukturen müssen neben der Modulationsdotierung noch andere Faktoren wie z.B. Schichtanordnung, Schichtdicke, Verspannungszustand und Dotierungsdichte berücksichtigt werden. In Abbildung 2.4 ist der schematische Verlauf der Leitungsbandkante entlang der Wachstumsrichtung für einen n-Kanal Si/SiGe-MODFET dargestellt. Die freien Elektronen werden in der SiGe/Si/SiGe-Heterostruktur mit pseudo-
Channel )
morph verspanntem Si-Film (
und unverspannten SiGe-Schichten im
Si-Quantenwell versammelt, dessen Wände durch die Bandlückenunterschiede an beiden Si/SiGe-Heteroübergängen gebildet werden. Durch die Verspannung in Si-Film wird das 6-fach entartete Leitungsband in ein höher liegendes
∆4 -Band
2.2 Modulationsdotierte Si/SiGe-Heterostrukturen 1000
cap D4
Energie (meV)
800
upper spacer
supply spalayer cer
13
channel
buffer T=0
D2
600 400
D6 D4
D6
200 + ++ + + ++
EF
0
Si 0
i-SiGe
n-SiGe
20
D2 i
40 60 Tiefe (nm)
Si
i-SiGe 80
100
Abbildung 2.4: Schematischer Verlauf der Leitungsbandkante entlang der Wachstumsrichtung für einen
n-Typ
Si/SiGe-MODFET. Im Si-Kanal
wird ein 2DEG aus freien Elektronen unter Fermi-Energie gebildet [8].
∆2 -Band (2-fache Entartung) aufgespalten [26]. Die 4 Leitungsbandminima in der (kx , ky )-Ebene des Si-Films liegen nach der Aufhebung energetisch höher als die 2 Minima in kz -Richtung. In diesem Fall bewegen die Elektronen der ∆2 -Minima in der x-y -Ebene mit der ge(4-fache Entartung) und ein tiefer liegendes
ringeren transversalen eektiven Masse, womit die Beweglichkeit von Elektronen gesteigert wird. Mit kleiner Si-Schichtdicke wird die Bewegung der Elektronen in der Wachstumsrichtung beschränkt. Dadurch werden die Subbänder in dieser Si-Schicht auf Basis der Energiequantisierung ausgebildet. Durch den Schichtaufbau der Heterostruktur kann nur noch die Besetzung des untersten Subbandes unter der Fermi-Energie gewährleistet werden. Die freien Elektronen werden von einer
n-dotierten
SiGe-Schicht (
dotierte SiGe-Schicht (
Supply-Layer )
Lower Spacer )
geliefert, die durch eine un-
räumlich vom Si-Kanal getrennt ist. Um
die Dotierungsdichte an der Oberäche der Heterostruktur zu reduzieren und gleichzeitig die Absenkung der Schottky-Barriere zu vermeiden, wird zwischen
Supply-Layer und dem obersten Si-Film (Cap-Layer ) eine weitere undotierte SiGe-Schicht (Upper Spacer ) aufgebaut. Mit dem Cap-Layer wird auÿer dem Schutz vor Oxidation der i-SiGe-Schicht im Upper Spacer noch ein geeigneter dem
Schottky-Kontakt auf der Materialoberäche ermöglicht. Aufgrund der Versorgung der Elektronen von der Supply Layer entsteht im Kanal auf der oberen Seite ein dünner dreieckiger Quantenpotentialtopf, dessen Abmessungen nahe-
2 GRUNDLAGEN
14
zu unabhängig von der Schichtdicke des Si-Kanals sind. Die freien Elektronen im Potentialtopf können sich dann nur in der
x-y -Ebene im Si-Kanal bewegen, in
diesem Fall wird daher ein sogenanntes 2DEG in dieser Ebene an der Grenzäche im Si-Kanal gebildet. Die Ladungsträgerbeweglichkeit im 2DEG wird bei tiefen Temperaturen überwiegend durch Störstellenstreuung und Streuung an ionisierten Dotieratomen begrenzt, bei hohen Temperaturen ist die Streuung an Phononen dominierend. Durch die Modulationsdotierung kann daher insbesondere bei tiefen Temperaturen die Ladungsträgerbeweglichkeit wesentlich erhöht werden. Trotzdem kann hohe Ladungsträgerdichte im 2DEG erreicht werden. Eine weitere Erhöhung der Ladungsträgerbeweglichkeit kann noch durch die Minderung der Schichtdicke des Si-Kanals unter die kritische Schichtdicke
tc
bewirkt wer-
den, wodurch die Zahl der Versetzungslinien an der Heterogrenzäche zwischen Si-Kanal und Puer wesentlich reduziert wird [27]. Im Gegensatz zu 2DHG einen
n-MODFETs
p-MODFET
ist es möglich, in gleicher Weise aus einem
herzustellen. Dies wird durch einen pseudomorph ver-
spannten SiGe-Film zwischen zwei unverspannten Si-Schichten oder in ähnlicher Weise durch einen pseudomorph verspannten Ge-Film zwischen zwei unverspann-
n-typ
ten SiGe-Schichten umgesetzt. Derzeit werden die Beweglichkeiten von Si/SiGe-Heterostrukturen bis zu etwa ten von etwa
11
n = 5 × 10
cm
−2
5
µ = 5×10
−1 −1 cm V s und Elektronendich2
bei einer tiefen Temperatur von 400 mK erreicht
[28]. Im Vergleich dazu sind die Beweglichkeiten von deutlich kleiner, bei tiefer Temperatur liegen sie noch
p-typ Si/SiGe-MODFET 5 2 −1 −1 unter 10 cm V s [29].
2.3 Transport in Quantendrähten und orthogonalen verzweigten Nanostrukturen Im Vergleich zu makroskopischen Systemen werden die Transporteigenschaften von Elektronen in niederdimensionalen Systemen mittels der spezialisierten Technologie der Bauelementminiaturisierung massiv verändert. Viele für Makrosysteme wichtige Grundgesetze gelten nicht mehr für die niederdimensionalen Systeme.
Quantum Wire,
Der Quantendraht (
tum Point Contact,
Quan-
QWR) oder Quantenpunktkontakt (
QPC) sind als quasi-1D Systeme für die Untersuchung der
elektrischen Transporteigenschaften von groÿer Bedeutung. Im Folgenden werden die Grundlagen der Transporteigenschaften von Quantendrähten und komplexeren 1D-Nanostrukturen behandelt. Ein QWR oder ein QPC ist ein quasi-1D System mit einer der Fermi-
2.3 Transport in Quantendrähten und Nanokreuzen
15
Wellenlänge vergleichbaren Breite. Die ersten Transportuntersuchungen an 1DElektronensystemen in Festkörpern wurden von Sharvin 1965 an Punktkontakten in Metallen durchgeführt [30]. Aufgrund der kleinen Fermi-Wellenlänge
λF
von
Elektronen in Metallen von nur etwa 0.5 nm kann bei den wesentlich gröÿeren Abmessungen des Punktkontaktes die Quantisierung der Energie in diesen Systemen nicht beobachtet werden. Im Vergleich zu metallischen Systemen ermöglichen Halbleiter mit ihren erheblich gröÿeren Fermi-Wellenlängen ner Engstelle im 2DEG mit der Abmessung von etwa
λF die Herstellung ei-
λF . Hierbei ist die Quantisie-
rung des Leitwertes gut realisierbar. Die ersten Quantenpunktkontakte in Halbleitern wurden 1988 in modulationsdotierten GaAs/AlGaAs-Heterostrukturen mit lateraler Strukturierung der metallischen Split-Gate Elektrode auf der Probenoberäche erzeugt [31, 32]. Durch Anlegen einer negativen Gatespannung kann das unter der Gate-Elektrode liegende 2DEG lokal verarmt werden. In diesen Experimenten wurde der stufenförmige Leitwert von
n · 2e2 /h (n = 1, 2, ...)
mit der
Variation der Spannung an den Split-Gate Elektroden erstmalig beobachtet. Die Transporteigenschaften von 1D-Elektronensystemen können durch den Landauer-Büttiker (LB) Formalismus [33, 34] theoretisch erklärt werden. Im LB Formalismus wird der Stromtransport in mesoskopischen Systemen auf Basis eines quantenmechanischen Streuprozesses mit Transmissions- und Reexionswahrscheinlichkeiten beschrieben. Um den Leitwert in der Probe herzuleiten, wird ein Transportmodell des QWRs mit drei unterteilten gegenseitig gekoppelten Bereichen des Bauelementes wie in Abbildung 2.5 erstellt. Die drei Bereiche unterscheiden jeweils die Probe, die Elektronenreservoirs und ideale 1D-Leiter als verbindende Kontakte. Die reale Probe mit streuenden Defekten wird zur Vereinfachung als Barriere modelliert. Die Elektronendichte in den Reservoirs ist durch die Quasi-Fermienergien
µ1
und
µ2
bestimmt. Der Transport im System
wird dann durch eine quantenmechanische Transmissions- (T ) und Reexionswahrscheinlichkeit (R
= 1 − T)
beschrieben. Durch Anlegen einer Spannung
VSD = −(µS − µD )/e zwischen den Reservoirs (Source und Drain) ieÿt ein Strom I = − e n1D v durch die Probe. Hierbei ist
n1D
(2.18)
die eindimensionale Ladungsträgerdichte. Mit
Hilfe der Transmissionswahrscheinlichkeit
T (E)
kann der Strom
I(E)
durch die
Barriere in der Probe als Dierenz der Teilströme aus dem linken und rechten Reservoir beschrieben werden. Wird nur eine einzelne 1D-Zuleitung auf beiden Seiten der Barriere betrachtet, so ergibt sich der Strom durch die Probe gemäÿ
2e I= 2π
Z
∞
Z v(k) f1 (k) T (E) dk −
0
∞ 0
0
0
0
v(k ) f2 (k ) T (E ) dk . 0
(2.19)
2 GRUNDLAGEN
16
linkes Reservoir
n ideale 1D-Leiter ma, fa
m ideale 1D-Leiter mb, fb
Strom I
rechtes Reservoir
Hindernis m1, f1
Reflexion
(T + R = 1)
R
Transmission
m2, f2
T
Abbildung 2.5: Schematische Darstellung eines QWRs im LandauerBüttiker Modell. Unter diesem Modell wird ein Bauelement in Probe, Elektronenreservoir und 1D-Leiter aufgeteilt [34].
Zur Vereinfachung wird bei niedrigen Temperaturen im Energieintervall zwischen
µS
und
µD
eine konstante Transmission angenommen. In diesem Fall ver-
einfacht sich die Gleichung 2.19 zu
I= Mit dem Spannungsabfall
2e T (µ1 − µ2 ). h
(2.20)
VSD = −(µS − µD )/e zwischen Source und Drain ergibt
sich für den dierentiellen Leitwert
G2P =
2e2 T. h
(2.21)
Dieses Ergebnis entspricht einer 2-Punkt Messung des Leitwertes, wobei die Spannung und der Strom an den Reservoirs in Source und Drain gemessen werden. Wird die Spannung nicht an den Reservoirs sondern direkt an der Probe abgegrien und der Strom ieÿt noch unverändert durch die äuÿeren Reservoirs, entspricht diese Konguration einer 4-Punkt Messung des Leitwertes. Hierbei wird daher der Leitwert der Probe durch den lokalen Spannungsabfall über der Barriere bestimmt und mit der herkömmlichen Herleitung wird der Leitwert in 4-Punkt Messung in der Form
G4P =
2e2 T h R
(2.22)
ausgedrückt. Durch den Vergleich der Gleichungen 2.21 und 2.22 ist festzustellen, dass für die Transmission
T = 1
jeweils ein endlicher Leitwert in Gl. 2.21 von
der 2-Punkt Messung und ein unendlicher Leitwert in Gl. 2.22 von der 4-Punkt Messung erreicht wird. Die Transmission
T = 1
bedeutet, dass die Elektronen
vollständig ballistisch durch den QWR passieren können. Als Folge der fehlenden Dissipation wird ein unendlicher Leitwert aus den Ergebnissen erwartet und
2.3 Transport in Quantendrähten und Nanokreuzen
17
die Erwartung entspricht der 4-Punkt Messung. Auf Grund der Dierenz des Leitwertes zwischen Gl. 2.21 und 2.22 ergibt sich ein Widerstand in der Form
RKontakt =
1 h 1 − = 2 ≈ 12.9 kΩ. GSD GBarriere 2e
(2.23)
Dieser Kontaktwiderstand entsteht am Übergang zwischen den Reservoirs und den 1D-Leitern durch Fehlanpassung der transversalen Transportmoden und erklärt den endlichen Leitwert der 2-Punkt Messung. Aufgrund der Energietalentartung in Si wird in Gleichung 2.21 und 2.22 ein zusätzlicher Faktor
gv = 2
hinzugefügt. Um das Ergebnis für den Leitwert auf reale 1D-Leiter anzuwenden, wird beim Elektronentransport der Beitrag mehrerer Moden berücksichtigt. Im allgemeinen Fall werden
m
1D-Moden auf der linken Seite und
n
1D-Moden auf der rechten
Seite gegeben. Die Transmissionswahrscheinlichkeit in 2-Punkt Messung in Gl. 2.21 ist daher durch
G=
2e2 X |tnm |2 h n,m
(2.24)
gegeben. Hierbei ist tnm die Amplitude der Transmissionswahrscheinlichkeit durch die Barriere aus Mode m auf der linken Seite in Mode n auf der rechten Seite. Nach den Vereinfachungen im symmetrischen Fall
m=n
wird der dierentielle
Leitwert mit 2-Punkt Messung in Gl. 2.21 auf Grundlage der Vernachlässigung von Inter-Mode-Streuungen über
G=
2e2 X |tnn |2 h n
(2.25)
beschrieben. Wird mit Hilfe einer Steuer-(Gate-)Spannung eine Subbandunterkante unter das Ferminiveau abgesenkt, trägt ein weiteres Subband zum Elektronentransport bei und der Leitwert steigt mit einer Stufenhöhe von
2e2 /h.
Für
L
besetzte 1D-Subbänder ist der Leitwert von 2-Punkt Messung aus Gl. 2.25 durch
G = gv
2e2 L (gv = 2) h
(2.26)
vereinfacht. Hierbei repräsentieren bei einem harmonischen lateralen Einschrän-
V (y) = V0 + m∗ ωy2 y 2 /2 die äquidistanten Energieeigenwerte En = V0 + ~ωy (n + 1/2), n = 0, 1, 2, ... die Unterkanten eindimensionaler Subbän-
kungspotential
der, der Transportmoden.
2 GRUNDLAGEN
18
Die quantenmechanische Beschreibung eines QPCs wird durch ein sattelförmiges Einschränkungspotential [35] der Form
1 1 V (x, y) = V0 − m∗ ωx2 x2 + m∗ ωy2 y 2 2 2
(2.27)
an der Engstelle umgesetzt. Mit der analytischen Herleitung erhält man die Transmissionskoezienten [36, 37] bei der Vernachlässigung der Inter-ModeStreuungen in der Form
Tij = δij
1 1 + e−πi
(2.28)
mit
i =
2(E − Ei ) ~ωx
und den durch die Einschränkung in
(2.29)
y -Richtung
hervorgebrachten quantisierten
Energieeigenwerten
1 Ei = V0 + ~ ωy i + . 2
(2.30)
In diesem Fall hängt der Verlauf des dierentiellen Leitwertes vom Verhältnis
ωy /ωx
ab. Mit einer Zunahme der Werte von
ωy /ωx
ist der stufenförmige Ver-
lauf des Leitwertes über der Energie immer deutlicher sichtbar. Im Gegensatz dazu können für
ωy /ωx = 1
infolge des einsetzenden Tunneleektes durch die
Sattelpunkt-Barriere keine Plateaus in den Bereichen besetzter Subbänder ausgebildet werden. Durch Zusammenschalten der einfachen zweipoligen Strukturen wie QWR oder QPC entstehen mehrfach verzweigten Nanostrukturen. Nanostrukturen mit mehr als 2 Verzweigungen können in gleicher Weise mit dem LB-Formalismus [38, 39] beschrieben werden. Im Vergleich zu QWR oder QPC wird der Widerstand der mehrfach verzweigten Nanostrukturen auÿer von der Fehlanpassung der unterschiedlichen Transportmoden zwischen Leiter und Reservoir sondern auch durch Streuungen an der Verbindungsstelle verursacht. Im allgemeinen Fall werden bei der Messung üblicherweise zwei der Verzweigungen als Strominjektoren und zwei andere als Spannungssonden konguriert. Nach dem LB-Formalismus wird in der mehrfach verzweigten Nanostruktur der Strom
Ii
in der Verzweigung
i durch die Transmissionswahrscheinlichkeiten Tij von Verzweigung j gung i über das quasi-Ferminiveau µj von Kontakten in der Form # " X 2e −Ni µi + Tij µj Ii = h j
in Verzwei-
(2.31)
2.3 Transport in Quantendrähten und Nanokreuzen
19
mit
Ni =
X
Tij
(2.32)
j beschrieben [39]. Hierbei sind
i
j
und
die Indices für die Zuleitungen und
Ni
ist
i.
die besetzte Modenzahl in der Zuleitung
Im Rahmen einer Vierpunkt-Konguration wird durch Anlegen der Spannung
Vmk
zwischen den Kontakten (m,
k)
ein Strom eingeprägt, zugleich wird die
Potentialdierenz zwischen anderen zwei Kontakten (j , Messkonguration wird ein Vierpunkt-Widerstand der Spannung
Vjn
zum Strom
Imk
Rmk,jn = deniert [39, 40]. Hierbei ist
D
n)
Rmk,jn
gemessen. In dieser
durch das Verhältnis
gemäÿ
h Tjm Tnk − Tjk Tnm e2 D
(2.33)
eine spezische Konstante, welche durch eine
Unterdeterminante unabhängig von der Vierpunkt-Konguration mit der Wahl der Indices gegeben ist. Wird z.B. der Strom zwischen zwei gegenübergesetzten Verzweigungen eingeprägt und gleichzeitig die Spannung zwischen zwei anderen gegenübergesetzten Verzweigungen gemessen, ergibt sich der Hall-Widerstand
RH
nach dem LB-Formalismus durch [40]
RH =
h TR2 − TL2 e2 D
(2.34)
mit
D = (TR + TL )[2TF (TF + TR + TL ) + TR2 + TL2 ]. Hierbei ist
TF
(2.35)
die Transmissionswahrscheinlichkeit in die gegenüberliegende Ver-
zweigung. Gleicherweise bezeichnen
TR
und
TL
die Transmissionswahrscheinlich-
keiten in die rechte oder linke orthogonale Verzweigung. Aus den Gleichungen 2.34 und 2.35 folgt, dass bei hoher Symmetrie mit
TR ≈ TL
der Hall-Widerstand
sinkt, ebenso bei bevorzugter Transmission in die gegenüberliegende Verzweigung,
TF >> TL , TR .
Mit der Variation der Konguration wird ein anderer Trans-
ferwiderstand, der Bend Resistance
RB
ermittelt. In dieser Konguration wird
der Strom zwischen zwei orthogonalen Verzweigungen eingeprägt, während der Spannungsabfall zwischen zwei anderen orthogonalen gegenübergesetzten Verzweigungen abgegrien wird. Der Bend Resistance wird daher genauso wie der Hall-Widerstand mit den drei oben angegebenen Transmissionswahrscheinlichkeiten gemäÿ
RB =
h TR TL − TF2 e2 D
(2.36)
2 GRUNDLAGEN
20
ausgedrückt [40]. Nach der Gleichung 2.36 ist der Bend Resistance
RB
negativ,
wenn der Elektronentransport in die gegenübergesetzte Verzweigung gegenüber der abknickenden Verzweigung bevorzugt ist. In diesem Fall erfolgt der Transport von Elektronen im sogenannten ballistischen Regime.
2.4 Thermoelektrische Eekte Im Vergleich zur Untersuchung der elektrischen Transporteigenschaften in quasi 1D-Nanostrukturen wurden thermoelektrische Eekte (z.B. Seebeck-Eekt) in 1D-Systemen weniger intensiv untersucht. Auÿer für Spezialanwendungen reicht die thermoelektrische Konversionswirkungsgrade herkömmlicher thermoelektrischer Bauelemente für die eziente Gewinnung elektrischer Energie nicht aus. Mit der Entwicklung der nanostrukturierten Materialien wird sich die Ezienz der Thermoelektrik deutlich verbessert und die Forschung zur Thermoelektrik entsprechend vorantrieben. In dieser Arbeit werden die thermoelektrischen Eekte durch heiÿe Elektronen in einer 1D Si/SiGe-Kreuzstruktur mit einem QWR in einer der Verzweigungen in Hinblick auf die Anwendung als Vollwellengleichrichter untersucht. Erste Arbeiten zu thermoelektrischen Eekten heiÿer Elektronen wurden von Molenkamp
et al. [41, 42] an GaAs/AlGaAs-Nanostrukturen durch-
geführt. Als Thermoelektrizität wird die gegenseitige Beeinussung von Temperatur und Elektrizität bezeichnet. Beim Seebeck-Eekt werden an zwei Kontaktstellen eines elektrischen Leiters oder Halbleiters unterschiedliche Temperaturen angelegt, so entsteht dazwischen eine elektrische Spannung, deren Gröÿe vom Temperaturgradienten abhängt. Die Beschreibung des Seebeck-Eektes im 1D-System ist durch den Seebeck-Koezienten (Thermokraft)
S= gegeben. Hierbei ist
∆µ
∆µ / e ∆T
= −L/G
(2.37)
I=0
die Dierenz des chemischen Potentials zwischen zwei
Kontaktstellen mit unterschiedlichen Temperaturen.
L
und
G
stellen jeweils den
thermoelektrischen Koezienten und den dierentiellen Leitwert des 1D-Systems dar. In der Herleitung des dierentiellen Leitwertes in 1D-Systemen wird die Transmission der Elektronen zwischen den Reservoirs durch eine 1D-Barriere mittels des Landauer-Büttiker Formalismus berechnet. Neben dem Elektronentransport kann der LB-Formalismus auch zur Untersuchung des thermischen Transports für thermoelektrische Eekte generalisiert werden. Um den LB-Formalismus
2.4 Thermoelektrische Eekte
21
auf ballistische 1D-Systeme mit thermoelektrischem Transport anzuwenden, wird ein Transportmodell in herkömmlicher Weise aufgebaut [43]. In diesem Modell wird das Bauelement wieder in die Probe, zwei Thermoelektrische Reservoirs und je eine Zuleitung aus parallelen idealen 1D-Leitern unterteilt. Zur Vereinfachung wird die Probe als eine Potentialbarriere gezeichnet und die beiden Reservoirs in der linken und rechten Seite werden durch die Quasi-Fermienergie Verteilungsfunktionen
f1
und
f2
und die Temperaturen
T1
und
µ1
T2
und
µ2 , die
beschrieben.
Eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit wird in beiden Reservoirs angenommen, so dass beim Transport das Elektronensystem unabhängig von den Transporteigenschaften der 1D-Leiter in einem thermischen Gleichgewicht bleiben kann. In den 1D-Zuleitungen werden im ballistischen Regime nur elastische Streuungen vorausgesetzt. Im linearen Regime wird der gesamte Strom den energieabhängigen Transmissionskoezienten
e2 I = −2 h
Z
+∞
−∞
beschrieben. Hierbei ist
dfFD (E) t(E) dE
fFD (E)
t(E)
I
durch
in der Form
E−µ ∆T + ∆µ dE T
(2.38)
die Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion,
µ
und
T
bezeichnen jeweils die durchschnittliche Quasi-Fermienergie und Temperatur im System. Aus Gleichung 2.38 ergibt sich, dass im linearen Regime der gesamte Strom
∆µ
I
durch die Probe proportional zur Dierenz der Quasi-Fermienergien
und der Temperaturen
Bedingung
I=0
∆T
zwischen den beiden Reservoirs ist. Unter der
wird der statische Seebeck-Koezient
S
vom Cutler-Mott For-
malismus [44] durch
kB S= e
Z
+∞
−∞
dfFD (E) E−µ t(E) dE dE kB T
Z
+∞
−∞
dfFD (E) t(E)dE dE
−1 (2.39)
ausgedrückt. Im ballistischen Transportregime lässt sich der Transmissionskoefzient eines idealen 1D-Leiters in die Gleichung
" +∞ Z # +∞ !−1 X kB X +∞ dfFD (E) E − µ S= − dE fFD (En ) e n=0 En dE kB T n=0 umformen. Hierbei ist
En
die
n-te
(2.40)
Subbandunterkante. Bei tiefen Temperaturen
existiert noch ein endlicher Wert des Seebeck-Koezienten, solange die thermische Energie
kB T
viel kleiner als der Subbandabstand und die Dierenz zwischen
Fermi-Energie und Subbandunterkante kleiner als oder gleich der thermischen Energie
kB T
µ gleich der n-ten SubbandunterkanKoezient S ein lokales Maximum. Der Maxi-
ist. Ist die Quasi-Fermienergie
te, erreicht der thermoelektrische
2 GRUNDLAGEN
22
malwert des Koezienten
Simax =
S
ist temperaturunabhängig quantisiert und durch
60 kB ln2 ≈− (µVK−1 ) e i + 1/2 i + 1/2
gegeben [45]. Am untersten Subband Koezienten
S
EF = E1
tritt kein lokales Maximum des
in der Gl. 2.41 auf, stattdessen steigt
an. Die Beschreibung des Koezienten
S
(2.41)
S
monoton für
ist dann für eine nahe an
EF ≤ E1
E1
liegende
Quasi-Fermienergie in der Form
S≈−
kB (1 + 1 ) e
(2.42)
1 = (E1 − EF )/kB T gegeben. Während die Breite des Maximums im Koezienten S vorzugsweise von der Temperatur T beeinusst wird, bleibt seine mit
Spitzenhöhe dagegen nahezu unverändert. Die Gleichungen von 2.40 bis 2.42 werden auf Basis der Stufenfunktion der Energie hergeleitet sind für
EF