Der Grundsatz der Kontinuität der
und das Streikrecht öffentlichen Dienst in Frankreich
"services im
publics"
Christian WalterA.
Einleitung
B.
Grundzüge
des Streikrechts
lungsphasen 1. Die Entscheidung
im
öffentlichen Dienst
in
Frankreich: Einzelne Entwick-
Winkell und der Grundsatz der Kontinuität der "services
pub-
lics" 11.
Verfassung vom 2Z Oktober 1946 und das Urteil Dehaene Gesetzgebers und ihre Auswirkungen auf die im Verfahren Dehaene
Die Präambel der
111. Aktivitäten des
entwickelten Grundsätze IV.
Höhepunkt
der
Entwicklung: Verfassungsunmittelbare Geltung publics"
des
Prinzips der
Kontinuitdt der "services C. Die
Ausgestaltung des Streikrechts im öffentlichen Dienst durch Parlament, Regierung Rechtsprechung des Consell d'Etat Der Begriff des Streiks Zuständigkeit innerhalb der Regierung für den Erlaß von Regelungen hinsichtlich
und die I. 11.
des Streiks 111. IV. V.
im
öffentlichen Dienst
Zulässige Gegenmaßnahmen Regelungen hinsichtlich der Ausübung des Streikrechts Rechtsfolgen von Streiks im öffentlichen Dienst
Referendar, wissenschaftlicher Mitarbeiter
am
Institut.
Actualit juridique Drolt Administratif; BGHZ Abkürzungen: A.J.D.A. Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen; BVerfGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts; BVerwGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts; CC Conseil -
Conseil d'Etat; DZWir Deutsche Zeitschrift für WirtschaftsConstitutionnel; CE La Semaine Juridique (juris Classeur P6riodique); JORF recht; JCP Journal Officiel de la R Fran juS Revue du Droit Public Juristische Schulung; R.D.P. Recueil Dalloz; Rec. et de la Science Politique en France et ä l'Etranger; Rec. Dalloz Dalloz Sirey Recueil Dalloz-Sirey; Rec. des Arr8ts Recueil des Arr8ts; Rec. Sirey Recueil Sirey; Rev. Adm. La Revue Administrative; RFDA Revue Fran de Droit Administratif; TA Tribunal Administratif; ZBR Zeitschrift für Beamtenrecht.
13 LAV 55/1
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Walter
192
Zusammenfassung: Dem Streikrecht im öffentlichen Dienst gende allgemeine Prinzipien 1. Verfassungsrechtliche Verankerung des Streikrechts
D.
II.
Der Grundsatz der Kontinuität der "services
III. Der Grundsatz des
Interessenausgleichs Allgemeinwohl
Streikenden und
Rechtsvergleich
E.
Unterschiede
11.
Angleichung
publics" arbeitsbedingtem
zwischen
zugrundelle-
Interesse der
der deutschen Situation
mit
I.
in Frankreich
der
in
Ausgestaltung
in der Praxis
Summary R
Etkleitung
A.
Mitgliedstaaten der EuroInteresses geraten'. Man des Blickpunkt päischen erhofft sich Anregungen aus den einzelnen Rechtsordnungen für die Angleichung des Dienstrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und Das Recht des öffentlichen Dienstes in den
Gemeinschaft
für die
Anpassung
in den
die Erfordernisse des GemeinschaftsrechtS2. Die des Streikrechts im öffentlichen Dienst in Frank-
an
folgende Darstellung reich möchte
ist
dieser Diskussion
zu
beitragen 3 Änlich
wie in Deutschland
beruht auch in Frankreich das Streikrecht des öffentlichen Dienstes im wesentlichen auf Richterrecht. Dabei ist das geltende Recht Ergebnis einer
Entwicklung,
die bis
in
das
Jahr
1909 zurückreicht. Anläßlich der
in diesem Jahr im Verfahren Mal mit dem Streikrecht im öffentlichen Dienst befaßt. Die diese Entscheidung tragenden Grundsätze bestimmen das Streikrecht in Frankreich bis heute. Im folgenden wird zunächst die Herausbildung der Grundzüge nachgezeichnet (B.), bevor anschließend Ein-
Pariser PoststreikS4 wurde der Conseil d'Etat
Winkell
zum
ersten
zelheiten des Streikrechts im öffentlichen Dienst in Frankreich dargestellt werden (C.). Eine Zusammenfassung der französischen Rechtslage anhand der
1
den
Siehe
zugrundeliegenden Rechtsprinziplen (D.)
etwa
M
a
Mitgliedstaaten
gi
e r a
der
/S
1 e
d
e n t o
pf
(Hrsg.),
Das Recht des öffentlichen Dienstes in
Europäischen Gemeinschaft,
2
Maglera/Siedentopf,ibid.,6.
3
Das Streikrecht ist
in
dem Sammelband
von
soll einen Rechtsver-
M
1994.
a
gi
e r a
/Si
e
d
e n t o
pf
nur am
Rande
vgl. für Frankreich A u t e x i e r, Das Recht des öffentlichen Dienstes in Frankreich, in: Magiera/Siedentopf, iNd., 235ff., 275; allgemein zum Streikrecht im öffentlichen Dienst in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft Niedobitek, Recht des öffentlichen Dienstes in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, Rechtvergleichende Analyse, in: Maglera/Siedentopf, ibid., 11 ff., 56 f. 4 Zu den Poststreiks Rolland, Les deux gr des postes et le droit public, R.D.P. behandelt worden,
26
(1909), 287ff.
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Streikrecht im öffentlichen Dienst
gleich mit der deutschen Regelung möglich machen (E.). B.
Grundzüge
Entscheidung
des Streikrechts im öffentlichen Dienst
öffentlichen Dienst Entwicklungsphasen
Winkell und
grunde.
in Frankreich:
der Grundsatz der
Kontinuitat der "services
Dem Verfahren
193
Frankreich
des Streikrechts im Einzelne
Die
in
publics"
lagen die Poststreiks des Jahres 1909 Regierung den beteiligten Angestellten das
Winkell
Damals hatte die
zu-
Ar-
gekündigt, ohne sie vorher zu den Vorwürfen zu hören. Anhörung wäre aber aufgrund Art. 65 des Gesetzes vom 22. April 1905 erforderlich gewesen5. Unter Berufung auf die unterbliebene Anhörung fochten die Betroffenen die Kündigung an. Der Consell beitsverhältnis Eine solche
d'Etat entschied in letzter Instanz, daß im Bereich des öffentlichen Dienstes Streiks unzulässig seien. Die Kontinuität der s e rvices p ub "
-
Bedeutung für das Überleben der Nation und dulde keine Unterbrechungen6. Dies rechtfertige auch eine Kündigung ohne Anhörung. Mit der Entscheidung Winkell wird erstmals der Grundsatz der Kontinuität der "services publics-" in der Rechtsprechung des Consell d'Etat herangezogen. Dieser Grundsatz besagt, daß alle staatlichen Stellen und ihre Mitarbeiter sowie private Konzessionsbetriebe dazu verpflichtet sind, die von ihnen wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben ohne Unterbrechung durchzuführen7. Aus der allgemeinen Formulierung des Grundsatzes wird zugleich deutlich, daß es für das Streikrecht im öffentlichen 11
-"
c s
5
sei
Vgl.
1911, 111. 6
Vgl.
von
die
entscheidender
Darstellung
des Commtssaire du Gouvernement
Tardieu,
Rec. Dalloz
iz
die
Das Verbot
Schlußanträge
von
Streiks
im
des Commissaire du Gouvernement Tardieu, ibid., 111. 18. öffentlichen Dienst ist in der Literatur auf breite
Zustimmung
gr de fonctionnaires sur leur condition juridique, R.D.P. 26 (1909), 494ff., 500; ders., Cours de droit public, 1926, 246; Chardon, Le pouvoir administratif, 1912, 201 f.
gestoßen, j
z
e,
Cons
d'une
7 C h a p u s, Droit administratif g Bd. 1, 6. Aufl. 1992, 455. Der Grundsatz hat neben dem Streikrecht des öffentlichen Dienstes vor allem im Bereich der staatlichen Unterstützung für Konzessionsbetriebe eine Rolle gespielt. So ist beispielsweise der staatliche Konzessionsgeber zur finanziellen Unterstützung verpflichtet, wenn ein privater Konzes-
sionsbetrieb beim Betrieb öffentlicher Aufgaben durch unvorhersehbare Ereignisse in finanzielle Schwierigkeiten gerät (ständige Rechtsprechung seit CE vom 30.3.1916, Cie ggnirale
d'gclazrage
de Bordeaux, Rec. des Arr&s, 1916, 143 ff., 146,
vgl.
näher C h
a
p
u
s,
ibid., 885ff.).
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Walter
194
ebensowenig auf die Qualifikation eines BediensteAngestellter oder Arbeiter8 ankommt9 wie auf die Zuordnung seines Arbeitsvertrages zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht. Entscheidend ist allein die Beteiligung an einem "service publlc'-'. Diese sehr allgemeine Anknüpfung erlaubt es, im folgenden keine Unterscheidung zwischen den "services publics administratifs-'-' und den "services publics industriels et commercials" vorzunehmen"; beide werden erfaßt. Desgleichen ist keine Unterscheidung zwischen juristischen PersoDienst ten
nen
in
Frankreich
als Beamter,
des öffentlichen Rechts und solchen des Privatrechts erforderlich". publlc" erfüllen, müssen es aber nicht. Nur
Beide können einen "service sie
soweit
es
tun,
sind die im
folgenden
beschriebenen besonderen
Regeln
anwendbar. Der Conseil d'Etat hat den Grundsatz der Kontinuität der "services
publics" in der Zeit vor Inkrafttreten der Verfassung von 1946 mehrfach bestätigt12 und ihm auch entnommen, daß die Regierung alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen darf, um einen solchen Streik zu brechen 13.
Während des d'Etat
men14. Mit dem
8
Vichy-Regimes wurde die Rechtsprechung des Conseil vom 14. September 1941 vom Gesetzgeber übernomEnde der Vichy-Regierung wurde das Gesetz allerdings
Gesetz
mit
Unterscheidung
Zur
siehe
Chapus,
Droit administratif
g6n6ral,
Bd. 2, 5. Aufl.
1991, 52ff. 9 Daher ist auch ganz konsequent, wenn das Gesetz Nr. 83-634 vom 13.7.1983 über die Rechte und Pflichten der Beamten (JORF vom 14.7.1983, 2174) keine Aussagen über das Streikrecht der Beamten enthält und in seinem Art. 10 lediglich auf die allgemeinen gesetzlichen Regelungen des Streikrechts verweist. 10
Dazu C h
11
Chapus, ibid., logff. Syndicat National des Chemins
12
a
p
u s
(Anm. 7),
442 ff.
Dazu
Minatre
et autres,
R.D.P. 55
de
fer,
Rec. des Arr 1913,
(1938), 134ff.; Sellier,
Rec.
Sirey 1941,
875ff.; DemotSelle 111. 25, mit Anm.
Mestre. 13
So hat
es
das Gericht
beispielsweise
für
zulässig gehalten,
einen Streik dadurch
zu
brechen, daß die streikenden Eisenbahner umgehend zu einer Wehrübung einberufen wurden, bei der sie dann ihren normalen Dienst versahen, Syndicat National des Chemins de Rec. des Arr8ts 1913, 875ff. "Art. 17. Tout acte d'un fonctionnaire portant atteinte ä la continuit indispensable ä la marche normale des services publics qu'11 a re mission d'assurer constitue ä sa charge le de cette nature r6sulte manquement le plus grave ä ses devoirs essentiels. Lorsqu'un acte d'une action collective ou concert il a pour effet de priver le fonctionnaire des garanties
fer,
14
pr
par le
pr
statut en
mati
disciplinaire", JORF
vom
1.10.1941.
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Streikrecht
durch die 1944
Verordnung aufgehoben'-5.
im
öffentlichen Dienst
in
der
Wiederherstellung
zur
11. Die Präam bel der Verf assung
195
Frankreich
Legalität
vom
9.
August
2 7. Oktober 1946 und
vom
das Urteil Dehaene
1. Die veränderte Situation nach der
Mit Inkrafttreten der
Verfassung
sieben ihrer Präambel erstmals
satz
für die
punkt
Zulässigkeit
'Te droit de
gr
Verfassung
von
1946
gab es in Abverfassungsrechtlichen Anhalts-
2Z Oktober 1946
vom einen
Streiks im öffentlichen Dienst:
von
s'exerce dans le cadre des lois
qui
Das Parlament hatte diesen Gesetzesvorbehalt Im Gesetz über den öffentlichen Dienst
vom
le
r Teil
nur zum
ausgefüllt.
194616
19. Oktober
war
die
geregelt, später ergingen Streikverbote für die Frage "CompagniesR 17 unddiePolizei 18 des Streiks gar nicht
Ein Streik der Präfekturbeamten
die
Gelegenheit,
Dienst
zu
den Consell dEtat
befassen19. Das
Dehaene20 ist bis heute
von
erneut mit
diesem
in
1948 bot den Gewerkschaften
imjuli
zentraler
dem Streik
Zusammenhang Bedeutung für
im
öffentlichen
ergangene Urteil
die
Regelung
des
Streikrechts im französischen öffentlichen Dienst.
2. Die
Dem Verfahren Dehaene
Entscheidung
D
lag folgender
nenministerium hatte die Präfekten in
e
haen
e
Sachverhalt
einem
zugrunde: Das Inaufgefordert,
Rundschreiben
alle streikenden aufwärts
vom
Indre-et-Loire
15
Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom Büroleiter zu suspendieren. Der Präfekt des D dieser folgte Anweisung zunächst und suspendierte sechs Dienst
JORF vom 10.8.1944, 688; vgl. näher publics?, JCP 1950, 1. 83 7, Rdnr. 6. JORF vom 20.10.1946, 8910.
C h a r 11 e r, Y-a-t-11
un
droit de gr dans les
services 16 17 18 19
Art. 6 des Gesetzes Nr. 47-2384
vom
Art. 2 des Gesetzes Nr. 48-1504
vom
27.12.1947, JORF vom 28.12.1947,12494. 28.9.1948, JORF vom 29.9.1948, 9532. Der Conseil d'Etat hatte bereits 1947 über einen Streik im öffentlichen Dienst
zu
entscheiden, CE vom 18.4.1947; Jam*gz*on, Rec. des Arr8ts 1947, 148; Rec. Sirey 1948, 33 ff., mit Anm. R i v e r o. Da der dem Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt aber aus dem Jahr 1938 stammte, kam es auf die alte Rechtslage an. Der Conseil d'Etat entschied das Verfahren auch eine 20
nur unter
mögliche Änderung CE
vom
Hinweis auf die
-damalige Rechtslage"
und deutete damit
an.
7.7.1950, R.D.P. 66 (1950), 708f.
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196
Walter
Beamte.
Aufgrund
rück und erteilte
Instruktionen nahm
neuer
wehrten sich die Betroffenen und trugen Streikrecht
rantlerte
rechtfertige
Der Conseil dEtat
er
die
dessen förmliche Verweise.
statt
vor,
das
Suspendierungen
Gegen
zu-
diese Verweise
verfassungsmäßig
ga-
ihren Ausstand 21
entschied, daß die verfassunggebende Versammlung
in Absatz sieben der Präambel das Streikrecht
im öffentlichen Dienst anerkannt habe22. Trotz fehlender gesetzlicher Regelungen aber nicht schrankenlos. Vielmehr obliege es der Regierung,
grundsätzlich bestehe
es
die für ein wortlich
reibungsloses
sei, unter
Funktionieren des öffentlichen Dienstes
richterlicher Kontrolle die
verant-
notwendigen Regelungen
treffen.
zu
Für den Fall des Präfekturstreiks entschied der Conseil
Ausstand
tigung leiter
in
zentralen Stellen der Präfekturen
der öffentlichen
unzulässig
Ordnung darstelle,
gewesen
sei.
eine so
daß
eine
d'Etat, daß
ein
schwere Beeinträch-
Beteiligung
Die förmlichen Verweise
der Büro-
seien
daher
haen
e
zu
Recht ergangen.
3. Besonderheiten und
Bedeutung
der
Entscheidung
D
e
Die wichtigste Neuerung durch die Entscheidung Dehaene liegt in der impliziten Anerkennung eines Streikrechts im öffentlichen Dienst auf der Grundlage von Absatz sieben der Verfassung von 194623. Der Consell d'Etat folgte hier den beiden Argumenten des Commissaire du Gouvernement. Dieser hatte zum einen darauf hingewiesen, daß sich die Aufgaben von Staatsangestellten und Privatangestellten in vielen Bereichen kaum unterschieden. Der Arbeiter beim Staatsbetrieb Renault führe die gleichen Tätigkeiten durch wie der Arbeiter bei dem privaten Unternehmen Citroen. Und ein Streik der (privaten) Bäcker bedrohe das Gemeinwohl mehr als einer der (staatlichen) Museumswärter24. Ein Streikverbot im öffentlichen Dienst führe daher zu einer Ungleichbehandlung25. ZUM
21
Vgl.
nement
G
die a z
Sachverhaltsschilderung i er, R.D.P. 66
(1950),
in
den
Schlußanträgen
des Commissalre du Gouver-
702 f.
22
"Consid qu'en indiquant, dans le pr6ambule de la Constitution, que 'le drolt de s'exerce dans le cadre des lois qui le r l'assembl constituante a entendu inviter le 14islateur ä op&er la conciliation n6cessaire entre la d6fense des int6r professionels, dont la gr constitue une des modalit6s, et de la sauvegarde de l'int g auquel elle peut 8tre de nature ä porter atteinte", R.D.P. 66 (1950), 708. 23 Vgl. den Text in der vorstehenden Anmerkung.
gr
24
Conclusions de G
25
Dieses Problem
a z 1 e r
war in
(Anm. 21),
702 ff., 706.
der Literatur auch
daraus, daß auch im privaten Sektor
eine
gesehen worden. Dort schloß man aber Ausdehnung des Streikverbots erforderlich sei,
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197
Streikrecht im öffentlichen Dienst in Frankreich
argumentierte der Commissaire du Gouvernement, daß der Streik auch im öffentlichen Dienst eine gesellschaftliche Realität sei. Mit einem undifferenzierten Verbot laufe der Consell dEtat Gefahr, daß seine Rechtsprechung in der Gesellschaft nicht akzeptiert werde. Damit drohe zweiten
aber die Autorität des Gerichts Schaden In der Literatur zwar
ist
dies auf Kritik
zu
nehmen 26
gestoßen.
Zum Teil
akzeptierte
man
daß Absatz sieben der Präambel das Streik-
den
Ausgangspunkt, grundsätzlich anerkenne,
bisherigen Rechtsprechung geltende "gesetzliche" Regelung, an der sich ohne ein Eingreifen des Gesetzgebers nichts geändert habe27. Andere Kritiker verwiesen auf die bisherige Rechtsprechung des Consell dEtat zu ausfüllungsbedürftigen Rechtssätzen28. Das Gericht weiche von seinem Grundsatz ab, daß ausfüllungsbedürftige Rechtssätze solange nicht anwendbar seien, wie die Ergänzungs29 bestimmungen nicht ergangen seien Hinsichtlich dieser Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung dürfte wieder die Argumentation des Commissalre du Gouvernement ausschlaggebend gewesen sein, der darauf hingewiesen hatte, daß das Ge30 richt nicht an gesellschaftlichen Realitäten vorbeientscheiden dürfe Da der Gesetzgeber bis heute nur in Tellbereichen Regelungen für den Streik im öffentlichen Dienst erlassen hat, liegen langfristige Folgewirkungen aber vor allem in der pragmatischen Entscheidung des Conseil d'Etat, daß es bis zur Ausgestaltung des Streikrechts im öffentlichen Dienst durch den Gesetzgeber Aufgabe der Regierung sei, selbst die notwendigen Regelungen zutreffen 31
recht
des Consell d'Etat
vgl.
etwa
R
1 v e r
o, La
zum
r
(Anm. 15), L 837, Rdnr. 26 27
ment
Streik
sah aber im
de la
in
der
öffentlichen Dienst die
gr
Droit Social 1948, 58
ff., 62; C h a r 1 i e r
23.
a z i e r (Anm. 21), 702 ff., 706. Gervais, Note, Rec. Dalloz 1950, 539ff., 541; auch Commissaire du
Conclusions de G
Gazier hatte in
Conclusions de G a z i
e
Gouverne-
Schlußantrag auf diese Lösungsmöglichkeit hingewiesen, ibz*d., 702 ff., 705 f., sie allerdings abgelehnt.
seinem
r,
28
Liet-Veaux,Note,Rev.adm.3(1950),370ff.,370f. 29 CE vom 22.3.1939, Socz*jtg des Forges de Gueugnon, Rec. des Arr8ts 1939, 196, wo die Ausführungsbestimmungen für die Anwendbarkeit vorausgesetzt werden; vgl. bereits CE vom 4.5.1928, D'Ornano, Rec. des Arr8ts, 1928, 547, in denen die jeweiligen Ausführungsbestimmungen für unbedingt erforderlich gehalten wurden. 30 L i e t Ve a u x (Anm. 28), 371. Vgl. auch oben Anm. 26 und dazugehörender Text. 31 "Consid6rant qu'en absence de cette r [zur Ausübung des Streikrechts], -
gr ne saurait avoir pour cons6quence d'exclure les limitaapport6es ä ce drolt, comme ä tout autre, en vue d'en 6viter un usage abusif ou contralre aux n de Pordre public; qu'en Ntat: actuel de la 16gislation 11 de appartient au gouvernement, responsable du bon fonctionnement des services publics,
la reconnaissance du droit de tions
qui
doivent 8tre
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198
Walter
Die
auch
vorübergehende Umdeutung einer Ermächtigung an den Gesetzgeber in eine Ermächtigung an die Regierung wurde ebenfalls in der Literatur kritisch kommentlert32. Die Lösung sei nur schwer mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Aber -
wenn
nur
-
auch die Kritiker äußern Verständnis. Der Consell dEtat habe, seinem Selbstverständnis als Hüter des öffentlichen Interesses entsprechend, die
Regierung nicht
schutzlos
gegenüber
können33. Das Gericht hält
Lösungsweg nochmals
fest. Es hat die Grundsätze der
Einschränkungen che
am eingeschlagenen Entscheidung Dehaene 1984
beStätigt34.
Das Urteil Dehaene
dienen,
trotz
Attentaten auf das Staatsleben lassen
der Kritik bis heute
einen
Ordnung
vor.
der
gibt
Nur solche
Regierung auch den Zweck möglicher Beschränkungen sind zulässig, die dazu
Mißbrauch des Streikrechts
zu
verhindern oder die öffentli-
aufrechtzuerhalten. Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf
richterliches Kontrollrecht in diesem Bereich
ein
zudem weitere
waren
Verfahren vorprogrammiert. Während der Grundsatz der Kontinuität der "services
publics"
in
der
der
Vorkriegsrechtsprechung Begründung eines absoluten Streikverbots diente, rechtfertigt er nach Inkrafttreten der Verfassung von 1946 eine übergangsweise Kompetenzverschiebung für die Ausgestaltung des Streikrechts im öffentlichen Dienst vom Parlament auf die Regierung35. Der Conseil d'Etat versteht den Auftrag an den Gesetzgeber in Absatz sieben der Präambel der Verfassung von 1946 als Aufforderung, einen Interessenausgleich zwischen der Verfolgung beruflicher Interessen, zu der auch die Ausübung des Streikrechts gehöre, und dem Allgemeinwohl herzustellen 36
fixer lui-m8me, sous le contr6le du juge, en ce qui P&endue desdites limitations", R.D.P. 66 (1950), 708f. 32
Waline, Note, R.D.P.
travail dans le
secteur
public
33
Waline,ibid.,700f.
34
CE
35
Anderer Ansicht
wirft,
vom
66
concerne
ces
services,
(1950), 691ff., 699, Saint-Jours,
la
nature
et
Les relations du
1977, 128.
1.6.1984, Fidiration natiOnale des travailleurs P
allerdings
Gervais
et T, RFDA 4 (1988), 850. (Anm. 27), 539ff., 541, der dem Gericht vor-
habe den Grundsatz der Kontinuität der "services
publics" gänzlich aufgegeben; dens., Note, Cour de Cassation vom 27.1.1956, Blanc, Rec. Dalloz 1956, 481ff., 481; wie hier Gilli, La loi "anti-gr beaucoup de bruit pour rien?, Rec. Dalloz 1964, 81ff., 83, der den Grundsatz der Kontinuität der "services publics" als vgl.
es
auch
der gesamten Rechtsprechung zum Streik im öffentlichen Dienst ansieht. Für diesen grundsätzlich auf Ausgleich gerichteten Ansatz hat das Gericht besonders
Grundlage 36
viel Kritik erfahren. Man argumentierte, daß im Bereich des öffentlichen Dienstes ein Ausgleich nicht möglich sei, vgl. etwa Rivero, Le droit positif de la gr dans les services
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Streikrecht
4.
Die
Entscheidung
im
öffentlichen Dienst
199
Frankreich
Zivilrecht
Ausstrahlung ins
Dehaene betraf einen Streik in den Präfekturen. Die
Consell dEtat entwickelten Grundsätze
vom
in
sich daher
bezogen
nur
auf
Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis standen. Nach den allgemein anerkannten Kriterien liegt ein "service public.,' nicht nur
vor,
wird,
an
wenn
direkt durch die öffentliche Hand eine
erbracht
Leistung
der ein öffentliches Interesse besteht, sondern auch dann,
dies indirekt durch
einen
Privaten
struktureller
unter
Anbindung
wenn
an eine
juristische Person des öffentlichen Rechts erfolgt37. Für die bei privaten Arbeitgebern beschäftigten Angehörigen eines "service publlc" waren die Zivilgerichte zuständig und die Entscheidung Dehaene deshalb auch nicht maßgeblich. Ein Eisenbahnerstreik im Jahr 1952 bot der Cour de Cassation die Gelegenheit, die Grundsätze zum Streik im öffentlichen Dienst auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse anzuwenden38. In den Städten ClermontFerrand und Aulnat hatten
mit privatrechtlichen Verträgen angestellte Eisenbahndepotarbeiter für anderthalb bzw. eine halbe Stunde die Arbeit niedergelegt und waren auf der Grundlage eines ministeriellen Streikverbots mit Disziplinarmaßnahmen bestraft worden.
Die Sozialsektion der Cour de Cassation entschied
unter
Übernahme der Formulierung im Urteil Dehaene, daß auch der näheren
lung
Ausgestaltung
durch den
Gesetzgeber
wörtlicher
in
Ermange-
das Streikrecht
nicht unbeschränkt existiere, sondern unter dem Vorbehalt stehe, daß eine rechtsmißbräuchliche oder dem öffentlichen Interesse zuwiderlau-
fende
Ausübung unzulässig sei29
In der französischen Literatur herrscht
der
Entscheidung
auf
privatrechtliche Arbeitsverhältnisse
publics d'apr v a i s
37
la
(Anm. 27), Ch
a
pu
s
weitgehend Einigkeit, daß mit Entscheidung Dehaene auch
Blanc die Grundsätze der
jurisprudence
anwendbar sind,
wenn
diese der
du Conseil d'Etat, Drolt Social 1951, 591 ff., 595; G
e r
-
542.
(Anm. 7),
432 ff.,
mit
zahlreichen Einzelheiten und Nachweisen
aus
der
Rechtsprechung. 38
Cour de Cassation, Soc.
vom
27.1.1956, Blanc, Rec. Dalloz 1956, 481 ff.
39
"Mais attendu que [ ] le droit de gr s'exerce dans le cadre des lois qui le r6glementent, et qu'en l'absence de cette r6glementation la reconnaissance de ce drolt ne saurait avoir pour
cons d'exclure les limitations qui doivent lui
tout
en vue
autre,
d'en
Rec. Dalloz 1956, 481.
un
Vgl.
usage abusif
dazu die
ou
contraire
Formulierung
aux
8tre
apport6es
comme
int6r8ts de Pordre
ä
public",
im Urteil Dehaene oben Anm. 31.
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Walter
200
Erfüllung eines "service publlc'-' dienen40. Dieser Bewertung ist prinzipiell zuzustimmen. Sie wird im übrigen auch durch den Conseil d'Etat bestätigt. Dieser hatte in einem weiteren Verfahren, das direkt gegen einen Erlaß des Transportministers gerichtet war, die Grundsätze der Entscheidung Dehaene nahezu wortgleich auch auf die dem Privatrecht unterliegenden Arbeitsverhältnisse bei der SNCF angewandt41. Dennoch ist eine ergänzende Bemerkung angebracht. Die verschiedenen Zuständigkeiten von Conseil dEtat und Cour de Cassation führen zu einem Unterschied hinsichtlich der Begründung. Als Zivilgericht hatte die Cour de Cassation nicht über die Frage zu entscheiden, ob der ein Streikverbot enthaltende und damit den Disziplinarmaßnahmen zugrundeliegende Ministerialerlaß rechtswidrig oder rechtmäßig war. Die Folge ist, daß das Gericht anders als der Conseil dEtat keine Ausführungen zur Reglementierung von Streiks durch die Regierung macht, sondern seine Entscheidung allgemein auf den Grundsatz der Kontinuität der "services publics" StütZt42. Diese Argumentation legt nahe, daß die Cour de Cassation auch dann zur gleichen Entscheidung gelangt wäre, wenn die Disziplinarmaßnahmen ohne das ministerielle Streikverbot verhängt worden wären. Die Lösung des Conseil dEtat im Verfahren Dehaene scheint dagegen eine Regelung durch die Regierung vorauszusetzen
43
III. Aktivitäten des
Gesetzgebers
und ihre
Auswirkungen
auf
die im Verfahren Dehaene entwickelten Grundsätze Da sowohl die
von
der Cour de Cassation
Grundsatz der Kontinuität der "services
gewählte Lösung
publics"
als auch die
über den
vom
Con-
seil dEtat vorgenommene Kompetenzübertragung auf die Regierung eine fehlende gesetzliche Ausgestaltung des Streikrechts im öffentlichen Dienst voraussetzen,
wicklung
waren
die Aktivitäten des Parlaments für die weitere Entvon besonderer Bedeu-
des Streikrechts im öffentlichen Dienst
tung. 40
a p u s (Anm. 8), 213; P 1 a n t e y, La fonction publique, 1991, 135; Q u e r Le droit public pr&orien de la gr Rec. Dalloz 1959, 13 ff., 16. 41 CE vom 23.10.1964, Fidiration des Syndicats chritiens de Cheminots, R.D.P. 80 (1964), 12 10 ff., 1221 (mit den Schlußanträgen des Commissaire du Gouvernement B e r
Ch
in o n n
-
e,
-
t r an 42
d). Vgl.
G e r v a i s (Anm. 35), 485. So die Kritiker, die dem Gericht vorwerfen, es habe den Grundsatz der Kontinuität der "services publics" als Grundlage der Rechtsprechung zum Streik im öffentlichen Dienst 43
aufgegeben, vgl.
oben Anm. 35.
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Streikrecht im öffentlichen Dienst
Die
Verfassung
der IV.
Republik
in
201
Frankreich
7 Oktober 1946 erfuhr hinsicht-
vom
lich des Streikrechts im öffentlichen Dienst keine
Änderungen.
Die Ver-
aus der Republik bestätigt Verfasder Präambel Grundsätze. Die 1946 von abgeleiteten der Verfasausdrücklich und Art. 34 weiter44, sung der IV. Republik gilt sung von 1958 wiederholt lediglich, daß die nähere Ausgestaltung der Grundrechte der Beamten durch Parlamentsgesetz erfolgt.
der V.
fassung Verfassung
die bereits
4. Oktober 1958
vom
1. Aktivitäten des
parlamentariSchen Gesetzgebers sind zunächst die Maßnahmen
Entwicklung nach 1950 deutung, welche der Gesetzgeber
auf der
Absatz sieben der Präambel
1946
In der
von
der
Grundlage getroffen hat.
Be-
von
Ermächtigung
in
Eine umfassende geConseil dEtat im Urteil Dehaene vor-
Regelung hätte die vom genommene übergangsweise Kompetenzverschiebung aufgehoben. In verschiedenen Einzelgesetzen entzog der Gesetzgeber bestimmten Gruppen von Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst das Streikrecht. Streikverbote für das Personal der Compagnies R setzliche
de S und die poliZe,46
waren
bereits
vor
dem Urteil Dehaene
ergangen. In der Folge wurde dem Außendienst des justizvollzuges unter Hinweis auf die von ihm zu erfüllenden Aufgaben ebenfalls ein Streikver-
bot
auferlegt47.
Den Beamten
in
den Gerichten wurde das Streikrecht
zwar nicht ausdrücklich entzogen, aber die Formulierung in Art. 10 des Gesetzes vom 22. Dezember 195848 macht deutlich, daß ein Streik in den
Gerichten Neben
unzulässig wäre 49 den Einzelregelungen erging
am
3 1. Juli 1963 ein
allgemeines
Gesetz, das in den Code du Travail integriert wurde (Art. 521-2 bis Art.
geln
521-6)
und die
Durchführung
von
Sollte50. Das Gesetz kam 1963
44
Abs. 1 der Präambel der
45
Art. 6 des Gesetzes Nr. 47-2384
46
Gesetz Nr. 48-1504
Verfassung von vom
Streiks
unter
im
re-
Um-
1958.
27.12.1947, oben Anm. 17
28.9.1948 über den Status des
vom
öffentlichen Dienst
schwierigen politischen
Polizeipersonals,
oben Anm.
18. 47 Art. 3 der Verordnung Nr. 58-696 vom 6.8.1958, JORF vom 7.8.1958, 7423; ausführlich dazu S 11 v e r a, En marge de l'interdiction du droit de gr ä une nouvelle cat6gorie de fonctionnaires, Rev. Adm. 1958, 504. 4'
Verordnung
49
"Art. 10.
entraver 5()
le
Nr. 58-1270
vom
22.12.1958, JORF
6galement interdite fonctionnement des juridictions". [...]
Est
Gesetz Nr. 63-777,
g e y, Le droit de la
gr
JORF et
les
vom
vom
toute action
23.12.1958, 11551.
concert6e de
2.8.1963, 7156; ausführliche publics, 1964, 75 ff.
nature
Darstellung
ä arrfter
bei B
e
1o
ou
r
-
services
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Walter
202
ständen zustande. Zum einen belastete ein läßlich der Debatten über das Gesetz
rischen
Verhandlungen51,
denkbar
knapp.
Nach dem
zum
von
den Gewerkschaften
proklamierter
anderen
war
das
Streik die
an-
parlamenta-
Abstimmungsergebnis
negativen Abstimmungsergebnis
im
Senat und
einem Scheitern des Vermittlungsausschusses wurde der Senat, nachdem er ein weiteres Mal negativ votiert hatte, in dritter Lesung von der Natio-
nalversammlung überstiMMt'2. Art. 521-2 regelt den Geltungsbereich nicht
nur
in den staatlichen
des Gesetzes, das ausdrücklich in D und
Behörden, sondern auch
Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern gilt. Es ist auch auf private Unternehmen anwendbar, wenn und soweit sie einen "service public" unterhalten. Art. 521-3 schreibt eine Androhungsfrist von fünf Tagen vor, bevor die Gewerkschaft einen Streik im öffentlichen Dienst beginnen
Androhung die Gründe für den Streik anzugeben. Art. 521-4 verbietet den sog. Schwerpunktstreik, bei dem zu verschiedenen Zeiten verschiedene Abteilungen einer Behörde oder eines Unternehmens bestreikt werden und so mit minimalem Streikpersonal die gesamte Behörde über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig gemacht darf'3. Auch sind
in
der
wird54. Art. 521-5 bestimmt, daß im Falle von Verstößen gegen die voranstehenden Regelungen ohne die Beachtung weiterer Verfahrensregeln
Disziplinarmaßnahmen verhängt werden dürfen. Eine Kündigung ist allerdings nur unter Einhaltung des Kündigungsverfahrens möglich und darf nicht den Wegfall der Pensionsansprüche umfassen. Art. 521-6 sieht daß im Falle eines Streiks
vor,
samte
51
S
Tag unvergütet
i n a
von
weniger als einem
Arbeitstag
der ge-
bleibt55.
y, La prohibition des gr tournantes 37 (1963), Nr. 1795, Rdnr. 2.
et
des
gr
dans les services
publics, JCP
parlamentarischen Debatte ausführlich, M a t h i o t, La loi juillet 1963 relative ä certaines modalitA de la gr dans les services publics, A.J.D.A. 19 (1963), 595ff., 596f. 53 Diese Regelung war bereits in verschiedenen Ministerialerlassen enthalten. Der Conseil d'Etat hat sie für zulässig gehalten, CE vom 23.10.1964, R.D.P. 80 (1964), 12lOff., 1221f., mit dem Schlußantrag des Commissaire du Gouvernement Bertrand (die Entscheidung betrifft die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Gesetzes). 54 Auch der Schwerpunktstreik war bereits in verschiedenen Ministerialerlassen verboten worden. In seinem Urteil Isnardon (CE vom 26.2.1961, Droit Social 1961, 356ff., mit Anm. S a v a t i e r) hatte der Conseil d'Etat festgestellt, daß Schwerpunktstreiks nicht prinzipiell verboten werden könnten. Das Gericht behielt sich eine Einzelfallprüfung für )edes Verbot vor. Vgl. die nähere Darstellung unten C. IV. 1. 55 Vgl. bereits die Regelung in Art. 4 des Nachtragshaushalts für 1961, Gesetz Nr. 6152
Zu den Einzelheiten der
du 31
825
vom
29.71961, JORF
vom
30.7.1961, 7026.
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203
Streikrecht im öffentlichen Dienst in Frankreich
damaligen Literatur überwog die Ansicht, daß das Gesetz die bis gültige Regelung des Streikrechts im öffentlichen Dienst nur geringfügig verändert habe56. Es kodifiziere im wesentlichen bereits geltende ministerielle Beschränkungen und erstrecke sie auf andere Bereiche '7. Die Regel einer fünftägigen Ankündigungsfrist wurde teilweise für wenig effektiv erachtet, da die Gewerkschaften ständig Streiks ankündigen und damit den Zweck der Regelungen unterlaufen könnten58. Vereinzelt wurde allerdings im generellen Verbot von Abtellungs- und Überraschungsstreiks eine erhebliche zusätzliche Beschränkung der bisherigen Regelungen gesehen59. Häufig wurde auch kritisiert, daß das Gesetz keinerlei Verfahren zur friedlichen Beilegung von Arbeitskonflikten entIn der
dahin
halte 60. Der entscheidende Mangel des Gesetzes wurde darin gesehen, daß es lediglich ein Verbot bestimmter Formen des Streiks enthält, aber keine Vorgaben macht, unter welchen Voraussetzungen auch andere Streikformen
unzulässig
setzesprojekt
sind61. Man vermutete, daß dies eine bewußt im Gewar, um trotz der gesetzlichen Bestimmun-
belassene Lücke
gen die auf dem Urteil Dehaene beruhende
Regelung
des Streikrechts
zu
erhalten
Befugnis
der Regierung
zur
62
Fortgeltung der Rechtsprechung D e h a e n e die Entscheidungen des Conseil d'Etat IM Verfahren Syndicat national des Fonctionnaires et Agents du groupement des contröles radio- Steurs Paul et Longin 2.
-
Von der Literatur wurde die
Frage unterschiedlich beurteilt, ob
mit
dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Streikrecht im öffentlichen
56
To
u s c o
z,
Le droit de
gr
dans les
services
publics
et
la loi du 31
juillet 1963,
Drolt Social 1964,
20ff., 31; Mathiot (Anm. 52), 595ff., 601; Gilli (Anm. 35), 84f.; Ve r d i e r, Aspects inattendus de la loi du 31 luillet 1963: pr de gr et droit syndical, Rec. Dalloz 1963, 269ff., 272; Waline, La gr dans les services publics, R.D.P. 81 (1965), 700 ff., 711 ff. 57 M a t h i o t, ibid., 597 f.; S i 1 v e r a, La loi du 31 juillet 1963 relative ä certaines modalit de la gr dans les services publics, Rec. Sirey 1963, 69ff., 78. 58 To u s c o z (Anm. 56), 30; diese Möglichkeit wurde von den Gewerkschaften tatsächlich 59
60
praktiziert, vgl.
näher
unten
B. IV. 1.
(Anm. 5 1), Rdnr. 17, 28 a. E. M a t h i o t (Anm. 52), 598; To u s c o z (Anm. 56), Sin
a
y
29 L; die
Regierung hat allerdings Möglichkeiten der
anläßlich der Debatten über das Gesetz eine Kommission eingesetzt, die friedlichen Beilegung erörtern soll, vgl. S 11 v e r a (Anm. 57), 78. 61 62
S i 1v
e r a, ibtd., 84. Silvera,tbid.83f.
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204
Walter
Dienst nunmehr
gesetzliche Regelung im Sinne des Absatzes sieben Verfassung von 1946 vorlag. Überwiegend sah man we-
eine
der Präambel der
Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen die Rechtsprechung Dehaene weiter als gültig an63. Die gegenteilige Ansicht wurde allerdings auch vertreten64. In seinem Urteil FdddratiOn des Syndigen der beschriebenen
Chr de CheminotS65 hatte der Conseil dEtat die
cats
der alten
Frage der
ausdrücklich
Fortgeltung Rechtsprechung offengelassen, indem auf la la ä die date de äcision er "16gislation attaquee" abstellte und die in einem ministeriellen Rundschreiben
für
lung
Im
rechtmäßig
Jahr
d'Etat,
in
1966
denen
vom
gelangten gleichzeitig es
Oktober 1961 enthaltene Rege-
erklärte. auf die
Fortgeltung
kam. Die Verfahren wurden gemeinsam
fünf Verfahren
vor
den Conseil
der
Rechtsprechung Dehaene anverhandelt, und es ergingen zwei
Urteile66. Die Unterschiede zwischen den Verfahren sind für die
des Streikrechts
im
steht darin, daß
sie
Verwaltung
einzelnen
von
Ausgestaltung Bedeutung67. Ihre Gemeinsamkeit beRegelungen des Streikrechts durch die
sich alle gegen richten, die nach dem Gesetz
vom
31.Jull
1963 erlassen
wur-
den. In
seinem
Schlußantrag
hatte Commissaire du Gouvernement B
e r
-
vorgeschlagen, die bisherige Rechtsprechung aufrechtzuerhalten und dahin gehend zu präzisieren, daß in den durch das Gesetz von 1963 geregelten Bereichen eine Ausgestaltung durch die Regierung unzulässig sei68. Der Conseil dEtat ist dem Vorschlag nur teilweise gefolgt. Er verweist auf die nur unvollständige Regelung des Streikrechts durch das GesetZ69 und hält die bisherige Rechtsprechung in vollem Umfang aufrecht. Dabei verwendet das Gericht nahezu wortgleich tr a n
63 64 65 66
d dem Conseil dEtat
(Anm. 35), 85; S i 1 v e r a, ibid., 77 Sinay (Anm. 51), Rdnr. 28. CE vom 23.10.1964, JCI' 39 (1965), Nr. 14271. G i 111
vom 4.2.1966, Syndicat national des Fonctionnaires et Agents du groupement des radio-ilectri.ques, Steur5 Paul et Longin, (drei Verfahren) und CE vom 4.2.1966, Syndicat unifi des Techniciens de la Radiodiffusion M Franvalse et autres et Syndtcat libre de la RadiodiffusiOn Td1iviSI*On FranCaise, R.D.P. 82 (1966), 324 ff 67 Vgl. näher unten C.
CE
contrbles
68
vom 4.2.1966, Conclusions de B e r t r a n d, R.D.P. 82 (1966), 324 ff., 330 f. "Consid ä la v que si la loi du 31 juillet 1963, relative ä certaines modalit de la gr dans les services publics, a impose aux agents desdits services un pr de cinq jours avant de recourir ä la gr et leur a interdit certaines niodalit d'arr& du travail, dites gr tournantes, ladite loi, qui se borne ä op6rer la concillation susindiqu [zwischen beruflichem Interesse der Streikenden und Allgemeinwohl] sur deux points particuliers, ne saurait comme l'indique d'ailleurs son expos6 des motifs, constituer ä elle seule
CE
69
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Streikrecht
im
205
öffentlichen Dienst in Frankreich
Formulierung aus dem Urteil Dehaene. Solange keine umfassende Regelung des Streikrechts im öffentlichen Dienst durch den Gesetzgeber vorliege, sei eine Ausgestaltung durch die Regierung ZU1äSS,g70. Die Weitergeltung der bisherigen Grundsätze trotz des Gesetzes vom 31.Jull 1963 wurde in der Literatur ohne größere Kommentare zur Kenntnis genommen71. Da weitgehend Einigkeit bestand, daß das Gesetz den Streik im öffentlichen Dienst nicht umfassend regelte, dürfte die Entscheidung nicht überrascht haben. Allerdings wurden die bereits oben referierten Bedenken gegen die Kompetenzverschiebung von der Legislative die
Tatsache, daß der Consell
auf die Exekutive teilweise wiederholt72. Der d'Etat die
vom
Gesetz
von
1963
geregelten
Bereiche nicht ausdrücklich
Zugriff der Regierung entzieht, wurde keine allzu große Bedeutung beigemessen. Man ging vielmehr davon aus, daß eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Regelung durch die Regierung vor dem dem
Consell dEtat keinen Bestand haben könnte 73
IV.
Entwicklung: Verfassungsunmittelbare Prinzips der Kontinuität der "services publics" der
Höhepunkt
Geltung Mit der
des
Entscheidung
des Conseil Constitutionnel
erhielten die Grundstrukturen des Streikrechts
Frankreich eine
neue
Qualität.
In dieser
vom
25.Jull 197974
öffentlichen Dienst in
im
Entscheidung
stattete
Constitutionnel den Grundsatz der Kontinuität der "services
i, ensemble de la
r6glementation
in
du drolt de
publics"
mit
der französischen Lite-
Entscheidung erregte Verfassungsrang aus. ratur große Aufmerksamke,t75 und warf vor allem Die
der Conseil
die
Frage auf, ob die
gr dans la Constitution", R.D.P.
82
(1966),
336. 70
qu'en l'absence de cette r d'ensemble, la reconnaissance gr ne saurait avoir pour cons d'exclure les limitations qui doivent 2tre apport6es ä ce drolt comme ä tout autre en vue d'en &iter un usage abusif ou contraire aux int de l'ordre public; qu'il appartient au Gouvernement, responsable du bon fonctionnement des services publics, de fixer lui-m8me, sous le conträle du juge de l'exc de pouvoir, en ce qui concerne ces ser-vices, la nature et l' desdites limites", R.D.P. 82 (1966), 336 C; zum Wortlaut im Verfahren D e h a e n e vgl. oben Anm. 3 1. 71 G i 111, Note, Rec. Dalloz Sirey 1966, 723 L; D e b b a s c h, Note, JCP 1966, Nr. "ConsiÜrant
du drolt de
14802, Rdnr. L 72 73 74
75
et
Debbasch,ibzd. G i 111 (Anm. 71). D6cision 79-105 DC, R.D.P. 95 (1979), 1732 ff., mit Anm. F a v o r e u, ibid., 1705 ff. B g u 1 n, Note, JCP 1981, 19547; F a v o r e u (Anm. 74), 1705 ff., H a m o n, Gr
continuit du service
loz 1980,
Chronique
public, mirage de la conciliation Legrand, Note, AJ.D.A.
333;
modalit6 d'arbitrage, Rec. Dal1980, 191, Paillet, Note, Rec.
et
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Walter
206
auf dem Urteil Dehaene beruhende subsidläre rung
zum
Erlaß
von
mehr als überholt
1.
Der eine
Regeln
Regie-
eine
in
der
Entscheidung DC-105
Gesetzesänderung zugrunde,
Streiks im Bereich des Rundfunkwesens
sollte. Bei diesen Streiks
nun-
MüSSe76.
Sachverhalt und Parteivortrag
von
der
über den Streik im öffentlichen Dienst
angesehen werden
Entscheidung lag
Reihe
Zuständigkeit
fast
die
mit der auf
reagiert werden
vom vorgeschrieerfolgte täglich Streikankündigung. Sie galt hauptsächlich für Mitarbeiter, die für die Sendung eines Minimalprogramms unbedingt erforderlich waren. Um das Minimalprogramm anbieten zu können, wurden diese Mitarbeiter von der Regierung auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung aus dem Jahr 1974 zur Arbeit verpflichtet. Deshalb kam es zwar nur in relativ geringem Umfang zu Arbeitsniederlegungen, aber wegen der ständig erneut ausgesprochenen Streikankündigungen ("pr glissants1177) war es den Rundfunkanstalten praktisch nicht möglich, eine normale Programmplanung durchzuführen. Auf diese Art und Weise gelang es den Gewerkschaften, den Programmablauf über eine längere Zeit nahezu kostenlos zu stören, denn die zur Arbeit verpflichteten Bediensteten mußten selbstver-
Gesetz
bene
ständlich entlohnt werden 78
Vorgehen der Gewerkschaften wurde von einigen Abgeordneten bürgerlichen RPR als rechtsmißbräuchlich angesehen. Sie führten daher eine Gesetzesänderung herbei, mit der diese Art Streik verhindert werden sollte. Der Änderungsentwurf sah Regelungen über die Ankündigungspflicht vor, welche die Praktik der "pr glissants" beenden sollten und gab den Direktoren der Rundfunkanstalten die Befugnis, Arbeitsverpflichtungen auszusprechen, um eine n o r m a 1 e Programmgestaltung zu gewährleisten. Der Entwurf wurde sowohl von Abgeordneten als auch von Senatoren der Sozialistischen Partei dem Conseil Constitutionnel gemäß Art. 61 Abs. 2 der Verfassung von 1958 zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt. Die Antragsteller rügten, daß die Aufrechterhaltung einer normalen Programmgestaltung mit dem verfassungsrechtlich garantierten Das
der
Dalloz 1980, jurisprudence 101; Tu r p in, Le droit de gr face ä un nouveau "principe de valeur constitutionnelle", Drolt Social 1980, 441 ff. 76 So etwa F a v o r e u / P h 11 i p, Les grandes d du Conseil Constitutionnel, 6. Aufl. 1991, 405ff. 77 Vgl. bereits oben To 78
Vgl.
die
u s c o z
(Anm. 56).
Sachverhaltsdarstellung
bei F
av o r e u
(Anm. 74),
1705.
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Streikrecht im öffentlichen Dienst in Frankreich
Streikrecht nicht vereinbar sei. Es
sei zwar
richtig,
207
daß der Grundsatz der
Umständen erfordern könne, ein daß dem bei anzubieten, uneingeschränkter Mitarbeit aller Programm Streikrecht habe der Grundsatz das Anders als Angestellten entspreche. Kontinuität der "services
publics-"
unter
publics" keine verfassungsrechtliche GrundVerfassungsrang ausgestattete Grundsatz gegenlage. über dem verfassungsrechtlich garantierten Streikrecht Vorrang genießen solle, sei nicht nachvollziehbar 79 Im übrigen wurde gerügt, daß eine Übertragung des Rechts zur Arbeitsverpflichtung auf die Direktoren der in Privatrechtsform betriebenen Fernsehanstalten unzulässig sei 80
der Kontinuität der "services Daß der nicht mit
2.
Entscheidung des
Conseil Constitutionnel
akzeptierte die Argumentation der Anfolgte ihr insoweit, als er die verfassung'stragsteller rechtliche Garantie des Streikrechts bestätigte. Gleichzeitig erhob er aber auch den Grundsatz der Kontinuität der "services publics" zu einem, verfassungsrechtlich verankerten PrinZ,p81 und suchte die Lösung in einer Abwägung zwischen den beiden Verfassungsgrundsätzen. Hinsichtlich der beiden Rügen stellte der Conseil Constitutionnel dann fest, daß die vom Gesetz vorgesehene Aufrechterhaltung eines normalen Programmangebots das Streikrecht nicht hinreichend berücksichtige. Er hob die entsprechende Bestimmung daher auf. In bezug auf die Arbeitsverpflichtung ging das Gericht davon aus, daß es sich nicht um die nur der Regierung zustehende allgemeine Befugnis auf der Grundlage des Gesetzes von 1937 und der Verordnung von 195982 handle, sondern um eine eigenständige, auf der Streiksituation beruhende Kompetenz, die auch an nachgeordnete Stellen übertragen werden könne 83 Der Consell Constitutionnel nur
teilweise. Er
79
Antrag der Abgeordneten, R.D.P. 95 (1979), 1732 ff., 1733. Antrag der Senatoren, R.D.P. 95 (1979), 1735. 81 "Consid [ ] que, notamment en ce qui concerne les services publics, la reconnaissance du droit de gr ne saurait avoir pour effet de faire obstacle au pouvoir du l d'apporter ä ce drolt les limitations n en vue d'assurer la continuit du service public, qui, tout comme le drolt de gr a le caract&e d'un principe de valeur 81)
constitutionnelle", R.D.P. 82
Zu ihr
83
R.D.P. 95
sogleich
95
unten
(1979),
1735.
C. 111. 2.
(1979), 1735f.,
1736.
14 ZaöRV 55/1
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208
Walter
3.
Folgewirkungen für
In der Literatur fand
die
Rechtsprechung
D
e
h
a e n e
allem die Tatsache
Beachtung, daß der ConEntscheidung dem Grundsatz der Kontinuität der "services publics" Verfassungsrang zuerkennt84. Daneben wurde der Entscheidung Bedeutung für die Lösung von Konflikten zwischen zwei Verfassungsprinzipien zugemessen. Man sah in der Formulierung seil Constitutionnel
in
vor
seiner
des Conseil Constitutionne185 den Grundsatz
zwischen
zwei
Verfassungsgrundsätzen
werden könne 86
des
Consell
Insoweit wurde
d'Etat
gesprochen,
nur
verankert, daß der Konflikt
durch den
Gesetzgeber gelöst
Ende der
von
einem
die
auf der
Rechtsprechung
Grundlage des Urteils Dehaene gerade auch der Exekutive die Befugnis zum Interessenausgleich im Bereich des Streikrechts im öffentlichen Dienst zugesprochen hatte 87 Von anderer Seite wurde darauf hingewiesen, daß der Consell Constitutionnel aus prozessualen Gründen lediglich Gesetze überprüfen könne. Es sei daher nur folgerichtig, daß das Gericht nur den Gesetzgeber anspreche. Die Formulierung im Urteil von 1979 könne nicht dahin gehend verstanden werden, daß der Conseil Constitutionnel eine Abwägung durch die Exekutive für
verfassungswidrig
halte 88
Der Conseil d'Etat schloß sich der
zweiten Auffassung an und hielt in Entscheidung von 1984 an seiner Rechtsprechung Dehaene fest89. Im Ergebnis besteht daher weiterhin eine subsidiäre Zuständigkeit der Exekutive zur Regelung des Streikrechts im öffentlichen Dienst. einer
84 Turpin (Anm. 75), 446ff.; Favoreu (Anm. dence du Consell constitutionnel relative au droit de Social 1989, 796ff., 798.
74), 1708; Genevois, La jurisprugr dans les services publics, Droit
85 "Consid qu'aux termes du pr de la Constitution du 27 octobre 1946, confirm6 par celul de la Constitution du 4 octobre 1958 'le droit de gr s'exerce dans le cadre des lois qui le r qu'en Mictant cette disposition les constituants ont
entendu marquer que le drolt de gr est un principe de valeur constitutionnelle, mais a des limites et ont habilit le l ä tracer celles-ci R.D.P. 95 (1979),
qu'11
1835. 86 87 88
89
Vgl.
z. B. F a v o r e u (Anm. 74), Favoreu,zbt*d. G e n e v o 1 s (Anm. 84), 800.
CE
(1988),
vom
1709 f.
1.6.1984, Fidgratz*on nationale des travailleurs P
et
T, CGT, RFDA
850.
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4
209
Streikrecht im öffentlichen Dienst in Frankreich
Ausgestaltung des Streikrechts IM öffentlichen Dienst durch Parlament, Regierung und die Rechtsprechung des Conseil dEtat
C. Die
I. Der
Begriff
Der Streik wird im Arbeitsrecht
legung
zur
derung
Durchsetzung
einer
die
des Streiks
allgemein als kollektive ArbeitsniederArbeitsbedingungen betreffenden For-
verstanden911. Eine besondere Definition des Streiks für den öf-
fentlichen Dienst
existiert
nicht91 und erscheint auch nicht sinnvoll. Der
Conseil dEtat nahm aber in einigen Entscheidungen zum Begriff des Streiks Stellung. Diese Urteile sind deshalb von Bedeutung, weil eine Ar-
beitsniederlegung, die nicht als Streik angesehen wird, rechtswidrig und mit Disziplinarstrafen geahndet werden kann. 1.
Bewußte Schlechterfüllung
des Dienstes
Der Conseil dEtat entschied hinsichtlich des Urteil FidiratiOn des
Syndicats
ist
Streikbegriffs
chrittens de Cheminots 92
in
seinem
daß die bloße
qualifizieren sei. In diesem Verfahren war die Klage gegen das in einem Erlaß des Transportministers enthaltene Verbot der verspäteten Abfertigung von Zügen, der systematischen Schlechterfüllung des Dienstes und zeitweiser Arbeitsniederlegungen als unzulässig abgewiesen worden. Die in dem Erlaß genannten Praktiken seien nicht als Ausübung des Streikrechts anzusehen. Es handle sich um Verletzungen der Dienstpflicht, die als solche geahndet werden Schlechterfüllung
des Dienstes nicht als Streik
zu
könnten93.
90
j a v 1111 e r, Drolt du Travail,
91
javillier,ibz*d.,Rdnr.653.
92
CE
vom
2. Aufl. 1981, Rdnr. 638.
23.10.1964, R.D.P. 80 (1964), 12lOff., 1221, mit den
Commissaire du Gouvernement B
e r t r a n
Schlußanträgen
von
d.
93
"Consid&ant que les dispositions de la circulaire susvis [Aufzählung der verbotePraktiken], qui se bornent ä rappeler au personnel de la Soci nationale des Chemins de fer fran que les pratiques susmentionn ne sauraient 8tre confondues avec l'exercice du drolt de gr et constituent des fautes professionnelles susceptibles de sanctions, Wont pas de caract r [ ]; qu'ainsi les conclusions du pourvol dirig6es contre lesdites dispositions ne sont pas recevables", ibid. nen
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210
Walter
2. Politischer Streik
Die Definition des Streiks
beinhaltet, daß
zur
Durchsetzung
von
For-
werden muß, welche die Arbeitsbedingungen betreffen. Der Conseil d'Etat hielt daher in seiner Rechtsprechung Disziplinar-
derungen gestreikt
maßnahmen gegen Teilnehmer
Streiks für
zulässig, wenn Durchsetzung allgemeinpolitischer Forderungen dienten 94 an
diese
nur
der
Zuständigkeit innerhalb der Regierung für den Erlaß von Regelungen hinsichtlich des Streiks im öffentlichen Dienst
11.
Die
Entscheidung
Dehaene enthielt keine
innerhalb der Exekutive für den Erlaß der fentlichen Dienst
zuständig
Vorgaben, Regeln für
welche Instanzen den Streik im öf-
sind. Der Conseil dEtat beschränkte sich
darauf, der "Regierung" die Regelungskompetenz zuzusprechen 95
maßgeblichen Rechtsprechung des Conseil d'Etat zur Regelungsbefugnis folgt, daß die Minister als de service" für den Erlaß allgemeiner Bestimmungen zuständig Aus der seit 1936
innerhalb der Exekutive
sind96. Für dezentrallsierte, also nicht direkt in ein Ministerium eingeaber auch für die Kommunen stellte sich aber bundene "services publics 11
die Frage nach der
1.
Zuständigkeit
Zuständigkeit
liche
Regelungen.
bei dezentralisterten "services publics
Bei dezentralisierten "services
tion des
für den Erlaß der
publics"
besteht seit dem Urteil Fddira-
grundsätzlich eine ausschließjeweiligen "service public". Commis-
chrdtiens de Cheminots97
Syndicats Zuständigkeit
des Leiters des
saire du Gouvernement B
diesem Verfahren aus, daß der rechtlich selbständigen Eisenbahn-
e rt r a n
der
d führte
in
Transportminister gegenüber gesellschaft SNCF nicht chef de service" sei und deshalb auch grundsätzlich keine Regelungsbefugnis gegenüber dem Personal habe. Da dem Minister allerdings kraft Gesetzes die Polizeibefugnis auf den Eisenbahnen übertragen war, wurden diejenigen Maßnahmen des Ministers, die
94
CE
vom
18.2.1955, Bernot, Rec. des Arr8ts, 1955, 97; CE vom 12.10.1956, Dlle vom 1.2.1963, Audibert ei autres, Rec. des Arr&s
Rec. des Arr8ts 1956, 362; CE
Coquant, 1963,66. 95
Vgl.
96
CE
97
CE
den Text oben in Anm. 3 1.
7.2.1936, Jamart, Rec. des Arr8ts 1936, 172. 23.10.1964, R.D.P. 80 (1964), 12lOff. 1221, mit den Commissaire du Gouvernement B e r t r a n d. vom
vom
Schlußanträgen
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von
Streikrecht
sich auf die für
zulässig
Ausübung
im
der
211
öffentlichen Dienst in Frankreich
polizelrechtlichen Befugnisse
stützen
ließen,
erachtet 98
Zuständigkeit des jeweiligen dezentralisierten Verwaltungseinheit als "chef de service" Rechtsprechung bestätigt. Dies gilt beispielsweise für den Der Consell dEtat hat die
Leiters einer
in
ständiger
Direktor des
regionalen Krankenhauses100, den Direktor eines psychotherapeutischen Zentrums101 und den Verwaltungsleiter des Flughafens von Paris102. Eine Ausnahme von der ausschließlichen Zuständigkeit des "chef de service" besteht allerdings dann, wenn einem Minister aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich eine Regelungsbefugnis zusteht'03. Allein aus der Dienstaufsicht kann dies aber nicht abgeleitet werden104. Die Ansicht, daß grundsätzlich der '